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Title:
METHOD AND APPARATUS FOR OPTIMIZING SPECTACLE LENSES, IN PARTICULAR FOR WEARERS OF IMPLANTED INTRAOCULAR LENSES
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2021/001451
Kind Code:
A1
Abstract:
The present invention relates to a computer-implemented method for ascertaining relevant individual parameters of at least one eye of a spectacle wearer for the purposes of calculating or optimizing an ophthalmic lens for the at least one eye of the spectacle wearer, comprising the steps of: providing individual data of properties of the at least one eye of the spectacle wearer; constructing an individual eye model by defining a set of parameters of the individual eye model; and determining a probability distribution of values of the parameters of the individual eye model on the basis of the individual data.

Inventors:
TRUMM STEPHAN (DE)
BECKEN WOLFGANG (DE)
MUSCHIELOK ADAM (DE)
SEIDEMANN ANNE (DE)
ALTHEIMER HELMUT (DE)
ESSER GREGOR (DE)
Application Number:
PCT/EP2020/068571
Publication Date:
January 07, 2021
Filing Date:
July 01, 2020
Export Citation:
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Assignee:
RODENSTOCK GMBH (DE)
International Classes:
G02C7/02; A61B3/00; A61B3/10
Domestic Patent References:
WO2002088830A12002-11-07
WO2003022137A22003-03-20
WO2008089999A12008-07-31
WO2018138140A22018-08-02
WO2013104548A12013-07-18
WO2013087212A12013-06-20
Foreign References:
DE102017007975A12018-08-02
EP3355098A12018-08-01
DE102013020706A12015-06-11
DE10313275A12004-10-14
DE102017007975A12018-08-02
DE102017007974A12018-08-02
Other References:
D. S. SIVIA: "Data Analysis - A Bayesian Tutorial", 2006, OXFORD UNIVERSITY PRESS
E. T. JAYNES: "Probability Theory", 2003, CAMBRIDGE UNIVERSITY PRESS
Attorney, Agent or Firm:
MÜLLER-BORÉ & PARTNER PATENTANWÄLTE PARTG MBB (DE)
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Claims:
Patentansprüche

1. Computerimplementiertes Verfahren zum Ermitteln relevanter individueller Parameter zumindest eines Auges eines Brillenträgers für die Berechnung oder Optimierung einer ophthalmischen Linse für das zumindest eine Auge des Brillenträgers, umfassend die Schritte:

Bereitstellen von individuellen Daten von Eigenschaften des zumindest einen Auges des Brillenträgers;

Konstruieren eines individuellen Augenmodells durch Definieren eines Satzes von Parametern des individuellen Augenmodells; und

Bestimmen einer Wahrscheinlichkeitsverteilung von Werten der

Parameter des individuellen Augenmodells auf Basis der individuellen Daten.

2. Computerimplementiertes Verfahren nach Anspruch 1 , wobei:

das Konstruieren eines individuellen Augenmodells ein Bereitstellen einer initialen Wahrscheinlichkeitsverteilung der Parameter des Augenmodells umfasst; und

das Bestimmen einer Wahrscheinlichkeitsverteilung von Werten der

Parameter des individuellen Augenmodells ferner auf Basis der initialen Wahrscheinlichkeitsverteilung von Parametern des Augenmodells erfolgt.

3. Computerimplementiertes Verfahren nach Anspruch 1 oder 2 wobei das Konstruieren eines individuellen Augenmodells und/oder das Bestimmen einer Wahrscheinlichkeitsverteilung von Werten der Parameter des Augenmodells unter Verwendung einer Bayes-Statistik erfolgt.

4. Computerimplementiertes Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche, wobei das Bestimmen einer Wahrscheinlichkeitsverteilung von Werten der Parameter des individuellen Augenmodells ein Berechnen eines Konsistenzmaßes umfasst, wobei als Konsistenzmaß insbesondere das Produkt der Wahrscheinlichkeit oder Wahrscheinlichkeitsdichte der individuellen Daten bei gegebenen Parametern des individuellen Augenmodells mit der Wahrscheinlichkeit oder Wahrscheinlichkeitsdichte der Parameter des individuellen Augenmodells, insbesondere bei gegebenem Hintergrundwissen, verwendet wird.

5. Computerimplementiertes Verfahren nach einem der vorangehenden

Ansprüche, ferner umfassend die Schritte:

Berechnen einer Wahrscheinlichkeitsverteilung von Parametern der zu berechnenden oder optimierenden ophthalmischen Linse unter Verwendung zumindest eines Parameters des individuellen Augenmodells; und vorzugsweise

Bestimmen von wahrscheinlichsten Werten der Parameter der zu berechnenden oder optimierenden ophthalmischen Linse.

6. Computerimplementiertes Verfahren nach einem der vorangehenden

Ansprüche, wobei:

das Bereitstellen von individuellen Daten ein Bereitstellen von individuellen Refraktionsdaten des zumindest einen Auges des Brillenträgers umfasst; und

das Konstruieren eines individuellen Augenmodells ein Festlegen eines individuellen Augenmodells, in welchem zumindest

- eine Form und/oder Wirkung einer Hornhaut, insbesondere einer

Hornhautvorderfläche (18), eines Modellauges (12); und/oder

- ein Hornhaut-Linsen-Abstand; und/oder

- Parameter der Linse des Modellauges; und/oder

- ein Linsen-Netzhaut-Abstand; und/oder

- eine Größe der Eintrittspupille; und/oder

- eine Größe und/oder Position einer physikalischen Aperturblende insbesondere anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers und/oder von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten festgelegt werden;

und wobei das Verfahren ferner umfasst:

Durchführen einer Konsistenzprüfung des festgelegten Augenmodells mit den bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten, und

Auflösen etwaiger Inkonsistenzen, insbesondere mit Hilfe von analytischen und/oder numerischen und/oder probabilistischen Verfahren.

7. Computerimplementiertes Verfahren nach Anspruch 6, wobei das Auflösen etwaiger Inkonsistenzen dadurch erfolgt, dass:

ein oder mehrere Parameter des Augenmodells angepasst werden, wobei vorzugsweise eine Anpassung von mehreren Parametern des Augenmodells vorgenommen und die Anpassung auf die mehreren Parameter des Augenmodells aufgeteilt wird; und/oder

zumindest ein neuer Parameter zum Augenmodell hinzugefügt und derart festgelegt wird, dass das Augenmodell konsistent wird; und/oder

eine Zielwirkung der ophthalmischen Linse angepasst wird.

8. Computerimplementiertes Verfahren zum Berechnen oder Optimieren einer ophthalmischen Linse für zumindest ein Auge eines Brillenträgers umfassend:

ein Verfahren zum Ermitteln relevanter individueller Parameter des zumindest einen Auges des Brillenträgers gemäß einem der vorangehenden Ansprüche;

Vorgeben einer ersten Fläche (14) und einer zweiten Fläche (16) für die zu berechnende bzw. optimierende ophthalmische Linse;

Ermitteln des Verlaufs eines Hauptstrahls (10) durch zumindest einen Durchblickspunkt (/) zumindest einer zu berechnenden oder optimierenden Fläche (14; 16) der ophthalmischen Linse in das Modellauge (12);

Auswerten einer Aberration einer entlang des Hauptstrahls aus einer auf die erste Fläche der ophthalmischen Linse auftreffenden sphärischen Wellenfront resultierenden Wellenfront an einer Bewertungsfläche im Vergleich zu einer in einem Punkt auf der Netzhaut des Augenmodells konvergierenden Wellenfront;

iteratives Variieren der zumindest einen zu berechnenden oder optimierenden Fläche (14; 16) der ophthalmischen Linse bis die ausgewertete Aberration einer vorgegebenen Sollaberration entspricht.

9. Verfahren zum Herstellen einer ophthalmischen Linse, umfassend:

Berechnen oder Optimieren einer ophthalmischen Linse nach dem Verfahren zum Berechnen oder Optimieren einer ophthalmischen Linse gemäß Anspruch 8; und

Fertigen der so berechneten oder optimierten ophthalmischen Linse.

10. Vorrichtung zum Ermitteln relevanter individueller Parameter zumindest eines Auges eines Brillenträgers für die Berechnung oder Optimierung einer ophthalmischen Linse für das zumindest eine Auge des Brillenträgers, umfassend:

zumindest eine Datenschnittstelle zum Bereitstellen von individuellen Daten von Eigenschaften des zumindest einen Auges des Brillenträgers; und

ein Modellierungsmodul zum Modellieren und/oder Konstruieren eines individuellen Augenmodells durch Definieren eines Satzes von Parametern des individuellen Augenmodells; wobei

das Modellierungsmodul ausgelegt ist, eine Wahrscheinlichkeitsverteilung von Werten der Parameter des individuellen Augenmodells auf Basis der individuellen Daten zu bestimmen.

11. Vorrichtung nach Anspruch 10, wobei:

das Bereitstellen von individuellen Daten ein Bereitstellen von individuellen Refraktionsdaten des zumindest einen Auges des Brillenträgers umfasst; und

das Konstruieren eines individuellen Augenmodells ein Festlegen eines individuellen Augenmodells, in welchem zumindest

- eine Form und/oder Wirkung einer Hornhaut, insbesondere einer

Hornhautvorderfläche (18), eines Modellauges (12); und/oder

- ein Hornhaut-Linsen-Abstand; und/oder

- Parameter der Linse des Modellauges; und/oder

- ein Linsen-Netzhaut-Abstand; und/oder

- eine Größe der Eintrittspupille; und/oder

- eine Größe und/oder Position einer physikalischen Aperturblende insbesondere anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers und/oder von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten festgelegt werden;

und wobei das Modellierungsmodul ausgelegt ist, eine Konsistenzprüfung des festgelegten Augenmodells mit den bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten durchzuführen und etwaige Inkonsistenzen, insbesondere mit Hilfe von analytischen und/oder probabilistischen Verfahren, aufzulösen.

12. Vorrichtung zum Berechnen oder Optimieren einer ophthalmischen Linse für zumindest ein Auge eines Brillenträgers umfassend:

eine Vorrichtung zum Ermitteln relevanter individueller Parameter des zumindest einen Auges des Brillenträgers gemäß Anspruch 10 oder 11 ;

eine Flächenmodelldatenbank zum Vorgeben einer ersten Fläche (14) und einer zweiten Fläche (16) für die zu berechnende bzw. optimierende ophthalmische Linse;

ein Hauptstrahlermittlungsmodul zum Ermitteln des Verlaufs eines Hauptstrahls (10) durch zumindest einen Durchblickspunkt (/) zumindest einer zu berechnenden oder optimierenden Fläche (14; 16) der ophthalmischen Linse in das Modellauge (12);

ein Auswertemodul zum Auswerten einer Aberration einer entlang des Hauptstrahls aus einer auf die erste Fläche der ophthalmischen Linse auftreffenden sphärischen Wellenfront resultierenden Wellenfront an einer Bewertungsfläche im Vergleich zu einer in einem Punkt auf der Netzhaut des Augenmodells konvergierenden Wellenfront; und

ein Optimierungsmodul zum iterativen Variieren der zumindest einen zu berechnenden oder optimierenden Fläche (14; 16) der ophthalmischen Linse, bis die ausgewertete Aberration einer vorgegebenen Sollaberration entspricht.

13. Vorrichtung zum Herstellen einer ophthalmischen Linse, umfassend:

Berechnungs- oder Optimierungsmittel, welche ausgelegt sind, die ophthalmische Linse nach einem Verfahren zum Berechnen oder Optimieren einer ophthalmischen Linse gemäß Anspruch 8 zu berechnen oder zu optimieren; und Bearbeitungsmittel, welche ausgelegt sind, die ophthalmische Linse gemäß dem Ergebnis der Berechnung bzw. Optimierung zu bearbeiten.

14. Computerprogrammerzeugnis, welches Programmcode enthält, der ausgelegt ist, wenn geladen und ausgeführt auf einem Computer, ein Verfahren zum Ermitteln relevanter individueller Parameter zumindest eines Auges eines Brillenträgers gemäß einem der Ansprüche 1 bis 7 und/oder ein Verfahren zum Berechnen oder Optimieren einer ophthalmischen Linse gemäß Anspruch 8 durchzuführen.

15. Ophthalmische Linse, insbesondere Brillenglas, welches durch ein Verfahren gemäß Anspruch 9 und/oder mittels einer Vorrichtung gemäß Anspruch 13 hergestellt wurde.

Description:
VERFAHREN UND VORRICHTUNG ZUR OPTIMIERUNG VON BRILLENGLÄSERN, INSBESONDERE FÜR TRÄGER VON IMPLANTIERTEN INTRAOKULARLINSEN

Beschreibung

Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren, eine Vorrichtung und ein entsprechendes Computerprogrammerzeugnis zum Ermitteln relevanter individueller Parameter zumindest eines Auges eines Brillenträgers für die Berechnung oder Optimierung eines Brillenglases für das zumindest eine Auge des Brillenträgers bzw. ein entsprechendes Verfahren, eine Vorrichtung und ein Computerprogramm erzeugnis zur Berechnung (Optimierung) und Herstellung eines Brillenglases mit Hilfe eines teilweise individuellen Augenmodells. Insbesondere weist das zumindest eine Auge des Brillenträgers eine implantierte Intraokularlinse (IOL) auf. Beispielsweise kann im Rahmen einer Operation anstelle oder zusätzlich zu der natürlichen Augenlinse eine Intraokularlinse in das zumindest eine Auge implantiert worden sein. Mit anderen Worten kann es sich bei dem Brillenträger insbesondere um einen Träger einer implantierten Intraokularlinse handeln. Ferner betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren, eine Vorrichtung und ein entsprechendes Computerprogramm erzeugnis zur Berechnung (Optimierung) und Herstellung eines Brillenglases, insbesondere für einen Träger einer implantierten Intraokularlinse, mit Hilfe eines teilweise individuellen Augenmodells.

Für die Herstellung bzw. Optimierung von Brillengläsern, insbesondere von individuellen Brillengläsern wird jedes Brillenglas so gefertigt, dass für jede gewünschte Blickrichtung oder jeden gewünschten Objektpunkt eine möglichst gute Korrektur eines Refraktionsfehlers des jeweiligen Auges des Brillenträgers erreicht wird. Im Allgemeinen gilt ein Brillenglas für eine gegebene Blickrichtung dann als vollkorrigierend, wenn die Werte für Sphäre, Zylinder und Achse der Wellenfront beim Passieren der Scheitelpunktkugel mit den Werten für Sphäre, Zylinder und Achse der Verordnung für das fehlsichtige Auge übereinstimmen. Bei der Refraktions bestimmung für ein Auge eines Brillenträgers werden dioptrische Werte (insbesondere Sphäre, Zylinder, Achslage - also insbesondere sphäro-zylindrische Abweichungen) für eine weite (in der Regel unendliche) Entfernung und gegebenenfalls (für Mehrstärkengläser bzw. Gleitsichtgläser) eine Addition oder eine vollständige Nahrefraktion für eine nahe Entfernung (z.B. nach DIN 58208) bestimmt. Bei modernen Brillengläsern können zusätzlich auch von der Norm abweichende Objektentfernungen, die bei der Refraktionsbestimmung verwendet wurden, angegeben werden. Damit ist die Verordnung (insbesondere Sphäre, Zylinder, Achslage und gegebenenfalls Addition oder Nahrefraktion) festgelegt, die an einen Brillenglashersteller übermittelt wird. Kenntnisse über eine spezielle bzw. individuelle Anatomie des jeweiligen Auges oder die tatsächlich im Einzelfall vorliegenden Brechwerte des fehlsichtigen Auges sind dafür nicht erforderlich.

Eine vollständige Korrektur für alle Blickrichtungen gleichzeitig ist aber im Normalfall nicht möglich. Daher werden die Brillengläser derart gefertigt, dass sie vor allem in den hauptsächlichen Nutzungsbereichen, insbesondere in den zentralen Durchblicks bereichen eine gute Korrektur von Fehlsichtigkeiten des Auges und nur geringe Abbildungsfehler bewirken, während in peripheren Bereichen größere Abbildungs fehler zugelassen werden.

Um ein Brillenglas derart fertigen zu können, erfolgt zunächst eine Berechnung der Brillenglasflächen bzw. zumindest einer der Brillenglasflächen derart, dass dadurch die gewünschte Verteilung der unvermeidlichen Abbildungsfehler bewirkt wird. Diese Berechnung und Optimierung erfolgt üblicherweise mittels eines iterativen Variationsverfahrens durch Minimieren einer Zielfunktion. Als Zielfunktion wird insbesondere eine Funktion F mit folgendem funktionalen Zusammenhang zur sphärischen Wirkung S, zum Betrag der zylindrischen Wirkung Z und zur Achslage des Zylinders a (auch als“SZA”-Kombination bezeichnet) berücksichtigt und minimiert: Dabei werden in der Zielfunktion F an den Bewertungsstellen / des Brillenglases zumindest die tatsächlichen Refraktionsdefizite der sphärischen Wirkung SA und der zylindrischen Wirkung ZA;, sowie Sollvorgaben für die Refraktionsdefizite der sphärischen Wirkung SA ,SOII und der zylindrischen Wrkung ZA;SOII berücksichtigt.

Bereits in DE 103 13 275 wurde erkannt, dass es vorteilhaft ist, die Sollvorgaben nicht als absolute Werte der zu optimierenden Eigenschaften sondern als deren Abweichungen von der Verordnung, also als geforderte lokale Fehlanpassung anzugeben. Dies hat den Vorteil, dass die Sollvorgaben unabhängig von der Verordnung ( Sph y , Zyl v , Achse v , Pr v , B v ) sind und die Sollvorgaben nicht für jede individuelle Verordnung geändert werden müssen. Als “Ist” -Werte der zu optimierenden Eigenschaften fließen in die Zielfunktion somit auch nicht absolute Werte dieser optischen Eigenschaften, sondern die Abweichungen von der Verordnung ein. Dies hat den Vorteil, dass die Sollvorgaben unabhängig von der Verordnung vorgegeben werden können und nicht für jede individuelle Verordnung geändert werden müssen.

Die jeweiligen Refraktionsdefizite an den jeweiligen Bewertungsstellen werden vorzugsweise mit Gewichtungsfaktoren g, : sA bzw. g, : zA berücksichtigt. Dabei bilden die Sollvorgaben für die Refraktionsdefizite der sphärischen Wrkung SA;,,SOII und/oder der zylindrischen Wirkung ZAJ,SOII insbesondere zusammen mit den Gewichtungsfaktoren g,,sA bzw. g,zA das sogenannte Brillenglasdesign. Darüber hinaus können insbesondere auch weitere Residuen, insbesondere weitere zu optimierende Größen, wie z.B. Koma und/oder sphärische Aberration und/oder Prisma und/oder Vergrößerung und/oder anamorphotische Verzerrung, usw., berücksichtigt werden, was insbesondere durch den Ausdruck“+...” in der oben genannten Formel für die Zielfunktion F angedeutet ist.

In manchen Fällen kann es zu einer deutlichen Verbesserung insbesondere einer individuellen Anpassung eines Brillenglases beitragen, wenn bei der Optimierung des Brillenglases nicht nur Abbildungsfehler bis zur zweiten Ordnung (Sphäre, Betrag des Astigmatismus und Achslage), sondern auch höherer Ordnung (z.B. Koma, Dreiblattfehler, sphärische Aberration) berücksichtigt werden.

Es ist aus dem Stand der Technik bekannt, für optische Elemente und insbesondere für Brillengläser, die durch mindestens zwei brechende, refraktive Grenzflächen begrenzt sind, die Form einer Wellenfront zu bestimmen. Dies kann beispielsweise durch numerische Berechnung einer ausreichenden Anzahl an Nachbarstrahlen erfolgen, verbunden mit einem anschließenden Fit der Wellenfront durch Zernike- Polynome. Ein anderer Ansatz beruht auf einer lokalen Wellenfrontdurchrechnung bei der Refraktion (siehe WO 2008/089999 A1 ). Hierbei wird pro Durchblickpunkt nur ein einziger Strahl berechnet (der Hauptstrahl) und begleitend die Ableitungen der Pfeilhöhen der Wellenfront nach den transversalen (zum Hauptstrahl senkrechten) Koordinaten. Diese Ableitungen können bis zu einer bestimmten Ordnung gebildet werden, wobei die zweiten Ableitungen die lokalen Krümmungseigenschaften der Wellenfront (wie z.B. Brechwert, Astigmatismus) beschreiben und die höheren Ableitungen mit den Abbildungsfehlern höherer Ordnung Zusammenhängen.

Bei einer Durchrechnung von Licht durch ein Brillenglas werden die lokalen Ableitungen der Wellenfronten an einer geeigneten Position im Strahlverlauf berechnet, um sie dort mit erwünschten Werten, die aus der Refraktion des Brillenglasträgers hervorgehen, zu vergleichen. Als solche Position, an der eine Auswertung der Wellenfronten stattfindet, wird in der Regel die Scheitelpunktkugel oder beispielsweise die Hauptebene des Auges bei der entsprechenden Blickrichtung herangezogen. Dabei wird angenommen, dass eine sphärische Wellenfront vom Objektpunkt ausgeht und bis zur ersten Brillenglasfläche propagiert. Dort wird die Wellenfront gebrochen und propagiert anschließend zur zweiten Brillenglasfläche, wo sie wieder gebrochen wird. Die letzte Propagation findet dann von der zweiten Grenzfläche bis zur Scheitelpunktkugel (oder der Hauptebene des Auges) statt, wo die Wellenfront mit vorgegebenen Werten für die Korrektion der Refraktion des Auges des Brillenträgers verglichen wird. Um diesen Vergleich auf Basis der ermittelten Refraktionsdaten des jeweiligen Auges durchzuführen, wird der Auswertung der Wellenfront an der Scheitelpunktkugel ein etabliertes Modell des fehlsichtigen Auges unterstellt, in welchem einem rechtsichtigen Grundauge eine Fehlsichtigkeit (Refraktionsdefizit) überlagert wird. Dies hat sich besonders bewährt, da hierfür weitergehende Kenntnisse über die Anatomie bzw. Optik des jeweiligen Auges (z.B. Verteilung der Brechwerte, Augenlänge, Längenametropie und/oder Brechwertametropie) nicht erforderlich sind. Ausführliche Beschreibungen dieses Modells aus Brillenglas und Refraktionsdefizit sind beispielsweise in Dr. Roland Enders “Die Optik des Auges und der Sehhilfen”, Optische Fachveröffentlichung GmbH, Heidelberg, 1995, Seiten 25 ff. und in Diepes, Blendowske„Optik und Technik der Brille“, Optische Fachveröffentlichung GmbH, Heidelberg, 2002, Seiten 47 ff. enthalten. Als bewährtes Modell wird insbesondere das darin beschriebene Korrektionsmodell nach REINER verwendet.

Dabei wird als Refraktionsdefizit der Mangel oder der Überschuss an Brechwert des optischen Systems des fehlsichtigen Auges im Vergleich zu einem gleich langen rechtsichtigen Auge (Restauge) angesehen. Der Brechwert des Refraktionsdefizits ist insbesondere annähernd gleich der Fernpunktrefraktion mit negativem Vorzeichen. Für eine vollständige Korrektur der Fehlsichtigkeit bilden das Brillenglas und das Refraktionsdefizit zusammen ein Fernrohrsystem (afokales System). Das Restauge (fehlsichtiges Auge ohne eingefügtes Refraktionsdefizit) wird als rechtsichtig angenommen. Ein Brillenglas gilt damit als vollkorrigierend für die Ferne, wenn sein bildseitiger Brennpunkt mit dem Fernpunkt des fehlsichtigen Auges und damit auch mit dem objektseitigen Brennpunkt des Refraktionsdefizits zusammenfällt.

In der Druckschrift DE 10 2017 007 975 A1 bzw. WO 2018/138140 A2, worauf hierin ausdrücklich Bezug genommen wird bzw. deren Inhalt vollumfänglich in die vorliegende Beschreibung mit einbezogen wird, sind ein Verfahren und eine Vorrichtung beschrieben, die es erlauben, die Berechnung oder Optimierung eines Brillenglases zu verbessern, wobei das Brillenglas bereits mit einfachen Messungen individueller, optischer und Augen-anatomischer Daten sehr wirkungsvoll an die individuellen Anforderungen des Brillenträgers angepasst wird. Patienten mit implantierten Intraokularlinsen (IOL), d.h. Patienten, bei denen eine Katarakt-Operation (z.B. infolge eines grauen Stars) durchgeführt wurde, werden derzeit lediglich mit handelsüblichen Brillengläsern, welche auch für Patienten mit natürlichen Augenlinsen verwendet werden, versorgt. Für Patienten mit lOLs gibt es derzeit also keine speziell angepassten Brillengläser. Somit können Spezifika von implantierten lOLs nicht berücksichtigt werden, obwohl sich die Eigenschaften implantierter Linsen deutlich von denen natürlicher Linsen unterscheiden. Beispielsweise weisen lOLs eine veränderte sphärische Wirkung zum zumindest teilweisen Ausgleich einer Hornhaut- bzw. Längenametropie und/oder eine veränderte zylindrische Wirkung zum zumindest teilweisen Ausgleich eines

Hornhautastigmatismus bzw. zum zumindest teilweisen Aufheben eines Linsenastigmatismus auf. Bei herkömmlich optimierten Brillengläsern werden modellbasierte Eigenschaften für die Augenlinse angenommen, so dass gegebenenfalls das für die Optimierung verwendete Augenmodell in diesen Fällen nicht mehr dem tatsächlichen Aufbau des Auges mit einer IOL entspricht, z.B. wenn durch die IOL zumindest teilweise eine Längenametropie durch die Wirkung (mittlere Sphäre) der IOL ausgeglichen wird.

Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, die Berechnung oder Optimierung eines Brillenglases, vorzugsweise eines progressiven Brillenglases, zu verbessern. Insbesondere kann es eine Aufgabe sein, Patienten nach einer Katarakt-Operation speziell angepasste Brillengläser zur Verfügung zu stellen. Insbesondere kann es eine Aufgabe sein, die Berechnung oder Optimierung eines Brillenglases, vorzugsweise eines progressiven Brillenglases, im Hinblick auf Patienten mit einer implantierten Intraokularlinse zu verbessern. Diese Aufgabe wird insbesondere durch ein computerimplementiertes Verfahren, eine Vorrichtung, ein Computerprogramm- erzeugnis, ein Speichermedium und ein entsprechendes Brillenglas mit den in den unabhängigen Ansprüchen angegebenen Merkmalen gelöst. Bevorzugte Ausführungsformen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche. Ein erster Aspekt zur Lösung der Aufgabe betrifft ein computerimplementiertes

Verfahren zum Ermitteln relevanter individueller Parameter zumindest eines Auges eines Brillenträgers für die Berechnung oder Optimierung einer ophthalmischen Linse (insbesondere eines Brillenglases) für das zumindest eine Auge des Brillenträgers, umfassend die Schritte:

Bereitstellen von individuellen Daten von Eigenschaften des zumindest einen Auges des Brillenträgers;

Konstruieren eines individuellen Augenmodells durch Definieren (und/oder Vorgeben) eines Satzes von Parametern des individuellen Augenmodells; und

Bestimmen einer Wahrscheinlichkeitsverteilung (bzw. einer Wahrscheinlichkeitsdichte) von Werten der Parameter des individuellen Augenmodells auf Basis der individuellen Daten.

Die individuellen Daten von Eigenschaften des zumindest einen Auges des Brillenträgers umfassen insbesondere Messdaten von Eigenschaften des zumindest einen Auges des Brillenträgers. Diese bekannten individuellen Daten können z.B. umfassen: Refraktionsdaten (insbesondere eine aktuelle subjektive und/oder objektive Refraktion, und/oder eine frühere subjektive und/oder objektive Refraktion, wobei sich der Begriff früher z.B. auf einen Zeitpunkt vor einer Operation beziehen kann), die Wirkung und/oder Form und/oder Position (insbesondere die axiale Position) bestimmter brechender Flächen des Auges, die Größe und/oder Form und/oder Position der Eintrittspupille, den Brechungsindex der brechenden Medien, den Brechungsindexverlauf in den brechenden Medien, die Opazität, etc.

Unter Definieren eines Satzes von Parametern des individuellen Augenmodells wird insbesondere verstanden, dass das Augenmodell über bzw. durch einen bestimmten Satz von Parametern aufgestellt bzw. definiert wird. Mit anderen Worten wird festgelegt, welche Parameter das Augenmodell umfassen soll und/oder durch welche Parameter das individuelle Augenmodell definiert bzw. charakterisiert sein soll. Die Parameter, welche für das Augenmodell definiert werden, können zunächst Variablen (d.h. Parameter ohne konkreten Wert) sein. Mit Hilfe des im Rahmen der Erfindung beschriebenen Verfahrens können die Parameter bzw. Werte der Parameter dann bestimmt bzw. festgelegt werden (z.B. als die wahrscheinlichsten Parameter des individuellen Augenmodells).

Sn einer bevorzugten Ausführungsform umfasst das Konstruieren eines individuellen

Augenmodells ein Bereitstellen einer initialen Wahrscheinlichkeitsverteilung der Parameter des Augenmodells. Ferner erfolgt das Bestimmen einer Wahrscheinlichkeitsverteilung (bzw. einer Wahrscheinlichkeitsdichte) von Werten der Parameter des individuellen Augenmodells auf Basis der initialen Wahrscheinlichkeitsverteilung von Parametern des Augenmodells. Die initiale Wahrscheinlichkeitsverteilung basiert vorzugsweise auf einer Populationsanalyse. Insbesondere basiert die initiale Wahrscheinlichkeitsverteilung auf (oder entspricht) einer Information über die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Parameter des individuellen Augenmodells in der Bevölkerung bzw. in der Population bestimmter Personen.

Das erfindungsgemäße Verfahren beruht somit auf Warscheinlichkeitsrechnung, wobei hierfür insbesondere eine Bayes-Statistik (auch Bayessche Statistik genannt) verwendet werden kann. Entsprechend erfolgt in einer weiteren bevorzugten Ausführungsform das Konstruieren eines individuellen Augenmodells und/oder das Bestimmen einer Wahrscheinlichkeitsverteilung von Werten der Parameter des Augenmodells unter Verwendung einer Bayes-Statistik.

In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform umfasst das Bestimmen einer Wahrscheinlichkeitsverteilung von Werten der Parameter des individuellen Augenmodells ein Berechnen eines Konsistenzmaßes, wobei als Konsistenzmaß insbesondere das Produkt der Wahrscheinlichkeit oder Wahrscheinlichkeitsdichte der individuellen Daten bei gegebenen Parametern des individuellen Augenmodells mit der Wahrscheinlichkeit oder Wahrscheinlichkeitsdichte der Parameter des individuellen Augenmodells, insbesondere bei gegebenem Hintergrundwissen, verwendet wird. Das Hintergrundwissen (d.h. der aktuelle Wissensstand bei Auswertung der Daten) umfasst insbesondere vorliegende Hintergrundinformationen, wie z.B. über den Messprozess der Refraktion, die Verteilung der Parameter des individuellen Augenmodells oder anderen damit in Verbindung stehenden Größen in der Bevölkerung. Die Wahrscheinlichkeit oder Wahrscheinlichkeitsdichte der

Parameter des individuellen Augenmodells bei gegebenem Hintergrundwissen (im Folgenden auch als prob(ßi \I) bezeichnet) kann insbesondere dem„Prior“ der Bayes- Statistik entsprechen. Die Wahrscheinlichkeit oder Wahrscheinlichkeitsdichte der individuellen Daten bei gegebenen Parametern des individuellen Augenmodells (im Folgenden auch als prob(di |i9 j , /) bezeichnet) kann insbesondere dem„Likelihood“ der Bayes-Statistik entsprechen. Und das zu probißß) prob{di\ u /) proportionale Konsistenzmaß prob(ß i \d i , l) kann insbesondere dem„Posterior“ der Bayes-Statistik entsprechen.

In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform umfasst das Verfahren ferner die Schritte:

Berechnen einer Wahrscheinlichkeitsverteilung (bzw. einer Wahrscheinlichkeitsdichte) von Parametern der zu berechnenden oder optimierenden ophthalmischen Linse unter Verwendung zumindest eines Parameters des individuellen Augenmodells; und vorzugsweise

Bestimmen von wahrscheinlichsten Werten der Parameter der zu berechnenden oder optimierenden ophthalmischen Linse, insbesondere durch ein Maximieren der Wahrscheinlichkeit für die einzelnen Parameter der zu berechnenden oder optimierenden ophthalmischen Linse.

Wie weiter unten näher erläutert, kann die Wahrscheinlichkeitsverteilung (bzw. die Wahrscheinlichkeitsdichte) von Parametern Li der zu berechnenden oder optimierenden ophthalmischen Linse insbesondere wie folgt angegeben werden:

io

In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform umfasst das Bereitstellen von individuellen Daten ein Bereitstellen von individuellen Refraktionsdaten des zumindest einen Auges des Brillenträgers. Ferner umfasst das Konstruieren eines individuellen Augenmodells ein Festlegen eines individuellen Augenmodells, in welchem zumindest

- eine Form und/oder Wirkung einer Hornhaut, insbesondere einer Hornhautvorderfläche (18), eines Modellauges (12); und/oder

- ein Hornhaut-Linsen-Abstand; und/oder

- Parameter der Linse des Modellauges; und/oder

- ein Linsen-Netzhaut-Abstand; und/oder

- eine Größe der Eintrittspupille; und/oder

- eine Größe und/oder Position einer physikalischen Aperturblende (bzw. Irisöffnung)

insbesondere anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers und/oder von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten festgelegt werden. Ferner umfasst das Verfahren die Schritte:

Durchführen einer Konsistenzprüfung des festgelegten Augenmodells mit den bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten, und

Auflösen etwaiger Inkonsistenzen, insbesondere mit Hilfe von analytischen und/oder numerischen und/oder probabilistischen Verfahren.

Enthält das Augenmodell Parameter der Cornea, so kann die Position und Größe der Aperturblende des Auges in die Position und Größe der Eintrittspupille umgerechnet werden und umgekehrt, da die Eintrittspupille die durch die Cornea abgebildete Aperturblende darstellt. Deshalb kann es insbesondere ausreichend sein, wenn in diesem Fall die Position bzw. die Größe von entweder der Aperturblende oder der Eintrittspupille als (ggf. zusätzlicher) Parameter des Augenmodells verwendet wird.

Ein computerimplementiertes Verfahren zum Ermitteln relevanter individueller Parameter zumindest eines Auges eines Brillenträgers für die Berechnung oder Optimierung eines Brillenglases für das zumindest eine Auge des Brillenträgers, wobei das zumindest eine Auge des Brillenträgers eine implantierte Intraokularlinse aufweist, kann insbesondere die folgenden Schritte umfassen: Bereitstellen von Intraokularlinsendaten der in das Auge des Brillenträgers implantierten Intraokularlinse;

Bereitstellen von individuellen Refraktionsdaten des zumindest einen Auges des Brillenträgers; und

Festlegen eines individuellen Augenmodells, in welchem insbesondere zumindest

- eine Form und/oder Wirkung einer Hornhaut, insbesondere einer Hornhautvorderfläche, eines Modellauges;

- ein Hornhaut-Linsen-Abstand;

- Parameter der Linse des Modellauges; und

- ein Linsen-Netzhaut-Abstand

derart anhand der bereitgestellten Intraokularlinsendaten und ferner anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers und/oder von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten festgelegt werden, dass das Modellauge die bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten aufweist, wobei das Festlegen der Parameter der Linse des Modellauges anhand der bereitgestellten Intraokularlinsendaten erfolgt. Vorzugsweise erfolgt zumindest das Festlegen des Linsen-Netzhaut-Abstands durch Berechnen.

Bei der Intraokularlinse kann es sich insbesondere um eine aphake Intraokularlinse oder um eine phake Intraokularlinse handeln. Eine aphake Intraokularlinse ersetzt die natürliche Augenlinse, d.h. das zumindest eine Auge des Brillenträgers weist nach der Operation nur noch die Intraokularlinse (nicht aber mehr die natürliche Augenlinse) auf. Eine phake Intraokularlinse dagegen wird zusätzlich zur natürlichen Augenlinse in das zumindest eine Auge des Brillenträgers eingesetzt bzw. implantiert, d.h. das zumindest eine Auge des Brillenträgers weist nach der Operation sowohl die Intraokularlinse als auch die natürliche Augenlinse auf.

Der Begriff„Linse des Modellauges“ kann sich im Rahmen der vorliegenden Erfindung nicht nur auf eine einzelne reale Linse (z.B. die natürliche Augenlinse oder eine Intraokularlinse) beziehen, sondern auch auf ein Linsensystem. Dabei kann das Linsensystem eine oder mehrere Linsen, insbesondere zwei Linsen (nämlich die natürliche Augenlinse und ferner eine Intraokularlinse), umfassen. Mit anderen Worten kann im Rahmen der vorliegenden Erfindung die „Linse des Modellauges“ eine, insbesondere modellbasierte bzw. virtuelle, Linse sein, welche die natürliche Augenlinse oder eine (aphake) Intraokularlinse beschreibt. Alternativ kann im Rahmen der vorliegenden Erfindung die„Linse des Modellauges“ aber auch ein, insbesondere modellbasiertes bzw. virtuelles, Linsensystem sein, welches die natürliche Augenlinse und zusätzlich eine (phake) Intraokularlinse beschreibt. Beispielsweise kann die„Linse des Modellauges“ als eine dicke Linse des Modellauges aufgefasst werden (bzw. die „Linse des Modellauges“ kann eine dicke Linse des Modellauges sein), welche sowohl die Eigenschaften der natürlichen Augenlinse als auch die Eigenschaften einer zusätzlichen Intraokularlinse kombiniert und/oder beschreibt. Insbesondere wird also im Rahmen der vorliegenden Erfindung unter dem Begriff„Linse des Modellauges“ ein „Linsensystem des Modellauges“ verstanden. Entsprechend wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung unter dem Begriff „Linsen-Netzhaut-Abstand“ insbesondere ein„Linsensystem-Netzhaut-Abstand“ verstanden. Der Einfachheit halber werden im Folgenden jedoch nur die Begriffe„Linse des Modellauges“ und„Linsen-Netzhaut- Abstand“ verwendet.

Eine phake Intraokularlinse kann z.B. im Augenmodell als ein eigenes bzw. zusätzliches Element berücksichtigt werden. Alternativ kann die Wirkung einer phaken Intraokularlinse in die Wirkung (bzw. in eine der Flächen oder in beide Flächen) der Hornhaut eingehen. Die Intraokularlinse kann in diesem Fall z.B. eine Vorderkammerlinse sein. Weiter alternativ kann die Wirkung einer phaken Intraokularlinse in die Wirkung (bzw. in eine der Flächen oder in beide Flächen) der natürlichen Augenlinse eingehen. In diesem Fall kann die Intraokularlinse z.B. eine Hinterkammerlinse sein. Wird die Intraokularlinse als zusätzliches Element eingebracht, können ihre Eigenschaften (insbesondere Wirkung, Flächen und/oder Dicke) als zusätzliche Parameter des Augenmodells im Augenmodell berücksichtigt werden. Beispielsweise kann im Augenmodell die Position dieser zusätzlichen Linse entweder als eine bekannte Position festgelegt oder als ein zusätzlicher Parameter (z.B. gemessen oder modellbasiert) berücksichtigt werden. Die festgelegte Position kann z.B. (im Fall einer Vorderkammerlinse) direkt oder mit einem bestimmten Abstand hinter der Hornhaut sein, oder z.B. (im Fall einer Hinterkammerlinse) direkt oder mit einem bestimmten Abstand vor der Augenlinse.

Die ophthalmische Linse bzw. das Brillenglas kann nach einem der in WO 2013/104548 A1 oder DE 10 2017 007 974 A1 beschrieben Verfahren durch Durchrechnung in das Auge hinein optimiert werden. Das dafür notwendige Augenmodell wird wie in DE 10 2017 007 975 A1 bzw. WO 2018/138140 A2 beschrieben mit individuellen Werten belegt, wobei für die Linse des Augenmodells die bekannten Eigenschaften der IOL, z.B. aus den Angaben des Herstellers, eingehen. Die Intraokularlinsendaten umfassen Daten mit Eigenschaften der implantieren Intraokularlinse. Diese können bei der Bestellung direkt angegeben werden oder mit Hilfe der Angabe des Typs oder der individuellen Seriennummer aus einer Datenbank bezogen werden. Dies ist hilfreich bzw. vorteilhaft, da die in DE 10 2017 007 975 A1 bzw. WO 2018/138140 A2 verwendeten modellbasierten Werte nicht notwendigerweise im Einklang mit den Eigenschaften der tatsächlich implantierten Linse stehen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn eine Längenmyopie durch eine schwächer brechende IOL zumindest teilweise kompensiert wird. In diesem Fall würde das in DE 10 2017 007 975 A1 bzw. WO 2018/138140 A2 beschriebene Vorgehen eine zu kurze Augenlänge liefern.

Das Augenmodell umfasst vorzugsweise verschiedene Komponenten wie z.B. Hornhaut, Linse, Netzhaut etc. und Parameter bzw. einen Parametersatz dieser Komponenten. Parameter des Augenmodells sind also z.B. die Form einer Hornhautvorderfläche des Modellauges, der Homhaut-Linsen-Abstand, die Parameter der Linse des Modellauges, der Linsen-Netzhaut-Abstand, etc.

In einer bevorzugten Ausführungsform wird mit einem der in DE 10 2017 007 975 A1 bzw. WO 2018/138140 A2 beschrieben Formalismen aus dem Defokusterm des Gesamtauges, dem Defokusterm der Hornhautoberfläche, dem Abstand Hornhaut- Linse (im Folgenden DCL oder da.) und den Daten der IOL der Abstand Linse- Netzhaut (im folgenden DLR oder di_R) berechnet. Der Begriff Defokusterm wird im Folgenden für den Wert des symmetrischen zweiten Terms (c2,o) der Zerlegung nach Zernike der brechenden Wirkung bzw. der Oberfläche eines optischen Elements benutzt.

Insbesondere können einzelne oder mehrere folgender Daten verwendet werden:

- Daten der IOL: Hierbei kann es sich entweder um den Defokus der brechenden Flächen (Vorder- und Rückfläche) und einer Propagationslänge (Dicke der Linse, im Folgenden DLL) oder um den Defokus des Brechwerts der IOL handeln. Während ein Modell auf Basis der Flächen und des Abstandes bei der Optimierung präzisiere Ergebnisse liefern kann, erfordert es bei der Optimierung mehr Rechenschritte (Refraktion-Propagation-Refraktion statt nur Refraktion) und entsprechend detaillierte Informationen über die IOL, die eventuell nicht vorliegen.

- Defokusterm des Gesamtauges: Hier kann das Ergebnis einer aberrometrischen Messung oder einer Autorefraktion, einer subjektiven Refraktion oder einer anderen Ermittlung (z.B. Skiaskopie) verwendet werden. Alternativ kann auch eine sogenannte „optimierte Refraktion“, also das Ergebnis einer Berechnung aus mehreren Komponenten (z.B. subjektive Refraktion und Aberrometrie) eingesetzt werden. Beispiele für eine derartige Optimierung sind in DE 10 2017 007 975 A1 bzw. WO 2018/138140 A2 zusammengestellt. Insbesondere umfassen die individuellen Refraktionsdaten des zumindest einen Auges des Brillenträgers einen Defokus bzw. Defokusterm des (Gesamt-)Auges.

- Defokusterm der Hornhaut: Dieser kann z.B. einer Topographie- oder Topometriemessung entnommen oder modellbasiert angenommen werden.

- Abstand Hornhaut-Linse: Dieser kann mit einer Messung (z.B. Scheimpflugaufnahme oder OCT) bestimmt oder modellbasiert angenommen werden.

An Stelle des Defokus oder zusätzlich dazu kann auch eine andere Größe, vorzugsweise ein Term zweiter Ordnung wie z.B. die Wrkung in dem Hauptschnitt mit dem höchsten oder niedrigsten Brechwert oder in einem Meridian mit definierter Lage (z.B. horizontal oder vertikal) verwendet werden.

Je nach Bedarf kann das Augenmodell um den Astigmatismus (Betrag und Achse, bzw. der anderen Größen zweiter Ordnung gemäß vorigem Absatz) sowie um Komponenten höherer Ordnung (siehe DE 102017 007 975 A1 bzw. WO 2018/138140 A2) des Gesamtauges und der Komponenten ergänzt werden. Diese können beispielsweise aus den Daten der IOL, Messungen (z.B. T opographie/T opometrie bzw. Aberrometrie/Autorefraktion), Modellannahmen und/oder berechneten Werten (z.B. optimierte Refraktion) entnommen werden.

Oft werden für lOLs Angaben zur Asphärizität oder Aberrationen höherer Ordnung gemacht. Diese können bei der Belegung des Augenmodells mit Aberrationen höherer Ordnung verwendet werden.

Zunächst werden individuelle Refraktionsdaten des zumindest einen Auges des Brillenträgers bereitgestellt. Diese individuellen Refraktionsdaten basieren auf einer individuellen Refraktionsbestimmung. Die Refraktionsdaten umfassen dabei zumindest die sphärische und astigmatische Fehlsichtigkeit des Auges. In einer bevorzugten Ausführungsform beschreiben die erfassten Refraktionsdaten auch Abbildungsfehler höherer Ordnung (HOA). Vorzugsweise werden die Refraktionsdaten (insbesondere soweit sie Abbildungsfehler höherer Ordnung umfassen auch aberrometrische Daten genannt) beispielsweise vom Augenoptiker mittels eines Autorefraktometers oder eines Aberrometers gemessen (objektive Refraktionsdaten). Alternativ oder zusätzlich kann auch eine subjektiv bestimmte Refraktion herangezogen werden. Die Refraktionsdaten werden anschließend vorzugsweise an einen Brillenglashersteller übermittelt und/oder einem Berechnungs- bzw. Optim ierungsprogramm zur Verfügung gestellt. Sie stehen damit zur Verfügung, um für das erfindungsgemäße Verfahren erfasst, insbesondere in digitaler Form ausgelesen und/oder empfangen zu werden. Vorzugsweise umfasst das Bereitstellen der individuellen Refraktionsdaten ein Bereitstellen bzw. Ermitteln der Vergenzmatrix S M der Fehlsichtigkeit des zumindest einen Auges. Dabei beschreibt die Vergenzmatrix eine Wellenfront vor dem Auge des von einem Punkt auf der Netzhaut auslaufenden bzw. in einem Punkt auf der Netzhaut konvergierenden Lichts. Messtechnisch können solche Refraktionsdaten beispielsweise dadurch ermittelt werden, dass mittels eines Lasers ein Punkt auf der Netzhaut des Brillenträgers beleuchtet wird, von welchem aus sich dann Licht ausbreitet. Während das Licht von dem beleuchteten Punkt aus zunächst im Glaskörper des Auges im Wesentlichen kugelförmig divergiert, kann sich die Wellenfront beim Durchlaufen des Auges insbesondere an optischen Grenzflächen im Auge (z.B. der Augenlinse und/oder der Hornhaut) verändern. Durch eine Messung der Wellenfront vor dem Auge sind somit die Refraktionsdaten des Auges messbar.

Außerdem kann das Verfahren ein Festlegen eines individuellen Augenmodells umfassen, welches zumindest gewisse Vorgaben über geometrische und optische Eigenschaften eines Modellauges individuell festlegt. So werden in dem erfindungsgemäßen individuellen Augenmodell zumindest eine Form (Topographie) und/oder Wirkung der Hornhaut, insbesondere einer Homhautvorderfläche, des Modellauges, ein Hornhaut-Linsen-Abstand d CL (dieser Abstand zwischen der Hornhaut und einer Linsenvorderfläche des Modellauges wird auch Vorderkammertiefe bezeichnet), Parameter der Linse des Modellauges, welche insbesondere die optische Wirkung der Linse des Modellauges zumindest teilweise festlegen, und ein Linsen-Netzhaut-Abstand d LR (dieser Abstand zwischen der Linse, insbesondere der Linsenrückfläche, und der Netzhaut des Modellauges wird auch als Glaskörperlänge bezeichnet) in bestimmter Weise, nämlich derart festgelegt, dass das Modellauge die bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten aufweist, d.h. dass eine im Modellauge von einem Punkt der Netzhaut des Modellauges auslaufende Wellenfront mit der für das reale Auge des Brillenträger ermittelte (z.B. gemessene oder anderweitig ermittelte) Wellenfront (bis zu einer gewünschten Genauigkeit) übereinstimmt. Als Parameter der Linse des Modellauges (Linsenparameter) können beispielsweise entweder geometrische Parameter (Form der Linsenflächen und deren Abstand) und vorzugsweise Materialparameter (z.B. Brechungsindizes der einzelnen Komponenten des Modellauges) so vollständig festgelegt werden, dass diese eine optische Wirkung der Linse zumindest teilweise festlegen. Alternativ oder zusätzlich können als Linsenparameter auch Parameter festgelegt werden, die die optische Wirkung der Linse des Modellauges direkt beschreiben. Hinsichtlich der Hornhaut wird meistens die Form der Hornhautvorderfläche gemessen, alternativ oder zusätzlich kann aber auch die Wirkung der Hornhaut als Ganzes (keine Differenzierung zwischen Vorder- und Rückfläche) angegeben werden. Eventuell kann auch eine Hornhautrückfläche und/oder eine Hornhautdicke angegeben werden.

Das Festlegen der Parameter der Linse des Modellauges kann (ausschließlich) anhand der bereitgestellten Intraokularlinsendaten erfolgen. Insbesondere entsprechen die Parameter der Linse des Modellauges den bereitgestellten individuellen Intraokularlinsendaten. Mit anderen Worten werden die bereitgestellten Intraokularlinsendaten als die Parameter der Linse des Modellauges festgelegt.

So wird im einfachsten Fall eines Augenmodells die Refraktion des Auges durch das optische System bestehend aus der Hornhautvorderfläche, der Augenlinse und der Netzhaut bestimmt. In diesem einfachen Modell legen die Lichtbrechung an der Hornhautvorderfläche und die Brechkraft der Augenlinse (vorzugsweise einschließlich der sphärischen und astigmatischen Aberrationen und Aberrationen höherer Ordnung) zusammen mit deren Positionierung relativ zur Netzhaut die Refraktion des Modellauges fest.

Dabei werden die einzelnen Größen (Parameter) des Modellauges anhand der bereitgestellten Intraokularlinsendaten und ferner anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers und/oder anhand von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten entsprechend festgelegt. Insbesondere können manche der Parameter (z.B. die Topographie der Hornhautvorderfläche und/oder die Vorderkammertiefe und/oder zumindest eine Krümmung einer Linsenfläche, usw.) direkt als individuelle Messwerte bereitgestellt werden. Andere Werte können auch - insbesondere dann, wenn es sich um Parameter handelt, deren individuelle Messung sehr aufwendig ist - aus Werten von Standardmodellen für ein menschliches Auge übernommen werden. Insgesamt müssen aber nicht alle (geometrischen) Parameter des Modellauges aus individuellen Messungen oder aus Standardmodellen vorgegeben werden. Vielmehr wird im Rahmen der Erfindung für einen oder mehrere (freie) Parameter eine individuelle Anpassung durch Berechnung unter Berücksichtigung der vorgegebenen Parameter derart vorgenommen, dass das dann resultierende Modellauge die bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten aufweist. Je nach Anzahl der in den bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten enthaltenen Parameter können entsprechend viele (freie) Parameter des Augenmodells individuell angepasst (gefittet) werden. Abweichend von einem beispielsweise in WO 2013/104548 A1 vorgeschlagenen Modell, kann im Rahmen der vorliegenden Erfindung dabei zumindest der Linsen- Netzhaut-Abstand durch Berechnen festgelegt werden.

Für die Berechnung bzw. Optimierung des Brillenglases werden eine erste Fläche und eine zweite Fläche des Brillenglases insbesondere als Startflächen mit einer vorgegebenen (individuelle) Position relativ zum Modellauge vorgegeben. In einer bevorzugten Ausführungsform wird nur eine der beiden Flächen optimiert. Vorzugsweise handelt es sich hierbei um die Rückfläche des Brillenglases. Vorzugsweise wird dabei sowohl für die Vorderfläche als auch für die Rückfläche des Brillenglases eine entsprechende Startfläche vorgegeben. In einer bevorzugten Ausführungsform wird während des Optim ierungsverfahrens aber nur eine Fläche iterativ verändert bzw. optimiert. Die andere Fläche des Brillenglases kann zum Beispiel eine einfache sphärische oder rotationssymmetrische asphärische Fläche sein. Allerdings ist es auch möglich, beide Flächen zu optimieren.

Ausgehend von den beiden vorgegebenen Flächen umfasst das Verfahren zum Berechnen oder Optimieren ein Ermitteln des Verlaufs eines Hauptstrahls durch zumindest einen Durchblickspunkt ( ) zumindest einer zu berechnenden oder optimierenden Fläche des Brillenglases in das Modellauge. Der Hauptstrahl beschreibt den geometrischen Strahlverlauf ausgehend von einem Objektpunkt durch die beiden Brillenglasflächen, die Hornhautvorderfläche und die Linse des Modellauges vorzugsweise bis zur Netzhaut des Modellauges. Außerdem kann das Verfahren zum Berechnen oder Optimieren ein Auswerten einer Aberration einer entlang des Hauptstrahls aus einer auf die erste Fläche des Brillenglases auftreffenden sphärischen Wellenfront resultierenden Wellenfront an einer Bewertungsfläche insbesondere vor oder innerhalb des Modellauges im Vergleich zu einer in einem Punkt auf der Netzhaut des Augenmodells konvergierenden Wellenfront (Referenzlicht) umfassen.

Insbesondere wird dazu eine auf die erste Fläche (Vorderfläche) des Brillenglases entlang des Hauptstrahls auftreffende, sphärische Wellenfront (wo) vorgegeben. Diese sphärische Wellenfront beschreibt das von einem Objektpunkt ausgehende Licht (Objektlicht). Die Krümmung der sphärischen Wellenfront beim Auftreffen auf die erste Fläche des Brillenglases entspricht dem Kehrwert des Objektabstandes. Vorzugsweise umfasst das Verfahren somit ein Vorgeben eines Objektabstandsmodells, welches jeder Blickrichtung oder jedem Durchblickspunkt der zumindest einen zu optimierenden Fläche des Brillenglases eine Objektentfernung zuordnet. Damit wird vorzugsweise die individuelle Gebrauchssituation, in der das herzustellende Brillenglas zum Einsatz kommen soll, beschrieben.

Die auf das Brillenglas auftreffende Wellenfront wird nun an der Vorderfläche des Brillenglases vorzugsweise zum ersten Mal gebrochen. Anschießend propagiert die Wellenfront entlang des Hauptstrahls innerhalb des Brillenglases von der Vorderfläche zur Rückfläche, wo sie zum zweiten Mal gebrochen wird. Vorzugsweise propagiert die durch das Brillenglas transmittierte Wellenfront nun entlang des Hauptstrahls weiter bis zur Hornhautvorderfläche des Auges, wo sie vorzugsweise wiederum gebrochen wird. Vorzugsweise wird die Wellenfront nach einer weiteren Propagation innerhalb des Auges bis zur Augenlinse auch dort wiederum gebrochen, um schließlich vorzugsweise bis zur Netzhaut des Auges zu propagieren. Je nach optischen Eigenschaften der einzelnen optischen Elemente (Brillenglasflächen, Hornhautvorderfläche, Augenlinse) führt jeder Brechungsvorgang auch zu einer Deformation der Wellenfront. Um eine exakte Abbildung des Objektpunktes auf einen Bildpunkt auf der Netzhaut zu erreichen, müsste die Wellenfront die Augenlinse vorzugsweise als konvergierende sphärische Wellenfront verlassen, deren Krümmung genau dem Kehrwert des Abstandes zur Netzhaut entspricht. Ein Vergleich der vom Objektpunkt auslaufenden Wellenfront mit einer (im Idealfall einer perfekten Abbildung) in einem Punkt auf der Netzhaut konvergierenden Wellenfront (Referenzlicht) erlaubt somit die Auswertung einer Fehlanpassung. Dieser Vergleich und damit die Auswertung der Wellenfront des Objektlichts in dem individuellen Augenmodell können dabei an unterschiedlichen Stellen entlang des Verlaufs des Hauptstrahls insbesondere zwischen der zweiten Fläche des optimierenden Brillenglases und der Netzhaut erfolgen. Insbesondere kann damit die Bewertungsfläche an unterschiedlichen Positionen, insbesondere zwischen der zweiten Fläche des Brillenglases und der Netzhaut liegen. Entsprechend weit wird die Brechung und Propagation des vom Objektpunkt auslaufenden Lichts im individuellen Augenmodell vorzugsweise für jeden Durchblickspunkt berechnet. Die Bewertungsfläche kann sich entweder auf den tatsächlichen Strahlengang beziehen oder auf einen virtuellen Strahlengang, wie er beispielsweise zur Konstruktion der Austrittspupille AP benutzt wird. Im Fall des virtuellen Strahlenganges muss das Licht nach der Brechung durch die Rückfläche der Augenlinse zurückpropagiert werden bis zu einer gewünschten Ebene (bevorzugt bis zur Ebene der AP), wobei der dabei benutzte Brechungsindex dem Medium des Glaskörpers entsprechen muss und nicht etwa der Augenlinse. Falls die Bewertungsfläche hinter der Linse bzw. nach der Brechung an der Linsenrückfläche des Modellauges vorgesehen wird, oder falls die Bewertungsfläche durch Rückpropagation entlang eines virtuellen Strahlenganges erreicht wird (wie im Fall der AP), dann kann die resultierende Wellenfront des Objektlichts vorzugsweise einfach mit einer sphärischen Wellenfront des Referenzlichts verglichen werden. Hierzu umfasst das Verfahren somit vorzugsweise ein Vorgeben einer auf die erste Fläche des Brillenglases auftreffenden sphärischen Wellenfront, ein Ermitteln einer durch die Wirkung zumindest der ersten und zweiten Fläche des Brillenglases, der Hornhautvorderfläche und der Linse des Modellauges aus der sphärischen Wellenfront resultierenden Wellenfront in dem zumindest einen Auge, und eine Auswertung der Aberration der resultierenden Wellenfront im Vergleich zu einer auf die Netzhaut konvergierenden sphärischen Wellenfront. Falls hingegen eine Bewertungsfläche innerhalb der Linse oder zwischen der Linse des Modellauges und dem zu berechnenden bzw. optimierenden Brillenglas vorgesehen sein soll, wird als Referenzlicht einfach eine umgekehrte Propagation von einem Punkt auf der Netzhaut durch die einzelnen Komponenten des Modellauges bis hin zur Bewertungsfläche simuliert, um dort einen Vergleich des Objektlichts mit dem Referenzlicht vorzunehmen.

Wie allerdings bereits eingangs erwähnt, ist eine vollständige Korrektion der Refraktion des Auges gleichzeitig für alle Blickrichtungen des Auges, also für alle Durchblickspunkte der zumindest einen zu optimierenden Brillenglasfläche, im Allgemeinen nicht möglich. Je nach Blickrichtung wird somit vorzugsweise eine absichtliche Fehlanpassung des Brillenglases vorgegeben, welche je nach Anwendungssituation insbesondere in den hauptsächlich genutzten Bereichen des Brillenglases (z.B. zentrale Durchblickspunkte) gering, in den wenig genutzten Bereichen (z.B. periphere Durchblickspunkte) etwas höher sind. Diese Vorgehensweise ist dem Prinzip nach aus herkömmlichen Optim ierungsverfahren bereits bekannt.

Um das Brillenglas zu optimieren, wird nun die zumindest eine zu berechnende oder optimierende Fläche des Brillenglases solange iterativ variiert, bis eine Aberration der resultierenden Wellenfront einer vorgegebenen Sollaberration entspricht, also insbesondere um vorgegebene Werte der Aberration von der Wellenfront des Referenzlichts (z.B. einer sphärischen Wellenfront, deren Krümmungsmittelpunkt auf der Netzhaut liegt) abweicht. Die Wellenfront des Referenzlichts wird hier auch als Referenzwel lenfront bezeichnet. Vorzugsweise umfasst das Verfahren dazu ein Minimieren einer Zielfunktion F, insbesondere analog zu der eingangs bereits beschriebenen Zielfunktion. Weitere bevorzugte Zielfunktionen, insbesondere bei Berücksichtigung von Abbildungsfehlern höherer Ordnung sind auch weiter unten noch beschrieben. Falls eine Propagation des Objektlichts bis zur Netzhaut berechnet wird, kann eine Auswertung dort anstelle eines Vergleichs von Wellenfront-Parametern beispielsweise mittels einer sogenannten „point spread function“ vorgenommen werden.

Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wird somit vorgeschlagen, insbesondere für die Berechnung bzw. Optimierung eines Brillenglases ein derart individuelles Augenmodell festzu legen, welches bis zur Netzhaut dadurch individuell an den einzelnen Brillenträger angepasst ist, dass zumindest die Glaskörperlänge des Modellauges in Abhängigkeit von anderen individuell ermittelten insbesondere gemessenen Daten des Auges individuell berechnet wird. Dieser Parameter muss damit weder a-prior festgelegt werden, noch muss er direkt gemessen werden. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung stellte sich heraus, dass dies deshalb eine bemerkenswerte Verbesserung der individuellen Anpassung bei vergleichsweise geringem Aufwand brachte, weil sich die Wellenfrontdurchrechnung als sehr empfindlich von diesem Längenparameter abhängig herausstellte.

Die individuelle Berechnung des Augenmodells, insbesondere des Linse- Netzhautabstandes (Glaskörperlänge), kann dabei beispielsweise bereits in einem Aberrom eter oder einem Topografen mit entsprechend erweiterter Funktionalität vorgenommen werden. Vorzugsweise erfolgt dabei eine individuelle Ermittlung einer Augenlänge. Besonders bevorzugt wird dem Benutzer die gemessene und/oder berechnete Glaskörperlänge und/oder die ermittelte (gemessene und/oder berechnete) Augenlänge angezeigt. Hierzu weist eine entsprechende Vorrichtung (insbesondere ein Aberrometer bzw. Topograf) eine entsprechende Anzeigeeinrichtung auf.

Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wird insbesondere vorgeschlagen, bekannte Eigenschaften der implantierten lOLs bei der Berechnung von Brillengläsern zu verwenden. Dies resultiert vorteilhafterweise in ein für Patienten mit einer implantierten IOL besser angepasstes Brillenglas mit optimierter Abbildung und Designhaltigkeit auf der Netzhaut. In einer bevorzugten Ausführungsform umfassen die individuellen Intraokularlinsendaten zumindest einen Defokus der Vorderfläche der Intraokularlinse, einen Defokus der Rückfläche der Intraokularlinse und eine Dicke der Intraokularlinse. Alternativ oder zusätzlich umfassen die individuellen Intraokularlinsendaten zumindest einen Defokus des Brechwerts der Intraokularlinse bzw. eine optische Wirkung der Intraokularlinse. Bei den Intraokularlinsendaten kann es sich also entweder um den Defokus der brechenden Flächen (Vorder- und Rückfläche) und einer Propagationslänge (Dicke der Linse, im Folgenden DLL) oder um den Defokus des Brechwerts der IOL handeln. Während ein Modell auf Basis der Flächen und des Abstandes bei der Optimierung präzisere Ergebnisse liefern kann, erfordert es bei der Optimierung mehr Rechenschritte (Refraktion-Propagation-Refraktion statt nur Refraktion) und entsprechend detaillierte Informationen über die IOL, die eventuell nicht vorliegen. Alternativ oder zusätzlich können die individuellen Intraokularlinsendaten eine Angabe, insbesondere einen Wert, zu einer sogenannten A-Konstante umfassen. Bei der A-Konstante handelt es sich um eine individuelle Linsenkonstante, insbesondere um eine Art Korrekturfaktor, die in IOL-Berechnungs- formeln mit unterschiedlicher Bezeichnung auftreten kann. Sie wird auch als IOL- Konstante oder„surgeon factor“ bezeichnet. Jede IOL von jedem Hersteller hat eine andere A-Konstante, welche für jede Berechnungsformel angegeben wird. Durch diese Konstante wird die Intraokularlinse in den verschiedenen Berechnungsformeln repräsentiert. Da alle IOL-Konstanten ineinander umgeformt werden können, gibt es im Prinzip nur eine einzige Konstante (Zahl), die eine gegebene Intraokularlinse im gesamten lieferbaren Stärkenbereich charakterisieren soll, unabhängig von Formfaktor, Optikmaterial, IOL-Durchmesser, etc. Durch die Verwendung von A- bzw. IOL-Konstanten werden die Einflüsse individueller chirurgischer Technik, verwendeter Mess- und Operationsausrüstungen sowie individuelle physiologische Unterschiede der operierten Patientenkohorte auf die IOL-Berechnung minimiert. Die A-Konstante gibt insbesondere eventuelle Anpassungen bei der Stärke wieder und kann Teil des Linsenpasses bzw. IOL-Passes sein.

In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform werden die individuellen Intraokularlinsendaten auf Basis von Typ- oder Seriennummer-Informationen, insbesondere durch die Hersteller der IOL, bereitgestellt. Diese Informationen können z.B. direkt bei der Bestellung angegeben oder aus einer Datenbank bezogen werden.

In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform umfasst das Verfahren ferner die Schritte:

Durchführen einer Konsistenzprüfung des festgelegten Augenmodells, und Auflösen etwaiger Inkonsistenzen, insbesondere mit Hilfe von analytischen und/oder numerischen und/oder probabilistischen Verfahren.

Das erfindungsgemäße Vorgehen liefert in jedem Fall ein konsistentes Modell bezüglich des Defokus (bzw. der anderen, bei der Berechnung der Augenlänge benutzten Größen). Bereits bei weiteren Größen zweiter Ordnung (z.B. Betrag und Richtung des Astigmatismus) ist die Konsistenz des Modells jedoch nicht mehr sichergestellt. Mit anderen Worten kann das Augenmodell überbestimmt und folglich nicht mehr konsistent sein. Dies kann zum einen an Fertigungsungenauigkeiten der IOL und Messungenauigkeiten liegen, die z.B. bei der Topographie bzw. Topometrie, der Aberrom etrie bzw. Autorefraktion und/oder der Messung der Vorderkammertiefe auftreten können. Zum anderen können sich bei Verwendung der subjektiven Refraktion prinzipiell Inkonsistenzen ergeben, wenn die subjektive oder optimierte Refraktion nicht der objektiven optischen Wirkung des Gesamtauges entspricht. Unter einem konsistenten Augenmodell wird im Rahmen dieser Beschreibung ein Augenmodell verstanden, bei dem eine einfallende Wellenfront, die den Aberrationen des Gesamtauges entspricht, auf der Netzhaut in einem Punkt zusammenläuft. Dies ist geleichbedeutend damit, dass die Wellenfront, die von einem Lichtpunkt auf der Netzhaut ausgeht, nach dem Durchlaufen des gesamten Auges den Aberrationen des Gesamtauges entspricht.

Eine Konsistenzprüfung kann insbesondere mittels probabilistischer Verfahren durchgeführt werden. In diesem Fall könnte ein Konsistenzmaß als eine Wahrscheinlichkeit angegeben werden. Das Auflösen etwaiger Inkonsistenzen könnte z.B. durch das Bestimmen eines Maximums der Wahrscheinlichkeit erfolgen. Das Durchführen einer Konsistenzprüfung und die Auflösung etwaiger Inkonsistenzen verbessert insbesondere die Berechnung bzw. Optimierung von Brillengläsern, die für einen Patienten mit lOLs vorgesehen sind. Jedoch sind das Durchführen einer Konsistenzprüfung und die Auflösung etwaiger Inkonsistenzen auch bei Brillengläsern, die nicht speziell für einen Patienten mit lOLs vorgesehen sind, von Vorteil. Somit bietet die vorliegende Erfindung allgemein ein computerimplementiertes Verfahren zum Ermitteln relevanter individueller Parameter zumindest eines Auges eines Brillenträgers für die Berechnung oder Optimierung eines Brillenglases für das zumindest eine Auge des Brillenträgers, umfassend die Schritte:

Bereitstellen von individuellen Refraktionsdaten des zumindest einen Auges des Brillenträgers;

Festlegen eines individuellen Augenmodells, in welchem insbesondere eine oder mehrere der folgenden Informationen bzw. Parameter, nämlich

- eine Form und/oder Wirkung einer Hornhaut, insbesondere einer

Hornhautvorderfläche (18), eines Modellauges (12); und/oder

- ein Hornhaut-Linsen-Abstand; und/oder

- Parameter der Linse des Modellauges; und/oder

- ein Linsen-Netzhaut-Abstand; und/oder

- eine Größe der Eintrittspupille; und/oder

- eine Größe und/oder Position einer physikalischen Aperturblende anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers und/oder von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten festgelegt werden,

Durchführen einer Konsistenzprüfung des festgelegten Augenmodells insbesondere mit den bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten, und gegebenenfalls

Auflösen etwaiger Inkonsistenzen, insbesondere mit Hilfe von analytischen und/oder numerischen und/oder probabilistischen Verfahren bzw. Methoden.

Das „Festlegen eines individuellen Augenmodells“ kann ein Festlegen von Modellparametern auf bestimmte Werte bedeuten. Zusätzlich oder alternativ kann das „Festlegen eines individuellen Augenmodells“ aber auch ein Festlegen zumindest eines Konsistenzmaßes (bzw. zumindest einer Wahrscheinlichkeit) umfassen. Insbesondere kann eine Vielzahl von Werten der Modellparameter existieren. Für jede

Kombination dieser Werte kann ein Konsistenzmaß bzw. eine Wahrscheinlichkeit festgelegt werden. Beispielsweise kann das Festlegen von solchen Konsistenzmaßen bzw. Wahrscheinlichkeiten unter Verwendung des Bayes’schen Verfahrens erfolgen.

Vorzugsweise erfolgt zumindest das Festlegen des Linsen-Netzhaut-Abstands durch Berechnen. Dabei kann der Begriff„Berechnen“ im Sinne der vorliegenden Erfindung nicht nur das Berechnen anhand einer Gleichung, sondern auch Schritte umfassen, die bei einem statistischen Verfahren durchgeführt werden, wie z.B. das Auswahlen von Werten auf Basis von statistischen Betrachtungen bzw. Wahrscheinlichkeiten. Beim Bayes’schen Verfahren ist es z.B. möglich, dass lediglich ein wahrscheinlicher bzw. wahrscheinlichster Linsen-Netzhaut-Abstand ausgewählt wird oder durch ein Optim ierungsproblem definiert wird (das dann noch zu lösen ist). Der Begriff „Berechnen“ im Sinne der vorliegenden Erfindung kann somit insbesondere auch das Auswahlen von wahrscheinlichen bzw. wahrscheinlichsten Werten eines oder mehrerer Parameter und/oder das Definieren eines Optimierungsproblems umfassen. Insbesondere umfasst der Begriff „Berechnen“ auch ein Auswählen, Bestimmen und/oder Definieren im Rahmen eines statistischen Verfahrens, z.B. im Rahmen bzw. unter Verwendung des Bayes’schen Verfahrens. Der Begriff „Berechnen“ kann insbesondere auch ein Optimieren umfassen.

Zusätzlich oder alternativ zum Durchführen einer Konsistenzprüfung des festgelegten Augenmodells und Auflösen etwaiger Inkonsistenzen kann das computerimplementierte Verfahren auch das Festlegen bzw. Konstruieren eines konsistenten Augenmodells umfassen, insbesondere unter Verwendung des Bayes’schen Verfahrens und/oder eines Maximum Likelihood Verfahrens. Mit anderen Worten ist das verwendete bzw. festzulegende individuelle Augenmodell ein konsistentes Augenmodell, wobei die Konsistenz durch statistische bzw. probabilistische Methoden, insbesondere unter Verwendung des Bayes’schen Verfahrens und/oder eines Maximum Likelihood Verfahrens, ermöglicht bzw. hergestellt wird. Insbesondere wird in diesem Aspekt ein computerimplementiertes Verfahren und eine entsprechende Vorrichtung zum Ausführen eines solchen Verfahrens zum Ermitteln relevanter individueller Parameter zumindest eines Auges eines Brillenträgers für die Berechnung oder Optimierung eines Brillenglases für das zumindest eine Auge des Brillenträgers bereitgestellt, umfassend einen oder mehrere der folgenden Schritte bzw. Funktionen:

Bereitstellen von individuellen Refraktionsdaten des zumindest einen Auges des Brillenträgers; und/oder

Festlegen eines individuellen Augenmodells, in welchem insbesondere eine oder mehrere der folgenden Informationen bzw. Parameter, nämlich

- eine Form und/oder Wirkung einer Hornhaut, insbesondere einer

Hornhautvorderfläche, eines Modellauges; und/oder

- ein Hornhaut-Linsen-Abstand; und/oder

- Parameter der Linse des Modellauges; und/oder

- ein Linsen-Netzhaut-Abstand; und/oder

- eine Größe der Eintrittspupille; und/oder

- eine Größe und/oder Position einer physikalischen Aperturblende insbesondere anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers und/oder von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten festgelegt werden,

wobei eine(r) oder mehrere der Information(en) bzw. Parameter und/oder zumindest teilweise die bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten zunächst in Form einer Wahrscheinlichkeitsverteilung festgelegt wird bzw. werden, und wobei das Festlegen des individuellen Augenmodells ein Ermitteln des Modellauges durch Ermitteln von Werten für Informationen bzw. Parameter innerhalb der festgelegten Wahrscheinlichkeitsverteilung durch ein probabilistisches Verfahren umfasst.

Während also in einigen Aspekten zunächst ein Modellauge durch Festlegung von Parameterwerten erstellt wird, um dann auf Basis einer Konsistenzprüfung mittels probabilistischen Verfahrens das Modellauge gegebenenfalls so zu modifizieren, dass das Augenmodell konsistent ist, wird im vorliegenden Fall anstelle von möglicherweise inkonsistenten Parameterwerten gleich mit einer Wahrscheinlichkeitsverteilung für zumindest einen Parameter begonnen, um dann mittels eines probabilistischen Verfahrens den wahrscheinlichsten Parameterwert und damit das wahrscheinlichste Modellauge konsistent zu ermitteln. Parameter der Wahrscheinlichkeitsverteilung(en), wie beispielsweise Mittelwerte und/oder Standardabweichungen, können insbesondere anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers und/oder von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten festgelegt werden. Weitere Details und konkrete Ausführungsbeispiele solcher Verfahren sind weiter unten beschrieben.

Im Folgenden wird anhand einiger Beispiele beschrieben, wie etwaige Inkonsistenzen im Augenmodell durch Anpassung der Parameter mit Hilfe analytischer Berechnungen ausgeräumt werden können.

Die einfachste Möglichkeit besteht darin, die Abweichungen auf ein Element bzw. eine Komponente des Augenmodells zu übertragen (z.B. Hornhaut, Vorderfläche der IOL, Rückfläche der IOL, brechende Wirkung der IOL). Beispielsweise könnte die Rückfläche der IOL (entgegen den Angaben des Herstellers) so gewählt werden, dass das Modell konsistent wird. Dazu kann (bei Verwendung des Defokusterms) nach der Berechnung von DLR zuerst der Astigmatismus, insbesondere nach Betrag und Richtung (z.B. gemäß des in DE 10 2017 007 975 A1 bzw. WO 2018/138140 A2 beschriebenen Verfahrens) so festgelegt werden, dass das Augenmodell hinsichtlich des Astigmatismus konsistent wird. Weiterhin können z.B. in Folgeschritten Komponenten höherer Ordnung dieser Fläche (z.B. mit Hilfe des in DE 10 2017 007 975 A1 bzw. WO 2018/138140 A2 beschriebenen Verfahrens) so festgelegt werden, dass das Augenmodell auch in diesen Komponenten konsistent wird. Alternativ oder zusätzlich könnte die Hornhautfläche entsprechend angepasst werden. Dies bietet sich insbesondere an, wenn von der Hornhaut nur modellbasierte Informationen oder auf Grund von Topometriemessungen keine Informationen zum Astigmatismus oder Komponenten höherer Ordnung vorliegen. In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform erfolgt das Auflösen etwaiger Inkonsistenzen dadurch, dass ein oder mehrere Parameter des Augenmodells angepasst bzw. neu festgelegt werden. Vorzugsweise wird eine Anpassung von mehreren Parametern des Augenmodells vorgenommen und die Anpassung wird auf die mehreren Parameter des Augenmodells aufgeteilt. Beispielsweise können bekannte Abweichungen auf mehrere Elemente bzw. Komponenten und/oder mehrere Parameter des Augenmodells aufgeteilt werden, z.B. auf die Hornhaut, die Vorderfläche der IOL, die Rückfläche der IOL, und/oder die brechende Wirkung der IOL. Im einfachsten Fall können feste bzw. vorgegebene Faktoren oder Anteile angenommen werden, z.B. 33% auf die Hornhaut und 67% auf die Linse. Alternativ oder zusätzlich kann auch eine physiologisch begründete Verteilung benutzt werden.

Alternativ oder zusätzlich kann ein weiterer bzw. neuer Parameter zum Augenmodell hinzugefügt und derart festgelegt werden, dass das Augenmodell konsistent wird. Beispielsweise kann die Form einer Hornhautrückfläche eines Modellauges ein solch weiterer Parameter sein. Bei torischen Linsen mit festem Astigmatismus kann z.B. auch die Achslage und oder eine laterale Verschiebung oder Verkippung so gewählt werden, dass der resultierende Astigmatismus des Modellauges der Vorgabe (bestmöglich) entspricht.

Alternativ oder zusätzlich können die Längen DCL, DLL und/oder DLR angepasst werden. Gegebenenfalls kann auch die Wirkung des Gesamtauges angepasst werden. Hierbei kann die Zielwirkung des Brillenglases entsprechend geändert werden, um das Augenmodell konsistent zu machen.

In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform werden die Parameter des Augenmodells mit Hilfe probabilistischer Verfahren, d.h. unter Verwendung von Wahrscheinlichkeitsrechnung, bestimmt. Hierzu kann insbesondere eine Bayes- Statistik und/oder ein Maximum-Likelihood Algorithmus verwendet werden.

Anstelle der oder zusätzlich zur analytischen Berechnung der Augenlänge auf Basis eines Parametersatzes können insbesondere alle bekannten Parameter (im weiteren Eingangsparameter) zusammengenommen und die Parameter des Augenmodels (im weiteren Ausgangsparameter) mit Hilfe statistischer Verfahren wie Maximum Likelihood und Bayes bestimmt werden. Dabei können ein oder mehrere der folgenden Informationen zumindest einzelner Eingangsparameter verwendet werden:

- Vertrauen in die Richtigkeit;

- Mess- bzw. Fertigungsgenauigkeit;

- Schwankungsbreite in einem Kollektiv bzw. Ensemble;

- Auswirkung auf die Optimierung des Brillenglases.

Eine Beschreibung zweier derartiger Verfahren sowie konkrete Beispiele sind weiter unten in der ausführlichen Beschreibung angeführt.

In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform werden eine initiale Verteilung von Parametern des Augenmodells und individuelle Daten von Eigenschaften des zumindest einen Auges bereitgestellt, wobei die Parameter des individuellen Augenmodells auf Basis der initialen Verteilung von Parametern des Augenmodells und der individuellen Daten unter Verwendung von Wahrscheinlichkeitsrechnung bestimmt werden. Mit anderen Worten werden ein initiales Augenmodell und individuelle Daten von Eigenschaften des zumindest einen Auges bereitgestellt, wobei die Parameter des individuellen Augenmodells auf Basis des initialen Augenmodells und der individuellen Daten unter Verwendung von Wahrscheinlichkeitsrechnung bestimmt werden.

In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform wird eine Augenlänge des Modellauges unter Berücksichtigung des gemessenen und/oder berechneten Linsen- Netzhaut-Abstands ermittelt. Vorzugsweise wird die ermittelte Augenlänge auf einem Anzeigegerät bzw. Display angezeigt.

Das oben beschriebene Verfahren bezieht sich insbesondere auf den Fall, dass Eigenschaften bzw. Daten einer implantierten Intraokularlinse, also die Intraokularlinsendaten, bekannt sind. Sind diese Daten jedoch nicht bekannt, so wird im Rahmen dieser Erfindung ein alternativer Ansatz vorgeschlagen, welcher im Folgenden beschrieben wird. Gemäß dieses alternativen Ansatzes der vorliegenden Erfindung, d.h. bei fehlender direkter Kenntnis von Eigenschaften der implantierten

Linse, wird durch Messungen am Patienten auf die Eigenschaften der implantierten lOLs geschlossen.

Ein alternativer Ansatz zur Lösung der Aufgabe (nämlich für den Fall, dass Eigenschaften bzw. Daten der implantierten Intraokularlinse nicht bekannt sind) betrifft ein computerimplementiertes Verfahren zum Ermitteln relevanter individueller Parameter zumindest eines Auges eines Brillenträgers für die Berechnung oder Optimierung eines Brillenglases für das zumindest eine Auge des Brillenträgers, wobei im Rahmen einer Operation eine Intraokularlinse in das zumindest eine Auge des Brillenträgers implantiert wurde, umfassend die Schritte:

Bereitstellen von individuellen Nach-OP-Refraktionsdaten des zumindest einen Auges des Brillenträgers;

Ermitteln eines Linsen-Netzhaut-Abstands (bzw. einer Augenlänge) des Auges des Brillenträgers; und

Festlegen eines individuellen Nach-OP-Augenmodells, in welchem insbesondere zumindest

- eine Form und/oder Wirkung einer Hornhaut, insbesondere einer

Hornhautvorderfläche, eines Modellauges des Nach-OP-Augenmodells;

- ein Hornhaut-Linsen-Abstand des Modellauges des Nach-OP-

Augenmodells;

- Parameter der Linse des Modellauges des Modellauges des Nach-OP- Augenmodells; und

- ein Linsen-Netzhaut-Abstand des Modellauges des Nach-OP-

Augenmodells

derart anhand des erm ittelten Linsen-Netzhaut-Abstands (bzw. der Augenlänge) und ferner anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers (ermittelt vor oder nach der Operation) und/oder von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Nach-OP-Refraktionsdaten festgelegt werden, dass das Modellauge des Nach-OP-Augenmodells die bereitgestellten individuellen Nach-OP- Refraktionsdaten aufweist, wobei der Linsen-Netzhaut-Abstand des Modellauges des Nach-OP-Augenmodells durch den ermittelten Linsen-Netzhaut-Abstand des Auges des Brillenträgers festgelegt wird.

Insbesondere kann in einem weiteren Aspekt ein computerimplementiertes Verfahren zum Ermitteln relevanter individueller Parameter zumindest eines Auges eines Brillenträgers für die Berechnung oder Optimierung eines Brillenglases für das zumindest eine Auge des Brillenträgers, wobei im Rahmen einer Operation eine Intraokularlinse in das zumindest eine Auge des Brillenträgers implantiert wurde, bereitgestellt werden, wobei das Verfahren insbesondere die folgenden Schritte umfasst:

Bereitstellen von individuellen Refraktionsdaten des zumindest einen Auges des Brillenträgers; und

Festlegen eines individuellen Augenmodells, in welchem zumindest

- eine Form und/oder Wirkung einer Hornhaut, insbesondere einer Hornhautvorderfläche, eines Modellauges;

- ein Hornhaut-Linsen-Abstand;

- Parameter der Linse des Modellauges; und

- ein Linsen-Netzhaut-Abstand

als Parameter des individuellen Augenmodells festgelegt werden, wobei das Festlegen der Parameter des individuellen Augenmodells derart anhand von Daten zur Sehschärfekorrektur des zumindest einen, die Intraokularlinse aufweisenden Auges und ferner anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers und/oder von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten erfolgt, dass das Modellauge die bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten aufweist.

Entsprechend kann in einem weiteren Aspekt eine Vorrichtung zum Ermitteln relevanter individueller Parameter zumindest eines Auges eines Brillenträgers für die Berechnung oder Optimierung eines Brillenglases für das zumindest eine Auge des Brillenträgers, wobei das zumindest eine Auge des Brillenträgers eine implantierte Intraokularlinse aufweist, bereitgestellt werden, wobei die Vorrichtung insbesondere umfasst: zumindest eine Datenschnittstelle zum Bereitstellen von individuellen

Refraktionsdaten des zumindest einen Auges des Brillenträgers; und

ein Modellierungsmodul zum Festlegen eines individuellen Augenmodells, welches zumindest

- eine Form und/oder Wirkung einer Hornhaut, insbesondere einer Hornhautvorderfläche (18), eines Modellauges;

- einen Hornhaut-Linsen-Abstand;

- Parameter der Linse des Modellauges; und

- einen Linsen-Netzhaut-Abstand

als Parameter des individuellen Augenmodells festlegt, wobei das Festlegen der Parameter des individuellen Augenmodells derart anhand von Daten zur Sehschärfekorrektur des zumindest einen, die Intraokularlinse aufweisenden Auges und ferner anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers und/oder von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten erfolgt, dass das Modellauge die bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten aufweist.

In einer bevorzugten Ausführungsform umfassen die Daten zur Sehschärfekorrektur des zumindest einen, die Intraokularlinse aufweisenden Auges (insbesondere individuelle) Intraokularlinsendaten. Somit erfolgt in dieser Ausführungsform das Festlegen der Parameter des individuellen Augenmodells derart anhand von Intraokularlinsendaten und ferner anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers und/oder von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten, dass das Modellauge die bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten aufweist, wobei das Festlegen der Parameter der Linse des Modellauges anhand der Intraokularlinsendaten erfolgt.

In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform wird ein Linsen-Netzhaut-Abstand des Auges des Brillenträgers ermittelt, und das Festlegen der Parameter des individuellen Augenmodells erfolgt derart anhand des ermittelten Linsen-Netzhaut-Abstands und ferner anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers und/oder von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten, dass das Modellauge die bereitgestellten individuellen Refraktions daten aufweist, wobei der Linsen-Netzhaut-Abstand des Modellauges durch den ermittelten Linsen-Netzhaut-Abstand des Auges des Brillenträgers festgelegt wird. Mit anderen Worten umfassen in dieser Ausführungsform die Daten zur Sehschärfekorrektur des zumindest einen, die Intraokularlinse aufweisenden Auges einen ermittelten Linsen-Netzhaut-Abstand. Insbesondere können die Daten zur Sehschärfekorrektur des zumindest einen, die Intraokularlinse aufweisenden Auges einen ermittelten Linsen-Netzhaut-Abstand und/oder Intraokularlinsendaten umfassen.

Insbesondere kann in einem weiteren Aspekt ein computerimplementiertes Verfahren (und eine entsprechende Vorrichtung) zum Ermitteln relevanter individueller Parameter zumindest eines Auges eines Brillenträgers für die Berechnung oder Optimierung eines Brillenglases für das zumindest eine Auge des Brillenträgers, wobei im Rahmen einer Operation eine Intraokularlinse in das zumindest eine Auge des Brillenträgers implantiert wurde bzw. das zumindest eine Auge des Brillenträgers (insbesondere anstelle oder zusätzlich zu der natürlichen Augenlinse) eine Intraokularlinse aufweist, bereitgestellt werden. Das Verfahren kann insbesondere die folgenden Schritte umfassen:

Bereitstellen von individuellen Refraktionsdaten des zumindest einen Auges des Brillenträgers; und

Festlegen eines individuellen Augenmodells, in welchem zumindest

- eine Form und/oder Wirkung einer Hornhaut, insbesondere einer

Hornhautvorderfläche, eines Modellauges;

- ein Hornhaut-Linsen-Abstand;

- Parameter der Linse des Modellauges; und

- ein Linsen-Netzhaut-Abstand

als Parameter des individuellen Augenmodells festgelegt werden, wobei:

a) das Festlegen der Parameter des individuellen Augenmodells derart anhand von Intraokularlinsendaten und ferner anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers und/oder von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten erfolgt, dass das Modellauge die bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten aufweist, wobei das Festlegen der Parameter der Linse des Modellauges anhand der Intraokularlinsendaten erfolgt; und/oder

b) ein Linsen-Netzhaut-Abstand des Auges des Brillenträgers ermittelt wird und das Festlegen der Parameter des individuellen Augenmodells derart anhand des ermittelten Linsen-Netzhaut-Abstands und ferner anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers und/oder von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten erfolgt, dass das Modellauge die bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten aufweist, wobei der Linsen-Netzhaut-Abstand des Modellauges durch den ermittelten Linsen-Netzhaut- Abstand des Auges des Brillenträgers festgelegt wird.

Der Begriff Operation wird allgemein mit OP abgekürzt. Der Begriff„Nach-OP“ bezieht sich auf eine Situation nach der Operation, während sich der Begriff„Vor-OP“ auf eine Situation vor der Operation bezieht. Beispielsweise ist die Operation eine Katarakt- Operation, bei der die natürliche Augenlinse durch eine Intraokularlinse ersetzt wird. Es kann sich jedoch auch um eine Operation eines aphaken Auges (Auge ohne Linse) handeln, bei der eine Intraokularlinse in das Auge des Patienten eingesetzt bzw. implantiert wird. Die Intraokularlinse kann also insbesondere einen Ersatz der natürlichen Augenlinse darstellen. Insbesondere wurde im Rahmen der Operation die natürliche Linse des Auges des Brillenträgers durch eine Intraokularlinse ersetzt.

Das Brillenglas wird vorzugsweise nach einem der in WO 2013/104548 A1 oder DE 10 2017 007 974 A1 beschrieben Verfahren durch Durchrechnung in das Auge hinein optimiert. Das dafür notwendige Augenmodell wird analog zur Beschreibung in DE 10 2017 007 975 A1 bzw. WO 2018/138140 A2 m it individuellen Werten belegt. Allerdings sind in diesem Fall keine Informationen über die IOL verfügbar und modellbasierte Werte stehen nicht notwendigerweise im Einklang mit der tatsächlich implantierten Linse. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn eine Längenmyopie durch eine schwächer brechende IOL zumindest teilweise kompensiert wird. In diesem Fall würde die Augenlänge nach dem in DE 10 2017 007 975 A1 bzw. WO 2018/138140 A2 beschriebenem Vorgehen zu kurz angenommen. Daher wird zunächst ausgehend von Daten, die einer Situation entsprechen, in der sich die ursprüngliche Linse im Auge befunden hat, die Augenlänge bzw. ein Linsen-Netzhaut-Abstand, wie in DE 10 2017 007 975 A1 bzw. WO 2018/138140 A2 beschrieben, berechnet.

Anschließend werden die weiteren Parameter (d.h. die Parameter der Augenlinse, in diesem Fall die implantierte IOL) ausgehend von der so berechneten Augenlänge (bzw. des berechneten Linsen-Netzhaut-Abstands) und den Nach-OP Werten für die Abbildungsfehler des Gesamtauges, die Oberfläche der Hornhaut und der Abstand Hornhaut-Linse derart bestimmt, dass die Wirkung dieses Augenmodells der Abbildungsfehler des Gesamtauges entspricht. Dieser unterscheidet sich zu dem Vorgehen in DE 10 2017 007 975 A1 bzw. WO 2018/138140 A2 fundamental dadurch, dass nun alle Werte der Linse (in diesem Fall die implantierte IOL) bestimmt werden und nicht wie in DE 10 2017 007 975 A1 bzw. WO 2018/138140 A2 ein Term zweiter Ordnung (z.B. Defokus) bereits bekannt ist. Nach der Bestimmung dieses Terms können aber weitere Terme wie in DE 10 2017 007 975 A1 bzw. WO 2018/138140 A2 beschrieben bestimmt werden. Dies können weitere Terme zweiter Ordnung und gegebenenfalls (z.B. in weiteren Schritten) Terme höherer Ordnung sein.

Für die Berechnung der Augenlänge bzw. des Linsen-Netzhaut-Abstands werden vorzugsweise konkret folgende Daten verwendet:

- Defokus des Gesamtauges vor dem Austausch der Linse: Dieser kann das Ergebnis einer aberrometrischen Messung oder einer Autorefraktion, einer subjektiven Refraktion oder einer anderen Ermittlung (z.B. Skiaskopie) vor dem Eingriff sein. Alternativ kann auch eine sogenannte„optimierte Refraktion“, also das Ergebnis einer Berechnung aus mehreren Komponenten (z.B. subjektive Refraktion und Aberrometrie) verwendet werden. Beispiele für eine derartige Optimierung sind in DE 10 2017 007 975 A1 bzw. WO 2018/138140 A2 zusammengestellt. Weiterhin kann der Defokus der B rech kraft einer älteren, vor dem Eingriff getragenen Brille verwendet werden;

- Modellbasierte Werte für die B rech kraft oder den Aufbau der Augenlinse;

- Gemessene oder modellbasierte Werte für die Abstand Hornhaut-Linse; und

- Gemessene oder modellbasierte Werte für den Defokus der Hornhaut. Die Daten der letzten beiden Punkte können wahlweise aus Messungen vor dem Eingriff (Operation) oder nach dem Eingriff stammen. Die Verwendung von nach dem Eingriff erm ittelten Daten ist insbesondere dann sinnvoll, wenn vor dem Eingriff keine entsprechenden Messungen durchgeführt worden sind.

Für die Berechnung von Eigenschaften der Linse werden analog vorzugsweise folgende Daten verwendet:

- Abbildungsfehler des Gesamtauges nach dem Austausch der Linse: Diese können das Ergebnis einer aberrometrischen Messung oder einer Autorefraktion, einer subjektiven Refraktion oder einer anderen Ermittlung (z.B. Skiaskopie) nach dem Eingriff sein. Alternativ kann auch eine sogenannte„optimierte Refraktion“, also das Ergebnis einer Berechnung aus mehreren Komponenten (z.B. subjektive Refraktion und Aberrometrie) verwendet werden. Beispiele für eine derartige Optimierung sind in DE 10 2017 007 975 A1 bzw. WO 2018/138140 A2 zusammengestellt.

- Der zuvor erm ittelte Abstand Linse-Netzhaut;

- Gemessene oder modellbasierte Werte für den Abstand Hornhaut-Linse; und

- Gemessene oder modellbasierte Werte für die Abbildungsfehler der Hornhaut.

Die Daten der letzten beiden Punkte können wahlweise aus Messungen vor dem Eingriff (Operation) oder nach dem Eingriff stammen. Die Verwendung von vor dem Eingriff ermittelten Daten ist insbesondere dann sinnvoll, wenn nach dem Eingriff keine entsprechenden Messungen durchgeführt worden sind.

Das Bereitstellen der individuellen Intraokularlinsendaten kann insbesondere folgende Schritte umfassen:

Ermitteln einer Augenlänge auf Basis von Daten, die einer Situation entsprechen, in der sich noch die ursprüngliche natürliche Linse im Auge des Brillenträgers befunden hat (Situation vor dem Implantieren der Intraokularlinse);

Berechnen der individuellen Intraokularlinsendaten auf Basis der ermittelten Augenlänge, der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten, gemessener oder modellbasierter Werte für den Hornhaut-Linsen-Abstand und gemessener oder modellbasierter Werte für Abbildungsfehler der Hornhaut.

Die folgende Tabelle enthält beispielhaft drei Szenarien. Es versteht, dass jedoch auch andere Kombinationen Bestandteil der Erfindung sind.

Das Ermitteln eines Linsen-Netzhaut-Abstands bzw. einer Augenlänge des Auges des Brillenträgers kann z.B. durch ein direktes Messen erfolgen.

In einer bevorzugten Ausführungsform umfasst das Verfahren ferner ein Bereitstellen von individuellen Vor-OP-Refraktionsdaten des zumindest einen Auges des Brillenträgers, wobei das Bestimmen eines Linsen-Netzhaut-Abstands bzw. einer

Augenlänge des Auges des Brillenträgers auf Basis eines individuellen Vor-OP- Augenmodells unter Verwendung der bereitgestellten individuellen Vor-OP- Refraktionsdaten basiert.

In einer bevorzugten Ausführungsform werden in dem Vor-OP-Augenmodell insbesondere zumindest

- eine Form und/oder Wirkung einer Hornhaut, insbesondere einer Hornhautvorderfläche, eines Modellauges des Vor-OP-Augenmodells;

- ein Hornhaut-Linsen-Abstand des Modellauges des Vor-OP-Augenmodells;

- Parameter der Linse des Modellauges des Vor-OP-Augenmodells; und

- ein Linsen-Netzhaut-Abstand des Modellauges des Vor-OP-Augenmodells derart anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers (ermittelt vor oder nach der OP) und/oder von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Vor-OP-Refraktionsdaten festgelegt, dass das Modellauge die bereitgestellten individuellen Vor-OP-Refraktionsdaten aufweist, wobei zumindest das Festlegen des Linsen-Netzhaut-Abstands vorzugsweise durch Messen und/oder Berechnen erfolgt.

Vorzugsweise wird dabei die Hornhautvorderfläche individuell gemessen und die Augenlinse des individuellen Vor-OP-Augenmodells entsprechend berechnet, um die individuell bestimmten Vor-OP-Refraktionsdaten zu erfüllen. Dabei wird in einer bevorzugten Ausführungsform die Hornhautvorderfläche (bzw. ihre Krümmung) entlang der Hauptschnitte individuell gemessen (Topometrie). In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform wird die Topographie der Hornhautvorderfläche (d.h. die vollständige Beschreibung der Fläche) individuell gemessen. In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform erfolgt das Festlegen des Hornhaut-Linsen-Abstandes anhand von individuellen Messwerten für den Hornhaut-Linsen-Abstand.

Besonders bevorzugt umfasst das Festlegen der Parameter der Linse des Vor-OP- Modellauges ein Festlegen folgender Parameter:

eine Form der Linsenvorderfläche; eine Linsendicke; und

eine Form der Linsenrückfläche.

Auch wenn es für die Nutzung der Erfindung nicht essenziell ist, kann durch dieses genauere Modell der Linse die individuelle Anpassung nochmals verbessert werden.

In diesem Fall erfolgt in einer besonders bevorzugten Ausführungsform das Festlegen der Linsendicke und der Form der Linsenrückfläche anhand von vorgegebenen Werten (Standardwerten, beispielsweise aus der Fachliteratur), wobei weiter bevorzugt das Festlegen der Form der Linsenvorderfläche umfasst:

Bereitstellen von Standardwerten für eine mittlere Krümmung der Linsenvorderfläche; und

Berechnen der Form der Linsenvorderfläche unter Berücksichtigung der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten.

In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform des detaillierteren Linsenmodells umfasst das Festlegen der Form der Linsenvorderfläche:

Bereitstellen eines individuellen Messwerts einer Krümmung in einem Normalschnitt der Linsenvorderfläche.

In diesen Fall ist es besonders bevorzugt, wenn außerdem das Festlegen der Linsendicke und der Form der Linsenrückfläche anhand von Standardwerten erfolgt, und noch weiter bevorzugt das Festlegen der Form der Linsenvorderfläche umfasst:

Berechnen der Form der Linsenvorderfläche unter Berücksichtigung der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten und des bereitgestellten individuellen Messwerts der Krümmung in einem Normalschnitt der Linsenvorderfläche.

Alternativ oder zusätzlich zur Form der Linse bzw. der Linsenflächen kann das Festlegen der Linsenparameter ein Festlegen einer optischen Wirkung der Linse umfassen. Insbesondere wird dabei zumindest eine Position zumindest einer Hauptebene und eine sphärische Wirkung (bzw. zumindest eine Brennweite) der Linse des Modellauges festgelegt. Besonders bevorzugt wird auch eine zylindrische Wirkung (Betrag und Achslage) der der Linse des Modellauges festgelegt. In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform können auch optische Abbildungsfehler höherer Ordnungen der Linse des Modellauges festgelegt werden.

Ein weiterer unabhängiger Aspekt zur Lösung der Aufgabe betrifft ein computerimplementiertes Verfahren zum Berechnen oder Optimieren einer ophthalmischen Linse (insbesondere eines Brillenglases) für zumindest ein Auge eines Brillenträgers umfassend:

ein Verfahren zum Ermitteln relevanter individueller Parameter des zumindest einen Auges des Brillenträgers gemäß der vorliegenden Erfindung;

Vorgeben einer ersten Fläche und einer zweiten Fläche für das zu berechnende bzw. optimierende Brillenglas;

Ermitteln des Verlaufs eines Hauptstrahls durch zumindest einen Durchblickspunkt zumindest einer zu berechnenden oder optimierenden Fläche des Brillenglases in das Modellauge;

Auswerten einer Aberration einer entlang des Hauptstrahls aus einer auf die erste Fläche des Brillenglases auftreffenden sphärischen Wellenfront resultierenden Wellenfront an einer Bewertungsfläche im Vergleich zu einer in einem Punkt auf der Netzhaut des Augenmodells konvergierenden Wellenfront;

iteratives Variieren der zumindest einen zu berechnenden oder optimierenden Fläche des Brillenglases bis die ausgewertete Aberration einer vorgegebenen Sollaberration entspricht.

Ein weiterer unabhängiger Aspekt zur Lösung der Aufgabe betrifft ein computerimplementiertes Verfahren zum Berechnen oder Optimieren einer ophthalmischen Linse (insbesondere eines Brillenglases) für zumindest ein Auge eines Brillenträgers umfassend:

ein erfindungsgemäßes Verfahren zum Ermitteln relevanter individueller Parameter des zumindest einen Auges des Brillenträgers;

Vorgeben einer ersten Fläche und einer zweiten Fläche für das zu berechnende bzw. optimierende Brillenglas; Ermitteln des Verlaufs eines Hauptstrahls durch zumindest einen

Durchblickspunkt zumindest einer zu berechnenden oder optimierenden Fläche des Brillenglases in das Modellauge;

Auswerten einer Aberration einer entlang des Hauptstrahls aus einer auf die erste Fläche des Brillenglases auftreffenden sphärischen Wellenfront resultierenden Wellenfront an einer Bewertungsfläche im Vergleich zu einer in einem Punkt auf der Netzhaut des Augenmodells konvergierenden Wellenfront;

iteratives Variieren der zumindest einen zu berechnenden oder optimierenden Fläche des Brillenglases bis die ausgewertete Aberration einer vorgegebenen Sollaberration entspricht.

Vorzugsweise liegt die Bewertungsfläche zwischen der Hornhautvorderfläche und der Netzhaut. In einer besonders bevorzugten Ausführungsform liegt die Bewertungsfläche zwischen der Linse und der Netzhaut des Modellauges. In einer anderen besonders bevorzugten Ausführungsform liegt die Bewertungsfläche an der Austrittspupille (AP) des Modellauges. Dabei kann die Austrittspupille vor der Linsenrückfläche des Modellauges liegen. Bei diesen Positionierungen kann eine besonders genaue, individuelle Anpassung des Brillenglases erreicht werden.

Ein weiterer unabhängiger Aspekt zur Lösung der Aufgabe betrifft ein Verfahren zum Herstellen einer ophthalmischen Linse (insbesondere eines Brillenglases) umfassend:

Berechnen oder Optimieren eines Brillenglases nach dem erfindungsgemäßen Verfahren zum Berechnen oder Optimieren eines Brillenglases; und

Fertigen des so berechneten oder optimierten Brillenglases.

Ein weiterer unabhängiger Aspekt zur Lösung der Aufgabe betrifft eine Vorrichtung zum Ermitteln relevanter individueller Parameter zumindest eines Auges eines Brillenträgers für die Berechnung oder Optimierung einer ophthalmischen Linse für das zumindest eine Auge des Brillenträgers, umfassend:

zumindest eine Datenschnittstelle zum Bereitstellen von individuellen Daten von Eigenschaften des zumindest einen Auges des Brillenträgers; und ein Modellierungsmodul zum Modellieren und/oder Konstruieren eines individuellen Augenmodells durch Definieren (und/oder Vorgeben) eines Satzes von Parametern des individuellen Augenmodells; wobei

das Modellierungsmodul ausgelegt ist, eine Wahrscheinlichkeitsverteilung von Werten der Parameter des individuellen Augenmodells auf Basis der individuellen Daten, insbesondere unter Verwendung von Wahrscheinlichkeitsrechnung, zu bestimmen.

In einer bevorzugten Ausführungsform umfasst das Bereitstellen von individuellen Daten ein Bereitstellen von individuellen Refraktionsdaten des zumindest einen Auges des Brillenträgers. Ferner umfasst das Konstruieren eines individuellen Augenmodells ein Festlegen eines individuellen Augenmodells, in welchem zumindest

- eine Form und/oder Wirkung einer Hornhaut, insbesondere einer

Hornhautvorderfläche (18), eines Modellauges (12); und/oder

- ein Hornhaut-Linsen-Abstand; und/oder

- Parameter der Linse des Modellauges; und/oder

- ein Linsen-Netzhaut-Abstand; und/oder

- eine Größe der Eintrittspupille; und/oder

- eine Größe und/oder Position einer physikalischen Aperturblende insbesondere anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers und/oder von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten festgelegt werden. Das Modellierungsmodul ist ferner ausgelegt, eine Konsistenzprüfung des festgelegten Augenmodells mit den bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten durchzuführen und etwaige Inkonsistenzen, insbesondere mit Hilfe von analytischen und/oder probabilistischen Verfahren, aufzulösen.

Insbesondere bietet die Erfindung also eine Vorrichtung zum Ermitteln relevanter individueller Parameter zumindest eines Auges eines Brillenträgers für die Berechnung oder Optimierung einer ophthalmischen Linse (insbesondere eines Brillenglases) für das zumindest eine Auge des Brillenträgers, umfassend: zumindest eine Datenschnittstelle zum Bereitstellen von individuellen

Refraktionsdaten des zumindest einen Auges des Brillenträgers; und

ein Modellierungsmodul zum Festlegen eines individuellen Augenmodells, welches insbesondere zumindest

- eine Form und/oder Wirkung einer Hornhaut, insbesondere einer

Hornhautvorderfläche (18), eines Modellauges (12); und/oder

- einen Hornhaut-Linsen-Abstand; und/oder

- Parameter der Linse des Modellauges; und/oder

- einen Linsen-Netzhaut-Abstand; und/oder

- eine Größe der Eintrittspupille; und/oder

- eine Größe und/oder Position einer physikalischen Aperturblende anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers und/oder von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten festlegt, wobei zumindest das Festlegen des Linsen-Netzhaut-Abstands vorzugsweise durch Messen und/oder Berechnen erfolgt; und wobei

das Modellierungsmodul ausgelegt ist, eine Konsistenzprüfung des festgelegten Augenmodells mit den bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten durchzuführen und etwaige Inkonsistenzen, insbesondere mit Hilfe von analytischen und/oder probabilistischen Verfahren, aufzu lösen.

Insbesondere bietet die Erfindung eine Vorrichtung zum Ermitteln relevanter individueller Parameter zumindest eines Auges eines Brillenträgers für die Berechnung oder Optimierung eines Brillenglases für das zumindest eine Auge des Brillenträgers, wobei das zumindest eine Auge des Brillenträgers (insbesondere anstelle oder zusätzlich zu der natürlichen Augenlinse) eine implantierte Intraokularlinse aufweist, umfassend:

zumindest eine Datenschnittstelle zum Bereitstellen von individuellen Intraokularlinsendaten der in das Auge des Brillenträgers implantierten Intraokularlinse und zum Bereitstellen von individuellen Refraktionsdaten des zumindest einen Auges des Brillenträgers; und

ein Modellierungsmodul zum Festlegen eines individuellen Augenmodells, welches insbesondere zumindest - eine Form und/oder Wirkung einer Hornhaut, insbesondere einer Hornhautvorderfläche, eines Modellauges;

- einen Hornhaut-Linsen-Abstand;

- Parameter der Linse des Modellauges; und

- einen Linsen-Netzhaut-Abstand

derart anhand der bereitgestellten individuellen Intraokularlinsendaten und ferner anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers und/oder von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten festlegt, dass das Modellauge die bereitgestellten individuellen Refraktionsdaten aufweist, wobei das Festlegen der Parameter der Linse des Modellauges anhand der bereitgestellten individuellen Intraokularlinsendaten erfolgt. Das Festlegen des Linsen- Netzhaut-Abstands erfolgt vorzugsweise durch Messen und/oder Berechnen.

Vorzugsweise ist das Modellierungsmodul ausgelegt zum Ermitteln einer Augenlänge des Modellauges unter Berücksichtigung des gemessenen und/oder berechneten Linsen-Netzhaut-Abstands. Vorzugsweis umfasst die Vorrichtung außerdem eine Anzeigeeinrichtung zum Anzeigen des gemessenen und/oder berechneten Linsen- Netzhaut-Abstands und/oder der ermittelten Augenlänge. Besonders bevorzugt ist die Vorrichtung als Aberrom eter und/oder als Topograf ausgebildet.

Vorzugsweise ist das Modellierungsmodul ausgelegt, eine Konsistenzprüfung des festgelegten Augenmodells, insbesondere des festgelegten Vor-OP-Augenmodells und/oder des festgelegten Nach-OP-Augenmodells, durchzuführen. Ferner vorzugsweise ist das Modellierungsmodul ausgelegt, etwaige Inkonsistenzen, insbesondere mit Hilfe von analytischen und/oder probabilistischen Verfahren (Wahrscheinlichkeitsrechnung z.B. unter Verwendung von Bayes'sche Statistik und/oder eines Maximum Likelihood Ansatzes), aufzulösen.

Insbesondere bietet die Erfindung eine Vorrichtung zum Ermitteln relevanter individueller Parameter zumindest eines Auges eines Brillenträgers für die Berechnung oder Optimierung eines Brillenglases für das zumindest eine Auge des Brillenträgers, wobei im Rahmen einer Operation eine Intraokularlinse in das zumindest eine Auge des Brillenträgers implantiert wurde, umfassend:

zumindest eine Datenschnittstelle zum Bereitstellen von individuellen Nach- OP-Refraktionsdaten des zumindest einen Auges des Brillenträgers; und

ein Modellierungsmodul zum Ermitteln eines Linsen-Netzhaut-Abstands des Auges des Brillenträgers und zum Festlegen eines individuellen Nach-OP- Augenmodells, welches insbesondere zumindest

- eine Form und/oder Wirkung einer Hornhaut, insbesondere einer Hornhautvorderfläche, eines Modellauges des Nach-OP-Augenmodells;

- einen Hornhaut-Linsen-Abstand des Modellauges des Nach-OP-

Augenmodells;

- Parameter der Linse des Modellauges des Modellauges des Nach-OP- Augenmodells; und

- einen Linsen-Netzhaut-Abstand des Modellauges des Nach-OP-

Augenmodells

derart anhand des ermittelten Linsen-Netzhaut-Abstands und ferner anhand von individuellen Messwerten für das Auge des Brillenträgers (ermittelt vor oder nach der OP) und/oder von Standardwerten und/oder anhand der bereitgestellten individuellen Nach-OP-Refraktionsdaten festlegt, dass das Modellauge des Nach-OP- Augenmodells die bereitgestellten individuellen Nach-OP-Refraktionsdaten aufweist, wobei der Linsen-Netzhaut-Abstand des Modellauges des Nach-OP-Augenmodells durch den ermittelten Linsen-Netzhaut-Abstand des Auges des Brillenträgers festgelegt ist.

Ein weiterer unabhängiger Aspekt zur Lösung der Aufgabe betrifft eine Vorrichtung zum Berechnen oder Optimieren eines Brillenglases für zumindest ein Auge eines Brillenträgers umfassend:

eine erfindungsgemäße Vorrichtung zum Ermitteln relevanter individueller Parameter des zumindest einen Auges des Brillenträgers;

eine Flächenmodelldatenbank zum Vorgeben einer ersten Fläche und einer zweiten Fläche für das zu berechnende bzw. optimierende Brillenglas; ein Hauptstrahlermittlungsmodul zum Ermitteln des Verlaufs eines Hauptstrahls durch zumindest einen Durchblickspunkt zumindest einer zu berechnenden oder optimierenden Fläche des Brillenglases in das Modellauge;

ein Auswertemodul zum Auswerten einer Aberration einer entlang des Hauptstrahls aus einer auf die erste Fläche des Brillenglases auftreffenden sphärischen Wellenfront resultierenden Wellenfront an einer Bewertungsfläche im Vergleich zu einer in einem Punkt auf der Netzhaut des Augenmodells konvergierenden Wellenfront; und

ein Optimierungsmodul zum iterativen Variieren der zumindest einen zu berechnenden oder optimierenden Fläche des Brillenglases, bis die ausgewertete Aberration einer vorgegebenen Sollaberration entspricht.

Ein weiterer unabhängiger Aspekt zur Lösung der Aufgabe betrifft eine Vorrichtung zum Herstellen eines Brillenglases, umfassend:

Berechnungs- oder Optimierungsmittel, welche ausgelegt sind, das Brillenglas nach einem erfindungsgemäßen Verfahren zum Berechnen oder Optimieren eines Brillenglases zu berechnen oder zu optimieren; und

Bearbeitungsmittel, welche ausgelegt sind, das Brillenglas gemäß dem Ergebnis der Berechnung bzw. Optimierung zu bearbeiten.

Die Vorrichtung zum Herstellen eines Brillenglases kann einstückig bzw. als eine eigenständige Maschine ausgestaltet sein, d.h. sämtliche Komponenten der Vorrichtung (insbesondere die Berechnungs- oder Optimierungsmittel und die Bearbeitungsmittel) können Bestandteil ein und desselben Systems bzw. ein und derselben Maschine sein. In einer bevorzugten Ausführungsform ist die Vorrichtung zum Herstellen eines Brillenglases jedoch nicht einstückig ausgestaltet, sondern durch verschiedene (insbesondere jeweils eigenständige) Systeme bzw. Maschinen realisiert. So können z.B. die Berechnungs- oder Optimierungsmittel als ein erstes System (insbesondere umfassend einen Computer) und die Bearbeitungsmittel als ein zweites System (insbesondere eine Maschine umfassend die Bearbeitungsmittel) realisiert sein. Dabei können sich die verschiedenen Systeme an unterschiedlichen Orten befinden, d.h. örtlich voneinander getrennt sein. Beispielsweise können sich ein oder mehrere Systeme im Frontend und ein oder mehrere weitere Systeme im Backend befinden. Die einzelnen Systeme können sich z.B. an unterschiedlichen Firmenstandorten befinden oder durch unterschiedliche Firmen betrieben werden. Die einzelnen Systeme weisen dabei insbesondere Kommunikationsmittel auf, um Daten untereinander auszutauschen (beispielsweise über einen Datenträger). Vorzugsweise können die verschiedenen Systeme der Vorrichtung direkt miteinander kommunizieren, insbesondere über ein Netzwerk (z.B. über ein lokales Netzwerk und/oder über das Internet). Die obigen Ausführungen zu der Vorrichtung zum Herstellen eines Brillenglases gelten nicht nurfür diese Vorrichtung, sondern allgemein für sämtliche im Rahmen der vorliegenden Erfindung beschriebenen Vorrichtungen. Insbesondere kann eine hierin beschriebene Vorrichtung als ein System ausgestaltet sein. Das System kann insbesondere mehrere Vorrichtungen (ggf. örtlich getrennt) umfassen, welche ausgelegt sind, einzelne Verfahrensschritte eines entsprechenden Verfahrens auszuführen.

Außerdem bietet die Erfindung ein Computerprogrammerzeugnis bzw. ein Computerprogrammprodukt, insbesondere in Form eines Speichermediums oder eines Datenstroms, welches Programmcode enthält, der ausgelegt ist, wenn geladen und ausgeführt auf einem Computer, ein erfindungsgemäßes Verfahren zum Ermitteln relevanter individueller Parameter zumindest eines Auges eines Brillenträgers und/oder ein erfindungsgemäßes Verfahren zum Berechnen oder Optimieren eines Brillenglases durchzuführen. Insbesondere ist unter einem Com puterprogram m - Produkt ein auf einem Datenträger gespeichertes Programm zu verstehen. Insbesondere ist der Programmcode auf einem Datenträger gespeichert. Mit anderen Worten umfasst das Computerprogrammprodukt computerlesbare Anweisungen, welche, wenn geladen in einen Speicher eines Computers und ausgeführt von dem Computer, bewirken, dass der Computer ein erfindungsgemäßes Verfahren durchführt.

Ferner bietet die Erfindung ein Brillenglas, welches durch ein erfindungsgemäßes Verfahren und/oder mittels einer erfindungsgemäßen Vorrichtung hergestellt wurde. Außerdem bietet die Erfindung eine Verwendung eines nach dem Herstellungsverfahren gemäß der vorliegenden Erfindung, insbesondere in einer bevorzugten Ausführungsform, hergestellten Brillenglases in einer vorgegebenen durchschnittlichen oder individuellen Gebrauchsstellung des Brillenglases vor den Augen eines bestimmten Brillenträgers zur Korrektur einer Fehlsichtigkeit des Brillenträgers.

Die Erfindung kann insbesondere einen oder mehrere der folgenden Aspekte umfassen:

Das Brillenglas als Produkt;

- Die Berechnung und Fertigung des Brillenglases;

- Die Berechnung von Eigenschaften (insbesondere von Designs und Flächen) des Brillenglases;

- Die Berechnung der Augenlänge und die Belegung eines Augenmodells

(auch zu anderen Zwecken als zur Brillenglasberechnung);

Ein Verfahren, eine Vorrichtung und/oder ein System zur Erfassung der relevanten Daten, z.B. in Form oder als Teil einer Bestell- und/oder Branchensoftware, insbesondere zur manuellen Eingabe und/oder zum Import aus Messgeräten und/oder Datenbanken;

- Ein Verfahren, eine Vorrichtung und/oder ein System, insbesondere ein Protokoll, zur Übertragung der relevanten Daten;

- Ein Verfahren, eine Vorrichtung und/oder ein System zum Speichern der relevanten Daten, welches/welche vom Verfahren, von der Vorrichtung und/oder vom System zur Berechnung des Brillenglases verschieden sein kann;

- Ein Verfahren, eine Vorrichtung und/oder ein System zum Bereitstellen und zur Abfrage der Daten der lOLs, insbesondere auf Basis von Typ- oder Seriennummerninformationen durch die Hersteller der IOL, dem Berechner des Brillenglases, oder einer dritten Stelle;

- Vorrichtungen und Computerprogrammprodukte zur Umsetzung der obigen Punkte. Insbesondere kann ein erfindungsgemäßes computerimplementiertes Verfahren in Form einer Bestell- und/oder Branchensoftware bereitgestellt werden. Insbesondere können in einem solchen Verfahren die für die Berechnung und/oder Optimierung und/oder Herstellung eines Brillenglases benötigten Daten, insbesondere der Intraokularlinsendaten und/oder der Rezeptdaten und/oder der individuellen Refraktionsdaten (Vor-OP und/oder Nach -OP Refraktionsdaten) des zumindest einen Auges des Brillenträgers, erfasst und/oder übertragen werden. Die Übertragung der Intraokularlinsendaten kann z.B. vom Hersteller der Intraokularlinsendaten zum Berechner und/oder Hersteller des Brillenglases erfolgen. Die Übertragung der Rezeptdaten und/oder von individuellen Refraktionsdaten kann z.B. vom Optiker und/oder Augenarzt bzw. Chirurg zum Berechner und/oder Hersteller des Brillenglases erfolgen. Alternativ oder zusätzlich kann es möglich sein, diese Daten von einer Datenbank, insbesondere mit Hilfe einer Typ- und/oder Seriennummer der implantierten IOL bzw. mit Hilfe eines Patientencodes (z.B. Kunden- bzw. Patientennummer, Name, usw.) abzurufen. Mess- bzw. Refraktionsdaten können z.B. auch direkt von einem Messgerät abgerufen werden. Für die Übertragung der Daten kann ein gängiges oder ein speziell für das erfindungsgemäße Verfahren entwickeltes Übertragungs-Protokoll verwendet werden. Alternativ oder zusätzlich können die zu übertragenen Daten, zumindest teilweise, auch manuell über eine Eingabeeinheit eingegeben werden. Beispielsweise kann ein Augenarzt bzw. Chirurg auf diese Weise die sogenannte A-Konstante bzw. IOL-Konstante der verwendeten Intraokularlinse übermitteln. Insbesondere kann auch ein Linsen- bzw. IOL-Pass auf Basis der übermittelten Daten semi- oder vollautomatisch erstellt werden.

Eine erfindungsgemäße Vorrichtung und/oder ein erfindungsgemäßes System, z.B. zum Bestellen eines Brillenglases, kann insbesondere einen Computer und/oder Datenserver umfassen, der ausgelegt ist, um über ein Netzwerk (z.B. Internet) kommunizieren kann. Der Computer ist insbesondere ausgelegt, ein computer implementiertes Verfahren, z.B. eine Bestellsoftware zum Bestellen zumindest eines Brillenglases, und/oder eine Übertragungssoftware zum Übertragung von relevanten Daten (insbesondere Intraokularlinsendaten und/oder Rezeptdaten und/oder Refraktionsdaten), und/oder eine Ermittlungs-Software zum Ermitteln relevanter individueller Parameter zumindest eines Auges eines Brillenträgers, und/oder eine

Berechnungs- bzw. Optim ierungs-Software zur Berechnung und/oder Optimierung eines herzustellenden Brillenglases, gemäß der vorliegenden Erfindung auszuführen.

Für die oben genannten weiteren unabhängigen Aspekte bzw. Ansätze und insbesondere für diesbezügliche bevorzugte Ausführungsformen gelten auch die vor- oder nachstehend gemachten Ausführungen zu den Ausführungsformen des ersten Aspekts. Insbesondere gelten für einen unabhängigen Aspekt der vorliegenden Erfindung und für diesbezügliche bevorzugte Ausführungsformen auch die vor- und nachstehend gemachten Ausführungen zu den Ausführungsformen der jeweils anderen unabhängigen Aspekte.

Bevorzugte Ausführungsformen und Beispiele der Erfindung werden nachfolgend zumindest teilweise unter Bezugnahme auf die bei gefügten Zeichnungen beispielhaft erläutert. Dabei zeigen:

Figur 1 eine schematische Darstellung des physiologischen und physikalischen Modells eines Brillenglases und eines Auges zusammen mit einem Strahlverlauf in einer vorgegebenen Gebrauchsstellung;

Figur 2 ein Graph mit einer beispielhaften Abhängigkeit von P mess von S I0L und L 1 10L zur Illustration bzw. Erklärung eines Verfahrens zur

Param eterbestim m ung unter Zwangsbedingungen gemäß eines bevorzugten Ausführungsbeispiels der vorliegenden Erfindung;

Figuren 3a-3f marginale Prior-Wahrscheinlichkeitsdichten als Konturdarstellung einer Stichprobe aus der Prior-Verteilung mit äquidistanten Linien gleicher Wahrscheinlchkeitsdichte zum ersten Beispiel für das Verfahren nach Bayes A; Figuren 4a-4f marginale Posterior-Wahrscheinlichkeitsdichten als Konturdarstellung einer Stichprobe aus der Posterior-Verteilung mit äquidistanten Linien gleicher Wahrscheinlichkeitsdichte zum ersten Beispiel für das

Verfahren nach Bayes A;

Figuren 5a-5c Histogramme marginaler Wahrscheinlichkeitsdichten von M, Jo und

J45, die eine Stichprobe aus der Posterior-Verteilung der Wirkung der ophthalmischen Linse darstellen, zum ersten Beispiel für das

Verfahren nach Bayes A bzw. Bayes B;

Figuren 6a-6e marginale Prior-Wahrscheinlichkeitsdichten als Streudiagramme einer

Stichprobe aus der Prior-Verteilung zum zweiten Beispiel für das Verfahren nach Bayes A;

Figuren 7a-7e marginale Posterior-Wahrscheinlichkeitsdichten als Streudiagramme einer Stichprobe aus der Posterior-Verteilung zum zweiten Beispiel für das Verfahren nach Bayes A;

Figuren 8a-8c Histogramme marginaler Wahrscheinlichkeitsdichten von M, Jo und

J45, die eine Stichprobe aus der Posterior-Verteilung der Wirkung der ophthalmischen Linse darstellen, zum zweiten Beispiel für das

Verfahren nach Bayes A bzw. Bayes B;

Figuren 9a-9c Histogramme marginaler Wahrscheiniichkeitsdichten von M, Jo und

J45, die sich aus einer Prior-Verteilung ergeben, zum zweiten Beispiel für das Verfahren nach Bayes A bzw. Bayes B.

Figur 1 zeigt eine schematische Darstellung des physiologischen und physikalischen Modells eines Brillenglases und eines Auges in einer vorgegebenen Gebrauchsstellung zusammen mit einem beispielhaften Strahlverlauf, welches einer individuellen Brillenglasberechnung bzw. -Optimierung gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung zugrunde liegt. Hierbei wird pro Durchblickspunkt des Brillenglases vorzugsweise nur ein einziger Strahl berechnet (der Hauptstrahl 10, der vorzugsweise durch den Augendrehpunkt Z läuft), begleitend aber außerdem auch die Ableitungen der Pfeilhöhen der Wellenfront nach den transversalen (zum Hauptstrahl senkrechten) Koordinaten. Diese Ableitungen werden bis zur gewünschten Ordnung berücksichtigt, wobei die zweiten Ableitungen die lokalen Krümmungseigenschaften der Wellenfront beschreiben und die höheren Ableitungen mit den Abbildungsfehlern höherer Ordnungen Zusammenhängen.

Bei der Durchrechnung von Licht durch das Brillenglas bis in das Auge 12 gemäß dem individuell bereitgestellten Augenmodell werden die lokalen Ableitungen der Wellenfronten im Endeffekt an einer geeigneten Position im Strahlverlauf ermittelt, um sie dort mit einer Referenzwellenfront zu vergleichen, welche in einem Punkt auf der Retina des Auges 12 konvergiert. Insbesondere werden die beiden Wellenfronten (d.h. die vom Brillenglas kommende Wellenfront und die Referenzwellenfront) in einer Bewertungsfläche miteinander verglichen.

Unter„Position“ ist dabei nicht einfach nur ein bestimmter Wert der z-Koordinate (in Lichtrichtung) gemeint, sondern ein solcher Koordinatenwert in Kombination mit der Angabe aller Flächen, durch die vor Erreichen der Bewertungsfläche gebrochen wurde. In einer bevorzugten Ausführungsform wird durch alle brechenden Flächen einschließlich der Linsenrückfläche gebrochen. In diesem Fall dient als Referenzwel lenfront vorzugsweise eine sphärische Wellenfront, deren Krümmungsmittelpunkt auf der Retina des Auges 12 liegt.

Besonders bevorzugt wird ab dieser letzten Brechung nicht weiter propagiert, so dass der Krümmungsradius dieser Referenzwellenfront gerade dem Abstand zwischen Linsenrückfläche und Retina entspricht. In einer außerdem bevorzugten Ausführungsform wird nach der letzten Brechung noch propagiert, und zwar bevorzugt bis zur Austrittspupille AP des Auges 12. Diese liegt beispielsweise im Abstand d AR = vor der Retina und damit sogar vor der Linsenrückfläche, so dass die Propagation in diesem Fall eine Rückpropagation ist (die Bezeichnungen dm , dH { werden weiter unten noch bei der Aufzählung der Schritte 1 -6 beschrieben). Auch in diesem Fall ist die Referenzwellenfront sphärisch mit Krümmungsmittelpunkt auf der Retina, besitzt aber Krümmungsradius 1 /d AR .

Hierzu wird angenommen, dass eine sphärische Wellenfront wo vom Objektpunkt ausgeht und bis zur ersten Brillenglasfläche 14 propagiert. Dort wird sie gebrochen und anschließend propagiert sie bis zur zweiten Brillenglasfläche 16, wo sie wieder gebrochen wird. Die vom Brillenglas austretenden Wellenfront w gi propagiert anschließend entlang des Hauptstrahls in Richtung des Auges 12 (propagierte Wellenfront w g 2) bis sie auf die Cornea 18 trifft, wo sie wiederum gebrochen wird (Wellenfront w c ). Nach einer weiteren Propagation innerhalb der Augenvorderkammer bis zur Augenlinse 20, wird die Wellenfront auch von der Augenlinse 20 wiederum gebrochen, wodurch beispielsweise an der Rückfläche der Augenlinse 20 oder an der Austrittspupille des Auges die resultierenden Wellenfront w e entsteht. Diese wird mit der sphärischen Referenzwellenfront w s verglichen und die Abweichungen werden für alle Durchblickspunkte in der Zielfunktion (vorzugsweise mit entsprechenden Gewichtungen für die einzelnen Durchblickspunkte) bewertet.

Somit wird die Fehlsichtigkeit nicht mehr nur durch eine dünne sphäro-zylindrische Linse beschrieben, wie dies in vielen herkömmlichen Verfahren üblich war, sondern vorzugsweise werden die Hornhauttopographie, die Augenlinse, die Abstände im Auge und die Deformation der Wellenfront (einschließlich der Abbildungsfehler niedriger Ordnung - also Sphäre, Zylinder und Achslage - sowie vorzugsweise auch einschließlich der Abbildungsfehler höherer Ordnung) im Auge direkt berücksichtigt. Dabei wird im erfindungsgemäßen Augenmodell die Glaskörperlänge CILR individuell berechnet.

Vorzugsweise liefert eine Aberrometermessung die individuellen Wellenfrontdeformationen des realen fehlsichtigen Auges für Ferne und Nähe (Abweichungen, keine absoluten Brechwerte) und die individuellen mesopischen und photopischen Pupillendurchmesser. Aus einer Messung der Hornhauttopographie (flächenhafte Vermessung der Cornea-Vorderfläche) erhält man vorzugsweise eine individuelle reale Hornhautvorderfläche, die im Allgemeinen nahezu 75% des Gesamtbrechwertes des Auges ausmacht. In einer bevorzugten Ausführungsform ist es nicht notwendig, die Comea-Rückfläche zu vermessen. Sie wird vorzugsweise wegen des geringen Brechzahlunterschiedes zum Kammerwasser und wegen der geringen Homhautdicke in guter Näherung nicht durch eine separate brechende Fläche, sondern durch eine Anpassung des Brechungsindex der Cornea beschrieben.

Generell sollen in dieser Beschreibung fett gesetzte Kleinbuchstaben Vektoren und fett gesetzte Großbuchstaben Matrizen bezeichnen, wie z.B. die (2 x 2) - Vergenzmatrizen bzw. -Brechwertmatrizen und kursiv gesetzte wie d skalare Größen.

Weiterhin sollen fette, kursiv gesetzte Großbuchstaben Wellenfronten oder Flächen als Ganzes bezeichnen. So ist z.B. S die Vergenzmatrix der gleichnamigen Wellenfront

S, nur dass S außer den Aberrationen 2-ter Ordnung, die in S zusammengefasst sind, auch die Gesamtheit aller Aberrationen höherer Ordnung (=HOA fürengl. Higher Order Aberrations) der Wellenfront mit umfasst. Mathematisch gesehen steht 5 für die Menge aller Parameter, die notwendig sind, um eine Wellenfront (ausreichend genau) in Bezug auf ein gegebenes Koordinatensystem zu beschreiben. Vorzugsweise steht S für einen Satz von Zernike-Koeffizienten mit einem Pupillenradius oder einen Satz aus Koeffizienten einer Taylorreihe. Besonders bevorzugt steht S für die Menge aus einer Vergenzmatrix S zur Beschreibung der Wellenfronteigenschaften 2. Ordnung und einem Satz von Zernike-Koeffizienten (mit einem Pupillenradius), der zur Beschreibung aller restlichen Wellenfronteigenschaften außer der 2. Ordnung dient oder einem Satz von Koeffizienten gemäß einer Zerlegung nach Taylor. Für Flächen statt Wellenfronten gelten analoge Aussagen. Unter anderem können folgende Daten im Prinzip direkt gemessen werden:

- Die Wellenfront S M , die durch den Laserspot auf der Retina und den Durchgang durch das Auge erzeugt wird (aus aberrometrischer Messung)

- Form der Hornhautvorderfläche C (durch Hornhaut-Topographie)

- Abstand zwischen Hornhaut und Linsenvorderfläche d CL (durch Pachymetrie).

Diese Größe kann auch indirekt durch die Messung des Abstandes zwischen der Hornhaut und der Regenbogenhaut ermittelt werden, dabei können gegebenenfalls Korrekturwerte angewendet werden. Derartige Korrekturen können der Abstand zwischen der Linsenvorderfläche und der Regenbogenhaut aus bekannten Augenmodellen (z.B. Literaturwerte) sein.

- Krümmung der Linsenvorderfläche in einer Richtung L lxx (durch Pachymetrie) Dabei kann ohne Einschränkung der Allgemeinheit die x-Ebene beispielsweise derart definiert werden, dass dieser Schnitt in der x-Ebene liegt. Wird das Koordinatensystem so definiert, dass diese Ebene schief liegt, muss die Ableitung durch die Funktionen des entsprechenden Winkels ergänzt werden. Es wird nicht gefordert, dass es sich dabei um einen Hauptschnitt handelt. Beispielsweise kann es sich um den Schnitt in der horizontalen Ebene handeln.

Weiterhin können folgende Daten - je nach Ausführungsform - entweder gemessen oder der Literatur entnommen werden:

- Dicke der Linse d L

- Krümmung der Linsenrückfläche in derselben Richtung wie die Linsenvorderfläche L 2 XX (durch Pachymetrie)

Damit gibt es für die Linsenrückfläche folgende Möglichkeiten: - Messung von L 2 xx (L 2 ,M) und Annahme einer Rotationssymmetrie

- Entnahme von L 2 xx aus der Literatur (L 2 Lit ) und Annahme einer

Rotationssymmetrie L 2 xx - L 2yy = L 2 = I 2 M und L 2 xy = L 2,yx = 0

- Entnahme der vollständigen (unsymmetrischen) Form L 2 aus der Literatur

(i 2,Lit )

- Messung von L 2 xx ( L 2 M ) und Annahme eines Zylinders oder einer anderweitig spezifizierten Asymmetrie a Lit aus der Literatur

^2 , xx ^ 2 , Ai und sowie L 2 yy di ^ 2 , xx a Lit

Folgende Daten können der Literatur entnommen werden:

- Brechungsindices n CL von Hornhaut und Augenvorderkammer sowie des Kammerwassers n LR und der der Linse n L

Damit verbleiben insbesondere der Abstand d LR zwischen Linsenrückfläche und

Netzhaut sowie die Komponenten L l yy und L l xy = L l yx der Linsenvorderfläche als unbekannte Parameter. Zur Vereinfachung des Formalismus kann ersterer auch als Vergenzmatrix D LR = D LR 1 mit D LR = n LR / d LR geschrieben werden. Weiterhin wird generell die Größe t verwendet, die definiert ist als t = d/n (wobei für den Brechungsindex als n immer der entsprechende Index zu verwenden ist wie für d und t, z.B. als T LR = d LR /n LR , T CL = d CL /n CL ).

Die Modellierung des Durchgangs der Wellenfront durch das erfindungsgemäß verwendete Augenmodell, also nach dem Durchgang durch die Flächen des

Brillenglases, kann in einer bevorzugten Ausführungsform, in der die Linse über eine

Vorder- und eine Rückfläche beschrieben wird, wie folgt beschrieben werden, wobei die Transformationen der Vergenzmatrizen explizit angegeben wird: 1. Brechung der Wellenfront S mit der Vergenzmatrix S an der Hornhaut C mit der Flächenbrechwertmatrix C zur Wellenfront S' c mit Vergenzmatrix S' c = S + C

2. Propagation um die Vorderkammertiefe d CL (Abstand zwischen Hornhaut und Linsenvorderfläche) zur Wellenfront S L1 mit Vergenzmatrix S L1 = S' c /(1 - T CL s')

3. Brechung an der Linsenvorderfläche I x mit der Flächenbrechwertmatrix zur Wellenfront S' L1 mit der Vergenzmatrix S' i = S L1 + L x

4. Propagation um die Linsendicke d L zur Wellenfront S L2 mit Vergenzmatrix S L2 =

SOi/Cl - T L S’ L1 )

5. Brechung an der Linsenrückfläche L 2 mit der Flächenbrechwertmatrix L 2 zur Wellenfront S' L2 mit Vergenzmatrix S' L2 = S L2 + L 2

6. Propagation um den Abstand zwischen Linse und Netzhaut d LR zur Wellenfront S R mit der Vergenzmatrix S R = S’ L2 /(1 - T LR S' L2 )

Jeder der Schritte 2, 4, 6, bei denen die Abstände T cl , T cl , bzw. T CL propagiert wird, kann dabei aufgeteilt werden in zwei Teilpropagationen 2a, b), 4a, b) bzw. 6a, b) nach dem folgenden Schema, das für den Schritt 6a, b) explizit lautet:

6a. Propagation um den Abstand d L (a zwischen Linse und Zwischenebene zur Wellenfront S LR mit der Vergenzmatrix )

6b. Propagation um den Abstand zwischen Zwischenebene und Netzhaut zur Wellenfront S R mit der Vergenzmatrix S Ä = S M /(I - r^ S^ )

Dabei können T L ( R = d^ ( / n ( ^ und T LR = d ^ I n ^ positiv oder negativ sein, wobei stets + T LR = t LR sein soll. In jedem Fall lassen sich Schritt 6a und 6b durch S Ä = S' L2 /(1 - (T L { R + T ] { 2 I )S’ lz ) = S' L2 /(1 - T LR S' L2 ) wieder zusammenfassen. Die Aufteilung in Schritt 6a und 6b bietet aber Vorteile, und bevorzugt kann die

Zwischenebene in die Ebene der Austrittspupille AP gelegt werden, die vorzugsweise vor der Linsenrückfläche liegt. In diesem Fall ist < 0 und > 0.

Analog zur Aufteilung von Schritt 6 in 6a, b) kann auch die Aufteilung der Schritte 2,4 erfolgen.

Entscheidend für die Wahl der Bewertungsfläche der Wellenfront ist also nicht nur die absolute Lage in Bezug auf die z-Koordinate (in Lichtrichtung), sondern auch die Anzahl der Flächen, durch die bis zur Bewertungsfläche schon gebrochen wurde. So kann ein- und dieselbe Ebene mehrmals durchlaufen werden. Beispielhaft wird die Ebene der AP (die normalerweise zwischen der Linsenvorderfläche und der Linsenrückfläche liegt) vom Licht formal zum ersten Mal durchlaufen nach einem gedachten Schritt 4a, bei dem von der Linsenvorderfläche um die Länge t a) > 0 propagiert wird. Zum zweiten Mal wird die gleiche Ebene erreicht nach Schritt 6a, wenn nach der Brechung durch die Linsenrückfläche wieder zur AP-Ebene zurückpropagiert wird, d.h. T PR = -r L + t[ a) = -r ) < 0 , was gleichbedeutend ist mit - t rr < 0. Bei den Wellenfronten S AP , die sich im Text auf die AP beziehen, soll (falls nicht explizit anders erwähnt) vorzugsweise immer die Wellenfront S AP = S LR gemeint sein, die Ergebnis von Schritt 6a ist.“

Auf diese Schritte 1 bis 6 wird im weiteren Verlauf der Beschreibung immer wieder Bezug genommen. Sie beschreiben einen bevorzugten Zusammenhang zwischen der Vergenzmatrix S einer Wellenfront S an der Hornhaut und den Vergenzmatrizen aller daraus hervorgehenden Zwischenwellenfronten an den brechenden Zwischenflächen des Auges, insbesondere der Vergenzmatrix S' L2 einer Wellenfront S’ L2 nach der Augenlinse (oder sogar einer Wellenfront S R an der Netzhaut). Diese Zusammenhänge können sowohl dazu verwendet werden, a-priori nicht bekannte Parameter (z.B. d LR oder L t ) zu berechnen und so das Modell entweder individuell oder generisch mit Werten zu belegen, als auch um mit dann belegten Modellen die Ausbreitung der Wellenfront im Auge zur Optimierung von Brillengläsern zu simulieren. In einer bevorzugten Ausführungsform werden die Flächen und Wellenfronten bis in zweiter Ordnung behandelt, wozu eine Darstellung durch Vergenzmatrizen ausreichend ist. Eine später noch beschriebene andere bevorzugte Ausführungsform berücksichtigt und nutzt auch höhere Ordnungen von Abbildungsfehlern.

In einer Beschreibung in zweiter Ordnung besitzt das Augenmodell in einer bevorzugten Ausführungsform zwölf Parameter als Freiheitsgrade des Modells, die belegt werden müssen. Diese umfassen vorzugsweise die drei Freiheitsgrade der Flächenbrechwertmatrix C der Cornea C, die jeweils drei Freiheitsgrade der Flächenbrechwertmatrizen L x und l 2 für die Linsenvorder- bzw. Rückfläche, sowie jeweils einen für die Längenparameter Vorderkammertiefe d CL , Linsendicke d L und die Glaskörperlänge d LR .

Belegungen dieser Parameter können im Prinzip auf mehrere Weisen erfolgen:

i) Direkte, also individuelle Messung eines Parameters

ii) A priori gegebener Wert eines Parameters, z.B. als Literaturwert oder aus einer Schätzung, beispielsweise durch Vorliegen eines Messwertes für eine andere Größe, die anhand einer vorangegangenen Populationsanalyse auf bekannte Weise mit dem zu bestimmenden Parameter korreliert

iii) Berechnung aus Konsistenzbedingungen, z.B. Verträglichkeit mit einer bekannten Refraktion

Die gesamte Anzahl df 2 von Freiheitsgraden des Augenmodells in zweiter Ordnung ( df steht für ,degree of freedom“, Index ,2‘ für 2. Ordnung) setzt sich also zusammen aus df 2 = df 2 (i) + df 2 {ii) + df 2 (iii)

Liegen beispielsweise für alle zwölf Modellparameter direkte Messwerte vor, dann ist df 2 (i ) = 12, df 2 (ii) = 0 und df 2 {iii ) = 0, was nachfolgend der Einfachheit halber durch die Schreibweise df 2 - 12 + 0 + 0 ausgedrückt wird. In einem solchen Fall ist auch die objektive Refraktion des betreffenden Auges festgelegt, so dass eine objektive Refraktionsbestimmung nicht mehr zusätzlich durchgeführt werden müsste.

Ein zentraler Aspekt der Erfindung betrifft aber gerade das Ziel, nicht alle Parameter direkt messen zu müssen. So ist es insbesondere deutlich einfacher, die Refraktion des betreffenden Auges zu messen bzw. objektiv und/oder subjektiv zu bestimmen, als alle Parameter des Modellauges individuell zu vermessen. Vorzugsweise liegt somit zumindest eine Refraktion, also Messdaten zur Wellenfront S M des Auges bis zur zweiten Ordnung vor, die den Daten der Vergenzmatrix S M entsprechen. Bei einer Belegung des Augenmodells auf Basis rein objektiv gemessener Daten können diese Werte aberrometrische Messungen oder autorefraktometrischen Messungen entnommen werden, bzw. laut (ii) anderweitig gegebener Daten belegt werden. Eine Berücksichtigung subjektiver Verfahren (d.h. subjektive Refraktion), sei es als Ersatz der objektiven Messung der Refraktion oder durch die Kombination beider Ergebnisse, wird später noch beschrieben. Die drei Bedingungen der Übereinstimmung mit den drei unabhängigen Parametern der Vergenzmatrix S M erlauben es damit, drei Parameter des Augenmodells abzuleiten, was in der oben eingeführten Notation df 2 (iU) - 3 entspricht.

Die Erfindung nutzt also die Möglichkeit, in Fällen, in denen nicht alle Modellparameter direkten Messungen zugänglich sind, oder diese Messungen sehr aufwändig wären, die fehlenden Parameter sinnvoll zu belegen. Liegen beispielsweise höchstens für neun Modellparameter direkte Messwerte vor (d/ 2 (i) < 9), dann kann man die genannten Bedingungen der Refraktion benutzen, um drei der Modellparameter zu berechnen (df 2 (iii) = 3). Falls genau d/ 2 (i) - 9 gilt, dann sind alle zwölf Modellparameter durch die Messungen und die Berechnung eindeutig bestimmt, und es gilt (d/ 2 (ii) = 0). Ist dagegen d/ 2 (i) < 9, dann ist d/ 2 (ii) = 9 - d/ 2 (i) > 0, d.h. das Modell ist unterbestimmt in dem Sinne, dass d/ 2 (ii) Parameter a priori festgelegt werden müssen.

Mit dem Bereitstellen einer individuellen Refraktion, also Messdaten zur Wellenfront S M des Auges insbesondere bis zur zweiten Ordnung liegen die nötigen Daten der Vergenzmatrix S M entsprechend vor. Gemäß einem in WO 2013/104548 A1 beschriebenen herkömmlichen Verfahren werden insbesondere die Parameter {C, d CL , S M } gemessen. Hingegen werden herkömmlicherweise unter anderem die beiden Längenparameter d L und d LR (bzw. D LR ) a priori festgelegt (z.B. durch Literaturwerte oder Schätzung). In WO 2013/104548 A1 werden insbesondere die beiden Fälle unterschieden, in denen entweder L 2 a priori festgelegt und L x daraus berechnet wird, oder umgekehrt. Als Berechnungsvorschrift offenbart die genannte Offenlegungsschrift hierzu Gl. (4) bzw. Gl. (5). Für beide Fälle gilt df 2 = 4 + 5 + 3

In der Bezeichnungsweise der oben genannten Schritte 1 bis 6 geschieht die Anpassung von L t an die Messungen insbesondere dadurch, dass man zum einen die gemessene Vergenzmatrix S M mittels der Schritte 1 , 2 durch die ebenfalls gemessene Matrix C hindurch rechnet und bis zur objektseitigen Seite der Linsenvorderfläche propagiert. Zum anderen rechnet man von einer gedachten punktförmigen Lichtquelle auf der Netzhaut eine Kugelwelle mittels der rückwärts durchlaufenen Schritte 6, 5, 4 von hinten nach vorne, indem man diese Kugelwelle an der zuvor festgelegten Flächenbrechwertmatrix L 2 der Linsenrückfläche bricht und die dann erhaltene Wellenfront von der Linsenrückfläche bis zur bildseitigen Seite der Linsenvorderfläche propagiert. Die Differenz der so bestimmten Vergenzmatrizen S L1 und S' L1 , die objektseitig bzw. bildseitig der Linsenvorderfläche liegen muss durch die Matrix bewirkt worden sein, denn bei der aberrometrischen Messung geht die gemessene Wellenfront aus einer Wellenfront hervor, die von einem Punkt auf der Netzhaut ausgeht, und deshalb aufgrund der Umkehrbarkeit der Strahlengänge identisch mit derjenigen einfallenden Wellenfront ist (S = S M ), die auf diesen Punkt der Netzhaut zusammenläuft. Dies führt zu Gleichung (4) in der genannten Offenlegungsschrift:

Der andere Fall in der genannten Offenlegungsschrift betrifft die Anpassung der Matrix L 2 an die Messungen, nachdem die Matrix L x festgelegt worden ist. Ein Unterschied besteht jetzt lediglich darin, dass die gemessene Wellenfront S M den Schritten 1 , 2, 3, 4 unterzogen wird und die angenommene Wellenfront aus der punktförmigen Lichtquelle nur dem Schritt 6, und dass der zur Anpassung der Linsenrückfläche l 2 zu erfolgende fehlende Schritt jetzt Schritt 5 ist, entsprechend Gl. (5) der genannten Offenlegungsschrift:

Der zentrale Gedanke der Erfindung besteht darin, zumindest den Längenparameter d LR (bzw. D lr ) aus anderen gemessenen Daten und a-priori-Annahmen zu anderen Freiheitsgraden zu berechnen und nicht wie herkömmlich selbst a-priori anzunehmen. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung stellte sich heraus, dass dies deshalb eine bemerkenswerte Verbesserung der individuellen Anpassung bei vergleichsweise geringem Aufwand brachte, weil sich die Wellenfrontdurchrechnung als sehr empfindlich von diesem Längenparameter abhängig herausstellte. Dies bedeutet, dass es erfindungsgemäß ein Vorteil ist, wenn zumindest der Längenparameter d LR zu den df 2 (iii ) = 3 Parametern gehört, die berechnet wird. Dieser Parameter ist insbesondere einer direkten Messung schlecht zugänglich, er variiert zwischen unterschiedlichen Probanden stärker und diese Variationen beeinflusst die Abbildung des Auges vergleichsweise stark.

Vorzugsweise stehen die Daten der Vergenzmatrix S M und besonders bevorzugt auch die Daten zu C aus individuellen Messungen zur Verfügung. In einem weiteren bevorzugten Aspekt, der vorzugsweise auch in den folgenden Ausführungsformen berücksichtigt wird, wird bei einer Annahme von Daten zur Linsenrückfläche von einer sphärischen Rückfläche, d.h. einer Rückfläche ohne astigmatische Komponenten ausgegangen.

In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung liegen also zur Cornea C Messdaten bis zur zweiten Ordnung vor, die den Daten der Flächenbrechwertmatrix C entsprechen. Obgleich diese Werte topographischen Messungen entnommen werden können, sind letztere nicht notwendig. Vielmehr sind topometrische Messungen ausreichend. Diese Situation entspricht dem Fall df 2 = 3 + 6 + 3, wobei insbesondere die Vorderkammertiefe d CL einer der sechs a priori festzulegenden Parameter ist.

Soweit keine weiteren individuellen Messungen vorgenommen werden, liegt eine Situation mit df 2 = 3 + 6 + 3 vor. Um d LR eindeutig bestimmen zu können, müssen also sechs Parameter aus {L 1; l 2 , d L , d CL } durch Annahmen bzw. Literaturwerte belegt werden. Die übrigen beiden ergeben sich zusätzlich zu d LR aus der Rechnung. In einer bevorzugten Ausführungsform werden die Parameter der Linsenrückfläche, die mittlere Krümmung der Linsenvorderfläche und die beiden Längenparameter d L und d CL a priori (als vorgegebene Standardwerte) belegt.

In einem für die Erfindung besonders wichtigen Fall ist zusätzlich die Vorderkammertiefe d CL also der Abstand zwischen der Hornhaut und Linsenvorderfläche, beispielsweise aus pachymetrischen oder OCT-Messungen bekannt. Damit umfassen die gemessenen Parameter {C, d CL , S M }. Diese Situation entspricht dem Fall df 2 = 4 + 5 + 3. Das Problem ist demnach mathematisch noch unterbestimmt, es müssen also fünf Parameter aus {L 1 L 2 , d L } durch Annahmen bzw. Literaturwerte a priori festgelegt werden. Hierbei handelt es sich in einer bevorzugten Ausführungsform um die Parameter der Linsenrückfläche, die mittlere Krümmung der Linsenvorderfläche und die Linsendicke.

Allein für die Genauigkeit der individuellen Anpassung ist es von Vorteil, möglichst viele Parameter mit individuellen Messungen belegen zu können. In einer bevorzugten Ausführungsform wird dazu zusätzlich die Linsenkrümmung in einem Normalschnitt auf Basis einer individuellen Messung bereitgestellt. Dadurch ergibt sich dann eine Situation gemäß df 2 = 5 + 4 + 3, und es reicht aus, vier Parameter aus {L lyy , a L1 , L 2 , d L ) a priori festzulegen. Auch hier handelt es sich in einer bevorzugten Ausführungsform wieder um die Parameter der Linsenrückfläche und die Linsendicke. Die genaue Durchrechnung wieder weiter unten noch beschrieben. Insbesondere alternativ zum Normalschnitt der Linsenvorderfläche und besonders bevorzugt zusätzlich zur Vorderkammertiefe kann auch die Linsendicke aus einer individuellen Messung zur Verfügung gestellt werden. Dadurch entfällt die Notwendigkeit, diesen Parameter mit Modelldaten oder Schätzparam etern zu belegen ( df 2 = 5 + 4 + 3). Ansonsten gilt das oben bereits ausgeführte. Diese Ausführungsform ist besonders vorteilhaft, wenn ein Pachymeter eingesetzt wird, dessen Messtiefe die Erkennung der Linsenrückfläche erlaubt, nicht aber eine hinreichend sichere Bestimmung der Linsenkrümmungen.

Zusätzlich zur Vorderkammertiefe und einem Normalschnitt der Linsenvorderfläche können in einer bevorzugten Ausführungsform ein (z.B. Messung in zwei Normalschnitten) oder zwei weitere Parameter (Messung beider Hauptschnitte und der Achslage) der Linsenvorderfläche durch eine individuelle Messung erfasst werden. Diese zusätzlichen Informationen können insbesondere auf zwei Arten ausgenutzt werden:

- Aufgabe von a priori Annahmen: Es können ein bzw. zwei der ansonsten a priori getroffenen Annahmen aufgegeben und aus durch Berechnung bestimmt werden. In diesem Fall ergeben sich die Situationen df 2 = 6 + 3 + 3 bzw. df 2 = 7 + 2 + 3. So kann im ersten Fall die mittlere Krümmung der Rückfläche (bei Annahme einer astigmatismusfreien Rückfläche) und im zweiten Fall bei gegebener mittlerer Krümmung der Flächenastigmatismus (incl. Achslage) bestimmt werden. Alternativ kann in beiden Fällen auch die Linsendicke aus den Messungen bestimmt werden.

Ein derartiges Vorgehen bedarfjedoch im Allgemeinen einer gewissen Umsicht, da verrauschte Messdaten leicht zu einem „Weg laufen“ der freigegebenen Parameter führen können. Dadurch kann das Modell insgesamt deutlich schlechter anstatt besser werden. Eine Möglichkeit dies zu verhindern besteht darin, anatomisch sinnvolle Grenzwerte für diese Parameter vorzugeben und die Variation der Parameter auf diesen Bereich zu beschränken. Selbstverständlich können diese Grenzen auch abhängig von den gemessenen Werten vorgegeben werden.

- Verringerung der Messunsicherheit: Werden dagegen weiterhin die gleichen a priori Annahmen getroffen (vorzugsweise also (L 2 , d L }), liegen die Situationen df 2 = 6 + 4 + 3 bzw. df 2 = 7 + 4 + 3 vor, das System ist also mathematisch überbestimmt.

Anstelle einer einfachen analytischen Bestimmung von D LR gemäß nachfolgender Ausführungen wird D LR (und gegebenenfalls der noch fehlende Parameter aus L x ) so bestimmt („fit“), dass der Abstand zwischen dem sich aus den Gleichungen ergebenden L x und dem gemessenen L x (bzw. dem um den fehlenden Parameter ergänzten gemessenen L x ) minimal wird. Durch dieses Vorgehen kann - offensichtlich - eine Verringerung der Messunsicherheit erreicht werden.

In einer weiteren bevorzugten Implementierung werden die Vorderkammertiefe, zwei oder drei Parameter der Linsenvorderfläche und die Linsendicke individuell gemessen. Die Berechnung der übrigen Größen erfolgt dabei analog, wobei die a priori Annahme der Linsendicke durch die entsprechende Messung ersetzt werden kann.

In einer weiteren bevorzugten Implementierung werden individuelle Messungen der Vorderkammertiefe, mindestens eines Parameters der Linsenvorderfläche, der Linsendicke und mindestens eines Parameter der Linsenrückfläche bereitgestellt. Hierbei handelt es sich um eine Ergänzung der oben genannten Fälle. Die jeweiligen zusätzlich gemessenen Parameter können analog den schrittweisen Erweiterungen der obigen Abschnitte erfolgen. Diese Fälle sind besonders vorteilhaft, wenn die oben erwähnten Pachymetrieeinheiten, die in einer Ebene, zwei Ebenen oder über die ganze Fläche messen in der Messtiefe entsprechend erweitert und so präzise sind, dass sich die Krümmungsdaten hinreichend genau ermitteln lassen.

Stellt man die bereits oben genannte Formel (1 b), nämlich zur Berechnung der Linsenrückfläche bei gegebener Augenlänge (wobei DLR=nLR/dLR die inverse Glaskörperlänge ÖLR, multipliziert mit dem Brechungsindex HLR ist), nach DLR um, so erhält man

zur Berechnung von DLR. Da DLR ein Skalar ist, müssen alle Größen zur Berechnung auch skalar genommen werden. Vorzugsweise sind SM, C, LI und L2 jeweils die sphärischen Äquivalente der Fehlsichtigkeit, der Cornea, der Linsenvorderfläche bzw. der Linsenrückfläche. Hat man so die Glaskörperlänge ÖLR berechnet (und damit die Augenlänge als dA=dc+dcL+dL+di_R), dann kann eine der Flächen bezüglich des Zylinders und der HOA nochmal abgewandelt werden, vorzugsweise die Linsenvorderfläche Li, um sie konsistent anzupassen.

Zur Berechnung können die Werte des sogenannten Bennett&Rabbetts-Auges für die Brechkräfte der Linsenflächen verwendet werden, die z.B. aus Tabelle 12.1 des Buches„Bennett & Rabbets“ Clinical Visual Optics“, dritte Auflage, von Ronald B. Rabbetts, Butterworth-Heinemann, 1998, ISBN-10: 0750618175 entnommen werden können. Die oben beschriebene Berechnung führt auf Ergebnisse, die sehr gut mit der Bevölkerungsstatistik verträglich sind, welche besagt, dass kurzsichtige Fehlsichtigkeiten tendenziell zu großen Augenlängen und umgekehrt führen (siehe z.B. C. W. Oyster:„The Human Eye“, 1998). Die beschriebene Berechnung ist aber noch genauer, da eine direkte Verwendung der Korrelation aus der Bevölkerungsstatistik zu unphysikalischen Werten für die Augenlinse führen kann, was durch das erfindungsgemäße Verfahren vermieden wird. Umso wichtiger ist eine genaue Kenntnis der Linsenparameter für ein Verfahren, bei dem diese als gegeben angenommen werden. Hatte ein Kunde beispielsweise vor seiner Kataraktoperation eine Fehlsichtigkeit von -10 dpt, dann muss er eine Augenlänge zwischen 28 mm und 30 mm besitzen. Nach der OP würde aber aufgrund seiner Emmetropie auf eine Augenlänge von 24 mm geschlossen werden, welche nicht mit der tatsächlichen Augenlänge übereinstimmt.

Nachfolgend werden bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung erläutert.

Beispiele unter Verwendung von Bayes‘scher-Statistik

Ziel des Bayes’sche Statistik benutzenden Verfahrens ist es, möglichst alle zur Verfügung stehenden Informationsquellen über ein Auge bzw. ein Augenpaar in konsistenter Art und Weise zu nutzen, um eine im Lichte dieser Information optimale Korrektion des Auges bzw. der Augen mit einer ophthalmischen Linse (z.B. einem Brillenglas) herzustellen.

In der Regel ist diese Information unvollständig und/oder ungenau, was bisher oft dazu führte, dass ausschließlich vereinfachte Augenmodelle zur Berechnung von ophthalmischen Linsen benutzt werden. Ein solches vereinfachtes Augenmodell ist z.B. ein Auge, welches allein durch seine Refraktion charakterisiert ist, da diese mit einer gewissen Genauigkeit (z.B. mit einem Fehler von ±0.75 dpt im sphärischen Äquivalent) bestimmt werden kann. Möchte man jedoch komplexere Augenmodelle zur Berechnung von ophthalmischen Linsen verwenden, so ist es sinnvoll, z.B. die Information über die Augenlänge, sowie Lage und Krümmung der brechenden Flächen der Cornea und Augenlinse in die Berechnung einfließen zu lassen, diese sollte jedoch nur so stark berücksichtigt werden, wie es im Rahmen ihrer Genauigkeit möglich ist.

In der Bayes’schen Statistik (siehe z.B. D. S. Sivia: „Data Analysis - A Bayesian Tutorial“, Oxford University Press, 2006, ISBN-13: 978-0198568322 oder E. T. Jaynes: „Probability Theory“, Cambridge University Press, 2003, ISBN-13: 978-0521592710) wird Information immer in Form von Wahrscheinlichkeitsverteilungen (im Falle von kontinuierlichen Parametern sind es Wahrscheinlichkeitsdichten) beschrieben.

In diesem Sinne können einem individuellen Augenmodell mit einem gegebenen Parametersatz eine Wahrscheinlichkeit bzw. Wahrscheinlichkeitsdichte zugeordnet werden. Individuelle Augenmodelle, die mit der vorhandenen Information (z.B. objektive Wellenfrontmessung und Biometrie des Auges) konsistent sind, besitzen eine höhere Wahrscheinlichkeit bzw. Wahrscheinlichkeitsdichte, da z.B. die Propagation und Brechung einer Wellenfront, welche eine Punktlichtquelle auf der Netzhaut nach Austritt aus dem Auge erzeugen würde, im Rahmen der Messgenauigkeit der objektiven Wellenfrontmessung die gemessenen Daten gut wiedergibt, und gleichermaßen die Parameter des individuellen Auges mit der vorhandenen Information über die Biometrie des Auges im Rahmen der z.B. aus der Literatur bekannten Verteilungen übereinstimmen. Individuelle Augenmodelle, die mit der vorhandenen Information nicht konsistent sind, werden dementsprechend niedrigen Wahrscheinlichkeiten bzw. Wahrscheinlichkeitsdichten zugeordnet. Die Wahrscheinlichkeit bzw. Wahrscheinlichkeitsdichte eines individuellen Augenmodells kann als prob( i \di, /) geschrieben werden, wobei die Parameter des individuellen Augenmodells i bezeichnen, und di die gemessenen Daten sind (diese können z.B. die aktuelle oder die vor einer Augenoperation gemessene Refraktion, die gemessene Form und/oder Brechungseigenschaften der Cornea, die gemessene Augenlänge oder andere am individuellen Auge gemessene Größen umfassen). Mit / wird der aktuelle Wissensstand bei Auswertung der Daten, d.h. die vorhandene Hintergrundinformation (z.B. über den Messprozess der Refraktion, die Verteilung der Parameter des individuellen Augenmodells oder anderen damit in Verbindung stehenden Größen in der Bevölkerung) zusammengefasst. Der senkrechte Strich ,|‘ bedeutet dabei, dass die Verteilung der Größen links von ,j‘ bei gegebenen (d.h. festen) Größen rechts von ,|‘ gemeint ist.

Auch die im Messprozess gewonnene Information, in dem die Daten d t gemessen werden, kann als Wahrscheinlichkeitsverteilung der Daten d^ bei gegebenen Parametern des individuellen Augenmodells i aufgefasst werden: prob(di\di, /) Die Genauigkeit des Messprozesses spiegelt sich in der Breite der Verteilung wieder: Eine genaue Messung besitzt eine engere Verteilung als eine ungenaue Messung, welche eine breite bzw. breitere Verteilung der Daten d t besitzt.

Möchte man nun die Verteilung der Parameter eines individuellen Auges bei gegebenen Daten und Hintergrundinformation berechnen, so kann folgende Proportionalität verwendet werden: prob(ßi\d /) oc prob(ß t \l) prob(d t \d /)

Mit dem Term prob(ßi\I) wird das Hintergrundwissen über die Parameter des individuellen Augenmodells beschrieben. Dies kann z.B. Information aus der Literatur sein, aber auch Information aus Daten vergangener Messungen. Dies können sowohl Daten derselben Person, für die die ophthalmische Linse gefertigt werden soll, als auch Daten aus Messungen einer Vielzahl von anderen Personen sein.

Die Wahrscheinlichkeit dient hierbei als Konsistenzmaß. Mit den Messungen konsistente Parameterwerte des individuellen Augenmodells sind insbesondere dort zu finden, wo sowohl prob(ßi\I) als auch prob(di\d ir I ) hoch sind.

Die Wahrscheinlichkeit bzw. Wahrscheinlichkeitsdichte prob(ßi\d ir I) kann ebenfalls geeignet normiert werden, um die Proportionalität als Gleichung zu schreiben.

Der Term prob{di\d u /) kann auch Parameter der Augenlinse enthalten. So kann ein Teil der Parameter z.B. die Brechkraft der Augenlinse, deren Position und/oder Orientierung im Auge, oder andere Größen wie Brechungsindex und Krümmungen bzw. Form der Flächen umfassen.

Die Augenlinse kann eine natürliche Linse sein. In diesem Fall können Literaturdaten über die Parameter von natürlichen Augenlinsen verwendet werden (z.B. Verteilungen der Krümmungen von Vorder- und/oder Rückfläche, Brechungsindex, etc.). Ist die Augenlinse eine Intraokularlinse, dürfen die Verteilungen der Parameter von natürlichen Augenlinsen nicht verwendet werden. Stattdessen sind die Parameter der Intraokularlinse zu verwenden, sofern sie individuell bekannt sind. Andernfalls können Verteilungen dieser Parameter aus Literaturstudien von operierten Augen verwendet werden. Sind solche Informationen nicht vorhanden, so kann eine innerhalb sinnvoller Grenzen flache Verteilung gewählt werden. Bei Parameter, die positiv definit sind und Längenskalen definieren (z.B. Krümmungsradien oder Abstände) können auch Verteilungen gewählt werden, die flach im Logarithmus dieser Parameter sind.

Formal sind die Fälle „natürliche Augenlinse“ bzw. „Intraokularlinse als Augenlinse“ durch unterschiedliche Zustände des Hintergrundwissens / zu beschreiben (d.h. / = l NL bzw. l = I I0L ).

Die Wahrscheinlichkeit bzw. Wahrscheinlichkeitsdichte prob(di \d i /) kann einen oder mehrere Faktoren besitzen. Jeder Faktor repräsentiert dabei die Information über einen einzigen oder mehrere Parameter des individuellen Augenmodells. So kann z.B. die Verteilung unterschiedlicher unabhängiger Parameter df und d aus unterschiedlichen Literaturquellen als Produkt dargestellt werden prob( i \di, I) = prob{ßl, i \d i , l) = prob(ß} \di, I)prob(ß i \di, /).

Durch prob(ßi\I) können ungewollt Parameter des Augenmodells verfälscht werden. So kann z.B. wenn die „wahre“ Refraktion als Parameter des individuellen Augenmodells aufgefasst wird, der wahrscheinlichste Wert der„wahren“ Refraktion von der gemessenen Refraktion abweichen. Ist dies nicht erwünscht, so sollte eine im entsprechenden Parameter (z.B. Sphärischen Äquivalent der Refraktion) innerhalb sinnvoll gewählter Grenzen (z.B. zwischen -30 dpt und + 20 dpt für das sphärische Äquivalent M, ± 5 dpt für die astigmatischen Komponenten Jo und J45) eine konstante Verteilung gewählt werden. Sind Parameter des individuellen Augenmodells oder andere mit den Parametern oder Messdaten zusammenhängende Größen exakt oder mit einer hohen Genauigkeit bekannt, so kann ihre Verteilung als Dirac-Delta-Distribution genähert werden. Die Gleichungen in diesen Parametern oder Größen können beidseitig integriert werden, was gegebenenfalls spätere Berechnungen vereinfacht.

Beschreibung der Verfahren

Im Folgenden werden zwei mögliche Verfahren zur Berechnung einer ophthalmischen Linse vorgestellt (Bayes A und Bayes B). Im Verfahren Bayes A wird die vorhandene Information genutzt, um ein (einziges) individuelles Augenmodell aufzustellen, mit dessen Hilfe eine ophthalmische Linse berechnet wird, die für dieses Augenmodell optimal ist. Das Augenmodell kann z.B. durch den Parametersatz i9™ a , der die Wahrscheinlichkeit bzw. Wahrscheinlichkeitsdichte prob( i\di, I) maximiert, gegeben bzw. belegt sein. Auch andere Parametersätze können gewählt werden, z.B. der Erwartungswert {ß t ) oder der Median ϋ™ der Parameter bezüglich der Verteilung prob(di \d i /).

Vorteilhafter - jedoch rechnerisch anspruchsvoller - ist das Verfahren Bayes B. Es besitzt im Vergleich zu Bayes A deshalb Vorteile, weil eine Untermenge von individuellen Augenmodellen mit unterschiedlichen Parametersätzen zu ophthalmischen Linsen führen können, welche sehr ähnliche (sogar identische) Eigenschaften haben (z.B. B rech kraft in einem Bezugspunkt der ophthalmischen Linse, oder die Verteilung des Refraktionsdefizits über ein gegebenes Gebiet der ophthalmischen Linse, oder ähnliche Kriterien zur Bestimmung der Güte einer ophthalmischen Linse). Insgesamt kann deshalb eine ophthalmische Linse, die nicht mit dem wahrscheinlichsten individuellen Augenmodell berechnet wurde, eine optimale Korrektion für eine Untermenge von individuellen Augenmodellen darstellen, welche insgesamt eine höhere Wahrscheinlichkeit besitzen als das wahrscheinlichste individuelle Augenmodell. Es ist deshalb vorteilhaft, nach der die Verteilung von Augenmodellen optimal korrigierenden ophthalmischen Linse zu suchen, anstatt nur das wahrscheinlichste individuelle Augenmodell zu bestimmen und dafür eine ophthalmische Linse zu fertigen.

In beiden Verfahren kann somit eine mit der zur Verfügung stehenden Information konsistente ophthalmische Linse (z.B. ein Brillenglas) berechnet werden.

Verfahren Bayes A

Insbesondere können eine oder mehrere der folgenden Schritte durchgeführt werden:

- Bereitstellen einer initialen Verteilung von Parametern eines Augenmodells (idealerweise als multivariate Wahrscheinlichkeitsverteilung aller Parameter des Augenmodells, gegebenenfalls auch marginale Verteilungen; die Wahrscheinlichkeitsverteilung entspricht der Information über die Verteilung der Parameter des Augenmodells in der Population der Personen);

Bereitstellen von bereits bekannten (im besten Fall gemessenen) Daten von Eigenschaften eines individuellen Auges (idealerweise mit Wahrscheinlichkeitsverteilung bzw. Messfehler; die Wahrscheinlichkeits verteilung entspricht der Ungenauigkeit der Messungen)

Die bereits bekannten Daten können dabei umfassen: bereits bekannte aktuelle subjektive und/oder objektive Refraktion, bereits bekannte frühere subjektive und/oder objektive Refraktion (z.B. vor einer Operation), Wirkung und/oder Form und/oder Position (am wichtigsten ist die axiale Position) bestimmter brechender Flächen des Auges, Größe und/oder Form und/oder Position der Eintrittspupille, Brechungsindex der brechenden Medien, Brechungsindexverlauf in den brechenden Medien, Opazität; ggf. Bestimmung dieser Größen abhängig von der Akkommodation des Auges auf ein Fixationsobjekt (Target) in gegebener naher Entfernung;

Bestimmen der Parameter eines individuellen Augenmodells basierend auf der initialen Verteilung der Parameter des Augenmodells und den bereits bekannten bzw. gemessenen Daten des individuellen Auges unter Verwendung von Wahrscheinlichkeitsrechnung. Dabei findet idealerweise eine Bestimmung der Wahrscheinlichkeitsverteilung, oder z.B. des Parametersatzes, der ein Maximum der Wahrscheinlichkeitsverteilung kennzeichnet, statt.

Insbesondere können dabei Berechnungsverfahren wie Markov Chain Monte Carlo, Variational Inference, Maximum Likelihood, Maximum Posterior, oder Particle Filter verwendet werden;

Ziel ist es hierbei, die Parameter des individuellen Augenmodells auszuwählen, welche sowohl mit der bereitgestellten initialen Verteilung von Augenmodellen als auch mit den bereitgestellten bereits bekannten Daten konsistent sind. Als Konsistenzmaß wird das Produkt der Wahrscheinlichkeit bzw. Wahrscheinlichkeitsdichte der Daten bei gegebenen Parametern des Augenmodells mit der Wahrscheinlichkeit bzw. Wahrscheinlichkeitsdichte der Parameter des Augenmodells verwendet.

Berechnen / Optimieren / Auswahlen einer ophthalmischen Linse, bei der zumindest ein Parameter des individuellen Augenmodells verwendet wird.

Die im ersten Schritt bereitgestellte initiale Verteilung der Parameter von Augenmodellen kann in einer parametrisierten Form vorliegen, z.B. (ggf. multivariate) Normalverteilung, andere Verteilung der exponential-Familie, Cauchy-Verteilung, Dirichlet-Prozess, etc., oder als ein Satz von Samples, d.h. ein oder mehrere (ggf. multidimensionale) Datensätze. Ist die initiale Verteilung der Parameter von Augenmodellen parametrisiert, so nennt man die Parameter dieser Verteilung „Hyperparameter“.

Der dritte Schritt (d.h das Bestimmen der Parameter eines individuellen Augenmodells) kann dabei die Bestimmung einer multivariaten Wahrscheinlichkeitsverteilung beinhalten, welche sowohl die Parameter des individuellen Augenmodells als auch die Hyperparameter der initialen Verteilung der Parameter des Augenmodells beinhaltet. Um daraus die Verteilung der Parameter des individuellen Augenmodells zu berechnen, muss die Verteilung marginalisiert werden, d.h. es wird über die Hyperparameter integriert. Die Integrale können mit gängigen numerischen Verfahren (z.B. mittels Markov Chain Monte Carlo oder Hybrid Monte Carlo) und/oder analytischen Verfahren gelöst werden. Die Wahrscheinlichkeit bzw. die Wahrscheinlichkeitsdichte der Parameter des Augenmodells kann in diesem Fall mit Hilfe folgender Gleichung berechnet werden:

Dabei bezeichnet prob üi\X, /) die Wahrscheinlichkeit bzw. Wahrscheinlichkeitsdichte, die Parameter des individuellen Augenmodells in der durch die Hyperparameter X charakterisierten Population zu finden. Die Integrale sind über die gesamten Definitionsbereiche aller Hyperparameter X auszuführen.

Verfahren Bayes B

Alternativ oder zusätzlich zum Verfahren Bayes A können eine oder mehrere der folgenden Schritte durchgeführt werden:

- Bereitstellen der Verteilung von zumindest einem Parameter eines individuellen Augenmodells;

Berechnen der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Parameter von virtuellen ophthalmischen Linsen oder Berechnen eines Ensembles von ophthalmischen Linsen durch Optimierung / Berechnung / Auswählen von virtuellen ophthalmischen Linsen unter Verwendung zumindest eines Parameters des individuellen Augenmodells;

- Fertigen einer ophthalmischen Linse, mit dem Ziel, dass die gefertigten Parameter der ophthalmischen Linse die Parameter der virtuellen ophthalmischen Linse mit der höchsten Wahrscheinlichkeit erreichen.

Im ersten Schritt kann die analog der Schritte 1 bis 3 des Verfahrens Bayes A berechnete Verteilung bereitgestellt werden. Im zweiten Schritt werden die wahrscheinlichsten Parameter L t der ophthalmischen Linse bestimmt, d.h. anhand der Wahrscheinlichkeitsverteilung bzw. Wahrscheinlichkeitsdichte werden die Parameter der ophthalmischen Linse L “ bestimmt, die prob(Li\di, l maximieren. Dabei bezeichnet L t zunächst die Parameter einer beliebigen ophthalmischen Linse, und im Falle von L t = L(i9 ; ) die Parameter der ophthalmischen Linse, die bei einer Optimierung einer ophthalmischen Linse mit Hilfe eines individuellen Augenmodells mit den Parametern entsteht. Die Dirac-Delta- Distribution wird mit <5(. ) bezeichnet.

Die Parameter der ophthalmischen Linse können z.B. Pfeilhöhen, B rech kraft an einem Bezugspunkt der ophthalmischen Linse, B rech kraftve rte i I u ng über ein Gebiet der ophthalmischen Linse, Refraktionsfehler an einem Bezugspunkt der ophthalmischen Linse, oder die Verteilung der Refraktionsfehler über ein Gebiet der ophthalmischen Linse sein.

Dabei ist es wichtig, dass die Funktion L(ßi) nichtlinear sein kann, und deshalb das Maximum der Wahrscheinlichkeitsdichte rtoB(ϋi\ά 0 1) (bezüglich tf £ ) mit L(ßi) nicht notwendigerweise auf das Maximum der Wahrscheinlichkeitsdichte prob(Li\d i I abgebildet wird.

Ist die Funktion L{ß ) stückweise invertierbar, so kann die oben beschriebene Gleichung auch mit Hilfe von partieller Integration gelöst werden. Es bieten sich auch andere Methoden an wie z.B. numerische Methoden wie Particle Filter, Markov Chain Monte Carlo, oder Methoden der parametrischen Inferenz, mit welchen eine Verteilung der Parameter der ophthalmischen Linse L t berechnet werden können.

Sowohl im Verfahren Bayes A als auch im Verfahren Bayes B ergibt sich unabhängig sowohl von der Anzahl und Art der durch Messung bekannten Größen (d.h. der Daten di und der Form der Likelihood prob{di\ u l)) als auch von der Anzahl und Art der Parameter des Augenmodells immer ein konsistentes Augenmodell (Verfahren

Bayes A und B) und ggf. eine zu dem Ensemble der möglichen konsistenten Augenmodelle passende Wahl der Parameter der ophthalmischen Linse (Verfahren Bayes B).

Beispiele auf der Basis von Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen zur Auflösung von Inkonsistenzen

Hintergrund zum Maximum-Likelihood-Ansatz Prinzipielle Vorgehensweise

Die Ausgangssituation besteht darin, dass insgesamt N Parameter x,, l < i < N eines Modells belegt werden sollen und folgende Informationen vorliegen:

Mittelwerte m Standardabweichungen s, und Korrelationskoeffizienten p i} (mit 1 < ij < N ) dieser N Parameter in der Bevölkerung;

Entweder liegen keine Messwerte vor (1 = 0 ), oder zu k dieser Parameter (wobei \ < k <N ) liegen Messwerte x™ es \ < i < k vor. Die

Wahrscheinlichkeitsverteilung für den Messwert x ™ess jedes Parameters x , wird durch eine Zufallsgröße X t beschrieben. Bevorzugt liegt zu jedem Messwert ein Zuverlässigkeitsmaß vor, z.B. eine Standardabweichung a™ ess der Zufallsgröße X t , 1 < i < k

- Zu q = N—k dieser Parameter liegen keine Messwerte vor;

Insgesamt sind nur K der N Parameter unabhängig, weil das Modell Konsistenzbedingungen verlangt, die sich durch Q = N-K Zwangsbedingungen ausdrücken lassen. Beispielhaft können vorliegen:

- Beispiel ohne HOA

- Parameter (TV = 15 ): Cornea (SZA), Linsenvorderfläche (SZA),

Linsenrückfläche (SZA), Fehlsichtigkeit (SZA), Augenlänge, Linsendicke, Vorderkammertiefe;

- Messdaten (£ = 13 ): Cornea (SZA), Linsenvorderfläche (SZA),

Linsenrückfläche (SZA), Fehlsichtigkeit (SZA), Vorderkammertiefe;

- Zwangsbedingungen ( 0 = 3 ): Fehlsichtigkeit (SZA) = theor.

Fehlsichtigkeit (SZA) (berechnet aus belegtem Augenmodell);

- Beispiel mit HOA (bis radiale Ordnung n = 6 )

Parameter ( TV = 103 ): Cornea (SZA+HOA), Linsenvorderfläche

(SZA+HOA), Linsenrückfläche (SZA+HOA), Fehlsichtigkeit (SZA+HOA), Augenlänge, Linsendicke, Vorderkammertiefe;

Messdaten ( = 101 ): Cornea (SZA+HOA), Linsenvorderfläche

(SZA+HOA), Linsenrückfläche (SZA+HOA), Fehlsichtigkeit (SZA+HOA), Vorderkammertiefe;

- Zwangsbedingungen ( 0 = 25): Fehlsichtigkeit (SZA+HOA) = theor.

Fehlsichtigkeit (SZA+HOA) (berechnet aus belegtem Augenmodell).

Das zu lösende Grundproblem besteht darin, dass bei Messwerten, die vom Bevölkerungsmittel abweichen, entschieden werden muss, ob die Messung verworfen werden muss (z.B. wenn sie unplausibel ist), oder übernommen werden muss. Wenn alle Messwerte für sich genommen zwar plausibel sind, aber gegen eine der Konsistenzbedingungen verstoßen, dann dürfen sie gar nicht alle übernommen werden. Vielmehr muss dann ein Ausgleich gesucht werden zwischen den verschiedenen Messwerten: Diejenigen, die eine sehr hohe Mess-Zuverlässigkeit besitzen, sollten zumindest nahezu beibehalten werden, während unsichere Messwerte eher angepasst werden. Vorzugsweise werden aus den bekannten Informationen die bestmöglichen Werte für alle N Parameter ermittelt.

Der Erfindungsgedanke beruht insbesondere darauf, dass annahmehalber die N Parameter bestimmte (unbekannte aber zunächst feste) Werte besitzen. Unter dieser Annahme wird im Lichte der oben genannten Informationen (statistische Größen aus der Bevölkerung, Zuverlässigkeitsmaße der Messungen) die bedingte Wahrscheinlich keitsdichte

für den Ausgang der Messungen aufgestellt, wobei X ,...,X N die Zufallsgrößen sind, die bei festen gegebenen wahren Werten x l ...,x V variieren. Anschließend wird die

Wahrscheinlichkeit für die beobachteten Messwerte P par quantifiziert, indem die Funktion P bed für die k Messwerte ausgewertet und für die restlichen q = N k (nicht gemessenen) Parameter marginalisiert wird:

Diese Wahrscheinlichkeitsdichte wird als Funktion P par {x x ,...,x N ) der angenommenen

N Parameter x 1 ...,r v aufgefasst. Diejenigen N Parameterwerte, für welche diese

Funktion ein Maximum annimmt, gelten dann bevorzugt als die bestmöglichen Werte (Maximum-Likelihood-Ansatz):

Alternativ zur Marginalisierung in Gl. (2) können die N Parameterwerte auch dadurch festgelegt werden, dass die letzten q = N-k Parameter x k ^,...,x N gleich den Mittelwerten der Grundgesamtheit gesetzt werden, x, = m,, k + l < i < N (4) während die die ersten k Parameter x l ,..., x k so bestimmt werden, dass ihre Erwartungswerte gleich den Messwerten sind: Als weitere Alternative können statt der Maximumsbildung nach Gleichung (3) oder der Erwartungswertbildung nach Gleichung (5) auch die Mediane als Kriterium verwendet werden.

Als ebenso weitere Alternative können die Maximumsbildung nach Gleichung (3) und die Erwartungswertbildung nach Gleichung (5) sowie die Medianbestimmung auch beliebig kombiniert werden, um die N Parameterwerte zu bestimmen.

Hintergrund zum Maximum-Posterior-Ansatz

Das Vorwissen über die Bevölkerung wird durch die Verteilung ^^(c^. .,c^) beschrieben, die dem Prior der Bayes’schen Beschreibung entsprechen kann. Die gesamte Wahrscheinlichkeitsdichte, die sowohl die Verteilung von Messwerten als auch von Modellparametern beschreibt, ist damit durch die Verteilungsfunktion

P ges X l , ... , X k , x l , .. ., x N ) = P mess {X l , ..., X k \ x l , ..., x N ) x P pop (x l ,..., x N ) (6) gegeben, die bis auf eine Konstante dem Posterior der Bayes’schen Beschreibung entsprechen kann. Deshalb wird auf diesen Ansatz auch als Maximum-Posterior Bezug genommen.

Bevorzugt ist P pop durch die multivariate Normalverteilung beschrieben, wobei m der Vektor der Mittelwerte und C die Kovarianzmatrix sind:

Die Messung wird durch die Verteilung P mess (X 1 ,...,X k \ c^,. .,c^ beschrieben.

Bevorzugt sind die Messungen unabhängig p mess {x„...,x k \ x»...,x N ) = pr s (x i x.)·· -pr s (x k \ **) (8)

Die gesamte Verteilungsfunktion P ges (bis auf den Vorfaktor der Posterior) ist dann gegeben durch

Ganz besonders bevorzugt ist jede der Messungen normalverteilt mit Erwartungswert x und Standardabweichung er"“

Die gesamte Verteilungsfunktion P ges ist dann dadurch gegeben, dass die

Normalverteilung aus Gl. (8b) in Gl. (8a) eingesetzt wird.

Der Erfindungsgedanke besteht darin, P ges als Funktion der Parameter x { ,..., x N zu maximieren. Um das Maximum-Posterior-Kriterium anzuwenden, bildet man bevorzugt die Ableitungen des Logarithmus

Sind die Verteilungen, wie besonders bevorzugt, multivariat normalverteilt, stell

Gleichung (9) bzw. Gleichung (10) ein lineares Gleichungssystem mit N Gleichungen und N Variablen dar, das nach aufgelöst werden kann. a) Keine Zwangsbedingungen

Liegen keine Zwangsbedingungen vor, und ist Gleichung (9) lösbar, dann ergeben sich eindeutige Lösungen für x^ ... , x N . Sind die Verteilungen, wie besonders bevorzugt, multivariat normalverteilt, und falls die Messunsicherheiten deutlich kleiner sind als die Variationsbreiten der Bevölkerung, a™ ess « s , l < / < k , dann ergeben sich die Lösungen d.h. für alle Parameter, für die Messwerte vorliegen, glaubt man im Wesentlichen den

Messwerten, und für die übrigen Werte erhält man die Mittelwerte m, der Bevölkerung plus Verschiebungen Ax t aufgrund der Korrelationen mit den gemessenen Werten. Eine Ausführungsform der Erfindung besteht dann darin, für 1 < i <k die Messwerte direkt zu übernehmen und deren leichte Verschiebung aufgrund der unterliegenden Grundgesamtheit zu vernachlässigen. b) Zwangsbedingungen

Liegen Zwangsbedingungen zwischen den Parametern vor, dann genügt auch jedes Mitglied der Population diesen Zwangsbedingungen. Zwangsbedingungen können beschrieben werden durch

/ / ( c 1 ,..., c L ) = 0, 1 < j < Q <=> f(X,...,x v ) = 0 (12) d.h. durch Q Funktionen der Parameter c,, . , . ,, c^ , die sich in einen Vektor f zusammenfassen lassen, und die per Forderung gleich Null sein sollen. Bevorzugt sind die Funktionen f j linear oder lineare Näherungen an die gegebenen

Zwangsbedingungen.

Im bevorzugten Fall multivariater Verteilungen hat das zur Folge, dass die Spalten der Kovarianzmatrix linear abhängig sind, also dass die Kovarianzmatrix einen Rang r < N besitzt und daher nicht mehr invertierbar ist. Eine Verteilungsdichte P pop (x l , ..., x N ) lässt sich dann gar nicht mehr angeben.

Eine Möglichkeit in der Praxis besteht darin, die Kovarianzmatrix C zu regularisieren, indem man eine oder mehrere der in ihr enthaltenen Korrelationen p oder

Standardabweichungen s , um e verschiebt und dann x,, .. . , x v bestimmt. Die so erhaltenen Lösungen erfüllen dann für e 0 automatisch die Zwangsbedingungen.

Im Rahmen der Erfindung ist erkannt worden, dass dieses Verfahren aber Nachteile birgt. Zum einen muss man die Verteilung in der Bevölkerung kennen, und zum anderen ist ihre Kovarianzmatrix entweder singulär oder schlecht konditioniert. Recherchiert man nämlich die Korrelationen p tj und Standardabweichungen s , dann genügen kleine Ungenauigkeiten in den Angaben oder unvollständige Informationen dafür, dass die Kovarianzmatrix regulär ist, aber eventuell dann numerisch instabile Lösungen für die gesuchten Parameter erzeugt. Es wurde jedoch im Rahmen der Erfindung erkannt, dass dieses Problem umgangen werden kann, indem man entweder auf Basis der Verteilung (Maximum -Likelihood- Ansatz) oder auf Basis der Verteilung (Maximum-Posterior-Ansatz) arbeitet. Hierzu kann vorzugsweise das Substitutionsverfahren verwendet werden.

Maximum-Likelihood-Verfahren mit Zwangsbedingungen und Substitution

Man nimmt die ersten K Parameter x" ={c i ,...,c k ) t als unabhängig an und löst Gleichung (12) nach den restlichen Q = N K abhängigen Parametern c a := (x M ,.. ,r ¥ ) r auf, die man dann als Funktion x"(x“) der unabhängigen Parameter x" auffassen und in f substituieren kann. Dann lauten die Zwangsbedingungen als Funktion von x“ : f(x x a (x"))=0 (14).

Dabei ist es im Rahmen der Erfindung nicht erforderlich, die Funktion x“( x “) explizit zu kennen. Im Rahmen der Erfindung benötigt man nur deren Jacobi -Matrix dx a /dx \=dx° ldx u ,l<i<Q, 1< j<K, und diese ist nach dem Satz von der impliziten Funktion gegeben durch

dx a ( Y (15) dx u n<3 ca ) dx u wobei df/dx a die quadratische Jacobi-Matrix von f bezüglich x" ist und df/dx u die i.a. rechteckige Jacobi-Matrix von f bezüglich x" . Zu maximieren ist die Wahrscheinlichkeitsdichte P“(x",x fl (x“)) als Funktion von x" , also

Das Gleichungssystem (16) sind K Gleichungen, die nach den für K unabhängigen Parametern x" aufgelöst werden können. Die restlichen Parameter x“ erhält man durch Einsetzen in den Zusammenhang x“( x “) .

Maximum-Likelihood-Verfahren mit Zwanqsbedinqungen und Laqranqe-Parametern

Alternativ kann im Rahmen der Erfindung der ganze Parametersatz als unabhängig aufgefasst werden, wenn man statt der Funktion P mess (x ...,x^) die Lagrange-Funktion maximiert, wobei l = (A i ,...,A 0 ) ein g -dimensionaler Vektor aus Lagrange- Multiplikatoren ist. Zu maximieren ist dann durch Nullsetzen der N+Q Ableitungen

Auflösen von Gleichung (18) nach den N+Q Unbekannten (x l ...,x Ar ) und (A^. .,Ar) führt auf die Lösungen für die Parameter. Anstatt die Zwangsbedingungen mit Substitution oder Langrange-Parametern zu behandeln, kann man alternativ (zum Beispiel im Fall von lokal verschwindenden Gradienten der zu maximierenden Funktion) einen gedämpften Hamilton-Formalismus mit Reibungsterm verwenden.

Analog kann das Verfahren der Gl. (16) bis (18) auf die Funktion P ges (x j , ... , x N ) statt ..,x JV ) angewendet werden und stellt dann ein Maximum-Posterior-Verfahren mit Zwanqsbedinqungen dar.

Ausführungsbeispiel mit konkreten beispielhaften Zahlenwerten

Als Ausgangssituation wird einfachheitshalber ein Auge betrachtet, das rotationssymmetrisch um die optische Achse ist und daher weder eine zylindrische Verordnung, noch eine zylindrische Cornea, noch zylindrische Linsenflächen aufweist. Beispielhafte Werte bzw. Parameter sind im Einzelnen vor der IOL-Operation:

S = 1.0dpt ; Fehlsichtigkeit (gemessen)

C = 41.2 dpt; Brechkraftder Cornea (gemessen)

d L = 3.7 mm; Linsendicke (Literatur)

n CL = 1.336; Brechungs - Index Vorderkammer (Literatur)

n L = 1.422; Brechungs - Index Linse (Literatur)

n LR = 1.336; Brechungs - Index Glaskörper (Literatur)

Nach der IOL-Operation werden z.B. folgende Werte bzw. Parameter übermittelt:

Sfff = O.Odpt; Fehlsichtigkeit (gemessen)

(20).

L IOL = 3.2dpt; Brechkraftder Linsenrückfläche (Herstellerangabe) Alle anderen Parameter nach der IOL-Operation sind der Einfachheit halber als unverändert angenommen.

Mit Hilfe der Gleichung kann man die reduzierte inverse Glaskörperlänge {D LR = n LR /d LR , wobei d LR die Glaskörperlänge ist; weiter sind T CL = d CL I n CL sowie T L = d CLL /n L ) berechnen und damit die Augenlänge d A = d CL + d L + d LR . Glaskörperlänge und Augenlänge haben einen so direkten Zusammenhang, dass im Folgenden die Glaskörperlänge statt der Augenlänge betrachtet werden kann.

Wendet man Gleichung (21 ) auf die Situationen vor und nach der OP an, so erhält man formal vor der IOL-Operation

D m = 64.69dpt (22a) und formal nach der IOL-Operation

D- s OL = 65.65dpt (22b).

Da sich aber die Glaskörperlänge durch die OP nicht geändert haben kann, besteht hiermit eine Inkonsistenz, die im Rahmen der vorliegenden Erfindung aufgelöst werden kann.

Um ein möglichst einfaches Beispiel zu wählen, kann als Ausgangssituation der Fall betrachtet werden, dass es in der Grundpopulation keine Schwankungsbreiten und keine Korrelationen gibt, und dass nur die nachträglich gemessene Fehlsichtigkeit sowie die IOL selbst mit Unsicherheiten behaftet sind: (23).

Nun können im Rahmen der Erfindung die wahren Werte von S I0L , L 2 I0L ermittelt werden, die erwartungsgemäß beide von Gleichung (20) abweichen werden.

Im beispielhaften Fall ist p pop = l, und die aufgrund der Messungen zunächst anzunehmende Wahrscheinlichkeitsdichte für die Verteilung von S I0L , L 2J0L ist

Nun gilt aber die Zwangsbedingung, dass S I0L , L 2 I0L nach Einsetzen in Gleichung (21 ) denselben Wert für D m ergeben müssen wie vor der OP. Daher lautet die Gleichung für die Zwangsbedingung was aufgelöst nach L 2 I0L als Funktion von S I0L ergibt:

Die Zwangsbedingung bedeutet, dass man sich nur auf der in der Figur 2 gezeigten Schnittfläche 30 bewegen darf.

Substituiert man L 2 OL (S iol ) in Gleichung (24) und maximiert man nach S I0L , d.h. löst man nach 5 JOi auf, erhält man

Beide Größen S I0L ,L 1 0L gehen also in Richtung Minus im Vergleich zu den

Messwerten, aber nicht im gleichen Maße. Vielmehr sucht das Verfahren eine Balance im Lichte der unterschiedlichen Standardabweichungen und der unsymmetrischen Lage der Zwangsbedingung relativ zur Gaußglocke.

Inkonsistenzen im Augenmodell können nicht nur bei einer berechneten Augenlänge (bzw. einem berechneten Linsen-Netzhaut-Abstand) auftreten, sondern z.B. auch bei einer Messung der Augenlänge. Solche Inkonsistenzen lassen sich analog zum oben beschrieben Beispiel einer berechneten Augenlänge auflösen. Selbstverständlich können auch komplexere Beispiele angegeben werden, bei denen die Augenlänge selbst auch nicht fest ist, oder ggf. Korrelationen auftreten.

Erstes Beispiel für Verfahren nach Bayes A

Das Augenmodell, das in diesem Beispiel verwendet wird, besteht aus einer bis zur 4. Zernike-Ordnung beschriebenen Fehlsichtigkeit, c , welche sich auf einen Pupillendurchmesser von 5mm bezieht, sowie dem natürlichen Logarithmus einer bei photopischen bzw. mesopischen Beleuchtungsbedingungen vorliegenden Pupillenradius, log r ph bzw. logr mes . Insgesamt können die Modellparameter des Augenmodells als Vektor

i = (l°g r ph , log r mes , c 2 2 , c 2 , 2 , c 3 ~3 , c 3 \ c 3 +1 , 3 , c^ 4 , C 4 2 , c%, 2 , c 4 ) geschrieben werden. Die Zernike-Koeffizienten der 0. bis 1 . Ordnung (piston, und das horizontale und vertikale Prisma) wurden hier nicht betrachtet, da sie für die Fehlsichtigkeit des Auges keine Rolle spielen und z.B. als konstant 0 angenommen werden können.

Die für ein Individuelles Auge bekannten Messdaten di seien hier Sphäre, Zylinder und Achse der (Fern-) Refraktion Rx,

Rx = (S RX , Z RX , A Rx ) = (2.5dpt,— ldpt, 100°), welche als Powervektor geschrieben

p R x = ( M R ^ R / t o) = (2.00dpt,— 0.47dpt,— 0.17dpt) beträgt.

Der Messfehler der Refraktion sei ebenfalls bekannt, und beträgt als

Standardabweichung in den einzelnen Powervektor-Komponenten

Es wird angenommen, dass der Messfehler als Powervektor normalverteilt ist um den aus den Modellparametern ermittelbaren Powervektor der Fehlsichtigkeit P Auge (ßi), sodass für die Likelihood

prob(P Rx v /) = prob{P Rx \P Auge {ßi), l) = prob(M Rx ,J$ X ,J R \P Auge (ß , /) geschrieben werden kann. Dabei ist P Auge (üi) der Powervektor (M Auee ,j Q U9e ,J^ ae ), welcher mit Hilfe der Root-Mean-Squared (RMS) Metrik aus einer auf den photopischen Pupillenradius r ph nach bekannten Verfahren skalierten Zernike

Wellenfront ergibt. In diesem Fall hängt p Auge nur von einem Teil der Parameter des

Augenmodells ab: Die Likelihood kann nun ausgeschrieben werden als

In diesem Beispiel wird nun das bei gegebenem Hintergrundwissen I (Verteilung der Modellparameter in der Bevölkerung, Messgenauigkeit der Refraktion, Bestimmung des Powervektors aus einer Fehlsichtigkeit in Zernike-Darstellung, etc.) und den bekannten Messdaten P Rx das wahrscheinlichste Augenmodell ermittelt.

Als Prior probiß j ]!) wurde dazu näherungsweise eine Stichprobe der Modellparameter verwendet, die mit Hilfe eines Messgerätes (hier ein Aberrom eter) bei einer großen Zahl von Personen ermittelt wurden. Der eigentliche Prior besitzt 14 zum Teil abhängige Parameter und kann als solches nicht ganzheitlich veranschaulicht werden. In den Figuren 3a bis 3f sind jedoch marginale Dichten der zur Berechnung verwendeten Stichprobe aus dem Prior gezeigt.

Der Posterior besteht aus der mit der Likelihood gewichteten Stichprobe des Priors. Dazu wurde die Likelihood für jedes Element (engl sample) der Stichprobe des Priors ausgewertet und als Gewicht verwendet. Alternativ kann auch mit einer geringeren Stichprobengröße gearbeitet werden, in diesem Fall ist aus der gewichteten Stichprobe eine ungewichtete Stichprobe zu ziehen. Marginale Posterior-Dichten sind analog zum Prior in den Figuren 4a bis 4f zu sehen.

Das Maximum der Posteriordichte, ϋ^ ac , wurde mittels einer Kerndichteschätzung angenähert (Kern: multivariate Normalverteilung mit einer Standardabweichung, die der 0.5-fachen Standardabweichung der Posterior-Verteilung der Parameter des Augenmodells entspricht). Dies ergab die folgenden Werte für das wahrscheinlichste Augenmodell (Zernike-Koeffizienten sind auf eine Pupille von 5mm Durchmesser bezogen):

Die Wirkung der das wahrscheinlichste Augenmodell unter mesopischen Beleuchtungsbedingungen optimal korrigierenden Linse, Pm es ißi 1 ^)· wurde berechnet, indem die auf den Pupillendurchmesser von 5mm bezogenen Zemike- Koeffizienten

c ' max , c + 2 ' max c + 4 - max m j t Hilfe des aus der Literatur bekannten Verfahrens auf die wahrscheinlichste mesopische Pupille mit Radius r™ e x skaliert wurden. Aus dieser noch in Zernike-Darstellung gegebenen Fehlsichtigkeit des Auges wurde wiederum mit der RMS-Metrik der Powervektor

= (l ydpt,— 0.40dpt,— 0.19dpt)

ermittelt. Dieser kann zur Herstellung einer das wahrscheinlichste Augenmodell unter mesopischen Beleuchtungsbedingungen optimal korrigierenden Linse verwendet werden (z.B. eines Einstärkenglases oder als Wirkung im Fernbezugspunkt eines Gleitsichtglases).

Analog kann auch die Wirkung einer das wahrscheinlichste Augenmodell optimal unter photopischen Beleuchtungsbedingungen korrigierende Linse berechnet werden, indem die Fehlsichtigkeit in Zernike-Darstellung auf die wahrscheinlichste photopische Pupille mit Radius r^ ax skaliert wird. Dies ergibt

= (1.92dpt,— 0.41dpt,— O.lßdpt). Im Gegensatz zu anderen bekannten Verfahren (siehe z.B. WO 2013087212 A1 ) kann in dem hier vorgestellten Verfahren der endliche Messfehler der Daten (hier der Refraktion) berücksichtigt werden. Dies bewirkt, dass die Likelihood als Funktion der Daten eine endliche Breite besitzt. Aus diesem Grund ist der wahrscheinlichste Powervektor bei photopischer Pupille, P ph 1 ^), im Vergleich zur (ebenfalls bei photopischen Beleuchtungsbedingungen durchgeführten) Refraktion auch mehr in Richtung des Maximums des Priors verschoben. Dies ist ein Vorteil gegenüber dem in der WO 2013 087212 A1 offenbarten Verfahren, da so statistisch häufiger die optimale Korrektion für das Auge getroffen wird. Es wird auch nicht fälschlicherweise (wie z.B. bei Regressionsanalysen) angenommen, dass Parameter, die tatsächlich nicht genau bekannt sind einen exakten Wert besitzen (dies trifft für die abhängigen Variablen bei Regressionsanalysen jedoch zu), sondern es wird die tatsächliche Information (z.B. die tatsächliche oder die geschätzte Messgenauigkeit) der beteiligten Parameter berücksichtigt.

Erstes Beispiel für Verfahren nach Bayes B

Das in diesem Beispiel betrachtete Augenmodell sowie die Messdaten (hier die Refraktion) seien wie in Beispiel Bayes A gewählt. Nun soll jedoch die wahrscheinlichste Wirkung einer zu fertigenden ophthalmischen Linse berechnet werden, und nicht die Wirkung der ophthalmischen Linse für das wahrscheinlichste Augenmodell. Die Linse soll dabei wie auch im Beispiel zum Verfahren Bayes A sich für das mesopische Sehen optimal eignen. Die Parameter der ophthalmischen Linse, L entsprechen in diesem Beispiel vereinfacht ihrer Wirkung: = P L . Zu diesem Zweck wurden aus der Posterior-Stichprobe von Beispiel Bayes A mesopische Zernike-Wellenfronten berechnet, indem für die in dieser Stichprobe auf einen Pupillendurchmesser von 5mm bezogenen Zernike-Koeffizienten mit Hilfe des aus der Literatur bekannten Verfahrens auf die jeweilige mesopische Pupille skaliert wurden. Aus diesen mesopischen Zernike-Wellenfronten wurden wiederum mit der root-mean-squared (RMS) Metrik Powervektoren für die mesopische Pupille ermittelt. Diese stellen wiederum eine Stichprobe aus der Posterior-Verteilung der Wirkung einer für eine mesopische Pupille optimierten ophthalmischen Linse dar (vgl. die Figuren 5a bis 5c). Das Maximum der Posterior-Verteilung wurde durch das Maximum einer Kerndichteschätzung der Stichprobe angenähert (multivariate Normalverteilung als Kern mit einer Standardabweichung, welche der 0.5-fachen Standardabweichung der Posterior-Verteilung des Powervektors entsprach). Dies ergab die folgende wahrscheinlichste Wirkung

PrnS" = (Mär.Ä /iÄ) = (1.80dpt,— 0.41dpt,— 0.14dpt) einer zu fertigenden ophthalmischen Linse (z.B. der Wirkung eines Brillenglases wie eines Einstärkenbrillenglases, oder der Wirkung im Fernbezugspunkt eines Gleitsichtglases), welche die über das Augenmodell vorhandene Information optimal nutzt. Diese wahrscheinlichste Wirkung unterscheidet sich von der im Beispiel Bayes A für das wahrscheinlichste Augenmodell berechneten Wirkung P mes (ßi iax ) aufgrund der nichtlinearen Transformation (hier Skalieren) der Parameter des Augenmodells (hier die bis zur 4. Zernike-Ordnung beschriebene Fehlsichtigkeit und die Logarithmen der mesopischen und photopischen Pupillen) in die Parameter der ophthalmischen Linse (hier die Wirkung der opthalmischen Linse als Powervektor). Als Korrektion stellt P mes ax wiederum eine weitere Verbesserung gegenüber der Korrektion P meS (ßf iax ) dar, der wahrscheinlichsten Fehlsichtigkeit bei gegebener Information entspricht, und P mes 1 ^) lediglich der Fehlsichtigkeit des wahrscheinlichsten Augenmodells aber im Allgemeinen nicht der wahrscheinlichsten Fehlsichtigkeit.

Für den Fachmann sind leicht andere Beispiele durchführbar, in denen die Verfahren Bayes A oder Bayes B zum Einsatz kommen, aber bei denen ein wesentlich komplexeres Augenmodell verwendet wird, welches z.B. aus mehreren brechenden Flächen und Medien mit unterschiedlichen Brechungsindizes bestehen kann. Jede der Flächen kann z.B. in einer Zernike-Darstellung beschrieben sein, deren Verteilung der Koeffizienten zum Teil oder vollständig in der Literatur beschrieben sein kann oder durch Messungen zugänglich ist (z.B. mit Hilfe Messverfahren zur Bestimmung der Augenbiometrie wie z.B. scannende Optische Kohärenztomografie, Ultraschall oder Magnetresonanztomografie). Fehlen solche Informationen, so können Prioren mit Hilfe von Annahmen über die Glattheit der brechenden Flächen oder der lokalen Krümmungseigenschaften dieser Flächen ersetzt werden (z.B. Korrelationslängen der lokalen Krümmungen). Auch die Brechungsindizes der Medien können als nicht genau bekannte Parameter in das Modell aufgenommen werden. Auch sind Modelle mit Brechungsindex-Gradienten möglich. Die Propagation und Brechung des Lichts durch das Modellauge wird entsprechend des verwendeten Augenmodells gewählt. Als Metriken können auch andere bekannte Metriken (monochromatisch oder auch polychromatisch) verwendet werden.

Es können auch andere Likelihood-Verteilungen gewählt werden, wenn dies motiviert ist (z.B. können andere Parameter des Augenmodells direkt gemessen werden, oder es können andere Messgrößen, die indirekt mit den Parametern des Augenmodells Zusammenhängen, gemessen oder anderweitig bestimmt werden, z.B. Augenlänge und/oder Abstände der brechenden Flächen des Auges).

Es ist auch ohne weiteres möglich, komplexere Beschreibungen der Linse (z.B. durch den Verlauf der Vorder- und Rückfläche und die Dicke) zu verwenden. Ist die Komplexität (d.h. die Anzahl der Parameter) der Augen- und/oder Linsenmodelle sehr hoch, so kann der Posterior z.B. durch Näherungsverfahren wie parametrische Inferenz (z.B. variational inference) gelöst werden, bei denen der Posterior selbst parametrisiert ist und dessen Bestimmung als Optim ierungsproblem aufgefasst wird.

Zweites Beispiel für Verfahren nach Bayes A

Das Augenmodell, das in diesem Beispiel verwendet wird, besteht aus drei in zweiter Ordnung beschriebenen und nicht gegeneinander verkippten brechenden Flächen (Corneavorderfläche, sowie Vorder- und Rückfläche der Augenlinse, hier mit Fläche k = 1 , 2 und 3 nummeriert), sowie der Netzhaut. Die Cornearückfläche wird in diesem Modell vernachlässigt (vgl. Bennett-Rabbetts Augenmodell). Zur Parametrisierung des Flächenbrechwerts jeder Fläche wird der Flächenbrechwert im Querschnitt 0°, 45° und 90° zur Horizontalen verwendet (d.h. die Elemente der Flächenbrechwertmatrix, Bezeichnungen hierfür sind D xx , D xy und D yy ). Die gegenseitige Position der brechenden Flächen und der Retina ist als positive Größe jeweils durch die natürlichen Logarithmen der Abstände jeweils zweier direkt benachbarter Flächen parametrisiert (Logarithmen der Abstände Cornea-Linsenvorderfläche, Linsenvorderflächen- Linsenrückfläche, Linsenrückfläche-Netzhaut sind jeweils mit log d 12 , log d 23 und log d 34 bezeichnet, wobei die Abstände in mm verwendet werden). Die Brechungsindizes der Medien zwischen den brechenden Flächen (d.h. in der Vorderkammer, Augenlinse und Glaskörper) besitzen die Brechungsindizes n 12 , n 23 und n 34. Der Parametervektor ist hier als

-di = (log d 12 , log d 23 , log d 34 , D X D xy , D y , D xx , D y , D yy , D x , D y , D y , n 12 , n 23 , n 34 ) zusammengefasst.

Die für ein Individuelles Auge bekannten Messdaten d t seien hier Sphäre, Zylinder und Achse der (Fern-) Refraktion Rx,

Rx = (S RX , Z RX , A Rx ) = (2.5dpt, - Idpt, 100°),

welche als Powervektor geschrieben

P Rx = ( M Rx ,J§ x ,J £ ) = (2.00dpt,— 0.47dpt, -0.17dpt) beträgt.

Der Messfehler der Refraktion sei ebenfalls bekannt, und beträgt als Standardabweichung in den einzelnen Powervektor-Kom ponenten a Rx = ( M x , a R Q , af 4S ) = (0.375dpt, 0.125dpt, 0.125dpt).

Es wird angenommen, dass der Messfehler als Powervektor normalverteilt ist um den aus den Modellparametern ermittelbaren Powervektor der Fehlsichtigkeit P Auae (di), sodass für die Likelihood prob(P Rx \di, /) = prob(P Rx \P Auae (ßi), I ) = prob(M Rx ,J X ,J R \P Auae (b ), /) geschrieben werden kann. Dabei ist P Auee (di) der Powervektor welcher der Fehlsichtigkeit des Augenmodells

entspricht und durch wiederholte Propagation und Brechung einer von einem Punkt auf der Netzhaut ausgehenden Wellenfront durch das Auge zum Scheitel der Cornea aus den Parametern des Augenmodells in paraxialer Näherung berechnet werden kann. Die Likelihood kann nun ausgeschrieben werden als

In diesem Beispiel wird nun das bei gegebenem Hintergrundwissen I (Verteilung der Modellparameter in der Bevölkerung, Messgenauigkeit der Refraktion, Propagation einer Wellenfront durch das Augenmodell, etc.) und den bekannten Messdaten P Rx das wahrscheinlichste Augenmodell ermittelt.

Für den Prior prob(di\I) wurde eine multivariate Normalverteilung angenommen, deren Parameter aus einer Reihe von Messungen der Biometrie von Augen einer Vielzahl von Personen, Literaturwerten, sowie Schätzungen der Streuung der jeweiligen Größen in der Population (sofern keine Angaben über die Streubreite gefunden wurde) bestimmt wurden.

In folgender Tabelle sind das Maximum und die Standardabweichung (in Klammern) der Normalverteilung dargestellt:

Die Korrelationsmatrix der Normalverteilung besaß eine mit 1 besetzte Diagonale und war überall bis auf folgende Nichtdiagonalelemente mit Null besetzt:

Der eigentliche Prior besitzt 15 zum Teil abhängige Parameter und kann als solches nicht ganzheitlich veranschaulicht werden. In den Figuren 6a bis 6e sind jedoch marginale Dichten der zur Berechnung verwendeten Stichprobe aus dem Prior als Streudiagramme gezeigt.

Der Posterior besteht aus der mit der Likelihood gewichteten Stichprobe des Priors. Dazu wurde die Likelihood für jedes Element (engl sample) der Stichprobe des Priors ausgewertet und als Gewicht verwendet. Alternativ kann auch mit einer geringeren Stichprobengröße gearbeitet werden, in diesem Fall ist aus der gewichteten Stichprobe eine ungewichtete Stichprobe zu ziehen. Marginale Posterior-Dichten sind analog zum Prior in den Figuren 7a bis 7e zu sehen.

Das Maximum der Posteriordichte, i?·““, wurde mittels einer Kerndichteschätzung angenähert (Kern: multivariate Normalverteilung mit einer Standardabweichung, die der 0.5-fachen Standardabweichung der Posterior-Verteilung der Parameter des Augenmodells entspricht). Dies ergab die folgenden Werte d - ax für das wahrscheinlichste Augenmodell:

Man erkennt leicht an den Unterschieden der xx und yy Komponenten der Flächenbrechkräfte, dass der meiste Astigmatismus in der Cornea vorhanden ist, da diese in der Population (und deshalb auch im Prior) auch die größte Schwankungsbreite der Wirkungen besitzt.

Die Wirkung der das wahrscheinlichste Augenmodell optimal korrigierenden Linse, P(ß™ ax ), wurde ebenfalls berechnet und beträgt

R(t9 a ) = ( (i9 iax ) 0 (i9™ ac ),/ 45 (b ac ) = (2.09 dpt, -0.50dpi, -O.OOdpt)

Diese kann zur Herstellung einer das wahrscheinlichste Augenmodell optimal korrigierenden Linse verwendet werden (z.B. eines Einstärkenglases oder als Wirkung im Fembezugspunkt eines Gleitsichtglases).

Die Wirkung der das wahrscheinlichste Augenmodell optimal korrigierenden Linse P d ia x) kann sich dabei von der Fehlsichtigkeit des wahrscheinlichsten Auges, P 4tlfi,e ((i9 t max )), unterscheiden, da sich erstere auf die korrigierende Linse bezieht, und letztere auf die Wirkung des Auges bei der Refraktion, da die Abstände zwischen Cornea und korrigierende Linse bzw. Refraktionslinse sich im Allgemeinen unterscheiden. Zweites Beispiel für Verfahren nach Bayes B

Das in diesem Beispiel betrachtete Augenmodell sowie die Messdaten (hier die Refraktion) seien wie im vorangegangenen zweiten Beispiel Bayes A gewählt. Nun soll jedoch die wahrscheinlichste Wirkung einer zu fertigenden ophthalmischen Linse berechnet werden, und nicht die Wirkung der ophthalmischen Linse für das wahrscheinlichste Augenmodell. Die Parameter der ophthalmischen Linse, L i entsprechen in diesem Beispiel vereinfacht ihrer Wirkung: Li = P L = (M L ,/ g ,/£ 5 ).

Zu diesem Zweck wurden aus der Posterior-Stichprobe des vorangegangenen zweiten Beispiels Bayes A Powervektoren berechnet, die eine Stichprobe aus der Posterior- Verteilung der Wirkung der optimalen ophthalmischen Linse darstellen (vgl. die Figuren 8a bis 8c). Im Vergleich zur entsprechenden Verteilung der sich aus der Prior- Verteilung der Augen ergebenden Dichte der Wirkungen der ophthalmischen Linse (vgl. die Figuren 9a bis 9c) ist der Informationsgewinn durch die Daten anhand der reduzierten Streubreite des Posteriors im Vergleich zum Prior deutlich erkennbar.

Das Maximum der Posterior-Verteilung wurde durch das Maximum einer Kerndichteschätzung der Stichprobe angenähert (multivariate Normalverteilung als Kern mit einer Standardabweichung, welche der 0.5-fachen Standardabweichung der Posterior-Verteilung des Powervektors entsprach). Dies ergab die folgende wahrscheinlichste Wirkung einer zu fertigenden ophthalmischen Linse (z.B. der Wirkung eines Brillenglases wie eines Einstärkenbrillenglases, oder der Wirkung im Fernbezugspunkt eines Gleitsichtglases), welches die über das Augenmodell vorhandene Information optimal nutzt:

Diese wahrscheinlichste Wirkung unterscheidet sich von der im Beispiel Bayes A für das wahrscheinlichste Augenmodell berechneten Wirkung Piß 1 ) aufgrund der nichtlinearen Transformation (hier hauptsächlich die Propagation der Wellenfronten zwischen den brechenden Flächen) der Parameter des Augenmodells (hier die Flächenbrechwerte und Abstände der brechenden Flächen sowie in einem geringen Umfang auch die Brechungsindizes der Medien) in die Parameter der ophthalmischen Linse (hier die Wirkung der ophthalmischen Linse als Powervektor). Als Korrektion stellt p L max wiederum eine weitere Verbesserung gegenüber der Korrektion P(ß™ ax ) aus dem zweiten Beispiel zum Verfahren Bayes B dar, da p L max der wahrscheinlichsten korrigierenden Wirkung bei gegebener Information entspricht, und P m es(^ ax lediglich der das wahrscheinlichste Augenmodell korrigierenden Wrkung aber im Allgemeinen nicht der wahrscheinlichsten korrigierenden Wirkung.

Bezugszeichenliste

10 Hauptstrahl

12 Auge

14 erste Fläche des Brillenglases (Vorderfläche)

16 zweite Fläche des Brillenglases (Rückfläche)

18 Homhautvorderfläche

20 Augenlinse

30 Schnittfläche