WIELAND JOCHEN (DE)
BERGER JORAM (DE)
DREWS FLORIAN (DE)
WO2016189495A1 | 2016-12-01 |
US20150160653A1 | 2015-06-11 | |||
US20130231824A1 | 2013-09-05 | |||
EP2995519A1 | 2016-03-16 | |||
EP2302412A1 | 2011-03-30 | |||
DE102009002815A1 | 2010-11-11 | |||
EP1824707B1 | 2009-10-14 |
Patentansprüche Verfahren zum Auslösen einer automatischen Reaktion eines Kraftfahrzeuges (19) in einer aktuellen Verkehrssituation auf eine bevorstehende Unfallsituation, die einen Primärunfall und/oder ein Folgegeschehen umfasst, mit folgenden Schritten: a) Zusammenführen von Daten aus Sensor- und/oder Informationssystemen (2, 3, 4) des Kraftfahrzeuges (19) in einer Recheneinheit (1) zur Erstellung eines Modells der bestehenden Verkehrssituation, b) Analysieren der Verkehrssituation und Ermitteln von Reaktionsoptionen, c) Betrachtung von zu erwartenden Abläufen über den Primärunfall hinaus unter Einbeziehung von Folgebewegungen beteiligter Verkehrsteilnehmer und Sachen bis hin zu Sekundärunfällen oder weiteren Folgeunfällen oder möglicherweise entstehenden weiteren Gefahrensituationen, d) Berechnen einer Wahrscheinlichkeitsverteilung und/oder eines Ausmaßes von Personen- und/oder Sachschäden der beteiligten Verkehrsteilnehmer und Sachen in Abhängigkeit von den Reaktionsoptionen, e) Auswählen der Reaktionsoption, die die geringste Gesamtwahrscheinlichkeit oder das geringste Ausmaß an Personen- und/oder Sachschäden insgesamt bei allen beteiligten Verkehrsteilnehmern und Sachen erwarten lässt, e) Ausgeben von Steuersignalen zur Einleitung der ausgewählten Reaktionsoption. Verfahren nach Anspruch 1, wobei ein Lenken, ein Bremsen, ein Beschleunigen und/oder weitere automatisch durchführbare Manöver sowie zeitliche Abfolgen und Kombinationen davon als Reaktionsoptionen mit ihren Folgen betrachtet werden. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei Umgebungsinformationen in die zu erwartenden Abläufe einbezogen werden, insbesondere Informationen über für Folgebewegungen gefährliche Umgebungsbereiche. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Gefährdung in durch den Rrimäreunfall und/oder Folgeunfälle entstehenden jeweiligen Endlagen, an denen beteiligte Verkehrsteilnehmer und Sachen nach den möglichen Abläufen zum Stillstand kommen, mit einem jeweiligen Wahrscheinlichkeitswert des Risikos bei der Berechnung der Wahrscheinlichkeitsverteilung berücksichtigt werden. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei Messungenauigkeiten der beteiligten Sensorik und/oder Ungenauigkeiten anderer Informationen des Kraftfahrzeuges durch Gewichtung ihres Einflusses bei der Berechnung der Wahrscheinlichkeitsverteilung berücksichtigt werden. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei mechanische oder dynamische Eigenschaften des Kraftfahrzeuges bei der Berechnung der Wahrscheinlichkeitsverteilung berücksichtigt werden. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei verfügbare Informationen über Eigenschaften der beteiligten Verkehrsteilnehmer und deren mögliche Reaktionen auf die zu erwartenden Abläufe bei der Berechnung der Wahrscheinlichkeitsverteilung berücksichtigt werden. Vorrichtung für ein Kraftfahrzeug (19) zum Erkennen und Analysieren einer bevorstehenden Unfallsituation, die einen Primärunfall und/oder ein Folgegeschehen umfasst, in einer aktuellen Verkehrssituation und zum Ausgeben von Steuersignalen für eine Reaktionsoption zur Beeinflussung von zu erwartenden Abläufen aufweisend die folgenden Merkmale: eine Recheneinheit (1) zur Erstellung eines Modells der aktuellen Umgebung mit den dort befindlichen Verkehrsteilnehmern, Geländeeigenschaften und Objekten, eine Analyseeinheit (6) zur Analyse der Verkehrssituation in der aktuellen Umgebung und zur Erkennung eines bevorstehenden Primärunfalls sowie zur Analyse von Auswirkungen von verschiedenen Reaktionsoptionenauf das zu erwartenden Folgegeschehen, eine Prognoseeinheit (10) zur Zusammenstellung einer Wahrscheinlichkeitsverteilung für zu erwartenden Schäden betreffend beteiligte Verkehrsteilnehmer und Sachen unter Einbeziehung des zu erwartenden Folgegeschehens nach dem Rrimärunfall und zur Risikobewertung verschiedener sich nach dem Primärunfall entwickelnder Szenarien in Abhängigkeit von den Reaktionsoptionen, eine Entscheidungseinheit (16) zur Auswahl derjenigen Reaktionsoption, mit denen die zu erwartenden wahrscheinlichen gesamten Schäden und/oder Risiken des Primärunfalls und des Folgegeschehens minimiert werden, eine Steuereinheit (17) zur Ausgabe von Steuersignalen zur Einleitung der ausgewählten Maßnahmen. 9. Vorrichtung nach Anspruch 8, wobei die Recheneinheit (1) Eingänge mindestens für Daten eines Navigationssystems (2) und einer vorausschauenden Umfeldsensorik (3) aufweist. 10. Vorrichtung nach Anspruch 8 oder 9, wobei die Prognoseeinheit (10) mit Risikobewertungen (11, 12, 13, 14) für verschiedene Endlagen, an denen beteiligte Verkehrsteilnehmer zum Stillstand kommen können, ausgestattet ist. 11. Computerprogramm, welches eingerichtet ist, alle Schritte des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 7 auszuführen. Maschinenlesbares Speichermedium, auf dem das Computerprog nach Anspruch 10 gespeichert ist. |
zur Schadensminimierung bei Unfallsituationen Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur integralen Beurteilung einer potentiellen Unfallsituation noch vor einem Unfall, um Maßnahmen zur
Minimierung des Schadens und/oder des Gesamtrisikos einleiten zu können, sowie eine entsprechende Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens. Alle hier folgenden Betrachtungen erfolgen aus dem eigenen Kraftfahrzeug heraus, dem sogenannten Ego-Fahrzeug.
Aktive und passive Insassenschutzsysteme spielen bei der Fortentwicklung von Fahrzeugen eine immer größer werdende Rolle. Um eine optimale
Schutzwirkung erzielen zu können, ist eine sehr frühe Unfallerkennung erforderlich. Grundlage für eine solche Unfallerkennung und die Aktivierung der
Insassenschutzsysteme bilden Sensorsysteme, die einen oder mehrere
Sensoren umfassen, die beispielsweise zu einer oder mehreren Sensoreinheiten zusammengefasst sind und deren Signale zur Erkennung eines Aufpralls mit einem Objekt und/oder zur Erkennung eines Überschlags des Fahrzeugs ausgewertet werden, um anschließend Insassenschutzmittel zu aktivieren, welche als irreversible Rückhaltesysteme, wie z. B. Airbags oder pyrotechnische Gurtstraffer, und/oder reversible Rückhaltesysteme, wie z. B. elektromotorische Gurtstraffer, ausgeführt sein können. Für die einzelnen Sensoren können die verschiedensten Sensorprinzipien, wie beispielsweise Beschleunigungs-, Druck-, Körperschallsensoren, piezoelektrische und/oder optische Sensoren usw.
benutzt werden. Zudem sind vorausschauende Sensorsysteme, so genannte Precrash-Sensorsysteme, bekannt, die beispielsweise Video-, Lidar-, Ultraschalloder Radarsensoren aufweisen, um einen bevorstehenden Kontakt mit einem Objekt zu erkennen und eine Objektklassifikation durchzuführen.
Außerdem ist es bekannt, durch eine Secondary-Collision-Mitigation-Funktion (SCM-Funktion) im Falle eines erfolgten Primärunfalls eine Bremsfunktion zu aktivieren, um Bewegungsenergie aus dem Fahrzeug zu nehmen bzw. um einen Sekundärunfall zu vermeiden. Die SCM-Funktion nutzt dabei die Auswertungen eines Steuergerätes zur Kollisionserkennung, beispielsweise eines Airbag- Steuergeräts, als Sensorinformation, um nach einer Kollision ein entsprechendes Ansteuersignal an ein Bremssteuergerät zu senden. Grundsätzliches Ziel der SCM-Funktion ist es, eine mögliche zweite Kollision des Fahrzeugs zu verhindern oder zumindest die Fahrzeuggeschwindigkeit abzubauen, so dass bei einem zweiten Aufprall eine geringere Kollisionsgeschwindigkeit vorliegt, wobei die Bewegung des Fahrzeugs durch gezielte Bremseingriffe auch stabilisiert werden kann. Der Zeitraum zwischen der Erkennung des Primärunfalls und dem Zeitpunkt, an dem eine signifikante Geschwindigkeitsreduktion eintritt, stellt hierbei die maßgebliche Größe dar, da diese den Nutzen des Systems bestimmt. Aus der DE 10 2009 002 815 AI ist ein fortgeschrittenes solches System zur intensiven Bremsung nach einem Primärunfall bekannt, bei dem das Ego- Fahrzeug noch nicht zum Stehen gekommen ist, mit dem mögliche weitere Folgen des Primärunfalles gemildert werden sollen. Auch ist es z. B. aus der EP 1 824 707 Bl schon bekannt, zahlreiche
Informationen von Sensoren und anderen Quellen auszuwerten, um einen bevorstehenden Unfall zu erkennen und bei als unvermeidlich erkannten bevorstehenden Unfällen eine automatische Notbremsung (AEB) durchzuführen, um die Unfallfolgen zu verringern.
Im Zuge der Entwicklung von umfangreichen Fahrassistenzsystemen und autonom fahrenden Fahrzeugen stehen in einem Kraftfahrzeug immer umfangreichere Daten aus Navigationssystemen, Informations-Netzwerken und die Umgebung des Kraftfahrzeuges abtastenden Systemen zur Verfügung. Diese erlauben es, im Vorfeld eines möglichen Unfalles die aktuelle Umgebung und die momentane Verkehrssituation recht genau zu erkennen und mögliche
Unfallszenarien und deren Auswirkung auf die Insassen des Ego-Fahrzeuges sowie andere Verkehrsteilnehmer zu berechnen, um möglicherweise durch Aktivierung von Maßnahmen den Schaden an Personen und Sachen möglichst gering zu halten. Hierbei spielen auch ethische Betrachtungen eine Rolle, wobei im Allgemeinen die Vermeidung von tödlichen oder schweren Verletzungen beteiligter Personen vorrangig ist. Nachrangig wird auch die Betrachtung von Sachschäden einbezogen. Alle derzeitigen Betrachtungen beschäftigen sich hauptsächlich mit dem zu erwartenden Primärunfall und dessen maximaler Abmilderung. Hiervon ausgehend soll hier ein besonderes Verfahren sowie eine
entsprechende Steuereinheit zur Einbeziehung auch von absehbaren oder möglichen Schäden an Personen und/oder Sachen durch nachfolgende
Vorgänge, insbesondere Folgeunfälle, beschrieben werden. Diese Einbeziehung eines Folgegeschehens soll schon bei den ersten Reaktionen auf eine bevorstehende Unfallsituation erfolgen.
Dies gelingt mit einem Verfahren nach Anspruch 1 und mit einer Vorrichtung nach Anspruch 8. Die abhängigen Ansprüche geben besonders vorteilhafte
Weiterbildungen an. Das Verfahren, die zugehörige Vorrichtung und ihre jeweiligen Weiterbildungen werden nachfolgend im Detail erläutert.
Dabei wird von der Erkenntnis ausgegangen, dass es bei der Analyse einer zu erwartenden Unfallsituation und eventuell einzuleitender Maßnahmen zur
Minderung von Schäden nicht immer genügt, nur die Schäden des Primärunfalls zu betrachten, um eine geeignete Reaktion auszulösen, diese Schäden zu mindern. Tatsächlich ergeben sich aus Unfallsituationen oft ganze Serien von Unfällen, beispielsweise wenn ein Fahrzeug von einer Leitplanke abprallt und in den Gegenverkehr gerät. Auch können beteiligte Fahrzeuge (zusammen mit
Ladung und anderen Gegenständen im Folgenden auch als Sachen bezeichnet) oder Verkehrsteilnehmer nach einem Unfallgeschehen je nach dessen Ablauf an verschiedenen Stellen zum Stehen oder zum Liegen kommen, an denen mehr oder weniger Risiko für weitere Folgeunfälle besteht. Kommt beispielsweise ein Fahrradfahrer nach einem Zusammenstoß auf der Gegenfahrbahn des
Rrimärunfalls zu liegen und nähert sich ein Fahrzeug auf dieser Fahrbahn, so können die Folgen ungleich schlimmer sein als wenn der Fahrradfahrer auf einem angrenzenden Gehweg oder einer Wiese zu liegen kommt. Auch wenn ein Fahrzeug nach einem primären Unfall in ein Gewässer oder in einen Abhang gerät, können die Folgen gravierend sein. Daher beschäftigt sich das hier beschriebene Verfahren mit einer möglichst tiefen Analyse eines bevorstehenden Unfallgeschehens in Abhängigkeit von den noch möglichen Reaktionsoptionen, mit denen das Unfallgeschehen beeinflusst werden kann. Dazu ist es
erforderlich, ein möglichst genaues Modell der Umgebung und möglichst genaue Daten über Art, Eigenschaften und Geschwindigkeiten anderer Verkehrsteilnehmer in der aktuellen Umgebung zu haben. Daraus lassen sich mit von den verfügbaren Daten abhängiger Genauigkeit Unfallabläufe für
verschiedene zur Beeinflussung vorgenommene Reaktionsoptionen analysieren. Ein guter Billardspieler betrachtet bei einem geplanten Stoß nicht nur die erste
Kollision, sondern berechnet für verschiedene Stoßrichtungen die
Folgekollisionen der Kugeln und die Orte, an denen diese letztlich nach allen Kollisionen zum Stillstand kommen. Ein vergleichbares Vorgehen wird bei dem beschriebenen Verfahren angewendet, weshalb auch die Bezeichnung„Crash- Billard" für dieses Analyseverfahren von bevorstehenden Unfällen benutzt wird.
Dies bedeutet, dass eine Vorausberechnung möglichst aller auftretenden
Kollisionen im Folgegeschehen des Primäreunfalls erfolgt, und zwar für alle oder die wichtigsten Reaktionsoptionen, die vor dem Unfall noch zur Verfügung stehen. Außerdem wird das Gefährdungsrisiko für die Situation nach dem Unfall berücksichtigt. Die bisher übliche Maßnahme, nach einem Primärunfall, möglichst intensiv kinetische Energie abzubauen, insbesondere durch Bremsen, ist nicht immer ein geeignetes Mittel zur Minimierung der Schäden oder der Risiken in der Folge des Primärunfalls. Kommt beispielsweise eines der beteiligten Unfallfahrzeuge quer zum fließenden Verkehr zum Stillstand, so besteht eine hohe Gefahr eines Folgeunfalls, was bei einem seitlichen Aufprall schlimmere Folgen als der Primärunfall haben kann.
Wie im Zusammenhang durch die für autonomes Fahren schon begonnene Diskussion bekannt ist, müssen der Analyseeinheit Kriterien vorgegeben werden, nach denen Personenschäden und Sachschäden gegeneinander bewertet werden können. Im Allgemeinen ist hier die Regel, dass als wichtigstes Kriterium das Risiko von tödlichen oder schweren Verletzungen vermieden werden soll ohne Rücksicht auf eventuelle Sachschäden. Schwieriger ist es, unterschiedliche Zahlen von unterschiedlich verletzten Personen gegeneinander zu bewerten oder auch große Sachschäden gegenüber leichten Verletzungen von Personen. Hier ist eine sachgerechte Entscheidungstabelle erforderlich, die insgesamt die Schäden für Personen minimiert und nachrangig auch die gesamten
Sachschäden. Vorhandene Klassifikationssysteme, die nicht nur Objekte erkennen, sondern auch Klassifizieren können, sind hier sehr hilfreich. Auf diese Weise können besonders verletzliche Verkehrsteilnehmer wie Kinder, Fußgänger oder Radfahrer besonders geschützt werden.
Für die Vorhersage oder Simulation des Ablaufs eines Primärunfalls und des Folgegeschehens werden, soweit genügend Informationen über die beteiligten
Fahrzeuge und Objekte vorhanden sind, im Wesentlichen physikalische Gesetze des teilweise elastischen Stoßes, der Impulserhaltung, der Drehimpulserhaltung etc. eingesetzt. Auch die mechanischen oder dynamischen Eigenschaften des Ego-Kraftfahrzeugs, beispielsweise seine Steifigkeit, seine Masse, sein
Beschleunigungsvermögen etc. können berücksichtigt werden.
Als Reaktionsoptionen, die das Geschehen beeinflussen können, sind bevorzugt das Lenken, das Bremsen und/oder das Beschleunigen ggf. auch weitere automatisch durchführbare Manöver sowie zeitliche Abfolgen und Kombinationen dieser Maßnahmen in einem Reaktionsoptionenkatalog enthalten. Für alle oder eine der Situation angepasste Auswahl dieser Reaktionsoptionen wird noch vor dem Unfall eine Analyse durchgeführt, um die beste Reaktion oder Kombination auszuwählen. Bevorzugt ist es auch, Umgebungsinformationen in die zu erwartenden Abläufe einzubeziehen, was im Allgemeinen durch Informationen über den Ort und die Beschaffenheit der Umgebung, wie sie aus Navigationssystemen und
Landkartenmaterial zur Verfügung stehen, erfolgt. Auch Tageszeit und/oder Witterungsbedingungen können berücksichtigt werden.
Bei der Betrachtung der Orte, an denen beteiligte Verkehrsteilnehmer und Fahrzeuge nach möglichen Folgeabläufen zum Stillstand kommen, kann meistens nur noch mit Wahrscheinlichkeitsverteilungen das Eintreten von Folgeereignissen betrachtet werden. Hier muss auf gespeicherte
Wahrscheinlichkeitsdaten zurückgegriffen werden, soweit die vorausschauende
Sensorik keine genauen Informationen für ein solches Szenario liefern konnte. Bleibt ein Fahrzeug, insbesondere nachts, beispielsweise quer zur
Gegenfahrbahn liegen, so besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen schwerwiegenden Folgeunfall, während ein bei Tag auf seiner Fahrbahn zum Stehen kommendes Fahrzeug einem geringeren Risiko ausgesetzt ist. Bei der Analyse verschiedener Szenarien werden bevorzugt auch
Messungenauigkeiten der beteiligten Sensorik und/oder Ungenauigkeiten anderer Informationen durch Gewichtung ihres Einflusses auf die Analyse berücksichtigt. Auch wenn die Analysen im Einzelfall nicht immer vollständig richtige Ergebnisse liefern können, so ergibt sich doch bei einer Vielzahl von Anwendungsfällen ein signifikant geringeres Risiko in der Summe für alle beteiligten Verkehrsteilnehmer. Bei einer steigenden Anzahl von autonomen Fahrzeugen oder einer intensiveren
Vernetzung verschiedener Verkehrsteilnehmer werden bevorzugt auch verfügbare Informationen über Eigenschaften der beteiligten Verkehrsteilnehmer und deren mögliche Reaktionen auf die zu erwartenden Abläufe bei der Analyse berücksichtigt. In Zukunft wird es möglich sein, zu erkennen, ob ein potentieller Unfallgegner ebenfalls über Schutzsysteme zur Minimierung von Unfallfolgen verfügt, wobei sich im Extremfall sogar die von Ego-Fahrzeug und Unfallgegner eingeleiteten Maßnahmen koordinieren lassen.
Von der Erfindung umfasst wird auch eine Vorrichtung für ein Fahrzeug zum Erkennen und Analysieren einer bevorstehenden Unfallsituation und zum
Ausgeben von Steuersignalen für eine Reaktion zur Beeinflussung der zu erwartenden Abläufe. Eine solche Vorrichtung weist eine Recheneinheit zur Erstellung eines Modells der aktuellen Umgebung mit den dort befindlichen Verkehrsteilnehmern, Geländeeigenschaften und Objekten auf. Weiter gibt es eine Analyseeinheit zur Analyse der Verkehrssituation in der aktuellen
Umgebung und zur Erkennung eines bevorstehenden Primärunfalls sowie zur Analyse der Auswirkungen von verschiedenen Reaktionsoptionen zur eventuellen Beeinflussung der zu erwartenden Abläufe. Eine Prognoseeinheit in der Vorrichtung dient zur Zusammenstellung einer Wahrscheinlichkeitsverteilung für Schäden betreffend beteiligte Verkehrsteilnehmer und Sachen unter
Einbeziehung des zu erwartenden Folgegeschehens nach einem Primäreunfall und zur Risikobewertung verschiedener sich nach dem Primärunfall
entwickelnder Szenarien. Eine Entscheidungseinheit dient zur Auswahl derjenigen Reaktionsoption, mit der die zu erwartenden wahrscheinlichen Schäden und/oder Risiken des Primärunfalls und des Folgegeschehens minimiert werden. Die entsprechende ausgewählte Reaktionsoption wird von einer Steuereinheit zur Ausgabe von Steuersignalen zur Einleitung
entsprechender Maßnahmen verwendet.
Bevorzugt weist die Recheneinheit Eingänge mindestens für Daten eines Navigationssystems und einer vorausschauenden Umfeldsensorik auf.
Für eine sinnvolle Funktion der Vorrichtung ist es wichtig, dass
Entscheidungskriterien für die Gewichtung von zu erwartenden Schäden und zu erwartenden Folgerisiken für Personen und Sachen vorgegeben und in einem Speicher zugreifbar sind.
Hier auch beschrieben werden sollen ein Computerprogramm zur Durchführung des beschriebenen Verfahrens sowie ein maschinenlesbares Speichermedium auf dem dieses Computerprogramm gespeichert ist.
Weitere Einzelheiten des Verfahrens bzw. der Vorrichtung werden anhand eines Ausführungsbeispiels in der Zeichnung näher erläutert.
Fig. 1 zeigt den schematischen Ablauf des beschriebenen Verfahrens in einem Sicherheitssystem eines Kraftfahrzeuges 19. Einer Recheneinheit 1 werden Daten aus einem Navigationssystem 2, einer vorausschauenden Umfeldsensorik 3 und Umgebungsdaten 4 zugeführt, so dass die Recheneinheit ein Modell der aktuellen Verkehrssituation in der aktuellen Umgebung erstellen kann. In einem angeschlossenen Klassifizierer 5, der vorzugsweise mit einer Datenbank 18 verbunden ist, werden erkannte Verkehrsteilnehmer identifiziert und/oder klassifiziert. Das Modell der Recheneinheit 1 bildet zusammen mit dem
Klassifizierer 5 die Verkehrssituation zwischen allen erkannten
Verkehrsteilnehmern ab. Eine anschließende Analyseeinheit 6 analysiert die Verkehrssituation anhand des Modells und erkennt potentiell gefährliche Situationen. Anhand eines Reaktionsoptionenkatalogs 15 werden mögliche Maßnahmen, insbesondere Lenken, Bremsen, Beschleunigen und
Kombinationen davon, bezüglich ihres Einflusses auf die gefährliche Situation geprüft. In den weitaus meisten Fällen wird es Maßnahmen geben, mit denen sich eine Gefahr abwenden lässt, die dann angewendet werden. Erkennt die Analyseeinheit 6 jedoch, dass ein Unfall unvermeidlich ist, so wird in einer primären Unfallanalyse 7 der Ablauf des zu erwartenden Primärunfalls für den Fall, dass keinerlei Maßnahmen eingeleitet werden, simuliert und analysiert. Dabei wird auch ermittelt, ob Verkehrsteilnehmer nach dem Primärunfall noch in
Bewegung sein werden und welche sekundären Unfälle sich ereignen werden. Diese werden dann in einer sekundären Unfallanalyse 8, die für alle beteiligten Verkehrsteilnehmer und Sachen durchgeführt wird, simuliert. Auch dann noch folgende Unfälle werden in einer Folgeunfallanalyse 9 simuliert und analysiert und zwar im Rahmen der verfügbaren Daten möglichst so weit, bis alle beteiligten Fahrzeuge, Verkehrsteilnehmer und Sachen zum Stehen oder Liegen gekommen sind. Natürlich kann die Genauigkeit der Simulationen bei einer größeren Zahl von Schritten abnehmen, es kann aber allen Szenarien und den Endlagen eine Wahrscheinlichkeit oder eine Wahrscheinlichkeitsverteilung zugeordnet werden. Das beschriebene Verfahren zeichnet sich auch dadurch aus, dass in einer Prognoseeinheit 10 die Endlagen aller Unfallbeteiligten jeweils mit einer Risikobewertung verknüpft werden. Ein z. B. quer auf einer
Gegenfahrbahn zum Stehen kommendes Fahrzeug ist einem höheren Risiko weiterer Kollisionen ausgesetzt als ein Fahrzeug am Straßenrand. Ein liegender Fußgänger ist auf einer Straße stärker gefährdet als auf einem Gehweg. Daher ordnet eine erste Risikobewertung 11 einer ersten Endlage ein Risiko zu, eine zweite Risikobewertung 12 einem anderen Unfallbeteiligten in einer zweiten Endlage ein anderes Risiko, eine dritte Risikobewertung 13 ein Risiko für eine dritte Endlage eines dritten Unfallbeteiligten und so weiter bis zur n-ten
Risikobewertung 14 für eine n-te Endlage. Die Prognoseeinheit 10 speichert alle bei dem Primärunfall, den sekundären und den folgenden Unfällen zu erwartenden Schäden an Personen und Sachen und verknüpft diese mit den gewichteten Risiken der Endlagen der Unfallgegner, um daraus einen zu erwartenden Gesamtschaden zu ermitteln.
Danach wird als Reaktionsoption mindestens eine Maßnahme oder eine
Kombination von Maßnahmen aus dem Reaktionsoptionenkatalog 15
ausgewählt, mit der die Unfallsituation beeinflusst werden kann. Die gesamte Berechnung erfolgt erneut unter der Annahme der Anwendung dieser
Maßnahme(n), so dass sich ein anderer Ablauf des Unfalls ergibt mit einem anderen zu erwartenden Gesamtschaden. Dieser Vorgang wird für alle oder wenigstens eine sinnvolle Auswahl von Reaktionsoptionen des
Reaktionsoptionenkatalogs durchgeführt, so dass für alle verschiedenen
Unfallszenarien am Ende der jeweilige Gesamtschaden berechnet ist. Eine Entscheidungseinheit 16 wählt daraus nach vorgebbaren (möglicherweise auch ethische Gesichtspunkte berücksichtigenden) Maßstäben das Szenario mit dem günstigsten Gesamtschaden aus, so dass entsprechende Steuersignale von einer Steuereinheit 17 ausgegeben und die entsprechende Reaktionsoption, die zu dem günstigsten Szenario führt, an dem Kraftfahrzeug 19 ausgeführt wird.
Bei den beschriebenen Abläufen kann es an mehreren Stellen zu der Situation kommen, dass kein absolut genauer Ablauf ermittelt werden kann, sondern nur eine Wahrscheinlichkeitsverteilung für bestimmte Ereignisse oder Orte. Ob eine mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erwartete Verletzung einer Person tatsächlich eintritt und wie sich die Wahrscheinlichkeitsverteilung für
verschiedene Endlagen eines Verkehrsteilnehmers tatsächlich manifestiert, ist aber für das Verfahren von untergeordneter Bedeutung, solange ein Szenario mit der geringsten Wahrscheinlichkeit von Schäden oder Verletzungen ausgewählt und herbeigeführt werden kann.
Next Patent: PROCESS FOR PRODUCING PIPE BY BIAXIAL ELONGATION