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Title:
COMPOUND FOR TREATING A DISEASE ASSOCIATED WITH A DEREGULATION OF THE ALTERNATIVE COMPLEMENT PATHWAY
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2018/024818
Kind Code:
A1
Abstract:
The present invention relates to a compound for the treatment and/or prophylaxis and/or diagnosis of a disease which is associated with a deregulation, preferably a dysregulated activation, more preferably a hyperactivation of the alternative complement pathway. The invention also relates to a pharmaceutical and diagnostic composition comprising the compound according to the invention. The invention further relates to the in vitro use of the compound according to the invention for inhibiting the activation of proCFD in a biological sample.

Inventors:
KOERTVELY ELOED (DE)
UEFFING MARIUS (DE)
DAMMEIER SASCHA (DE)
Application Number:
PCT/EP2017/069633
Publication Date:
February 08, 2018
Filing Date:
August 03, 2017
Export Citation:
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Assignee:
UNIV TUEBINGEN MEDIZINISCHE FAKULTAET (DE)
International Classes:
C07K14/81; C07F9/40; C12Q1/37
Foreign References:
EP2676962A12013-12-25
Other References:
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NORIS ET AL.: "Glomerular diseases dependent on complement activation, including atypical hemolytic uremic syndrome, membranoproliferative glomerulonephritis, and C3 glomerulopathy: core curriculum 2015", AM J KIDNEY DIS, vol. 66, 2015, pages 359 - 375
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ROGERS ET AL.: "Complement in monoclonal antibody therapy of cancer", IMMUNOL RES, vol. 59, 2014, pages 203 - 210
KIBBE A.: "Handbook of Pharmaceutical Excipients", 2003, AMERICAN PHARMACEUTICAL ASSOCIATION AND PHARMACEUTICAL PRESS
Attorney, Agent or Firm:
WITTE, WELLER & PARTNER ||PATENTANWAELTE MBB / ZUSAMMENSCHLUSS EPA NR. 314 (DE)
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Claims:
Patentansprüche Verbindung mit folgender Struktur:

wobei

- n eine ganze Zahl von 0 bis 5 ist;

- R1 ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus: H, detektierbarer Marker;

- R2 ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus: substituiertes oder unsubstituiertes Aryl mit jeweils einem MW von < 200 Da, substituiertes oder unsubstituiertes Aryl mit jeweils einem MW von < 200 Da, eine Seitenkette einer natürlichen oder synthetischen Aminosäure;

- R3 ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus: substituiertes oder unsubstituiertes Alkyl mit jeweils einem MW von < 300 Da, substituiert unsubstituier-

tes Aryl mit jeweils einem MW von < 300 Da, vorzugsweise , eine Sei- tenkette einer natürlichen oder synthetischen Aminosäure;

- R4 und R5 unabhängig ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus: substituiertes oder unsubstituiertes Aryl mit jeweils einem MW > 70 kDa und < 300 Da, substituiertes oder unsubstituiertes Alkyl mit jeweils einem MW > 70 kDa und < 300 Da.

2. Verbindung nach Anspruch 1 , mit folgender Struktur:

wobei

- Ar ein substituiertes oder unsubstituiertes Aryl mit jeweils einem MW > 70 kDa und < 300 Da ist.

3. Verbindung nach Anspruch 1 oder 2, mit folgender Struktur: o 8 o

° R ° R

wobei

- R6, R7 und R8 jeweils unabhängig eine Seitenkette einer natürlichen oder synthetischen Aminosäure sind.

4. Verbindung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass

- R6 ein Prolin-Rest, und/oder

- R7 ein Arginin-Rest, und/oder

- R8 ein Glyzin-Rest ist.

5. Verbindung nach Anspruch 3 oder 4, mit folgender Struktur:

wobei

- Ph ein Phenyl-Rest ist.

Verbindung nach einem der vorherigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der detektierbare Marker ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus: Biotin, Bio- tinyl-Rest, radioaktiver Marker, fluoreszierender Marker, PET-Tracer.

Verbindung nach einem der vorherigen Ansprüche, mit folgender Struktur:

8. Verbindung nach einem der vorherigen Ansprüche, mit folgender Struktur:

9. Verbindung nach einem der vorherigen Ansprüche zur Behandlung und/oder Prophylaxe und/oder Diagnose einer Krankheit, die mit einer Deregulierung, vorzugsweise einer fehlregulierten Aktivierung, weiter vorzugsweise einer Hyperaktivie- rung des alternativen Komplementweges assoziiert ist.

10. Verbindung nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Krankheit eine Autoimmunerkrankung ist, vorzugsweise ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus: altersbedingte Makuladegeneration (AMD), Nierenerkrankung, insbesondere atypisches hämolytisch-urämisches Syndrom (aHUS) und C3 Glomerulopathie.

1 1 . Pharmazeutische oder diagnostische Zusammensetzung, die die Verbindung nach einem der Ansprüche 1 bis 10 in einer pharmazeutisch oder diagnostisch wirksamen Konzentration sowie eine pharmazeutisch oder diagnostisch akzeptable Formulierung aufweist.

12. Verwendung der Verbindung nach einem der Ansprüche 1 bis 8 in vitro zur Inhibition der Aktivierung von proCFD in einer biologischen Probe.

13. Verwendung der Verbindung nach einem der Ansprüche 1 bis 8 in vitro zur Komple- xierung und/oder Isolierung und/oder Lokalisierung und/oder Quantifizierung von proCFD-aktivierenden Verbindungen in/aus einer biologischen Probe.

14. Verfahren zur Behandlung und/oder Prophylaxe und/oder Diagnose einer Krankheit, die mit einer Deregulierung, vorzugsweise einer fehlregulierten Aktivierung, weiter vorzugsweise einer Hyperaktivierung des alternativen Komplementweges assoziiert ist, das die Verabreichung der Verbindung nach einem der Ansprüche 1 bis 8 und/oder der Zusammensetzung nach Anspruch 1 1 in ein Individuum umfasst.

Description:
Verbindung zur Behandlung einer mit einer Desregulierung des alternativen Komplementweges assoziierten Erkrankung

Die vorliegende Erfindung betrifft eine neue Verbindung zur Behandlung und/oder Prophylaxe und/oder Diagnose einer Krankheit, die mit einer Deregulierung, vorzugsweise einer fehlregulierten Aktivierung, weiter vorzugsweise einer Hyperaktivierung des alternativen Komplementweges assoziiert ist. Sie betrifft außerdem die Verwendung der neuen Verbindung zur Komplexierung und/oder Isolierung und/oder Lokalisierung und/oder Quantifizierung von proCFD-aktivierenden Verbindungen in/aus einer biologischen Probe.

Das Komplementsystem ist ein System von Plasmaproteinen, das im Zuge der

Immunantwort aktiviert werden kann. Es ist Teil des angeborenen Immunsystems. Das menschliche Komplementsystem besteht aus mehr als 30 Proteinen, die im Blutplasma gelöst oder zellgebunden vorliegen. Sie dienen der Abwehr von Mikroorganismen, haben jedoch auch stark zellzerstörende Eigenschaften und können, wenn sie unreguliert sind, im Laufe vieler Krankheiten für Gewebeschäden verantwortlich sein.

Man unterscheidet drei Wege, durch die das Komplementsystem aktiviert wird, nämlich den meist über Antikörper induzierten klassischen Weg, den über das Mannose bindende Lektin aktivierten Lektinweg, und den spontanen und Antikörper-unabhängigen alternativen Weg.

Ein Enzym des alternativen Wegs ist der sogenannte Komplementfaktor D (CFD; EC 3.4.21.46), der auch als Adipsin oder C3-Proactivator-Konvertase, bezeichnet wird. CFD ist eine Serinprotease, die vorwiegend im Fettgewebe synthetisiert und in den Blutkreislauf sezerniert wird. CFD lässt sich darüber hinaus in verschiedenen Geweben finden. CFD spaltet den Komplementfaktor B.

Wie bei anderen sezernierten Serinproteasen entsteht CFD aus einer Proteinvorstufe mit einem N-terminalen Signalpeptid. Dieses Signalpeptid wird während des sekretorischen Wegs abgespalten und es entsteht das Enzym als inaktives Proenzym (proCFD) oder Zymogen. Dieses proCFD wird durch die Abspaltung von sechs N-terminalen Aminosäuren in die reife und aktive Form, d.h. das CFD, überführt.

Der physiologische Aktivator von proCFD im ruhenden Blut ist weitgehend unbekannt. Ein Kandidat sind die sogenannten Mannose bindenden Lektin-Serin-Peptidasen (MASPs), deren Funktion als Vermittler zwischen dem alternativen und dem Lektinweg hinreichend beschrieben ist.

Reifes CFD hat eine einzigartige enge Substratspezifitat, die auf den Komplementfaktor B (CFB) beschränkt ist. CFD weist Elastaseaktivität auf. Die Plasma-Konzentrationen von CFD sind sehr gering und liegen bei 1 -2 μg ml, womit CFD der Komplementfaktor mit der niedrigsten Konzentration ist, deutlich niedriger als die von Komplementfaktor C3, die bei 1 -2 mg/ml liegt, oder von Komplementfaktor B, die bei 200 μg ml liegt. CFD ist deshalb das geschwindigkeitsbestimmende Enzym im alternativen Weg des Komplementsystems.

In jüngster Zeit sind solche Krankheiten in den Mittelpunkt des Interesses gerückt, die über den alternativen Weg des Komplementsystems vermittelt werden. Diese sind zu- sammengefasst in Holers (2008), The Spectrum of Complement Alternative Pathway- Mediated Diseases, Immunological Reviews, Vol. 223, Seiten 300 bis 316.

Lo et al. (2014), Adipsin is an adipokine that improves better cell function in diabetes, Cell, 158(1 ): 41 -53, beschreiben einen Zusammenhang zwischen dem alternativen Weg des Komplementsystems und der Entstehung von Diabetes mellitus Typ 2. In einer Subgruppe von untersuchten Patienten wurden erniedrigte Spiegel von CFD nachgewiesen, die mit einem erhöhten Risiko für einen Funktionsausfall der ß-Zellen korrelierten.

Weiter ist beschrieben worden, dass eine Deregulierung des alternativen

Komplementwegs zu Autoimmunerkrankungen führen kann, bspw. zur altersbedingten Makuladegeneration (AMD); vgl. Weber et al.(2014), The role of the complement System in age-related macular degeneration. Dtsch Arztebl Int 1 1 1 , S. 133-138, zu Nierenerkrankungen, die sich als atypisches hämolytisches urämisches Syndrom (aHUS) manifestieren; vgl. Wong et al. (2013), Complement therapy in atypical haemolytic uraemic Syndrom (aHUS). Mol Immunol 56, S. 199-212, oder aber zu C3-Glomerulopathie; vgl. Noris et al. (2015), Glomerular diseases dependent on complement activation, including atypical hemolytic uremic Syndrome, membranoproliferative glomerulonephritis, and C3 glomeru- lopathy: core curriculum 2015. Am J Kidney Dis 66, S. 359-375.

[0011] Im Stand der Technik stehen verschiedene Methoden zur Behandlung von Erkrankungen, die durch Veränderungen des alternativen Komplementwegs verursacht werden, zur Verfügung. Dabei kommen vorwiegend Antikörper oder Antikörperfragmente zum Einsatz, die gegen Komplementfaktoren gerichtet sind; vgl. Mamidi et al. (2015), Neutralization of membrane complement regulators improves complement-dependent effector functions of therapeutic anticancer antibodies targeting leukemic cells. Oncoimmunology 4, e979688; Melis et al. (2015), Complement in therapy and disease: Regulating the complement System with antibody-based therapeutics.

[0012] Mol Immune 67, S. 1 17-130; Rogers et al (2014), Complement in monoclonal antibody therapy of Cancer. Immunol Res 59, S. 203-210. Einige der Antikörper werden derzeit in klinischen Studien getestet, wie bspw. Eculizumab, Mubodina, Ergidina, LFG-316, Bikaci- omab und TNT-009.

[0013] Allerdings gehen mit den derzeit verfügbaren therapeutischen Antikörper eine Vielzahl von Nachteilen einher. Diese betreffen z.B. ihre unzureichenden pharmakokinetischen Eigenschaften. Auch die Gewebezugänglichkeit der Antikörper ist bislang stark eingeschränkt. Ferner wurden ungewünschte Interaktionen mit dem Immunsystem beschrieben. Üblicherweise binden die therapeutischen Antikörper einen einzigen Komplementfaktor und richten sich hingegen nicht gegen den biologischen Prozess der Komplementaktivierung, was einen weiteren Nachteil bei der Behandlung der in Rede stehenden Krankheiten darstellen kann.

[0014] Lampalizumab, Roche/Genentech, ist ein Antigenbindefragment eines humanisierten monoklonalen Antikörpers, der CFD bindet. Er wird derzeit gegen die trockene Form von AMD getestet und befindet sich in der klinischen Phase 3. Dabei hat sich gezeigt, dass Lampalizumab nicht zwischen den aktiven und inaktiven (pro-) Formen von CFD unter- scheiden kann und folglich beide Formen eliminiert. Dies lässt Experten davon ausgehen, dass der Einsatz von Lampalizumab im Menschen mit einer Vielzahl von Nebenwirkungen assoziiert sein wird.

[0015] Vor diesem Hintergrund ist es eine der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe, eine

verbesserte Verbindung zur Behandlung und/oder Prophylaxe und/oder Diagnose einer Krankheit bereitzustellen, die mit einer Deregulierung des alternativen Komplementweges assoziiert ist.

[0016] Diese Aufgabe wird durch die Bereitstellung einer Verbindung mit folgender Struktur

gelöst:

wobei

- n eine ganze Zahl von 0 bis 5 ist;

- R1 ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus: H, detektierbarer Marker;

- R2 ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus: substituiertes oder unsubstitu- iertes Aryl mit jeweils einem MW von < 200 Da, substituiertes oder unsubstituier- tes Aryl mit jeweils einem MW von < 200 Da, eine Seitenkette einer natürlichen oder synthetischen Aminosäure;

- R3 ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus: substituiertes oder unsubstitu- iertes Alkyl mit jeweils einem MW von < 300 Da, substituiert unsubstituier-

tes Aryl mit jeweils einem MW von < 300 Da, vorzugsweise , eine Sei- tenkette einer natürlichen oder synthetischen Aminosäure; - R4 und R5 unabhängig ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus: substituiertes oder unsubstituiertes Aryl mit jeweils einem MW > 70 kDa und < 300 Da, substituiertes oder unsubstituiertes Alkyl mit jeweils einem MW > 70 kDa und < 300 Da.

[0017] Wie die Erfinder überraschenderwiese feststellen konnten, korrigiert diese Verbindung die

Deregulierung des alternativen Komplementweges, die zur Entstehung der eingangs genannten Krankheiten führen kann. Die Verbindung setzt dabei an der Aktivierung von proCFD an und inhibiert die Überführung in reifes CFD. Dadurch wird ausschließlich die Aktivierung, im engeren Sinne die enzymatische Spaltung, von proCFD inhibiert. Somit werden selektiv solche Proteasen inhibiert, die diesen Schritt katalysieren können, wie bspw. Thrombin. Die Inhibition kommt nur dann zustande, wenn das aktivierende Enzym selbst in aktiver Form vorhanden ist. Viele Proteasen werden als inaktives Proenzym sezerniert, wie bspw. Thrombin als Prothrombin, und/oder liegen in einem Komplex mit einem Inhibitor vor, wie bspw. Thrombin mit Antithrombin. Da die Interaktion der erfindungsgemäßen Verbindung und der Zielproteasen deren Aktivität voraussetzt, bleibt der inaktive Pool von potenziellen proCFD-Aktivatoren unverändert. Aufgrund dieser hohen Selektivität kann die erfindungsgemäße Verbindung gezielt in krankheitsverursachende Prozesse eingegriffen werden. Das Komplementsystem ist aber weiterhin funktionsfähig und steht zur Fremdabwehr zur Verfügung. Die erfindungsgemäße Verbindung weist deshalb ein besonders günstiges Nebenwirkungsprofil auf.

[0018] Die erfindungsgemäße Verbindung stellt deshalb einen vielversprechenden neuen Ansatz zur Behandlung von Erkrankungen dar, die mit der Deregulierung des alternativen Komplementweges assoziiert sind.

[0019] Das Vorsehen eines detektierbaren Markers führt zum Erhalt einer Verbindung, über die sich die proCFD-Aktivierung sowie die aktivierenden Enzyme mittels bildgebender Verfahren beobachten lassen. Die Verwendung der Verbindung mit einem detektierbaren Marker ist erfindungsgemäß sowohl in vitro als auch in vivo, also im lebenden Organismus, möglich. [0020] Die erfindungsgemäße Verbindung stellt ferner ein Werkzeug zur Isolierung der proCFD- aktivieren Enzyme dar. Dazu wird die erfindungsgemäße Verbindung nach ausreichender Inkubation in einer biologischen Probe, die proCFD und die aktivierenden Enzyme enthält bzw. enthalten kann, bspw. Blutplasma, aus der Probe entfernt. Dies kann über im Stand der Technik bekannte Verfahren erfolgen, bspw. mittels eines Fängermoleküls, das gegen einen Abschnitt der erfindungsgemäßen Verbindung gerichtet ist. Die proCFD- aktivierenden Enzyme liegen dabei im Komplex mit proCFD vor. Sie lassen sich aus dem Komplex entfernen und mittels dem Fachmann bekannter Verfahren untersuchen. So lässt sich auch ein quantitatives Proteaseprofil der biologischen Proben erstellen, das von prognostischem und diagnostischem Wert sein kann.

[0021] Die erfindungsgemäße Verbindung ist durch einen Spacer mit folgender Struktur

gekennzeichnet:

Der Spacer kann vorzugsweise aus natürlichen oder synthetischen Aminosäuren oder Aminosäurederivaten bestehen. Bevorzugte Spacer haben folgende Struktur, wobei der Ein-Buchstabencode Verwendung findet:

- PRG;

- PRA;

- PPRG;

- APPRG;

- VPPRG;

- Abu-RG, Abu-PRG und Abu-PPRG, wobei "Abu" eine nicht-natürliche Aminosäure mit einer Ethylseitenkette ist, vorzugsweise Homo-Alanin;

- Pip-PRG und P-Pip-RG, wobei "Pip" ein Piperidin-Rest ist;

- PP-hR-G, wobei "hR" Homo-Arginin ist. Nach einer bevorzugten Ausführungsform weist die erfindungsgemäße Verbindung folgende Struktur auf:

wobei

- Ar ein substituiertes oder unsubstituiertes Aryl mit jeweils einem MW > 70 kDa und < 300 Da ist.

Die Erfinder haben festgestellt, dass das Vorsehen von Arylresten im angegebenen Molekulargewichtsbereich am Phosphatende zu einer besonders geeigneten Verbindung führt.

Nach einer Weiterentwicklung der erfindungsgemäßen Verbindung weist diese folgend Struktur auf:

- R6, R7 und R8 jeweils unabhängig eine Seitenkette einer natürlichen oder synthetischen Aminosäure sind.

Nach den Erkenntnissen der Erfinder führt diese Ausgestaltung zu besonders

vorteilhaften Eigenschaften und eine solche Verbindung ist zur Lösung der der Erfindung zugrundeliegenden Aufgabe sehr gut geeignet. Nach einer Weiterentwicklung der Erfindung ist bei der Verbindung R6 ein Prolin-Rest, und/oder R7 ein Arginin-Rest, und/oder R8 ein Glyzin-Rest.

Das Vorsehen dieser Aminosäurereste hat sich nach den Erkenntnissen der Erfinder ais besonders vorteilhaft herausgestellt.

In einer Ausführungsform der Erfindung ist bei der Verbindung der detektierbare Marker ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus: Biotin, Biotinyl-Rest, radioaktiver Marker, fluoreszierender Marker, PET-Tracer.

Das Vorsehen diese Marker liefert eine erfindungsgemäße Verbindung, die sich mittels üblicher bildgebender Verfahren in vitro aber auch in vivo gut darstellen lässt.

Nach einer Weiterbildung der Erfindung weist die Verbindung folgende Struktur auf:

[0032] Die Erfinder haben festgestellt, dass sich diese Struktur besonders eignet und gute

Ergebnisse liefert.

[0033] Nach einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung weist die von den Erfindern entwickelte Verbindung folgende Struktur aus:

Mit dieser Verbindung, stellvertretend für sämtliche unter die allgemeine

erfindungsgemäße Struktur fallenden Verbindungen, haben die Erfinder ihre Experimente durchgeführt. Sie konnten feststellen, dass sich diese Verbindung hervorragend zur Regulierung und insbesondere Inhibierung der proCFD-Aktivierung eignet. Über den am einen (hier: linken) Ende vorgesehenen Biotinrest lässt sich die Verbindung sowohl in vitro als auch in vivo in der biologischen Probe gut detektieren.

Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft die erfindungsgemäße Verbindung bzw. deren Verwendung zur Behandlung und/oder Prophylaxe und/oder Diagnose einer Krankheit, die mit einer Deregulierung, vorzugsweise einer fehlregulierten Aktivierung, weiter vorzugsweise einer Hyperaktivierung des alternativen Komplementweges assoziiert ist.

Die Erfinder haben festgestellt, dass die Verbindung sowohl zur Behandlung also auch zur Prophylaxe sowie Diagnose geeignet ist. Dabei interagiert die erfindungsgemäße Verbindung mit den proCFD-aktivierenden Enzymen und - vorzugsweise - inhibiert diese. Im Gegensatz zu den im Stand der Technik bekannten Verbindungen, die lediglich mit einem einzigen Komplementfaktor interagieren, interagiert bzw. vorzugsweise inhibiert die erfindungsgemäße Verbindung das Prozessieren von proCFD auf mechanistische Art und Weise. Dies ist deshalb von Vorteil, da zu vermuten ist, dass proCFD nicht nur durch einen einzelnen Komplementfaktor oder ein einzelnes Enzym aktiviert wird sondern durch verschiedene Faktoren und über verschiedene Wege. Nach Erkenntnissen der Erfinder kann die erfindungsgemäße Verbindung mit mehreren oder ggf. allen proCFD- aktivierenden Enzymen interagieren und diese vorzugsweise hemmen. Erfindungsgemäß wird unter "Deregulierung" eine Fehlregulierung der Kaskade des alternativen Komplementwegs verstanden. Unter "fehlregulierter Aktivierung" wird eine gestörte Aktivierung des alternativen Komplementwegs, insbesondere eine gestörte Aktivierung von proCFD in CFD, verstanden. Unter "Hyperaktivierung" wird erfindungsgemäß eine über den Normalzustand hinausgehende Aktivierung des alternativen Komplementwegs verstanden.

Die Eigenschaften, Vorteile, Weiterentwicklungen und Ausführungsformen der erfindungsgemäßen Verbindung gelten für die erfindungsgemäße Verwendung entsprechend.

Dabei ist es bevorzugt, wenn die Krankheit eine Autoimmunerkrankung ist. Die Krankheit ist weiter vorzugsweise ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus: altersbedingte Makuladegeneration (AMD), Nierenerkrankung, insbesondere atypisches hämolytischurämisches Syndrom (aHUS) und C3 Glomerulopathie.

Mit dieser Maßnahme stellen die Erfinder eine Verbindung bereit, mit der eine

Behandlung und/oder Diagnose solcher Erkrankungen möglich wird, die mit einer Desre- gulierung des alternativen Komplementweges assoziiert sind und für die derzeit keine zufriedenstellenden Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen.

Vor diesem Hintergrund betrifft ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung eine pharmazeutische oder diagnostische Zusammensetzung, die die erfindungsgemäße Verbindung in einer pharmazeutisch oder diagnostisch wirksamen Konzentration sowie eine pharmazeutisch oder diagnostisch akzeptable Formulierung aufweist.

Pharmazeutisch akzeptable Träger sind im Stand der Technik hinreichend bekannt. Beispielhaft wird auf die Abhandlung von Kibbe A. (2003), Handbook of Pharmaceutical Excipients, 4. Auflage, American Pharmaceutical Association and Pharmaceutical Press, verwiesen. Die Eigenschaften, Vorteile, Weiterentwicklungen und Ausführungsformen der erfindungsgemäßen Verbindung gelten für die erfindungsgemäße pharmazeutische und diagnostische Zusammensetzung entsprechend.

Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft die Verwendung der erfindungsgemäßen Verbindung in vitro zur Inhibition der Aktivierung von proCFD in einer biologischen Probe.

Bei einer "biologischen Probe" kann es sich dabei um eine beliebige Zusammensetzung handeln, die die Elemente und Faktoren des alternativen Komplementweges aufweist oder für die vermutet wird, dass sie diese aufweist, wie bspw. Komplementfaktoren, Co- Faktoren etc. Eine bevorzugte biologische Probe ist eine Blutplasmaprobe eines Individuums, bspw. eines beliebigen Mammaliers, einschließlich eines Menschen.

Dabei ist es bevorzugt, wenn die erfindungsgemäße Verbindung zur Komplexierung und/oder Isolierung und/oder Lokalisierung und/oder Quantifizierung von proCFD- aktivierenden Verbindungen in/aus einer biologischen Probe verwendet wird.

Die Eigenschaften, Vorteile, Weiterentwicklungen und Ausführungsformen der erfindungsgemäßen Verbindung gelten für die erfindungsgemäße Verwendung entsprechend.

Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft ein Verfahren zur Behandlung und/oder Prophylaxe und/oder Diagnose einer Krankheit, die mit einer Desregulierung, vorzugsweise einer fehlregulierten Aktivierung, weiter vorzugsweise einer Hyperaktivie- rung des alternativen Komplementweges assoziiert ist, das die Verabreichung der erfindungsgemäßen Verbindung und/oder der erfindungsgemäßen Zusammensetzung in ein Individuum, bspw. einen beliebigen Mammalier, einschließlich einen Menschen umfasst.

Die Eigenschaften, Vorteile, Weiterentwicklungen und Ausführungsformen der erfindungsgemäßen Verbindung gelten für das erfindungsgemäße Verfahren entsprechend. Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu

erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.

Die vorliegende Erfindung wird nun anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert, aus denen sich weitere Merkmale, Eigenschaften und Vorteile der Erfindung ergeben. Die Ausführungsbeispiele sind dabei nicht einschränkend.

Es versteht sich außerdem, dass einzelne Merkmale, die in den Ausführungsbeispielen offenbart sind, nicht nur im Kontext der jeweiligen spezifischen Ausführungsform sondern in einer Allgemeingültigkeit offenbart sind und für sich genommenen einen eigenen Beitrag zur Erfindung liefern. Der Fachmann kann deshalb diese Merkmale frei mit anderen Merkmalen der Erfindung kombinieren.

Dabei wird Bezug genommen auf die beigefügten Abbildungen, in denen Folgendes dargestellt ist.

Fig. 1 : Chemische Struktur eines erfindungsgemäßen Beispiels für eine aktivitäts- basierenden Sonde, ausgerichtet auf den/die Aktivator(en) von proCFD.

Fig. 2: Das inaktive Proenzym des humanen Komplementfaktors D (proCFD) wird durch die Abspaltung der sechs N-terminalen Aminosäuren aktiviert. Mehrere Serinproteasen sind in der Lage, diesen Schritt in vitro zu katalysieren. Der Unterschied in den isoelektrischen Punkten der aktiven gegenüber inaktiven Formen ermöglicht die Detektion des Aktivierungsprozesses mit Hilfe der isoelektrischen Fokussierung. Inaktiver proCFD wurde mit humanem Blutplasma inkubiert. Der physiologische Aktivator liegt im Plasma vor, daher wird proCFD schnell aktiviert (Spur # 6, siehe die Bande in Richtung der Anode (+)). In Gegenwart der erfindungsgemäßen Verbindung in unterschiedlichen Konzentrationen (Spuren # 2-5, jeweils 1 ,6 mM, 0,16 mM, 0,016 mM, 0,0016 mM) ist die Aktivierung von proCFD vollständig blockiert. Die Sonde wurde in DMSO gelöst eingesetzt, dennoch hat dieses Lösungsmittel allein keine Wirkung auf die Aktivierung von proCFD (Spur # 1 ).

Ausführungsbeispiele

1 . Struktur eine beispielhaften erfindungsgemäßen Verbindung

[0054] In der Fig. 1 ist die Struktur eines Beispiels für eine aktivitätsbasierenden Sonde

dargestellt, die auf den/die Aktivator(en) von proCFD ausgerichtet ist. Die Summenformel lautet C 5 4H82N 15 0iiPS. Das Molekulargewicht beträgt 1 179,5777 Dalton. Es weist ein Zielfindungselement auf, das der Sequenz des N-terminalen Pro-Peptids (APPRGR) von CFD entspricht. Kürzere Fragmente, bspw. PRGR, haben sich als ausreichend herausgestellt, um eine vollständige Inhibierung der/des proCFD-Aktivator(en/s) zu erreichen.

[0055] Das C-terminale Arginin (R) wurde durch eine funktionale Gruppe ersetzt, die häufig als

"Sprengkopf" (engl, "warhead") bezeichnet wird. Dieses Arginin-Mimetikum, ein Diphe- nylphosphonat, modifiziert kovalent Zielenzyme in einer aktivitätsabhängigen Art und Weise.

[0056] Der Biotin-Tag, der an der Sonde angebracht ist, kann in verschiedenen Anwendungen zum Einsatz kommen, wie bspw. in der Visualisierung der Sonde in histochemischen Untersuchungen oder unter Verwendung von Streptavidin als gegen Biotin gerichtetes Fängermolekül in einer Affinitätsreinigung von kovalent gebundenen Enzymen aus verschiedenen Bioproben. Es ist ferner möglich, die Menge des gebundenen Proteins mittels standardisierter biochemischer Methoden zu identifizieren und quantifizieren.

2. Hemmung der Aktivierung von proCFD in CFD durch die erfindungsgemäße

Verbindung

[0057] Durch transiente Transfektion von adhärent wachsenden HEK-293 Zellen (menschliche embryonale Nierenzellen) wurde proCFD gewonnen. 20 μΙ EDTA-Plasma von gesunden Blutspendern wurden mit 1 μΙ der erfindungsgemäßen Verbindung in unterschiedlichen Konzentrationen (1 ,6 mM, 0,16 mM, 0,016 mM, 0,0016 mM) für 10 Minuten bei 37 °C vorinkubiert, dann zu proCFD gegeben und weitere 6 Stunden inkubiert. Die Umsetzung wurde durch Acetonfällung gestoppt und die Aktivierung von proCFD mittels isoelektrischer Fokussierung und anschließender Detektion auf einem Immunoblot mit Hilfe eines CFD-Antikörpers visualisiert; siehe Fig. 2. Diese Ergebnisse zeigen, dass die erfindungsgemäße Verbindung die vorhandene Aktivität von proCFD-Aktivator(en) im Plasma während der Vorinkubation vollkommen blockiert hatte, so konnte die Katalyse nicht stattfinden. Bei der nur mit Lösungsmittel (DMSO) vorgenommenen Kontrolle wurde proCFD effizient aktiviert, so dass der Effekt der erfindungsgemäßen Verbindung eindeutig auf die Hemmung der Aktivasen zurückgeführt wird.

3. Fazit

Die Erfinder konnten anhand einer exemplarischen Verbindung nachweisen, dass die erfindungsgemäße Verbindung zur Behandlung, Prophylaxe und Diagnose einer Krankheit geeignet ist, die mit einer Desregulierung, einer fehlregulierten Aktivierung und einer Hyperaktivierung des alternativen Komplementweges assoziiert ist.