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Title:
METHOD AND DEVICE FOR PREDICATIVELY ACTUATING AN ELECTRIC MOTOR IN ORDER TO REDUCE THE RISK OF A WHEELCHAIR OVERTURNING
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2017/162488
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a method and a device for predicatively actuating an electric motor in order to reduce the risk of a wheelchair overturning. An overturning occurs if the wheelchair is rotated about the axis of the drive wheel. In the method, at least one movement variable is detected. Furthermore, the energy of the wheelchair is ascertained on the basis of the at least one movement variable, and the ascertained energy is compared with a threshold. If the ascertained energy is greater than the threshold, a controller of the wheelchair actuates an electric motor against the movement of the wheelchair such that the energy of the wheelchair, and thus the risk of the wheelchair overturning, is reduced.

Inventors:
MARX KLAUS (DE)
KOCH CHRISTOPH (DE)
SCHOENLEBER RICHARD (DE)
WILDHAGE TIMO (DE)
Application Number:
PCT/EP2017/056006
Publication Date:
September 28, 2017
Filing Date:
March 14, 2017
Export Citation:
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Assignee:
BOSCH GMBH ROBERT (DE)
International Classes:
A61G5/02; A61G5/10
Domestic Patent References:
WO2005039473A22005-05-06
Foreign References:
JPH04236107A1992-08-25
US20030226698A12003-12-11
DE202008017474U12009-09-24
DE102008002993B32009-11-05
US5701965A1997-12-30
DE60021709T22006-06-01
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Claims:
Anspruchssatz

1. Verfahren zur prädiktiven Ansteuerung eines Elektromotors zur Risikoreduzierung des Umkippens eines Rollstuhls, umfassend wenigstens folgender Schritte

· Erfassung (810) mindestens einer Bewegungsgröße des Rollstuhls (100), und

• Ermittlung (830) einer Energie (E) des Rollstuhls (100) in Abhängigkeit der mindestens einen Bewegungsgröße, und

• Vergleich (840) der Energie (E) mit einem Grenzwert (EGrenzwert),

dadurch gekennzeichnet, dass bei einer Energie (E) größer dem Grenzwert

(EGrenzwert) eine

• Ansteuerung (860) eines Elektromotors (104) erfolgt, so dass der Elektromotor (104) ein Drehmoment (M) auf das Antriebsrad (101) des Rollstuhls (100) liefert, wobei das Drehmoment (M) die Energie (E) des Rollstuhls (100) re- duziert.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass

• in einem weiteren Schritt (850) ein manuelles Drehmoment (MRoiistuhifahrer) des Rollstuhlfahrers (360) auf eine Kraftübertragungsvorrichtung (102) erfasst wird, und

• die Ansteuerung (860) des Elektromotors (104) zusätzlich in Abhängigkeit des erfassten Drehmoments (MRoiistuhifahrer) des Rollstuhlfahrers (360) erfolgt.

3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder Anspruch 2, dadurch gekenn- zeichnet, dass

• bei der Erfassung (810) ein Kippwinkel (Ψ(ί)) des Rollstuhls (100) und/oder eine Drehrate (Ψ (t)) um eine Achse (106) eines Antriebsrades (101) des Rollstuhls (100) und/oder eine Geschwindigkeit (v(t)) des Rollstuhls (100) als Bewegungsgröße erfasst wird, und • die Ermittlung (830) der Energie (E) in Abhängigkeit des Kippwinkels (Ψ(ί)) und/oder der Drehrate (Ψ (t)) und/oder der Geschwindigkeit (v(t)) erfolgt.

4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass bei der Ermittlung (830) die ermittelte Energie (E) des Rollstuhls (100) eine Summe aus der potentiellen Energie (Epot), der translatorischen Energie (Etrans) und der rotatorischen Energie (Erot) aufweist.

5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass bei der Ermittlung (830) die Energie (E) in Abhängigkeit eines Gewichtes (nriRoiistuhifahrer) eines Rollstuhlfahrers (360) ermittelt wird.

6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass beim Vergleich (840) der Grenzwert (EGrenzwert) eine potentielle Energie (Epot) des Rollstuhls (100) an einem Kippwinkel (Ψ(ί)) repräsentiert, insbesondere am Balancierwinkel (Ψο).

7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass beim Vergleich (840) der Grenzwert (EGrenzwert) eine Summe aus einer potentiellen Energie (Epot) am Balancierwinkel (Ψο) und einer erlaubten Überschussenergie (Ea) umfasst.

8. Verfahren nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Überschussenergie (Ea) bis zu 3 Joule betragen darf.

9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Ansteuerung (860) des Elektromotors (104) in Abhängigkeit eines Winkelabstands (ΔΨ) des aktuellen Kippwinkels (Ψ(ί)) zum Balancierwinkel (Ψο) und/oder einer Differenz (ΔΕ) der Energie (E) des Rollstuhls (100) zum Grenzwert (EGrenzwert) erfolgt.

10. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Ansteuerung (860) des Elektromotors (104) nur bei einem Winkelabstand (ΔΨ) kleiner einem Ansteuerabstand erfolgt, wobei der Ansteuerabstand insbesondere auf einen Wert zwischen 5° bis 10° gesetzt wird und/oder vom Rollstuhlfahrer (360) eingestellt werden kann.

11. Verfahren nach einem der Ansprüche 9 oder 10, dadurch gekennzeichnet, dass

• eine Energiedifferenz (ΔΕ) von der Energie (E) des Rollstuhls (100) und dem Grenzwert (EGrenzwert) ermittelt wird, und/oder

• ein Winkelabstand (ΔΨ) des Kippwinkels (Ψ(ί)) zum Balancierwinkel (Ψο) ermittelt wird, und/oder

• ein Quotienten (Q) aus der Energiedifferenz (ΔΕ) und/oder dem Winkelabstand (ΔΨ) ermittelt wird, und

• die Ansteuerung (860) des Elektromotors (104) mit einem Drehmoment (M) entgegen der Bewegung des Rollstuhls (100) in Abhängigkeit der Energiedifferenz (ΔΕ) und/oder dem Winkelabstand (ΔΨ) und/oder dem Quotienten (Q) erfolgt.

12. Computerprogramm, welches ein Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11 ausführt.

13. Elektrisches Speichermedium mit einem Computerprogramm nach Anspruch 12.

14. Steuergerät (105), welches ein Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11 ausführt, umfassend wenigstens eine Recheneinheit (902), welche

• mindestens eine Bewegungsgröße des Rollstuhls (100) erfasst, und

• ein Ausgangsignal zur Ansteuerung eines Elektromotors (104) in Abhängigkeit der erfassten Bewegungsgröße ausgibt.

15. Rollstuhl (100) mit Risikoreduzierung des Umkippens, wobei der Rollstuhl (100) folgende Komponenten aufweist

• einen Sensor (110) zum Erfassen mindestens einer Bewegungsgröße, und

• ein Steuergerät (105) nach Anspruch 14 zur Ansteuerung eines Elektromotors (104) in Abhängigkeit einer erfassten Bewegungsgröße, und • mindestens einen Elektromotor (104) zum Aufbringen eines Drehmomentes (M), wobei das Drehmoment (M) die Energie (E) des Rollstuhls (100) reduziert.

Description:
Beschreibung Titel

Verfahren und Vorrichtung zur prädiktiven Ansteuerung eines Elektromotors zur Risikoreduzierung des Umkippens eines Rollstuhls

Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur prädiktiven Ansteuerung eines Elektromotors zur Risikoreduzierung des Umkippens eines Rollstuhls. Außerdem betrifft die Erfindung ein Steuergerät und ein Computerprogramm, welche das Verfahren ausführen, sowie einen Rollstuhl mit erfindungsgemäßem Steuergerät.

Stand der Technik

Es ist bekannt, dass beispielsweise beim Bremsen eines Rollstuhls in Rückwärtsfahrt ein Kipp-Drehmoment um die Achse des Antriebsrades in Abhängigkeit einer Schwerpunktlage erzeugt wird. Dieses Kipp-Drehmoment kann zum Umkippen des Rollstuhls führen. Das Kipp-Drehmoment resultiert aus der Lage des gemeinsamen Schwerpunktes des Rollstuhls inkl. dem Rollstuhlfahrer sowie einer Summe der folgenden Kräfte bzw. Drehmomente: Die Schwerkraft des Rollstuhls inkl. dem Rollstuhlfahrer, die am Schwerpunkt durch eine Beschleunigung des Rollstuhls wirkende Kraft, die manuelle Kraft des Rollstuhlfahrers auf die Kraftübertragungsvorrichtung und/oder gegebenenfalls ein Drehmoment eines Elektromotors. Je weiter hinten und je höher der Rollstuhlfahrer sitzt, sowie je schneller der Rollstuhl in Rückwärtsfahrt ist, desto größer wird beispielsweise das Kipp-Drehmoment und desto wahrscheinlicher ist ein Umkippen. Auch in Vorwärtsfahrt kann ein Rollstuhl durch abrupte Beschleunigung nach vorne und Gewichtsverlagerung des Oberkörpers nach hinten umkippen. Die Umkippgefahr nach hinten steigt außerdem bei einer Auffahrt am Hang, weil die Lage des Schwerpunktes vom Rollstuhl inklusive dem Rollstuhlfahrer durch die Schrägstellung des Rollstuhls am Hang nach hinten verschoben ist. Ein Rollstuhl mit einem Elektromotor ist durch die Schrift DE 10 2008 002 993 B3 offenbart. Bei dem Rollstuhl wird eine von einem Rollstuhlfahrer manuell in einen Greifring eines Antriebsrades eingeleitete Kraft durch Sensoren gemessen. In Abhängigkeit der gemessenen Kraft wird mittels eines Elektromotors zusätzlich zum manuellen Antriebsmoment ein maschinelles Antriebsmoment auf die Antriebsräder des Rollstuhls aufgebracht.

In den Schriften US 5,701,965 und DE 600 21 709 T2 ist ein elektrischer Rollstuhl offenbart, welcher eine selbstständiges Balancierfunktion durch Vorwärtsoder Rückwärtsfahrt realisiert.

Offenbarung der Erfindung

Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur prädiktiven Ansteuerung eines Elektromotors zur Risikoreduzierung des Umkippens eines Rollstuhls. Außerdem betrifft die Erfindung ein Steuergerät und ein Computerprogramm, welche das Verfahren ausführen, sowie einen Rollstuhl mit erfindungsgemäßem Steuergerät.

Die vorliegende Erfindung beansprucht einen Rollstuhl mit einem Steuergerät zur prädiktiven Ansteuerung eines Elektromotors zur Risikoreduzierung des Umkippens eines Rollstuhls. Der erfindungsgemäße Rollstuhl umfasst zumindest ein Antriebsrad mit einer Achse, um die sich das Antriebsrad zur Fortbewegung dreht, sowie mindestens ein Vorderrad. Das Antriebsrad weist außerdem eine Kraftübertragungsvorrichtung zur manuellen Kraftübertragung auf. Die Kraftübertragungsvorrichtung kann beispielsweise als Greifring oder als Hebelvorrichtung ausgestaltet sein. Des Weiteren weist der Rollstuhl mindestens einen Aktor zum Bremsen des Antriebsrades und/oder einen Elektromotor zum Aufbringen eines Drehmomentes auf das Antriebsrad des Rollstuhls auf. Außerdem ist ein elektronisches Steuergerät am Rollstuhl angeordnet. Zusätzlich weist der Rollstuhl mindestens einen Sensor auf. Der Sensor ist beispielsweise ein Beschleunigungssensor, ein Drehratensensor, ein Abstandssensor und/oder ein Ortssensor. Der Ortsensor kann beispielsweise ein GPS-Sensor sein. Der mindestens eine Sensor erfasst eine Bewegungsgröße, welche die Bewegung des Rollstuhls repräsentiert. Es können zusätzlich weitere Sensoren, wie ein Gewichtssensor und/oder ein Drucksensor am Rollstuhl angeordnet sein. Der erfindungsgemäße Rollstuhl ist dazu eingerichtet das erfindungsgemäße Verfahren durchzuführen. Der Rollstuhl reduziert vorteilhafterweise das Risiko eines Umkippens mittels eines durch einen Elektromotor erzeugten Drehmoments.

Ein Kippen des Rollstuhls liegt vor, wenn der Rollstuhl um die Achse des Antriebsrades mit oder ohne Fahrt gedreht wird. Dabei verliert ein Vorderrad den Kontakt zum Boden. Ein vollständiges Umkippen liegt vor, wenn der Rollstuhl soweit um die Achse des Antriebsrades nach hinten kippt, dass das Rollstuhlge- stell den Boden berührt. Beispielsweise berühren die Rückenlehne und/oder die

Handgriffe zum Anschieben des Rollstuhls beim vollständigen Umkippen den Boden. Das Umkippen ist gefährlich, weil dabei beispielsweise der Kopf des Rollstuhlfahrers am Boden aufschlagen kann. Die vorliegende Erfindung beansprucht des Weiteren ein Steuergerät, welches dazu eingerichtet ist das erfindungsgemäße Verfahren auszuführen. Das Steuergerät umfasst wenigstens eine Recheneinheit. Die Recheneinheit erfasst mindestens eine Größe, welche eine Bewegungsgröße des Rollstuhls repräsentiert. Außerdem erzeugt die Recheneinheit ein Ausgangssignal in Abhängigkeit der er- fassten Bewegungsgrößen bzw. in Abhängigkeit eines Vergleichs einer ermittelten Energie des Rollstuhls mit einem Grenzwert. Bei Überschreitung des Grenzwerts bewirkt das Ausgangssignal eine Ansteuerung des Elektromotors, wodurch ein Drehmoment auf ein Antriebsrad erzeugt wird. Des Weiteren kann das Steuergerät eine Empfangseinheit und eine Ausgabeeinheit aufweisen.

Die vorliegende Erfindung beansprucht außerdem das Verfahren zur prädiktiven Ansteuerung eines Elektromotors zur Risikoreduzierung des Umkippens eines Rollstuhls. Dabei wird mindestens eine aktuelle Bewegungsgröße des Rollstuhls erfasst. Außerdem wird eine aktuelle Energie des Rollstuhls in Abhängigkeit der erfassten Bewegungsgröße ermittelt. Die ermittelte Energie des Rollstuhls wird in einem weiteren Schritt mit einem Grenzwert verglichen. Bei einer Energie größer oder gleich dem Grenzwert, erfolgt eine Ansteuerung des Elektromotors zur Erzeugung eines Drehmoments auf das Antriebsrad des Rollstuhls, wobei das Drehmoment des Elektromotors die Energie des Rollstuhls reduziert. Beispiels- weise erzeugt der Elektromotor ein Drehmoment zum Bremsen einer Vorwärts- fahrt. Damit weist das Verfahren den Vorteil auf, dass die aktuelle Energie des Rollstuhls begrenzt wird, so dass das Risiko eines Umkippens des Rollstuhls reduziert wird. Die Sicherheit des Rollstuhlfahrers wird also erhöht, wobei der Rollstuhlfahrer alle typischen Fahrmanöver eines Rollstuhls weiterhin durchführen kann, wie beispielsweise ein Ankippen zum Überwinden kleinerer Hindernisse.

In einer Ausführung der Erfindung wird in einem weiteren Schritt des Verfahrens zusätzlich ein manuelles Drehmoment des Rollstuhlfahrers erfasst. Das manuelle Drehmoment entsteht durch eine Krafteinwirkung des Rollstuhlfahrers auf eine Kraftübertragungsvorrichtung. Die Ansteuerung des Elektromotors zur Erzeugung eines Drehmoments erfolgt in dieser Ausführung in Abhängigkeit des erfassten manuellen Drehmoments des Rollstuhlfahrers. Beispielsweise wird durch die Ansteuerung des Elektromotors das Drehmoment des Elektromotors um das erfasste Drehmoment des Rollstuhlfahrers betragsmäßig reduziert, wodurch ein manuelleres Fahrgefühl entsteht.

In einer bevorzugten Ausgestaltung wird als Bewegungsgröße ein Kippwinkel des Rollstuhls um die Achse des Antriebsrades erfasst. Die Energie des Rollstuhls wird in Abhängigkeit des erfassten Kippwinkels ermittelt. Die ermittelte Energie umfasst dabei insbesondere eine potentielle Energie. Die ermittelte potentielle Energie ist aufzubringen um den Rollstuhl in den erfassten Kippwinkel zu kippen bzw. anzuheben. Die Erfassung des Kippwinkels weist den Vorteil auf, dass die Kipplage des Rollstuhls als eine potentielle Energie zur Ansteuerung des Elektromotors berücksichtigt wird.

Ein Kippwinkel des Rollstuhls liegt beispielsweise in einer orthogonalen Ebene zu einer Bezugsebene und zwischen der Bezugsebene und einer um eine Achse gekippten Bezugsebene. Die Bezugsebene ist bevorzugt eine senkrechte Ebene zur Richtung der Gewichtskraft. Die Drehachse eines Sensors zum Erfassen des Kippwinkels liegt vorteilhafterweise parallel zur Achse des Antriebsrades des Rollstuhls, weil die Drehung beim Kippen um die Achse des Antriebsrades erfolgt. Die Bezugsebene und die Drehachse können durch die Anordnung einer inertialen Messeinheit am Rollstuhl definiert werden. In einer anderen, bevorzugten Ausgestaltung wird eine Drehrate des Rollstuhls um die Achse des Antriebsrades erfasst. Außerdem erfolgt eine Ermittlung der Energie des Rollstuhls in Abhängigkeit der erfassten Drehrate als rotatorische Energie. Die rotatorische Energie ist eine kinetische Energie. Die Ermittlung der Energie in Abhängigkeit einer erfassten Drehrate weist den Vorteil auf, dass der

Elektromotor bei einer zu schnellen Drehung des Rollstuhls angesteuert wird, so dass ein Drehmoment des Elektromotors entgegen des Kipp-Drehmomentes erzeugt und die Drehrate somit reduziert wird. In einer weiteren, bevorzugten Ausgestaltung wird eine Geschwindigkeit des

Rollstuhls in Vorwärts- oder Rückwärtsrichtung erfasst. Die Ermittlung der Energie des Rollstuhls erfolgt in Abhängigkeit der erfassten Geschwindigkeit. Die ermittelte Energie umfasst insbesondere eine translatorische Energie. Die translatorische Energie ist eine kinetische Energie. Die Ansteuerung des Elektromotors führt in dieser Ausgestaltung zu einem Bremsen der Fahrt des Rollstuhls. Diese

Ausgestaltung weist demnach den Vorteil auf, dass die translatorische Energie durch das Verfahren begrenzt wird.

In einer besonders bevorzugten Ausgestaltung wird die aktuelle Energie des Rollstuhls als Summe aus der potentiellen Energie und der kinetischen Energie ermittelt. Die kinetische Energie umfasst dabei eine Summe aus der ermittelten translatorischen Energie und der ermittelten rotatorischen Energie des Rollstuhls. Die potentielle Energie ist aufzubringen um den Rollstuhl in den aktuellen Kippwinkel zu drehen. Die translatorische Energie repräsentiert die Energie die durch eine Fahrt des Rollstuhls mit einer Geschwindigkeit nach vorne oder hinten realisiert wird. Die rotatorische Energie repräsentiert die Energie die durch eine Drehung des Rollstuhls um die Achse des Antriebsrades nach hinten, d.h. ein Kippen, realisiert wird. Die einzelnen Energie-Summanden können dabei auch Null sein. Beispielsweise ist dies für die potentielle Energie bei gerader Fahrt auf vier Rädern der Fall. Für diese Ausgestaltung der Erfindung sind mindestens zwei

Sensoren am Rollstuhl angeordnet. Bevorzugt sind mindestens drei Sensoren bzw. ein Sensorsystem, wie eine inertiale Messeinheit, am Rollstuhl angeordnet und es werden wenigstens drei unterschiedliche Bewegungsgrößen erfasst. Die Berücksichtigung verschiedener Bewegungsgröße beziehungsweise verschiede- ner Energien und deren Aufsummierung zur Ermittlung der gesamten Energie des Rollstuhls zur Ansteuerung des Elektromotors reduzieren das Risiko eines Umkippens des Rollstuhls besonders effektiv.

In einer Weiterführung der Erfindung wird ein Gewicht des Rollstuhlfahrers durch mindestens einen weiteren Sensor oder mittels eines Eingabegerätes erfasst. Die Ermittlung der Energie des Rollstuhls erfolgt in dieser Weiterführung der Erfindung in Abhängigkeit des erfassten Gewichtes des Rollstuhlfahrers. Der Vorteil ist eine genauere Ermittlung der Energie des Rollstuhls inklusive dem Rollstuhlfahrer. Das Gewicht des Rollstuhlfahrers kann dabei einmalig erfasst und in einem elektronischen Speicher des Steuergerätes gespeichert werden.

In einer alternativen Ausgestaltung der Erfindung ist der Grenzwert der Energie gleich der potentiellen Energie am Balancierwinkel. Der Balancierwinkel ist ein Kippwinkel. Am Balancierwinkel liegt ein Schwerpunkt des Rollstuhls inklusive dem Rollstuhlfahrer über der Achse des mindestens einen Antriebsrades. Wenn der Grenzwert gleich der potentiellen Energie am Balancierwinkel ist, wird der Elektromotor zur Erzeugung eines Drehmoments entgegen der Vorwärtsfahrtrichtung angesteuert. Somit ist das Risiko einer Überschreitung der Energie des Rollstuhls über die potentielle Energie am Balancierwinkel, welche aufzubringen ist um den Rollstuhl in den Balancierwinkel zu kippen, wesentlich reduziert. Der Balancierwinkel kann mit einem optionalen Balancierwinkelermittlungsverfahren erfasst werden.

In einer bevorzugten Weiterentwicklung der Erfindung umfasst der Grenzwert der Energie des Rollstuhls eine Summe aus der potentiellen Energie am Balancierwinkel und einer Überschussenergie. Bevorzugt ist die Überschussenergie allerdings nur so hoch, dass das Kippen nach hinten nach dem Überschreiten des Balancierwinkels sehr langsam erfolgt. Der Rollstuhlfahrer hat demnach Zeit durch manuelle Krafteinwirkung auf die Kraftübertragungsvorrichtung ein Umkippen zu vermeiden. Die erlaubte Überschussenergie kann zu diesem Zwecke beispielsweise 0,1 bis 3 Joule betragen. Dadurch wird vorteilhafterweise ein guter Kompromiss aus einer Risikoreduzierung des Umkippens des Rollstuhls und einem agilen Fahrverhalten für den Rollstuhlfahrer realisiert. Gemäß eines weiteren Aspekts kann vorgesehen sein, dass die Ansteuerung des Elektromotors in Abhängigkeit eines Winkelabstands des aktuellen Kippwinkels zum Balancierwinkel und/oder einer Differenz der Energie des Rollstuhls zum Grenzwert erfolgt. Dadurch wird der Rollstuhl durch den Elektromotor bei hohen Energien des Rollstuhls bzw. erst beim Kippen angesteuert. Die Ansteuerung des Elektromotors kann dabei auch derart erfolgen, dass beispielsweise eine Kraftunterstützung des Rollstuhlfahrers, wie in DE 10 2008 002 993 B3 beschrieben, z.B. in der Nähe des Balancierwinkels deaktiviert wird. Dadurch wird für den Rollstuhlfahrer vorteilhafterweise ein guter Kompromiss aus einer Reduzierung des Umkipprisikos und einem agilen Fahrverhalten des Rollstuhls realisiert.

Vorzugsweise erfolgt die Ansteuerung des Elektromotors nur bei einem Winkelabstand des aktuellen Kippwinkels zum Balancierwinkel kleiner einem Schwellenwert, dem so genannten Ansteuerabstand. Der Ansteuerabstand als Schwellenwert liegt insbesondere zwischen 5° bis 10°. Der Ansteuerabstand kann optional vom Rollstuhlfahrer manuell eingestellt werden.

Vorteilhafterweise wird in einer Weiterführung dieses Aspektes eine Energiedifferenz aus der Energie des Rollstuhls und dem zugeordneten Grenzwert ermittelt. Außerdem wird ein Quotient aus der ermittelten Energiedifferenz und dem Winkelabstand des aktuellen Kippwinkels zum Balancierwinkel ermittelt. Die Ansteuerung des Elektromotors erfolgt dann in Abhängigkeit des ermittelten Quotienten. Diese Weiterführung erlaubt beispielsweise ein leichtes Ankippen der Vorderräder mit einer schnellen Drehrate und einem selbstständigen, manuellen Abbremsen ohne dass der Elektromotor angesteuert wird. Ein solches Ankippen ist zum Überwinden von Hindernissen erforderlich. Diese Weiterführung erlaubt beispielsweise auch eine schnellere Rückwärtsfahrt, solange dabei der Kippwinkel niedrig ist.

Die vorliegende Erfindung betrifft außerdem ein Computerprogramm, welches das erfindungsgemäße Verfahren ausführt, und ein elektrisches Speichermedium mit dem Computerprogramm. Kurze Beschreibung der Zeich

Die vorliegende Erfindung wird nachfolgend anhand bevorzugter Ausführungs- formen und beigefügter Zeichnungen erläutert.

Figur la: Skizze eines Rollstuhls mit Greifring in Seitenansicht

Figur lb: Skizze eines Rollstuhls mit Hebelvorrichtung in Seitenansicht

Figur 2: Sensorsystem einer inertialen Messeinheit umfassend mehrere

Sensoren

Figur 3: Skizze eines Rollstuhls auf allen vier Rädern stehend

Figur 4: Skizze eines Rollstuhls am Balancierwinkel

Figur 5: Skizze bei einem Kippwinkel größer dem Balancierwinkel

Figur 6: parallele Krafteinleitung von manueller Kraft und Motorkraft am

Antriebsrad

Figur 7: Flussdiagramm der parallelen Krafteinleitung

Figur 8: Flussdiagramm des Verfahrens

Figur 9: Erfindungsgemäßes Steuergerät

Ausführungsbeispiele In Figur la ist ein Rollstuhl 100 dargestellt, welcher ein erfindungsgemäßes Verfahren des prädiktiven Kippwächter-Betriebsmodus eines Rollstuhls 100 ausführt. Der Rollstuhl 100 umfasst zwei Antriebsräder 101 mit jeweils einer Kraftübertragungseinrichtung 102. In diesem Fall ist die Kraftübertragungseinrichtung 102 ein Greifring. Am Rollstuhl 100 sind außerdem zwei Vorderräder 103 angeordnet. In Figur la ist der Rollstuhl 100 in Seitenansicht abgebildet, d.h. es sind das rechte Antriebsrad 101 mit der rechten Kraftübertragungseinrichtung 102 und das rechte Vorderrad 103 sowie ein Rollstuhlgestell mit Sitz zu erkennen. Der Rollstuhl 100 weist des Weiteren ein Steuergerät 105 und einen Elektromotor 104 sowie mindestens einen Sensor 110 auf. Außerdem ist eine Achse 106 zu erkennen. Die Achse 106 kommt senkrecht aus der Zeichenebene heraus und ist parallel zur x- Achse, d.h. die Achse 106 ist orthogonal zur y-Achse und orthogonal zur z- Achse. Die z-Achse stellt die Hochachse und die y-Achse stellt die Vorwärtsrichtung für den Rollstuhl im mathematischen Rechtssystem dar.

In Figur lb ist ein ähnlicher Rollstuhl 100, wie in Figur la, dargestellt. Der Rollstuhl 100 in Figur lb unterscheidet sich vom Rollstuhl 100 aus Figur la dadurch, dass am Antriebsrad 101 zur manuellen Kraftübertragung als Kraftübertragungseinrichtung 102 eine Hebelvorrichtung statt eines Greifringes angeordnet ist. Auch mit einem Rollstuhl 100 mit einer Hebelvorrichtung als Kraftübertragungseinrichtung 102 wird ein erfindungsgemäßes Verfahren des prädiktiven Kippwächter-Betriebsmodus eines Rollstuhls 100 realisiert. Außerdem sind in Figur lb eine Rückenlehne 107 und ein Handgriff 108 zum Anschieben des Rollstuhls dargestellt. Die Rückenlehne und/oder die Handgriffe zum Anschieben des Rollstuhls berühren beim vollständigen Umkippen des Rollstuhls, d.h. nach hinten, den Boden.

Der mindestens eine Sensor 110 kann einen Beschleunigungssensor, einen Drehratensensor, einen Abstandsensor und/oder einen Ortssensor umfassen, wobei der Ortssensor beispielsweise ein GPS-Sensor ist. Optional können als zusätzliche Sensoren ein Gewichtssensor und/oder einen Drucksensor angeordnet sein. Erfindungsgemäß wird von dem wenigstens einen Sensor 110 mindestens eine Bewegungsgröße erfasst. Die Bewegungsgröße repräsentiert eine Bewegung des Rollstuhls 100. Die Bewegung des Rollstuhls 100 kann eine Vorwärts- oder eine Rückwärtsfahrt und/oder eine Drehung um die Achse des Antriebsrad zum Kippen des Rollstuhls sein. Der Sensor 110 kann bevorzugt eine inertiale Messeinheit umfassen, welche in einem Bauteil mehrere Drehraten- und Beschleunigungssensoren aufweist.

In Figur 2 ist eine inertiale Messeinheit als Sensor 110 dargestellt. Der Sensor 110 wird bevorzugt am Rollstuhl 100 so angeordnet, dass die x-Achse parallel zur Achse 106 des mindestens einen Antriebsrades 101 des Rollstuhls 100 liegt. In einem Koordinatensystem der Figur 2 ist zu erkennen, dass von der inertialen Messeinheit Beschleunigungen in drei Raumrichtungen, sowie eine Drehrate

Ψ (t) um die x-Achse und eine Drehrate um die z-Achse erfasst werden. Die

Drehrate Ψ (t) und auch eine Drehbeschleunigung Ψ (t) um eine parallele Achse zur Achse 106 werden damit durch die gezeigte inertiale Messeinheit erfasst. Mittels der Schwerkraft als Referenzwert, welche eine Bezugsebene 300 definiert, und den von der inertialen Messeinheit erfassten Bewegungsgrößen kann die Lage des Sensors 110 im Raum ermittelt werden. Zur Berechnung der Lage können beispielsweise Gleichungen des Kaiman-Filters zur Anwendung kommen.

In Figur 3 ist der Rollstuhl 100 mit Rollstuhlfahrer 360 sowie der gemeinsame Schwerpunkt 350 des Rollstuhls 100 inklusive dem Rollstuhlfahrer 360 abgebildet. Es ist außerdem eine Wirkrichtung der Gewichtskraft FG am Schwerpunkt 350 dargestellt. In Figur 3 ist darüber hinaus auch eine senkrecht zur Gewichtskraft FG liegende Bezugsebene 300 des Sensors 110 abgebildet. Der Rollstuhl 100 ist nicht gekippt. Die Vorderräder 103 haben Kontakt zum Boden und der Rollstuhl 100 steht auf den Antriebsrädern 101 und den Vorderrädern 103 auf einer Ebene, beispielweise auf einer horizontalen Ebene.

In Figur 4 ist der Rollstuhl 100 in gekippter Position dargestellt. Beim Kippen, d.h. einer Drehung des Rollstuhls 100 um die Achse 106 der Antriebsräder, verlieren die Vorderräder 103 den Kontakt zum Boden. Die gekippte Position des Rollstuhls 100 wird durch einen Kippwinkel Ψ(ί) repräsentiert. Der Kippwinkel Ψ(ί) ist zeitabhängig und liegt beispielswiese in einer von der y-Achse und der z-Achse des Sensors 110 aufgespannten orthogonalen Ebene zur Bezugsebene 300 und zwischen einer Bezugsebene 300 und der um die Achse 106 gekippten Bezugsebene 400. Eine inertiale Messeinheit am Rollstuhlgestell erfasst beispielsweise eine Drehung um eine zur Achse 106 parallelen Achse, wobei aus der erfassten

Drehung der Kippwinkel Ψ(ΐ) des Rollstuhls 100 und die Drehrate Ψ (t) des Rollstuhls 100 beim Kippen um die Achse 106 des Antriebsrads 101 ermittelt werden kann. In Figur 4 ist der gekippte Rollstuhl 100 an einer Kippposition gezeigt, wobei als Kippwinkel Ψ(ί) der Balancierwinkel Ψο realisiert ist. Der Balancierwinkel Ψο liegt vor, wenn der Schwerpunkt 350 des Rollstuhls 100 inklusive dem Rollstuhlfahrer 360 über der Achse 106 liegt.

In Figur 5 ist der Rollstuhl 100 an einem Kippwinkel Ψ(ί) größer dem Balancierwinkel Ψο dargestellt. Bei einem Kippwinkel Ψ(ί) größer dem Balancierwinkel Ψο kippt der Rollstuhl 100 aufgrund eines resultierenden Kipp-Drehmomentes um die Achse 106 nach hinten. Dadurch droht der Rollstuhl 100 nach hinten umzukippen, was für den Rollstuhlfahrer 360 eine gefährliche Situation ist.

In Figur 6 ist ein Antriebsrad 101 des Rollstuhls 100 mit einem Greifring als Kraftübertragungsvorrichtung 102 im Querschnitt abgebildet. Außerdem ist eine mögliche Anordnung des Elektromotors 104 abgebildet. Das Antriebsrad 101 kann über einen mit Luft gefüllten und unter Druck stehenden Reifen 600 verfügen. Des Weiteren ist die Achse 106 des Antriebsrades 101 zu erkennen. Es wird deutlich, dass eine manuelle Kraft des Rollstuhlfahrers 360 auf den Greifring 102 parallel zur maschinellen Antriebskraft des Elektromotors 104 auf das Antriebsrad 101 wirkt. Die beiden Antriebsmomente überlagern sich additiv. Der Rollstuhlfahrer 360 kann also auch entgegen des maschinellen Drehmomentes des Elektromotors 104 eine Kraft auf den Greifring 102, d.h. ein manuelles Drehmoment auf das Antriebsrad 101, aufbringen.

In Figur 7 ist in einem Flussdiagramm die parallele Wirkung der manuellen Kraft des Rollstuhlfahrers 360 und der maschinellen Antriebskraft des Elektromotors 104 auf das Antriebsrad 101 dargestellt. Der Rollstuhlfahrer 360 prägt eine Kraft auf den Greifring 102 am Antriebsrad 101 auf und kann so den Rollstuhl 100 je nach Kraftrichtung nach vorne und nach hinten antreiben. Bei unterschiedlichen Kräften am rechten und linken Antriebsrad 101 ist eine Kurvenfahrt beziehungsweise ein Drehen des Rollstuhls 100 um die Hochachse (z-Achse) möglich.

Im erfindungsgemäßen Verfahren erfasst beispielsweise eine inertiale Messeinheit als Sensor 110 eine Drehrate Ψ (t) um die Achse 106 des Antriebsrades 101, wobei die x-Achse des Sensors 110 parallel zur Achse 106 des Antriebsra- des 101, orthogonal zur z-Achse und orthogonal zur y-Achse angeordnet ist. Außerdem wird von einem weiteren Sensor eine Geschwindigkeit v(t) erfasst. Die z- Achse stellt die Hochachse und die y-Achse stellt die Vorwärtsrichtung des Rollstuhls 100 im mathematischen Rechtssystem dar. Das Steuergerät 105 empfängt die Sensorsignale und erfasst die Geschwindigkeit v(t) und die Drehrate Ψ (t) um die Achse 106. Das Steuergerät 105 ermittelt eine kinetische Energie Ekin als Energie E des Rollstuhls 100. Die kinetische Energie Ekin wird als Summe aus einer rotatorischen Energie E ro t, welche in Abhängigkeit der Drehrate Ψ (t) bestimmt wird, und einer translatorischen Energie E tr ans, welche in Abhängigkeit der Geschwindigkeit v(t) bestimmt wird, ermittelt. Das Steuergerät 105 vergleicht die ermittelte Energie E mit einem Grenzwert EGrenzwert. Der Grenzwert EGrenzwert um - fasst die potentielle Energie E po t, welche zum Kippen des Rollstuhls 100 aus dem Stand beziehungsweise der aktuellen Kipplange in den Balancierwinkel Ψο benötigt wird. Wenn die ermittelte Energie E den Grenzwert EGrenzwert erreicht bzw. überschreitet, erzeugt das Steuergerät 105 ein Ausgangssignal zur Ansteuerung des Elektromotors 104. Dadurch liefert der Elektromotor 104 ein Drehmoment M auf das Antriebsrad 101 des Rollstuhls 100. Das Drehmoment M reduziert dabei die Energie E des Rollstuhls 100. Der Rollstuhlfahrer 360 kann die Bewegung des Rollstuhls 100 dabei durch manuellen Krafteingriff auf die Kraftübertragungseinrichtung 102 beeinflussen. Beispielsweise kann der Rollstuhlfahrer 360 den Rollstuhl 100 noch zusätzlich durch manuellen Krafteingriff abbremsen oder dem Drehmoment M des Elektromotors 104 entgegenwirken.

In einer Ausgestaltung der Erfindung wird ein durch den Rollstuhlfahrer 360 auf die Kraftübertragungsvorrichtung aufgebrachtes Drehmoment MRoiistuhifahrer erfasst. Die Ansteuerung des Elektromotors 104 erfolgt dann zusätzlich in Abhängigkeit des erfassten Drehmoments MRoiistuhifahrer des Rollstuhlfahrers 360. Je nach Richtung der Krafteinwirkung des Rollstuhlfahrers 360 auf die Kraftübertragungsvorrichtung 102 liefert der Elektromotors 104 durch die Ansteuerung 860 ein Drehmoment M, welches um das erfasste Drehmoment MRoiistuhifahrer des Rollstuhlfahrers 360 betragsmäßig erhöht oder reduziert ist.

In Figur 8 ist ein Flussdiagramm des erfindungsmäßigen Verfahrens dargestellt. In einem ersten Schritt 810 wird beim Kippen des Rollstuhls 100 mittels des Sen- sors 110 mindestens eine Bewegungsgröße erfasst, wie beispielsweise ein

Kippwinkel Ψ(ί), eine Drehrate Ψ (t) und/oder eine Drehratenbeschleunigung

Ψ (t). Eine erfasste Bewegungsgröße repräsentiert eine Bewegung des Rollstuhls.

In einem optionalen zweiten Schritt 820 wird ein Gewicht nriRoiistuhifahrer des Rollstuhlfahrers 360 erfasst und durch das Steuergerät 105 die Summe aus dem Gewicht nriRoiistuhifahrer des Rollstuhlfahrers 360 und dem Gewicht nriRoiistuhi des Roll ¬ stuhls 100 als gemeinsames Gewicht m ermittelt. Die optionale Erfassung des Gewichtes nriRoiistuhifahrer des Rollstuhlfahrers 360 kann dabei durch Eingabe des

Rollstuhlfahrers 360 an einem Eingabegerät am Rollstuhl 100 (nicht dargestellt) oder durch einen zusätzlichen Sensor erfolgen. Das Gewicht nriRoiistuhi des Rollstuhls 100 , das erfasste Gewicht nriRoiistuhifahrer des Rollstuhlfahrers 360 und/oder das ermittelte, gemeinsame Gewicht m des Rollstuhls 100 können in einem Speicher des Steuergerätes 105 gespeichert sein.

In einem dritten Schritt 830 wird die Energie E des Rollstuhls 100 in Abhängigkeit der mindestens einen Bewegungsgröße ermittelt. Die Energie E umfasst eine Summe nach Gleichung (1) aus der potentiellen Energie E po t des Rollstuhls und der kinetischen Energie Ekin des Rollstuhls, wobei die kinetische Energie Eki n eine

Summe aus einer translatorischen Energie Etrans und einer rotatorischen Energie E ro t umfasst. Der potentielle Energie E po t, der translatorische Energie Etrans und/oder der rotatorische Energie E ro t können Null sein. Optional erfolgt die Ermittlung der Energie E des Rollstuhls 100 zusätzlich in Abhängigkeit eines er- fassten oder ermittelten Gewichtes.

E = E pot + E kin = E pot + E trans + E rot (1)

Die Ermittlung der potentiellen Energie E po t des Rollstuhls 100 umfasst Gleichung (2). Gleichung (2) enthält eine Höhe Ιι(Ψ(ί)) eines gemeinsamen Schwerpunktes

350 des Rollstuhls 100 und des Rollstuhlfahrers 360. Die Höhe ή(Ψ(ΐ)) wird in Abhängigkeit des Kippwinkels Ψ(ί) und zweier Konstanten ki, k2 bestimmt. Die zwei Konstanten ki und k2 sowie das Gewicht nriRoiistuhi des Rollstuhls 100 sind in einem Speicher des Steuergerätes 105 gespeichert. ' Rollstuhl + /;/ ' Rollstuhlfahrer h( (t))

(2)

/;/ ' Rollstuhl + m ' Rollstuhlfahrer (^ 8ΐ η (Ψ( ) + ^ 2 cos^O))

Eine Berechnung der translatorischen Energie E tra ns des Rollstuhls 100 in gigkeit der Geschwindigkeit v(t) des Rollstuhls 100 umfasst Gleichung (3).

Eine Berechnung der rotatorischen Energie E ro t des Rollstuhls 100 in Abhängigkeit der Drehrate Ψ (t) umfasst Gleichung (4), wobei ein Trägheitsmoment Js des Rollstuhls 100 bezüglich des Schwerpunktes 350, eine Masse nriRoiistuhi des Roll ¬ stuhls 100 und eine Masse nriRoiistuhifahrer des Rollstuhlfahrers 360 sowie zwei Kon ¬ stanten k3 und k 4 in einem Speicher des Steuergerätes 105 hinterlegt sind.

In einem vierten Schritt 840 wird die ermittelte Energie E mit einem Grenzwert EGrenzwert verglichen. Wenn die ermittelte Energie E den Grenzwert EGrenzwert überschreitet, wird in einem sechsten Schritt 860 der Elektromotor 104 durch das Steuergerät 105 mit einem Drehmoment M angesteuert. Optional wird ein manuelles Drehmoment des Rollstuhlfahrers in einem Schritt 850 erfasst und die An- steuerung 860 des Elektromotors 104 erfolgt zusätzlich in Abhängigkeit des er- fassten Drehmoments MRoiistuhifahrer des Rollstuhlfahrers 360.

Der Grenzwert EGrenzwert kann der potentiellen Energie E po t am Balancierwinkel Ψο entsprechen, siehe Gleichung (5). Der Balancierwinkel Ψο ist ein Kippwinkel Ψ(ί) bei dem der Schwerpunkt 350 des Rollstuhls 100 inklusive einem Rollstuhlfahrer 360 über der Achse 106 des mindestens einen Antriebsrades 101 liegt. ^Grenzwert ^ pot i? (f) Ψ 0 )

^P 1 Rollstuhl + m Rollstuhlfahrer ) ' § ' ^(^θ) (^) = Wollstuhl +™ Rollstuhlfahrer \ g ' [ SUl^) + k 2 COS( Q ))

In einer erweiterten Ausführung des Verfahrens kann in einem weiteren optionalen Schritt das Steuergerät (105) den Balancierwinkel Ψο durch ein Balancierwinkelermittlungsverfahren ermitteln.

In einer bevorzugten Weiterentwicklung der Erfindung umfasst der Grenzwert E- Grenzwert eine Summe aus der potentiellen Energie E po t am Balancierwinkel l J 0 und einer Überschussenergie E a , siehe Gleichung 6. Die erlaubte Überschussenergie E a kann beispielsweise zwischen 0,5 bis 3 Joule betragen. Wenn der Grenzwert EGrenzwert eine Summe der potentiellen Energie E po t am Balancierwinkel l J o und einer Überschussenergie E a ist, so wird vorteilhafterweise ein guter Kompromiss aus der Reduzierung des Umkipprisikos und einem agilen Fahrverhalten für den Rollstuhlfahrer 360 realisiert.

Grenzwert ^ pot i? (t) Ψ 0 ) + Ε £ι

{ m Rollstuhl + m Rollstuhlfahrer ) ' S ' ^(^θ) + E a (6) = Wollstuhl +™Rollstuhlfahrer g ' [Κ + E a

Es erfolgt nur dann eine Ansteuerung 860 des Elektromotors 104 zur Erzeugung eines Drehmoments M auf die Achse 106 des Antriebsrades 101, wenn die ermittelte Energie E den Grenzwert EGrenzwert überschreitet bzw. die Energiedifferenz ΔΕ zwischen der ermittelten Energie E des Rollstuhls 100 und dem Grenzwert

EGrenzwert pOSltlV ISt.

Das durch die Ansteuerung erzeugte Drehmoment M wirkt in dieser Schrift mit Drehrichtung nach vorne und entgegen des positiven Kipp-Drehmoments des Rollstuhls, d.h. das Drehmoment M des Elektromotors ist in dieser Schrift immer negativ.

Bevorzugt erfolgt die Ansteuerung 860 des Elektromotors 104 zur Erzeugung eines Drehmoments M zur Energiereduzierung bzw. entgegen der Bewegung des Rollstuhls 100 in Abhängigkeit der Energiedifferenz ΔΕ aus der ermittelten Energie E des Rollstuhls 100 und dem Grenzwert EGrenzwert, siehe Gleichung (7.1) und Gleichung (7.2). Dabei können Konstanten ci und C2 vorgesehen sein. Die Ableitung des durch die Ansteuerung 860 erzeugten Drehmoments M nach der Energiedifferenz ΔΕ ist negativ. Anders ausgedrückt wird das negative Drehmoment M des Elektromotors 104 mit zunehmender Energiedifferenz ΔΕ der aktuellen Energie E zum Grenzwert EGrenzwert betragsmäßig erhöht. Die Abhängigkeit des durch den Elektromotor mittels der Ansteuerung 860 erzeugten Drehmoments M von der Energiedifferenz ΔΕ kann linear oder alternativ quadratisch oder beispielsweise auch in höheren Polynomen realisiert sein.

Δ£ = E - E Grenzwert (7.1) f c, - c · AE für c, - c 9 · Δ < 0

M = 1 2 1 2 (7.2)

0 sonst

Alternativ erfolgt die Ansteuerung 860 des Elektromotors 104 zur Erzeugung eines Drehmoments M zur Energiereduzierung bzw. entgegen der Bewegung des Rollstuhls 100 in Abhängigkeit eines Winkelabstands ΔΨ des aktuellen Kippwinkels Ψ(ΐ) zum Balancierwinkel Ψο, siehe Gleichung (8.1) und Gleichung (8.2). Dabei können Konstanten ci und C3 vorgesehen sein. Die Ableitung des durch die Ansteuerung 860 erzeugten Drehmoments M des Elektromotors 104 nach dem Winkelabstands ΔΨ ist negativ. Anders ausgedrückt wird das negative Drehmoment M des Elektromotors 104 mit zunehmendem Winkelabstand ΔΨ des aktuellen Kippwinkels Ψ(ΐ) zum Balancierwinkel Ψο betragsmä ig erhöht. Die Abhängigkeit des durch den Elektromotor mittels der Ansteuerung 860 erzeugten Drehmoments M von dem Winkelabstand ΔΨ kann linear oder alternativ quadratisch oder beispielsweise auch in höheren Polynomen realisiert sein.

ΔΨ = Ψ - Ψ(ί) (8.1)

In einer Weiterführung der Erfindung ermittelt das Steuergerät 105 einen Quotienten Q in Abhängigkeit der Energiedifferenz ΔΕ und des Winkelabstandes ΔΨ, wie beispielsweise in Gleichung (9.1) beschrieben. Die Ansteuerung 860 des Elektromotors 104 zur Erzeugung eines Drehmoments M zur Energiereduzierung bzw. entgegen der Bewegung des Rollstuhls 100 erfolgt in dieser Weiterführung in Abhängigkeit des ermittelten Quotienten Q, siehe Gleichung (9.2). Dabei können Konstanten ci und c 4 vorgesehen sein.

Q = ^- (9

ΔΨ .D

Vorzugsweise erfolgt die Ansteuerung 860 des Elektromotors 104 zur Erzeugung eines Drehmoments M zur Energiereduzierung bzw. entgegen der Bewegung des Rollstuhls 100 nach einer der obigen Gleichungen (7.2), (8.2) oder (9.2) des Weiteren erst bei einer Überschreitung eines ersten Schwellenwerts Si für die Energiedifferenz ΔΕ und/oder bei einer Überschreitung eines zweiten Schwellenwerts S2 für den Winkelabstand ΔΨ. Der erste Schwellenwert Si

Repräsentiert damit die Überschussenergie E a .

Vorteilhafterweise erfolgt die Ansteuerung 860 des Elektromotors 104 zur Erzeugung eines Drehmoments M2 zur Energiereduzierung bzw. entgegen der Bewegung des Rollstuhls 100 außerdem in Abhängigkeit eines erfassten, manuell vom Rollstuhlfahrer 360 aufgebrachten Drehmoments MRoiistuhifahrer, siehe Gleichung (10). Das erzeugte Drehmoment M2 wird damit in Abhängigkeit des Drehmoments Mi, welches beispielsweise nach Gleichung (7.2), (8.2) oder (9.2) ermitteltet wird, und in Abhängigkeit des manuell vom Rollstuhlfahrer 360 aufgebrachten Drehmoments MRoiistuhifahrer ermittelt. Das Drehmoment MRoiistuhifahrer des Rollstuhl ¬ fahrers 360 kann dabei positiv oder negativ sein. Ein positives Drehmoment MRoiistuhifahrer des Rollstuhlfahrers 360 beschleunigt den Rollstuhl 100 in Vorwärtsrichtung und kann zudem unter anderem zu einem Kippen bzw. Umkippen des Rollstuhls 100 nach hinten führen. Ein negatives Drehmoment MRoiistuhifahrer des Rollstuhlfahrers 360 beschleunigt den Rollstuhl 100 in Rückwärtsrichtung und wirkt einem Umkippen des Rollstuhls 100 entgegen. M2— M ' RoUstuh lf ahrer (10)

In Figur 9 ist ein erfindungsgemäßes Steuergerät, welches das erfindungsgemä- ße Verfahren ausführt, abgebildet. Das Steuergerät 105 umfasst wenigstens eine Recheneinheit 902. Die Recheneinheit 902 erfasst ein Sensorsignal eines Sensors 110. Das Sensorsignal repräsentiert eine Bewegungsgröße des Rollstuhls 100. Außerdem erzeugt die Recheneinheit 902 ein Ausgangssignal zur Ansteue- rung eines Elektromotors 104 eines Rollstuhls 100 in Abhängigkeit der erfassten Bewegungsgröße, wobei durch die Ansteuerung der Elektromotor 104 ein Drehmoment M beziehungsweise M2 auf das Antriebsrad 101 des Rollstuhls 100 liefert. Das Steuergerät kann zusätzlich eine Empfangseinheit 901 und/oder eine Ausgabeeinheit 903 und/oder einen Speicher 904 aufweisen.

In einer alternativen Ausführung der Erfindung wird zusätzlich oder als Ersatz für das Steuergerät 105 ein tragbarer Computer am Rollstuhl 100 befestigt. Ein solcher tragbarer Computer als Steuergerät 105 kann beispielsweise ein Smartpho- ne sein. Der Computer als Steuergerät 105 kann auch wenigstens einen Sensor 110 für das erfindungsgemäße Verfahren aufweisen.

In einem weiteren, optionalen Schritt des Verfahrens kann der aktuelle Kippwinkel Ψ(ί), die Energie E des Rollstuhls 100, die Differenz ΔΕ aus der Energie E des Rollstuhls 100 und dem Grenzwert EGrenzwert und/oder der Winkelabstand ΔΨ des aktuellen Kippwinkels Ψ(ί) zum Balancierwinkel Ψο dem Rollstuhlfahrer 360 angezeigt werden. Die Anzeige kann visuell an einem Anzeigegerät realisiert sein. Die Anzeige kann alternativ auch akustisch durch einen Signalton über einen Lautsprecher oder alternativ auch haptisch durch mindestens einen Aktor an mindestens einer der Kraftübertragungseinrichtung 102 und/oder am Rollstuhlgestell erfolgen.