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Title:
METHOD FOR THE LOW-TEMPERATURE SEPARATION OF AIR AND AIR SEPARATION PLANT
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2020/048634
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a method for obtaining an air product by means of an air separation plant (100), which comprises a rectification column system (10), which has a high-pressure column (11) operated at a first pressure level and a low-pressure column (12) operated at a second pressure level below the first pressure level. According to the invention, a first compressed air stream at a first pressure level and a second compressed air stream at a third pressure level above the first pressure level are provided and are subjected to cooling, the first compressed air stream is fed into the rectification column system (11) and the second compressed air stream, expanded by means of an expansion turbine (5) to the first pressure level, but not to a pressure level lower than the first pressure level, is fed into the rectification column system (11), and a liquid material stream is led out of the rectification column system (10) and, in the liquid state, the pressure of said material stream is increased, and said material stream is converted into the gaseous or supercritical state and is led out of the air separation plant (100) as the at least one air product. The invention is characterized in that the second compressed air stream is fed to the expansion turbine (5), which is used in the expansion of the second compressed air stream to the first pressure level, at a temperature level lying at least 10 K below the critical temperature, that said expansion turbine (5) is operated in such a way that a two-phase mixture is formed at the outlet thereof, which two-phase mixture has, at the outlet, a gas proportion of 5 to 25%, in relation to the whole two-phase mixture, and that no further expansion turbines are used to expand compressed air in the method. The invention further relates to a corresponding air separation plant (100).

Inventors:
ALEKSEEV ALEXANDER (DE)
GOLUBEV DIMITRI (DE)
BRANDL PATRICK (DE)
Application Number:
PCT/EP2019/025280
Publication Date:
March 12, 2020
Filing Date:
August 21, 2019
Export Citation:
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Assignee:
LINDE AG (DE)
International Classes:
F25J3/04
Foreign References:
EP0869322A11998-10-07
US5564290A1996-10-15
EP0833120A11998-04-01
EP3312533A12018-04-25
EP1189003A12002-03-20
EP1310753A12003-05-14
EP2980514A12016-02-03
EP2963367A12016-01-06
EP0869322A11998-10-07
DE3216502A11983-11-03
EP3312533A12018-04-25
EP1189003A12002-03-20
EP1310753A12003-05-14
US5564290A1996-10-15
Other References:
F.G. KERRY: "Industrial Gas Handbook: Gas Separation and Purification", 2006, CRC PRESS
Attorney, Agent or Firm:
IMHOF, Dietmar (DE)
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Claims:
Patentansprüche

1. Verfahren zur Gewinnung eines Luftprodukts unter Verwendung einer

Luftzerlegungsanlage (100) mit einem Rektifikationssäulensystem (10), das eine

Hochdrucksäule (11 ), die auf einem ersten Druckniveau betrieben wird, und eine

Niederdrucksäule (12), die auf einem zweiten Druckniveau unterhalb des ersten

Druckniveaus betrieben wird aufweist, wobei

- ein erster Druckluftstrom auf dem ersten Druckniveau und ein zweiter

Druckluftstrom auf einem dritten Druckniveau oberhalb des ersten

Druckniveaus bereitgestellt und einer Abkühlung unterworfen werden,

- der erste Druckluftstrom in das Rektifikationssäulensystem (1 1 ) eingespeist wird und der zweite Druckluftstrom unter Verwendung einer

Entspannungsturbine (5) auf das erste Druckniveau, aber nicht auf ein geringeres Druckniveau als das erste Druckniveau, entspannt und in das Rektifikationssäulensystem (1 1 ) eingespeist wird, und

- ein flüssiger Stoffstrom aus dem Rektifikationssäulensystem (10) ausgeführt, in flüssigem Zustand druckerhöht, in den gasförmigen oder überkritischen Zustand überführt und als das Luftprodukt aus der Luftzerlegungsanlage (100) ausgeleitet wird, dadurch gekennzeichnet, dass

- der zweite Druckluftstrom der Entspannungsturbine (5), die bei der

Entspannung des zweiten Druckluftstroms auf das erste Druckniveau verwendet wird, auf einem Temperaturniveau, das mindestens 10 K unterhalb der kritischen Temperatur liegt, zugeführt wird,

- diese Entspannungsturbine (5) derart betrieben wird, dass sich an ihrem

Austritt ein Zweiphasengemisch bildet, das am Austritt einen Gasanteil von 5 bis 25%, bezogen auf das gesamte Zweiphasengemisch, aufweist, und - keine weiteren Entspannungsturbinen zur Entspannung von Druckluft in dem Verfahren verwendet werden.

2. Verfahren nach Anspruch 1 , bei . dem keine flüssigen Luftprodukte oder flüssige Luftprodukte in einer Menge von nicht mehr als 1 Molprozent der dem Rektifikationssäulensystem (10) insgesamt zugeführten Luft aus der Luftzerlegungsanlage (100) ausgeleitet werden.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, bei dem das Luftprodukt auf einem

Druckniveau von nicht mehr als 50 bar aus der Luftzerlegungsanlage (100) ausgeleitet wird.

4. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem der erste

Druckluftstrom mittels einer ersten Verdichtungseinrichtung (1 ) auf das erste Druckniveau verdichtet oder auf dem ersten Druckniveau von extern bereitgestellt wird, und bei dem der zweite Druckluftstrom zunächst mittels der ersten

Verdichtungseinrichtung (1 ) auf das erste Druckniveau gebracht oder ebenfalls auf dem ersten Druckniveau von extern bereitgestellt wird und anschließend mittels einer zweiten Verdichtungseinrichtung (4) auf das dritte Druckniveau weiter verdichtet wird.

5. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem ein

Temperaturniveau, auf das der erste Druckluftstrom abgekühlt wird,

bei -150 bis -180°C liegt.

6. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem das erste

Druckniveau bei 5 bis7 bar und das zweite Druckniveau bei 1 ,1 bis 2 bar und das dritte Druckniveau bei 50 bis 90 bar liegt.

7. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem ein Teil des in der Entspannungsturbine (5) auf das erste Druckniveau entspannten ersten

Druckluftstroms in die Niederdrucksäule (12) eingespeist wird.

8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, bei dem das Zweiphasengemisch, das sich am Austritt der Entspannungsturbine (5) bildet, die bei der Entspannung des zweiten Druckluftstroms auf das erste Druckniveau verwendet wird, teilweise oder vollständig in die Hochdrucksäule (1 1 ) eingespeist wird, bei dem in der Hochdrucksäule (1 1 ) hieraus eine Flüssigfraktion abgeschieden wird, und bei dem die Flüssigfraktion teilweise oder vollständig durch einen

Unterkühlungsgegenströmer (8) geführt, auf das zweite Druckniveau entspannt und in die Niederdrucksäule (12) eingespeist wird.

9. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem der zweite

Druckluftstrom teilweise unter Verwendung der Entspannungsturbine (5) und teilweise unter Verwendung eines Entspannungsventils (6) auf das erste

Druckniveau entspannt wird.

10. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, bei dem der erste und der zweite Druckluftstrom vollständig in das Rektifikationssäulensystem (10) eingespeist werden und zusätzlich zu dem ersten und dem zweiten Druckluftstrom keine weitere Luft in das Rektifikationssäulensystem (10) eingespeist wird.

1 1. Verfahren nach Anspruch 10, bei dem der erste Druckluftstrom 60 bis 80

Molprozent und der zweite Druckluftstrom den Rest der insgesamt in das Rektifikationssäulensystem (10) eingespeisten Luft umfassen.

12. Luftzerlegungsanlage (100) zur Gewinnung eines Luftprodukts, mit einem

Rektifikationssäulensystem (10), das eine Hochdrucksäule (1 1 ), die für einen Betrieb auf einem ersten Druckniveau eingerichtet ist, und eine

Niederdrucksäule (12), die für einen Betrieb auf einem zweiten Druckniveau unterhalb des ersten Druckniveaus eingerichtet ist aufweist, wobei

- Mittel bereitgestellt sind, die dafür eingerichtet sind, einen ersten

Druckluftstrom auf dem ersten Druckniveau und einen zweiten Druckluftstrom auf einem dritten Druckniveau oberhalb des ersten Druckniveaus

bereitzustellen und einer Abkühlung zu unterwerfen, - Mittel bereitgestellt sind, die dafür eingerichtet sind, den ersten Druckluftstrom in das Rektifikationssäulensystem (11 ) einzuspeisen und den zweiten

Druckluftstrom unter Verwendung wenigstens einer Entspannungsturbine (5) auf das erste Druckniveau, aber nicht auf ein geringeres Druckniveau als das erste Druckniveau, zu entspannen und in das Rektifikationssäulensystem (11 ) einzuspeisen, und

- Mittel bereitgestellt sind, die dafür eingerichtet sind, einen flüssigen Stoffstrom aus dem Rektifikationssäulensystem (10) auszuführen, in flüssigem Zustand druckzuerhöhen, in den gasförmigen oder überkritischen Zustand zu überführen und als das Luftprodukt aus der Luftzerlegungsanlage (100) auszuleiten, dadurch gekennzeichnet, dass

- die Luftzerlegungsanlage (100) dafür eingerichtet ist, den zweiten

Druckluftstrom der Entspannungsturbine (5), die bei der Entspannung des zweiten Druckluftstroms auf das erste Druckniveau verwendet wird, auf einem Temperaturniveau, das mindestens 10 K unterhalb der kritischen Temperatur liegt, zuzuführen,

- die Luftzerlegungsanlage (100) ferner dafür eingerichtet ist, diese

Entspannungsturbine (5) derart zu betreiben, dass sich an ihrem Austritt ein Zweiphasengemisch bildet, das am Austritt einen Gasanteil von 5 bis 25%, bezogen auf das gesamte Zweiphasengemisch, aufweist, und

- die Luftzerlegungsanlage (100) keine weiteren Entspannungsturbinen zur Entspannung von Druckluft aufweist.

Description:
Beschreibung

Verfahren zur Tieftemperaturzerleauna von Luft und Luftzerleaunasanlaae

Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Anlage zur Gewinnung eines Luftprodukts gemäß den jeweiligen Oberbegriffen der unabhängigen Patentansprüche.

Stand der Technik

Die Herstellung von Luftprodukten in flüssigem oder gasförmigem Zustand durch Tieftemperaturzerlegung von Luft in Luftzerlegungsanlagen ist bekannt und

beispielsweise bei H.-W. Häring (Hrsg.), Industrial Gases Processing, Wiley-VCH,

2006, insbesondere Abschnitt 2.2.5, "Cryogenic Rectification", beschrieben.

Luftzerlegungsanlagen weisen Rektifikationssäulensysteme auf, die beispielsweise als Zweisäulensysteme, insbesondere als klassische Linde-Doppelsäulensysteme, aber auch als Drei- oder Mehrsäulensysteme ausgebildet sein können. Neben den

Rektifikationssäulen zur Gewinnung von Stickstoff und/oder Sauerstoff in flüssigem und/oder gasförmigem Zustand, also den Rektifikationssäulen zur Stickstoff-Sauerstoff- Trennung, können Rektifikationssäulen zur Gewinnung weiterer Luftkomponenten, insbesondere der Edelgase Krypton, Xenon und/oder Argon, vorgesehen sein. Auch wenn entsprechende Rektifikationssäulen zur Gewinnung weiterer Luftkomponenten nachfolgend nicht konkret thematisiert werden, können sie auch Gegenstand der vorliegenden Erfindung sein.

Die Rektifikationssäulen der genannten Rektifikationssäulensysteme werden auf unterschiedlichen Druckniveaus betrieben. Doppelsäulensysteme weisen eine sogenannte Hochdrucksäule (auch als Drucksäule, Mitteldrucksäule oder untere Säule bezeichnet) und eine sogenannte Niederdrucksäule (auch als obere Säule bezeichnet) auf. Das Druckniveau der Hochdrucksäule liegt beispielsweise bei 4 bis 6 bar, vorzugsweise etwa 5,5 bar. Die Niederdrucksäule wird auf einem Druckniveau von beispielsweise 1 ,3 bis 1 ,7 bar, vorzugsweise etwa 1 ,5 bar, betrieben. Bei den hier und nachfolgend angegebenen Druckniveaus handelt es sich jeweils um Absolutdrücke, die am Kopf der jeweils genannten Säulen vorliegen. Die genannten Werte stellen lediglich Beispiele dar, die bei Bedarf verändert werden können. Zur Luftzerlegung können sogenannte Hauptverdichter/Nachverdichter-(Main Air Compressor/Booster Air Compressor-, MAC-BAC-)Verfahren oder sogenannte

Hochluftdruck-( High Air Pressure-, HAP-)Verfahren eingesetzt werden. Bei den Hauptverdichter/Nachverdichter-Verfahren handelt es sich um die eher

konventionelleren Verfahren, Hochluftdruck-Verfahren kommen zunehmend in jüngerer Zeit als Alternativen zum Einsatz.

Hauptverdichter/Nachverdichter-Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass nur ein Teil der dem Rektifikationssäulensystem insgesamt zugeführten Einsatzluftmenge auf ein Druckniveau verdichtet wird, das wesentlich, d.h. um mindestens 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 oder 10 bar, oberhalb des Druckniveaus der Hochdrucksäule liegt. Ein weiterer Teil der Einsatzluftmenge wird lediglich auf das Druckniveau der Hochdrucksäule oder ein Druckniveau, das sich um nicht mehr als 1 bis 2 bar von dem Druckniveau der

Hochdrucksäule unterscheidet, verdichtet, und auf diesem niedrigeren Druckniveau in die Hochdrucksäule eingespeist. Ein Beispiel für ein Hauptverdichter/Nachverdichter- Verfahren ist bei Häring (s.o.) in Figur 2.3A gezeigt.

Bei einem Hochluftdruck-Verfahren wird hingegen die gesamte dem

Rektifikationssäulensystem insgesamt zugeführte Einsatzluftmenge auf ein

Druckniveau verdichtet, das wesentlich, d.h. um mindestens 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 oder 10 bar oberhalb des Druckniveaus der Hochdrucksäule liegt. Der Druckunterschied kann beispielsweise bis zu 14, 16, 18 oder 20 bar betragen. Hochluftdruck-Verfahren sind beispielsweise aus der EP 2 980 514 A1 und der EP 2 963 367 A1 bekannt.

Die vorliegende Erfindung kommt insbesondere bei Luftzerlegungsanlagen mit sogenannter Innenverdichtung (IV, Internal Compression, IC) zum Einsatz. Hierbei wird wenigstens ein Produkt, das mittels der Luftzerlegungsanlage bereitgestellt wird, dadurch gebildet, dass dem Rektifikationssäulensystem eine tiefkalte Flüssigkeit entnommen, in flüssigem Zustand einer Druckerhöhung unterworfen, und, je nach dem vorliegenden Druck, durch Erwärmen entweder in den gasförmigen oder in den überkritischen Zustand überführt wird. Beispielsweise kann mittels Innenverdichtung innenverdichteter gasförmiger Sauerstoff (GOX IV, GOX IC), innenverdichteter gasförmiger Stickstoff (GAN IV, GAN IC) oder innenverdichtetes gasförmiges Argon (GAR IV, GAR IC) erzeugt werden. Die Innenverdichtung bietet eine Reihe von technischen Vorteilen gegenüber einer grundsätzlich ebenfalls möglichen externen Verdichtung entsprechender Produkte und ist in der Fachliteratur, beispielsweise bei Häring (s.o.), Abschnitt 2.2.5.2, "Internal Compression", erläutert.

In der EP 0 869 322 A1 ist eine Luftzerlegungsanlage offenbart, in der eine einzige Entspannungsturbine verwendet wird. In dieser wird ein Flüssigstrom gebildet, der einen Gasanteil von weniger als 5% aufweist. Es handelt sich somit um eine klassische Flüssigturbine, wie sie auch weiter unten noch erläutert ist.

Auch in der DE 32 16 502 A1 ist eine Luftzerlegungsanlage mit einer Turbine offenbart, an deren Austritt im Wesentlichen eine Flüssigkeit vorliegt. Ein Gasanteil soll bei maximal 10% liegen. Diese Turbine ist eine von mehreren Turbinen. Ein weiteres Verfahren, in dem eine Turbine verwendet wird, an deren Austritt ein geringer

Gasanteil vorliegen soll, ist aus der EP 3 312 533 A1 bekannt. Weitere Verfahren zur Luftzerlegung sind in der EP 1 189 003 A1 und der EP 1 310 753 A1 offenbart.

Eine Turbine, in der am Austritt ein Zweiphasengemisch mit einem Gasanteil von 10 bis 50 Molprozent, insbesondere von 15 bis 30 Molprozent, gebildet wird, ist aus der US 5,564,290 A bekannt. Die Turbine weist geometrische Änderungen auf, die einen entsprechenden Gasanteil erlauben. Die Turbine ist eine von mehreren Turbinen und soll mit einem Fluid gespeist werden, das auf eine Temperatur abgekühlt wird, die gerade unterhalb der Verflüssigungstemperatur bei einer Verdichtung auf einen unterkritischen Druck bzw. gerade unterhalb der kritischen Temperatur bei einer Verdichtung auf einen überkritischen Druck liegt.

Die vorliegende Erfindung stellt sich die Aufgabe, die Gewinnung von Luftprodukten unter Verwendung von Luftzerlegungsanlagen, die zur Innenverdichtung eingerichtet sind, zu verbessern und einfacher und kostengünstiger auszugestalten.

Offenbarung der Erfindung

Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren und eine Anlage zur Gewinnung eines Luftprodukts mit den jeweiligen Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der jeweiligen abhängigen

Patentansprüche sowie der nachfolgenden Beschreibung. Nachfolgend werden zunächst einige bei der Beschreibung der vorliegenden Erfindung und ihrer Vorteile verwendete Begriffe sowie der zugrunde liegende technische

Hintergrund näher erläutert.

Wie unter Bezugnahme auf die unten weiter erläuterte Figur 1 veranschaulicht, können in typischen, zur Innenverdichtung eingerichteten Luftzerlegungsanlagen zur

Kälteerzeugung und Verflüssigung von Stoffströmen an unterschiedlichen Stellen Turboexpander, kurz auch als "Turbinen" bezeichnet, eingesetzt werden, wie dem Fachmann grundsätzlich bekannt. Nachfolgend ist insbesondere von "Joule-Thomson- Turbinen", "Claude-Turbinen", "Lachmann-Turbinen" und "Druckstickstoff-Turbinen" die Rede. Zur Funktion und zum Zweck entsprechender Turbinen wird ergänzend zu den nachfolgenden Erläuterungen auf die Fachliteratur, beispielsweise F.G. Kerry,

Industrial Gas Handbook: Gas Separation and Purification, CRC Press, 2006, insbesondere die Abschnitte 2.4, "Contemporary Liquefaction Cycles", 2.6, "Theoretical Analysis of the Claude Cycle" und 3.8.1 , "The Lachmann Principle", verwiesen.

In einer Joule-Thomson-Turbine wird in einer Luftzerlegungsanlage ein Hochdruck- Luftstrom entspannt. Dieser Strom ist zum Verdampfen und Anwärmen von

innenverdichteten Produkten notwendig. In den meisten Fällen wird diese Druckluft vor Entspannung spürbar unterkühlt bzw. relativ tief im überkritischen Zustand abgekühlt und nach Entspannung in die Hochdrucksäule eines Doppelsäulensystems geleitet.

Die Joule-Thomson-Turbine übernimmt damit die Rolle eines Entspannungsventils, mittels dessen in herkömmlichen Anlagen ein sogenannter Drosselstrom in die

Hochdrucksäule entspannt wird.

Mittels einer Claude-Turbine wird im Fall eines Doppelsäulensystems abgekühlte Druckluft von einem höheren Druckniveau auf das Druckniveau der Hochdrucksäule entspannt und in diese eingespeist. Mittels einer Lachmann-Turbine wird abgekühlte Druckluft hingegen auf das Druckniveau der Niederdrucksäule entspannt und in diese eingespeist. Eine Claude-Turbine wird auch als Mitteldruckturbine und eine Lachmann- Turbine auch als Niederdruckturbine bezeichnet. Claude- und Lachmann-Turbinen wird die Druckluft auf höheren Temperaturniveaus zugeführt als Joule-Thomson-Turbinen, so dass sich bei der Entspannung keine (nennenswerte) Verflüssigung einstellt. Die beiden Turbinen werden im Zusammenhang mit Luftzerlegungsanlagen auch als "Gasturbinen" bezeichnet. Mittels einer Druckstickstoff-Turbine wird schließlich

Stickstoff bzw. ein stickstoffreiches Fluid aus der Hochdrucksäule entspannt.

Typischerweise werden in zur Innenverdichtung eingerichteten Luftzerlegungsanlagen eine Joule-Thomson-Turbine zusammen mit entweder einer Claude-Turbine oder einer Lachmann-Turbine eingesetzt. Es kann auch unter Verzicht auf eine Joule-Thomson- Turbine lediglich eine Claude- oder eine Lachmann-Turbine eingesetzt werden. In allen Fällen dient die Verwendung entsprechender Turbinen zur Kompensation von

Exergieverlusten und Wärmelecks. Die Verwendung einer Joule-Thomson-Turbine zusammen mit entweder einer Claude-Turbine oder einer Lachmann-Turbine hat energetische Vorteile, führt jedoch gegenüber einer Anordnung, bei der lediglich eine Claude-Turbine oder einer Lachmann-Turbine eingesetzt wird, offensichtlich zu deutlich höheren Investitionskosten.

Das von F. Linde zu Beginn des 20. Jahrhunderts vorgeschlagene Verfahren zur Luftverflüssigung kommt völlig ohne Turbinen aus und bedient sich lediglich des Joule- Thomson-Effekts. Allerdings wird hier keine Innenverdichtung vorgenommen und das Verfahren benötigt Drücke von über 100 bar. Details sind bei Kerry (s.o.), Abschnitt 2.5, "Linde Cycle (Free Expansion through a Valve)", angegeben.

Die weiteren in einer Luftzerlegungsanlage eingesetzten Vorrichtungen sind in der zitierten Fachliteratur, beispielsweise bei Häring (s.o.) in Abschnitt 2.2.5.6, "Apparatus", beschrieben. Sofern die nachfolgenden Definitionen nicht hiervon abweichen, wird daher zum Sprachgebrauch, der im Rahmen der vorliegenden Anmeldung verwendet wird, ausdrücklich auf die zitierte Fachliteratur verwiesen.

Flüssigkeiten und Gase können im hier verwendeten Sprachgebrauch reich oder arm an einer oder an mehreren Komponenten sein, wobei "reich" für einen Gehalt von wenigstens 90%, 95%, 99%, 99,5%, 99,9% oder 99,99% und "arm" für einen Gehalt von höchstens 10%, 5%, 1%, 0,1 % oder 0,01 % auf Mol-, Gewichts- oder

Volumenbasis stehen kann. Der Begriff "überwiegend" kann der Definition von "reich" entsprechen. Flüssigkeiten und Gase können angereichert oder abgereichert an einer oder mehreren Komponenten sein, wobei sich diese Begriffe auf einen Gehalt in einer Ausgangsflüssigkeit oder einem Ausgangsgas beziehen, aus der oder dem die jeweils betrachtete Flüssigkeit oder das jeweils betrachtete Gas gewonnen wurde. Die Flüssigkeit oder das Gas ist "angereichert", wenn diese oder dieses zumindest den 1 ,1 -fachen, 1 ,5-fachen, 2-fachen, 5-fachen, 10-fachen 100-fachen oder 1.000-fachen Gehalt, und "abgereichert", wenn diese oder dieses höchstens den 0,9-fachen, 0,5- fachen, 0,1-fachen, 0,01-fachen oder 0,001 -fachen Gehalt einer entsprechenden Komponente, bezogen auf die Ausgangsflüssigkeit oder das Ausgangsgas enthält. Ist hier beispielsweise von "Sauerstoff" oder "Stickstoff" die Rede, sei hierunter auch eine Flüssigkeit oder ein Gas verstanden, die oder das reich an Sauerstoff oder Stickstoff ist, jedoch nicht notwendigerweise ausschließlich hieraus bestehen muss.

Die vorliegende Anmeldung verwendet zur Charakterisierung von Drücken und

Temperaturen die Begriffe "Druckniveau" und "Temperaturniveau", wodurch zum Ausdruck gebracht werden soll, dass Drücke und Temperaturen in einer

entsprechenden Anlage nicht in Form exakter Druck- bzw. Temperaturwerte verwendet werden müssen, um das erfinderische Konzept zu verwirklichen. Jedoch bewegen sich derartige Drücke und Temperaturen typischerweise in bestimmten Bereichen, die beispielsweise ± 1%, 5% oder 10% um einen Mittelwert liegen. Entsprechende

Druckniveaus und Temperaturniveaus können dabei in disjunkten Bereichen liegen oder in Bereichen, die einander überlappen. Insbesondere schließen beispielsweise Druckniveaus unvermeidliche oder zu erwartende Druckverluste ein. Entsprechendes gilt für Temperaturniveaus. Bei dem hier in bar angegebenen Druckniveaus handelt es sich um Absolutdrücke.

Vorteile der Erfindung

Turbinen tragen signifikant zu den Erstellungskosten einer Luftzerlegungsanlage bei. Daher sollte die Anzahl von Turbinen aus Erstellungskostensicht so gering wie möglich sein. Allerdings verringern Turbinen durch die erzielbaren Energieeinsparungen die Betriebskosten einer entsprechenden Anlage, so dass hier ein Zielkonflikt besteht. Dieser wird durch die erfindungsgemäß vorgeschlagenen Maßnahmen gelöst. Durch den Einsatz der vorliegenden Erfindung wird eine Reduzierung der Anzahl von

Turbinen möglich, ohne den Energieverbrauch einer entsprechenden Anlage auf diese Weise signifikant negativ zu beeinflussen.

Die Auslegung entsprechender Verfahren ist herkömmlicherweise durch die

geforderten Austrittsbedingungen an den Turbinen limitiert: Der geforderte minimale Gas- bzw. Dampfanteil am Austritt einer Claude-Turbine oder einer Lachmann-Turbine liegt typischerweise bei mindestens 90% (es sind also maximal 10% Flüssiganteil vorhanden). Spezifisch als Flüssigturbinen ausgebildete Joule-Thomson-Turbinen werden hingegen typischerweise völlig ohne Gas- bzw. Dampfanteil am Austritt betrieben, d.h. in ihnen erfolgt eine vollständige Verflüssigung.

Ein wesentlicher Aspekt der vorliegenden Erfindung ist es, die Joule-Thomson-Turbine als einzige Turbine in einem entsprechenden Verfahren einzusetzen, an dieser aber eine Expansion ins Zweiphasengebiet vorzunehmen. Die vorliegende Erfindung erzielt auf diese Weise die bereits angesprochenen Vorteile. Die vorliegende Erfindung eignet sich dabei insbesondere für Anwendungen mit vergleichsweise geringem Kältebedarf, also solche Verfahren, in denen vergleichsweise geringe Mengen an Flüssigprodukten bereitgestellt werden, und bei denen vergleichsweise geringe Innenverdichtungsdrücke vorliegen. Ferner ist die vorliegende Erfindung insbesondere bei Einsatz forcierter Rektifikationsbedingungen verwendbar, beispielsweise wenn der Hochdrucksäule vergleichsweise große Mengen stickstoffreicher Fluide entnommen werden.

Entsprechende "forcierte Rektifikationsbedingungen" liegen im hier verwendeten Sprachgebrauch insbesondere dann vor, wenn ein sogenanntes Einblaseäquivalent mehr als 10 oder mehr als 15% beträgt. Das Einblaseäquivalent bezeichnet dabei die Menge (insbesondere in Molanteilen) der in die Niederdrucksäule eingespeisten Luft zuzüglich des der Hochdrucksäule entnommenen und aus der Luftzerlegungsanlage ausgeführten Stickstoffs, und zwar im Verhältnis zur gesamten, dem

Destillationssäulensystem zugeführten Luft.

Das Einblaseäquivalent ist also definiert als die Menge der verdichteten und mittels einer Einblaseturbine in die Niederdrucksäule einer Luftzerlegungsanlage entspannten Druckluft zuzüglich der Menge des Stickstoffs, der ggf. der Hochdrucksäule

entnommen und weder als flüssiger Rücklauf in die Hochdrucksäule selbst

zurückgeführt noch als flüssiger Rücklauf auf die Niederdrucksäule aufgegeben wird, bezogen auf die gesamte in das Destillationssäulensystem eingespeiste Druckluft. Es versteht sich, dass entweder die Menge der in die Niederdrucksäule einer

Luftzerlegungsanlage entspannten Druckluft oder die Menge des Stickstoffs, der der Hochdrucksäule entnommen und weder als flüssiger Rücklauf in die Hochdrucksäule selbst zurückgeführt noch als flüssiger Rücklauf auf die Niederdrucksäule aufgegeben wird, auch jeweils null sein kann. Der Stickstoff, der der Hochdrucksäule entnommen wird, kann reiner oder im Wesentlichen reiner Stickstoff vom Kopf der Hochdrucksäule sein, aber auch ein an Stickstoff angereichertes Gas oder eine entsprechende

Flüssigkeit, das oder die mit geringerem Stickstoffgehalt aus einem Bereich unterhalb des Kopfs aus der Hochdrucksäule abgezogen werden kann.

Wird in einer entsprechenden Luftzerlegungsanlage eine Einblaseturbine eingesetzt und in dieser eine Menge M1 an Druckluft entspannt, eine Menge M2 Stickstoff der Hochdrucksäule entnommen und als flüssiges und/oder gasförmiges Stickstoffprodukt der Luftzerlegungsanlage entnommen, d.h. nicht als Rücklauf auf die Hoch- und/oder die Niederdrucksäule verwendet, und eine Menge M3 an Druckluft dem

Destillationssäulensystem insgesamt zugeführt, ergibt sich das Einblaseäquivalent E in einer entsprechenden Anlage zu E = (M1 + M2) / M3. Grundsätzlich ermöglicht die Erhöhung des Einblaseäquivalents in einer Luftzerlegungsanlage eine Verringerung des Energiebedarfs.

Die vorliegende Erfindung schlägt ein Verfahren zur Gewinnung eines Luftprodukts unter Verwendung einer Luftzerlegungsanlage mit einem Rektifikationssäulensystem vor, das eine Hochdrucksäule, die auf einem ersten Druckniveau betrieben wird, und eine Niederdrucksäule, die auf einem zweiten Druckniveau unterhalb des ersten Druckniveaus betrieben wird aufweist. Das Rektifikationssäulensystem kann in grundsätzlich bekannter Weise, insbesondere als Doppelsäule, ausgebildet sein oder eine entsprechende Doppelsäule umfassen. Die Hoch- und die Niederdrucksäule sind dabei über einen Hauptkondensator verbunden, der Kopfgas der Hochdrucksäule teilweise verflüssigt, um dieses als Rücklauf auf die Hochdrucksäule zurückführen zu können, und der Sumpfflüssigkeit der Niederdrucksäule verdampft. Der

Hauptkondensator kann als innen- oder außenliegender Hauptkondensator ausgebildet sein. Auch andere Konfigurationen des Rektifikationssäulensystems sind grundsätzlich möglich. Insbesondere kann das Rektifikationssäulensystem weitere

Rektifikationssäulen, insbesondere zur Argongewinnung, aufweisen. Zu Details sei auf die zitierte Fachliteratur verwiesen.

In dem erfindungsgemäßen Verfahren werden ein erster Druckluftstrom auf einem ersten Druckniveau und ein zweiter Druckluftstrom auf einem dritten Druckniveau, das oberhalb des ersten Druckniveaus liegt, bereitgestellt und jeweils auf dem ersten bzw. dritten Druckniveau einer Abkühlung unterworfen. Die verwendbaren Druckniveaus werden unten im Detail erläutert. Die Abkühlung kann insbesondere in einem

Hauptwärmetauscher der Luftzerlegungsanlage durchgeführt werden, dem der erste und der zweite Druckluftstrom warmseitig zugeführt und kaltseitig entnommen werden. Die Abkühlung erfolgt dabei insbesondere auf unterschiedliche Temperaturniveaus und in unterschiedlichen Passagen des Hauptwärmetauschers. Auch hierzu sind Details unten angegeben. Insbesondere kann der erste Druckluftstrom auf dem ersten Druckniveau einer Abkühlung auf ein tieferes Druckniveau unterworfen werden als der zweite Druckluftstrom auf dem dritten Druckniveau. Der erste und der zweite

Druckluftstrom werden insbesondere mittels eines Hauptluftverdichters einerseits bzw. mittels des Hauptluftverdichters und eines Nachverdichters andererseits verdichtet, wie ebenfalls unten im Detail erläutert. Der erste und der zweite Druckluftstrom bestehen aus aufgereinigter Druckluft, die auf bekannte Weise getrocknet und insbesondere von Kohlendioxid und ggf. weiteren Verunreinigungen befreit wurde.

Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wird der erste Druckluftstrom in das

Rektifikationssäulensystem eingespeist. Die Einspeisung erfolgt insbesondere in die Hochdrucksäule. Der zweite Druckluftstrom wird unter Verwendung einer

Entspannungsturbine auf das erste Druckniveau aber nicht auf ein geringeres

Druckniveau als das erste Druckniveau entspannt und in das

Rektifikationssäulensystem eingespeist.

Ist hier davon die Rede, dass ein Stoffstrom, beispielsweise ein Druckluftstrom, bestimmten Verfahrensschritten unterworfen wird, schließt dies jeweils nicht aus, dass dieser Stoffstrom einem Teil dieser Verfahrensschritte auch als Teil eines Stoffstroms mit größerem Volumen- oder Mengenstrom unterworfen werden kann. Der jeweils genannte Stoffstrom kann dabei an beliebiger Stelle von dem Stoffstrom mit dem größerem Volumen- oder Mengenstrom abgezweigt oder an beliebiger Stelle mit einem weiteren Stoffstrom zu dem Stoffstrom mit dem größerem Volumen- oder

Mengenstrom vereinigt werden. Es ist beispielsweise auch möglich, dass ein

Stoffstrom mit größerem Volumen- oder Mengenstrom zunächst unter Bildung des genannten Stoffstroms aufgeteilt wird und der genannte Stoffstrom anschließend wieder mit weiteren Stoffströmen zu einem Stoffstrom mit größerem Volumen- oder Mengenstrom vereinigt wird. Anders ausgedrückt kann wenigstens ein weiterer Stoffstrom zusammen mit dem jeweils genannten Stoffstrom einem Teil der angegebenen Verfahrensschritte unterworfen werden.

So wird, wie erwähnt, der erste Druckluftstrom in das Rektifikationssäulensystem eingespeist, was nicht ausschließt, dass dieser erste Druckluftstrom zunächst ein Teil eines auf dem ersten Druckniveau bereitgestellten Druckluftstroms mit größerem Volumen- oder Mengenstrom ist, von dem der erste Druckluftstrom vor oder nach der Abkühlung abgezweigt wird. Die Einspeisung des ersten Druckluftstroms erfolgt, wie ferner erwähnt, insbesondere in die Hochdrucksäule, was aber nicht ausschließt, dass weitere Druckluft auf dem ersten Druckniveau, auch nach einer entsprechenden Abkühlung, in die Niederdrucksäule eingespeist wird. Wie erwähnt, wird der zweite Druckluftstrom unter Verwendung einer Entspannungsturbine auf das erste

Druckniveau entspannt und in das Rektifikationssäulensystem eingespeist. Dies wiederum schließt nicht aus, dass weitere Druckluft in ähnlicher Weise behandelt und in das Rektifikationssäulensystem eingespeist wird.

Wie auch unten erläutert, kann insbesondere ein Teil des zweiten Druckluftstroms mittels der Entspannungsturbine und ein weiterer Teil mittels eines

Entspannungsventils entspannt werden. Dies soll von der Angabe umfasst sein, wonach der zweite Druckluftstrom "unter Verwendung" einer Entspannungsturbine entspannt wird, da diese Formulierung nicht angibt, dass die Entspannung unter ausschließlicher Verwendung der Entspannungsmaschine erfolgt. Insbesondere wird aber der gesamte zweite Druckluftstrom mittels einer Entspannungsturbine auf das erste Druckniveau entspannt. Dies schließt aber wiederum nicht aus, dass Teile hiervon anschließend weiter entspannt werden können. Insbesondere kann der gesamte zweite Druckluftstrom in das Rektifikationssäulensystem eingespeist werden, und zwar insbesondere vollständig in die Hochdrucksäule, aber auch zu einem Teil in die Hochdrucksäule und zu einem anderen Teil, nach weiterer Entspannung, in die Niederdrucksäule, wobei zuvor auch insbesondere in der Hochdrucksäule eine Phasentrennung erfolgen kann und eine sich dabei bildende Flüssigphase unmittelbar, d.h. insbesondere in unveränderter stofflicher Zusammensetzung wie in dem

Zweiphasengemisch des zweiten Druckluftstroms oder auch nach Mischung mit der in der Hochdrucksäule herabfließenden Flüssigkeit an der gleichen Stelle der

Hochdrucksäule, wieder abgezogen, unterkühlt und in die Niederdrucksäule entspannt werden kann. Dies kann auch im Stand der Technik bereits der Fall sein, wie er beispielsweise in Figur 1 veranschaulicht ist, auch wenn dies in Figur 1 nicht explizit gezeigt ist. Die Entspannungsturbine, die im Rahmen der vorliegenden Erfindung zur Entspannung des zweiten Druckluftstroms eingesetzt wird, kann insbesondere mit einem Generator gekoppelt bzw. gebremst werden, um auf diese Weise elektrischen Strom gewinnen zu können. Es versteht sich jedoch, dass im Rahmen der

vorliegenden Erfindung grundsätzlich auch andere Möglichkeiten zur Bremsung einer entsprechenden Entspannungsturbine, beispielsweise Ölbremsen, eingesetzt werden können. Der zweite Druckluftstrom wird, soweit er in der Entspannungsturbine entspannt wird, auf dem ersten Druckniveau der Entspannungsturbine entnommen; das erste Druckniveau stellt also ein Entnahmedruckniveau aus der

Entspannungsturbine dar. Die Entspannungsturbine entspannt also keine Luft auf ein unterhalb des ersten Druckniveaus liegendes Druckniveau, wobei das erste

Druckniveau durchlaufen werden könnte.

Wie bereits erwähnt, ist die vorliegende Erfindung insbesondere zum Einsatz in Verfahren geeignet, mittels derer innenverdichtete Luftprodukte bereitgestellt werden. Die vorliegende Erfindung umfasst daher, dass ein flüssiger Stoffstrom aus dem Rektifikationssäulensystem (der Hochdrucksäule, der Niederdrucksäule oder einer ggfs vorhandenen Roh- oder Roh- und Reinargonsäule) ausgeführt, anschließend in flüssigem Zustand druckerhöht, durch Erwärmen in den gasförmigen oder

überkritischen Zustand überführt, und als das Luftprodukt aus der

Luftzerlegungsanlage ausgeleitet wird. Auch hier versteht sich, dass der flüssige Stoffstrom beispielsweise zunächst Teil eines flüssigen Stoffstroms mit größerem Volumen- oder Mengenstroms sein kann. Auf diese Weise können im Rahmen der vorliegenden Erfindung insbesondere sogenannter innenverdichteter Sauerstoff, innenverdichteter Stickstoff oder innenverdichtetes Argon bereitgestellt werden. Wie erwähnt, kann eine entsprechende Luftzerlegungsanlage insbesondere auch Einheiten zur Argongewinnung bekannter Art aufweisen. Auch eine Bereitstellung von

innenverdichteten Luftprodukten gleicher Zusammensetzung jedoch unterschiedlicher Drücke ist im Rahmen der vorliegenden Erfindung grundsätzlich möglich,

beispielsweise indem diese in unterschiedlichem Umfang druckbeaufschlagt werden. Die Überführung in den gasförmigen oder überkritischen Zustand erfolgt insbesondere im Hauptwärmetauscher der Luftzerlegungsanlage im Gegenstrom zu einem

abzukühlenden Stoffstrom, insbesondere dem ersten und/oder zweiten Luftdruckstrom. Liegen der oder die flüssigen Stoffströme dabei nach der Druckerhöhung auf einem überkritischen Druckniveau vor, kommt es bei einer entsprechenden Erwärmung zu keiner Verdampfung im klassischen Sinn, sondern zur Überführung in den

überkritischen Zustand, also einer "Pseudoverdampfung".

Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wurde als besonders vorteilhaft erkannt, wenn die Entspannung des zweiten Druckluftstroms oder eines entsprechenden Anteils davon unter Verwendung der Entspannungsturbine derart durchgeführt wird, dass sich an deren Austritt ein Zweiphasengemisch mit dem nachfolgend erwähnten Gasanteil bildet. Der Entspannungsturbine wird dabei der zweite Druckluftstrom oder dessen hier entspannter Anteil insbesondere in rein flüssigem bzw. überkritischem Zustand zugeführt. Erfindungsgemäß liegt dabei ein Temperaturniveau, auf das der zweite Druckluftstrom der Entspannungsmaschine zugeführt wird, mindestens 10 K, insbesondere mindestens 15 K oder mindestens 20 K, unterhalb der kritischen

Temperatur. Der zweite Druckluftstrom wird der Entspannungsmaschine auf einem überkritischen Druck zugeführt. Das gebildete Zweiphasengemisch umfasst eine flüssige Phase und eine gasförmige Phase. Diese Phasen können grundsätzlich, beispielsweise nach einer Beruhigung in einem Abscheider, voneinander getrennt werden. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wird die angesprochene

Entspannungsturbine, die ansonsten grundsätzlich einer bekannten sogenannten Flüssigturbine vergleichbar ist, wie sie zur Entspannung eines Drosselstroms in einer herkömmlichen Anlage eingesetzt werden kann, also nicht unter vollständiger

Verflüssigung des entspannten Fluids sondern nur unter Teilverflüssigung des Fluids betrieben. Ein derartiger Betrieb wurde im Rahmen der vorliegenden Erfindung als besonders vorteilhaft erkannt. Mit anderen Worten ist im Rahmen der vorliegenden Erfindung also die Entspannung eines Drosselstroms in das Zweiphasengebiet vorgesehen, wohingegen in herkömmlichen Anlagen eine entsprechende Entspannung unter vollständiger Verflüssigung erfolgt.

Im Rahmen der vorliegenden Erfindung stellt die Entspannungsturbine, die zur Entspannung des zweiten Druckluftstroms oder dessen Anteil verwendet wird, die einzige Entspannungsturbine dar, die in einer entsprechenden Luftzerlegungsanlage eingesetzt wird. Mit anderen Worten wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung vorteilhafterweise zusätzlich zur der Entspannungsturbine, insbesondere zur

Entspannung von Druckluft, keine andere Entspannungsturbine verwendet.

Insbesondere werden im Rahmen der Erfindung aber keine klassischen "Gasturbinen" als Entspannungsturbinen verwendet, es werden also vorteilhafterweise keine

Entspannungsturbinen eingesetzt, die derartig betrieben werden, dass an ihrem Austritt eine reine Gasphase oder ein Zweiphasengemisch mit einem Gasanteil von mehr als 80% vorliegen. Durch den Verzicht auf entsprechende weitere Turbinen kann eine erfindungsgemäß ausgebildete Luftzerlegungsanlage besonders kostengünstig erstellt und betrieben werden.

Die Prozentangabe bezüglich des Gasanteils wird hier und nachfolgend insbesondere in Normvolumen- bzw. Massenanteilen ausgedrückt und bezieht sich auf den

Gesamtstrom (der den Gasanteil und den Flüssiganteil umfasst). Eine entsprechende Prozentangabe errechnet sich also beispielsweise aus dem Quotienten von Gasstrom und Gesamtstrom (jeweils in Normkubikmetern pro Stunde), multipliziert mit 100%.

Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wurde als besonders vorteilhaft erkannt, die Entspannungsturbine derart zu betreiben, dass das Zweiphasengemisch am Austritt der Entspannungsturbine einen Gasanteil von 5 bis 25%, im obigen Sinn bezogen auf das gesamte Zweiphasengemisch, insbesondere von 10 bis 25% oder von 10 bis 20%, aufweist. Dies ist daher erfindungsgemäß vorgesehen. Der Betrieb einer

entsprechenden Entspannungsturbine, die im Rahmen der vorliegenden Erfindung in das Zweiphasengebiet entspannt, erfordert eine bestimmte (ausgesprochen niedrige) Temperatur am Turbineneintritt. Diese kann mittels des Joule-Thomson-Effekts nur während einer langsamen Abkühlung der Anlage mit reduziertem Luftfluss und ohne betriebene Innenverdichtungspumpen erreicht werden.

Wie erwähnt, ist in der EP 0 869 322 A1 eine Luftzerlegungsanlage offenbart, in der eine einzige Entspannungsturbine verwendet wird. In dieser wird jedoch ein

Flüssigstrom ohne nennenswerten Gasanteil gebildet. Die Entspannungsturbine entspannt dort ferner Luft auf das Druckniveau einer Niederdrucksäule, also das zweite Druckniveau gemäß der hier verwendeten Terminologie. Es handelt sich also um eine Lachmann-Turbine. Eine Anregung, in einer Luftzerlegungsanlage statt einer einzigen Lachmann-Turbine eine einzige Joule-Thomson-Turbine zu verwenden und diese zudem mit höherem Gasanteil am Austritt zu betreiben, findet sich in diesem Stand der Technik nicht. Die US 5,564,290 A offenbart zwar die Verwendung einer Turbine mit erhöhtem Gasanteil am Austritt, diese stellt aber nur eine von mehreren Turbinen dar, und wird mit einem Fluid gespeist, das auf eine Temperatur abgekühlt wird, die gerade unterhalb der Verflüssigungstemperatur bei einer Verdichtung auf einen unterkritischen Druck bzw. gerade unterhalb der kritischen Temperatur bei einer Verdichtung auf einen überkritischen Druck liegt. Dies führt von der vorliegenden Erfindung weg. Eine einzige Turbine als Joule-Thomson-Turbine mit erhöhtem Gasanteil am Austritt zu betreiben, ist auch in Kombination nicht nahegelegt.

Auch der DE 32 16 502 A1 ist eine Luftzerlegungsanlage mit einer Turbine offenbart, an deren Austritt im Wesentlichen eine Flüssigkeit vorliegt. Diese Turbine ist ferner eine von mehreren Turbinen, so dass keine Anregung besteht eine Änderung in Richtung der Erfindung vorzunehmen, insbesondere nicht dahingehend, eine einzige Turbine als Joule-Thomson-Turbine mit erhöhtem Gasanteil am Austritt zu betreiben.

Im Rahmen der vorliegenden Erfindung kann eine entsprechende Anlage ohne Gasturbinen dennoch unter Verwendung vergleichsweiser moderater Drücke, beispielsweise maximal 80 bar, betrieben werden, wohingegen die klassischen Linde- Luftzerlegungsanlagen vom Beginn des 20. Jahrhunderts bei Drücken von deutlich mehr als 100 bar betrieben werden müssen. Zu Details sei auf die obigen

Erläuterungen verwiesen. Insbesondere kann im Rahmen der vorliegenden Erfindung ein Verfahren bzw. eine entsprechende Anlage geschaffen werden, das bzw. die mit deutlich geringeren Investitionskosten bei vergleichbarem Energiebedarf auskommen. Dies gilt insbesondere im Vergleich zu einer Anlage mit zwei Turbinen, nämlich einer Gasturbine (Claude- oder Lachmann-Turbine) in Kombination mit einer das klassische Joule-Thomson-Ventil ersetzenden Joule-Thomson-Turbine. Im Vergleich zu einer herkömmlichen Konfiguration mit lediglich einer Gasturbine und einem Joule-Thomson- Ventil (d.h. ohne Joule-Thomson-Turbine) ergeben sich im Rahmen der vorliegenden Erfindung sogar deutliche Energieeinsparungen.

Wie ebenfalls bereits zuvor angesprochen, eignet sich das erfindungsgemäß vorgeschlagene Verfahren insbesondere für Fälle, in denen vergleichsweise geringe Mengen flüssiger Luftprodukte bereitgestellt werden. So umfasst ein Verfahren gemäß einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung, das entweder keine flüssigen Luftprodukte oder flüssige Luftprodukte in einer Menge von nicht mehr als 1 Molprozent, insbesondere nicht mehr als 0,5 Molprozent, der dem

Rektifikationssäulensystem insgesamt zugeführten Luft aus der Luftzerlegungsanlage ausgeleitet werden. Eine derartige, vergleichsweise geringe Flüssigproduktion führt dazu, dass der entsprechenden Anlage vergleichsweise geringe Mengen an Kälte durch diese Luftprodukte "entzogen" wird und daher das Verfahren bzw. die Anlage mit relativ geringen Mengen zusätzlich produzierter Kälte auskommt.

Unter einem "Luftprodukt, das aus einer Luftzerlegungsanlage ausgeleitet wird", sei im Rahmen der vorliegenden Anmeldung ein Fluid verstanden, das nicht mehr an anlageninternen Kreisläufen teilnimmt, sondern die Anlage vollständig verlässt.

Insbesondere wird ein derartiges Fluid nicht mehr, auch nicht zum Teil, in das

Rektifikationssäulensystem eingespeist.

Ist hier davon die Rede, dass in einer entsprechenden Anlage keine flüssigen

Luftprodukte ausgeleitet werden, schließt dies nicht aus, dass aus bestimmten

Apparaten bzw. Bereichen der Anlage, insbesondere zeitweise, geringe Stoffmengen ausgeleitet werden können, beispielsweise um die Anreicherung von unerwünschten Komponenten zu verhindern, beispielsweise die Anreicherung von Methan in einem Sumpf der Niederdrucksäule. Die Menge entsprechend ausgeführter Stoffströme liegt jedoch deutlich unter den erwähnten bzw. 0,5 Molprozent der dem

Rektifikationssäulensystem insgesamt zugeführten Luft.

Ferner eignet sich die vorliegende Erfindung insbesondere für solche Verfahren, bei denen innenverdichtete Luftprodukte auf vergleichsweise moderaten Druckniveaus bereitgestellt werden. Eine besonders vorteilhafte Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung umfasst daher, dass das Luftprodukt, das in dem erläuterten

Innenverdichtungsverfahren bereitgestellt wird, auf einem Druckniveau von nicht mehr als 50 bar, insbesondere nicht mehr als 40 oder nicht mehr als 30 bar, aus der Luftzerlegungsanlage ausgeleitet wird.

Die vorliegende Erfindung kommt insbesondere in sogenannten Hauptverdichter- Nachverdichter-Verfahren zum Einsatz, wie sie ebenfalls bereits zuvor erläutert wurden. In einem derartigen Verfahren wird der erste Druckluftstrom mittels einer ersten Verdichtungseinrichtung auf das erste Druckniveau verdichtet bzw. die Luft wird auf diesem ersten Druckniveau von extern der Luftzerlegungsanlage, beispielsweise mittels einer am Aufstellungsort vorhandenen sogenannten Luftschiene bereitgestellt. Der zweite Druckluftstrom wird zunächst mittels der ersten Verdichtungseinrichtung auf das erste Druckniveau gebracht oder ebenfalls von extern auf dem ersten Druckniveau bereitgestellt und anschließend mittels einer zweiten Verdichtungseinrichtung auf das dritte Druckniveau weiter verdichtet. Bei der ersten und der zweiten

Verdichtungseinrichtung kann es sich, falls vorhanden, im Rahmen der vorliegenden Erfindung insbesondere um voneinander getrennte Verdichter in Form eines

Hauptluftverdichters und eines Nachverdichters handeln.

Der Hauptluftverdichter und der Nachverdichter bzw. die erste Verdichtungseinrichtung und die zweite Verdichtungseinrichtung können jedoch auch gemeinsam in einer Maschine integriert sein. Insbesondere kann im Rahmen der vorliegenden Erfindung ein mehrstufiger Verdichter eingesetzt werden, dem der erste Druckluftstrom auf einem Zwischendruckniveau und der zweite Druckluftstrom auf einem Enddruckniveau entnommen werden kann. In diesem Fall handelt es sich bei der ersten

Verdichtungseinrichtung um einen Teil der Verdichterstufen der gemeinsamen

Maschine, und bei der zweiten Verdichtungseinrichtung um einen weiteren Teil der Verdichterstufen dieser Maschine. Die Verdichterstufen können insbesondere drehzahlsynchron oder drehzahlunterschiedlich unter Einsatz eines gemeinsamen Antriebs angetrieben werden. Grundsätzlich ist im Rahmen der vorliegenden Erfindung jedoch jede Kombination von Verdichtungseinrichtungen bzw. Verdichtern möglich, mittels derer eine entsprechende Verdichtung vorgenommen werden kann.

Vorteilhafterweise liegt ein Temperaturniveau, auf das der zweite Druckluftstrom abgekühlt wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung am Austritt aus dem

Hauptwärmetauscher bei -150 bis -180 °C. Dieses Temperaturniveau liegt

vorteilhafterweise insbesondere bei -155 bis -170 °C. Der zweite Druckluftstrom wird auf ein Temperaturniveau unterhalb der Verflüssigungstemperatur auf einem entsprechenden Druckniveau bzw. auf ein Temperaturniveau deutlich unter der kritischen Temperatur für überkritische Drücke abgekühlt. Der erste Druckluftstrom wird insbesondere nahe der Verflüssigungstemperatur von Luft auf dem ersten

Druckniveau, jedoch in einem gewissen Abstand, beispielsweise von 0,5 bis 10 K oberhalb dieser abgekühlt. Mit anderen Worten erfährt der zweite Druckluftstrom bei der Abkühlung aufgrund seines höheren Drucks bereits eine Verflüssigung bzw.

Temperaturabsenkung deutlich unter dem kritischen Punkt, wohingegen der erste Druckluftstrom im gasförmigen Zustand bleibt. Der erste Druckluftstrom auf dem ersten Druckniveau wird dabei insbesondere tiefer abgekühlt als der zweite Druckluftstrom auf dem dritten Druckniveau. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung liegt das erste Druckniveau insbesondere bei 5 bis 7 bar Absolutdruck. Das zweite Druckniveau kann insbesondere bei 1 ,1 bis 2 bar Absolutdruck liegen. Das dritte Druckniveau kann beispielsweise bei ca. 50 bis 90 bar Absolutdruck, insbesondere bei ca. 80 bar Absolutdruck, liegen. Das dritte Druckniveau liegt also insbesondere bei einem deutlich überkritischen Druck von mindestens 10 bar oberhalb des kritischen Drucks. Bei dem ersten und zweiten Druckniveau handelt es sich um typische Druckniveaus, wie sie in den Hoch- und Niederdrucksäulen bekannter Doppelsäulensystemen von Luftzerlegungsanlagen vorliegen; das dritte Druckniveau entspricht einem typischerweise verwendeten Nachverdichterdruck in einer

entsprechenden Anlage.

Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wird insbesondere ein Teil des unter

Verwendung der Entspannungsturbine auf das erste Druckniveau entspannten zweiten Druckluftstroms in die Niederdrucksäule eingespeist. Hierbei kann insbesondere vorgesehen sein, dass das Zweiphasengemisch, das sich am Austritt der

Entspannungsturbine bildet, die bei der wenigstens teilweisen Entspannung des zweiten Druckluftstroms auf das erste Druckniveau verwendet wird, teilweise oder vollständig in die Hochdrucksäule eingespeist wird und in der Hochdrucksäule hieraus eine Flüssigfraktion abgeschieden wird, und dass die Flüssigfraktion teilweise oder vollständig durch einen Unterkühlungsgegenströmer geführt, auf das zweite

Druckniveau entspannt, und in die Niederdrucksäule eingespeist wird.

Gemäß einer besonders bevorzugten Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung wird der zweite Druckluftstrom teilweise unter Verwendung der Entspannungsturbine und teilweise unter Verwendung eines Entspannungsventils auf das erste Druckniveau entspannt. Die jeweilige Entspannung unterschiedlicher Anteile des ersten

Druckniveaus in entsprechenden parallel angeordneten Entspannungseinrichtungen kann insbesondere auch je nach Bedarf in unterschiedlichen, variablen Anteilen erfolgen.

Mit besonderem Vorteil werden im Rahmen der vorliegenden Erfindung der erste und der zweite Druckluftstrom vollständig in das Rektifikationssäulensystem der

Luftzerlegungsanlage eingespeist und zusätzlich zu dem ersten und zweiten

Druckluftstrom wird keine weitere Luft in das Rektifikationssäulensystem geleitet. Auch dies unterstreicht, dass im Rahmen der vorliegenden Erfindung bis auf die Entspannungsturbine, die zur Entspannung des ersten Druckluftstroms eingesetzt wird, keine weiteren Entspannungsturbinen, insbesondere keine der genannten

Gasturbinen, eingesetzt werden.

Mit besonderem Vorteil kann der erste Druckluftstrom im Rahmen der vorliegenden Erfindung 60 bis 80 Molprozent und der zweite Druckluftstrom den Rest der insgesamt in das Rektifikationssäulensystem eingespeisten Luft umfassen.

Die vorliegende Erfindung erstreckt sich auch auf eine Luftzerlegungsanlage zur Gewinnung eines Luftprodukts, mit einem Rektifikationssäulensystem, das eine Hochdrucksäule, die für einen Betrieb auf einem ersten Druckniveau eingerichtet ist, und eine Niederdrucksäule, die für einen Betrieb auf einem zweiten Druckniveau unterhalb des ersten Druckniveaus eingerichtet ist, aufweist. Zu den Merkmalen einer entsprechenden Luftzerlegungsanlage sei auf den entsprechenden unabhängigen Patentanspruch ausdrücklich verwiesen.

Zu den Vorteilen einer entsprechenden Luftzerlegungsanlage und erfindungsgemäßer Ausgestaltungen sei auf die obigen Erläuterungen bezüglich des erfindungsgemäßen Verfahrens und seiner unterschiedlichen vorteilhaften Ausgestaltungen ausdrücklich verwiesen. Eine erfindungsgemäß bereitgestellte Luftzerlegungsanlage ist

insbesondere zur Durchführung entsprechender Verfahren eingerichtet und weist hierzu jeweils spezifisch ausgebildete Mittel auf.

Die Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen näher erläutert, welche eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer Ausführungsform der Erfindung gegenüber einer nicht erfindungsgemäßen Luftzerlegungsanlage zeigen.

Kurze Beschreibung der Zeichnungen

Figur 1 zeigt eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer nicht erfindungsgemäßen Ausgestaltung in Form eines vereinfachten Prozessflussdiagramms.

Figur 2 zeigt eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer Ausführungsform der Erfindung in Form eines vereinfachten Prozessflussdiagramms. Ausführliche Beschreibung der Zeichnungen

In den Figuren sind einander baulich oder funktionell entsprechende Elemente mit identischen Bezugszeichen angegeben und werden der Übersichtlichkeit halber nicht wiederholt erläutert. Anhand der Figuren werden jeweils Luftzerlegungsanlagen veranschaulicht. Die entsprechenden Erläuterungen betreffen jedoch entsprechende Verfahren in gleicher weise, so dass, wenn nachfolgend Komponenten

entsprechender Anlagen beschrieben werden, die jeweiligen Erläuterungen für die durch diese Komponenten durchgeführten Verfahrensschritte gelten. In den Figuren sind flüssige Stoffströme jeweils mittels ausgefüllter (schwarzer) und gasförmige Stoffströme jeweils mittels nicht ausgefüllter (weißer) Flusspfeile veranschaulicht.

In Figur 1 ist eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer nicht erfindungsgemäßen Ausführungsform veranschaulicht und insgesamt mit 200 bezeichnet. In der

Luftzerlegungsanlage 200 wird ein Druckluftstrom a bereitgestellt und in zwei

Teilströme b und c aufgeteilt.

Nach erneuter Aufteilung des Teilstroms b in Teilströme d und e werden diese einem Hauptwärmetauscher 3 der Luftzerlegungsanlage 200 warmseitig zugeführt. Der Teilstrom d wird dem Hauptwärmetauscher 3 auf einem Zwischentemperaturniveau entnommen, in einer Entspannungsturbine 210, die insbesondere mit einem Generator oder einer Ölbremse mechanisch gekoppelt sein kann, entspannt, und in eine

Niederdrucksäule 12 eines Rektifikationssäulensystems 10, das zudem eine

Hochdrucksäule und einen die Hochdrucksäule 11 und Niederdrucksäule 12 wärmetauschend verbindenden Hauptkondensator 13 aufweist, eingespeist. Bei der Entspannungsturbine 210 handelt es sich somit um eine typische Lachmann-Turbine, bezüglich derer auf die einführenden Erläuterungen verwiesen wird.

Der Teilstrom e wird bis zum kalten Ende durch den Hauptwärmetauscher der Luftzerlegungsanlage 200 geführt und anschließend in einen unteren Bereich der Hochdrucksäule 11 eingespeist. Der Teilstrom c wird einer Nachverdichtung in einem Nachverdichter 4, dem ein nicht gesondert bezeichneter Nachkühler nachgeschaltet ist, unterworfen. Anschließend wird der Teilstrom c in weitere Teilströme f und g aufgeteilt, die dem Hauptwärmetauscher 3 jeweils warmseitig zugeführt werden. Der Teilstrom f wird bis zum kalten Ende durch den Hauptwärmetauscher 3 geführt und mittels einer Entspannungsturbine 5 bzw. eines Entspannungsventils 6 entspannt. Bei der Entspannungsturbine 5 handelt es sich dabei um eine sogenannte Joule-Thomson- Entspannungsturbine, bezüglich derer ebenfalls auf die obigen Erläuterungen verwiesen wird. Als klassische Joule-Thomson-Entspannungsturbine wird in dieser eine Entspannung vorgenommen, bei welcher sich das Fluid am Austritt im vollständig oder fast vollständig flüssigen Zustand befindet. Der in der Entspannungsturbine 5 und im Entspannungsventil 6 entspannte Stoffstrom f wird ebenfalls in die Hochdrucksäule 11 eingespeist. Bei dem Teilstrom f handelt es sich hierbei um einen typischen

Drosselstrom.

Der Teilstrom g wird dem Hauptwärmetauscher 3 auf einem

Zwischentemperaturniveau entnommen, das im dargestellten Beispiel jedoch unterhalb des Zwischentemperaturniveaus liegt, auf dem der Stoffstrom d dem

Hauptwärmetauscher entnommen wird, und in einer Entspannungsturbine 220 entspannt. Die Entspannungsturbine 220 ist eine klassische Claude- Entspannungsturbine und wird in der dargestellten herkömmlichen

Luftzerlegungsanlage 200 ohne bzw. mit nur geringem Flüssigkeitsanteil am

Turbinenaustritt betrieben. Der Stoffstrom g wird nach seiner Entspannung in der Entspannungsturbine 220 mit dem Stoffstrom e vereinigt und in den unteren Bereich der Hochdrucksäule 11 eingespeist.

Aus dem Sumpf der Hochdrucksäule 1 1 wird ein Stoffstrom h entnommen, durch einen Unterkühlungsgegenströmer 8 geführt, und in die Niederdrucksäule 12 entspannt. Vom Kopf der Hochdrucksäule 11 wird stickstoffreiches Kopfgas in Form eines Stoffstroms i abgezogen, das zum Teil in Form eines Stoffstroms k durch den Hauptkondensator 1 1 geführt und dabei zumindest teilweise verflüssigt wird. Wiederum ein Teil hiervon wird in Form eines Stoffstroms I als Rücklauf auf die Hochdrucksäule 11 zurückgeführt, ein weiterer Teil wird in Form eines Stoffstroms m durch den Unterkühlungsgegenströmer 8 geführt und am Kopf der Niederdrucksäule 12 als Rücklauf aufgegeben.

Ein nicht in dem Hauptkondensator 1 1 verflüssigter Anteil des Stoffstroms i, hier mit n bezeichnet, wird in dem Hauptwärmetauscher 3 erwärmt und verdampft und als Druckstickstoff (PGAN) aus der Luftzerlegungsanlage 200 ausgeführt. Aus dem Sumpf der Niederdrucksäule 12 wird eine sauerstoffreiche Flüssigkeit in Form eines Stoffstroms o abgezogen, mittels einer Pumpe 9 druckerhöht, und in dem

Hauptwärmetauscher 3 erwärmt und dadurch in den gasförmigen bzw. überkritischen Zustand überführt. Auf diese Weise kann ein hier innenverdichtetes

Drucksauerstoffprodukt (PGOX) bereitgestellt werden. Von einem Zwischenbereich der Niederdrucksäule 12 wird ein gasförmiger Stoffstrom p abgeführt, durch den

Unterkühlungsgegenströmer 8 geführt und in dem Hauptwärmetauscher 3 erwärmt. Es handelt es sich hierbei um sogenannten Unreinstickstoff (UN2), der für

unterschiedliche Zwecke in der Luftzerlegungsanlage 200 eingesetzt werden kann.

In einer Flüssigkeitsrückhalteeinrichtung im Kopfbereich der Niederdrucksäule 12 scheidet sich stickstoffreiche Flüssigkeit ab, die in Form eines Stoffstroms r abgezogen und als Flüssigstickstoffprodukt (LIN) bereitgestellt werden kann. Ein vom Kopf der Hochdrucksäule 12 abgezogenes gasförmiges Fluid kann in Form eines Stoffstroms s durch den Unterkühlungsgegenströmer und durch den Hauptwärmetauscher 3 geführt, erwärmt, und als Niederdruckstickstoffprodukt (LPGAN) bereitgestellt werden.

Wie bereits erläutert, erweist sich der Betrieb einer entsprechenden Anlage, die in herkömmlichen Konfigurationen, wie sie in Figur 200 veranschaulicht sind,

typischerweise wenigstens zwei Entspannungsturbinen umfassen, als aufwendig und insbesondere die Erstellung ist mit hohen Investitionskosten verbunden.

In Figur 2 ist eine Luftzerlegungsanlage gemäß einer Ausführungsform der Erfindung schematisch veranschaulicht und insgesamt mit 100 bezeichnet. Bereits in Figur 1 veranschaulichte und hier zu einem vergleichbaren Zweck vorhandene Komponenten sind in Figur 2 mit identischen Bezugszeichen angegeben und werden der

Übersichtlichkeit halber nur teilweise erneut erläutert.

Wie in Figur 2 veranschaulicht, wird auch hier mittels eines Hauptluftverdichters 1 über einen Filter 2 Umgebungsluft (A) angesaugt und auf ein Druckniveau verdichtet, das hier als "erstes" Druckniveau bezeichnet wird. Nach einem oder mehreren

Aufbereitungsschritten 20, die insbesondere eine Kühlung und Aufreinigung umfassen können, wird die entsprechend verdichtete Druckluft, die hier wie in Figur 1 in Form eines Stoffstroms a veranschaulicht ist, in Teilströme b und c aufgeteilt, wobei der erste Teilstrom b hier durchgängig als "erster" Druckluftstrom und der Teilstrom c

hierdurchgängig als "zweiter" Druckluftstrom bezeichnet werden. Im Gegensatz zu der Luftzerlegungsanlage 200 gemäß Figur 2 wird dabei der erste Druckluftstrom b ohne weitere Aufteilung in zwei Teilströme durch den

Hauptwärmetauscher 3 geführt. Entsprechendes gilt für den Teilstrom c, der auch hier in dem Nachverdichter 4 verdichtet wird, und zwar auf ein hier "drittes" Druckniveau bezeichnetes Druckniveau von beispielsweise ca. 80 bar. Auch dieser zweite

Druckluftstrom c wird vom warmen Ende zum kalten Ende durch den

Hauptwärmetauscher 3 geführt. Der erste Druckluftstrom b und der zweite

Druckluftstrom c werden damit in dem Hauptwärmetauscher 3 in getrennten Passagen abgekühlt wie oben erläutert.

Der erste Druckluftstrom b wird in dem dargestellten Beispiel in den unteren Bereich der Hochdrucksäule 11 des Rektifikationssäulensystems 10 eingespeist, der zweite Druckluftstrom c wird unter Verwendung der Entspannungsturbine 5 und des

Entspannungsventils 6 auf das erste Druckniveau, aber nicht auf ein geringeres Druckniveau als das erste Druckniveau, entspannt. Zu Temperatur und Druck des zweiten Druckluftstroms c bei der Einspeisung in die Entspannungsturbine 5 sei auf die obigen Ausführungen ausdrücklich verwiesen. Der entspannte Druckluftstrom c, hier mit t bezeichnet, wird als Zweiphasengemisch, das sich am Austritt der wenigstens einen Entspannungsturbine 5 bildet, hier in die Hochdrucksäule 1 1 eingespeist. In der Hochdrucksäule 11 wird hieraus in einer geeigneten Flüssigkeitsrückhalteeinrichtung eine Flüssigfraktion abgeschieden. Diese Flüssigfraktion, hier mit u bezeichnet, wird zumindest teilweise aus der Hochdrucksäule 11 abgezogen, durch den

Unterkühlungsgegenströmer 3 geführt und in die Niederdrucksäule 12 des

Rektifikationssäulensystem 10 entspannt.

Der Betrieb der in Figur 2 veranschaulichten Luftzerlegungsanlage 100 entspricht ansonsten dem Betrieb der in Figur 1 veranschaulichten Luftzerlegungsanlage 100. Es werden jedoch keine weiteren Entspannungsturbinen 210 und 220 eingesetzt und in der Entspannungsturbine 5 erfolgt eine Entspannung derart, dass am Austritt der Entspannungsturbine ein beträchtlicher Gasanteil vorliegt. In der Luftzerlegungsanlage 100 gemäß Figur 2 kann insbesondere sauerstoffarmer Stickstoff auf einem

Druckniveau von 5 bis 6 bar in Form des Stoffstroms i abgezogen und teilweise als Produkt bereitgestellt werden. In der Luftzerlegungsanlage 100 gemäß Figur 2 erfolgt die Druckerhöhung der Pumpe 9 des Stoffstroms o insbesondere auf ein Druckniveau von 20 bis 40 bar,

beispielsweise ca. 30 bar. Vom Kopf der Niederdrucksäule 12 wird in Form eines Stoffstroms s Unrein Stickstoff (UN2) abgezogen, die Niederdrucksäule 12 wird dadurch forciert betrieben.