Login| Sign Up| Help| Contact|

Patent Searching and Data


Title:
MELT SPINNABLE COPOLYMERS FROM POLYACRYLONITRILE, METHOD FOR PRODUCING FIBERS OR FIBER PRECURSORS BY MEANS OF MELT SPINNING, AND FIBERS PRODUCED ACCORDINGLY
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2017/167355
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a method for producing thermally stabilised melt spun fibres in which polyacrylonitrile (PAN) fibres or PAN fibre precursors produced by melt spinning are treated in an aqueous alkaline solution containing additionally a solvent for PAN. The invention also relates to fibres which can be produced according to said method.

Inventors:
HERFURTH CHRISTOPH (DE)
LIESKE ANTJE (DE)
HAHN MATHIAS (DE)
Application Number:
PCT/EP2016/056825
Publication Date:
October 05, 2017
Filing Date:
March 29, 2016
Export Citation:
Click for automatic bibliography generation   Help
Assignee:
FRAUNHOFER GES FORSCHUNG (DE)
International Classes:
C08F220/44; D01D5/08; D01F9/22
Domestic Patent References:
WO2000050675A12000-08-31
WO2000050675A12000-08-31
Foreign References:
GB1270504A1972-04-12
US3499073A1970-03-03
GB1294044A1972-10-25
US4107252A1978-08-15
EP0030666A21981-06-24
GB2356830A2001-06-06
US5618901A1997-04-08
US6114034A2000-09-05
Other References:
P RANGARAJAN: "Effect of comonomers on melt processability of polyacrylonitrile - Rangarajan - 2002 - Journal of Applied Polymer Science - Wiley Online Library", 23 April 2002 (2002-04-23), XP055274503, Retrieved from the Internet [retrieved on 20160523], DOI: 10.1002/app.10655
JAYANT UDAKHE ET AL: "Melt Processing of Polyacrylonitrile Polymers", SPINNING, 28 February 2011 (2011-02-28), pages 233 - 241, XP055274095, Retrieved from the Internet [retrieved on 20160520]
Attorney, Agent or Firm:
PFENNING, MEINIG & PARTNER MBB (DE)
Download PDF:
Claims:
Patentansprüche

1. Schmelzspinnbares Copolymer von Polyacrylnitril (PAN) herstellbar durch eine Copolymerisation von 99,9 bis 80 mol-% Acrylnitril mit mindestens einem Comonomer ausgewählt aus a) 0,1 bis 15 mol-% mindestens eines einfach /V-substituierten Acryl- amids der all emeinen Formeln I bis III:

I II III

mit

R, R' = CnH2n+i und n = 1-8 oder R, R' = C2n+iH4n+30n und n = 1-8 und R ^ R' b) 0 bis 10 mol-% mindestens eines A/,/V-ringförmig substituierten Ac- rylamids der allgemeine V:

IV

mit

R = CnH2n und n = 2-8 oder R = C4nH8nOn und n = 1-8 c) 0 bis 10 mol-% mindestens eines einfach substituierten /V-Vinylamids der allgemeinen Formeln V und/oder VI:

V VI

mit

R, R' = CnH2n+i und n = 1-8, sowie R R' d) 0 bis 10 mol-% mindestens eines Λ/,/V-ringförmig substituierten N- Vinylamids der allgemeinen Formel VII:

mit VII

R = CnH2n und n = 1-8 wobei die Summe der Comonomere a) bis d) maximal 20 mol-% beträgt und das Copolymer eine gewichtsmittlere molare Masse (Mw) im Bereich von 20.000 bis 250.000 g/mol aufweist.

Copolymer nach Anspruch 1,

dadurch gekennzeichnet, dass das Copolymer im Temperaturbereich von 150 bis 240 °C, ggf. unter Zusatz mindestens eines äußeren Weichmachers, verspinnbar ist.

Copolymer nach einem der vorhergehenden Ansprüche,

dadurch gekennzeichnet, dass das Copolymer, bevorzugt unter Zusatz mindestens eines äußeren Weichmachers, im Temperaturbereich von 210 bis 240°C eine Nullscherviskosität η0 < 2500 Pas aufweist.

Copolymer nach einem der Ansprüche 2 oder 3,

dadurch gekennzeichnet, dass der äußere Weichmacher ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus Wasser, Acetonitril, Nitroalkanen, Al- kylalkoholen, ionischen Flüssigkeiten, Glykolen, Dimethylsulfoxid, Dimethylformamid, Dimethylacetamid, N-Methylpyrrolidon,

Ethylencarbonat, Propylencarbonat, wässrige Natriumrhodanid-Lösung und Mischungen hiervon.

5. Copolymer nach einem der vorhergehenden Ansprüche,

dadurch gekennzeichnet, dass der Speichermodul G' des Copolymers bei einer Temperatur von 190°C bis 235°C über einen Zeitraum t > 30 min kleiner als der Verlustmodul G" ist.

6. Copolymer nach einem der vorhergehenden Ansprüche,

dadurch gekennzeichnet, dass die Copolymerisation durch eine Fä llungspolymerisation in wässrigem Medium, eine Emulsionspolymerisation in wässrigem Medium und/oder eine Polymerisation in einem Lösungsmittel erfolgt.

7. Copolymer nach dem vorhergehenden Anspruch,

dadurch gekennzeichnet, dass das Lösungsmittel ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus Dimethylsulfoxid, Dimethylformamid, Dimethylacetamid, N-Methylpyrrolidon, Ethylencarbonat,

Propylencarbonat, wässrige Natriumrhodanid-Lösung und Mischungen hiervon.

8. Copolymer nach einem der vorhergehenden Ansprüche,

dadurch gekennzeichnet, dass 8 bis 12 mol-% des Comonomers a) und 92 bis 88 mol-% Acrylnitril vorliegen.

9. Copolymer nach einem der Ansprüche 1 bis 6,

dadurch gekennzeichnet, dass 8 bis 15 mol-% der Comonomer a) bis d) und 92 bis 85 mol-% Acrylnitril vorliegen.

10. Copolymer nach einem der vorhergehenden Ansprüche,

dadurch gekennzeichnet, dass das Copolymer eine gewichtsmittlere molare Masse (Mw) im Bereich von 30.000 bis 100.000 g/mol aufweist. Verfahren zur Herstellung von Fasern oder Faserprecursoren mittels Schmelzspinnen, bei dem i. eine Copolymerisation von 99,9 bis 80 mol-% Acrylnitril mit mindestens einem Comonomer ausgewählt aus a) 0,1 bis 15 mol-% mindestens eines einfach /V-substituierten Acrylamids der allgemeinen Formeln I bis III:

H N^ R R^R R^R'

II

mit

R, R' = CnH2n+i und n = 1-8 oder R, R' = C2n+iH4n+3On und n = 1-8 und R' b) 0 bis 10 mol-% mindestens eines A/,/V-ringförmig substituierten Acrylamids der allge rmel IV:

mit IV

R = CnH2n und n = 2-8 oder R = C4nH8nOn und n = 1-8 c) 0 bis 10 mol-% mindestens eines einfach substituierten N- Vinylamids der allgemeinen Formeln V und/oder VI :

mit

V VI

R, R' = CnH und n = 1-8, sowie R R' d) 0 bis 10 mol-% mindestens eines Λ/,/V-ringförmig substituierten /V-Vinylamids der allgemeinen Formel VII :

wobei die Summe der Comonomere a) bis d) maximal 20 mol-% beträgt und das Copolymer eine gewichtsmittlere molare Masse (Mw) im Bereich von 20.000 bis 250.000 g/mol aufweist. in Gegenwart mindestens eines Initiators durchgeführt wird, das Copolymer mit einer Schmelzspinnanlage enthaltend einen Extruder, eine Schmelzepumpe und mindestens eine für das Verspinnen geeignete Düse zu Mono- oder Multi-Filamenten versponnen wird.

12. Verfahren nach Anspruch 11,

dadurch gekennzeichnet, dass unmittelbar vor oder bei der Extrusion in ii) mindestens ein äußerer Weichmacher zugesetzt wird, der insbesondere ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus Wasser, Acetonitril, Nitroalkanen, Alkylalkoholen, ionischen Flüssigkeiten, Gly- kolen, Dimethylsulfoxid, Dimethylformamid, Dimethylacetamid, N- Methylpyrrolidon, Ethylencarbonat, Propylencarbonat, wässrige

Natriumrhodanid-Lösung und Mischungen hiervon.

13. Verfahren nach einem der Ansprüche 11 oder 12,

dadurch gekennzeichnet, dass die Fasern Carbonfasern sind, wobei in weiteren Schritten iii. eine Stabilisierung der Filamente durch eine Temperaturbehandlung bei Temperaturen von 200 bis 350 °C und iv. eine Carbonisierung der Filamente bei Temperaturen von 800 bis 1200 °C erfolgt.

14. Verfahren nach Anspruch 13,

dadurch gekennzeichnet, dass die Stabilisierung der Filamente bei Temperaturen von 220 bis 320 °C, insbesondere von 250 bis 300 °C erfolgt.

15. Verfahren nach einem der Ansprüche 11 bis 14,

dadurch gekennzeichnet, dass der Initiator ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus Azoverbindungen, Peroxiden, Hydroperoxiden, Alkylperoxiden, Peroxodicarbonaten, Peroxyestern, Dialkylperoxiden, Persulfaten, Perphosphaten, Redoxinitiatoren und Mischungen hiervon.

16. Faser herstellbar durch ein Verspinnen des Copolymers nach einem der Ansprüche 1 bis 10.

17. Faser nach dem vorhergehenden Anspruch,

dadurch gekennzeichnet, dass die Faser eine Carbonfaser ist.

Description:
Schmelzspinnbare Copolvmere vom Polyacrylnitril, Verfahren zur Herstellung von Fasern oder Faserprecursoren mittels Schmelzspinnen und entsprechend hergestellte Fasern

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von thermisch stabilisierten schmelzgesponnenen Fasern, bei dem durch Schmelzspinnen hergestellte Polyacrylnitril (PAN)-Fasern bzw. PAN-Faserprecursoren in einer wässrigen alkalischen, zusätzlich ein Lösungsmittel für PAN enthaltenden Lösung behandelt werden. Ebenso betrifft die Erfindung Fasern, die gemäß diesem Verfahren herstellbar sind.

Die im Leichtbau mehr und mehr nachgefragten Carbon- oder Kohlenstofffasern werden durch Carbonisieren von Precursor-Fasern hergestellt. Diese Precursor-Fasern werden zunehmend aus Lösungen von Polyacrylnitril (PAN) gesponnen. Beim Lösungsspinnen entstehen hohe Kosten, vor allem durch den Einsatz von Lösungs- und Fällungsmitteln, deren Wiederaufarbeitung und die geringen Massegeh alte der Lösungen (maximal 20%). Günstiger wäre da- her ein Spinnverfahren, bei dem die Fasern aus einer Polymerschmelze gesponnen werden. Der Einsatz von Lösungs- und Fällungsmitteln entfällt dann und der Massedurchsatz erhöht sich drastisch. Das Problem dabei besteht darin, dass sich Polyacrylnitril ab ca. 250°C thermisch zersetzt, bevor es seinen Schmelzpunkt bei etwa 320°C erreicht. Dieses Verhalten ist auf die starken intra- und intermolekularen Wechselwirkungen der Nitril-Gruppen des Polymers zurückzuführen. Das Polymer kann nur dann schmelzen, wenn diese Wechselwirkungen effektiv gestört werden.

Um die Wechselwirkungen zwischen den Nitril-Gruppen zu stören, können entweder Zusätze zum Polymer gemischt werden (äußere Weichmachung) oder Acrylnitril mit geeigneten Comonomeren copolymerisiert werden (innere Weichmachung). Die äußere Weichmachung erfordert größere Mengen Zu- sätze, deren Einarbeitung in festes PAN aufwändig ist. Deutlich erfolgsversprechender ist die innere Weichmachung, da durch die Copolymerisation der Weichmacher bereits während der Polymerisation in das Polymer eingebaut wird. Ein geeignetes Comonomer ist z.B. Methylacrylat, das ab Anteilen von 10% -

15% den Schmelzpunkt des PAN-Copolymers unter die Zersetzungstemperatur senkt. Die Schmelze der Copolymere ist allerdings bei den für das Schmelzspinnen nötigen Temperaturen nicht langzeitstabil, sodass es zum Verstopfen der Spinndüsen kommen kann.

Zu den Beispielen für innere Weichmachung durch Copolymerisation mit geeigneten Comonomeren zählt die GB 1,270,504, in der bereits 1970 die Herstellung thermoplastische Acrylnitril-Copolymere und die Weiterverarbeitung zu Textilfasern mittels Schmelzspinnen beschrieben wird. Als Comonomere wurden aliphatische und alicyclische Alkene (aufgeführt: Isobuten und Propen), Acrylate (aufgeführt: Methyl-, Ethyl-, Butylacrylat) sowie Vinylacetat eingesetzt, die Comonomer-Anteile in den Polymeren lagen zwischen 8 und 50 Gew.-%. Zusätzlich enthielten die Copolymere 0,2 bis 10 Gew.-%

sulfonsäurehaltiger Comonomere. Die damit eingeführten Säuregruppen kata- lysieren die bei erhöhten Temperaturen einsetzenden Cyclisierungs-

Reaktionen der Nitril-Gruppen des Polymers. Da diese Reaktionen zur Zunah- me der Viskosität der Polymer-Schmelze führen, eignen sich diese

Copolymere nicht für einen kontinuierlichen Schmelzspinnprozess, der zur effektiven Kostensenkung benötigt wird. Die US 3,499,073 beschreibt die Polymerisation von Acrylnitril mit Hilfe von metallorganischen Katalysatoren. Die erhaltenen Homo- und Copolymere konnten bei Temperaturen oberhalb von 250°C aus der Schmelze zu Monofi- lamenten versponnen werden. In GB 1,294,044 sind Copolymere von Acrylnitril mit 25-30 Gew.-%

Methacrylnitril und 5-10 Gew.-% Acrylester oder Methacrylester beschrieben, die zwischen 215 °C und 175 °C erweichen. Die Copolymere wurden bei Temperaturen im Erweichungsbereich zu flexiblen Filmen verarbeitet. Nach US 4,107,252 ist es möglich, Terpolymere mit 65-75% Acrylnitril, 12-18%

Styrol und 13-18% Isobuten bei Temperaturen zwischen 125 °C und 175 °C aus der Schmelze zu Fasern zu verspinnen. Da die Comonomere aber beim späteren Stabilisieren und Carbonisieren Fehlstellen in der Carbonfaser verursachen, eignen sich nur Polymere mit einem maximalen Comonomergehalt von 10 mol-% als Carbonfaser-Precursoren. Nur wenn dieser Wert eingehalten wird, können Fasern mit akzeptablen Eigenschaften erhalten werden.

In EP 0 030 666 werden Pfropf-Copolymere von Acrylnitril auf Elastomeren beschrieben, die aus der Schmelze zu Folien, Schläuchen und Bändern verar- beitet werden. Die verzweigte Struktur der Polymere steht den für

Carbonfasern angestrebten mechanischen Eigenschaften allerdings entgegen.

Die GB 2,356,830 beschreibt Polymere mit Acrylnitril-Gehalten von über 95%, die unter hohem Druck bei Temperaturen zwischen 130 °C und 220 °C extru- diert werden können. Während sich so Stäbe, Röhren und dicke Folien herstellen lassen, schließt der Autor das Spinnen von Fasern mit dieser Methode aus.

In US 5,618,901 wird ein Prozess zur Herstellung thermoplastischer Acrylnitril- Copolymere beschrieben, wobei die Polymere zu 50-95% aus Acrylnitril und zu

5-50% aus allen anderen Comonomeren mit ungesättigter C-C-Bindung bestehen können. Aufgeführt sind als Comonomer-Klassen: Acrylate, Methacrylate, Acrylamide, Methacrylamide, Vinylester, Vinylether, Vinylamide, Vinylketone, Styren und seine Derivate, halogenhaltige Alkene, ionische Monomere, radikalisch polymerisierbare Säuren und Basen sowie Olefine. Das Patent beansprucht außerdem den Schutz von Polymeren aus sämtlichen Kombinatio- nen der aufgeführten Verbindungen. Als Ausführungsbeispiele werden

Copolymere von Acrylnitril mit Methylstyrol, Styrol, Vinylacetat, Methylacrylat oder Methylmethacrylat mit jeweils mindestens 15 Gew.-%

Comonomergehalt (entspricht für Methylacrylat und Vinylacetat ca. 10 mol%) im Polymer aufgeführt. Die Polymere können bei 200 °C ohne weitere Zusätze aus der Schmelze verarbeitet werden. Als Methoden werden Spinnen, Spritzgießen und Extrusion angegeben.

Das Schmelzspinnen eben dieser Polymere und die Eigenschaften der resultierenden Fasern beschreibt US 6,114,034. Die Ausführungsbeispiele beschrän- ken sich dabei auf Copolymere aus Acrylnitril und Methylacrylat beziehungsweise Vinylacetat, jeweils in Anteilen zu 15-25 Gew.-%. Die aus diesen Polymeren per Schmelzspinnen hergestellten Fasern weisen laut Patentschrift Durchmesser von 3-8 dtex und Festigkeiten von bis zu 29 cN/tex (bei 15% Methylacrylat im Polymer) bzw. 55 cN/tex (25% Methylacrylat) auf. Die Spinn- temperaturen lagen je nach Molmasse bei 210 °C (55 kg/mol) oder 240 °C (90 kg/mol). Eigene Arbeiten ergaben jedoch, dass Polymere vergleichbarer Molmassen und Comonomer-Gehalte bei den benötigten Temperaturen nicht stabil genug in ihrem rheologischen Verhalten sind. Um einen technischen Schmelzspinnprozess erfolgreich zu durchlaufen, muss die Polymer-Schmelze eine über mindestens 30 Minuten gleichbleibende Viskosität aufweisen. Mechanische Belastungen und Hot-Spots in der Spinnpumpe und im Extruder können sonst dazu führen, dass die Nitril-Gruppen des Polymers während des Spinnprozesses cyclisieren. Dadurch bilden sich unschmelzbare Bereiche im Polymer, die Fehlstellen in der resultierenden Faser ergeben. Die aufgeführ- ten Comonomergehalte liegen außerdem oberhalb der für eine Carbonfaser tolerierbaren 10%-Marke.

In der WO 00/50675 wird die Herstellung von Carbonfasern und Carbon- Folien aus den oben beschriebenen Copolymeren patentiert. Allerdings geht die Anmeldung inhaltlich nicht über US 6,114,034 hinaus. Als besonders geeignete Monomere werden wieder Methylacrylat, Ethylacrylat, Methylmethacrylat und Vinylacetat beschrieben.

Unabhängig von der Art der Weichmachung ist die thermische Stabilität der schmelzspinnbaren Copolymere das entscheidende Kriterium für einen technisch umsetzbaren Schmelzspinnprozess. Jede thermische Instabilität verhindert einen langzeitstabilen Spinnprozess. Sie führt zu Vercrackungen an Hot- Spots im Spinnextruder, der Spinnpumpe und der Spinndüse und zu Fehlstellen in der gesponnenen Faser. Mit sämtlichen im Stand der Technik geschilderten Lösungen der inneren und äußeren Weichmachung tritt dieses Problem auf.

Ausgehend hiervon war es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, Precursoren auf Basis von Polyacrylnitril bereitzustellen, die eine verbesserte Eignung für Schmelzspinnprozesse zeigen.

Diese Aufgabe wird durch das Copolymer mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und das Verfahren zur Herstellung von Fasern mittels Schmelzspinnen mit den Merkmalen des Anspruchs 11 sowie durch die Faser mit den Merkmalen des Anspruchs 16 gelöst. Die weiteren abhängigen Ansprüche zeigen vorteilhafte Weiterbildungen auf.

Erfindungsgemäß wird ein schmelzspinnbares Copolymer von Polyacrylnitril (PAN) bereitgestellt, dass herstellbar ist durch eine Copolymerisation von 99,9 bis 80 mol-% Acrylnitril mit mindestens einem Comonomer ausgewählt aus a) 0,1 bis 20 mol-% mindestens eines einfach /V-substituierten Acrylamids der allgemeinen Formeln I bis III: mit

R, R' = C n H 2n+ i und n = 1-8 oder R, R' = C 2n+ iH 4n+3 O n und n = 1-8 und

R ^ R' b) 0 bis 10 mol-% mindestens eines A/,/V-ringförmig substituierten Acrylamids der allgemeinen Formel IV: mit

R = C n H 2n und n = 2-8 oder R = C 4n H 8 nOn und n = 1-8

c) 0 bis 10 mol-% mindestens eines einfach substituierten /V-Vinylamids der allgemeinen Formeln V und/oder VI:

R, R' = C n H 2 n + i und n = 1-8, sowie R R' d) 0 bis 10 mol-% mindestens eines Λ/,/V-ringförmig substituierten N- Vinylamids der allgemeinen Formel VII:

R = C n H 2n und n = 1-8 wobei die Summe der Comonomere a) bis d) maximal 20 mol-% beträgt und das Copolymer eine gewichtsmittlere molare Masse (Mw) im Bereich von 20.000 bis 250.000 g/mol aufweist.

Durch die erfindungsgemäße Copolymerisation von Acrylnitril mit den genannten Comonomeren können Copolymere erzeugt werden, deren Schmelztemperatur unterhalb der Zersetzungstemperatur von Polyacrylnitril liegt. Der besondere Vorteil der erfindungsgemäßen Copolymere liegt darin, dass die Polymerschmelzen wichtige Eigenschaften aufweisen, die einen industriellen Schmelzspinnprozess überhaupt erst ermöglichen. Neuartig ist dabei die Kombination aus niedriger Nullscherviskosität (< 2500 Pa s) und ausreichender Stabilität der Schmelze (t G < >G << < 30 min), die von Copolymeren aus dem Stand der Technik bisher nicht erreicht wurde. Damit liegt ein Material vor, das sich kostengünstig und ressourcenschonend aus der Schmelze verspinnen lässt.

Es ist bevorzugt, dass das Copolymer im Temperaturbereich von 150°C bis 240 °C, ggf. unter Zusatz mindestens eines äußeren Weichmachers, verspinnbar ist.

Eine weitere bevorzugte Ausführungsform sieht vor, dass das Copolymer, ggf. unter Zusatz mindestens eines äußeren Weichmachers, im Temperaturbereich von 210 bis 240°C eine Nullscherviskosität η 0 < 2500 Pas aufweist. Die rheologischen Untersuchungen an den dargestellten Polymeren wurden an einem RheoStress RS150 mit TC501 Einheit der Fa. Haake durchgeführt. Die Bestimmung der Nullscherviskosität erfolgte dabei über einen Frequenzbreich von 0,05 - 100 Hz. Der Sol-Gel-Übergang (G' > G") wurde bei Temperaturen zwischen 190°C und 235 °C, einer Schubspannungsamplitude von 200 Pa und einer Frequenz von 1,6 Hz bestimmt. Alle Messungen wurden mit Platten von 20 mm Durchmesser und einer Spaltbreite von 0,5 mm durchgeführt. Der äußere Weichmacher ist dabei vorzugsweise ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Wasser, Acetonitril, Nitroalkanen, Alkylalkoholen, ionischen Flüssigkeiten, Glykolen, Dimethylsulfoxid, Dimethylformamid,

Dimethylacetamid, N-Methylpyrrolidon, Ethylencarbonat, Propylencarbonat, wässrige Natriumrhodanid-Lösung und Mischungen hiervon.

Vorzugsweise weist das erfindungsgemäße Copolymer ein Speichermodul G ' auf, das bei einer Temperatur von 190°C bis 235°C über einen Zeitraum t > 30 min kleiner als der Verlustmodul G " ist (Sol-Gel-Übergang).

Die Copolymerisation erfolgt vorzugsweise durch eine Fällungspolymerisation in wässrigem Medium, eine Emulsionspolymerisation in wässrigem Medium und/oder eine Polymerisation in einem Lösungsmittel.

Das Lösungsmittel ist dabei bevorzugt ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Dimethylsulfoxid, Dimethylformamid, Dimethylacetamid, N- Methylpyrrolidon, Ethylencarbonat, Propylencarbonat, wässrige Natriumrhodanid-Lösung und Mischungen hiervon.

Vorzugsweise wird das Copolymer aus 8 bis 12 mol-% des Comonomers a) und 92 bis 88 mol-% Acrylnitril gebildet. Liegen mehrere der Comonomere a) bis d) vor, wird das Copolymer bevorzugt aus 8 bis 15 mol-% der Comonomer a) bis d) und 92 bis 85 mol-% Acrylnitril gebildet.

Das erfindungsgemäße Copolymer weist bevorzugt eine gewichtsmittlere molare Masse (Mw) im Bereich von 30.000 bis 100.000 g/mol auf.

Erfindungsgemäß wird auch ein Verfahren zur Herstellung von Fasern oder Faserprecursoren mittels Schmelzspinnen bereitgestellt, bei dem i. eine Copolymerisation von 99,9 bis 80 mol-% Acrylnitril mit mindestens einem Comonomer ausgewählt aus a) 0, 1 bis 20 mol-% mindestens eines einfach /V-substituierten Acrylamids der allgemeinen Formeln I bis III:

II III

R, R' = C n H 2n+ i und n = 1-8 oder R, R' = C 2 n + iH 4 n +3 0n und n = 1-8 und R' b) 0 bis 10 mol-% mindestens eines A/,/V-ringförmig substituierten Acrylamids der allge rmel IV:

R = C n H 2n u n d n = 2-8 oder R = C 4n H 8n O n und n = 1-8 c) 0 bis 10 mol-% mindestens eines einfach substituierten N- Vinylamids der all emeinen Formeln V und/oder VI :

V VI mit

R, R' = C n H 2 n+i und n = 1-8, sowie R R' d) 0 bis 10 mol-% mindestens eines A/,/V-ringförmig substituierten /V-Vinylamids der allgemeinen Formel VII :

R = C n H 2n und n = 1-8

wobei die Summe der Comonomere a) bis d) maximal 20 mol-% beträgt in Gegenwart mindestens eines Initiators durchgeführt wird, ii. das Copolymer mit einer Schmelzspinnanlage enthaltend einen Extruder, eine Schmelzepumpe und mindestens eine für das Verspinnen geeignete Düse zu Mono- oder Multi-Filamenten versponnen wird.

Es ist bevorzugt, dass unmittelbar vor oder bei der Extrusion in ii) mindestens ein äußerer Weichmacher zugesetzt wird, der insbesondere ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus Wasser, Acetonitril, Nitroalkanen, Alkylalkoho- len, ionischen Flüssigkeiten, Glykolen, Dimethylsulfoxid, Dimethylformamid, Dimethylacetamid, N-Methylpyrrolidon, Ethylencarbonat, Propylencarbonat, wässrige Natriumrhodanid-Lösung und Mischungen hiervon.

Eine bevorzugte Ausführungsform sieht vor, dass die Fasern Carbonfasern sind, wobei bevorzugt in weiteren Schritten iii. eine Stabilisierung der Filamente durch eine Temperaturbehandlung bei Temperaturen von 200 bis 350 °C und iv. eine Carbonisierung der Filamente bei Temperaturen von 800 bis 1200 °C erfolgt.

Die Stabilisierung der Filamente erfolgt bevorzugt bei Temperaturen von 220 bis 320 °C, insbesondere von 250 bis 300 °C.

Dabei ist der Initiator vorzugsweise ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus Azoverbindungen, Peroxiden, Hydroperoxiden, Alkylperoxiden,

Peroxodicarbonaten, Peroxyestern, Dialkylperoxiden, Persulfaten,

Perphosphaten, Redoxinitiatoren und Mischungen hiervon.

Erfindungsgemäß wird ebenso eine Faser bereitgestellt, die durch ein Verspinnen des zuvor beschriebenen Copolymers herstellbar ist. Vorzugsweise handelt es sich bei der Faser um eine Carbonfaser.

Anhand der nachfolgenden Beispiele und Figuren soll der erfindungsgemäße Gegenstand mehr erläutert werden, ohne diesen auf die hier gezeigte spezifische Ausführungsformen einschränken zu wollen. Fig. 1 zeigt anhand eines Diagramms die Nullscherviskosität, das Speichermodul G ' und das Verlustmodul G " in Abhängigkeit von der Zeit bei einer Temperatur von 190°C für das Copolymer des Vergleichsbeispiels 1.

Fig. 2 zeigt anhand eines Diagramms die Nullscherviskosität, das Speichermo- dul G ' und das Verlustmodul G " in Abhängigkeit von der Zeit bei einer Temperatur von 235°C für das Copolymer des Vergleichsbeispiels 1.

Fig. 3 zeigt anhand eines Diagramms die Nullscherviskosität, das Speichermodul G ' und das Verlustmodul G " in Abhängigkeit von der Zeit bei einer Tempe- ratur von 215°C für das Copolymer des Vergleichsbeispiels 2.

Fig. 4 zeigt anhand eines Diagramms die Nullscherviskosität, das Speichermodul G ' und das Verlustmodul G " in Abhängigkeit von der Zeit bei einer Temperatur von 235°C für das Copolymer des Beispiels 1. Vergleichsbeispiel 1

Copolymerisation von Acrylnitril und Methylacrylat nach US 5618901

In einem 500ml-Doppelmantelreaktor mit Rückflusskühlung und

Propellerrührer wurden unter Rührung bei 400rpm 7,6g Calfax 16L-35 als Emulgator in 185g destilliertem Wasser gelöst. Anschließend wurden 0,463g Laurylmercaptan, 5,65 g Acrylnitril und 1,0g Methylacrylat zugegeben und die Mischung wurde 15 min mit N 2 gespült. Die Temperatur wurde auf 70°C erhöht. Nach Erreichen der Temperatur wurden 0,07g Ammoniumpersulfat (APS) zugegeben. Über 4h werden einerseits eine Lösung aus 1,385g

Laurylmercaptan, 51g Acrylnitril und 9g Methylacrylat und andererseits ein Lösung 0,06g APS in 15g Wasser gleichzeitig zudosiert. Nach Abschluss der Dosierung wird noch 30 Minuten bei 70°C gerührt. Zur Aufarbeitung wird das Polymer aus 0,l%iger Aluminiumsulfat-Lösung gefällt, extensiv mit Wasser und Ethanol gewaschen und im Vakuum bei 50°C getrocknet.

Die l%ige Lösung des resultierenden Polymers in Dimethylsulfoxid (DMSO) hatte eine relative Viskosität von 1,58. Die Zusammensetzung entspricht 9,3mol% Methylacrylat und 90,7mol% Acrylnitril. Die Schmelztemperatur des Copolymers betrug 244°C. Die Nullscherviskosität bei 190°C betrug 24870 Pas. Der Schnittpunkt von G' und G" bei 190°C war nach 25 Minuten erreicht, wie Fig. zeigt. Die Nullscherviskosität bei 235°C betrug 1500 Pas. Der Schnittpunkt von G' und G" bei 235°C war nach 14 Minuten erreicht, wie Fig. 2 zeigt.

Vergleichsbeispiel 1 zeigt somit, dass sich ein Copolymer nach US 5618901 erst bei Temperaturen verspinnen lässt, bei denen eine ausreichende Stabilität gegenüber Zersetzung nicht mehr gegeben ist. Vergleichsbeispiel 2

Lösungspolymerisation von Acrylnitril zu Copolymer mit 10 mol-% Methylac- rylat

In einem 250ml-Rundkolben mit Rückflusskühler und Stickstoffeinleitung werden unter Magnetrührung 72g N-Methylpyrrolidon vorgelegt. Es wird eine Mischung aus 7,4g Methylacrylat und 40,6g Acrylnitril zugegeben und mit einem Ölbad auf 60°C aufgeheizt. Eine Lösung von 180mg V-65

(2,2'Azobis(2,4-Dimethylvaleronitril), Fa. Wako) in 2ml Aceton wird nach Erreichen der Temperatur zugegeben. Die Reaktionszeit beträgt 6h. Das Reaktionsgemisch wird in 500 ml Ethanol gefällt, das Polymer abfiltriert, mit Ethanol gewaschen und im Vakuum getrocknet. Das resultierende Polymer weist eine relative Viskosität von 1,5 auf. Die Zusammensetzung entsprach 9,3 mol% Methylacrylat und 90,7 mol% Acrylnitril. Die Schmelztemperatur des Copolymers betrug 190°C. Die Nullscherviskosität bei 215°C betrug 7900 Pas. Der Schnittpunkt von G' und G" bei 215°C war nach 35 Minuten erreicht, wie Fig. 3 zeigt.

Vergleichsbeispiel 2 zeigt somit, dass mit einem Comonomer entsprechend Stand der Technik zwar ein schmelzbares AN -Copolymer erzeugt werden kann, dessen Schmelze die Stabilitätsanforderungen erfüllt, aber dessen Nullscherviskosität zu groß für einen Schmelzspinnprozess ist.

Vergleichsbeispiel 3

Lösungspolymerisation von Acrylnitril zu Copolymer mit 5 mol-% N-(tert- Pentyljacrylamid

In einem Doppelmantelreaktor mit Rückflusskühlung und Ankerrührer werden 150 g A/-Methyl-2-pyrrolidon (NMP), 95,0 g Acrylnitril und 13,3 g N-(tert- Pentyl)acrylamid vorgelegt. Es wird 30 min mit Stickstoff gespült und auf 60°C erwärmt. Bei Erreichen der Temperatur werden 847 mg V-65 in 10 mL NMP zugegeben und anschließend wird die Lösung 8 h lang bei 60°C gerührt. Zur Aufarbeitung wird die Lösung mit NMP verdünnt, das entstandene Polymer aus Wasser ausgefällt, abfiltriert, mit Ethanol gewaschen und im Vakuum getrocknet.

Die l%ige Lösung des resultierenden Polymers in Dimethylsulfoxid (DMSO) weist eine relative Viskosität von 1,43 auf. Die Zusammensetzung entspricht 93,5% Acrylnitril und 6,5% A/-(te/t-Pentyl)acrylamid. Das Copolymer schmilzt bei 220°C, gleichzeitig sind beginnende Zersetzungsreaktionen zu beobachten, die eine rheologische Charakterisierung verhindern.

Vergleichsbeispiel 3 zeigt somit, dass ein Comonomer-Anteil von 5% < X < 10% zwar zu einem schmelzbaren PAN-Copolymer führt, die Schmelze aber nicht stabil genug ist für einen Schmelzspinnprozess.

Beispiel 1

Lösungspolymerisation von Acrylnitril zu Copolymer mit 10 mol-% N-(2- Methoxyethyljacrylamid

In einem Doppelmantelreaktor mit Rückflusskühlung und Ankerrührer werden 150 g NMP, 90,0 g Acrylnitril und 24,3 g A/-(2-Methoxyethyl)acrylamid vorgelegt. Es wird 30 min mit Stickstoff gespült und auf 60°C erwärmt. Bei Erreichen der Temperatur werden 847 mg V-65 in 10 mL NMP zugegeben und anschließend wird die Lösung 8 h lang bei 60°C gerührt. Zur Aufarbeitung wird die Lösung mit NMP verdünnt, das entstandene Polymer aus Wasser ausgefällt, abfiltriert, mit Ethanol gewaschen und im Vakuum getrocknet.

Die l%ige Lösung des resultierenden Polymers in Dimethylsulfoxid (DMSO) weist eine relative Viskosität von 1,48 auf. Die Zusammensetzung entspricht 89,1% Acrylnitril und 11,9% A/-(2-Methoxyethyl)acrylamid. Die Schmelztemperatur des Copolymers betrug 185°C. Die Nullscherviskosität bei 215°C betrug 380 Pas. Der Schnittpunkt von G' und G" bei 215°C war nach 45 Minuten erreicht, wie Fig. 4 zeigt.