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Title:
DETECTION OF ABNORMAL SELF-DISCHARGE OF LITHIUM ION CELLS, AND BATTERY SYSTEM
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2020/064221
Kind Code:
A1
Abstract:
The present invention relates to a method for detecting abnormal self-discharge in a battery system by monitoring the balancing charge for each cell and to a battery system which is configured to use this method. The method according to the invention makes it possible to predict the probability of the occurrence of a safety-critical state, for example an internal short circuit, with the result that suitable countermeasures can be taken in good time.

Inventors:
SCHARNER SEBASTIAN (DE)
DANDL SONIA (DE)
SCHMIDT JAN PHILIPP (DE)
Application Number:
PCT/EP2019/072171
Publication Date:
April 02, 2020
Filing Date:
August 19, 2019
Export Citation:
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Assignee:
BAYERISCHE MOTOREN WERKE AG (DE)
International Classes:
B60L58/22; H02J7/00; G01R31/392; G01R31/396; H01M10/42
Foreign References:
JP2003282155A2003-10-03
US20110181246A12011-07-28
US20090023053A12009-01-22
US20130065093A12013-03-14
US20120182021A12012-07-19
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Claims:
Ansprüche

1. Verfahren zur Detektion abnormaler Selbstentladung in einem Batteriesystem, das eine Mehrzahl von Lithiumionenzellen und eine Batteriemanagement-Einrichtung umfasst,

worin die Zellen jeweils einzeln oder gruppenweise mit einer Balancing-Schaltung versehen sind,

und die Batteriemanagement-Einrichtung dafür eingerichtet ist, zu einem vorbestimmten Zeitpunkt bei einer Zelle bzw.

Zellgruppe, deren Zellspannung gegenüber mindestens einer anderen Zelle bzw. Zellgruppe erhöht ist, die Balancing- Schaltung zu betätigen, um dieser Zelle bzw. Zellgruppe Ladung zu entnehmen, und optional die entnommene Ladung einer anderen Zelle bzw. Zellgruppe mit niedrigerer Zellspannung zuzuführen, bis die Zellspannungen angeglichen sind,

wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:

(1) Bestimmung der Ladung Qi, die bei einer Betätigung der

Balancing-Schaltung jeder Zelle bzw. Zellgruppe durch das Balancing entnommen bzw. zugeführt wird (mit i = 1...N, worin N die Anzahl der Zellen bzw. Zellgruppen darstellt),

(2) Bestimmung der Gesamt-Balancing-Ladung Qges,i für jede

Zelle bzw. Zellgruppe durch Akkumulation der in 1

bestimmten Ladung:

Qges,i — Sc Qi,x wobei x = l...n die Zählvariable für die x-te Betätigung der Balancing-Schaltung ist und n die Gesamtanzahl der

bisherigen Betätigungen für die jeweilige Zelle bzw.

Zellgruppe i darstellt;

(3) Bestimmung der Balancing-Rate dQi/dt als Quotient der in 1 gemessenen Ladung Qi und dem Zeitintervall At, das seit der vorherigen Betätigung der Balancing-Schaltung

vergangen ist; (4) Diagnose einer abnormal hohen Selbstentladung für die

Zelle bzw. Zellgruppe i, wenn Qges,i bzw. dQi/dt mindestens eines der nachfolgenden Kriterien erfüllen:

(a) Qges , i / tgeS, i unterschreitet einen vorbestimmten

Schwellenwert Qref/tges, wobei tges,i das Alter der Zelle bzw. der Zellgruppe i darstellt;

(b) Qges , i / tges, i unterschreitet einen über alle Zellen bzw.

Zellgruppen oder einen über alle Zellen bzw.

Zellgruppen außer i gemittelten Wert um einen

vorbestimmten Schwellenwert AQ;

(c) dQges,i/dt, erhältlich durch zeitliche Aufzeichnung der in (2) bestimmten Werte und Ableitung nach der Zeit, unterschreitet einen vorbestimmten Schwellenwert Q'ref,·

(d) Der Mittelwert von dqi/dt, erhältlich durch Mittelung über alle in (3) im Laufe der Zeit bestimmten Werte, unterschreitet einen vorbestimmten Schwellenwert q‘ ges, ref }

(e) Der gleitende Mittelwert von dqi/dt, erhältlich durch Mittelung über diejenigen der in (3) bestimmten Werte, die höchstens ein vorbestimmtes Intervall zurückliegen, unterschreitet einen vorbestimmten Schwellenwert q'ref;

(f) Die Änderung der Balancing-Rate dqi/dt, erhältlich

durch zeitliche Aufzeichnung der in (3) bestimmten Werte und Ableitung nach der Zeit, unterschreitet einen vorbestimmten Schwellenwert q' 'ref.

2. Verfahren nach Anspruch 1, worin die Balancing-Schaltung eine passive Balancing-Schaltung ist, die einen Schalter und einen Lastwiderstand Ri umfasst, und die Ladung bestimmt wird als Qi = JUi(ti)/Ri dti, worin Ui(ti) die Zellspannung während der Betätigung der Balancing-Schaltung und ti die

Betätigungszeit ist.

3. Verfahren nach Anspruch 1, worin die Balancing-Schaltung eine aktive Balancing-Schaltung ist, die eine vorbekannte Ladungsentnahme- bzw. Abgabe-Charakteristik Qentn (Ui (ti) , ti) bzw. Qentn (Uj (tj) , tj) aufweist, worin i für die Zelle bzw.

Zellgruppe steht, der Ladung entnommen wurde, j für diejenige, der Ladung zugeführt wurde, und Ui,j und ti,j die Zellspannung und die Betätigungszeit darstellen.

4. Verfahren nach Anspruch 3, worin die aktive Balancing- Schaltung mindestens eines aus einem Kondensator, einer Spule, einem Transformator und einem Spannungswandler umfasst.

5. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 4, worin jede Zelle mit einer Balancing-Schaltung versehen ist.

6. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 5, worin sowohl die Gesamt-Balancing-Ladung Qges,i als auch die Balancing-Rate dQi/dt bestimmt werden.

7. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 6, worin die in (2) und/oder (3) bestimmten Werte für Qges,i bzw. dQi/dt zeitliche aufgezeichnet werden.

8. Batteriesystem, das eine Mehrzahl von Lithiumionenzellen und eine Batteriemanagement-Einrichtung umfasst,

worin die Zellen jeweils einzeln oder gruppenweise mit einer Balancing-Schaltung versehen sind,

und die Batteriemanagement-Einrichtung dafür eingerichtet ist, zu einem vorbestimmten Zeitpunkt bei einer Zelle bzw.

Zellgruppe, deren Zellspannung gegenüber mindestens einer anderen Zelle bzw. Zellgruppe erhöht ist, die Balancing- Schaltung zu betätigen, um dieser Zelle bzw. Zellgruppe Ladung zu entnehmen, und optional die entnommene Ladung einer anderen Zelle bzw. Zellgruppe mit niedrigerer Zellspannung zuzuführen, bis die Zellspannungen angeglichen sind,

dadurch gekennzeichnet, dass die Batteriemanagement- Einrichtung für die Durchführung des Verfahrens gemäß

mindestens einem der Ansprüche 1-7 konfiguriert ist.

Description:
Detektion abnormaler Selbstentladung von Lithiumionenzellen und Batteriesystem

Technisches Gebiet

Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Detektion abnormaler Selbstentladung von Lithiumionenzellen in einem Batteriesystem, sowie ein Batteriesystem, das dieses Verfahren einsetzt .

Technischer Hintergrund

Batteriesystem

Batteriesysteme für elektrisch oder hybrid-elektrisch

betriebene Fahrzeuge umfassen eine Mehrzahl einzelner

miteinander parallel und seriell verbundener Sekundärzellen, typischerweise Lithiumionenzellen, die durch ein

Batteriemanagement-System (BMS) kontrolliert werden.

Das BMS hat unter anderem die Funktion, die Betriebsdaten wie Zellspannung, Ladungszustand (SoC, State of Charge),

Alterungsgrad (SoH, State of Health), Strom, Temperatur zu überwachen sowie das Laden bzw. Entladen der Zellen zu

steuern. Weitere Aufgaben des BMS sind das thermische

Management des Batteriesystems, der Schutz der Zellen, sowie die Vorhersage der verbleibenden Lebensdauer der Zellen auf Grundlage der aufgezeichneten Betriebsdaten.

Balancing

Eine wichtige Funktion des BMS ist das sogenannte Balancing, der Ausgleich des Ladungszustandes der einzelnen Zellen. Es kann Vorkommen, dass der Ladungszustand (SoC) einzelner Zellen beispielsweise durch erhöhte Selbstentladung aufgrund

ungleichmäßiger Temperaturverteilung oder Fertigungsschwankungen vom SoC der übrigen Zellen eines

Zellverbundes abweicht. Ein solches Ungleichgewicht macht sich durch ein Auseinanderdriften der Zellspannungen bemerkbar und kann zu einer Verkürzung der Lebensdauer und verstärkten Abnutzung der Zellen führen. Beim Balancing wird der

Ladungszustand der Zellen aneinander angeglichen, um das Gleichgewicht wieder herzustellen.

Es wird generell zwischen aktiven und passiven Balancing- Verfahren unterschieden. Bei aktiven Balancing-Verfahren wird Ladung von einer Zelle mit erhöhtem SOC auf eine Zelle mit geringerem SOC übertragen. Dies kann über einen Kondensator, eine Spule und/oder einen Spannungswandler erfolgen. Bei passiven Balancing-Verfahren wird hingegen bei Zellen mit erhöhtem SOC einfach die überschüssige Ladung über einen

Widerstand (Shunt) dissipiert, bis der Ladungszustand

ausgeglichen ist.

Sicherheitskritische Betriebszustände

Ein Hauptgrund für den weit verbreiteten Einsatz von

Lithiumionenzellen ist deren hohe Energiedichte. Die hohe Energiedichte birgt jedoch gleichzeitig das Potential

katastrophaler Schäden im Fehlerfall, beispielsweise einem thermischen Durchgehen der Zelle („thermal runaway") . Daher ist es wichtig, dass das BMS sicherheitskritische Zustände einer Lithiumionenzelle rechtzeitig detektiert und geeignete Gegenmaßnahmen treffen kann.

Ein „thermal runaway" kann dadurch zustande kommen, dass durch einen abnormal hohen Stromfluss, beispielsweise infolge eines inneren oder äußeren Kurzschlusses, die Temperatur der Zelle so stark ansteigt, dass die Integrität des Separators nicht mehr gewährleistet ist, und zunächst lokale Fehlstellen entstehen, beispielsweise durch lokale Verformung oder lokales Schmelzen des Separators, so dass Anode (Reduktionsmittel) und Kathode (Oxidationsmittel) an diesen Stellen in direkten oder zumindest elektrisch leitfähigen Kontakt kommen. Dadurch wird lokal eine stark exotherme Redoxreaktion ermöglicht, die zu einem weiteren Temperaturanstieg und zu weiterer Zerstörung des Separators führt. Die zunächst lokale Redoxreaktion kann sich weiter ausbreiten, es kann zu einer Verdampfung und Zersetzung des Elektrolyten kommen, was dann zu einem

Aufplatzen des Gehäuses, Kontakt mit Luftsauerstoff und schließlich zu Bränden oder Explosionen führen kann.

Der Gefahr eines externen Kurzschlusses kann beispielsweise durch Anbringen einer Schmelzsicherung begegnet werden. Ein interner Kurzschluss tritt auf, wenn im Zellinneren eine elektrisch leitfähige Verbindung zwischen Anode und Kathode entsteht. Einerseits können solche internen Kurzschlüsse durch katastrophale Außeneinwirkung entstehen, beispielsweise aufgrund einer mechanischen Deformation der Zelle oder

Penetration mit einem metallischen Gegenstand in Folge eines Unfalls .

Eine weitere Klasse von inneren Kurzschlüssen kann durch

Vorgänge in der Zelle selbst bewirkt werden, etwa durch in der Zelle aufgrund eines Produktionsfehlers eingeschlossene

Metallpartikel und/oder durch Abscheidung von metallischem Lithium in Form von Dendriten an der Anode, die durch den Separator „hindurchwachsen" und eine leitfähige Verbindung zur Kathode bilden können. Man nimmt an, das diese Art von Fehlern nicht sofort zu einem „thermal runaway" führt. So ist davon auszugehen, dass die Dendriten zunächst sehr dünn sind und eine vergleichsweise geringe Strombelastbarkeit aufweisen, so dass sie sich im Falle eines Kurzschlusses von selbst wieder auflösen .

Falls solche „weichen" Kurzschlüsse (im Folgenden auch als „soft shorts" bezeichnet) jedoch wiederholt auftreten, insbesondere an der gleichen Stelle (an der sich z.B. ein Metallpartikel oder eine Separator-Schwachstelle befinden kann) , so ist davon auszugehen, dass sich eine zunehmend stärker belastbare Brücke zwischen Anode und Kathode ausbildet und es schließlich zum „thermal runaway" kommt. Bevor dies jedoch der Fall ist, sollten sich die „soft shorts" durch eine erhöhte Selbstenladung der Zelle bemerkbar machen. Daher ist die Überwachung der Selbstentladung eine mögliche Maßnahme, um das Auftreten eines sicherheitskritischen Zustands

vorherzusagen und frühzeitig geeignete Gegenmaßnahmen zu treffen .

Als Verfahren zur Überwachung der Selbstenladung wird in US 2012/182021 vorgeschlagen, den Differentialstrom zwischen zwei parallel geschalteten Zellen zu überwachen, der null ist, wenn die Selbstentladung gleich ist und ansonsten von der Zelle mit niedriger Selbstentladung zur Zelle mit höherer

Selbstentladung fließt.

Aufgabenstellung

In Anbetracht der obigen Problematik liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabenstellung zugrunde, ein Verfahren durch Überwachung der Selbstentladung von Lithiumionenzellen

bereitzustellen, das mit minimalem apparativem Aufwand in ein bestehendes Batteriesystem integriert werden kann.

Kurze Beschreibung der Zeichnungen

Figur 1 ist eine Skizze eines Zellverbundes mit passiver

Balancing-Schaltung . Die bei Betätigung der Balancing- Schaltung der Zelle i geflossene Balancing-Ladung kann als Qi = /Ii(t) dt = JUi(t)/R dt bestimmt werden.

Figur 2 zeigt schematisch den Aufbau eines Batteriesystems, in dem das erfindungsgemäße Verfahren implementiert werden kann.

Figur 3 zeigt den Verlauf der akkumulierten Gesamt-Balancing- Ladung für einen Verbund von 10 Zellen, aufgetragen gegen die Zeit. Zelle 5 weist nach dem 10. Zyklus eine Erhöhung der Selbstentladung um einen Faktor von 2.5 auf. Beschreibung der Erfindung

Der Erfindung liegt die Idee zugrunde, diese Aufgabe durch Einsatz der im Batteriesystem ohnehin vorhandenen Balancing- Funktion zu lösen.

Somit betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Detektion abnormaler Selbstentladung in einem Batteriesystem durch Überwachung der Balancing-Ladung pro Zelle sowie ein

Batteriesystem, das für den Einsatz dieses Verfahrens

konfiguriert ist.

Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht eine Vorhersage für die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines

sicherheitskritischen Zustands wie z.B. eines inneren

Kurzschlusses, so dass frühzeitig geeignete Gegenmaßnahmen getroffen werden können.

Batteriesystem und Balancing

Das Batteriesystem, in dem das erfindungsgemäße Verfahren eingesetzt wird, umfasst eine Mehrzahl von Lithiumionenzellen und eine Batteriemanagement-Einrichtung (im Folgenden auch als Batteriemanagement-System, BMS bezeichnet), worin die Zellen jeweils einzeln oder gruppenweise mit einer Balancing- Schaltung versehen sind. Die Batteriemanagement-Einrichtung ist dafür eingerichtet, zu vorbestimmten Zeitpunkten einen Ladungsausgleich vorzunehmen, d.h. ein Balancing

durchzuführen. Hierzu wird bei einer Zelle bzw. Zellgruppe, deren Zellspannung gegenüber mindestens einer anderen Zelle bzw. Zellgruppe erhöht ist, die Balancing-Schaltung betätigt, um dieser Zelle bzw. Zellgruppe Ladung zu entnehmen und optional die entnommene Ladung einer anderen Zelle bzw.

Zellgruppe mit niedrigerer Zellspannung zuführen, bis die Zellspannungen angeglichen sind.

Das Balancing wird typischerweise während einer Ruhephase durchgeführt, beispielsweise nach dem Laden und zu einem Zeitpunkt, in dem das Batteriesystem nicht belastet wird.

Falls das Batteriesystem in einem Elektrofahrzeug verbaut ist, kann das Balancing zu einem beliebigen Zeitpunkt außerhalb des Fährbetriebs durchgeführt werden, vorzugsweise direkt nach dem Laden des Speichers. In einem hybridelektrischen Fahrzeug oder plug-in-hybridelektrischen Fahrzeug kommt auch der Fährbetrieb mit Verbrennungsmotor in Betracht. Erfindungsgemäß sind der Zeitpunkt und das genaue Verfahren des Balancings nicht speziell beschränkt, solange die beim Balancing für jede Zelle umgesetzte Ladung durch das BMS ermittelt werden kann.

Im einfachsten Fall des passiven Balancing wird der Zelle mit erhöhter Zellspannung (und damit erhöhtem SOC) lediglich

Ladung entnommen und an einem Lastwiderstand (Shunt)

dissipiert. Eine vereinfachte schematische Darstellung einer solchen passiven Balancing-Schaltung für den Fall von N in Reihe geschalteten Zellen ist in Figur 1 gezeigt. Für jede Zelle i wird die Zellspannung Ui vom BMS überwacht. Zudem ist jede Zelle mit einem Shunt-Stromkreis versehen, der zumindest einen vom BMS kontrollierten Schalter Si (z.B. einem MOSFET) und den eigentlichen Parallelwiderstand (Shunt) Ri umfasst.

Eine Möglichkeit zur direkten Messung des Balancing-Stroms Ii, wie in der Figur zur Illustration gezeigt, entfällt in der Praxis typischerweise, um den apparativen Aufwand zu

minimieren. Der Balancing-Strom wird stattdessen aus dem

Widerstandswert Ri und dem während des Balancings gemessenen Spannungsverlauf Ui(t) als Ii(t) = Ui(t)/R berechnet.

Integration über die Zeit liefert die geflossene Ladung.

Bei Detektion eines überhöhten SOC bzw. einer gegenüber den anderen Zellen erhöhten Spannung wird vom BMS zum Balancing der Schalter Si geschlossen, und es fließt der Balancing-Strom Ii, der am Widerstand Ri in Wärme umgewandelt wird. Auf diese Weise wird die Zelle über den Shunt-Stromkreis kontrolliert entladen, bis die Spannung Ui den Sollwert erreicht. Dann wird der Schalter Si wieder geöffnet und der Shunt-Stromkreis von der Zelle getrennt. Beim aktiven Balancing wird einer Zelle Ladung entnommen und einer anderen Zelle zugeführt . Die Übertragung der Ladung erfolgt über ein geschaltetes Bauelement, das als

Energiezwischenspeicher fungiert. Hierzu kann ein Kondensator, eine Spule, ein Transformator oder ein Spannungswandler

(Schaltregler) zum Einsatz kommen.

Im einfachsten Fall handelt es sich um einen geschalteten Kondensator, der zyklisch an einer Zelle mit hohem SOC (und hoher Spannung) geladen, umgeschaltet, und an einer Zelle mit niedrigem SOC (und niedriger Spannung) entladen wird. Die Balancing-Ladung lässt sich aus der jeweiligen Spannung, der Kapazität des Kondensators und der Schaltfrequenz bestimmen. Dieses Prinzip gilt analog auch für andere und/oder komplexere aktive Balancing-Systeme, einschließlich solchen mit

induktiven Bauelementen (Spulen, Transformatoren) oder

Schaltreglern als Übertragungselemente. In jedem Fall kann die Balancing-Ladung aus der Spannung an den beteiligten Zellen, der Schaltfrequenz und den Kenndaten des jeweiligen

Übertragungselements bestimmt werden. Die Charakteristika der aktiven Balancing-Schaltung sind typischerweise vorbekannt und im BMS hinterlegt, so dass die einer Zelle i entnommene

Balancing-Ladung sowie die einer Zelle j zugeführte Balancing- Ladung aus dem Spannungsverlauf und der Betätigungsdauer der Balancing-Schaltung ermittelt werden kann.

Verfahren

Das erfindungsgemäße Verfahren beinhaltet die folgenden

Schritte (1), (2) und/oder (3) und (4):

(1) Bestimmung der Ladung qi, die bei einer Betätigung der

Balancing-Schaltung jeder Zelle bzw. Zellgruppe durch das Balancing entnommen bzw. zugeführt wird (mit i = 1...N, worin N die Anzahl der Zellen bzw. Zellgruppen darstellt), (2) Bestimmung der Gesamt-Balancing-Ladung Q ge s,i für jede Zelle bzw. Zellgruppe durch Akkumulation der in 1

bestimmten Ladung:

Qges,i — Sc qi,x wobei x = l...n die Zählvariable für die x-te Betätigung der Balancing-Schaltung ist und n die Gesamtanzahl der bisherigen Betätigungen für die jeweilige Zelle bzw.

Zellgruppe i darstellt;

(3) Bestimmung der Balancing-Rate dqi/dt als Quotient der in 1 gemessenen Ladung qi und dem Zeitintervall Ät, das seit der vorherigen Betätigung der Balancing-Schaltung

vergangen ist;

(4) Diagnose einer abnormal hohen Selbstentladung für die

Zelle bzw. Zellgruppe i, wenn Q ge s,i bzw. dqi/dt im Hinblick auf die weiter unten beschriebenen Kriterien zu niedrig sind .

Schritt (1) umfasst die Bestimmung der jeden Zelle bzw.

Zellgruppe i während eines Balancing-Vorgangs entnommenen bzw. im Falle eines aktiven Balancings ggf. auch zugeführten Ladung Qi durch das BMS, wie oben beschrieben. Im Falle einer

zugeführten Ladung kehrt sich das Vorzeichen um. Die

nachfolgende Beschreibung spricht vereinheitlicht von der entnommenen Ladung, wobei eine zugeführte Ladung gleichsam als entnommene Ladung mit umgekehrtem Vorzeichen betrachtet wird.

Gemäß Schritt (2) kann die während eines einzelnen Balancing- Vorgangs umgesetzte Ladung qi für jede Zelle bzw. Zellgruppe i akkumuliert werden. Im einfachsten Fall genügt es, jeweils den aktuellen akkumulierten Wert Q ges ,i zu speichern. Das Alter der Zelle t ge s, ί ist ebenfalls bekannt, so dass sich ein Quotient Qges,i / t g es,i ermitteln lässt, der die Gesamt-Balancing-Ladung pro Zeit darstellt. Alternativ können die jeweiligen

akkumulierten Werte Q ge s,i für jeden Balancing-Vorgang auch zeitlich aufgezeichnet werden. Gemäß Schritt (3) kann alternativ oder zusätzlich zur Gesamt- Balancing-Ladung auch die Balancing-Rate dqi/dt bestimmt werden. Hierbei handelt es sich um den Quotienten aus der beim Balancing umgesetzten Ladung und dem zeitlichen Abstand At zwischen zwei Balancing-Vorgängen . Da die Balancing-Rate in der Praxis vergleichsweise starken Schwankungen ausgesetzt ist, wird für die Diagnose vorzugsweise ein gemittelter Wert eingesetzt, etwa in Form eines Gesamtmittelwerts über das Alter der Zelle oder eines gleitenden Mittelwerts, bei dem über die Werte eines vorhergehenden Zeitraums (z.B. 2 bis 10 Tage) oder die Werte z.B. der letzten 2 bis 10 Balancing- Vorgänge gemittelt wird.

Anhand der so bestimmten Gesamt-Balancing-Ladung und/oder Balancing-Rate wird nachfolgend in Schritt (4) ermittelt, ob eine abnormal hohe Selbstentladung vorliegt. Kriterium hierfür ist letztlich eine im Vergleich zu den übrigen Zellen oder zur Gesamt-Balancingladung zu niedrige entnommene Ladung. Falls der Zelle zum Balancing weniger Ladung entnommen werden musste als den ansonsten gleichen Bedingungen unterworfenen übrigen Zellen, so zeigt dies an, dass die Selbstentladung höher gewesen sein muss. Daneben kann auch bereits eine anormal hohe Gesamt-Balancingladung für sich genommen einen Hinweis auf eine überhöhte Selbstentladung geben, wobei hierbei jedoch keine Zuordnung zu einzelnen Zellen möglich ist.

Diagnosekriterien

In Schritt (4) werden anhand der vorher in Schritt (2) bzw.

(3) ermittelten Gesamt-Balancing-Ladung und/oder Balancing- Rate diejenigen Zellen ermittelt, bei denen die entnommene Balancing-Ladung anormal niedrig ist. Hierzu kommen

erfindungsgemäß eines oder mehrere der folgenden Kriterien zum Einsatz : (a) Q ge s, i / t ges ,i unterschreitet einen vorbestimmten

Schwellenwert Qref/t ge s, wobei t ges,i das Alter der Zelle bzw. der Zellgruppe i darstellt;

(b) Q ge s,i / t g es,ί unterschreitet einen über alle Zellen bzw.

Zellgruppen oder einen über alle Zellen bzw.

Zellgruppen außer i gemittelten Wert um einen

vorbestimmten Schwellenwert ÄQ;

(c) dQg es , i/dt, erhältlich durch zeitliche Aufzeichnung der in (2) bestimmten Werte und Ableitung nach der Zeit, unterschreitet einen vorbestimmten Schwellenwert Q'ref;

(d) Der Mittelwert von dqi/dt, erhältlich durch Mittelung über alle in (3) im Laufe der Zeit bestimmten Werte, unterschreitet einen vorbestimmten Schwellenwert q‘ ges, ref }

(e) Der gleitende Mittelwert von dqi/dt, erhältlich durch Mittelung über diejenigen der in (3) bestimmten Werte, die höchstens ein vorbestimmtes Intervall zurückliegen, unterschreitet einen vorbestimmten Schwellenwert q' ref ;

(f) Die Änderung der Balancing-Rate dq ± /dt, erhältlich

durch zeitliche Aufzeichnung der in (3) bestimmten Werte und Ableitung nach der Zeit, unterschreitet einen vorbestimmten Schwellenwert q'' ref .

Da die akkumulierte Gesamt-Balancing-Ladung mit dem Alter der Zelle t ges steigt, sind die Werte in Kriterium (a) und (b) jeweils durch t ges zu dividieren; hierbei kann t ges für das absolute Alter der Zelle (z.B in Tagen seit der

Inbetriebnahme) oder für die Gesamtzahl der bereits

durchgeführten Ladezyklen stehen.

Der Schwellenwert Q ref nach Kriterium (a) gibt die zulässige Untergrenze für die Gesamt-Balancing-Ladung pro Zelle i an.

Wie angegeben ist dieser Wert mit dem Alter der Zelle t ge s zu skalieren . Der Schwellenwert kann beispielsweise bestimmt werden, indem ein Batteriesystem gleichen Typs wie dasjenige, in dem das erfindungsgemäße Verfahren durchgeführt werden soll, Feldtests unterzogen wird und die Balancing-Ladung aufgezeichnet wird.

Da Anomalien der Balancing-Ladung, die eine erhöhte

Selbstentladung anzeigen, erwartungsgemäß selten sind, kommt es auch in Betracht, den Schwellenwert durch Aufzeichnung der Balancing-Ladung des Batteriesystems selbst zu ermitteln. Die so für ein bestimmtes Batteriesystem erhaltenen Werte müssen gegebenenfalls durch Abgleich mit anderen Batteriesystemen gleicher Bauart verifiziert werden. Anschließend kann der Mittelwert und die Verteilung der Balancing-Ladung über die einzelnen Zellen berechnet werden. Der Schwellenwert kann bestimmt werden, indem vom Mittelwert ein bestimmtes

Vielfaches der Verteilungsbreite subtrahiert wird.

Daneben können in die Definition des Schwellenwerts auch weitere externe Faktoren, die dem Batteriemanagementsystem (BMS) bekannt sind oder aufgrund weiterer Messgrößen

abgeschätzt werden können, einfließen. Beispielsweise kann auf diese Weise eine natürliche Erhöhung der Selbstentladung infolge von Alterungsprozessen wie z.B. SEI-Aufbau

berücksichtigt werden, indem der Schwellenwert in Abhängigkeit vom erwarteten Alterungszustand modifiziert wird. Aufgrund der endlichen Eingangsimpedanz der angeschlossenen Messelektronik kann es weiterhin zur Entladung über Kriechströme kommen, was ebenfalls für die Bildung des Schwellenwerts berücksichtigt werden kann .

Nach Kriterium (b) wird Q ge s,i / t ges,i mit dem Durchschnitt aller Zellen oder aller übrigen Zellen außer Zelle i verglichen.

Falls der Wert für Zelle i diesen Durchschnitt um einen vorgegebenen Schwellenwert ÄQ unterschreitet, so kann dies ebenfalls eine überhöhte Selbstentladung anzeigen. Dz) kann beispielsweise aus der Breite oder der Standardabweichung s der Verteilung von Q ges ,i / t ge s,i über alle Zellen ermittelt werden. Im Hinblick auf die Vermeidung falsch-positiver

Ergebnisse ist ÄQ in diesem Fall vorzugsweise mindestens 1.5s, stärker bevorzugt mindestens 2s, insbesondere mindestens 3s.

Zur Vermeidung falsch-negativer Ergebnisse ist es weiterhin bevorzugt, dass 5s nicht überschritten wird. Die Bestimmung von ÄQ als Vielfaches der Verteilungsbreite hat den Vorteil, dass sie in situ auf Basis der ermittelten Daten erfolgen kann und keine Referenzdaten erforderlich sind.

Gemäß (c) ist ein weiteres Kriterium die Änderungsrate der Gesamt-Balancing-Ladung, dQ ges ,i/dt. Diese kann erhalten werden durch zeitliche Aufzeichung der bei jedem Balancing in Schritt (2) ermittelten Gesamt-Balancing-Ladungswerte, Q ge s,i,x, wobei x der Zählindex für die Betätigungen des Balancing-Syste s ist. Durch Anlegen einer analytischen Fit-Kurve (z.B. ein Polynom) und Bilden der zeitlichen Ableitung lässt sich dQ ges ,i/dt bestimmen. Falls die Änderungsrate der Gesamt-Balancing-Ladung mit der Zeit abnimmt, ist dies ebenfalls ein Indiz für eine erhöhte Selbstentladung. Als Kriterium dient wiederum eine Unterschreitung eines Schwellenwerts Q'ref, der aus dem oben beschriebenen Q re f wiederum durch Bildung der Ableitung

ermittelt werden kann.

Die Berücksichtigung der Änderungsrate hat den Vorteil, dass statische Effekte, wie z.B. unterschiedlich hohe Messströme aufgrund eines geringfügigen Unterschieds der Eingangsimpedanz der Messelektronik, die ebenfalls zu einer unterschiedlichen Balancing-Ladung führen können, aber zeitlich konstant sind, eliminiert werden können, und nur die Änderung (Zunahme) der Selbstentladung der Zellen berücksichtigt wird.

Alternativ oder zusätzlich zur Gesamt-Balancing-Ladung kann auch die Balancing-Rate dqi/dt als Kriterium herangezogen werden. Diese kann als Quotient aus der in Schritt (1)

ermittelten Ladung und dem Zeitabstand zwischen zwei

Betätigungen des Balancing-Systems ermittelt werden. Da die so erhaltenen Einzelwerte typischerweise relativ stark schwanken können, wird zunächst ein Mittelwert berechnet (Kriterium (d) ) . Dieser wird wiederum mit einem Schwellenwert q' ref, g es verglichen, der z.B. auf eine Weise analog zu Q re f erhalten werden kann, oder aus Q re t durch Bildung der zeitlichen

Ableitung berechnet wird.

Alternativ zum Gesamt-Mittelwert kann nach Kriterium (e) auch ein gleitender Mittelwert bestimmt werden, beispielsweise als Durchschnitt aus den letzten 2 bis 10 Betätigungen des

Balancing-Systems oder als Durchschnitt der Balancing- Vorgänge, die weniger als ein bestimmtes Zeitintervall, z.B. 1 bis 20 Tage, zurückliegen. Der gleitende Mittelwert wird wiederum mit einem Schwellenwert q' ref verglichen.

Schließlich kann gemäß Kriterium (f) auch der zeitliche

Verlauf der Balancing-Rate betrachtet werden, was der zweiten zeitlichen Ableitung der Balancing-Ladung qi entspricht. Eine Abnahme der Balancing-Rate mit der Zeit, die einen

vorbestimmten Schwellenwert q' ' ref unterschreitet, zeigt ebenfalls eine erhöhte Selbstentladung an.

Implementierung

Die Messung, Aufzeichnung und Auswertung der Daten in den Schritten (1) bis (4) wird, wie beschrieben, vom BMS

durchgeführt, wobei die genaue Art der Implementierung und die beteiligten Steuergeräte nicht speziell beschränkt sind.

Vorzugsweise können diese Funktionen durch die im

Batteriesystem ohnehin vorhandenen Steuergeräte wahrgenommen werden .

Im einfachsten Fall ist das BMS in einem einzelnen Steuergerät (BCU, Battery Control Unit) implementiert, das die

Betriebsdaten aller Zellen gleichzeitig oder sequenziell in einem Multiplexverfahren überwacht. Die Zellen können dabei auch gruppenweise zu Modulen verschaltet sein. In diesem Fall werden alle Überwachungs- und Steuerungsfunktionen von der BCU durchgeführt, so dass das erfindungsgemäße Verfahren

zweckmäßigerweise ebenfalls in der BCU durchgeführt wird. Alternativ kann für jedes Modul oder für jede Zelle ein eigenes Steuergerät (Zellüberwachungseinheit, cell supervision Circuit, CSC) vorgesehen sein, das die Überwachung der Zellen auf Modulebene übernimmt und die aufgenommenen Daten über ein Kommunikationssystem (z.B. ein CAN-Bus) an die BCU

übermittelt. Eine solche Anordnung ist in Figur 3 gezeigt.

Falls die CSCs im Hinblick auf den zur Verfügung stehenden Speicher und die Rechenkapazität entsprechend ausgestattet sind, können alle Verfahrensschritte (1) bis (4),

einschließlich der optionalen zeitlichen Aufzeichnung der Daten, auf den CSCs durchgeführt werden, die dann lediglich das Vorliegen bzw. Nicht-Vorliegen von Zellen mit erhöhter Selbstentladung an die BCU übermitteln. Alternativ kann die Berechnung der Ladung (1) und ggf. auch die Akkumulation (2) pro Zelle auf den CSCs durchgeführt werden, und die BCU nimmt die zeitliche Aufzeichnung, die Bildung der Ableitung (3) und die Auswertung (4) vor. In einer weiteren Alternative

übermitteln die CSCs lediglich den zeitlichen Verlauf der Spannung während des Balancings an die BCU, auf der dann die eigentlichen Verfahrensschritte (1) bis (4) durchgeführt werden .

Falls Zellen mit abnormaler Selbstentladung detektiert werden, so sind je nach Vorgeschichte und/oder Intensität der

Abweichung vom erwarteten Wert verschiedene Reaktionen

möglich. Bei einmaligen oder sporadischen Abweichungen kann lediglich ein Eintrag im Fehlerspeicher der BCU hinterlegt werden, der die Zelle für die Überprüfung bei der nächsten Wartung des Batteriesystems markiert. Bei häufig auftretenden, stärkeren Abweichungen kann die Zelle z.B. zum baldigen

Austausch markiert werden, und das BMS übermittelt eine entsprechende Meldung über einen Kommunikationskanal (z.B. einen CAN-Bus) an das System, in dem das Batteriesystem verbaut ist (z.B. elektrisch betriebenes Fahrzeug).

Schlimmstenfalls, bei sehr großen Abweichungen vom Sollwert und/oder stetig stärker werdenden Abweichungen, kann das BMS zudem die Zelle oder das Modul, in dem die Zelle verbaut ist, stilllegen, um eine weitere Verschlechterung und die Entstehung eines inneren Kurzschlusses zu verhindern.