Explosionsbeständige Reaktionskammer und Verfahren zur Entsorgung sprengstoffhaltiger Objekte.
Die Erfindung betrifft eine explosionsbeständige Reaktionskammer, insbesondere zur sicheren Entsorgung von Sprengkörpern, mit Beschickungseinrichtungen, Öffnungen zur Zugabe und Ableitung von Reaktionsprodukten und Anwendung der erfindungsgemässen Kammer und Verfahren zur Entsorgung von Munition in grossen Stückzahlen, insbeson- dere solche, die chemische Kampfstoffe enthält.
Sprengstoffe werden meist durch offenen Abbrand oder kontrollierte Sprengung ent- sorgt. Dies geschieht entweder im Freien oder in explosionsbeständigen Räumen. Die entstehenden Gase gelangen direkt oder über ein Rauchgasreinigungssystem in die At- mosphäre. In der Europäischen Patentanmeldung 0349 865 ist ein Verfahren zum Ab- und Verbrennen von Explosivstoffen beschrieben. Die Sprengstoffe werden in möglichst gleichbleibender Menge einer teiloffenen Brandstelle zugeführt, die Brandgase abgesaugt und einem Reinigungssystem zugeführt. Aus der Deutschen Patentschrift 42 24 777 ist ein Verfahren und eine Einrichtung bekannt, um leicht brennbare Stoffe wie Feststoff- treibsätze zu verbrennen. Aus den zu entsorgenden Stoffen sind langgestreckte, zylin- drische Körper herzustellen, welche in einer Kammer kontrolliert abgebrannt werden. Die Verbrennungsgase werden zur weiteren, an sich bekannten Reinigung abgesaugt. Auch chemische Umsetzungen zur Unschädlichmachung von Sprengstoffen sind bekannt. Für das kontrollierte Zerlegen von Munition sind explosionsbeständige Räume im Einsatz.
Dabei kann es sich um umbaute Räume (Sprengbunker), explosionsfeste Kammern oder Öfen (z. B. gepanzerte Drehrohre) handeln. Sprengbunker dienen meist zum Austesten von Munition oder zur Entsorgung von Einzelstücken. Die Abgasbehandlung ist äusserst schwierig und meist wird aus technischen Gründen darauf verzichtet. Bekannt sind fer- ner Sprengkammern, um Sprengkörper, wie sie z. B. von Attentätern eingesetzt werden, oder Blindgänger sicher zu entsorgen. In von aussen beheizten Kammern werden die Sprengstoffe verbrannt, verpufft oder zur Detonation gebracht. Durch Kippen der ganzen Kammer werden die zurückbleibenden unbrennbaren Teile entfernt. Zur Minderung der Detonationswirkung werden Kammern unter Vakuum gesetzt. Die Entsorgung von Muni- tion bestimmter Grosse erfolgt in den allermeisten Fällen durch Delaborierung, d. h. die Sprengstoffe werden aus den Geschossen entfernt und separat nach einem oben be- schriebenen Verfahren entsorgt oder einer Wiederverwendung zugeführt. Diese Arbeiten sind gefährlich und müssen mit grösster Sorgfalt ausgeführt werden, d. h. sie sind ko- stenintensiv. Die bekannten Einrichtungen und Verfahren zur Entsorgung von Spreng- stoffen und sprengstoffhaltiger Munition sind nicht dafür geeignet, Granaten ohne Dela- borierung in grösseren Stückzahlen zu entsorgen. Besonders ungeeignet sind diese, wenn die Granaten chemische Kampfstoffe enthalten und/oder wenn sie durch ungeeig- nete Lagerung in sehr schlechtem Zustand sind. Die vorliegende Erfindung beschreibt Einrichtungen und Verfahren zur Vernichtung von spreng-und kampfstoffhaltigen Objek- ten, welche sich auch in sehr schlechtem Zustand befinden können.
Das Verfahren ist geeignet für grosse Stückzahlen und lässt sich kostengünstig durch- führen. Die erfindungsgemässe Reaktionskammer und das erfindungsgemässe Verfahren ermöglichen Munition aller Art, auch solche mit chemischen Kampfstoffen, gefahrlos und sicher zu entsorgen. Die Reaktionskammer besteht aus einem oberen Kammer- deckel (1), Kammerwand (2) und einem ausfahrbaren Kammerboden (3). Diese Elemente sind je nach Bedarf mit gasdichten Durchführungen für Hilfseinrichtungen wie Zündkabel (4), Hilfsbrenner (5) usw. ausgerüstet. Der Kamerboden ist über Dichtungen (6) mit der Kammerwand verbunden. Der Kammerboden trägt einen Explosionstisch (7). In einer Ausführungsform ist der Boden so ausgebildet, dass durch Absenken und Kippen die festen Rückstände ausgetragen und zur weiteren Behandlung über eine Schleuse z. B einer thermischen Nachbehandlung zugeführt werden. In die Kammer ist ein Gasaus- tragsrohr (8) integriert. Das Ventil (9) dient zur kontrollierten Entspannung des stati- schen Kammerdrucks. Durch das Schleusensystem (11) werden die zu entsorgenden Objekte in die Reaktionskammer eingeschleust und auf dem Explosionstisch an ge- wünschter Stelle plaziert. Die Kammer wird vorteilhafterweise mit einer Kühl-und Heiz- vorrichtung ausgerüstet. Nebst der Gasaustrittsöffnung (8) kann eine weitere Oeffnung (10) vorgesehen werden, um mit einer Vakuumpumpe restliche Gase und leicht ver- dampfbare Zersetzungsprodukte abzusaugen bzw. um die Kammer vor der Reaktion zu evakuieren. Diese Öffnung kann auch dazu benützt werden, um die Kammer mit einem Gas auszuspülen. Durch die Düsen (12) kann Wasser zu Kühlzwecken oder Reaktions- mittel in die Kammer eingespritzt werden. Zum Schutz der Kammerwände ist ein Split- terschutz (13) vorgesehen, ebenso kann eine temperaturfeste Auskleidung angebracht werden. Die Granaten usw. werden in die verschliessbare Kammer eingeschleust und in der völlig geschlossenen Kammer zur Explosion gebracht. Dazu sind unterschiedliche Zündmechanismen möglich, je nach Art des Objektes. Die Explosion kann durch Licht- bogen, eine an das Objekt angebrachte Sprengladung wie z. B. eine sog. Hohlladung ausgelöst werden. Bei grossen Stückzahlen kann die Explosion durch Beschuss mit Hohl- ladungsgeschossen aus einer automatischen Abschussvorrichtung ausgelöst werden.
Diese wird druckfest an geeigneter Stelle in die Reaktorwand eingebaut. Nach der Ex- plosion werden über das Ventil (9) die entstandenen Gase kontrolliert einer Hochtempe- raturkammer zugeführt. Diese ist vorzugsweise mit einem Plasmabrenner ausgerüstet. Die gas-oder dampfförmigen Stoffe können direkt in den Plasmabrenner eingeführt wer- den. Unter Zugabe von Luft oder Sauerstoff können sämtliche noch oxidierbaren Stoffe urrigesetzt werden. Alternativ kann die Kammer mit dem Plasmabrenner in reduzierender oder inerter Atmosphäre betrieben werden. In diesem Fall wird dem Plasmareaktor eine Nachbrennkammer nachgeschaltet. In dieser wird durch Zugabe von Luft oder Sauer- stoff die Oxidation der Stoffe vervollständigt. Diese Nachbrennkammer ist mit einem 01- oder Gasbrenner ausgerüstet. Die Nachverbrennung erfolgt bei Temperaturen von 1'000 bis 1'400 °C bei einer Aufenthaltszeit von min. 2 Sek. Anschliessend wird das noch anorganische Schadstoffe wie S02, HCI, NOx, As203 und staubförmige Anteile enthal- tende Gas einer an sich bekannten Rauchgasreinigung zugeführt. Diese kann z. B. aus einem Abhitzekessel, einem Heissgasfilter, einem Quenchwäscher und weiteren sauren und alkalischen Wäschern bestehen. Falls grössere Mengen von Arsen aus arsenhaltigen Kampfstoffen vorhanden sind, werden die Waschwässer zusammengeführt, das As nasschemisch als schwerlösliche Verbindung ausgefällt, die Fällung abgetrennt. Der Rückstand kann entweder deponiert, zur Rückgewinnung von Arsen abgegeben oder im Hochtemperaturreaktor in Glas eingebunden werden. Das Fällungsmittel und die Glas- zusammensetzung müssen aufeinander abgestimmt sein. Gut geeignet sind Fällungen als Ca-Arsenat und alkalische Glasschmelzen. Die metallischen und allenfalls anderen anorganischen Rückstände der Granaten werden aus der Explosionskammer z. B. durch Absenken des Bodens ausgetragen und über eine Schleuse in den Plasmareaktor einge- tragen. Mittels Plasmabrenner werden die Metallteile und die andern anorganischen An- teile aufgeschmolzen. In der Kammer bildet sich eine zweiphasige Schmeize, eine Me- tallschmelze, welche mit einer Glasschmelze überdeckt ist. Sollten die zu entsorgenden Objekte nicht genügend Glasbildner enthalten, werden solche dem Reaktor zugegeben.
Je nach Bedarf werden die beiden Schmelzen aus dem Reaktor ausfliessen gelassen. Die Metallschmelzen können in Formen gegossen, die Glasschmelze kann zu Granulat etc. verarbeitet werden.
Das folgende Beispiel soll das erfindungsgemässe Verfahren erläutern.
Die Zeichnung 2 stellt systematisch eine Granate mit chemischen Kampfstoffen dar : (14) ist der Zünder, (18) Lewisit als chemischer Kampfstoff, (16) der Sprengstoff, (17) die Sprengkapsel zur Auslösung einer Explosion. Die mit der Sprengkapsel versehene Granate wird in eine explosionsfeste Kammer gemäss einem der Ansprüche 1-13 über die Schleuse (11) eingetragen und auf dem Sprengstisch (7) plaziert. Die Kammer wird abgedichtet und mittels des Zündkabels (4) wird die Explosion der Granate ausgelöst.
Die Zeichnung 3 stellt schematisch den Verfahrensablauf dar : Über das Ventil (9) werden die entstehenden Gase kontrolliert in die heisse Plasmakam- mer (21) und anschliessend in die Nachbrennkammer (23) geleitet. In diese Kammern wird Luft eingeleitet bis zu einem Sauerstoffgehalt von 6 Vol. %. Nachher gelangen die Gase in einen Quenchwäscher (24) und werden in sehr kurzer Zeit auf 60-80 °C abge- kühlt. Aus dem Lewisit (Chlorvinylarsindichlorid) entstehen bei der thermischen Zerset- zung und Oxidation neben C02 und H20 auch grössere Mengen an HCI und As203.
Diese werden im Gasreinigungssystem (25) bis auf geringste Mengen ausgewaschen.
Erst in einer sauren Waschstufe, dann zusätzlich in einer alkalischen. Die Waschwässer werden zusammengeführt und bei pH 8 mit Kalkmilch das As als Arsenat ausgefällt, die Feststoffe über eine Filterzentrifuge (29) abgeschieden und auf ca. 40 % Restfeuchte entwässert. Der feste Rückstand wird über die Schleuse in den Plasmareaktor (21) ge- geben und dort in die Glasschmelze eingebunden. Ein kleiner Teil des As gelangt erneut ins Abgas und wiederum ins Waschwasser. Dieser Teilkreislauf des Arsens ist bedeu- tungslos, da es sich höchstens um einige Prozent handelt. Das Filtrat wird zur Trockene eingedampft und das Calciumchlorid wird in eine geeignete Deponie gegeben oder einer Verwertung zugefüht. Die metallischen Teile der Granathülle mit eventuell noch vorhan- denen Kampfstoffresten werden in die Plasmakammer geschleust, aufgeschmolzen, abgegossen und einem Stahlwerk abgegeben. Dank der thermischen Behandlung ist dieses Eisen frei von gefährlichen Verunreinigungen.
Bezugszeichenliste : 1 Kammerdeckel 2 Kammerwand 3 Kammerboden 4 Zündkabel 5 Hilfsbrenner 6 Dichtungen 7 Explosionstisch 8 Gasaustragsrohr 9 Ventil Öffnung10Zusätzliche 11 Schleusensystem 12Düsen 13 Splitterschutz 14 Pneumatische Hebevorrichtung 15Zünder 16 Kampfstoff <BR> <BR> 17 Sprengstoff<BR> <BR> 18 Sprengkapsel 19 Explosionsfeste Kammer 20 Pufferbehälter 21 Hochtemperaturkammer 22Schleuse 23 Nachbrennkammer 24 Quench 25 Wäschersystem 26 Sicherheitsfilter 27 Kontrolistation 28 Reaktionsbehälter 29 Filter 30Eindampfanlage