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Patent Searching and Data


Title:
IMMOBILIZING ENZYMES USING PLASMAS
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2011/131594
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a method for treating plastic surfaces using cold plasmas (low-temperature plasmas) and subsequently immobilizing enzymes on the treated surfaces, characterized in that the plasma treatment leads to highly activating the plastic surface at a maximum depth of 3 nm and the plasma treatment takes place without spacer-forming compounds comprising nitrogen and having carbon chains, wherein microwave plasmas in the GHz range or radio frequency plasmas (1 kHz - 100 MHz) in the vacuum pressure or atmospheric pressure range are used for highly activating the plastic surface.

Inventors:
BORNSCHEUER UWE (DE)
SCHROEDER KARSTEN (DE)
MENYES ULF (DE)
BOETTCHER DOMINIQUE (DE)
VORHABEN TORGE (DE)
JASINSKI DAGMAR (DE)
HAECKEL MARKO (DE)
Application Number:
PCT/EP2011/056069
Publication Date:
October 27, 2011
Filing Date:
April 16, 2011
Export Citation:
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Assignee:
NEOPLAS GMBH (DE)
INSTITUR FUER BIOCHEMIE DER ERNST MORITZ ARNDT UNI GREIFSWALD (DE)
BORNSCHEUER UWE (DE)
SCHROEDER KARSTEN (DE)
MENYES ULF (DE)
BOETTCHER DOMINIQUE (DE)
VORHABEN TORGE (DE)
JASINSKI DAGMAR (DE)
HAECKEL MARKO (DE)
International Classes:
G01N33/543
Domestic Patent References:
WO1995034814A11995-12-21
WO2003082483A12003-10-09
WO2007000163A12007-01-04
Foreign References:
US4757014A1988-07-12
US5344701A1994-09-06
DE69737654T22007-12-27
Other References:
GANAPATHY R ET AL: "IMMOBILIZATION OF ALPHA-CHYMOTRYPSIN ON OXYGEN-RF-PLASMA FUNCTIONALIZED PET AND PP SURFACES", JOURNAL OF BIOMATERIALS SCIENCE. POLYMER EDITION, VSP, UTRECHT, NL, vol. 9, no. 4, 1 January 1998 (1998-01-01), pages 389 - 404, XP002928810, ISSN: 0920-5063
OGINO A ET AL: "Protein grafting onto chitosan surafce using low temperature microwave plasma treatment", PLASMA SCIENCE, 2010 ABSTRACTS IEEE INTERNATIONAL CONFERENCE ON, IEEE, PISCATAWAY, NJ, USA, 20 June 2010 (2010-06-20), pages 1, XP031721882, ISBN: 978-1-4244-5474-7
YIN ET AL., PPP, vol. 6, no. 1, pages 68 - 75
ALVAREZ ET AL., J APP POL SEI, vol. 88, no. 2, pages 369 - 379
YIN, YONGBAI ET AL.: "Plasma Polymer Surface Compatible with a CMOS Process for Direct Covalent Enzyme Immobilization", PLASM. PROCESS. POLYM., vol. 6, 2009, pages 68 - 75
NOSWORTHY, N.J. ET AL.: "A New Surface for Immobilizing and Maintaining the Function of Enzymes in a Freeze-Dried State", BIOMACROMOLECULES, vol. 10, 2009, pages 2577 - 2583
Attorney, Agent or Firm:
WEHLAN, Helmut et al. (DE)
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Claims:
Patentansprüche

1. Verfahren zur Behandlung von Kunststoffoberflächen mit kalten Plasmen (Niedertemperaturplasmen) und anschließender Immobilisierung von Enzymen auf den behandelten Oberflächen, wobei die Plasmabehandlung zu einer Hochaktivierung der Kunststoffoberfläche mit maximaler Tiefe von 3 nm führt und die Plasmabehandlung ohne spacerbildende, stickstoffhaltige Verbindungen mit Kohlenstoffketten erfolgt dadurch gekennzeichnet, dass Mikrowellenplasmen im GHz-Bereich oder Radio frequenzplasmen (1 kHz - 100 MHz) im Niederdruck- oder Atmosphärendruckbereich zur Hochaktivierung der Kunststoffoberfläche verwendet werden.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass Mikrowellenplasmen im Bereich von 100 MHz bis 10 GHz, vorzugsweise 2,54 GHz, verwendet werden.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass RF Plasmen mit Leistungen von 1 W bis 100 W oder Mikrowellenplasmen mit 100 W bis 1500 W bei Gasflussraten von 1 bis 100 sccm gezündet werden.

4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Kunststoffoberfläche 1 ms bis 600 s, vorzugsweise 10 ms bis 1 s, besonders bevorzugt 10ms bis 100ms lang behandelt wird.

5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass reaktive Spezies wie Radikale und Ionen für die Hochaktivierung der Oberfläche erzeugt werden, wobei die Ionen mit Spannungen von maximal 500 V beschleunigt werden.

6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass als Kunststoffoberflächen Polyalken-Oberflächen, vorzugsweise Polypropylen-Oberflächen fungieren.

7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass als Plasma- Gas Argon oder ein Argon/Sauerstoff-Gemisch oder ein Argon/Luftgemisch verwendet wird.

8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass das Plasma-Gas zusätzlich Stickstoff und / oder Ammoniak enthält.

9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei den Enzymen um Enzyme der Klasse der

9.1. Hydro lasen,

9.1.1. vorzugsweise Carboxylesterasen,

9.1.2. besonders bevorzugt Esterasen oder Lipasen oder

9.2. Oxygenasen,

9.2.1. vorzugsweise Oxidoreduktasen,

9.2.2. besonders bevorzugt Monooxygenasen,

9.2.3. speziell bevorzugt Baeyer-Villiger-Monooxygenasen,

handelt.

10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass nach der Plasmabehandlung die Immobilisierung der Enzyme aus Lösungen mit und ohne Puffer durch Lagern in einer Enzym-Lösung für mindestens 1 min bis zu mehreren Stunden oder Tagen, vorzugsweise 8-16 Stunden mit oder ohne rühren, erfolgt.

11. Enzym-Träger-System mit einer Kunststoffoberfläche als Träger, die mit maximaler Tiefe von 3 nm hochaktiviert wurde und eine Hydrophilierung von kleiner 30 grad für den Wasserkontaktwinkel, bevorzugt kleiner 10 grad, aufweist, erhältlich durch ein Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 10..

12. Enzym-Träger-System nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei den Enzymen um Enzyme der Klasse der

12.1. Hydrolasen,

12.1.1. vorzugsweise Carboxylesterasen,

12.1.2. besonders bevorzugt Esterasen oder Lipasen oder

12.2. Oxygenasen,

12.2.1. vorzugsweise Oxidoreduktasen,

12.2.2. besonders bevorzugt Monooxygenasen,

12.2.3. speziell bevorzugt Baeyer-Villiger-Monooxygenasen,

handelt.

13. Enzym-Träger-System nach Anspruch 11 oder 12, dadurch gekennzeichnet, dass die Träger in Form von Platten, Netzen, Membranen oder Pulvern vorliegen.

14. Enzym-Träger-System nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass die Träger porös oder nicht porös vorliegen.

Description:
Immobilisierung von Enzymen unter Verwendung von Plasmen Beschreibung

[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Behandlung von Kunststoffoberflächen mit kalten Plasmen (Niedertemperaturplasmen) und anschließender Immobilisierung von Enzymen auf den behandelten Oberflächen zur Steigerung der Enzymaktivität und der Anwendungsstabilität immobilisierter Enzyme sowie ein Enzym-Träger-System, erhältlich durch dieses Verfahren.

Stand der Technik

[0002] Enzyme werden bisher durch eine Kombination von physikalischen und chemischen Techniken auf Kunststoffoberflächen gebunden. Da Kunststoffe in der Regel hydrophobe Oberflächeneigenschaften besitzen, Enzyme als Peptide in der Regel aber aus wässrigen Lösungen für die Immobilisierung bereit gestellt werden, muss die Kunststoffoberfläche zunächst hydrophilisiert werden. Dies geschieht nach Bosley et al. JAOCS 74_ 107-11 1 (1997) häufig durch die Benetzung mit einem wasserlöslichen Alkohol als Benetzungsvermittler. Ein anderer Weg ist die Behandlung mit physikalischen Plasmen unter Verwendung spacerbildender, stickstoffhaltiger Verbindungen mit Kohlenstoffketten, wie z.B. Aminen zu den Plasmagasen. Ziel ist die Bildung von mit Aminogruppen funktionalisierten Oberflächen für die spätere kovalente Anbindung von Enzymen in einem zweiten, nachfolgenden Schritt (Yin et al PPP Volume 6 Issue 1 p68-75, Alvarez et al. J App Pol Sei Volume 88 Issue 2 p 369-379). Häufig werden für diesen zweiten nachfolgenden Schritt zusätzliche Spacermoleküle wie z.B. Glutaraldehyd oder ähnliches wie Polymere oder Polymerkombinationen z.B. ein Polymer aus α-Hydroxyalkylenamin (US4757014) verwendet. Im Patent US4757014 wird zur Haftvermittlung zusätzlich zwischen Polymerschicht und Kunststoffträger eine anorganische Oxidschicht bevorzugt aus plasmaabgeschiedenen siliziumorganischen Verbindungen eingebracht. Im US Patent 5344701 wird als koppelndes Agens Azalacton oder Azalacton-Polymerkombinationen unter Verwendung von Hochenergiestrahlung zur Erzeugung von Radikalen an der Oberfläche eingesetzt. Im WO2007/000163 werden unter Einsatz von Strahlung Disulfitfunktionen für die Kopplung von Polypeptiden auf Trägern verwendet. Einsatzfeld dieser Systeme sind die Molekularbiologie, die Biochemie, Pharmakologie und die medizinische Diagnostik. Im Patent DE 69737654 T2 wird die Verwendung von Plasmastrahlung zur Vernetzung eingeschlossen wobei hier vorzugsweise als zusätzliches Vernetzungsmittel Ethylenglycolbis(succinimidylsuccinat) eingesetzt wird.

[0003] Zum Stand der Technik gehört auch die Veröffentlichung von YIN, Yongbai, et al: "Plasma Polymer Surface Compatible with a CMOS Process for Direct Covalent Enzyme Immobilization.", Plasm. Process. Polym. 2009, 6, 68-75. Darin wird ein Prozess zur kovalenten Anbindung von Enzymen an plasmapolymerisierte Materialien für Sensorsysteme beschrieben. Das Paper offenbart den Einsatz der Plasmapolymere für CMOS-Sensoren (d.h. Complementary Metal Oxide Semiconductor, Halbleitersensoren). Dabei werden Plasmabeschichtungen (z.B. aus Acetylen) auf Metallen abgeschieden. Solche CMOS- Strukturen sind gut für die Sensorik geeignet, aber nicht für den Einsatz in chemischen Prozessen in der industriellen Biokatalyse. Es werden Plasmapolymer-Beschichtungen genannt, d.h. Sensoroberflächen werden nachträglich mit aktiven plasmapolymerisierten Schichten versehen. Als Enzyme werden Peroxidasen und Catalasen erwähnt.

[0004] Gegenstand der Veröffentlichung von Nosworthy, N.J., et al: "A New Surface for Immobilizing and Maintaining the Function of Enzymes in a Freeze-Dried State", Biomacromolecules, 2009, 10, 2577-2583, ist die Immobilisierung von Proteinen wie HRP und von Catalasen auf Pill (plasma Ionen Immersions Implantation)-behandelten Polyethylen. Die Aktivierung dort findet erst nach dem Plll-Prozess beim Kontakt mit dem Luftsauerstoff - Abreaktion der Radikale zu sauerstofffunktionellen Gruppen - statt.

Nachteil des Standes der Technik

[0005] Der Nachteil besteht zum Teil in den verwendeten aufwendigen Plasmaprozessen und in den ebenfalls aufwendigen nachfolgenden chemischen Schritten zur Kopplung der Enzyme auf die Oberfläche. Ziel ist offensichtlich eine Stabilitätssteigerung für die erhaltenen Enzym- Träger-Kombinationen. Eine wirtschaftliche Umsetzung dieser Herstellungsprozesse ist aber nur gegeben, wenn die so erhaltenen Enzym-Träger-Kombinationen in Anwendungen mit hohen Margen pro Einheit damit hergestellten Produktes eingesetzt werden. Dies trifft in der Regel nur für Produkte pharmazeutischer Anwendungen zu. Für eine breite industrielle Nutzung z.B. in der chemischen Industrie ist der Einsatz solcher aufwendig hergestellten Enzym-Träger-Systeme in der Regel aber nicht gegeben. [0006] Der Nachteil der Veröffentlichung von YIN et al. liegt darin, dass bei den CMOS- Beschichtungen Temperprozesse (engl. Annealing) erforderlich sind, die bei 350-400 °C durchgeführt werden.

[0007] Ein großer Nachteil der Veröffentlichung von Nosworthy et al. besteht darin, dass durch die PIII-Methode die Oberfläche durch Ionenbeschuss nur zerklüftet (mindestens 50 nm tief) und nicht hochaktiviert wird. Außerdem hinterlässt der Stickstoff im Plll-Prozess nach unserer Erfahrung keine stickstofffunktionellen Gruppen an der Oberfläche, sondern in der „subsurface", d.h. oberflächennahen Bereichen (typischerweise 20 nm unterhalb der Oberfläche), die für die Hydrophilierung nicht zugänglich sind (Eindringtiefe der Enzymlösung liegt hier bei weniger als 1 nm).

Aufgabe der Erfindung

[0008] Der Erfindung lag die Aufgabe zugrunde, die Nachteile der im Stand der Technik beschriebenen technischen Lösungen zu beseitigen.

Lösung der Aufgabe

[0009] Die Aufgabe wurde gemäß den Merkmalen der Patentansprüche gelöst.

[0010] Erfindungsgemäß werden hierzu die vorzugsweise verwendeten handelsüblichen Kunststoffträgermaterialien, vorzugsweise Polypropylenträgermaterialien, mittels physikalischer kalter Plasmen aus Gasentladungsprozessen behandelt, wobei die Plasmabehandlung ohne spacerbildende, stickstoffhaltige Verbindungen mit Kohlenstoffketten erfolgt. Unter dem Begriff "spacerbildende, stickstoffhaltige organische Verbindungen mit Kohlenstoffketten" werden gemäß der Lehre dieser Erfindung chemische Verbindungen verstanden, die eine Kohlenstoff-Stickstoff-Verbindung enthalten, wie z.B. Amine oder Amide, mit dem Ziel der Bildung von mit Stickstoffverbindungen funktionalisierten Oberflächen. [0011] Bei diesen Niedertemperaturplasmen handelt es sich um Entladungen in Gasen, welche mittels hochenergetischer Radio frequenztechnologie im Bereich niederfrequenter bis hochfrequenter Wellen bis hin zu Mikrowellen erzeugt werden.

[0012] Diese Plasmen können sowohl in Vakuumreaktoren im Niederdruckbereich als auch im Normaldruckbereich, z.B. mit Jet-, Barriere und Hohlkathodenentladungen betrieben werden. Vorzugsweise setzt man Gasentladung ein, bei denen eine hohe Dichte an Ladungsträgern pro Volumeneinheit Gas besteht, wobei die Gastemperatur durch geeignete Prozessführung limitiert wird, um eine thermische Modifikation des Materials zu vermeiden. Somit wird die Oberfläche der Kunststoffe für eine Behandlung und Immobilisierung mit Enzymen, vorzugsweise aus der Klasse der Hydrolasen, vorzugsweise Carboxylesterasen, besonders bevorzugt Esterasen oder Lipasen sowie der Klasse der Oxygenasen, vorzugsweise Oxidoreduktasen, besonders bevorzugt Monooxygenasen, speziell bevorzugt Baeyer-Villiger- Monooxygenasen, optimal verändert. Durch die geeignete Auswahl an Plasmabehandlungsmethoden wird bei der Immobilisierung eine mehrfache Erhöhung der Enzymaktivität gegenüber unbehandelten vergleichbaren Kunststoffträgern erreicht. Die Erhöhung der Zahl der Wechselwirkungsstellen für die Enzyme auf der Oberfläche der Kunststoffträger werden durch die Plasmabehandlung ohne Einsatz zusätzlicher sogenannter nasschemischer Verfahren wie der Abscheidung von Vermittlerschichten aus Lösungen ermöglicht. Es entfällt gegenüber diesen klassischen nasschemischen Verfahren die Verwendung von z.T. toxischen Lösungsmitteln und deren Entsorgung nach der Nutzung und aufwendige Reinigungs- und Aufarbeitungsschritte wie Spülen und zeitaufwendiges Trocknen der behandelten Kunststoffmaterialien.

[0013] Überraschenderweise hat sich herausgestellt, dass die Enzymaktivität von immobilisierten Enzymen, insbesondere der Klasse der Esterasen, Lipasen und Oxigenasen auf Kunststoffträgern, vorzugsweise Polypropylen- Kunststoffen mit dem Ziel eines industriellen Einsatzes dieser immobilisierten Katalysatorsysteme verbessert wurden. Die Erfindung ermöglicht eine Verbesserung der Stabilität der Enzym-Katalysatorsysteme und damit den Mehrfacheinsatz dieser Katalysatorsysteme bei nahezu gleichbleibend hoher Aktivität. Somit wird eine deutliche Kostenreduzierung im industriellen Einsatz bezogen auf den Produktionsumsatz gegenüber herkömmlichen Enzymkatalysatoren ermöglicht.

Detaillierte Beschreibung der Erfindung [0014] Erfindungsgemäß lässt sich überraschender Weise der hohe technische Aufwand der Enzymkopplung, wie er im Stand der Technik beschrieben wurde, für Enzyme aus der Klasse der Esterasen, Lipasen und Oxigenasen umgehen, durch die geeignete Wahl eines Trägers, vorzugsweise eines Polyalken-Trägers wie Polypropylen in Kombination mit einer einfachen schnellen Plasmabehandlung, die eine Hydrophilierung der Trägeroberfläche von kleiner 60 grad für den Wasserkontaktwinkel, bevorzugt kleiner 10 grad erreicht. Als Plasmagase kommen nicht plasmapolymerisierbare Gase, bevorzugt Argon bzw. Argon/Sauerstoff bzw. Argon/Luftgemische zum Einsatz. Darin enthalten können auch stickstoffhaltige Gase wie z.B. Ammoniak zugemischt werden. Als Plasmaquellen sind sowohl Mikrowellenplasmen als auch Radio frequenzplasmen jeweils im Niederdruckbereich als auch unter Atmosphärendruck geeignet. Die Träger können in Form von Platten, Netzen, Membranen, anderen Strukturen oder bevorzugt als Pulver, porös oder nicht porös eingesetzt werden. Die Immobilisierung der Enzyme erfolgt aus Lösungen mit und ohne Puffer durch Lagern in der Lösung für mindestens 1 min bis zu mehreren Stunden bzw. Tagen bevorzugt 8-16 Stunden mit und ohne Durchmischung. Bevorzugt erfolgt danach ein Waschen und Trocknen des Enzym- Trägerkomplexes. Ein direkter Einsatz ohne waschen und trocknen ist ebenfalls möglich.

Vorteil der Erfindung gegenüber dem Stand der Technik

[0015] Die auf dem direkten einfachen und kostengünstigen Weg mit guter Möglichkeit zum up-scaling erhaltenen Materialien wurden Untersuchungen zur Langzeitstabilität unter unterschiedlichen Lagerungsbedingungen und dem Einsatz über mehrere Zyklen der Biokatalyse unterzogen. Dabei zeigten die Materialien eine gute Stabilität. Somit werden im Verhältnis zu den bisher bekannten Immobilisierungsstrategien mittels Vorbereitung der Oberfläche durch Plasmaprozesse sehr kostengünstige und stabile Enzym-Träger-Systeme erhalten. Diese können erfindungsgemäß bis zum industriellen Maßstab hergestellt werden.

[0016] Erfindungsgemäß wird keine kovalente Anbindung von Enzymen genutzt, sondern eine Chemisorption, die nicht an plasmapolymerisierte Materialien erfolgt, sondern an Kunststoffoberflächen, die mit speziellen Plasmen chemisch hochaktiviert werden. Das bedeutet, dass die Plasmaprozesse dergestalt optimiert sind, um hohe Dichten reaktiver chemischer Gruppen wie z.B. Alkohole, Ether, Carbonsäuren und Peroxide in geeigneter Mischung (polare und unpolare Gruppen) erzielt werden. Danach erfolgt die Immobilisierung von Enzymen. Die Plasma-Hochaktivierung ist ein reiner Gasphasenprozess mit nicht polymerisierbaren Gasen, d.h. nicht mit der Einspeisung reaktiver Gase wie Acetylen verbunden, die zu einer im Stand der Technik beschriebenen Schichtbildung führt. Die erfindungsgemäße Plasmabehandlung erzeugt spezielle„hochaktivierte" Polymeroberflächen, die maximal 3 nm tief funktionalisiert und vermeidet dadurch die Zerklüftung der Oberflächen im Unterschied zum Stand der Technik, wo durch den gezielten Ionenbeschusses aus dem Plasma die Oberfläche zerklüftet wird.

[0017] Überraschenderweise wurde festgestellt, dass Mikrowellenplasmen im GHz-Bereich, vorzugsweise um 2,54 GHz, oder Radio frequenzplasmen (1 kHz - 100 MHz) im Niederdruck- oder Atmosphärendruckbereich zu maximalen Dichten reaktiver Spezies wie Radikale und Ionen für die Hochaktivierung der Oberfläche führen. Dabei werden im Plasma folgende Bedingungen erzielt: RF Plasmen werden mit Leistungen von 1 W bis 100 W Mikrowellenplasmen mit 100 W bis 1500 W bei Gasflussraten von 1 bis 100 sccm gezündet. Dabei werden die Ionen mit Spannungen von maximal 500 V beschleunigt. Unter diesen Bedingungen werden die Substrate 0,5 s bis 600 s lang behandelt.

Die Vorteile im Einzelnen sind:

Steigerung der Enzymaktivität und der Stabilität von Esterasen durch Vorbehandlung der

Trägeroberfläche mit einem Gasentladungsplasma zur Immobilisierung

Steigerung der Enzymaktivität und der Stabilität von Lipasen durch Vorbehandlung der

Trägeroberfläche mit einem Gasentladungsplasma zur Immobilisierung

Steigerung der Enzymaktivität und der Stabilität von Oxygenasen durch Vorbehandlung der Trägeroberfläche mit einem Gasentladungsplasma zur Immobilisierung

Temperprozesse, die bei 350-400 °C durchgeführt werden, sind bei den

erfindungsgemäßen Plasmahochaktivierungen nicht notwendig

[0018] Auch konnte gezeigt werden, dass eine Enzymimmobilisierung sowohl von der Art des Enzyms als auch der Art des Trägers und der Art der Oberflächenvorbehandlung abhängig ist.

[0019] Erstmals wird mit der vorliegenden Erfindung ein Enzym-Träger-System bereitgestellt aus einem mit physikalischen Gasentladungsplasmen behandelten Kunststoffträger, vorzugsweise aus einem Polyalken-Polymer wie z.B. Polypropylen, aber auch anderen Kunststoffen ohne Zusatz von Hilfskomponenten in das verwendete Plasmagas, welche im Stand der Technik als Spacer zur kovalenten Bindung der Enzyme dienen sollten und Enzymen, vorzugsweise aus der Klasse der Esterasen, Lipasen und Oxigenasen. Dabei wird kein zusätzlicher Hilfsstoff für die Immobilisierung der Enzyme auf der Trägeroberfläche eingesetzt, der den Zweck hätte, für eine chemische Bindung zwischen plasmabehandelten Träger und dem Enzym zu sorgen.

[0020] Erfindungsgemäß wird eine deutliche Steigerung der Enzymaktivität der Enzym- Träger- Systeme bei Verwendung der plasmabehandelten Kunststoffträger gegenüber den unbehandelten Trägern erreicht. Es wird weiterhin eine Verbesserung der Lager- und Nutzungsstabilität erzielt.

[0021] Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert, ohne die Erfindung auf diese Beispiele zu beschränken.

Ausführungsbeispiele

Ausführungsbeispiel 1 : Plasmabehandlung im RF-Plasma:

[0022] Das Polypropylenpulver wird in einer RF-Plasmaanlage mit 27,2 MHz behandelt. Dazu wird ausführungsgemäß 5 g des Pulvers vor der Plasmabehandlung auf einem mit 50 Hz vibrierenden Edelstahlprobenhalter in Sauerstoff bei 0,1 mbar für 30 min fluidisiert. Die Plasmabehandlung erfolgt im Sauerstoffplasma bei 80 W und einem Druck von 0,1 mbar für 5 min. Die Probe wird vor der Enzymbehandlung bei Raumtemperatur gelagert.

[0023] Das Polypropylenpulver wird in einer RF-Plasmaanlage mit 27,2 MHz behandelt. Dazu wird ausführungsgemäß 5 g des Pulvers vor der Plasmabehandlung auf einem mit 50 Hz vibrierenden Edelstahlprobenhalter in Sauerstoff bei 0,1 mbar für 30 min fluidisiert. Die Plasmabehandlung erfolgt im Sauerstoffplasma bei 100 W und einem Druck von 0,1 mbar für 1 s. Die Probe wird vor der Enzymbehandlung bei Raumtemperatur gelagert.

Enzymimmobilisierung am Beispiel von CalB-Lipase: [0024] 500 mg des plasmabehandelten Polypropylenpulvers wird in einem 15 ml Glasgefäß mit 4 ml Enzymlösung inkubiert. Dazu wird ein 10 mM Natriumphosphatpuffer bei pH 7 eingesetzt. Die Inkubation erfolgt bei 20 °C über Nacht mit einer Rührgeschwindigkeit vom 200 Umdrehungen/min. Nach der Inkubation wird das Material abfiltriert, 2 mal mit dem für die Immobilisierung eingesetztem Puffer (s.o.) gewaschen und über Nacht im Vakuum getrocknet. Die Lagerung vor den Aktivitätsmessungen erfolgt bei 4°C.

Aktivitätsbestimmung der immobilisierten CalB-Lipase

[0025] Die Bestimmung der Aktivität erfolgt mittels der pH-Stat Methode. Dazu wurde eine automatische Titrationsanlage (Titroline alpha ® , Schott, Germany) benutzt. Für die Bestimmung wird 25 ml einer Emulsion aus 5% (w/v) Tributyrin und 2% (w/v) Gummi Arabicum in destilliertem Wasser eingesetzt. Zu der Emulsion wird eine bekannte Menge an immobilisierter CalB zugegeben und die Freisetzung der Säure titrimetrisch durch die Zugabe von 10 mM NaOH bei 37 °C und einem konstanten pH Wert von 7,5 bestimmt. Eine TributyrinUnit (TBU) wird dabei festgelegt als die Freisetzung von 1 μιηοΐ Buttersäure pro Minute durch das immobilisierte Enzym.

Ausführungsbeispiel 2

Plasmabehandlung im Mikrowellenplasma:

[0026] Die Plasmabehandlung von 1,5 g des Polypropylenpulvers erfolgt in einem handelsüblichen Mikrowellenplasmareaktor bei 2,45 GHz. Dazu wird die Anlage mit Argon gespült und danach bei einem Druck von 1 mbar bei 1200 W und einer Gaszusammensetzung von 60/40 (v/v) Sauerstoff/ Argon für 10s effektiver Plasmabehandlungszeit im gepulsten Plasma mit einer Pulsrate von 10/90 an/aus und einer Pulsfrequenz von 10 Hz behandelt. Das behandelte Material wird bei Raumtemperatur gelagert.

[0027] Die Plasmabehandlung von 1,5 g des Polypropylenpulvers erfolgt in einem handelsüblichen Mikrowellenplasmareaktor bei 2,45 GHz. Dazu wird die Anlage mit Argon gespült und danach bei einem Druck von 0,1 mbar bei 1500 W und einer Gaszusammensetzung von 80/20 (v/v) Sauerstoff/ Argon für 100ms (100 Millisekunden) effektiver Plasmabehandlungszeit im gepulsten Plasma mit einer Pulsrate von 10/90 an/aus und einer Pulsfrequenz von 1 kHz behandelt. Das behandelte Material wird bei Raumtemperatur gelagert.

Enzymimmobilisierung am Beispiel von PestE -Esterase:

[0028] 500 mg des plasmabehandelten Polypropylenpulvers wird in einem 15 ml Glasgefäß mit 4 ml Enzymlösung inkubiert. Dazu wird ein 10 mM Natriumphosphatpuffer bei pH 7 eingesetzt. Die Inkubation erfolgt bei 20 °C über Nacht mit einer Rührgeschwindigkeit vom 200 Umdrehungen/min. Nach der Inkubation wird das Materials abfiltriert, 2 mal mit Immobilisierungspuffer gewaschen und über Nacht im Vakuum getrocknet. Die Lagerung vor den Aktivitätsmessungen erfolgt bei 4°C.

Aktivitätsbestimmung der immobilisierten PestE -Esterase

[0029] Die Bestimmung der Aktivität erfolgt mittels eines Schnelltest in 24-Well- Mikrotiterplatten. Dazu wird 400μ1 einer Lösung von Tributyrin in DMSO (10 mg/ml) zu 1,2 ml Natriumphosphat-Puffer (5 mM, pH 7,3) gegeben und die Lösung bei Raumtemperatur gerührt. Nach Zugabe von 400 μΐ Bromthymolblau (1 :10 (v/v) gelöst in DMSO) wird eine definierte Menge des immobilisierten Enzyms zugesetzt. Durch die Enzymreaktion freigesetzte Buttersäure verändert die Farbe der Lösung von blau nach gelb. Die Geschwindigkeit des Farbumschlags gibt einen Anhaltspunkt für die Aktivität des Materials. Für eine genaue Bestimmung der Aktivität wird die pH-Stat Methode (vgl. Ausführungsbeispiel 1) verwendet.