Login| Sign Up| Help| Contact|

Patent Searching and Data


Title:
ACTIVE SUPPRESSION OF THE OCCLUSION EFFECT IN HEARING AIDS
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2018/059736
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a method for designing a regulator (15, 17) for a hearing aid (1) in order to compensate for the occlusion effect during the emission of an acoustic useful signal into the ear canal (5) of the human ear. The hearing aid (1) has an earbud (8), which can be introduced into the ear canal (5) and which comprises a speaker (2) for emitting a compensation signal (y(t), y'(t)) into the ear canal (5) and a microphone (3) for capturing an error signal (e(t)) from the ear canal (5), and a control unit (9) for processing the signal to be emitted and the captured signal. The method has the following steps: - measuring a nominal secondary path between the speaker (2) and the microphone (3) and determining a transmission function (G) which describes the behavior of the nominal secondary path, - determining a first requirement in the form of a tolerance band (Wtol) about the transmission function (G), - determining a second requirement in the form of a desired sensitivity function (Sgew) of the hearing aid, - designing the regulator (15, 17) using an optimization method while simultaneously taking into consideration the first and second requirement, and - implementing the regulator (15, 17) in the control unit (9).

Inventors:
LIEBICH STEFAN (DE)
ANEMÜLLER CARLOTTA (NL)
RÜSCHEN DANIEL (DE)
Application Number:
PCT/EP2017/001154
Publication Date:
April 05, 2018
Filing Date:
September 28, 2017
Export Citation:
Click for automatic bibliography generation   Help
Assignee:
RHEINISCH WESTFAELISCHE TECHNISCHE HOCHSCHULE AACHEN (DE)
International Classes:
H04R25/00
Domestic Patent References:
WO2006037156A12006-04-13
Foreign References:
EP2640095A12013-09-18
US20080063228A12008-03-13
US20160150330A12016-05-26
EP2640095A12013-09-18
Other References:
THOMAS ZURBRÜGG: "Ph.D. Dissertation", 2014, EPFL LAUSANNE, article "Active Control Mitigating the Ear Canal Occlusion Effect caused by Hearing Aids"
"Active cancellation of occlusion: An electronic vent for hearing aids and hearing protectors", JOURNAL OF THE ACOUSTICAL SOCIETY OF AMERICA, vol. 124, no. 1, 2008, pages 235 - 240
M. SUNOHARA; M. OSAWA; T. HASHIURA; M. TATENO: "Occlusion reduction system for hearing aids with an improved transducer and an associated algorithm", 2015 23RD EUROPEAN SIGNAL PROCESSING CONFERENCE (EUSIPCO, 2015, pages 285 - 289, XP032836348, DOI: doi:10.1109/EUSIPCO.2015.7362390
R. BORGES; M. COSTA; J. CORDIOLI; L. ASSUITI: "An Adaptive Occlusion Canceller for Hearing Aids", IEEE WORKSHOP ON APPLICATIONS OF SIGNAL PROCESSING TO AUDIO AND ACOUSTICS, 2013
M. SUNOHARA; K. WATANUKI; M. TATENO: "Occlusion reduction system for hearing aids using active noise control technique", ACOUSTICAL SCIENCE AND TECHNOLOGY, vol. 35, no. 6, 2014, pages 318 - 320
BOYD, S.; VANDENBERGHE, L.: "Convex Optimization", 2004, CAMBRIDGE UNIVERSITY PRESS
M. OSTERGAARD HANSEN: "Occlusion effects Part land II, PhD thesis", 1998, TECHNICAL UNIVERSITY OF DENMARK
S. SKOGESTAD; I. POSTLETHWAITE: "Multivariable feedback control: analysis and design", 2005, JOHN WILEY & SONS
J. C. DOYLE; K. GLOVER; P. P. KHARGONEKAR; B. A. FRANCIS: "State-space solutions to standard H and H control problems", IEEE TRANSACTIONS ON AUTOMATIC CONTROL, vol. 34, no. 8, 1989, pages 831 - 847
Attorney, Agent or Firm:
COHAUSZ HANNIG BORKOWSKI WIßGOTT (DE)
Download PDF:
Claims:
Ansprüche

1. Verfahren zum Entwurf eines Reglers (15, 17) für eine Hörhilfe (1) zur

Kompensation des Okklusionseffekts bei der Abstrahlung eines akustischen Nutzsignals in den Gehörgang (5) eines menschlichen Ohrs, wobei die Hörhilfe (1) einen in den Gehörgang (5) einführbaren Ohrstöpsel (8) mit einem Lautsprecher (2) zur Abstrahlung eines Kompensationssignals (y(t), y'(t ) in den Gehörgang (5) und einem Mikrofon (3) zur Aufnahme eines Fehlersignals (e(t)) aus dem Gehörgang (5) sowie eine Steuereinheit (9) zur Verarbeitung des abzustrahlenden und aufgenommenen Signals aufweist, und wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst

- Vermessung eines nominalen Sekundärpfads zwischen dem Lautsprecher (2) und dem Mikrofon (3) und Bestimmung einer das Verhalten des nominalen Sekundärpfads beschreibenden Übertragungsfunktion (G),

- Bestimmung einer ersten Anforderung in Gestalt eines Toleranzbandes (Wtoi) um die Übertragungsfunktion (G)

- Bestimmung einer zweiten Anforderung in Gestalt einer gewünschten

Sensitivitätsfunktion (Sgew) der Hörhilfe,

- Entwurf des Reglers ( 5, 17) mittels eines Optimierungsverfahrens unter gleichzeitiger Berücksichtigung der ersten und zweiten Anforderung und

- Implementierung des Reglers (15, 17) in der Steuerungseinheit (9).

2. Verfahren nach Anspruch 1 , dadurch gekennzeichnet, dass die Bestimmung des Toleranzbandes aus einer Vermessung einer Anzahl (n) verschiedener Sekundärpfade erfolgt, zu denen jeweils eine eigene Übertragungsfunktion (Gj) ermittelt wird und anschließend die maximale Abweichung dieser

Übertragungsfunktionen zur Übertragungsfunktion (G) des nominalen

Sekundärpfades ermittelt und daraus die erste Anforderung festgelegt wird.

3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Anzahl (n) verschiedener Sekundärpfade einen Sekundärpfad umfasst, bei dem der Ohrstöpsel (8) nicht in den Gehörgang (5) eingeführt ist und/ oder einen Sekundärpfad umfasst, bei dem das Gehäuse des Ohrstöpsels (8) derart verschlossen ist, dass der vom Lautsprecher (2) abgegebene Schall nicht aus dem Ohrstöpsel (8) heraustreten kann.

4. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die

Anzahl (n) verschiedener Sekundärpfade einen Sekundärpfad umfasst, bei dem der Ohrstöpsel (8) locker in den Anfangsbereich des Gehörgangs (5) eingeführt ist und/ oder einen Sekundärpfad umfasst, bei dem der Ohrstöpsel (8) fest in den Gehörgang (5) eingeführt ist.

5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Vermessung der verschiedenen Sekundärpfade bei unterschiedlichen Gehörgängen (5) durchgeführt wird.

6. Verfahren nach einem der Ansprüche 2 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die ermittelte maximale Abweichung die erste Anforderung bildet oder zunächst derart modifiziert wird, dass für tiefe Frequenzen und/ oder hohe Frequenzen eine Überhöhung der Abweichung vorliegt und diese modifizierte Abweichung als erste Anforderung verwendet wird.

7. Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass zur Bestimmung der zweiten Anforderung eine Übertragungsfunktion GOE des objektiven Okklusionseffekts ermittelt und deren Kehrwert oder eine von der Übertragungsfunktion (GOE) abgeleitete Funktion als

Sensitivitätsfunktion (Sgew) festgelegt wird.

8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die abgeleitete Funktion eine Ausgleichskurve einer verringerten Ordnung, vorzugsweise der Ordnung 6 ist, die die Übertragungsfunktion GOE des objektiven

Okklusionseffekts approximiert.

9. Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass für den Entwurf des Reglers (15, 17) ein aus dem Sekundärpfad (G) und dem Regler (15, 17) gebildetes Modell der Hörhilfe (1) zugrunde gelegt wird, das ein zu kompensierendes Störsignal (d(t)) als Eingangsgröße und das aus der Differenz von Störsignal (d(t)) und Kompensationssignal (y(t))

resultierende Fehlersignal (e(t)) als Ausgang aufweist, wobei der Regler (15, 17} und ein diesem nachgeschaltetes Modell (16) des Sekundärpfades in einem Rückkopplungszweig liegen, so dass der Regler (15, 17) das

Fehlersignal e(t) als Eingangssignal erhält und das Kompensationssignal (y(t)) das Ausgangssignal des Sekundärpfadmodells (16) bildet, welches auf das Störsignal (d(t)) negativ rückgekoppelt ist.

10. Verfahren nach einem der vorherigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass als Optimierungsverfahren die ί^- oder Ή2 - Reglerentwurfsmethode oder eine Kombination dieser Reglerentwurfsmethoden, vorzugsweise die Mixed-Sensitivity H*, -Reglerentwurfsmethode verwendet wird.

Description:
Aktive Unterdrückung des Okklusionseffektes in Hörhilfen

Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Entwurf eines Reglers für eine Hörhilfe zur Kompensation des Okklusionseffektes bei der Abstrahlung eines Nutzsignals in den Gehörgang eines menschlichen Ohrs.

Die dumpfe Wahrnehmung der eigenen Stimme ist noch immer ein wesentliches Problem bei Hörhilfen. Der genannte Effekt entsteht, wenn der Ohrkanal vollständig verschlossen ist, weshalb er als Okklusionseffekt (OE) bezeichnet wird. Ein solches Verschließen des Ohrkanals liegt bei einer Hörhilfe gerade vor, die in der Regel aus einer hinter dem Ohr anzuordnenden Zentraleinheit und eine damit verbundene Inneneinheit in Gestalt eines Ohrstöpsels besteht, welcher in den Gehörkanal eingeführt ist und diesen dicht abschließt.

Die Außeneinheit umfasst im Allgemeinen eine Energiequelle in Gestalt einer oder mehrerer Batterien, ein oder mehrere Außenmikrofone sowie signalverarbeitende Mittel zur Aufbereitung, ggf. zur Verstärkung des vom Außenmikrofon

aufgenommenen Signals, sowie eine Schnittstelle zur Inneneinheit, welche wiederum einen Lautsprecher aufweist, dem ein von den signalverarbeitenden Mitteln aufbereitetes Ausgabesignal zugeführt wird, das bestenfalls den vom Außenmikrofon aufgenommenen natürlichen Außengeräuschen am Ohr entspricht, so dass der Träger der Hörhilfe diese Außengeräusche in angenehmer Lautstärke, unverfälscht und in guter Qualität trotz beeinträchtigter Hörfähigkeit wahrnehmen kann. Es sind allerdings auch Hörhilfen bekannt, bei denen das Außenmikrofon Teil der

BESTÄTIGUNGSKOPIE Inneneinheit ist oder bei denen die Komponenten der Außen- und Inneneinheit eine einzige kompakte Inneneinheit bilden.

Die dumpfe Empfindung der eigenen Stimme resultiert im Wesentlichen aus zwei Faktoren. Erstens ist die Wahrnehmung der eigenen Stimme stets eine Kombination aus zwei Hauptsignalen im Hinblick auf das menschliche Ohr selbst. Das erste Hauptsignal ist gekennzeichnet durch eine äußere, über die Luft übertragene (AC, Air Conducted) Komponente akustischer Wellen, x AC (t), das zweite Hauptsignal durch eine innere, über die Knochen und Knorpel übertragene (BC, Bone

Conducted) Komponente, x B ' C (t), wie dies in Figur 1 dargestellt ist. Man nimmt die eigene Stimme im Ohr also aus zwei Quellen wahr, aus dem Luftschall x A ' C (X) und aus dem Körperschall x B ' C (t). Dies ist auch der Grund, warum man die eigene Stimme beim Sprechen anders wahrnimmt, als wenn man sich selbst von einer Aufnahme hört. Denn bei der Aufnahme fehlt die Körperschallkomponente x B ' C (t). Zweitens verschließt das Innenteil einer Hörhilfe, also der Ohrstöpsel, den

Gehörgang und ändert dadurch seinen akustischen Abschlusswiderstand. Das Innenteil stell für akustische Wellen von außerhalb des Ohres ferner ein Hindernis dar, das die hohen Frequenzen des Luftschallsignals x A ' C (t) dämpft. Darüber hinaus können die durch das Körperschallsignal x B ' C (t) in den Gehörgang eingebrachten tiefen Frequenzanteile nicht dem Gehörkanal entkommen. Dies führt zu einer Verstärkung der tiefen Frequenzen, im Extremfall bis zu 30dB.

Es sind mechanische Lösungen zur Verhinderung des Okklusionseffektes bekannt, beispielsweise die Belüftung des Ohrkanals oder ein tiefes Einsetzen der Hörhilfe in den Ohrkanal (siehe hierzu Thomas Zurbrügg,„Active Control Mitigating the Ear Canal Occlusion Effect caused by Hearing Aids", Ph.D. Dissertation, EPFL

Lausanne, Lausanne, 2014). Diese sind jedoch nicht frei von Nachteilen. So erhöht eine Belüftung mittels einer Belüftungsöffnung im Ohrstöpsel die Rückkopplung zwischen dem Außenmikrofon und dem Lautsprecher. Ferner führt ein tiefes

Einsetzen des Ohrstöpsels in den Gehörkanal zu einer Beeinträchtigung des Tragekomforts.

Als Alternative zu einer mechanischen Kompensation des Okklusionseffektes sind deshalb Ansätze entwickelt worden, die die aktive Geräuschunterdrückung (ANC, active noise cancellation) verwenden, um eine„elektronische Belüftung" zu erreichen. Bei diesen Ansätzen wird ein zweites Mikrofon verwendet, das neben dem Lautsprecher in der Inneneinheit/ Ohrstöpsel angeordnet ist und die akustischen Signale im Gehörgang aufnimmt, wobei eine negative Rückkopplung des

aufgenommenen Signals auf das vom Lautsprecher abzustrahlende Signal erfolgt und ein im Rückkopplungszweig angeordneter Regler das vom Lautsprecher abzugebende Signal derart beeinflussen soll, dass der Okklusionseffekt minimiert wird.

Ein derartiger Ansatz ist beispielsweise in der o.g. Veröffentlichung von Thomas Zurbrügg, der europäischen Patentanmeldung EP 2 640 095 A1 sowie in der internationalen Patentanmeldung WO 2006/037156 A1 , ferner auch in den

Veröffentlichungen "Active cancellation of occlusion: An electronic vent

for hearing aids and hearing protectors," Journal of the Acoustical Society of

America, vol. 124, Nr. 1 , S. 235-240, 2008" und„M. Sunohara, M. Osawa, T.

Hashiura, und M. Tateno, cclusion reduction System for hearing aids with an improved transducer and an associated algorithm", in 2015 23rd European

Signal Processing Conference (EUSIPCO), 2015, S. 285-289" beschrieben. Dieser Stand der Technik verwendet jedoch einen festen Regler, d.h. unveränderlichen Regler ist. Der Okklusionseffekt ist jedoch bei jeder Person aufgrund der Form und der Länge des persönlichen Gehörgangs sowie bei jeder Anwendung anders, da ein Nutzer die Inneneinheit nicht immer identisch in den Gehörkanal einsteckt. So variieren bei jeder Anwendung sowohl die Ausrichtung des Ohrstöpsels/

Abstra hl winkel des Lautsprechers als auch die Einstecktiefe der Inneneinheit. Im Ergebnis führt deshalb die Verwendung eines fixen Reglers beim individuellen Nutzer zu keinem guten Ergebnis.

Aus den Veröffentlichungen„R. Borges, M. Costa, J. Cordioli, und L. Assuiti, "An Adaptive Occlusion Canceller for Hearing Aids," in IEEE Workshop on Applications of Signal Processing to Audio and Acoustics, 2013." und„M. Sunohara, K. Watanuki, and M. Tateno, "Occlusion reduction System for hearing aids using active noise control technique," Acoustical Science and Technology, Band 35, Nr. 6, S. 318-320, 2014" sind zudem Lösungen mit adaptiven Reglern bekannt, die manuell für einen bestimmten Benutzer eingestellt bzw. parametriert werden müssen. Hinsichtlich der individuellen Anpassung führt ein adaptiver Regler zwar zu einer Verbesserung in der Unterdrückung des Okklusionseffekts. Im Hinblick auf die verschiedenen

Anwendungsfälle bezüglich Ausrichtung und Einstecktiefe der Inneneinheit, führen die bisherigen Ansätze jedoch zu keinen befriedigenden Ergebnissen. Insbesondere die Stabilität des Gesamtsystems mit dem rückgekoppelten Regler wird in der Literatur nicht näher betrachtet, stellt aber eines der Hauptprobleme der

elektronischen Reduktion des Okklusionseffektes dar.

Es ist daher Aufgabe der Erfindung, einen Regler für eine Hörhilfe bereitzustellen, der die Nachteile des Standes der Technik überwindet und der insbesondere zu einer einerseits effektiven nutzerindividuellen und andererseits zu einer robusten nutzerunabhängigen Kompensation des Okklusionseffektes führt.

Diese Aufgabe wird durch ein Reglerentwurfsverfahren nach Anspruch 1 gelöst.

Vorteilhafte Weiterbildungen sind in den Unteransprüchen angegeben und werden nachfolgend erläutert.

Erfindungsgemäß wird ein Verfahren zum Entwurf eines Reglers K für eine Hörhilfe zur Kompensation des Okklusionseffekts bei der Abstrahlung eines akustischen Nutzsignals in den Gehörgang eines menschlichen Ohrs vorgeschlagen, wobei die Hörhilfe einen in das Ohr einführbaren Ohrstöpsel mit einem Lautsprecher zur Abstrahlung eines Kompensationssignals y'(t), y(t in den Gehörgang und einem Mikrofon zur Aufnahme eines Fehlersignals e'(t) aus dem Gehörgang sowie eine Steuereinheit zur Verarbeitung des abzustrahlenden und aufgenommenen Signals aufweist, und wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:

- Vermessung eines nominalen Sekundärpfads zwischen dem Lautsprecher und dem Mikrofon und Bestimmung einer das Verhalten des nominalen

Sekundärpfads beschreibenden Übertragungsfunktion G,

- Bestimmung einer ersten Anforderung in Gestalt eines Toleranzbandes Wtoi um die Übertragungsfunktion G

- Bestimmung einer zweiten Anforderung in Gestalt einer gewünschten

Sensitivitätsfunktion (S ge w) der Hörhilfe,

- Entwurf des Reglers (K) mittels eines Optimierungsverfahrens unter

gleichzeitiger Berücksichtigung der ersten und zweiten Anforderung und W

5

- Implementierung des Reglers (K) in der Steuereinheit.

Zum besseren Verständnis wird das Verfahren nachfolgend unter Bezugnahme auf die beigefügten Figuren erläutert. Figur 3 zeigt ein Ablaufdiagramm mit den vorgenannten Schritten. Dabei sei jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Verfahren keineswegs auf die Darstellungen in den Figuren beschränkt ist. Die Figuren zeigen nur Beispiele möglicher Ausprägungen des Verfahrens und sind insoweit nicht limitierend für die Erfindung zu verstehen.

Figur 1 zeigt eine schematische Darstellung einer Ausführungsvariante einer erfindungsgemäßen Hörhilfe 1 , von welcher hier lediglich ein Ohrstöpsel 8 und eine Steuereinheit 9 näher dargestellt ist. Der Ohrstöpsel 8 ist in den Hörkanal 5, im Rahmen der Erfindung auch als Gehörgang bezeichnet, eingeführt. Bezugsziffer 4 deutet die Ohrmuschel des menschlichen Ohres an. Der Hörkanal 5 ist somit zur Ohrmuschel 4 hin durch den Ohrstöpsel 8 und in die andere Richtung durch das Trommelfell 6 abgeschlossen.

Der Ohrstöpsel 8 umfasst einen Lautsprecher 2 und ein Mikrofon 3, die

nebeneinander angeordnet sind. Der Bereich zwischen dem Lautsprecher 21

Mikrofon 3 und dem Gehäuse des Ohrstöpsels 8 wird als Schallkanal 1 1 bezeichnet. Wie im einleitenden Teil der Beschreibung erläutert besteht die eigene Stimme aus einem durch die Luft übertragenen Anteil x A ' C (t) und einem über die Knochen übertragenen Anteil x B ' C (t), die beide in den Hörkanal 5 gelangen und dort das innere akustische Störsignal d'(t) induzieren.

Die Steuereinheit 9 der Hörhilfe 1 umfasst sämtliche signalverarbeitenden

Komponenten, die für die erfindungsgemäße Kompensation des Okklusionseffekts erforderlich sind. Sie kann grundsätzlich rein analog, rein digital oder aus einer Kombination analoger und digitaler Komponenten aufgebaut sein. In der in Figur 1 gezeigten Ausführungsvariante ist die Steuereinheit digital aufgebaut, insbesondere mit einem digitalen Regler 15, einem Analog/ Digital-Wandler 13, einem Digital/ Analog-Wandler 14, und einem digitalen Sekundärpfadmodell 12. Die Hörhilfe 1 umfasst ferner ein Außenmikrofon 18 zur Aufnahme von Stimmen und Geräuschen der Umgebung, die durch das akustische Nutzsignal a'(t) beschrieben sind. Gegebenenfalls können auch ein dem Außenmikrofon zugeordneter Analog/ Digital-Wandler 13 sowie eine Signalverarbeitung 19 für das Außensignal Teil der Steuereinheit 9 sein. Dies ist jedoch nicht zwingend. Die Steuereinheit 9 selbst kann durch einen digitalen Signalprozessor (DSP) gebildet sein oder einen solchen DSP umfassen.

Der Lautsprecher 2 sendet ein inneres akustisches Kompensationssignal y'(t) aus, dass das Störsignal d' {t) weitestgehend eliminiert, so dass lediglich ein akustisches Fehlersignal e'(t) übrig bleibt, welches vom Mikrofon 3 aufgenommen wird, als analoges elektrisches Fehlersignal e(t) von dem Analog/Digital-Wandler 13 in das digitale Fehlersignal e(k) gewandelt und dem Regler K(z) 15 zugeführt wird, welcher ein digitales Reglersignal y r (k) erzeugt, welches mit negativem Vorzeichen dem Lautsprecher 2 zugeführt wird. Der Regler 15 befindet sich somit in einem

Rückkopplungspfad 7 vom Mikrofon 3 zum Lautsprecher 2.

Das vom Außenmikrofon 18 erzeugte elektrische Signal a(t) wird ebenfalls von einem Analog/Digital-Wandler 13 digitalisiert und nachfolgend in einer Signalverarbeitung 19 aufbereitet, z.B. verstärkt und/ oder gefiltert. Die Signalverarbeitung 9 kann auch vor der Digitalisierung 13 liegen, d.h. im zeitkontinuierlichen Bereich stattfinden. Im Normalfall wird das digitale Nutzsignal a(k) dem Lautsprecher 2 der Hörhilfe 1 zugeführt, wobei es allerdings vorher mit dem negativen Reglersignal y r (k)

überlagert wird. Das überlagerte digitale Signal a(k) -y r (k) wird dann mittels Digital/ Analog-Wandler 14 in ein analoges elektrisches Signal umgewandelt, dem

Lautsprecher 2 zugeführt und von diesem entsprechend ausgegeben.

Da für den Entwurf des Reglers 15, welcher zur Kompensation des Okklusionseffekts dient, das Nutzsignal a'(t) ohne Bedeutung ist, wird es hier der Einfachheit halber weggelassen bzw. gleich null gesetzt. Somit entspricht das Reglersignal y r {k) bis auf das Vorzeichen dem digitalen Kompensationssignal y(k), d.h. dass der Regler 15 direkt das Kompensationssignal vorgibt. Als Eingangssignal erhält der Regler 15 dann nur das Fehlersignal e(k), denn der Signalpfad unterhalb des

Rückkopplungspfads 7 ist ohne Wirkung. Im Realfall ist jedoch das Nutzsignal a'(t) von null verschieden, so dass der

Lautsprecher 2 nicht nur das invertierte Reglersignal y r (k) sondern auch, und zwar bestimmungsgemäß, das Nutzsignal ausgibt, als Überlagerung der beiden Signale. Dies führt dazu, dass das Mikrofon 3 das Nutzsignal ebenfalls wieder aufnimmt, allerdings verändert durch das Übertragungsverhalten des Sekundärpfads, so dass dem Regler 1 5 nicht nur das zuvor beschriebene Fehlersignal e(k) sondern auch ein diesem überlagertes Nutzsignal zugeführt wird. Um dieses zu eliminieren, wird das digitale Nutzsignal einem Modell 12 zugeführt, dessen Übertragungsfunktion der geschätzten Übertragungsfunktion G(z) des tatsächlichen Sekundärpfades entspricht, so dass das digitale Ausgangssignal des Modells 12 genau demjenigen digitalisierten Signal entspricht, dass das Mikrofon 2 aufgrund des in den Hörkanal 5 gegebenen Nutzsignals aufgenommen hat. Dieses Modellausgangssignal wird dann von dem digitalen Mikrofonsignal abgezogen, so dass dem Regler 15 eigentlich nur noch das reine Fehlersignal e(k) zugeführt werden würde, das aus der Differenz des Störsignals d'(t) und des Kompensationssignals y'(t) resultiert. Da jedoch das

Modell 12 nur auf einer Schätzung G des Sekundärpfades basiert, unterscheiden sich der Modellausgang und der vom Nutzsignal stammende Anteil im

Mikrofonsignal, so dass die Subtraktion des Modellsignals vom Mikrofonsignal nicht genau das Fehlersignal liefert, sondern ein digitales modifiziertes Fehlersignal e(k), welches das Eingangssignal des Reglers 1 5 bildet. Dies entspricht einer Umsetzung, um das Nutzsignal von dem Einfluss des rückgekoppelten Reglers zu befreien. Eine weitere Variante ist gekennzeichnet durch die Vorverzerrung des Nutzsignals a(k) durch die Signalverarbeitung 19.

Der Sekundärpfad umfasst, wie in Figur 1 ersichtlich, neben dem direkten

akustischen Weg, den aus dem Lautsprecher 2 kommende akustische Signale zum Mikrofon 3 nehmen können, weiterhin die Digital-Analog-Wandlung 14, die

Charakteristik des Lautsprechers 2 und des Mikrofons 3 sowie der anschließenden Analog-Digital-Wandlung 13. Das Verhalten des Sekundärpfads wird mathematisch durch seine Übertragungsfunktion G beschrieben, die der Multiplikativen Verkettung der Übertragungsfunktionen

- des dem Lautsprecher 2 vorgelagerten Digital-Analog-Wandlers (DAC) 14, GDAC

- des Lautsprechers 2, - der Strecke zwischen Lautsprecher und Mikrofon, GACOUST,

- des Mikrofons 3, Gmic, und

- des dem Mikrofon 3 nachgelagerten Analog-Digital-Wandlers (ADC) 13. Somit gilt

G = GDAC " Grec " Gacoust ' Gmic ' GADC

Der Sekundärpfad ist im Wesentlichen bestimmt durch die individuelle anatomische Form und Länge des Gehörgangs 5 einerseits sowie durch den Sitz, d.h. die

Einsetzposition und Ausrichtung des Ohrstöpsels 8 in den/dem Gehörgang 5 andererseits. Bei dem„nominalen" Sekundärpfad handelt es sich deshalb um einen Referenzpfad mit einer standardmäßig definierten akustischen Strecke zwischen Lautsprecher und Mikrofon. Hierzu kann beispielsweise ein anatomisches Modell eines durchschnittlichen menschlichen Ohrkanals verwendet werden mit einer durchschnittlichen nominalen Länge und Breite, respektive ein durchschnittliches Volumen des Gehörganges. Alternativ kann der individuell bei dem Träger der Hörhilfe vorhandene Sekundärpfad als nominaler Sekundärpfad definiert,

entsprechend vermessen und für die weitere Verarbeitung verwendet werden. Ferner wird für den nominalen Sekundärpfad eine normale Einsetzposition des Ohrstöpsels verwendet, d.h. eine solche, bei der der Ohrstöpsel weder zu locker sitzt und aus den Hörkanal bei Annahme einer Bewegung herauszufallen drohen würde, noch zu fest sitzt, d.h. tief in den Hörkanal eingesteckt ist, was ohnehin für den Träger der Hörhilfe unangenehm, ggf. sogar schmerzlich wäre.

Bei dem Ohrstöpsel kann es sich beispielsweise um einen im Wesentlichen rotationssymmetrischen Körper mit außenseitig angeformten elastischen

Rückhalterippen handeln. Alternativ können die Ohrstöpsel durch eine sogenannte Otoplastik gebildet sein, bei der es sich um ein an den Gehörgang angepasstes Formteil handelt, das durch Abformung des Innenohrs erhalten wird.

Die Vermessung eines Sekundärpfades zwischen dem Lautsprecher und dem

Mikrofon gemäß Schritt S1 des Verfahrens ist an sich bekannt. Sie kann dadurch erfolgen, dass über den Lautsprecher ein Messsignal abgegeben und vom Mikrofon aufgenommen wird, wobei das Signal derart ist, dass ein breites Spektrum von Frequenzen innerhalb des Gehörgangs anregt wird. Das Spektrum kann beispielsweise Frequenzen zwischen 20Hz und 20 kHz umfassen. Dieses Spektrum kann beispielsweise mit einem sogenannten SWEEP durchfahren werden. Dies bedeutet, dass das Signal zu einem Zeitpunkt nur eine Frequenz abgibt, die allerdings von einer Startfrequenz zu einer Endfrequenz erhöht oder reduziert wird. So kann das Messsignal beispielsweise eine Sinusfunktion mit über der Zeit variierender Frequenz sein. Das Variieren der Frequenz kann linear oder

logarithmisch erfolgen, wobei im logarithmischen Fall die hohen Frequenzen schneller durchfahren werden. Weiter könnte das Messsignal ein Sweep mit perfekten Autokorrelationseigenschaften (sog. Perfekter Sweep) sein. Alternativ kann das Messsignal durch ein Rauschsignal beispielsweise aus sogenanntem weißem oder gefärbtem Rauschen, einer periodischen, zufälligen Folge, insbesondere einer Maximalfolge (Auch bekannt als Maximum-Length-Sequence (MLS) ) oder einer Sequenz mit perfekten Autokorrelationseigenschaften (Perfekte Sequenz) gebildet sein. Hierbei werden alle Frequenzen gleichzeitig angeregt.

Nach der Vermessung erfolgt die Bestimmung einer das Verhalten des nominalen Sekundärpfads beschreibenden Übertragungsfunktion G, Schritt S2. Diese ist mathematisch im diskreten komplexen z-Bereich beschrieben durch das Verhältnis aus dem gemessenen Mikrofonsignal Ymic (z) zum Messsignal Xmes(z) des

Laufsprechers, da sich das Mikrofonsignal ymic (k) im diskreten Zeitbereich durch eine mathematische Faltung der Übertragungsfunktion g(k) mit dem Messsignal Xmes(k) ergibt:

Vmic (k) = g(k) * xmes(k) und

Die Ermittlung der Übertragungsfunktion G(z) kann somit durch eine spektrale Division erfolgen, z.B. indem die Fourier-Transformierten des Mikrofonsignals und des Messsignals durch einander geteilt werden. Die Fourier-Transformierten können beispielsweise mittels der sogenannten Diskreten Fourier-Transformation (DFT) oder der sogenannten Fast Fourier-Transformation (FFT) aus den zeitdiskreten Werten ymic (k) und Xmes(k) ermittelt werden:

FFT(ymic (k)) / FFT(Xmes(k)) Alternativ kann die Übertragungsfunktion G des nominalen Sekundärpfades durch eine sogenannte adaptive Systemidentifikation geschätzt werden, bei der ausgehend von einer beliebig erstgeschätzten Übertragungsfunktion G eine iterative

Bestimmung von G erfolgt, indem die Schätzung G unter Minimierung des Fehlers

G— G immer wieder neu geschätzt wird, bis der Fehler unterhalb eines

vorgegebenen Grenzwerts liegt und die Übertragungsfunktion G somit hinreichend genau ermittelt ist, obgleich es sich noch immer um eine Schätzung handelt. Dieses Verfahren der„adaptive Systemidentifikation" ist ebenfalls an sich bekannt, so dass für weitergehende Information zu diesem Verfahren auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen wird.

Während die adaptive Systemidentifikation im diskreten Zeitbereich durchgeführt wird, erfolgt die Bestimmung der Übertragungsfunktion durch spektrale Division im Frequenzbereich anhand zeitdiskreter Größen. An dieser Stelle sei bereits darauf hingewiesen, dass das erfindungsgemäße Verfahren vollständig entweder mit zeitkontinuierlichen Signalen x(t), wobei t einen beliebigen Zeitpunkt darstellt, oder mit diskreten Größen x(k), wobei k einen bestimmten Abtastzeitpunkt als Vielfaches des Abtastintervalls T darstellt, durchgeführt werden kann. Beides stellt eine

Repräsentanz des Signals x dar. Insoweit können die Durchführung einzelner Verfahrensschritte im Frequenzbereich mittels der Laplace-Transformierten X(s) der zeitkontinuierlichen Größen oder mittels der z-Transformierten X(z) der zeitdiskreten Größen erfolgen, wobei die komplexen Variablen s = σ + jco und z=e CT+ ' (D sind. Die ermittelte Übertragungsfunktion des nominalen Sekundärpfades kann somit nach dem ersten Verfahrensschritt als G(s) oder G(z) vorliegen.

Nach der Ermittlung der Übertragungsfunktion erfolgt erfindungsgemäß die

Bestimmung einer ersten Anforderung in Gestalt eines symmetrischen oder asymmetrischen Toleranzbandes Wtoi um die Übertragungsfunktion, um die

Unsicherheit des Sekundärpfades für den Reglerentwurf zu berücksichtigen, Schritt S3. Hierdurch wird eine maximale Abweichung vom nominalen Sekundärpfad festgelegt, die der Regler bei seiner Regelung berücksichtigen muss. Dies ist auf unterschiedliche Arten möglich. Gemäß einer ersten Variante kann eine feste relative Schranke W K = const verwendet werden, um ein Toleranzband um die Übertragungsfunktion G zu definieren. So kann die relative Schranke beispielsweise zwischen ± 5% und ±15% vorzugsweise ± 10% von G betragen, so dass z.B. bei WK= 0,9 Wtoi = 0,9-G ist, um die untere Schranke des Toleranzbandes zu definieren.

Alternativ zu einer festen relativen Schranke, kann eine frequenzabhängige relative Schranke WK(T) definiert werden, beispielsweise eine solche, bei der der Abstand zu G bei tiefen und/ oder hohen Frequenzen höher ist, als bei mittleren Frequenzen. Hierdurch werden Messungenauigkeiten berücksichtigt, die bei tiefen und hohen Frequenzen auftreten können. Die untere Schranke des Toleranzbandes ergibt sich dann aus Wtoi = WK(T) G. Zur besseren Lesbarkeit und ohne Beschränkung der Allgemeinheit ist hier lediglich WK(T stellvertretend für die die zeitkontinuierliche und zeitdiskrete frequenzabhängige Schranke WK(S), WK(Z) (mit ω = Inf, also s = 'ω = jlnf bzw. z = e jü} = e j2n ^ verwendet.

Gemäß einer dritten Variante kann die Bestimmung des Toleranzbandes aus einer Vermessung einer Anzahl n, vorzugsweise einer Mehrzahl verschiedener

Sekundärpfade erfolgen, zu denen dann jeweils eine eigene Übertragungsfunktion Gj wie zuvor beschrieben ermittelt wird. Da sich das Verhalten des Sekundärpfads bei einer Änderung der Einsetzposition des Ohrstöpsels 8 relativ zum Hörkanal 5 sowie bei Änderung des Hörkanals von Mensch zu Mensch ändert, ergibt sich für den individuellen Einzelfall stets ein bestimmter Sekundärpfad aus einer Vielzahl möglicher Sekundärpfade. Für den Erhalt eines robusten, d.h. eines für eine Vielzahl verschiedener Nutzer und Situationen angepassten Regler, ist es deshalb sinnvoll, verschiedene Situationen für die Sekundärpfade zu„simulieren" und diese zu vermessen, so dass aus der Anzahl verschiedenen Sekundärpfade deutlich wird, welchen Streuungsbereich der Regler abdecken muss, um in jedem Fall beste Ergebnisse für die Unterdrückung des Okklusionseffekts zu liefern.

Im Hinblick auf die verschiedenen anatomisch möglichen Hörkanäle 5 ist es sinnvoll, bei der Anzahl n an Sekundärpfaden mindestens einen der folgenden beiden Extremfälle zu berücksichtigen, einen Extremfall„Freifeld" und einen Extremfall „Schallkanalabschluss".

Beim Extremfall„Freifeld" wird der Sekundärpfad ohne Abschluss des Schallkanals 1 1 durch den Gehörgang 5 ermittelt. Das bedeutet, dass der Ohrstöpsel 8 hier nicht in den Gehörgang 5 eingeführt ist, so dass ein„akustischer Leerlauf vorliegt. Dieser Extremfall simuliert quasi einen unendlichen langen Gehörgang 5, bzw. einen solchen mit einem besonders großen Volumen, wobei ein solcher Fall anatomisch ausgeschlossen ist. Allerdings wird damit ein Herausnehmen der Hörhilfe

nachgestellt.

Beim Extremfall„Schallkanalabschluss" wird der Sekundärpfad mit direkt

abgeschlossenen Schallkanal 1 1 vermessen. Dies bedeutet, dass das Gehäuse des Ohrstöpsels 8 geschlossen wird, so dass der vom Lautsprecher 2 abgegebene Schall nicht aus dem Ohrstöpsel 8 heraustreten kann und quasi ein„akustischer

Kurzschluss" zwischen Lautsprecher und Mikrofon vorliegt. Dieser Extremfall simuliert quasi einen unendlichen kurzen Gehörgang 5, bzw. einen solchen mit einem besonders kleinen Volumen, wobei auch ein solcher Fall anatomisch

ausgeschlossen ist. Dieser Extremfall kann beim Einsetzen der Hörhilfe auftreten, wenn der Schallkanal beim Einsetzen kurzzeitig abgeschlossen wird.

Im Hinblick auf die verschiedenen Möglichkeiten des Sitzes des Ohrstöpsels 8 im Hörkanal 5 ist es sinnvoll, bei der Anzahl n an Sekundärpfaden zusätzlich oder alternativ zu den oben genannten Extremfällen mindestens einen Fall zu

berücksichtigen, bei dem ein lockerer Sitz des Ohrstöpsels 8 im Hörkanal 5

angenommen wird und/ oder mindestens einen Fall, bei dem ein fester Sitz des Ohrstöpsels 8 im Hörkanal 5 angenommen wird. Diese Fälle können beispielsweise am oben genannten anatomischen Modell eines nominalen/ durchschnittlichen menschlichen Gehörgangs durchgeführt werden. Alternativ können auch

verschiedene Modelle mit unterschiedlichen Gehörgängen verwendet und die

Vermessung der Sekundärpfade jeweils daran durchgeführt werden. Alternativ zu den Modellen können auch reale Personen verwendet werden. Gemäß einer weiteren Alternative kann auch ein anatomisches Modell eines Hörkanals 5 mit veränderlichem Volumen verwendet werden, bei dem die Vermessung des Sekundärpfades entsprechend mit unterschiedlichen Volumina des Hörkanals 5, beispielsweise einem änderbaren Basisvolumen von 2cm 2 erfolgt.

Soll die Hörhilfe auf jeden Fall für einen bestimmten individuellen Nutzer angepasst sein, so genügt es, wenn eine Vermessung des Sekundärpfades bei diesem Nutzer bei verschiedenen Sitzen, insbesondere einem lockeren, einem normalen und einem festen Sitz des Ohrstöpsels durchgeführt wird.

Die Anzahl vermessener Sekundärpfade bildet eine Datenbasis aus

Übertragungsfunktionen Gi mit i = 1 ...j ... n, wobei n die Anzahl vermessener Pfade ist. Je mehr unterschiedliche Sekundärpfade vermessen werden, umso besser kann erkannt werden, wie stark der Sekundärpfad bei der Hörhilfe 1 variiert bzw. variieren wird.

Aus der Datenbasis Gi kann anschließend die maximale relative oder absolute Abweichung aller vermessenen Sekundärpfade Gj vom nominalen Sekundärpfad G ermittelt werden. Hierzu wird zunächst zu jedem der vermessenen Sekundärpfade Gj eine Abweichung E Gj - zum nominalen Sekundärpfad G ermittelt, wie dies

nachfolgend am Beispiel der absoluten Abweichung E G j dargestellt ist:

Sofern die relative Abweichung E G j verwendet werden soll, gilt:

Anschließend wird aus allen Abweichungen E Gi das frequenzabhängige Maximum ermittelt, also für jede Frequenz aus allen Abweichungen die maximale Abweichung bestimmt, und als Schranke WM des festzulegenden Toleranzbandes definiert: M(ju>)\ = max|£ Gi (/ >)l Ein beispielhafter Verlauf der frequenzabhängigen maximalen Abweichung bzw. frequenzabhängigen Schranke W M (jüi) zum nominalen Sekundärpfad G(s) ist in Figur 4 dargestellt. Ein kontinuierliches Laplace-Bereichs-Modell für das

Toleranzband W to i(s) ergibt sich durch Modellierung der frequenzabhängigen Schranke W M (jü)). Diese Modellierung kann beispielsweise durch ein

Minimalphasiges Filter mit Hilfe dem sogenannten log-Chebyshev Magnituden Design durchgeführt werden, wie z.B. beschrieben in„Boyd, S. and Vandenberghe, L, "Convex Optimization", Cambridge University Press, 2004". Hieraus ergibt sich die erste Anforderung, das Toleranzband W tol (s . Alternativ zur Variablen s kann die die Anforderung zeitdiskret mit dem Argument z ausgedrückt werden.

Vorzugsweise kann die gemäß der dritten Variante ermittelte untere Schranke WM dahingehend modifiziert werden, dass die maximale Abweichung bei tiefen und/ oder hohen Frequenzen gegenüber den mittleren Frequenzen vergrößert wird,

beispielsweise zwischen 2% und 10%, vorzugsweise um 5%. Dies trägt dem

Umstand Rechnung, dass Messungen stets fehlerbehaftet sind und das Signal-zuRauschen-Verhältnis (SNR) bei tiefen und hohen Frequenzen während der Messung schlechter ist. Dies kann bei der Robustheit des Reglers durch Erhöhung der maximalen Abweichung berücksichtigt werden.

Gemäß einer vierten Variante kann die Bestimmung des Toleranzbandes durch eine Schätzung erfolgen.

Nach der Festlegung der ersten Anforderung in Gestalt eines Toleranzbandes um die Übertragungsfunktion des Sekundärpfades erfolgt erfindungsgemäß die Bestimmung einer zweiten Anforderung in Gestalt einer gewünschten Sensitivitätsfunktion S ge w, die die Hörhilfe 1 haben soll, Schritt S4. Auch dies ist auf unterschiedliche Arten möglich.

Die Sensitivitätsfunktion S beschreibt das Verhalten des aus Regler 15 und

Sekundärpfad G bestehenden, rückgekoppelten Gesamtsystems von seinem

Eingang d(t) zu seinem Ausgang e(t), wobei der Eingang durch das elektrische Störsignal d(t) und der Ausgang durch das elektrische Fehlersignal e(t) gebildet ist. Dies wird anhand von Figur 2 deutlich, die eine zeitkontinuierliche Modelldarstellung des rückgekoppelten Gesamtsystems bei fehlendem Nutzsignal zeigt, wobei das zeitkontinuierliche Störsignal d(t) den Eingang des Modells bildet und das zeitkontinuierliche Fehlersignal e(t) den Modellausgang bildet. Ein

zeitkontinuierliches Modell 17 des Reglers K und ein zeitkontinuierliches Modell 16 des Sekundärpfades G bilden hier den Rückkopplungszweig. Das Modell des Gesamtsystems nach Figur 2 ist durch Gewichtsfunktionen Wi(s), W2(s) W3(s) erweitert, deren Sinn und Bedeutung nachfolgend noch erläutert wird.

Mathematisch ergibt sich die Sensitivitätsfunktion S gemäß Gleichung

1

~ 1 + G - K

Sie beschreibt also den Einfluss des Störsignals d(t) auf das Fehlersignal e(t) bzw. die Reaktionsempfindlichkeit des Fehlersignals e(t) auf eine Änderung des

Störsignals d(t), so dass sie auch die Dämpfung des rückgekoppelten

Gesamtsystems repräsentiert. Mit anderen Worten ist sie die Übertragungsfunktion vom Störsignals d(t) zum Fehlersignal e(t).

Zur Sensitivitätsfunktion S existiert für alle Frequenzen eine komplementäre

Sensitivitätsfunktion T derart

G - K

T =

1 + G - K dass das Produkt aus komplementärer Sensitivitätsfunktion T und

Sensitivitätsfunktion S gleich 1 ist. Die komplementäre Sensitivitätsfunktion T beschreibt den Einfluss der Störung d(t) auf das Kompensationssignal y(t), d.h. dem Ausgang des Sekundärpfads und folglich auch den Einfluss von Messrauschen auf das Kompensationssignal. Sie spiegelt somit die Robustheit des Systems, insbesondere auch gegenüber Störungen durch Messrauschen wieder. Idealerweise sollte die Sensitivitätsfunktion S klein sein, um sich Störungen nur minimal auswirken. Gleichzeitig sollte die komplementäre Sensitivitätsfunktion T klein sein, damit sich Messrauschen nur minimal auswirkt. Im Hinblick darauf, dass die Summe aus Sensitivitätsfunktion S und komplementärer Sensitivitätsfunktion T gleich eins ist, sind diese beiden Forderungen jedoch gegengesetzt gerichtet und können nicht gleichzeitig erfüllt werden. Man spricht hier auch von dem

„Fundamentaldilemma" der Feedback Regelung.

Die vorgenannten Darstellungen der Sensitivitätsfunktion S und der komplementären Sensitivitätsfunktion T können in Abhängigkeit der zeitkontinuierlichen komplexen Variable s oder der zeitdiskreten Variable z geschrieben werden.

Ziel ist es, die Sensitivitätsfunktion S so zu bilden, dass sie der Inversen der

Übertragungsfunktion GOE des Okklusionseffekts entspricht, da dieser

erfindungsgemäß unterdrückt werden soll. Da der Okklusionseffekt bei der Person anders ist, muss im Idealfall folglich die Kompensation an die Person angepasst werden.

Gemäß einer ersten Ausführungsvariante kann eine manuelle Vorgabe der

Sensitivitätsfunktion Sgew in Gestalt einer Wunschsensitivität erfolgen. So kann die Sensitivitätsfunktion beispielsweise so gestaltet sein, dass eine Dämpfung von mindestens 10dB in bestimmten Frequenzbereichen vorliegt. Dies kann in der Modellierung von Sgew beispielsweise durch kombinierte Hoch- und Tiefpässe vorgenommen werden.

Gemäß einer zweiten Ausführungsvariante kann eine manuelle Vorgabe der

Sensitivitätsfunktion Sgew aus empirischen Daten zum Okklusionseffekt erfolgen. Die empirischen Daten können aus eigenen Messungen bei Probanden resultieren oder aus Literaturdaten stammen, siehe beispielsweise Part II, Seite 6.2, Figur 6.1 von„M. Ostergaard Hansen. Occlusion effects Part I and II. PhD thesis, Technical University of Denmark, Denmark, 1998". Ist aus diesen Daten der Frequenzverlauf des

Okklusionseffekts bekannt, kann daraus entsprechend die Sensitivitätsfunktion berechnet werden. Gemäß einer dritten Ausführungsvariante kann die Ermittlung der

Sensitivitätsfunktion S ge w aus der Messung des objektiven Okklusionseffekts speziell bei derjenigen Person erfolgen, die die Hörhilfe später tragen wird. Hierdurch wird eine individualisierte Auslegung des Reglers erreicht.

Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass für eine individuelle Anpassung der Hörhilfe an eine Person regelungstechnisch zwei Individualisierungsebenen bestehen. So kann eine Individualisierung der Hörhilfe durch Anpassung des Sekundärpfades an den individuellen Gehörgang 5 und/ oder durch Anpassung der Sensitivitätsfunktion S erfolgen.

Der objektive Okklusionseffekt ist durch den objektiv messbaren Unterschied zwischen dem akustischen Signal am Trommelfell bei offenem und bei

abgeschlossenem Ohrkanal gekennzeichnet. Er betrifft somit nur teilweise die individuelle subjektive Wahrnehmung der eigenen Stimme, da die

Stimmwahrnehmung auch Einflüsse von Mittel- und Innenohr beinhaltet. Der objektive Okklusionseffekt kann nicht mit einem Messsignal, welches über einen internen oder externen Lautsprecher abgegeben wird, gemessen werden, weil der Okklusionseffekt auch Körperschallanteile x B ' C (t) umfasst, die nicht über einen Lautsprecher erzeugt werden können. Insbesondere ist das konkrete Verhältnis zwischen Luftschallanteil x A ' C {t) und Körperschallanteil x B ' C {t) bei einer dynamischen Stimmanregung nicht einfach ermittelbar. Er muss somit mit der eigenen Stimme ermittelt werden, wobei dann die eigene Stimme das Messsignal ist. Unter

Verwendung von zwei zueinander kalibrierten Mikrofonen an unterschiedlichen Messpositionen, von denen ein Innenmikrofon innerhalb des Ohres, ein

Außenmikrofon außerhalb des Ohres angeordnet ist, spricht die Person

beispielsweise ein [i:] aus, was zu einem besonders starken Okklusionseffekt führt, oder liest einen phonetisch ausgewogenen Text vor, welcher den natürlichen

Sprachgebrauch widerspiegelt, was einem mittleren Okklusionseffekt entspricht. Die resultierenden Mikrofonsignale werden aufgezeichnet. So liefert das Außenmikrofon ein dem Luftschallanteil x A ' C {t) entsprechendes Mikrofonsignal, das Innenmikrofon ein dem bei geschlossenem Gehörgang im Gehörgang 5 auftretenden Schall d o ' ccl (t) entsprechendes Mikrofonsignal. Der frequenzabhängige Okklusionseffekt kann durch spektrale Division der Fourier-Transformierten D o ' ccl f) und X A ' C (f) der jeweiligen Zeitsignale d o ' ccl (t) und x A ' C {t)- Gemäß der folgenden Gleichung kann eine

Übertragungsfunktion ermittelt werden, welche annähernd den Okklusionseffekt widerspiegelt.

\X A 'c(f) \

Dass es sich bei dieser Übertragungsfunktion des Okklusionseffektes G 0E ( ) nur um eine näherungsweise Ermittlung des Okklusionseffekts handelt, resultiert daraus, dass die sogenannte offene Ohrkanalcharakteristik (Real Ear Unoccluded Gain (REUG)) in der Berechnung fehlt, die eigentlich im Nenner der vorstehenden

Gleichung stehen müsste, um den frequenzabhängigen Okklusionseffekt genau zu ermitteln. Weitere Informationen zur Bestimmung des objektiven Okklusionseffekts sind in EP 2 640 095 A1 gegeben.

Idealerweise wird aus der Übertragungsfunktion des Okklusionseffekts GOE dann als zweite Anforderung die gewünschten Sensitivitätsfunktion S ge w der Hörhilfe als Kehrwert der Übertragungsfunktion des Okklusionseffekts GOE festgelegt:

Im Vorausblick auf die Notwenigkeit der technischen Implementierbarkeit des

Reglers 15 in einem DSP ist es von Vorteil, die Ordnung, die die aus dem

gemessenen Okklusionseffekt ermittelte Übertragungsfunktion GOE hat, zu

reduzieren, da ein DSP nur eine begrenzte Rechenleistung hat. Die umsetzbare

Ordnung hängt hier maßgeblich von der verwendeten Abtastrate 1/T S im digitalen System ab. Die Übertragungsfunktion kann in realen Systemen bei einer Abtastrate νοη1/ 5 = 48000 Hz eine Ordnung zwischen 10 und 20 in FIR (Finite Impulse Response) und HR (Infinite Impulse Response) aufweisen.

Da sich die Gesamtordnung des Reglers aus der Summe der Ordnungen der

Übertragungsfunktion des Sekundärpfades, des Toleranzbandes und der

Sensitivitätsfunktion ergibt, kann hier schnell eine Ordnung zwischen 30 und 40 entstehen. Um eine Implementierung zu ermöglichen kann es notwendig sein noch eine nachgeschaltete Ordnungsreduktion durchzuführen.

Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung kann die Übertragungsfunktion GOE des Okklusionseffekts deshalb durch eine Ausgleichskurve WA (Polynom) einer Ordnung zwischen 5 und 10, vorzugsweise der Ordnung 6 approximiert werden, wie dies in Fig. 5 dargestellt ist. Eine höhere Ordnung würde zwar die Kompensation

verbessern, jedoch würde dadurch auch eine höhere Anforderung an den DSP gestellt werden. Als zweite Anforderung bzw. gewünschte Sensitivitätsfunktion S ge w der Hörhilfe kann dann der Kehrwert der Ausgleichskurve WA festgelegt werden.

Um die Ordnung noch weiter zu reduzieren kann die Ausgleichskurve gemäß einer weiteren Weiterbildung zumindest einen rekursiven Anteil aufweisen, wie dies bei sogenannten IIR-Filtern oder IIR-Systemen (IIR-Infinite Impulse Response) bekannt ist. Dieser zeichnet sich in einer Übertragungsfunktion im z-Bereich durch

Koeffizienten im Nenner aus, welche eine Rückkopplung des Filterausganges bewirken.

b 0 + bi Z ' 1 + b 2 z~ 2 + · · · + b 0 z~ Q

a 0 + x z 1 + a 2 z Λ V a R z H

Im Allgemeinen können die Ordnung in FIR Anteil (Zähler) und im HR Anteil (Nenner) unterschiedliche Ordnung Q und R haben.

Die Ordnungsreduzierung kann nicht nur bei der Festlegung der Sensitivitätsfunktion, sondern auch bei bzw. nach der Bestimmung der Übertragungsfunktion für den nominalen Sekundärpfad und bei der Festlegung des Toleranzbandes angewendet werden, da die Gesamtordnung des rückgekoppelten Gesamtsystems aus der Summe der Ordnungen dieser drei Systemkomponenten resultiert. So kann auch für den vermessenen nominalen Sekundärpfad eine Approximation durch eine Kurve mit einer Ordnung erfolgen, die kleiner ist als die Ordnung des vermessenen nominalen Sekundärpfads. Gleiches gilt für das bestimmte Toleranzband.

Sobald die erste Anforderung und die zweite Anforderung festgelegt sind, erfolgt erfindungsgemäß Entwurf des digitalen Reglers mittels eines Optimierungsverfahrens unter gleichzeitiger Berücksichtigung der ersten und zweiten Anforderung, Schritt S5.

Hierzu kann zunächst ein Modell des aus Sekundärpfad und Regler bestehenden Systems aufgestellt werden, wie es in Figur 2 am Beispiel zeitkontinuierlicher Größen dargestellt ist. Bei diesem beispielhaften Modell ist das Störsignal d(t) die

Eingangsgröße und das aus der Differenz von Störsignal d(t) und

Kompensationssignal y(t) resultierende Fehlersignal e(t) die Modellausgangsgröße. Der Regler 17 und ein diesem nachgeschaltetes Modell 16 des Sekundärpfades liegen im Rückkopplungszweig, so dass der Regler 17 das Fehlersignal e(t) als Eingangssignal erhält und das Kompensationssignal y(t) das Ausgangssignal des Sekundärpfadmodells 16 bildet, welches auf das Störsignal negativ rückgekoppelt ist.

Für den Reglerentwurf sind nun die beiden ermittelten Anforderungen in dem Modell abzubilden, beispielsweise durch Erweiterung des Systemmodells. Gemäß einer Ausführungsvariante kann hierzu die sogenannte Tf « ,- Reglerentwurfsmethode, vorzugsweise die spezielle„Mixed-Sensitivity ^" Reglerentwurfsmethode

verwendet werden, wie sie in„S. Skogestad and I. Postlethwaite, Multivariable feedback control: analysis and design, John Wiley & Sons, 2005", beschrieben ist. Dieses Verfahren verwendet das in Figur 2 bereits gezeigte, erweiterte

Systemmodell, insbesondere zumindest zwei von drei dort dargestellten

Gewichtungsfunktionen Wi, W2 und W3. Die Ή^- Reglerentwurfsmethode ist hierbei die allgemeine Auslegungsmethode, welche auch andere Systemmodelle als in Figur 2 zulässt. Die„Mixed-Sensitivity H m " Reglerentwurfsmethode zeichnet sich insbesondere durch das in Figur 2 gezeigt Systemmodell aus. Weiterhin kann der Entwurf durch andere Methoden wie z.B. der K 2 - Reglerentwurfsmethode, durchgeführt werden.

Die Gewichtungsfunktionen Wi, W2 und W3 stellen Transferfunktionen dar, die bei dem beispielhaften Modell hier einen einzigen Eingang (Single input) und einem einzigen Ausgang (Single ouput) haben. Der ersten Gewichtungsfunktion Wi ist das Fehlersignal e(t) zugeführt, so dass sie denselben Signaleingang wie der Regler 17 erhält. Die zweite Gewichtungsfunktion W2 erhält als Eingang das Ausgangssignal y r (t) des Reglers 17 und die dritte Gewichtungsfunktion W3 erhält als Eingang das Ausgangssignal des Sekundärpfadmodells 16 mit der Übertragungsfunktion G. Die mathematischen Zusammenhänge werden hier in der Laplace-Domäne, d.h. im zeitkontinuierlichen Spektralbereich angegeben, so dass die Größen in Abhängigkeit von der Variable s geschrieben sind. Es ist jedoch auch möglich, hier den

zeitdiskreten Spektralbereich, d.h. die Z-Domäne zu verwenden, d.h. die Größen in Abhängigkeit von der Variable z zu schreiben. Mittels der Tustin-Methode, bei der

gesetzt wird, sind diese Darstellungen ineinander überführbar.

Die erste Gewichtungsfunktion Wi(s) spiegelt die gewollte

Gesamtübertragungsfunktion des Systems wieder und steht somit für die

Performance des Systems. Die zweite Gewichtungsfunktion W2(s) spiegelt die Unsicherheit beim Sekundärpfad in absoluter Form wieder, d.h. wie stark dieser infolge verschiedener Benutzer und/ oder unterschiedlichen Sitzes des Ohrstöpsels im Hörkanal variiert, und steht somit für die Robustheit des Systems. Für die dritte Gewichtungsfunktion W3(s) gilt dies ebenso, jedoch in relativer Form zum nominalen Sekundärpfad G.

Daraus folgt, dass durch die Gewichtungsfunktionen Wi(s), W2(s) und W3(s) die erste und zweite Anforderung beschrieben werden kann, so dass die Anforderungen durch diese Gewichtungsfunktionen Wi(s), W2(s) und W3(s) in das Modell eingebracht werden können.

Die erste Gewichtungsfunktion Wi(s) ist aus der zweiten Anforderung ermittelbar und die zweite oder dritte Gewichtungsfunktion W2(s), W3(s) aus der ersten Anforderung. Vorzugsweise wird dabei die erste Gewichtungsfunktion Wi(s) = 1/ S ge w(s) = GOE(S), insbesondere gleich der Ausgleichskurve Wi(s) = WA(S) gesetzt. Ist die Abweichung E G j der vermessenen Sekundärpfade Gj zum nominalen Sekundärpfad G in absoluter Form ermittelt worden, so kann W2(s) = W tol (s) und W3(s) = 0 gesetzt werden. Ist die Abweichung E G j der vermessenen Sekundärpfade Gj zum nominalen Sekundärpfad G in relativer Form ermittelt worden, so kann W2(s) = 0 und W3(s) = W tol (s) gesetzt werden.

Jede der Gewichtungsfunktionen W-i(s), W2(s), W3(s) liefert eine eigene

Ausgangsgröße zi(t), Z2(t), Z3(t) des Modells, die in Figur 2 zu einem Vektor z(t) zusammengefasst sind:

Dieser Vektor bildet somit einen kombinierten Ausgang des Modells. Das Ziel bei der #oo- Reglerentwurfsmethode ist es nun, den Regler K so zu entwerfen, dass die oo- Norm der Übertragungsfunktion T Z d(s) des Modells von seinem Eingang d(t) zum kombinierten Ausgang z(t) minimiert wird. Diese Übertragungsfunktion Tzd(s) ist bei dem definierten Modell ebenfalls ein Vektor und wie folgt in der Laplace-Domäne darstellbar: w^s sis) Wi(s) - 5(s)

( W 2 (s) - K(s) - S(s) W 2 {s - K(s S(s

W 3 (s - K(s) - G(s) - S<is) i

Hiervon wird nun die oo-Norm gebildet und untersucht, für welches K(s) diese minimal wird:

minllT^ OO H oo

W a (s) - S(s)

ιι^ωιΐ οο = W 2 (s - K(s) - S(s) = y

Dies kann durch Lösung zweier Riccati-Gleichungen erfolgen, wie dies in„J. C.

Doyle, K. Glover, P. P. Khargonekar, and B. A. Francis, "State-space Solutions to Standard H2 and H ro control problems," IEEE Transactions on Automatic Control, vol. 34, Nr. 8, pp. 831-847, 1989" vorgeschlagen ist. Die H^- Norm ist als absoluter Spitzenwert (Supremum) des maximalen Singulärwerts ö{T zd ) wie folgt definiert: zdO iioo = sup (r zd (/w))

ω

Hierbei vereinfacht sich das Supremum, was eine obere Schranke einer unendlich ausgedehnten Funktion beschreibt, für endliche Funktionen zu dem simplen

Maximalwert. Im allgemeinsten Fall ist der maximale Singulärwert (T zd ) die Wurzel aus dem größten Eigenwert t des Matrixprodukts aus der konjugiert komplexen Übertragungsfunktion T zd und der unveränderten Übertragungsfunktion T zd des erweiterten Systemmodells:

λ- = eig(T zd T zd

Für ein System mit einem Input und einem Output, lässt sich dieser Ausdruck auf die euklidische Vektornorm von der Übertragungsfunktion Tzd(s) reduzieren, siehe„S. Skogestad and I. Postlethwaite, Multivariable feedback control: analysis and design, John Wiley & Sons, 2005". So lässt sich die Jfoo-Norm der vektorwertigen

Übertragungsfunktion T zd ausdrücken als

II^ Ü Iloo = m ωaxVlMW -H \W 2 R\ 2 + \W 3 T\ 2

Es wird also über alle Frequenzen ω der Maximale Absolutwert der gewichteten Sensitivitäten gesucht. Wenn die Optimierung funktioniert hat, ist gewährleistet, dass IlM^s) 5(5) II oo stets kleiner gleich dem Grenzwert γ ist. Wenn die Anforderungen zu streng waren, können diese innerhalb der Optimierung aufgeweicht werden, bis ein Regler gefunden werden kann. Sofern die Optimierung einen Regler erzeugt, welcher y = 1 einhält, werden alle Anforderungen erreicht. Bei y < 1 konnte ein Regler gefunden werden, welcher besser ist als die Anforderungen. Für y > 1 mussten die Anforderungen reduziert werden. Mit der Jf « ,- Reglerentwurfsmethode kann ein Regler K gefunden werden, der beiden gestellten, widerstreitenden Anforderungen, d.h. der mit der gewünschten

Sensitivitätsfunktion definierten Performance einerseits und der mit dem

Toleranzband definierten Robustheit genügt, im Idealfall sogar besser ist. So kann der gefundene Regler K im Gesamtsystem zu einer Sensitivitätsfunktion

S= 1/(1 +G K) führen, die besser ist als die gewünschte Sensitivitätsfunktion S ge w, d.h. deren Dämpfungsamplitude |S(jo))| für alle Frequenzen co unterhalb der

Dämpfungsamplitude |S g ew(jco)| der gewünschten Sensitivitätsfunktion Sgew liegt, bzw. maximal auf dieser liegt:

Dies ist in dem Bode-Diagramm in Fig. 6 dargestellt. Aus der vorstehenden

Ungleichung ist unmittelbar ersichtlich, dass · S(s)\ < 1 = γ ist, d.h. bei richtiger Optimierung die Sensitivitätsfunktion S(s) des Systems mit dem gefundenen Regler K maximal bei einzelnen Frequenzen mit der gewünschten

Sensitivitätsfunktion Sgew zusammenfällt. Ist die Grenze γ > 1 so muss zumindest eine der beiden Anforderungen abgemildert werden, um einen Regler zu finden, der den Anforderungen genügt. Die Suche nach einem entsprechenden Regler K unter Anwendung des Optimierungsverfahrens wiederholt sich dann entsprechend.

Als letzten Schritt S6 des erfindungsgemäßen Verfahrens wird der gefundene Regler K in der Steuereinheit 9 implementiert, wie dies im Stand der Technik allgemein bekannt ist. Diese Implementierung kann vorzugsweise als digitaler Regler, beispielsweise in Form eines FIR/IIR Filters oder in Zustandsraumdarstellung auf einem DSP der Steuereinheit erfolgen. Hierzu erfolgt nach dem Entwurf des zeitkontinuierliche Reglers K(s) noch eine Diskretisierung, so dass K(z) erhalten wird. Darüber hinaus kann zusätzlich oder alternativ zur oben genannten

Ordnungsreduktion für Sekundärpfad, Toleranzband oder Sensitivitätsfunktion, eine Ordnungsreduktion des entworfenen Reglers mit den angegebenen verfahren erfolgen. Bezugszeichenliste

1 Hörhilfe

2 Lautsprecher

3 Fehlermikrofon

4 Ohrmuschel

5 Hörkanal, Gehörgang

6 Trommelfell

7 Rückkopplungszweig

8 Ohrstöpsel

9 Steuereinheit

10 Zeitkontinuierliches Systemmodell

11 Schallkanal

12 Digitales Modell des Sekundärpfads

13 Analog/Digital-Wandler

14 Digital/Analog-Wandler

15 Digitaler Regler

16 Zeitkontinuierliches Modell des Sekundärpfades

17 Zeitkontinuierlicher Regler

18 Außenmikrofon

19 Signalverarbeitung

Allgemein:

' Mit Apostroph versehene Größen bezeichnen akustische analoge Signale ~ Mit Tilde versehene Größen bezeichnen modifizierte Größen

Λ Mit Dach versehene Größen bezeichnen geschätzte Größen / Frequenz in Hz

T s Abtastintervall

ω Kreisfrequenz

t Variable für die Zeit zeitkontinuierlicher Größen

k Indexvariable für die Zeit zeitdiskreter Größen

s komplexer Parameter einer in den Frequenzbereich transformierten

zeitkontinuierlichen Funktion mittels der Laplace-Transformation z komplexer Parameter einer in den Frequenzbereich transformierten

diskretisierten/ digitalen Funktion mittels Z-Transformation

G Gesamtübertragungsfunktion des nominalen Sekundärpfades

Gi Gesamtheit von Übertragungsfunktionen n verschiedener Sekundärpfade

G j j-te Übertragungsfunktion der Gesamtheit G±

Wtoi Toleranzband um die Übertragungsfunktion des Sekundärpfades zur

Beschreibung der Unsicherheit des Sekundärpfades

W« feste relative Schranke

Wf<(f) frequenzabhängige relative Schranke W M Untere Schranke des

Toleranzbandes

E G j Abweichung der verschiedenen Sekundärpfade vom nominalen

Sekundärpfad

G 0 E Übertragungsfunktion des Okklusioneffektes

W-L Gewichtsfunktion für die Optimierung, spiegelt die gewollte

Gesamtübertragungsfunktion wider

W 3 Gewichtsfunktion für die Optimierung, welche die Unsicherheit in Relativer

Form widerspiegelt

Hoo H unendlich

G rec Übertragungsfunktion des Lautsprechers

G mic Übertragungsfunktion des inneren Mikrofons

G acoust Akustische Übertragungsfunktion zwischen innerem Lautsprecher und innerem Mikrofon x' AC (t) Luftschallsignal (bestehend aus einer Kombination der eigenen

Stimme und Umgebungsgeräuschen)

x' Bc (i) Knochen/Körperschallsignal (Enthält vorwiegend die eigene

Stimme)

d'(t) Akustisches inneres Störsignal

d(i) elektrisches inneres Störsignal

e'(t) Akustisches inneres Fehlersignal

e(t) elektrisches inneres Fehlersignal

y'(t Akustisches inneres Kompensationssignal

y(t) elektrisches Inneres Kompensationssignal

y k~) Digitales modifiziertes Kompensationssignal (wird über

Lautsprecher abgegeben)

y r ( i) Digitales Reglerausgangssignal/ Kompensationssignal

y r (t) Kontinuierliches Reglerausgangssignal/ Kompensationssignal (/c) Digitales Nutzsignal/ Audiosignal

e(k) Digitales Fehlersignal

e(k) Modifiziertes digitales Fehlersignal

G z) Geschätzte Übertragungsfunktion des nominalen Sekundärpfads G(s) Zeitkontinuierliches Modell des Sekundärpfades

K(z) Übertragungsfunktion des Reglers

K s) Kontinuierliches Modell des Reglers

1 ^ (s) Kontinuierliche Gewichtsfunktion für die Optimierung, zum Erhalt einer gewünschten Gesamtübertragungsfunktion der Hörhilfe

W 2 (s) Kontinuierliche Gewichtsfunktion für die Optimierung, welche die

Unsicherheit in absoluter Form widerspiegelt

W 3 (s) Kontinuierliche Gewichtsfunktion für die Optimierung, welche die

Unsicherheit in Relativer Form widerspiegelt

z(t) Gewichteter Ausgangsvektor des erweiterten Modells

T zd (s) Vektorielle Übertragungsfunktion zwischen dem Störsignal d(t) und dem gewichteten Ausgangsvektors des Regelsystems z{t Tz d s Konjugiert komplexe vektorielle Übertragungsfunktion zwischen dem Störsignal d(t) und dem gewichteten Ausgangsvektors des Regelsystems z(t)

5( 5 ) Kontinuierliche Sensitivitätsfunktion/ Übertragungsfunktion des

Gesamtsystems

$ gewiß) gewünschte Sensitivitätsfunktion/ Übertragungsfunktion des

Gesamtsystems

bei geschlossenem Gehörgang im Gehörgang 5 auftretender Schall T(s) Kontinuierliche Komplementäre Sensitivitätsfunktion

D'OCCL (f) Fourier-Transformierte des Zeitsignals d o ' ccl (t)

X'AC (/) Fourier-Transformierte des Zeitsignals x A ' C (t)

γ Obere Schranke für die Sensitivitätsfunktion beim Reglerentwurf

X t i-ter Eigenwert

W A Ausgleichsfunktion durch die Okklusionsfunktion

R Produkt aus Regler K und Sensitivitätsfunktion S