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Title:
ACTUATING PART AND CONTROL FOR A MOTOR VEHICLE
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2018/046064
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to an actuating part for a motor vehicle having at least two steerable wheels, in which the actuating force in the transverse direction of the vehicle is measured redundantly by an actuating part transverse force sensor system and the actuating part angle is influenced by at least one electromotive actuating part actuator, whose rotational speed and torque are converted by an actuating part transmission, as well as to a control for a motor vehicle, in which the actuating forces exerted in the transverse direction of the vehicle on two actuating parts according to the invention are averaged and used for influencing the radius of the trajectory of the motor vehicle while the actuating forces exerted in the longitudinal direction of the vehicle on the actuating parts are used for calculating a desired change of the side slip angle of the motor vehicle.

Inventors:
ECKSTEIN LUTZ (DE)
SANDMANN TOBIAS (DE)
DANKERT JENS (DE)
Application Number:
PCT/DE2017/100751
Publication Date:
March 15, 2018
Filing Date:
September 07, 2017
Export Citation:
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Assignee:
INSTITUT FUER KRAFTFAHRZEUGE RWTH AACHEN UNIV (DE)
International Classes:
B62D1/12; B62D5/00
Foreign References:
US20020063015A12002-05-30
US20040003954A12004-01-08
US20040256171A12004-12-23
EP1834859A12007-09-19
EP1504981A12005-02-09
DE19548713C11997-05-07
DE19625497C11997-10-30
Attorney, Agent or Firm:
BUNGARTZ CHRISTOPHERSEN PARTNERSCHAFT MBB (DE)
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Claims:
Ansprüche

[0001] Stellteil zur Steuerung eines Kraftfahrzeugs mit mindestens zwei lenkbaren Rädern, dadurch gekennzeichnet, dass das Stellteil in Fahrzeugquerrichtung beweglich ausgeführt ist und eine Betätigungskraft in Fahrzeugquerrichtung durch eine Stellteil- querkraftsensorik und/oder -drehmomentsensorik (10) messbar und als Grundlage zur Berechnung eines Sollwertes für die Fahrzeugquerbewegung nutzbar ist, während ein Stellteilwinkel des Stellteils mindestens durch einen elektromotorischen Stell- teilaktuator (4) beeinflussbar ist, dessen Drehzahl und Drehmoment durch ein Stellteilgetriebe (6) wandelbar sind.

[0002] Stellteil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Betätigungskraft in

Fahrzeugquerrichtung redundant, insbesondere mindestens dreifach, messbar ist.

[0003] Stellteil nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das

Stellteilgetriebe (6) ein Wellgetriebe oder ein Schneckenradgetriebe umfasst.

[0004] Stellteil nach einem der vorstehenden Ansprüche mit einer Stellteilbremse, dadurch gekennzeichnet, dass der Stellteilwinkel durch die Stellteilbremse (6) derart beeinflussbar ist, dass eine Veränderung des Stellteilwinkels durch eine sehr hohe Kraft des Fahrers auf den Stellteilgriff (7) gegen ein durch das Stellteilgetriebe (6) gewandeltes Moment des Stellteilaktuators (4) verhindert werden kann.

[0005] Stellteil nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass zusätzlich zur Betätigungskraft in Fahrzeugquerrichtung auch eine Betätigungskraft in Fahrzeuglängsrichtung durch eine Stellteillängskraftsensorik (9), insbesondere redundant messbar ist.

[0006] Steuerung für ein Kraftfahrzeug mit mindestens zwei lenkbaren Vorderrädern und

zwei Stellteilen (105, 110) nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die auf die Stellteile (105, 110) in Fahrzeugquerrichtung ausgeübten Betätigungskräfte gemittelt und mit einem geschwindigkeitsabhängigen Filter zumindest erster Ordnung gefiltert werden, wobei eine so gemittelte und gefilterte Betätigungskraft als Sollwertvorgabe für die Fahrzeugquerbewegung und damit zur Beeinflussung des Radius der Bahnkurve (101) des Kraftfahrzeugs genutzt werden.

[0007] Steuerung nach dem vorstehenden Anspruch, dadurch gekennzeichnet, dass

zwischen der gefilterten, gemittelten Betätigungskraft und der Sollwertvorgabe für die Lenkung ein derart geschwindigkeitsabhängiger Zusammenhang vorgesehen ist, dass bei niedrigen Fahrgeschwindigkeiten die Stellteilkräfte zur Vorgabe großer

Lenkwinkel nach oben beschränkt werden und bei hohen Fahrgeschwindigkeiten die Stellteilkräfte zur Vorgabe kleiner Lenkwinkel erhöht werden.

[0008] Steuerung nach einem der Ansprüche 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, dass eine zur Erzeugung eines bestimmten Lenkwinkels notwendige Betätigungskraft als eine Funktion eines über eine Sensorik ermittelten Kraftschlussbeiwerts zwischen Reifen und Fahrbahn ausgeführt ist, wobei bevorzugt für einen definierten Lenkwinkel bei einem geringen Kraftschlussbeiwert eine geringere Betätigungskraft als bei einem hohen Kraftschlussbeiwert erforderlich ist.

[0009] Steuerung nach einem der Ansprüche 6 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Berechnung eines Sollwertes für den Stellteilwinkel mehrere Anteile umfasst, wobei bevorzugt zumindest ein Anteil ein gemittelter Radlenkwinkel des ersten und zweiten Vorderrades ist.

[0010] Steuerung nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass ein Anteil die aktuelle oder erwartete Krümmung einer Bahnkurve des Fahrzeugschwerpunktes ist.

[0011] Steuerung nach einem der Ansprüche 9 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass ein weiterer Anteil vorgesehen ist, welcher ein Übersteuern des Fahrzeugs in Form eines zusätzlichen Anteils des Stellwinkels an dem ersten und/oder zweiten Stellteil spürbar macht, wobei dieser Anteil bevorzugt mit einer Gewichtung durch eine Differenz zwischen gemessener Giergeschwindigkeit und über ein Einspurmodell berechneter Giergeschwindigkeit und/oder einer Änderung der Differenz gebildet ist.

[0012] Steuerung nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die auf die Stellteile in Fahrzeuglängsrichtung ausgeübten Betätigungskräfte (107, 111) zur Berechnung einer angestrebten Schwimmwinkeländerung (114) des Kraftfahrzeugs dienen.

[0013] Steuerung nach dem vorstehenden Anspruch, dadurch gekennzeichnet, dass die angestrebte Schwimmwinkeländerung (114) des Kraftfahrzeugs von dem Betrag und dem Vorzeichen der auf die beiden Stellteile in Fahrzeuglängsrichtung ausgeübten Kräfte (107 und 111) abhängt.

[0014] Steuerung nach einem der Ansprüche 12 oder 13, dadurch gekennzeichnet, dass die angestrebte Schwimmwinkeländerung (114) mindestens durch eine geeignete Kombination von Lenkwinkeländerungen der gelenkten Räder, oder durch eine Kombination von Lenkwinkeländerungen an einzelnen Rädern sowie von Antriebs- und oder Bremsmomenten an einem oder mehreren Rädern eingestellt wird.

[0015] Steuerung für ein Kraftfahrzeug mit einem regelbaren Rekuperationsmoment nach einem der Ansprüche 12 bis 14, dadurch gekennzeichnet, dass über mindestens eine der Betätigungskräfte auf die Stellteile in Fahrzeuglängsrichtung ein Rekuperationsmoment vorgegeben und eingeregelt wird.

[0016] Steuerung für ein Kraftfahrzeug mit einer Reibbremse nach einem der Ansprüche 12 bis 15, dadurch gekennzeichnet, dass über mindestens eine der Betätigungskräfte auf die Stellteile in Fahrzeuglängsrichtung die Reibbremse des Fahrzeugs angesteuert wird, bevorzugt, wenn mindestens eine der Betätigungskräfte einen Schwellwert überschreitet. Kraftfahrzeug mit zwei Stellgliedern nach einem der Ansprüche 1 bis 5 und einer Steuerung nach einem der vorstehenden Ansprüche.

Description:
Beschreibung

Stellteil und Steuerung für ein Kraftfahrzeug

[0001] Die Erfindung betrifft ein Stellteil für ein Kraftfahrzeug mit mindestens zwei

lenkbaren Rädern, bei welchem die Betätigungskraft in Fahrzeugquerrichtung durch eine Stellteilquerkraftsensorik redundant gemessen und der Stellteilwinkel mindestens durch einen elektromotorischen Stellteilaktuator beeinflusst wird, dessen Drehzahl und Drehmoment durch ein Stellteilgetriebe gewandelt werden, sowie eine Steuerung für ein Kraftfahrzeug, bei welcher die auf zwei erfindungsgemäße Stellteile in Fahrzeugquerrichtung ausgeübten Betätigungskräfte gemittelt und zur Beeinflussung des Radius der Bahnkurve des Kraftfahrzeugs genutzt werden, während die auf die Stellteile in Fahrzeuglängsrichtung ausgeübten Betätigungskräfte zur Berechnung einer angestrebten Schwimmwinkeländerung des Kraftfahrzeugs dienen. Insbesondere sind unter den lenkbaren Rädern Vorderräder, aber auch Hinterräder gemeint.

[0002] Gattungsgemäße Stellteile für Kraftfahrzeuge sind aus dem Stand der Technik bereits gut bekannt. Beispielsweise beschreibt DE19548713C1 eine Lenkwinkelstelleinrichtung für ein Kraftfahrzeug mit einem Bedienelement zur Lenkwinkeleinstellung in Abhängigkeit von einer zugehörigen Bedienelement-Betätigungsgröße, bei welchem der Kraftschlussbeiwert bei der Berechnung der Lenkwinkeleinstellung berücksichtigt wird. DE19625497C1 beschreibt eine Bedienelementanordnung zur Steuerung der Längs- und der Querbewegung eines Kraftfahrzeuges mit einem handbetätigbaren, in Fahrzeuglängsrichtung feststehend angeordneten Stellelement, das sowohl zur

Steuerung der Fahrzeuglängsbewegung, als auch zur Beeinflussung der Fahrzeugquerbewegung genutzt wird. Ferner sind Fahrwerkregelsysteme bekannt, die im fahrdynamischen Grenzbereich den Schwimmwinkel des Fahrzeugs, also den Winkel zwischen dem Geschwindigkeitsvektor im Fahrzeugschwerpunkt und der Fahrzeuglängsachse, beobachten und begrenzen, wobei der Grenzwert von weiteren Einstellungen wie z.B. einem gewählten Fahrmodus abhängen kann. Die Steuerung des Fahrzeugs wird dabei derart gestaltet, dass aus dem durch den Fahrer eingestellten Lenkradwinkel und der aktuellen Fahrzeuggeschwindigkeit ggf. unter Berücksichtigung weiterer, beispielsweise den Fahrzustand beschreibender Größen lediglich ein Sollwert für die Giergeschwindigkeit des Fahrzeugs ermittelt wird.

[0003] Der bekannte Stand der Technik weist mehrere Nachteile auf. Zum einen ist keine technische Lösung bekannt, welche eine hinreichend sichere, spielfreie aber auch kostengünstige Realisierung des aktiven Stellteilprinzips zur Fahrzeugquerführung ermöglicht, die sicherstellt, dass der Fahrer den durch das Stellteil aktiv eingestellten Stellteilwinkel nicht durch eine sehr große Betätigungskraft verändern kann. Da die auf das Stellteil ausgeübte Betätigungskraft die Grundlage für die Sollwertbildung für die Fahrzeugquerbewegung darstellt, während der Stellteilwinkel der Rückmeldung des aktuellen Fahrzustandes, beispielsweise in Form der Krümmung der Bahnkurve des Fahrzeugschwerpunkts, dient, darf letzterer nicht durch den Fahrer unabsichtlich oder absichtlich beeinflusst werden. Ferner gilt es bei einer besonders vorteilhaften Ausstattung eines Kraftfahrzeugs mit zwei Stellteilen zu vermeiden, dass die Synchronität der Bewegung beider Stellteile in einem spürbaren Ausmaß beeinträchtigt wird.

[0004] Zum anderen ist dem Erfinder keine Steuerung eines straßengebundenen Kraftfahrzeugs bekannt, welche eine unabhängige Beeinflussung des Bahnkurvenradius einerseits und des Schwimmwinkels des Kraftfahrzeugs andererseits ermöglicht. Als Konsequenz daraus sind bekannte Steuerungen von Kraftfahrzeugen nur darauf ausgerichtet, den Schwimmwinkel geeignet zu begrenzen, nicht aber unabhängig vom Bahnkurvenradius gezielt zu beeinflussen. Insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Einführung von Lenksystemen an der Hinterachse, welche die Fahrzeugquerdynamik zusätzlich zu einem Lenksystem an der Vorderachse beeinflussen können, stellt die fehlende gezielte Beeinflussung des Fahrzeugschwimmwinkels einen gravierenden Nachteil dar, nicht nur bei höheren Fahrgeschwindigkeiten und Querbeschleunigungen, sondern beispielsweise auch beim Parken und Rangieren.

[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Stellteil und eine Steuerung für ein

Kraftfahrzeug zu entwickeln, um zumindest einen der vorstehend genannten Nachteile zu überwinden. Die Aufgabe der Erfindung wird von einem Stellteil mit den

Merkmalen des Anspruchs 1 und einer Steuerung mit den Merkmalen des Anspruchs 6 gelöst. Bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen und der nachfolgenden Beschreibung angegeben, die jeweils einzeln oder in Kombination einen Aspekt der Erfindung darstellen können.

[0006] Die Erfindung baut auf dem gattungsgemäßen Stand der Technik dadurch auf, dass das Stellteil nur in Fahrzeugquerrichtung beweglich ausgeführt ist und zur Steuerung des Kraftfahrzeugs zwei Stellteile genutzt werden. Die Stellteile sind dabei bevorzugt um die Längsachse des Fahrzeugs drehbar gelagert. Im Unterschied zum bekannten Stand der Technik wird die Betätigungskraft in Fahrzeugquerrichtung durch eine Stellteilquerkraft- bzw. -drehmomentsensorik redundant gemessen und dient als Grundlage zur Berechnung eines Sollwertes für die Fahrzeugquerbewegung, was vorteilhaft bzgl. des Phasenverhaltens zwischen Fahrzeugreaktion und Betätigungsgröße ist. Ein konventionell gesteuertes Kraftfahrzeug ändert die Richtung erst, wenn sich aufgrund des Momentes, welcher der Fahrer auf das Lenkrad ausübt, eine Änderung des Lenkradwinkels einstellt. Gemäß der vorliegenden Erfindung dienen die Kräfte, die auf die Stellteile in Fahrzeugquerrichtung ausgeübt werden, als Sollwertvorgabe, nachdem sie in einer besonders vorteilhaften Ausprägung dieser Erfindung gemittelt und mit einem geschwindigkeitsabhängigen Filter erster Ordnung gefiltert wurden. Durch die Ge- schwindigkeitsabhängigkeit der Filterung der gemittelten Betätigungskraft in Fahrzeugquerrichtung wird der Tatsache Rechnung getragen, dass der Phasenverzug zwischen Radlenkwinkel und Giergeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit wächst. Folglich ist es vorteilhaft, die Filterkonstante mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit beispielsweise stetig zu reduzieren.

[0007] In einer weiteren vorteilhaften Ausprägung der vorliegenden Erfindung wird der Zusammenhang zwischen gefilterter Kraft und Sollwert für die Lenkung geschwindigkeitsabhängig gestaltet, damit einerseits bei niedrigen Fahrgeschwindigkeiten die Stellteilkräfte zur Vorgabe großer Lenkwinkel nicht zu groß, andererseits bei hohen Fahrgeschwindigkeiten die Stellteilkräfte zur Vorgabe sehr kleiner Lenkwinkel nicht zu klein werden.

[0008] Um darüber hinaus den aktuell vorherrschenden Kraftschlussbeiwert zwischen

Reifen und Fahrbahn spürbar zu machen, kann in einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung die notwendige Kraft zur Erzeugung eines bestimmten Lenkwinkels abhängig vom Reib wert gestaltet werden. Ist der Kraftschlussbeiwert niedrig, benötigt der Fahrer eine geringere Kraft, um denselben Lenkwinkel hervorzurufen, als bei hohem Kraftschlussbeiwert. Dieser kann beispielsweise auf Grundlage der Leistungsaufnahme des Radlenkwinkelstellers geschätzt werden.

[0009] Ferner wird der dem Fahrer als Rückmeldung dienende Stellteilwinkel durch eine Kombination eines elektrischen Stellteilaktuators und einem Stellteilgetriebe be- einflusst, so dass das Stellteil auch bei großen Betätigungskräften einen dem

Fahrzustand entsprechenden Stellteilwinkel einstellen kann.

[0010] Der Sollwert für den als Rückmeldung dienenden Stellteilwinkel wird in einer

besonders vorteilhaften Ausprägung dieser Erfindung aus mehreren Anteilen zusammengesetzt:

[0011] In einer vorteilhaften Ausgestaltung der Rückmeldung basiert ein Anteil des

Sollwerts für den Stellteilwinkel bei niedrigen Fahrgeschwindigkeiten auf dem gemittelten Radlenkwinkel der Vorderräder. Dadurch kann der Fahrer beispielsweise spüren, wenn die Vorderräder aufgrund eines Bordsteines nicht wie gewünscht eingeschlagen werden können.

[0012] Nachdem die Fahrzeugquerdynamik mit zunehmender Fahrgeschwindigkeit zusätzlich durch das Eigenlenkverhalten des Kraftfahrzeugs beeinflusst wird, hat es sich in Fahrversuchen als besonders vorteilhaft herausgestellt, alternativ zu einer

Rückmeldung des mittleren Radlenkwinkels die aktuelle Krümmung der Bahnkurve des Fahrzeugschwerpunktes zu wählen. Nachdem die reale Krümmung der gefahrenen Bahnkurve nicht immer trivial zu bestimmen ist, kann beispielsweise mit Hilfe des Einspurmodells auf Grundlage des mittleren Radlenkwinkel, der Fahrgeschwindigkeit und des Eigenlenkgradienten des Kraftfahrzeugs die Krümmung der Bahnkurve des Fahrzeugschwerpunktes vereinfacht berechnet werden.

[0013] Nachdem diese überschlägige Berechnung im fahrdynamischen Grenzbereich, also beim Auftreten größerer Schwimmwinkel, nicht mehr zutreffend ist, wird in einer weiteren, besonders vorteilhaften Ausgestaltung der Berechnung des Sollwerts für den Stellteilwinkel zusätzlich ein weiterer Anteil berücksichtigt, welcher das Übersteuern in Form eines zusätzlichen Stellteilwinkels spürbar macht. Dazu kann beispielsweise die Abweichung zwischen gemessener Giergeschwindigkeit und der mit Hilfe des Einspurmodells berechneten Giergeschwindigkeit bzw. die Änderung dieser Differenz geeignet skaliert und zum Steilteilsollwinkel addiert werden.

[0014] In einer besonders vorteilhaften Ausführung wird die Betätigungskraft des Fahrers in Fahrzeugquerrichtung mindestens dreifach gemessen, um einen fehlerhaften

Messwertgeber identifizieren zu können. Dies wird beispielsweise durch einen paarweisen Vergleich von jeweils zwei der mindestens drei Messwerten möglich, da bei einem defekten Messwertgeber nur ein Vergleich von zwei intakten Sensoren eine Abweichung ergibt, die kleiner als eine definierte Toleranzschwelle ist. Um Mehrfachfehler mit gemeinsamer Ursache auszuschließen, erscheint es ferner vorteilhaft, unterschiedliche Messprinzipien zu implementieren, zum Beispiel auf Basis von Dehnmessstreifen, Piezosensoren und Hall-Sensoren.

[0015] In einer weiteren vorteilhaften Ausführung umfasst das Stellteilgetriebe mindestens ein sog. Wellgetriebe, welches aus der Robotik bekannt ist und sich durch große Übersetzungen von beispielsweise 1: 100 bei praktischer Spielfreiheit auszeichnet. Damit kann ein sehr kleiner Stellteilaktuator mit geringer elektrischer Leistungsaufnahme ausgewählt werden, der zudem leicht ist und wenig Bauraum beansprucht. Alternativ können Schneckenradgetriebe eingesetzt werden, wie sie beispielsweise aus elektrischen Hilfskraftlenkungen bekannt sind.

[0016] Um entweder den Stellteilaktuator noch weiter in seiner Leistung zu reduzieren und/ oder die tolerierbare Betätigungskraft zu erhöhen, wird das Stellteil in einer weiteren vorteilhaften Ausführung um eine Stellteilbremse ergänzt, welche entweder den Stellteilaktuator oder den Stellteilgriff abbremst. Die Stellteilbremse wird beispielsweise dann aktiviert, wenn ein geeigneter Algorithmus erkennt, dass die Betätigungskraft des Fahrers derart stark anwächst, dass diese die seitens des Stellteilaktuators in Kombination mit dem Stellteilgetriebe erzeugbare Stellteilkraft zu überschreiten droht. In einer weiteren vorteilhaften Ausprägung könnte diese Stellteilbremse als stromlos geschlossen ausgebildet werden, so dass die Stellteilposition bei abgestelltem Fahrzeug definiert ist.

[0017] In einer weiteren besonders vorteilhaften Ausprägung wird nicht nur die Betätigungskraft in Fahrzeugquerrichtung, sondern zusätzlich die Betätigungskraft in Fahrzeuglängsrichtung redundant gemessen. Diese Längskraft kann als Grundlage zur Soll- wertbildung für weitere Funktionen genutzt werden. Eine hinreichende Redundanz der Messung ermöglicht es hierbei, auch sicherheitsrelevante Funktionen zu adressieren, wie z.B. eine Fahrzeugverzögerung durch Regelung des Rekuperationsmoments elektrischer Fahrantriebe. Damit kann der Fahrer bewusst eine Fahrzeugverzögerung einleiten, in deren Zuge kinetische Energie durch den generatorischen Betrieb des elektrischen Fahrzeugantriebs in Form von elektrischem Strom zurückgewonnen wird. Alternativ könnte beispielsweise eine Notbremsfunktion für automatisiert fahrende Fahrzeuge implementiert werden. Dabei erscheint besonders vorteilhaft, dass die Stellteile für den Fahrer immer leicht erreichbar und sichtbar sind, während das Bremspedal bei leicht geänderter Körperhaltung während der automatisierten Fahrt nicht sicher auffindbar bzw. betätigbar erscheint. Besonders bevorzugt kann über die Längskraft sowohl die Regelung des Rekuperationsmoments als auch die Notbremsfunktion gesteuert werden. Hierfür kann z.B. ein Schwellenwert für die Längskraft vorgesehen werden, bei dessen Überschreiten die Notbremsfunktion aktiviert wird und die Reibbremse zugeschaltet wird. Unterhalb des Schwellenwertes erfolgt eine Verzögerung nur über die Regelung des Rekuperationsmoments. Die Auslenkbarkeit der Stellteile in Längsrichtung ist vorzugsweise wesentlich geringer als die Auslenkbarkeit in Fahrzeugquerrichtung. Die Auslenkbarkeit in Längsrichtung beträgt bevorzugt weniger als 10 % der Auslenkbarkeit in Fahrzeugquerrichtung. Vorzugsweise ist gar keine spürbare Auslenkbarkeit der Stellteile in Längsrichtung vorgesehen. Die Betätigungskräfte in Längsrichtung bewirken dabei nur eine elastische Biegung der jeweiligen Stellteile in Längsrichtung.

Die Erfindung umfasst ferner eine Steuerung für ein Kraftfahrzeug mit mindestens zwei lenkbaren Vorderrädern, welche eine unabhängige Beeinflussung des gefahrenen Kurvenradius sowie des Schwimmwinkel des Fahrzeugs zulässt, indem die auf zwei erfindungsgemäße Stellteile in Fahrzeugquerrichtung ausgeübten Betätigungskräfte gemittelt und zur Beeinflussung des Radius der Bahnkurve des Kraftfahrzeugs genutzt werden, während die auf die erfindungsgemäßen Stellteile in Fahrzeuglängsrichtung ausgeübten Betätigungskräfte zur Berechnung einer angestrebten Schwimmwinkeländerung des Kraftfahrzeugs genutzt werden. Dies ermöglicht es dem Fahrer beispielsweise, die Änderung des Gierwinkels des Fahrzeugs bei einem Fahrstreifenwechsel gezielt zu reduzieren, indem über die Differenz der auf die Stellteile ausgeübten Längskräfte ein Schwimmwinkel kommandiert wird, welcher dem auf Grundlage der Summe der Stellteilquerkräfte berechneten Bahnkurvenradius entgegengesetzt ist, oder aber beispielsweise eine bewusste Erhöhung des Schwimmwinkels bei zügiger Kurvenfahrt. Bei langsamer Kurvenfahrt wie beispielsweise dem Einfahren auf einen Parkplatz kann der Fahrer den zusätzlichen Freiheitsgrad bzgl. der Beeinflussung des Fahrzustands auch dazu nutzen, den Fahrbahnbreitenbedarf des Fahrzeugs zu reduzieren und dadurch eine potentielle Kollision der kurveninneren Fahrzeugseite mit einem Hindernis zu vermeiden. Ferner wäre vorstellbar, beim parallelen Einparken eine Differenz der Längskräfte auf das rechte und linke Stellteil dazu zu nutzen, um eine Hinterradlenkung direkt oder indirekt zu beeinflussen, sodass der Fahrer das Fahrzeug bei hinreichend großen verfügbaren Lenkwinkeln an der Hinterachse bei Vorwärtsfahrt parallel einparken kann.

[0019] In einer besonders vorteilhaften Ausprägung der erfindungsgemäßen Steuerung hängt die angestrebte Schwimmwinkeländerung des Kraftfahrzeugs von dem Betrag und dem Vorzeichen der auf die beiden Stellteile in Fahrzeuglängsrichtung ausgeübten Kräfte ab, so dass der Fahrer den Schwimmwinkel des Fahrzeugs in beide Richtungen feinfühlig dosierbar vorgeben kann. Dabei ist es auch denkbar, nur dann einen Sollwert für den Schwimmwinkel des Kraftfahrzeugs zu berechnen, wenn der Fahrer beispielsweise auf beide Stellteile eine umgekehrt orientierte Kraft aufprägt oder zumindest beide Stellteile betätigt.

[0020] In einer weiteren vorteilhaften Ausprägung der erfindungsgemäßen Steuerung wird die angestrebte Schwimmwinkeländerung mindestens von einer geeigneten Kombination von Lenkwinkeländerungen der gelenkten Räder oder durch eine Kombination von Lenkwinkeländerungen an einzelnen Rädern sowie von Antriebs- und oder Bremsmomenten an einem oder mehreren Rädern eingestellt. Sofern sowohl die Räder der Vorderachse, als auch die Räder der Hinterachse lenkbar ausgeführt sind, kann der Schwimmwinkel in jeder beliebigen Fahrsituation unabhängig vom Bahnkurvenradius beeinflusst werden, beispielsweise auch bei Geradeausfahrt. Auf eine Hinterradlenkung kann beispielsweise verzichtet werden, sofern das Fahrzeug über selektiv betätigbare Radbremsen verfügt, wobei in diesem Fall die vom Bahnkurvenradius unabhängige Steuerung des Schwimmwinkels insbesondere im fahrdynamischen Grenzbereich möglich ist.

[0021] Weitere Vorteile, Ziele und Eigenschaften vorliegender Erfindung werden anhand anliegender Zeichnungen und nachfolgender Beschreibung erläutert, in welchen beispielhaft ein erfindungsgemäßes Lenksystem dargestellt und beschrieben wird.

[0022] In den Zeichnungen zeigen:

[0023] Figur 1 schematisch eine Seitenansicht eines Ausführungsbeispiels des Stellteils einschließlich einer elektronischen Einheit zur Berechnung querdynamischer Sollwerte, einer weiteren Einheit zur Synthese eines Sollwertes für den Stellteilwinkel sowie zur Ansteuerung des Stellteilaktuators und der Stellteilbremse, sowie einem Fahrzeugrechner, der mit beiden Einheiten kommuniziert.

[0024] Figur 2 schematisch eine beispielhafte Fahrsituation, in welcher ein mit zwei erfindungsgemäßen Stellteilen ausgestattetes Kraftfahrzeug eine Linkskurve durchfährt, wobei das Fahrzeug zusätzlich in einer angestrebten Fahrzeuglage mit einer durch- brochenen Linie eingezeichnet ist.

[0025] Das in der Figur 1 gezeigte, exemplarische Stellteil besitzt ein Stellteilgehäuse (1), in welchem eine Stellteilbremse (3), ein Stellteilaktuator (4) sowie ein Stellteilgetriebe (6) angeordnet ist, wobei der Stellteilaktuator und das Stellteilgetriebe durch einen mit (5) gekennzeichneten Aktuator- und Getriebehalter schematisch mit dem Stellteilgehäuse verbunden sind. Drehzahl und Drehmoment des Stellteilaktuators (4) werden durch das Stellteilgetriebe (6) gewandelt, woraus eine Schwenkbewegung des Stellteilarms (8) um die Stellteildrehachse (2) resultiert. Die auf den Stellteilgriff (7) ausgeübten Kräfte werden durch die abstrahiert dargestellte Stellteilquerkraftsensorik (10) in Stellteilquerrichtung sowie durch die Stellteillängskraftsensorik (9) in Stellteillängsrichtung erfasst, wobei beide Sensoriken redundante und idealerweise diversitär ausgeführte Sensoren enthalten. Der Steilteilwinkelsensor (11) dient der Messung des Stellteilwinkels, welcher unter anderem zur Regelung desselben genutzt werden kann. Die mit (12) gekennzeichnete Einheit dient der Berechnung geeigneter Sollwerte mindestens für die Fahrzeugquerbewegung auf Grundlage der durch die Stellteillängskraftsensorik (9) und die Stellteilquerkraftsensorik (10) ermittelten Kräfte, wobei in einer erfindungsgemäßen, besonders vorteilhaften Ausführung zwischen einem

Sollwert für den Bahnkurvenradius und einem Sollwert für den Schwimmwinkel des Fahrzeugs unterschieden wird. In die Berechnung können weitere Fahrzustandsgrößen einbezogen werden, welche durch den beispielhaft dargestellten Fahrzeugrechner (14) bereitgestellt werden können. Die in Figur 1 exemplarisch als separate Einheit (13) dargestellte Rückmeldungs Synthese umfasst mindestens einen Algorithmus, der zum Beispiel auf Grundlage von durch den Fahrzeugrechner (14) übermittelten Zu- standsgrößen und/oder Werten der Sollwertberechnung (12) einen Sollwert für den Stellteilwinkel ermittelt. Der Fahrzeugrechner (14) ist in dieser beispielhaften

Ausführung dafür zuständig, die von der Sollwertberechnung (12) bereitgestellten Sollwerte für den Bahnkurvenradius sowie für den Schwimmwinkel durch eine geeignete Auswahl und Ansteuerung der Lenkungsaktuatoren sowie ggf. der Antriebsund/oder Bremsmomente individueller Räder so weit wie möglich umzusetzen.

[0026] In einer alternativen, vorteilhaften Ausführung sind die Algorithmen zur Sollwertberechnung und Rückmeldungssynthese nicht auf separate Einheiten oder Steuergeräte verteilt, sondern geeignet in andere Steuergeräte integriert und zudem mehrfach redundant ausgeführt, um ein hinreichendes Maß an funktionaler Sicherheit zu erzielen.

[0027] Figur 2 zeigt schematisch eine beispielhafte Fahrsituation, in welcher sich ein Kraftfahrzeug entlang einer Bahnkurve (101) mit einer zur Bahnkurve tangentialen Fahrgeschwindigkeit (113) bewegt. Die aktuelle Fahrzeuglage (102) des mit zwei erfindungsgemäßen Stellteilen (105, 110) ausgestatteten Kraftfahrzeugs ist in Figur 2 durch eine ununterbrochene Linie gekennzeichnet. Die aktuelle Fahrzeuglängsachse (108) ist deckungsgleich mit dem aktuellen Fahrzeuggeschwindigkeitsvektor (1 13) des Kraftfahrzeugs, so dass der Schwimmwinkel im beispielhaft dargestellten aktuellen Fahrzustand Null beträgt. Übt der Fahrer auf den Griff des linken Stellteils (106) eine der Fahrzeuggeschwindigkeit entgegengesetzte Längskraft (107) aus, während er dem mit (112) bezeichneten rechten Stellteilgriff eine Längskraft (111) in Richtung der Fahrzeuggeschwindigkeit aufprägt, resultiert in dem dargestellten Beispiel daraus die mit (1 1 ) gekennzeichnete angestrebte Schwimmwinkeländerung Δβ.

In einer besonders vorteilhaften Ausführung ist es nicht ausreichend, nur auf eines der beiden Stellteile (105, 1 10) eine Kraft in Längsrichtung auszuüben, um eine Schwimmwinkeländerung zu kommandieren, da dies zu einer unbeabsichtigten Veränderung des Schwimmwinkels führen könnte., Ferner ist es vorteilhaft, zusätzlich zu den Längskräften auf den rechten und linken Stellteilgriff ' (107, 1 11) weitere Fahrzu- standsgrößen wie beispielsweise die Fahrzeuggeschwindigkeit in die Berechnung der angestrebten Schwimmwinkeländerung einzubeziehen.