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Title:
METHOD FOR THE CRYOGENIC SEPARATION OF AIR AND AIR SEPARATION PLANT
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2016/015860
Kind Code:
A1
Abstract:
What is proposed is a method for the cryogenic separation of air (AIR) in an air separation plant (100) having a main air compressor (2), a main heat exchanger (4) and a distillation column system (10) having a low-pressure column (11) operated at a first pressure and a high-pressure column (12) operated at a second pressure, in which a feed air flow (a), which comprises all of the feed air fed to the air separation plant (100, 200), is compressed in the main air compressor (2) to a third pressure that is at least 2 bar above the second pressure, wherein a first fraction (c) of the compressed feed air flow (b) is cooled at least once in the main heat exchanger (4) and is expanded from the third pressure in a first expansion turbine (5), a second fraction (d) is cooled at least once in the main heat exchanger (4) and is expanded from the third pressure in a second expansion turbine (6), and a third fraction (e) is further compressed to a fourth pressure, is cooled at least once in the main heat exchanger (4) and is expanded from the fourth pressure, wherein air of the first fraction (c) and/or of the second fraction (d) and/or of the third fraction (e) is fed into the distillation column system (10) at the first and/or at the second pressure. It is provided that the third fraction (e) is further compressed to the fourth pressure in sequence in a recompressor (7), a hot first turbine booster and a second turbine booster, and for expanding the third fraction (e) use is made of a dense fluid expander (8) to which the third fraction (e) is fed in the liquid state and at the fourth pressure. The invention also relates to an air separation plant (100).

Inventors:
LAUTENSCHLAGER TOBIAS (DE)
GOLOUBEV DIMITRI (DE)
Application Number:
PCT/EP2015/001554
Publication Date:
February 04, 2016
Filing Date:
July 28, 2015
Export Citation:
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Assignee:
LINDE AG (DE)
International Classes:
F25J3/04
Foreign References:
EP2520886A12012-11-07
US5564290A1996-10-15
DE102007014643A12007-09-20
US20130255313A12013-10-03
DE102006012241A12007-09-20
US20050126221A12005-06-16
EP2634517A12013-09-04
Attorney, Agent or Firm:
IMHOF, Dietmar (DE)
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Claims:
Patentansprüche

1. Verfahren zur Tieftemperaturzerlegung von Luft (AIR) in einer

Luftzerlegungsanlage (100, 200) mit einem Hauptluftverdichter (2), einem

Hauptwärmetauscher (4) und einem Destillationssäulensystem (10) mit einer auf einem ersten Druckniveau betriebenen Niederdrucksäule (11) und einer auf einem zweiten Druckniveau betriebenen Hochdrucksäule (12), bei dem

- ein Einsatzluftstrom (a), der die gesamte, der Luftzerlegungsanlage (100, 200) zugeführte Einsatzluft umfasst, in dem Hauptluftverdichter (2) auf ein drittes Druckniveau verdichtet wird, welches mindestens 2 bar oberhalb des zweiten Druckniveaus liegt, wobei von dem verdichteten Einsatzluftstrom (b)

- ein erster Anteil (c) mindestens einmal in dem Hauptwärmetauscher (4)

abgekühlt und ausgehend von dem dritten Druckniveau in einer ersten

Entspannungsturbine (5) entspannt wird,

- ein zweiter Anteil (d) mindestens einmal in dem Hauptwärmetauscher (4) abgekühlt und ausgehend von dem dritten Druckniveau in einer zweiten Entspannungsturbine (6) entspannt wird, und

- ein dritter Anteil (e) weiter auf ein viertes Druckniveau verdichtet, mindestens einmal in dem Hauptwärmetauscher (4) abgekühlt und ausgehend von dem vierten Druckniveau entspannt wird, wobei

Luft des ersten Anteils (c) und/oder des zweiten Anteils (d) und/oder des dritten Anteils (e) auf dem ersten und/oder auf dem zweiten Druckniveau in das Destillationssäulensystem (10) eingespeist wird, dadurch gekennzeichnet, dass

- der dritte Anteil (e) nacheinander in einem Nachverdichter (7), einem ersten Turbinenbooster und einem zweiten Turbinenbooster auf das vierte

Druckniveau weiter verdichtet wird, und - zum Entspannen des dritten Anteils (e) ein Dichtfluidexpander (8) verwendet wird, dem der dritte Anteil (e) in flüssigem Zustand und auf dem vierten Druckniveau zugeführt wird, und

der dritte Anteil (e) dem ersten Turbinenbooster auf einem Temperaturniveau von 0 bis 50 °C zugeführt wird.

Verfahren nach Anspruch 1 , bei dem der dritte Anteil (e) dem zweiten

Turbinenbooster auf einem Temperaturniveau von—40 bis 50 °C zugeführt wird.

Verfahren nach Anspruch 2, bei dem der Luftzerlegungsanlage (100, 200) wenigstens ein flüssiges Luftprodukt in einem Anteil von 3 bis 10 Mol.-% des Einsatzluftstroms (a) entnommen wird.

Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, bei dem der dritte Anteil (e) nach dem

Nachverdichten in dem zweiten Turbinenbooster in einem Nachkühler ausgehend von einem Temperaturniveau oberhalb der Umgebungstemperatur und danach in dem Hauptwärmetauscher (4) von einem Temperaturniveau von 10 bis 50 °C auf ein Temperaturniveau von -140 bis -180 °C abgekühlt wird.

Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, bei dem das erste Druckniveau bei 1 bis 2 bar, das zweite Druckniveau bei 5 bis 6 bar, das dritte Druckniveau bei 8 bis 23 bar und/oder das vierte Druckniveau bei 50 bis 70 bar Absolutdruck liegt.

Verfahren nach Anspruch 1 , bei dem der dritte Anteil (e) dem ersten

Turbinenbooster auf einem Temperaturniveau von 0 bis 50 °C und dem zweiten Turbinenbooster auf einem Temperaturniveau von -140 bis -20 °C zugeführt wird.

Verfahren nach Anspruch 6, bei dem der Luftzerlegungsanlage (100, 200) wenigstens ein flüssiges Luftprodukt in einem Anteil von bis zu 3 ol.-% des Einsatzluftstroms (a) entnommen wird.

Verfahren nach Anspruch 6 oder 7, bei dem der dritte Anteil (e) nach dem

Nachverdichten in dem zweiten Turbinenbooster in dem Hauptwärmetauscher (4) ausgehend von einem Temperaturniveau von -90 bis 20 °C auf ein

Temperaturniveau von -140 bis -180 °C abgekühlt wird.

9. Verfahren nach einem der Ansprüche 6 bis 8, bei dem das erste Druckniveau bei 1 bis 2 bar, das zweite Druckniveau bei 5 bis 6 bar, das dritte Druckniveau bei 9 bis 17 bar und/oder das vierte Druckniveau bei 30 bis 80 bar Absolutdruck liegt.

10. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem die Turbinenbooster jeweils mit einer der Entspannungsturbinen (5, 6) angetrieben werden.

1 1. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem der Nachverdichter (7) mit Hochdruckfluid und/oder elektrisch und/oder zusammen mit einer

Verdichterstufe des Hauptluftverdichters (2) angetrieben wird.

12. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem der erste Anteil (c) in dem Hauptwärmetauscher (4) vor dem Entspannen auf ein Temperaturniveau von 0 bis -150 °C abgekühlt wird.

13. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem der erste Anteil (c) in dem Hauptwärmetauscher (4) nach dem Entspannen auf ein Temperaturniveau von -150 bis -180 °C abgekühlt wird.

14. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem der zweite Anteil (d) in dem Hauptwärmetauscher (4) vor dem Entspannen auf ein Temperaturniveau von -100 bis -160 °C abgekühlt wird. 15. Luftzerlegungsanlage (100), die zur Tieftemperaturzerlegung von Luft (AIR)

gemäß einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 14 eingerichtet ist und einen Hauptluftverdichter (2), einen Hauptwärmetauscher (4) und ein

Destillationssäulensystem (10) mit einer auf einem ersten Druckniveau

betriebenen Niederdrucksäule (1 1 ) und einer auf einem zweiten Druckniveau betriebenen Hochdrucksäule (12) aufweist, wobei die Luftzerlegungsanlage (100)

Mittel aufweist die dafür eingerichtet sind, einen Einsatzluftstrom (a), der die gesamte, der Luftzerlegungsanlage (100, 200) zugeführte Einsatzluft umfasst, in dem Hauptluftverdichter (2) auf ein drittes Druckniveau zu verdichten, welches mindestens 2 bar oberhalb des zweiten Druckniveaus liegt, und von dem verdichteten Einsatzluftstrom (b)

- einen ersten Anteil (c) mindestens einmal in dem Hauptwärmetauscher (4) abzukühlen und ausgehend von dem dritten Druckniveau in einer ersten Entspannungsturbine (5) zu entspannen,

- einen zweiten Anteil (d) mindestens einmal in dem Hauptwärmetauscher (4) abzukühlen und ausgehend von dem dritten Druckniveau in einer zweiten Entspannungsturbine (6) zu entspannen, einen dritten Anteil (e) weiter auf ein viertes Druckniveau zu verdichten, mindestens einmal in dem Hauptwärmetauscher (4) abzukühlen und ausgehend von dem vierten Druckniveau zu entspannen, und

- Luft des ersten Anteils (c) und/oder des zweiten Anteils (d) und/oder des dritten Anteils (e) auf dem ersten und/oder auf dem zweiten Druckniveau in das Destillationssäulensystem (10) einzuspeisen, gekennzeichnet durch Mittel, die dafür eingerichtet sind,

- den dritten Anteil (e) nacheinander in einem Nachverdichter (7), einem ersten Turbinenbooster und einem zweiten Turbinenbooster auf das vierte

Druckniveau weiter zu verdichten,

- den dritten Anteil (e) in einem Dichtfluidexpander (8) zu entspannen und diesem den dritten Anteil (e) in flüssigem Zustand und auf dem vierten Druckniveau zuzuführen und den dritten Anteil (e) dem ersten Turbinenbooster auf einem

Temperaturniveau von 0 bis 50 °C zuzuführen.

Description:
Beschreibung

Verfahren zur Tieftemperaturzerlegung von Luft und Luftzerlegunqsanlage

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Tieftemperaturzerlegung von Luft in einer Luftzerlegungsanlage sowie eine entsprechende Luftzerlegungsanlage gemäß den Oberbegriffen der unabhängigen Patentansprüche.

Stand der Technik

Die Herstellung von Luftprodukten in flüssigem oder gasförmigem Zustand durch Tieftemperaturzerlegung von Luft in Luftzerlegungsanlagen ist bekannt und in der Fachliteratur, beispielsweise bei H.-W. Häring (Hrsg.), Industrial Gases Processing, Wiley-VCH 2006, insbesondere Abschnitt 2.2.5, "Cryogenic Rectification", beschrieben. Luftzerlegungsanlagen weisen Destillationssäulensysteme auf, die beispielsweise als Zweisäulensysteme, insbesondere als klassische Linde-Doppelsäulensysteme, aber auch als Drei- oder Mehrsäulensysteme ausgebildet sein können. Neben den

Destillationssäulen zur Gewinnung von Stickstoff und/oder Sauerstoff in flüssigem und/oder gasförmigem Zustand (beispielsweise flüssigem Sauerstoff, LOX,

gasförmigem Sauerstoff, GOX, flüssigem Stickstoff, LIN und/oder gasförmigem

Stickstoff, GAN), also den Destillationssäulen zur Stickstoff-Sauerstoff-Trennung, können Destillationssäulen zur Gewinnung weiterer Luftkomponenten, insbesondere der Edelgase Krypton, Xenon und/oder Argon, vorgesehen sein.

Die Destillationssäulensysteme werden bei unterschiedlichen Betriebsdrücken in ihren jeweiligen Destillationssäulen betrieben. Bekannte Doppelsäulensysteme weisen beispielsweise eine sogenannte Hochdrucksäule (bisweilen auch lediglich als

Drucksäule bezeichnet) und eine sogenannte Niederdrucksäule auf. Der Betriebsdruck der Hochdrucksäule beträgt beispielsweise 4,3 bis 6,9 bar, vorzugsweise etwa 5,0 bar. Die Niederdrucksäule wird bei einem Betriebsdruck von beispielsweise 1 ,3 bis 1 ,7 bar, vorzugsweise etwa 1 ,5 bar, betrieben. Bei den hier und im Folgenden angegebenen Drücken handelt es sich um Absolutdrücke.

Bei der Luftzerlegung können sogenannte High-Air-Pressure-Verfahren (HAP- Verfahren) eingesetzt werden. Bei einem HAP-Verfahren wird die gesamte, der Luftzerlegungsanlage zugeführte bzw. die in einem entsprechenden Verfahren insgesamt eingesetzte Luft (als Einsatzluft bezeichnet) in einem Hauptluftverdichter auf einen Druck verdichtet, der deutlich über dem höchsten Betriebsdruck des

Destillationssäulensystems, typischerweise also deutlich über dem Betriebsdruck der Hochdrucksäule, liegt. Der Druckunterschied beträgt mindestens 2 oder 4 bar und vorzugsweise zwischen 6 und 16 bar. Beispielsweise ist der Druck mindestens doppelt so hoch wie der Betriebsdruck der Hochdrucksäule. HAP-Verfahren sind z.B. aus der EP 2 466 236 A1 , der EP 2 458 311 A1 und der US 5 329 776 A bekannt. Bei HAP-Verfahren lassen sich aufgrund der stärkeren Verdichtung die zur

Luftreinigung erforderlichen Behälter- und Leitungsdimensionen verringern. Ferner sinkt der absolute Wassergehalt der verdichteten Luft. Je nach den vorliegenden Randbedingungen kann auf eine Kälteanlage zur Luftreinigung verzichtet werden. In HAP-Verfahren kann die im Hauptlufttverdichter verdichtete Luftmenge ferner von der Prozessluftmenge entkoppelt werden. In einem derartigen Fall wird nur ein Teil der auf den genannten Druck verdichteten Einsatzluft als sogenannte Prozessluft genutzt, also für die eigentliche Rektifikation verwendet und in die Hochdrucksäule eingespeist. Ein weiterer Teil wird zur Gewinnung von Kälte entspannt, wobei die Kältemenge unabhängig von der Prozessluft eingestellt werden kann. Eine derartige Entkopplung ist jedoch nicht in allen HAP-Verfahren vorgesehen.

Ferner sind Verfahren bekannt, bei denen die Einsatzluft in dem Hauptluftverdichter nur auf den höchsten Betriebsdruck des Destillationssäulensystems, typischerweise also nur den Betriebsdruck der Hochdrucksäule oder geringfügig darüber, verdichtet wird. Ein Teil der Einsatzluft kann daher nach Abkühlung ohne weitere Entspannung in das Destillationssäulensystem eingespeist werden. Nur bestimmte Anteile, die beispielsweise zur zusätzlichen Kälteproduktion oder auch zur Erwärmung flüssiger Ströme (siehe sogleich) benötigt werden, werden in einem oder mehreren

Nachverdichtern weiter verdichtet. Derartige Verfahren mit Haupt- und

Nachverdichter(n) werden auch als MAC/BAC-Verfahren (engl. Main Air

Compressor/Booster Air Compressor) bezeichnet. In einem MAC/BAC-Verfahren wird also nicht die gesamte Einsatzluft, sondern nur ein Teil auf einen Druck deutlich über dem höchsten Betriebsdruck des Destillationssäulensystems verdichtet. Bei der Luftzerlegung kann die sogenannte Innenverdichtung zum Einsatz kommen. Bei der Innenverdichtung wird dem Destillationssäulensystem ein flüssiger Strom entnommen und zumindest zum Teil flüssig auf Druck gebracht. Der flüssig auf Druck gebrachte Strom wird in einem Hauptwärmetauscher der Luftzerlegungsanlage gegen einen Wärmeträger erwärmt und verdampft oder, beim Vorliegen entsprechender Drücke, vom flüssigen in den überkritischen Zustand überführt. Bei dem flüssigen Strom kann es sich insbesondere um flüssigen Sauerstoff, jedoch auch um Stickstoff oder Argon handeln. Die Innenverdichtung wird damit zur Gewinnung entsprechender gasförmiger Druckprodukte eingesetzt. Der Vorteil an Innenverdichtungsverfahren ist unter anderem, dass entsprechende Fluide nicht außerhalb der Luftzerlegungsanlage in gasförmigem Zustand verdichtet werden müssen, was sich häufig als sehr aufwendig erweist und/oder beträchtliche Sicherheitsmaßnahmen erfordert. Auch die Innenverdichtung ist in der eingangs zitierten Fachliteratur beschrieben. Nachfolgend wird für die Überführung aus dem flüssigen in den überkritischen oder gasförmigen Zustand der Sammelbegriff "Entflüssigung" verwendet. Die Überführung aus dem überkritischen oder gasförmigen in den flüssigen Zustand, deren Produkt eine eindeutig definierte Flüssigkeit ist, wird als "Verflüssigung" bezeichnet. Gegen den zu entflüssigenden Strom wird ein Wärmeträger verflüssigt. Der

Wärmeträger wird dabei üblicherweise durch einen Teil der der Luftzerlegungsanlage zugeführten Luft gebildet. Um den flüssig auf Druck gebrachten Strom effizient erwärmen und entflüssigen zu können, muss dieser Wärmeträger aufgrund

thermodynamischer Gegebenheiten einen höheren Druck als der flüssig auf Druck gebrachte Strom aufweisen. Daher muss ein entsprechend hoch verdichteter Strom bereitgestellt werden. Dieser wird auch als "Drosselstrom" bezeichnet, weil er herkömmlicherweise mittels eines Entspannungsventils ("Drossel") entspannt, hierdurch zumindest zum Teil entflüssigt und in das verwendete

Destillationssäulensystem eingespeist wird.

Die Herstellung von innenverdichtetem, gasförmigem Sauerstoff mittels HAP-Verfahren ist insbesondere aufgrund des Wegfalls eines Nachverdichters zur Bereitstellung eines entsprechend hoch verdichteten Stroms vergleichsweise kostengünstig und in unterschiedlichen Ausgestaltungen realisierbar. In bestimmten Fällen können sich jedoch MAC/BAC-Verfahren als energetisch günstiger erweisen, was insbesondere auf den Einsatz einer Turbine (statt des herkömmlichen Entspannungsventils)

zurückzuführen ist, der der Drosselstrom im flüssigen Zustand bei überkritischem Druck zugeführt und in weiterhin flüssigem Zustand bei unterkritischem Druck entnommen wird. Eine derartige Turbine wird im Rahmen dieser Anmeldung als Dichtfluidexpander bezeichnet (engl. Dense Liquid Expander bzw. Dense Fluid

Expander, DLE). Die energetischen Vorteile eines derartigen Dichtfluidexpanders sind ebenfalls in der eingangs zitierten Fachliteratur, beispielsweise Abschnitt 2.2.5.6, "Apparatus", Seite 48 und 49, beschrieben. Ziel der vorliegenden Erfindung ist es, die mit den HAP-Verfahren verbundenen niedrigen Investitionskosten mit den Effizienzvorteilen von herkömmlichen MAC/BAC- Verfahren zu kombinieren.

Offenbarung der Erfindung

Vor diesem Hintergrund schlägt die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur

Tieftemperaturzerlegung von Einsatzluft in einer Luftzerlegungsanlage sowie eine entsprechende Luftzerlegungsanlage mit den Merkmalen der unabhängigen

Patentansprüche vor. Bevorzugte Ausgestaltungen sind jeweils Gegenstand der abhängigen Patentansprüche sowie der nachfolgenden Beschreibung.

Vor der Erläuterung der Merkmale und Vorteile der vorliegenden Erfindung werden deren Grundlagen und die verwendeten Begriffe erläutert. Eine "Entspannungsturbine" bzw. "Entspannungsmaschine", die über eine

gemeinsame Welle mit weiteren Entspannungsturbinen oder Energiewandlern wie Ölbremsen, Generatoren oder Verdichtern gekoppelt sein kann, ist zur Entspannung eines gasförmigen oder zumindest teilweise flüssigen Stroms eingerichtet.

Insbesondere können Entspannungsturbinen zum Einsatz in der vorliegenden Erfindung als Turboexpander ausgebildet sein. Wird ein Verdichter mit einer oder mehreren Entspannungsturbinen angetrieben, jedoch ohne extern, beispielsweise mittels eines Elektromotors, zugeführte Energie, wird der Begriff "turbinengetriebener Verdichter" oder alternativ "Turbinenbooster" verwendet. Ein "Verdichter" ist eine Vorrichtung, die zum Verdichten wenigstens eines

gasförmigen Stroms von wenigstens einem Eingangsdruck, bei dem dieser dem

Verdichter zugeführt wird, auf wenigstens einen Enddruck, bei dem dieser dem

Verdichter entnommen wird, eingerichtet ist. Ein Verdichter bildet eine bauliche Einheit, die jedoch mehrere "Verdichterstufen" in Form von Kolben-, Schrauben- und/oder Schaufelrad- bzw. Turbinenanordnungen (also Axial- oder Radialverdichterstufen) aufweisen kann. Dies gilt auch insbesondere für den "Haupt(luft)verdichter" einer Luftzerlegungsanlage, der sich dadurch auszeichnet, dass durch diesen die gesamte oder der überwiegende Anteil der in die Luftzerlegungsanlage eingespeisten

Luftmenge, also der gesamte Einsatzluftstrom, verdichtet wird. Ein "Nachverdichter", in dem in MAC/BAC-Verfahren ein Teil der im Hauptluftverdichter verdichteten Luftmenge auf einen nochmals höheren Druck gebracht wird, ist häufig ebenfalls mehrstufig ausgebildet. Insbesondere werden entsprechende Verdichterstufen mittels eines gemeinsamen Antriebs, beispielsweise über eine gemeinsame Welle, angetrieben.

Herkömmlicherweise kommen in MAC/BAC-Verfahren Nachverdichter zum Einsatz, die mittels extern zugeführter Energie angetrieben werden, in HAP-Verfahren finden sich derartige Nachverdichter nicht. Turbinenbooster sind jedoch typischerweise in beiden Fällen vorhanden, insbesondere um bei der Entspannung zur Kälteproduktion freiwerdende Wellenleistung sinnvoll nutzen zu können.

Ein "Wärmetauscher" dient zur indirekten Übertragung von Wärme zwischen

zumindest zwei z.B. im Gegenstrom zueinander geführten Strömen, beispielsweise einem warmen Druckluftstrom und einem oder mehreren kalten Strömen oder einem tiefkalten flüssigen Luftprodukt und einem oder mehreren warmen Strömen. Ein

Wärmetauscher kann aus einem einzelnen oder mehreren parallel und/oder seriell verbundenen Wärmetauscherabschnitten gebildet sein, z.B. aus einem oder mehreren Plattenwärmetauscherblöcken. Ein Wärmetauscher, beispielsweise auch der in einer Luftzerlegungsanlage eingesetzte "Hauptwärmetauscher", der sich dadurch

auszeichnet, dass durch ihn der Hauptanteil der abzukühlenden bzw. zu erwärmenden Ströme abgekühlt bzw. erwärmt wird, weist "Passagen" auf, die als voneinander getrennte Fluidkanäle mit Wärmeaustauschflächen ausgebildet sind.

Die vorliegende Anmeldung verwendet zur Charakterisierung von Drücken und

Temperaturen die Begriffe "Druckniveau" und "Temperaturniveau", wodurch zum Ausdruck gebracht werden soll, dass entsprechende Drücke und Temperaturen in einer entsprechenden Anlage nicht in Form exakter Druck- bzw. Temperaturwerte verwendet werden müssen, um das erfinderische Konzept zu verwirklichen. Jedoch bewegen sich derartige Drücke und Temperaturen typischerweise in bestimmten Bereichen, die beispielsweise ± 1%, 5%, 10%, 20% oder sogar 50% um einen

Mittelwert liegen. Entsprechende Druckniveaus und Temperaturniveaus können dabei in disjunkten Bereichen liegen oder in Bereichen, die einander überlappen.

Insbesondere schließen beispielsweise Druckniveaus unvermeidliche oder zu erwartende Druckverluste, beispielsweise aufgrund von Abkühlungseffekten, ein. Entsprechendes gilt für Temperaturniveaus.

Vorteile der Erfindung

Das erfindungsgemäße Verfahren verwendet eine Luftzerlegungsanlage mit einem Hauptluftverdichter, einem Hauptwärmetauscher und einem Destillationssäulensystem mit einer auf einem ersten Druckniveau betriebenen Niederdrucksäule und einer auf einem zweiten Druckniveau betriebenen Hochdrucksäule. Die genannten und weitere verwendete Druckniveaus sind unten im Detail angegeben. In dem erfindungsgemäßen Verfahren wird ein Einsatzluftstrom, der die gesamte, der Luftzerlegungsanlage zugeführte Einsatzluft umfasst, in dem Hauptluftverdichter auf ein drittes Druckniveau verdichtet, welches mindestens 2 bar, insbesondere

mindestens 4 bar, oberhalb des zweiten Druckniveaus liegt. Das dritte Druckniveau kann beispielsweise auch das Doppelte des zweiten Druckniveaus betragen. Es wird also ein HAP-Verfahren durchgeführt.

Von dem verdichteten Einsatzluftstrom wird ein erster Anteil mindestens einmal in dem Hauptwärmetauscher abgekühlt und in einer ersten Entspannungsturbine ausgehend von dem dritten Druckniveau entspannt. Unter "mindestens einmal abgekühlt" wird hier und im Folgenden verstanden, dass ein entsprechender Strom vor und/oder nach der Entspannung mindestens einmal zumindest durch einen Abschnitt des

Hauptwärmetauschers geführt wird.

Ein zweiter Anteil wird ähnlich behandelt, d.h. ebenfalls mindestens einmal in dem Hauptwärmetauscher abgekühlt und in einer zweiten Entspannungsturbine ausgehend von dem dritten Druckniveau entspannt. Bei dem zweiten Anteil handelt es sich um den sogenannten Turbinenstrom, seine Entspannung erfolgt, um in einer entsprechenden Anlage zusätzliche Kälte bereitstellen und diese regeln zu können. Ein dritter Anteil wird auf ein viertes Druckniveau weiter verdichtet und dann ebenfalls mindestens einmal in dem Hauptwärmetauscher abgekühlt und ausgehend von dem vierten Druckniveau entspannt. Bei dem dritten Anteil handelt es sich um den sogenannten Drosselstrom, der, wie zuvor erläutert, insbesondere die

Innenverdichtung ermöglicht.

Luft des ersten Anteils und/oder des zweiten Anteils und/oder des dritten Anteils wird anschließend auf dem ersten und/oder auf dem zweiten Druckniveau in das

Destillationssäulensystem eingespeist. Typischerweise wird dabei die gesamte Luft des ersten Anteils auf dem zweiten Druckniveau in die Hochdrucksäule eingespeist. Die gesamte oder ein Teil der Luft des zweiten Anteils kann auf dem ersten

Druckniveau in die Niederdrucksäule und/oder auf dem zweiten Druckniveau in die Hochdrucksäule eingespeist werden. Entsprechendes gilt für den dritten Anteil.

Die vorliegende Erfindung beruht auf der Erkenntnis, dass eine Kombination eines HAP-Verfahrens verbunden mit der energetischen Effizienz eines MAC/BAC-

Verfahrens sowohl hinsichtlich der Erstellungs- als auch hinsichtlich der Betriebskosten einer Luftzerlegungsanlage besonders vorteilhaft ist. Wie erläutert, ist insbesondere der Einsatz eines Dichtfluidexpanders aus energetischer Sicht (also hinsichtlich der Betriebskosten) besonders günstig, wohingegen der Einsatz eines HAP-Verfahrens geringe Erstellungskosten ermöglicht. Der Einsatz eines Dichtfluidexpanders ist jedoch in herkömmlichen HAP-Verfahren nicht vorteilhaft, weil die durch einen

Dichtfluidexpander erzielbare Energieeinsparung an die an dem Dichtfluidexpander auftretende Druckdifferenz gekoppelt ist. Bei geringeren Eintrittsdrücken und damit geringeren Druckdifferenzen ist der Einsatz insgesamt weniger lohnend. Auch die durch die erhöhten Drücke eines MAC/BAC-Verfahrens verbesserten Q,T-Profile lassen sich herkömmlicherweise mittels eines HAP-Verfahrens nicht erreichen.

Bei HAP-Verfahren ist der Enddruck des Hauptluftverdichters (hier also das "dritte Druckniveau") sowohl von den Innenverdichtungsdrücken, also den Drücken der mittels Innenverdichtung bereitzustellenden gasförmigen Luftprodukte, als auch von der Menge der zu gewinnenden flüssigen Luftprodukte abhängig. Erstere Abhängigkeit ergibt sich aus der im Wesentlichen durch den Druck eingestellten

Verdampfungskapazität eines entsprechenden Stroms, letztere aus der durch die Entnahme der flüssigen Luftprodukte "entzogenen" Kältemenge, die durch

Entspannung eines weiteren Stroms ausgeglichen werden muss.

Da die Luftmenge des Einsatzluftstroms, also die Luftmenge der gesamten, durch den Hauptluftverdichter verdichteten Einsatzluft, durch die Menge der erzeugten

Luftprodukte festgelegt ist, kann der Anlage aber nur über eine Variation des

Enddrucks des Hauptluftverdichters mehr oder weniger Exergie zugeführt werden. Aufgrund technisch-ökonomischer Grenzen (eingesetzte Rohrklassen) ist dieser typischerweise auf ca. 23 bar limitiert.

Unter diesen Randbedingungen kann in herkömmlichen HAP-Verfahren kein ausreichender Druck zur Verfügung gestellt werden, der den Einsatz einer

Flüssigturbine vorteilhaft erscheinen lässt. Wie erwähnt, ist der Einsatz einer

Flüssigturbine nur dann technisch vorteilhaft, wenn hierüber eine ausreichende

Druckdifferenz erzielt werden kann. Die vorliegende Erfindung schlägt daher vor, den dritten Anteil nacheinander in einem Nachverdichter, einem ersten Turbinenbooster und einem zweiten Turbinenbooster auf das vierte Druckniveau weiter zu verdichten. Es werden also statt den üblichen maximal zwei Verdichtungsschritten, die typischerweise durch zwei Turbinenbooster realisiert sind, zumindest drei Verdichtungsschritte eingesetzt, von denen zwei durch jeweils einen Turbinenbooster und einer durch einen Nachverdichter realisiert werden. Hierdurch kann ein deutlich höheres viertes Druckniveau erzielt werden. Dabei wird zumindest der erste Turbinenbooster im Warmen betrieben, also nicht als

Kaltverdichter. Dies erlaubt einen energetisch besonders günstigen Betrieb des Prozesses. Der Nachverdichter ist bei der Erfindung einstufig, zweistufig oder mehrstufig ausgebildet.

Wie erwähnt, kommen herkömmlicherweise zwar in MAC/BAC-Verfahren, jedoch nicht in HAP-Verfahren, Nachverdichter zum Einsatz, die mittels extern zugeführter Energie angetrieben werden. Die vorliegende Erfindung schlägt jedoch ebendies vor. Bei dem im Rahmen der vorliegenden Erfindung eingesetzten Nachverdichter handelt es sich um einen mit externer Energie angetriebenen Verdichter, der also nicht oder zumindest nicht ausschließlich durch Entspannung eines zuvor in der Luftzerlegungsanlage selbst verdichteten Fluids angetrieben wird. Zu den unterschiedlichen Möglichkeiten, einen erfindungsgemäß bereitgestellten Nachverdichter mit externer Energie anzutreiben, sei auf die Erläuterungen unten verwiesen.

Die Erfindung ermöglicht durch die genannte Verdichtung eine Bereitstellung des dritten Anteils (Drosselstrom) auf einem deutlich erhöhten vierten Druckniveau, das den Einsatz eines Dichtfluidexpanders energetisch sinnvoll macht. Daher ist

erfindungsgemäß vorgesehen, zum Entspannen des dritten Anteils einen

entsprechenden Dichtfluidexpander zu verwenden, dem der dritte Anteil in flüssigem Zustand und auf dem vierten (überkritischen) Druckniveau zugeführt wird.

Der dritte Anteil (Drosselstrom) kann dem zweiten Turbinenbooster insbesondere je nach der Menge des oder der flüssigen Luftprodukte, die in einer entsprechenden Luftzerlegungsanlage gewonnen und dieser entnommen werden sollen, auf

unterschiedlichen Temperaturniveaus zugeführt werden.

Für eine Bereitstellung größerer Mengen eines oder mehrerer flüssiger Luftprodukte hat es sich als besonders vorteilhaft erwiesen, den dritten Anteil dem ersten

Turbinenbooster auf einem Temperaturniveau von 0 bis 50 °C und dem zweiten Turbinenbooster auf einem Temperaturniveau von—40 bis 50 °C zuzuführen. Auch der zweite Turbinenbooster ist daher kein typischer Kaltverdichter, also kein "kalter" Turbinenbooster. Zwar wird diesem der dritte Anteil (Drosselstrom) ggf. deutlich unterhalb der Umgebungstemperatur zugeführt, stromab des zweiten Turbinenboosters liegt seine Temperatur jedoch oberhalb der Umgebungstemperatur.

Sollen einer entsprechenden Luftzerlegungsanlage größere Mengen von Luftprodukten flüssig entnommen werden, sind "kalte" Turbinenbooster weniger vorteilhaft, weil die gesamte zur Verfügung stehende Kälteleistung zur Bereitstellung dieser flüssigen Luftprodukte verwendet wird. Ein kalter Turbinenbooster trägt aber unvermeidlich Wärme in das System ein, da die Verdichtungswärme aus dem verdichteten Strom typischerweise nicht in einem Nachkühler, sondern nur im Hauptwärmetauscher, verbunden mit einem entsprechendem Wärmeeintrag, abgeführt werden kann. Ein bei höheren Eintrittstemperaturen betriebener Turbinenbooster, bei dem der verdichtete Strom deutlich höhere Temperaturen aufweist als beispielsweise vorhandenes

Kühlwasser, ermöglicht eine effektive Wärmeabfuhr in einem üblichen Nachkühler. Durch das Abführen der Verdichtungswärme stromab des zweiten Turbinenboosters ist die Verdichtung in diesem weitgehend wärmeneutral, da die Verdichtungsarbeit hier durch den Nachkühler kompensiert wird.

Insgesamt erlaubt die Verwendung eines bei den erwähnten höheren

Eintrittstemperaturen betriebenen zweiten Turbinenboosters daher eine Entnahme einer vergleichsweise großen Menge von 3 bis 10 Mol.-% des Einsatzluftstroms in Form von flüssigen Luftprodukten, beispielsweise flüssigem Sauerstoff (LOX), flüssigem Stickstoff (LIN) und/oder flüssigem Argon (LAR).

Für eine Luftzerlegungsanlage, die hingegen überwiegend oder ausschließlich gasförmige Luftprodukte bereitstellen soll (die aber auch beispielsweise mittels

Innenverdichtungsverfahren aus flüssigen Zwischenprodukten gewonnen werden können), ist es hingegen vorteilhaft, den dritten Anteil dem ersten Turbinenbooster auf einem Temperaturniveau von 0 bis 50 °C und dem zweiten Turbinenbooster auf einem Temperaturniveau von -140 bis -20 °C zuzuführen. Der zweite Turbinenbooster ist in diesem Fall ein typischer Kaltverdichter, also ein "kalter" Turbinenbooster. Diesem wird der dritte Anteil (Drosselstrom) unterhalb der Umgebungstemperatur zugeführt, stromab des zweiten Turbinenboosters liegt seine Temperatur weiterhin (deutlich) unterhalb der Umgebungstemperatur. Die Temperatur des in dem zweiten

Turbinenboosters verdichteten dritten Anteils kann direkt stromab des zweiten

Turbinenboosters beispielsweise bei -90 bis 20 °C liegen.

Ein kalter Turbinenbooster trägt Wärme in das System ein, da die Verdichtungswärme aus dem verdichteten Strom typischerweise nicht in einem Nachkühler, der mit

Kühlwasser betrieben wird, sondern nur im Hauptwärmetauscher selbst, verbunden mit einem entsprechenden Wärmeeintrag, abgeführt wird. Ein kalter Turbinenbooster ermöglicht durch diesen im vorliegenden Fall gewollten Wärmeeintrag eine besonders gute Erwärmung und Entflüssigung von Innenverdichtungsprodukten und eignet sich für Luftzerlegungsanlagen zur Erzeugung großer Mengen entsprechender gasförmiger Druckprodukte und vergleichsweise geringer Mengen an flüssigen Luftprodukten. Insgesamt erlaubt die Verwendung eines bei den erwähnten niedrigen Eintrittstemperaturen betriebenen zweiten Turbinenboosters daher eine Entnahme einer vergleichsweise geringen Menge von bis zu 3 Mol.-% des Einsatzluftstroms in Form von flüssigen Luftprodukten, beispielsweise flüssigem Sauerstoff (LOX), flüssigem Stickstoff (LIN) und/oder flüssigem Argon (LAR).

Die Erfindung sieht vorteilhafterweise vor, die genannten Turbinenbooster jeweils mit einer der Entspannungsturbinen anzutreiben, beispielsweise den ersten

Turbinenbooster mit der zweiten Entspannungsturbine und den zweiten

Turbinenbooster mit der ersten Entspannungsturbine.

Der zusätzlich zur Verdichtung des dritten Anteils (Drosselstrom) eingesetzte

Nachverdichter wird hingegen mit externer Energie angetrieben, also nicht über zugeordnete Entspannungsturbinen, die jeweils Luftanteile des Einsatzluftstroms entspannen. Vorteilhaft kann beispielsweise sein, den Nachverdichter mit

Hochdruckfluid und/oder elektrisch und/oder zusammen mit einer Verdichterstufe des Hauptluftverdichters anzutreiben. In letzterem Fall sind zumindest eine Verdichterstufe des Hauptluftverdichters und zumindest eine Verdichterstufe des Nachverdichters beispielsweise auf einer gemeinsamen Welle angeordnet. Auch ein Einsatz mehrerer entsprechender Maßnahmen gleichzeitig kann erfolgen.

Besonders vorteilhaft ist es, den dritten Anteil vor und nach dem weiteren Verdichten in dem zweiten Turbinenbooster in dem Hauptwärmetauscher abzukühlen. Der dritte Anteil wird dem Hauptwärmetauscher dabei auf geeigneten Temperaturniveaus entnommen bzw. zugeführt. Wie erläutert, kann ferner in Fällen, in denen der zweite Turbinenbooster bei den erwähnten höheren Temperaturen betrieben wird, eine zusätzliche Nachkühlung stromab des zweiten Turbinenboosters und vor einer erneuten Einspeisung in den Hauptwärmetauscher vorgesehen sein. Wird dagegen der zweite Turbinenbooster bei den erwähnten geringeren Temperaturen betrieben, ist dies, wie erläutert, nicht der Fall.

Die Abkühlung in dem Hauptwärmetauscher nach dem Nachverdichten in dem zweiten Turbinenbooster erfolgt dabei vorteilhafterweise von einem Temperaturniveau, das sich nach der Ein- und Austrittstemperatur des zweiten Turbinenboosters und einer möglichen Nachkühlung richtet, also von beispielsweise 10 bis 50 °C oder -90 bis 20 °C auf ein Temperaturniveau von -140 bis -180 °C. Vorteilhaft kann auch sein, wenn der erste Anteil vor dem Entspannen in der ersten Entspannungsturbine in dem Hauptwärmetauscher auf ein Temperaturniveau von 0 bis -150 °C abgekühlt wird. Vorteilhafterweise wird der erste Anteil nach dem Entspannen in der ersten Entspannungsturbine in dem Hauptwärmetauscher auf ein

Temperaturniveau von -130 bis -180 °C abgekühlt. Mit anderen Worten wird der erste Anteil nach der Entspannung in der ersten Entspannungsturbine also nochmals durch den Hauptwärmetauscher geführt. Der zweite Anteil wird vorteilhafterweise vor dem Entspannen in der zweiten

Entspannungsturbine in dem Hauptwärmetauscher auf ein Temperaturniveau von -50 bis -150 °C abgekühlt.

Im Rahmen der vorliegenden Erfindung beträgt vorteilhafterweise das erste

Druckniveau 1 bis 2 bar und/oder das zweite Druckniveau 5 bis 6 bar und/oder das dritte Druckniveau 8 bis 23 bar und/oder das vierte Druckniveau 50 bis 70 bar

Absolutdruck, wenn der zweite Turbinenbooster bei den erwähnten höheren

Temperaturen betrieben wird. Wird der zweite Turbinenbooster bei den erwähnten niedrigeren Temperaturen betrieben, beträgt vorteilhafterweise das erste Druckniveau 1 bis 2 bar und/oder das zweite Druckniveau 5 bis 6 bar und/oder das dritte

Druckniveau 8 bis 23 bar und/oder das vierte Druckniveau 50 bis 70 bar Absolutdruck. Das dritte Druckniveau lässt sich dabei jeweils noch mit üblichen HAP- Hauptluftverdichtern erreichen, das vierte, insbesondere mit Hilfe des genannten Nachverdichters erzielte Druckniveau ermöglicht den Einsatz eines

Dichtfluidexpanders. Das vierte Druckniveau liegt dabei bei überkritischem Druck.

Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht es insbesondere, dem

Destillationssäulensystem zumindest ein flüssiges Luftprodukt zu entnehmen, flüssig mit Druck zu beaufschlagen, in dem Hauptwärmetauscher zu verdampfen oder in den überkritischen Zustand zu überführen (zu "entflüssigen") und als wenigstens ein Innenverdichtungsprodukt aus der Luftzerlegungsanlage auszuführen, also wie mehrfach erwähnt zum Einsatz mit einem Innenverdichtungsverfahren.

Das wenigstens eine Innenverdichtungsprodukt kann bei einem Druck von 6 bar bis 100 bar aus der Luftzerlegungsanlage ausgeführt werden. Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich aufgrund des zusätzlichen, oben erläuterten Wärmeeintrags insbesondere zur Bereitstellung von Innenverdichtungsprodukten bei vergleichsweise hohem Druck, d.h. bei mindestens 30 bar, wenn der zweite Turbinenbooster bei den erwähnten geringeren Temperaturen betrieben wird.

Zu den Merkmalen der erfindungsgemäßen Luftzerlegungsanlage sei auf den entsprechenden Vorrichtungsanspruch verwiesen. Eine derartige Luftzerlegungsanlage weist insbesondere sämtliche Mittel auf, die sie zur Durchführung eines zuvor erläuterten Verfahrens befähigen. Auf die Merkmale und Vorteile, die zuvor erläutert wurden, wird daher ausdrücklich verwiesen.

Die Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die beigefügte Zeichnung näher erläutert, welche bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung zeigen. Kurze Beschreibung der Zeichnung

Figur 1 zeigt eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer Ausführungsform der Erfindung in Form eines schematischen Anlagendiagramms. Figur 2zeigt eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer Ausführungsform der Erfindung in Form eines schematischen Anlagendiagramms.

Ausführliche Beschreibung der Zeichnung In Figur 1 ist eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer besonders bevorzugten

Ausführungsform der Erfindung schematisch dargestellt und insgesamt mit 100 bezeichnet. Der Luftzerlegungsanlage 100 wird Einsatzluft (AIR) in Form eines

Einsatzluftstroms a zugeführt, durch ein Filter 1 vorgereinigt und anschließend einem Hauptluftverdichter 2 zugeführt. Der Hauptluftverdichter 2 ist stark schematisiert veranschaulicht. Der Hauptluftverdichter 2 verfügt typischerweise über mehrere

Verdichterstufen, die über eine gemeinsame Welle mit einem oder mehreren

Elektromotoren angetrieben werden können.

Stromab des Hauptluftverdichters 2 wird der in diesem verdichtete Einsatzluftstrom a, bei dem es sich hier um die gesamte, in der Luftzerlegungsanlage 100 behandelte Einsatzluft handelt, einer nicht dargestellten Reinigungseinrichtung 3 zugeführt und dort beispielsweise von Restfeuchtigkeit und Kohlendioxid befreit. Es wird ein verdichteter (und aufgereinigter) Einsatzluftstrom b erhalten, der stromab der

Reinigungseinrichtung 3 auf einem Druckniveau von beispielsweise 15 bis 23 bar, im Rahmen dieser Anmeldung als drittes Druckniveau bezeichnet, vorliegt. Das dritte Druckniveau liegt im dargestellten Beispiel deutlich über dem Betriebsdruck einer typischen Hochdrucksäule einer Luftzerlegungsanlage, wie eingangs erläutert. Es handelt sich damit um ein HAP-Verfahren. Der Einsatzluftstrom b wird nacheinander in die Ströme c, d und e aufgeteilt. Der Strom c wird im Rahmen dieser Anmeldung als erster Anteil, der Strom d als zweiter Anteil und der Strom e als dritter Anteil des Einsatzluftstroms b bezeichnet.

Die Ströme c und d werden getrennt voneinander warmseitig einem

Hauptwärmetauscher 4 der Luftzerlegungsanlage 100 zugeführt und diesem auf unterschiedlichen Zwischentemperaturniveaus wieder entnommen. Der Strom c wird nach der Entnahme aus dem Hauptwärmetauscher 4 in einer Entspannungsturbine 5, die im Rahmen dieser Anmeldung als erste Entspannungsturbine bezeichnet wird, auf ein Druckniveau von beispielsweise 5 bis 6 bar, das im Rahmen dieser Anmeldung als zweites Druckniveau bezeichnet wird, entspannt, und nochmals durch einen Abschnitt des Hauptwärmetauschers 4 geführt. Der Strom d wird nach der Entnahme aus dem Hauptwärmetauscher 4 in einer Entspannungsturbine 6, die im Rahmen dieser Anmeldung als zweite Entspannungsturbine bezeichnet wird, ebenfalls auf das zweite Druckniveau entspannt.

Bei dem Strom e handelt es sich um den sogenannten Drosselstrom, der insbesondere die Innenverdichtung ermöglicht. Der Strom e wird hierzu zunächst in einem

Nachverdichter 7 und anschließend in zwei Turbinenboostern, die jeweils durch die erste Entspannungsturbine 5 und die zweite Entspannungsturbine 6 angetrieben werden (nicht gesondert bezeichnet), nachverdichtet. Der durch die zweite

Entspannungsturbine 6 angetriebene Turbinenbooster wird hier als erster

Turbinenbooster, der durch die erste Entspannungsturbine 5 angetriebene

Turbinenbooster hingegen als zweiter Turbinenbooster bezeichnet. Grundsätzlich kann die Zuordnung der Turbinenbooster zu den Entspannungsturbinen 5, 6 auch umgekehrt sein. Die Nachverdichtung erfolgt auf ein Druckniveau von beispielsweise 50 bis 70 bar, das im Rahmen dieser Anmeldung als viertes Druckniveau bezeichnet wird. Stromab des Nachverdichters 7 und stromauf der Turbinenbooster liegt der Strom e auf einem Druckniveau von beispielsweise 26 bis 36 bar vor. Der Nachverdichter 7 wird mit externer Energie, d.h. nicht durch eine Entspannung von verdichteten

Luftanteilen des Einsatzluftstroms b, angetrieben.

Nach den Nachverdichtungsschritten in den zwei Turbinenboostern wird der Strom e jeweils in nicht gesondert bezeichneten Nachkühlern der Turbinenbooster auf eine Temperatur rückgekühlt, die etwa der Kühlwassertemperatur entspricht. Eine weitere Abkühlung erfolgt wie dargestellt mittels des Hauptwärmetauschers 4 je nach Bedarf. Auf dem vierten Druckniveau wird der Strom e also nochmals durch einen Nachkühler und danach durch den Hauptwärmetauscher 4 geführt und anschließend in einem Dichtfluidexpander 8 entspannt. Das vierte Druckniveau liegt deutlich oberhalb des kritischen Drucks für Stickstoff und oberhalb des kritischen Drucks für Sauerstoff.

Nach der Abkühlung in dem Hauptwärmetauscher 4 und stromauf des

Dichtfluidexpanders 8 befindet sich der Strom e in flüssigem Zustand bei

überkritischem Druck. Der Dichtfluidexpander 8 ist beispielsweise mit einem Generator oder einer Ölbremse gekoppelt (ohne Bezeichnung). Nach der Entspannung liegt der Strom e hier auf dem zweiten Druckniveau vor. Er ist weiterhin flüssig, befindet sich jedoch auf einem unterkritischen Druck.

Das Destillationssäulensystem 10 ist stark vereinfacht gezeigt. Es umfasst zumindest eine auf einem Druckniveau von 1 bis 2 bar (hier als erstes Druckniveau bezeichnet) betriebene Niederdrucksäule 11 und eine auf dem zweiten Druckniveau betriebene Hochdrucksäule 12 eines Doppelsäulensystems, in dem die Niederdrucksäule 11 und die Hochdrucksäule 12 über einen Hauptkondensator 13 in wärmetauschender Verbindung stehen. Auf die konkrete Darstellung von die Niederdrucksäule 1 1 und die Hochdrucksäule 12 speisenden und diese und den Hauptkondensator 13 verbindenden Leitungen, Ventilen, Pumpen, weiteren Wärmetauschern und dergleichen wurde der Übersichtlichkeit halber verzichtet.

Die Ströme c, d und e werden im dargestellten Beispiel in die Hochdrucksäule 12 eingespeist. Es kann jedoch auch vorgesehen sein, beispielsweise den Strom d und/oder den Strom e nach entsprechender Entspannung in die Niederdrucksäule 1 1 und/oder Anteile nicht in das Destillationssäulensystem einzuspeisen.

Dem Destillationssäulensystem 10 können im dargestellten Beispiel die Ströme f, g und h entnommen werden. Die Luftzerlegungsanlage 100 ist zur Durchführung eines Innenverdichtungsverfahrens eingerichtet, wie mehrfach erläutert. Im dargestellten Beispiel werden die Ströme f und g, bei denen es sich um einen flüssigen,

sauerstoffreichen Strom f und einen flüssigen, stickstoffreichen Strom g handeln kann, daher mittels Pumpen 9 in flüssigem Zustand druckbeaufschlagt und in dem

Hauptwärmetauscher 4 verdampft oder, je nach Druck, vom flüssigen in den überkritischen Zustand überführt. Fluid der Ströme f und g kann der

Luftzerlegungsanlage 100 als innenverdichteter Sauerstoff (GOX-IC) bzw.

innenverdichteter Stickstoff (GAN-IC) entnommen werden. Der Strom h

veranschaulicht einen oder mehrere dem Destillationssäulensystem 10 in gasförmigem Zustand auf dem ersten Druckniveau entnommene Ströme.

In Figur 2 ist eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer besonders bevorzugten

Ausführungsform der Erfindung schematisch dargestellt und insgesamt mit 200 bezeichnet. Gleiche oder vergleichbare Anlagenkomponenten und Ströme wie in der in Figur 1 gezeigten Luftzerlegungsanlage 100 sind mit identischen Bezugszeichen angegeben und werden nicht wiederholt erläutert.

Der Einsatzluftstrom b liegt auch hier stromab der Reinigungseinrichtung 3 auf einem dritten Druckniveau vor, das jedoch hier beispielsweise 9 bis 17 bar beträgt. Das vierte Druckniveau, auf das der Strom e (Drosselstrom) verdichtet wird, beträgt hier beispielsweise 30 bis 80 bar. Während der Strom e auch hier nach dem

Nachverdichtungsschritt in dem ersten Turbinenbooster in einem nicht gesondert bezeichneten Nachkühler auf eine Temperatur rückgekühlt wird, die etwa der

Kühlwassertemperatur entspricht, erfolgt eine Abkühlung stromab des zweiten

Turbinenboosters nur mittels des Hauptwärmetauschers 4, nicht jedoch mittels eines Nachkühlers wie in der Luftzerlegungsanlage 100 gemäß Figur 1. Da der zweite Turbinenbooster als "kalter" Turbinenbooster betrieben wird, liegt der Strom e stromab dieses zweiten Turbinenboosters auf einem entsprechend tiefen Temperaturniveau deutlich unterhalb der Umgebungstemperatur vor. Im dargestellten Beispiel der Luftzerlegungsanlage 100 erfolgt der Antrieb des Nachverdichters 7 gemeinsam mit einer oder mehreren Verdichterstufen des

Hauptluftverdichters 2 und unter Verwendung eines Druckfluids, z.B. Druckdampf, das in einer Entspannungsturbine (nicht gesondert bezeichnet) entspannt wird.

Wie erwähnt, eignet sich eine Luftzerlegungsanlage 100 gemäß Figur 1 , bei der der zweite Turbinenbooster als "warmer" Turbinenbooster betrieben wird, besonders für die Bereitstellung größerer Mengen flüssiger Luftprodukte (nicht dargestellt), eine Luftzerlegungsanlage 200 gemäß Figur 2 hingegen, bei der der zweite

Turbinenbooster als "kalter" Turbinenbooster betrieben wird, besonders für die Bereitstellung von gasförmigen Innenverdichtungsprodukten auf hohem Druck.