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Patent Searching and Data


Title:
METHOD FOR ACTUATING AT LEAST ONE COMPONENT OF A VEHICLE OCCUPANT RESTRAINT DEVICE FOR A MOTOR VEHICLE
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2019/120651
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a method for actuating at least one component of a vehicle occupant restraint device (1) for a motor vehicle (K). At least in the case of a seemingly unavoidable impact against an object (O) which is extraneous to the vehicle, the at least one component is actuated in a method phase in such a way that the vehicle occupant restraint device (1) applies a force to the vehicle occupant (IN) which is directed counter to an expected forward movement direction, owing to the impact, of the vehicle occupant (IN). According to the invention, it is proposed that in the one method phase the at least one component is actuated in such way that a specific gradient and/or specific maximum of the force acting on the vehicle occupant is not exceeded. In another subsequent method phase, the at least one component is actuated in such way that forward movement of the occupant (IN) over a specific or specifiable path is permitted. In this way, a very effective protective effect can be achieved for the occupant (IN) by the vehicle restraint device (1).

Inventors:
HONS CHRISTIAN (DE)
SCHMIDT JANA (DE)
LESCHKE ANDRE (DE)
RYL AXEL (DE)
Application Number:
PCT/EP2018/075201
Publication Date:
June 27, 2019
Filing Date:
September 18, 2018
Export Citation:
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Assignee:
VOLKSWAGEN AG (DE)
International Classes:
B60R21/013; B60R21/0132; B60R21/0134
Domestic Patent References:
WO2002062630A12002-08-15
Foreign References:
DE19956530A12000-06-08
US20010040065A12001-11-15
US20020024211A12002-02-28
DE102011102088A12012-11-22
DE102015201721A12016-08-04
DE102016206533A12016-11-10
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Claims:
Patentansprüche

1. Verfahren zur Ansteuerung wenigstens einer Komponente einer

Insassenrückhaltevorrichtung (1 ) für ein Kraftfahrzeug (K), bei dem zumindest bei einem als unvermeidbar erscheinenden Aufprall auf ein fahrzeugfremdes Objekt (O) die wenigstens eine Komponente in einer Verfahrensphase (V1 ) derart angesteuert wird, dass durch die Insassenrückhaltevorrichtung (1 ) eine Kraft (F1 ) auf den Insassen (IN) wirkt, welche entgegen einer zu erwartenden, aufprallbedingten Vorverlagerungsrichtung (R4) des Insassen (IN) gerichtet ist, dadurch

gekennzeichnet, dass in der einen Verfahrensphase (V1 ) die wenigstens eine Komponente derart angesteuert wird, dass ein bestimmter Gradient (G) und/oder ein bestimmtes Maximum (Fmax) der auf den Insassen (IN) wirkenden Kraft (F1 ) nicht überschritten wird und in einer anderen, nachfolgenden Verfahrensphase (V2) die wenigstens eine Komponente derart angesteuert wird, dass eine Vorverlagerung des Insassen (IN) über eine bestimmte oder bestimmbare Wegstrecke (I, Imax) zugelassen wird.

2. Verfahren nach Anspruch 1 , dadurch gekennzeichnet, dass die wenigstens eine Komponente ein Elektromotor (15) einer Gurtbewegungseinrichtung (12) ist, der in der einen Verfahrensphase (V1 ) derart angesteuert wird, dass ein Sicherheitsgurt (10) des Insassen (IN) gestrafft und dabei ein bestimmter Gradient (G) und/oder ein bestimmtes Maximum (Fmax) einer Stromaufnahme des Elektromotors (15) nicht überschritten wird und in der anderen Verfahrensphase (V2) der Elektromotor (15) in einer entgegengesetzten Drehrichtung (DR) angesteuert wird, derart, dass eine Vorverlagerung des Insassen (IN) ermöglicht wird, wobei eine Drehung des

Elektromotors (15) nur bis zu einem bestimmten Grenzwert einer Wegstrecke (I) der Vorverlagerung des Insassen (IN) zugelassen wird.

3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass als Grenzwert der Wegstrecke (I) der Vorverlagerung ein für den Aufprall im Innenraum maximal verfügbarer Vorverlagerungsweg (Imax) festgelegt wird.

4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche 2 und 3, dadurch

gekennzeichnet, dass der bestimmte Gradient (G) und/oder das Maximum (Fmax) der Stromaufnahme und/oder der Grenzwert der Wegstrecke (I) der Vorverlagerung des Insassen (IN) auch in Abhängigkeit von einer zu erwartenden Schwere des Aufpralls festgelegt werden.

5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche 2 bis 4, dadurch

gekennzeichnet, dass der bestimmte Gradient (G) und/oder das Maximum (Fmax) der Stromaufnahme und/oder der Grenzwert der Wegstrecke (I) der Vorverlagerung des Insassen (IN) auch in Abhängigkeit von erfassten Daten des Insassen (IN) festgelegt werden.

6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Vorverlagerung über ihre Wegstrecke (I) kontrolliert erfolgt.

7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Zeitdauer (t) der einen Verfahrensphase (V1 ) zumindest um ein Mehrfaches länger bemessen ist als die Zeitdauer (t) der anderen Verfahrensphase (V2).

8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Zeitdauer (t) der einen Verfahrensphase (V1 ) in etwa dem 4- bis 7-fachen, vorzugsweise in etwa dem 6-fachen der Zeitdauer (t) der anderen Verfahrensphase (V2) entspricht.

9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass als elektrische Spannungsquelle (7) zur Bewegung des Elektromotors (15) eine Hochspannungsquelle genutzt wird.

10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es in der einen Verfahrensphase (V1 ) auf Basis von Daten einer Umfeldsensorik (21 ) arbeitet und in der anderen Verfahrensphase (V2) auf Basis von Daten einer Beschleunigungssensorik (22).

11. Verfahren nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass bei einem Erkennen eines erfolgten Aufpralls durch die Daten der Beschleunigungssensorik (22), welcher nicht zuvor bereits durch die Umfeldsensorik (21 ) als unvermeidbar erkannt worden war, wenigstens eine weitere Komponente der Insassenrückhaltevorrichtung (1 ) pyrotechnisch bewegt wird.

12. Insassenrückhaltevorrichtung (1 ) zur Durchführung des Verfahrens nach einem der vorhergehenden Ansprüche, welche zumindest einen Sicherheitsgurt (10), eine Gurtbewegungseinrichtung (12) und einen Gurt-Endbeschlag (16) mit einem

Gurtschloss (17) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die

Gurtbewegungseinrichtung (12) mit wenigstens einem Elektromotor (15)

bewegungsmäßig gekoppelt ist und durch den Elektromotor (15) in zwei

entgegengesetzten Richtungen bewegbar ist.

13. Insassenrückhaltevorrichtung (1 ) nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass der Elektromotor (15) mit der Gurtbewegungseinrichtung (12) bewegungsmäßig über ein selbsthemmendes Getriebe (14) gekoppelt ist.

14. Insassenrückhaltevorrichtung (1 ) nach einem der Ansprüche 12 und 13, dadurch gekennzeichnet, der Gurt-Endbeschlag (16) durch einen pyrotechnischen

Endbeschlagstraffer (19) bewegbar ist.

15. Kraftfahrzeug (K), gekennzeichnet durch wenigstens eine

Insassenrückhaltevorrichtung (1 ) nach einem der Ansprüche 12 bis 14.

Description:
Beschreibung

Verfahren zur Ansteuerung wenigstens einer Komponente einer Insassenrückhaltevorrichtung für ein Kraftfahrzeug

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Ansteuerung wenigstens einer Komponente einer Insassenrückhaltevorrichtung für ein Kraftfahrzeug mit den Merkmalen vom Oberbegriff des Patentanspruchs 1. Die Erfindung betrifft ferner eine Insassenrückhaltevorrichtung zur Durchführung des Verfahrens und ein Kraftfahrzeug mit wenigstens einer solchen

Insassenrückhaltevorrichtung.

In Kraftfahrzeugen werden Insassenrückhaltvorrichtungen bestehend aus Airbag und Sicherheitsgurt eingesetzt, um einen Insassen im Crashfall an die Verzögerung des

Fahrzeugs anzukoppeln und ein Aufschlagen von Körperteilen (beispielsweise des Kopfes) an Bauteilen des Innenraums zu vermeiden. Nach einem Erkennen eines Aufpralls (im Allgemeinen über die Messung der Verzögerung des Fahrzeugs mittels einer

Beschleunigungssensorik) wird eine Straffung und Verriegelung des Sicherheitsgurtes und ein dem Lastfall zugeordneter Airbag ausgelöst. Derartige Insassenrückhaltevorrichtungen sind üblicherweise mit pyrotechnischen Aktoren ausgestattet, um in wenigen Millisekunden eine Straffung des Sicherheitsgurtes herbeiführen und den Airbag aufblasen zu können.

Ein Verfahren mit den Merkmalen vom Oberbegriff des Patentanspruchs 1 ist beispielsweise aus der DE 10 2015 201 721 A1 bekannt geworden. Konkret weist die offenbarte

Insassenrückhaltevorrichtung einen als Dreipunktgurt ausgebildeten Sicherheitsgurt auf, welcher über zwei Umlenkelemente mit einer Gurtaufrolleinrichtung bewegungsmäßig verbunden ist. Jedes Umlenkelement ist gegenüber einer fahrzeugfesten Struktur verschiebbar gelagert und jeweils mit einer Antriebseinrichtung versehen, welche das jeweilige Umlenkelement verschieben kann. Die Umlenkelemente sind über eine

Steuereinrichtung ansteuerbar, wobei die Steuereinrichtung mit Kollisionssensoren verbunden ist. Jedes der Umlenkelemente stellt eine Gurtstraffeinrichtung dar, wobei durch ein vertikales Verschieben der Umlenkelemente jeweils eine Gurtstraffung bewerkstelligt werden kann.

Wird eine erfolgte oder eine bevorstehende Kollision durch die Kollisionssensoren erfasst, so wird ein Auslösesignal erzeugt und der Sicherheitsgurt mittels einer ersten Gurtstraffeinrichtung gestrafft. Nach Ablauf eines vorgegebenen Zeitintervalls nach

Aktivierung der ersten Gurtstraffeinrichtung wird durch die zweite Gurtstraffeinrichtung ein nochmaliges Straffen des Sicherheitsgurts bewirkt. Durch das geschilderte Verfahren soll eine sehr wirksame Straffung des Sicherheitsgurtes auch bei auf eine erste Kollision folgenden Kollision (Sekundärkollision) möglich sein.

In der DE 10 2016 206 533 A1 wird eine Insassenrückhaltevorrichtung beschrieben, welche ebenfalls einen Dreipunktgurt aufweist. Der Dreipunktgurt kann durch eine motorgetriebene Gurtaufrolleinrichtung gestrafft werden. Der Motor der Gurtaufrolleinrichtung wird über eine Steuereinheit angesteuert, welche mit einem Precrash-Sensor signaltechnisch verbunden ist. Die Steuereinheit dient auch zur Ansteuerung eines Verlagerungsmechanismus einer Lendenbereich-Stützvorrichtung einer Sitzlehne.

Wenn durch den Precrash-Sensor eine Fahrzeugheckkollision vorhergesagt worden und eine vorderste Stelle der Lendenbereich-Stützvorrichtung nicht an ihrer unteren

Grenzposition angeordnet ist, so wird zunächst die Gurtaufrollrichtung betätigt. Anschließend wird der Verlagerungsmechanismus für die Lendenbereich-Stützvorrichtung derart angesteuert, dass die vorderste Stelle der Lendenbereich-Stützvorrichtung auf die untere und zugleich vordere Grenzposition eingestellt wird. Hierdurch soll eine Kraft, die bei einer Heckkollision auf den Hals oder den Nacken eines sitzenden Insassen ausgeübt wird, zu einem möglichst frühen Zeitpunkt verringert werden.

Ausgehend vom vorliegenden Stand der Technik liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zu Grunde, ein Verfahren zur Ansteuerung wenigstens einer Komponente einer Insassenrückhaltevorrichtung für ein Kraftfahrzeug bereitzustellen, bei dem im Falle eines drohenden oder auch erfolgenden Aufpralls ein Maximum an Sicherheit bei gleichzeitiger Reduzierung der Insassenbelastung erzielt werden kann.

Des Weiteren liegt der Erfindung die Aufgabe zu Grunde, eine geeignete

Insassenrückhaltevorrichtung zur Durchführung des Verfahrens bereitzustellen.

Vorliegende Aufgaben werden durch ein Verfahren mit den Merkmalen vom Patentanspruch 1 und durch eine Insassenrückhaltevorrichtung mit den Merkmalen von Anspruch 12 gelöst.

Vorteilhafte Ausbildungen beziehungsweise Weiterbildungen der Erfindung sind den jeweils abhängigen Ansprüchen zu entnehmen. Die Erfindung geht aus von einem Verfahren zur Ansteuerung wenigstens einer Komponente einer Insassenrückhaltevorrichtung für ein Kraftfahrzeug. Bei dem Verfahren wird zumindest bei einem als unvermeidbar erscheinenden Aufprall auf ein fahrzeugfremdes Objekt die wenigstens eine Komponente in einer Verfahrensphase derart angesteuert, dass durch die Insassenrückhaltevorrichtung ein Kraft auf den Insassen wirkt, welche entgegen einer zu erwartenden, aufprallbedingten Vorverlagerungsrichtung des Insassen gerichtet ist.

Bestandteil der Insassenrückhaltevorrichtung kann beispielsweise ein heutzutage üblicher Drei-Punkt-Sicherheitsgurt sein. Bei einem drohenden Aufprall wird der Sicherheitsgurt durch eine Gurtbewegungseinrichtung gestrafft und zieht den angeschnallten Fahrzeuginsassen fest an den Fahrzeugsitz. Dabei wird durch den Sicherheitsgurt auf den Insassen also eine Kraft ausgeübt, welche entgegen der zu erwartenden, aufprallbedingten

Vorverlagerungsrichtung des Insassen gerichtet ist.

Da die Gurtbewegungseinrichtung zumeist pyrotechnisch, also irreversibel betrieben wird, wirken auf den Insassen innerhalb kürzester Zeit sehr hohe Kräfte, die nicht speziell an den Insassen angepasst werden können.

Die Erfindung schlägt daher vor, dass in der einen Verfahrensphase die wenigstens eine Komponente derart angesteuert wird, dass ein bestimmter Gradient und/oder ein bestimmtes Maximum der auf den Insassen wirkenden Kraft nicht überschritten wird. In dieser Phase erfolgt die Ansteuerung der wenigstens einen Komponente also kraftgesteuert. In einer anderen, nachfolgenden Verfahrensphase wird die wenigstens eine Komponente hingegen derart angesteuert, dass eine Vorverlagerung des Insassen über eine bestimmte oder bestimmbare Wegstrecke zugelassen wird. In der nachfolgenden Verfahrensphase erfolgt also eine weggesteuerte Ansteuerung der Komponente.

Auf diese Weise kann das Verfahren in zwei Wirkrichtungen unterteilt werden, die unabhängig vom Gewicht des Fahrzeuginsassen die durch die Insassenrückhaltevorrichtung auf den Insassen wirkende Kraft begrenzen können. Dies führt zu einer wesentlichen Verbesserung der Schutzwirkung für den Insassen.

Gemäß einer ersten Weiterbildung wird vorgeschlagen, dass die wenigstens eine

Komponente ein Elektromotor einer Gurtbewegungseinrichtung ist, der in der einen

Verfahrensphase derart angesteuert wird, dass ein Sicherheitsgurt des Insassen gestrafft und dabei ein bestimmter Gradient und/oder ein bestimmtes Maximum einer Stromaufnahme des Elektromotors nicht überschritten wird. In der besagten, anderen Verfahrensphase wird der Elektromotor in einer entgegengesetzten Richtung angesteuert. Dies erfolgt derart, dass eine Vorverlagerung des Insassen erfolgt, wobei eine Drehung des Elektromotors nur bis zu einem bestimmten Grenzwert einer Wegstrecke der Vorverlagerung des Insassen zugelassen wird.

Auf diese Weise ist eine deutliche Reduzierung der auf den Insassen wirkenden Kraft in beiden Verfahrensphasen des Verfahrens möglich. Dies kann durch die Messung der Stromaufnahme des Elektromotors einerseits und die Messungen der Drehung des

Elektromotors auf technisch einfache Weise überwacht werden. Eine Überwachung ist beispielsweise durch eine Strommesseinheit einerseits und einen Drehwinkelsensor andrerseits denkbar, wobei diese Baueinheiten dem Elektromotor zugeordnet und/oder in diesem direkt verbaut sind.

Gemäß einer anderen Weiterbildung des Erfindungsgedankens wird als Grenzwert der Wegstrecke der Vorverlagerung höchst vorteilhaft ein für den Aufprall im Innenraum maximal verfügbare Vorverlagerungsweg festgelegt. Auf diese Weise ist eine maximale Reduzierung der aufprallbedingten Belastung für den Insassen bei maximalem Schutz möglich.

Eine weitere Verbesserung des Verfahrens kann dadurch herbeigeführt werden, dass der bestimmte Gradient und/oder das Maximum der Stromaufnahme und/oder der Grenzwert der Wegstrecke der Vorverlagerung auch in Abhängigkeit von einer zu erwartenden Schwere des Aufpralls festgelegt wird. Eine zu erwartende Schwere des Aufpralls kann beispielsweise durch die Relativgeschwindigkeit zum erfassten Aufprallobjekt, durch die abgeschätzte Masse des Aufprallobjektes und/oder auch durch eine vorliegende Überdeckung zum

Aufprallobjekt gegeben sein. Diese Größen werden vorzugsweise mit einer geeigneten Umfeldsensorik erfasst, welche beispielsweise Kamerasysteme und Ultraschallsensoren aufweisen kann. Auf diese Weise ist eine feinere Abstimmung des Verfahrens auf den jeweiligen Lastfall möglich.

In einer anderen Ausgestaltung des Erfindungsgedankens wird vorgeschlagen, dass der bestimmte Gradient und/oder das Maximum der Stromaufnahme und/oder der Grenzwert der Wegstrecke der Vorverlagerung vom Insassen auch in Abhängigkeit von erfassten Daten des Insassen festgelegt werden. Solche Insassendaten können beispielsweise die Position des Insassen, dessen Gewicht, dessen Größe oder auch dessen Gurtanschnallstatus sein. Derartige Daten sind beispielsweise durch eine geeignete Insassenerkennung erfassbar, welche eine Innenraumkamera, eine Sitzbelegungserkennung, eine

Gurtverriegelungserkennung und Gewichtssensoren umfassen kann. Eine andere Weiterbildung des Verfahrens schlägt vor, dass die Vorverlagerung über ihre gesamte Wegstrecke kontrolliert erfolgt. Hierbei wird durch die Wegsteuerung auf Grund der gemessenen Verzögerungen des Fahrzeugs kontinuierlich die notwendige Vorverlagerung des Insassen gemessen und über den Elektromotor der Gurtbewegungseinrichtung der notwendige Vorverlagerungsweg für den Insassen zur Verfügung gestellt bzw. freigegeben. Dabei erfolgt die Vorverlagerung vorzugsweise reibungsgedämpft, beispielsweise über ein selbsthemmendes Getriebe. Dieses kann bspw. zwischen dem Elektromotor und einer Drehwelle der Gurtbewegungseinrichtung zwischengeschaltet sein. Hierdurch kann der Weg der Vorverlagerung genau dosiert und über die Drehung des Elektromotors freigegeben werden.

Die besagte eine Verfahrensphase kann auch als "Precrash-Phase" bezeichnet werden. Durch zeitliche Ausdehnung dieser Verfahrensphase können frühzeitig Gurtlose und eine bestehende Vorverlagerung des Insassen (sogenannte OOP = Out Of Position) zunächst reduziert werden. Es kann also über eine deutlich längere Wirkdauer als üblich mit wesentlich geringerem Leistungseinsatz eine Ankopplung des Insassen an das Fahrzeug erreicht werden, welche jedoch der Wirkung eines über einen sehr kurzen Zeitraum wirkenden, pyrotechnischen Gurtstraffers entspricht.

Auf Grund des Einsatzes von Elektromotoren als Antrieb für die Gurtbewegungseinrichtung und damit der reversiblen Ausprägung kann zudem eine Auslöseentscheidung für eine Straffung des Sicherheitsgurtes jederzeit zurückgenommen werden, ohne den Insassen aufgrund der wirkenden Kräfte übermäßig zu beeinträchtigen. Eine Zurücknahme der Auslöseentscheidung kann beispielsweise dann vorgenommen werden, wenn die

Umfeldsensorik des Kraftfahrzeugs ein Ausbleiben eines Aufpralls detektiert.

Es hat sich in Versuchen gezeigt, dass die Zeitdauer der einen Verfahrensphase, also der Precrash-Phase vorzugsweise in etwa dem 4- bis 7-Fachen, besonders bevorzugt in etwa dem 6-Fachen der Zeitdauer der anderen Verfahrensphase, also der Incrash-Phase bemessen wird. Bei diesem Zeitverhältnis, welches sich im Millisekundenbereich abspielt, kann durch den geringeren Leistungseinsatz eine für den Insassen besonders schonende Straffung des Sicherheitsgurtes erfolgen.

Um eine höhere Leistung des Elektromotors der Gurtbewegungseinrichtung auch bei geringeren Strömen und Kabelquerschnitten zu ermöglichen, ist es sehr von Vorteil, wenn als elektrische Spannungsquelle zur Bewegung des Elektromotors eine

Hochspannungsquelle benutzt wird. Insbesondere bei Elektrofahrzeugen kann

beispielsweise eine Nutzung des Hochvolt-Bordnetzes, also eine Nutzung der Spannung der Traktionsbatterie erfolgen.

Zu einer zuverlässigen Durchführung des Verfahrens wird dadurch beigetragen, indem das Verfahren in der einen Verfahrensphase (Precrash-Phase) auf Basis von Daten einer Umfeldsensorik arbeitet und in der anderen Verfahrensphase (Incrash-Phase) auf Basis von Daten einer Beschleunigungssensorik. Komponenten einer Umfeld- und

Beschleunigungssensorik sind seit langem erprobt und bewährt und können daher zur Zuverlässigkeit des Verfahrens beitragen.

Allerdings ist es zur Maximierung der Sicherheit durchaus vorteilhaft, dass eine gewisse Redundanz des Systems vorgehalten wird. Dies kann bspw. dadurch erfolgen, dass bei einem Erkennen eines erfolgten Aufpralls durch die Daten der Beschleunigungssensorik, welcher nicht zuvor bereits durch die Umfeldsensorik als unvermeidbar erkannt worden war, wenigstens eine weitere Komponente der Insassenrückhaltevorrichtung pyrotechnisch bewegt wird.

Für Situationen, in denen die Umfeldsensorik das Eintreten eines Aufpralls zu spät erkennt, kann durch diese Ausbildung des Verfahrens eine Rückfallposition geschaffen werden. Die weitere Komponente kann beispielsweise als Endbeschlagstraffer ausgebildet sein, welcher pyrotechnisch gezündet wird. Somit befinden sich die elektromotorisch betätigte

Gurtbewegungseinrichtung (elektromotorischer Gurtstraffer) und der pyrotechnische Straffer an verschiedenen Orten des Gurtsystems. Denkbar ist jedoch auch, diese am gleichen Ort zu verbauen.

Wie bereits erwähnt, betrifft die Erfindung auch eine Insassenrückhaltevorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens. Eine solche

Insassenrückhaltevorrichtung weist zumindest einen Sicherheitsgurt, eine

Gurtbewegungseinrichtung und einen Gurt-Endbeschlag mit einem Gurtschloss auf.

Erfindungsgemäß ist die Insassenrückhaltevorrichtung nun derart hergerichtet, dass die Gurtbewegungseinrichtung mit wenigstens einem Elektromotor bewegungsmäßig gekoppelt ist und durch den Elektromotor in zwei entgegengesetzten Richtungen bewegbar ist. Auf diese Weise können durch die Insassenrückhaltevorrichtung die zwei zuvor beschriebenen Verfahrensphasen realisiert werden.

Um insbesondere die in der Incrash-Phase zugelassene Vorverlagerung kontrolliert erfolgen zu lassen, ist es äußerst zweckmäßig, wenn der Elektromotor mit der

Gurtbewegungseinrichtung bewegungsmäßig über ein selbsthemmendes Getriebe gekoppelt ist. Das selbsthemmende Getriebe kann beispielsweise in Form eines Schneckengetriebes ausgebildet sein.

In weiterer Ausbildung der Insassenrückhaltevorrichtung ist der Gurt-Endbeschlag durch eine pyrotechnische Einheit bewegbar. Hierdurch kann, wie bereits erwähnt, eine zusätzliche Sicherheit bereitgestellt werden.

Schließlich soll mit der Erfindung auch ein Kraftfahrzeug unter Schutz gestellt werden, welches wenigstens eine erfindungsgemäße Insassenrückhaltevorrichtung aufweist.

Ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in den Figuren dargestellt und wird anhand der Figuren in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. Dadurch werden auch noch weitere Vorteile der Erfindung deutlich. Gleiche Bezugszeichen, auch in unterschiedlichen Figuren, beziehen sich auf gleiche, vergleichbare oder funktional gleiche Bauteile. Dabei werden entsprechende oder vergleichbare Eigenschaften und Vorteile erreicht, auch wenn eine wiederholte Beschreibung oder Bezugnahme darauf nicht erfolgt. Die Figuren sind nicht immer maßstabsgetreu. In manchen Figuren können Proportionen übertrieben dargestellt sein, um Merkmale eines Ausführungsbeispiels deutlicher

hervorheben zu können.

Es zeigen, jeweils schematisch

Fig. 1 ein Kraftfahrzeug mit einer Insassenrückhaltevorrichtung, welche nach dem erfindungsgemäßen Verfahren arbeitet,

Fig. 2 eine weiter vereinfachte Darstellung gemäß Ansicht II aus Fig. 1 , in einer

Precrash-Phase,

Fig. 3 eine Darstellung vergleichbar mit Fig. 2, in einer Incrash-Phase und Fig. 4 die Darstellung eines zeitlichen Kräfteverlaufs der auf den Insassen wirkenden Gurtkraft.

Es wird auf die Fig. 1 bis 3 Bezug genommen.

In der Fig. 1 ist die Fahrgastzelle eines Kraftfahrzeugs K im Cockpitbereich dargestellt. Ein Insasse IN hat auf einem Fahrersitz Platz genommen, welcher ein Sitzkissen 4, eine

Sitzlehne 5 und eine Kopfstütze 6 aufweist.

Der Insasse IN ist durch eine Insassenrückhaltevorrichtung 1 gesichert und befindet sich in einer normalen Fahrposition vor einem Lenkrad 3 und einer Instrumententafel 2. Das

Lenkrad 3 ist mit einer angedeuteten, pyrotechnischen Airbageinrichtung 30 versehen.

Die Insassenrückhaltevorrichtung 1 umfasst als Komponenten einen als Drei-Punkt-Gurt ausgebildeten Sicherheitsgurt 10. Der Sicherheitsgurt 10 ist über eine Umlenkeinrichtung 11 mit einer fahrzeugfesten Gurtbewegungseinrichtung 12 verbunden.

Im Bereich des Beckens vom Insassen IN ist der Sicherheitsgurt 10 mit einem Gurt- Endbeschlag 16 verbunden.

Die Gurtbewegungseinrichtung 12 weist eine Gurtwickelvorrichtung 13 auf, welche um eine Drehachse D in zwei Drehrichtungen DR drehbar ist.

Die Drehachse D bzw. Welle der Gurtwickelvorrichtung 13 ist mit einem Elektromotor 15 bewegungsmäßig über ein zwischengeschaltetes, selbsthemmendes Getriebe 14

verbunden. Das Getriebe 14 kann als Schneckengetriebe ausgebildet sein.

Der Elektromotor 15 kann in zwei entgegengesetzte Drehrichtungen DR angetrieben werden, so dass durch die Gurtwickelvorrichtung 13 der Sicherheitsgurt 10 in einer Richtung R1 aufgewickelt, also gestrafft oder in einer Richtung R2 abgewickelt werden kann.

Der Gurt-Endbeschlag 16 umfasst ferner ein Gurtschloss 17, in das eine Gurtzunge 18 des Sicherheitsgurtes 10 eingesteckt und somit gesichert werden kann. Der Gurt-Endbeschlag 16 kann vorzugsweise zusätzlich noch mit einem pyrotechnischen Endbeschlagstraffer 19 versehen sein, mit dessen Hilfe der Gurt-Endbeschlag 16 in eine Richtung R3 nach unten bewegt werden und somit ebenfalls den Sicherheitsgurt 10 straffen kann. Ferner ist eine Auswerte- und Steuereinheit 20 angedeutet, welche über Signal- und Steuerleitungen S sowohl den Elektromotor 15 als auch den pyrotechnischen

Endbeschlagstraffer 19 ansteuern kann.

Die Auswerte- und Steuereinheit 20 ist ferner signaltechnisch mit einer Umfeldsensorik 21 , einer Beschleunigungssensorik 22 und einer Insassenerkennung 23 verbunden.

Die Umfeldsensorik 21 kann beispielsweise Kamerasysteme, Radarsysteme und/oder Ultraschallsensoren beinhalten. Die Umfeldsensorik 21 dient dazu, das Umfeld des Kraftfahrzeugs K, beispielsweise potentielle Kollisionshindernisse, zu erfassen.

Die Beschleunigungssensorik 22 umfasst Beschleunigungssensoren, welche

Beschleunigungen erfassen können, die auf einen Aufprall beziehungsweise Crash des Kraftfahrzeugs K hinweisen können. Beispielsweise können durch die

Beschleunigungssensorik 22 Längs-, Quer-, Roll- und Gierbeschleunigungen gemessen werden.

Das Kraftfahrzeug K bewegt sich im vorliegenden Ausführungsbeispiel mit der

Fahrzeuggeschwindigkeit v auf ein fahrzeugfremdes Objekt O zu.

Wird nun durch die Auswerte- und Steuereinheit 20 auf Grund der Signale 21 der

Umfeldsensorik 21 festgestellt, dass ein Aufprall auf das Objekt O als unvermeidbar erscheint, so wird durch die Auswerte- und Steuereinheit 20 ein entsprechendes

Steuersignal an den Elektromotor 15 (als eine Komponente der

Insassenrückhaltevorrichtung 1 ) ausgegeben.

Das Steuersignal ist derart gestaltet, dass dadurch der Elektromotor 15 in eine solche Drehrichtung DR dreht, dass der Sicherheitsgurt 10 in die Richtung R1 aufgewickelt und damit gestrafft wird.

Auf diese Weise werden eventuell bestehende Gurtlosen zwischen dem Insassen IN und dem Sicherheitsgurt 10 zunächst beseitigt und der Insasse IN wird zusätzlich durch den Sicherheitsgurt 10 gegen die Sitzlehne 5 in eine stabile Sitzposition gezogen.

Wird anschließend von der Auswerte- und Steuereinheit 20 auf Grund der Signale der Beschleunigungssensorik 22 ein erfolgter Aufprall des Kraftfahrzeugs K auf das Objekt detektiert, so steuert die Auswerte- und Steuereinheit 20 den Elektromotor 15 in entgegengesetzter Drehrichtung DR an. Dies führt dazu, dass die Gurtwickelvorrichtung 13 den Sicherheitsgurt 10 in Richtung R2 abwickelt und somit zumindest ein Stück weit wieder frei gibt. Dies soll später noch anhand der Fig. 2 und 3 näher erläutert werden.

Die Freigabe des Sicherheitsgurtes 10, also die Abwicklung in Richtung R2 kann auf Grund des selbsthemmenden Getriebes 14 kontrolliert erfolgen.

Wirkt also bei einem Aufprall, bedingt durch die Massenträgheitskraft des Insassen IN eine Kraft auf den Sicherheitsgurt 10 in Richtung R2, so wird die Abwicklung des

Sicherheitsgurtes 10 in Richtung R2 bis zu einem bestimmten Maximalwert einer

Wegstrecke kontrolliert freigegeben.

In der beschriebenen Precrash-Phase, bei dem der Sicherheitsgurt 10 in Richtung R1 aufgewickelt wird, erfolgt ständig die Überwachung des von einer Spannungsquelle 7 zum Elektromotor 15 fließenden Stroms durch eine Strommesseinrichtung 24. Über die Messung des Stroms kann auf die Höhe der auf den Insassen IN durch den Sicherheitsgurt 10 wirkenden Gurtkraft geschlossen werden. Diese soll in der Precrash-Phase zu keinem Zeitpunkt einen bestimmten Gradienten und/oder einen Maximalwert übersteigen, wie später noch erläutert wird.

Hingegen erfolgt in der Incrash-Phase, also bei Abwicklung des Sicherheitsgurtes 10 in Richtung R2 eine ständige Überwachung des abgewickelten Weges durch einen mit dem Elektromotor 15 signaltechnisch verbundenen Drehwinkelsensor 25.

Es sei darauf hingewiesen, dass bei Elektrofahrzeugen als Spannungsquelle 7 vorteilhaft eine Nutzung des Hochvolt-Bordnetzes, also der Traktionsbatterie erfolgen kann, um eine höhere Leistung des Elektromotors 15 auch mit geringeren Strömen und Kabelquerschnitten zu ermöglichen.

Anhand der Fig. 2 soll nun noch einmal die Precrash-Phase näher erläutert werden.

Wie bereits beschrieben, erfolgt nach Erkennung eines unvermeidbaren Aufpralls auf das Objekt O eine Straffung des Sicherheitsgurtes 10 in Richtung R1. Dabei wird der Insasse vom Sicherheitsgurt 10 in eine Richtung R5, also in Richtung auf die Sitzlehne 5 gezogen. Dabei wirkt auf den Insassen IN eine Gurtkraft F1 , welche entgegen einer zu erwartenden, aufprallbedingten Vorverlagerungsrichtung R4 gerichtet ist. Hierbei soll der Elektromotor 15 so angesteuert werden, dass der Gradient (der Anstieg) oder das Maximum der Gurtkraft F1 zu keinem Zeitpunkt einen bestimmten Wert übersteigt.

In der in Fig. 3 gezeigten Incrash-Phase wird aufgrund der Daten der

Beschleunigungssensorik 22 bereits ein Aufprall auf das Objekt O detektiert. Dies führt dazu, dass die pyrotechnische Airbageinrichtung 30 durch die Auswerte- und Steuereinheit 20 derart angesteuert wird, dass ein Airbag 31 gezündet wird und aus dem Lenkrad 3 in Richtung des Insassen IN heraustritt.

Bedingt durch die Masse des Insassen IN wirkt eine Trägheitskraft F2 auf den Insassen IN. Damit die durch den Sicherheitsgurt 10 auf den Insassen IN wirkende Reaktionskraft nicht zu groß wird, erfolgt in kontrollierter Weise eine Abwicklung des Sicherheitsgurtes 10 in

Richtung R2 derart, dass eine Vorverlagerung des Insassen IN in Richtung R4 über eine Wegstrecke I möglich ist. Mit IN' und IN“ sind bereits vorverlagerte Positionen des Insassen IN angedeutet.

Anhand von Daten der Beschleunigungssensorik 22, welche über die erfolgte Schwere des Aufpralls Aufschlüsse geben, und auch anhand von Daten der Insassenerkennung 23 wird unter Berücksichtigung der Position des Insassen IN, also der Position des Sitzkissens 4 und der Sitzlehne 5 sowie des Aufblasweges vom Airbag 31 eine maximal verfügbare

Wegstrecke Imax (maximaler ausnutzbarer Vorverlagerungsweg) berechnet.

Der berechnete Vorverlagerungsweg Imax wird während der Incrash-Phase

zweckmäßigerweise voll ausgenutzt und über diesen Weg erfolgt dementsprechend auch eine kontrollierte Abwicklung des Sicherheitsgurtes 10 in Richtung R2.

Somit ist auch in der Incrash-Phase eine maximale Schonung des Insassen bei maximaler Sicherheit gewährleistet.

Wie erwähnt, wird in der Incrash-Phase gemäß Fig. 2 bei Aufwicklung des Sicherheitsgurtes 10 in Richtung R1 ständig die Stromaufnahme des Elektromotors 15 überwacht und dadurch die auf den Insassen IN wirkende Gurtkraft F1 kontrolliert. Dies erfolgt vorteilhaft auch unter Zuhilfenahme von Daten der Umfeldsensorik 21 über die zu erwartende Aufprallschwere (Relativgeschwindigkeit zum Objekt O, Masse des Objektes O, Überdeckung zum Objekt O und dergleichen). Gleichfalls kann in der Precrash-Phase auch die Insassenerkennung 23 genutzt werden, um Daten über die Position, das Gewicht, die Größe und den Gurtanschnallstatus des Insassen an die Auswerte- und Steuereinheit 20 liefern und das Kraftniveau der Gurtkraft F1 auch in Abhängigkeit dieser Daten kontrollieren zu können.

Falls ein unvermeidbarer Aufprall auf das Objekt O ausnahmsweise durch die

Umfeldsensorik 21 nicht oder verspätet erkannt wurde, dient als Rückfallposition der bereits erwähnte, pyrotechnische Endbeschlagstraffer 19. Bei erkanntem Aufprall auf das Objekt O wird der pyrotechnische Endbeschlagstraffer 19 derart angesteuert, dass trotzdem noch eine Straffung des Sicherheitsgurtes 10 in Richtung R3 (vergleiche Fig. 1 ) möglich wird.

Zusammenfassend und abschließend soll das Verfahren nochmals anhand der Fig. 4 kurz dargestellt werden. Darin ist ein Kraftverlauf F 1 (t) der Gurtkraft F1 über die Zeit t

aufgetragen. Analog verhält sich der Verlauf einer Stromaufnahme des Elektromotors 15 über die Zeit t.

Zu einem Zeitpunkt TO erfolgt der Aufprall des Kraftfahrzeugs K mit dem Objekt O. Bereits zu einem Zeitpunkt T0-6t erfolgte durch die Umfeldsensorik 21 die Erkennung eines als unvermeidbar erscheinenden Aufpralls mit dem Objekt O. Die Phase vom Zeitpunkt T0-6t bis zum Zeitpunkt TO soll als Verfahrensphase 1 (Precrash-Phase) bezeichnet werden. Der Zeitraum vom Zeitpunkt TO bis zum Zeitpunkt TO+t soll als Verfahrensphase 2 (Incrash- Phase) bezeichnet werden.

Es fällt auf, dass das Verfahren derart durchgeführt wird, dass die Verfahrensphase V1 um ein Mehrfaches länger ausgebildet ist als die Verfahrensphase V2 (nur zeichnerisch nicht dargestellt). Vorzugsweise ist die Verfahrensphase V1 in etwa um ein 6-Faches länger bemessen als die Zeitdauer der Verfahrensphase V2. Abweichend vom Ausführungsbeispiel sind auch andere Verhältnisse der zeitdauern denkbar. Beispielsweise ist auch eine in etwa gleiche Zeitdauer der Verfahrensphasen V1 und V2 durchaus möglich.

Durch die zeitliche Ausdehnung der Precrash-Phase V1 im Vergleich zur herkömmlichen Verfahrensweise können frühzeitig Gurtlose und eine Vorverlagerung des Insassen IN reduziert werden. Insbesondere kann mit geringerem Leistungseinsatz über eine längere Wirkdauer eine Ankopplung des Insassen IN an das Kraftfahrzeug K erreicht werden. Der Leistungseinsatz entspricht dabei der Wirkung eines über einen sehr kurzen Zeitraum wirkenden, pyrotechnischen Gurtstraffers. Allerdings kann durch den längeren Zeitraum die Gurtstraffung für den Insassen IN sehr viel schonender gestaltet werden. Zudem ist durch den Einsatz des Elektromotors 15 und damit der reversiblen Ausprägung der Verfahrensphase V1 jederzeit eine Rücknahme der Auslöseentscheidung, also der Gurtaufwicklung (Gurtstraffung) möglich, beispielsweise wenn auf Basis der Umfeldsensorik 21 ein Ausbleiben eines Aufpralls mit dem Objekt O detektiert wird.

Während der Verfahrensphase V1 wird andauernd die Stromaufnahme des Elektromotors 15 kontrolliert und damit sichergestellt, dass der in dieser Phase ansteigende Kraftverlauf F 1 (t) einen bestimmten Kraftgradienten G nicht überschreitet. Der Kraftgradient G, also hier die Zunahme der Gurtkraft F1 ist durch das Verhältnis von AF zu At bestimmt. In der

Verfahrensphase V1 erfolgt also ein kraftgesteuerter Einzug des Sicherheitsgurtes 10.

In der Verfahrensphase V2 hingegen erfolgt keine Überwachung der Gurtkraft F1 mehr. Hier erfolgt eine Einstellung der auf den Insassen IN wirkenden Gurtkraft F1 ausschließlich durch die kontrollierte Abwicklung des Sicherheitsgurtes 10 über eine vorbestimmte Wegstrecke hinweg. Die Verfahrensphase V2 ist also durch eine Wegsteuerung gekennzeichnet.

Hierdurch ist sichergestellt, dass auch in der Verfahrensphase V2 die Gurtkraft F1 einen bestimmten Kraftgradienten G sowie einen Grenzwert eines Kraftmaximums Fmax nicht überschreitet.

Bezugszeichenliste

1 Insassenrückhaltevorrichtung

Instrumententafel

Lenkrad

Sitzkissen

Sitzlehne

Kopfstütze

Spannungsquelle

10 Sicherheitsgurt

1 1 Umlenkeinrichtung

12 Gurtbewegungseinrichtung

13 Gurtwickelvorrichtung

14 selbsthemmendes Getriebe

15 Elektromotor

16 Gurt-Endbeschlag

17 Gurtschloss

18 Gurtzunge

19 pyrotechnischer Endbeschlagstraffer

20 Auswerte- und Steuereinheit

21 Umfeldsensorik

22 Beschleunigungssensorik

23 Insassenerkennung

24 Strommesseinrichtung

25 Drehwinkelsensor

30 pyrotechnische Airbageinrichtung

31 Airbag

D Drehachse

DR Drehrichtung

F1 Gurtkraft

F2 Trägheitskraft

F 1 (t) Kraftverlauf der Gurtkraft

Fmax Kraftmaximum G Kraftgradient

IN, IN“, IN“ Insasse

K Kraftfahrzeug

I Wegstrecke einer Vorverlagerung

Imax maximaler verfügbarer Vorverlagerungsweg

O fahrzeugfremdes Objekt

R1-R5 Richtungen

S Signal- und Steuerleitungen

t Zeit

TO Zeitpunkt des Aufpralls

v Fahrzeuggeschwindigkeit

V1 Verfahrensphase 1 (Precrash-Phase)

V2 Verfahrensphase 2 (Incrash-Phase)

AF delta F

At delta t