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Title:
METHOD FOR PRODUCING HIGH-STRENGTH MOLDED PARTS FROM HIGH-CARBON AND HIGH-MANGANESE-CONTAINING AUSTENITIC CAST STEEL WITH TRIP/TWIP PROPERTIES
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2013/124283
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to an inexpensive method for producing high-strength molded parts from austenitic cast steel with a carbon content of 0.4 to 1.2%, a manganese content of 12 to 25%, a phosphorus content of 0.01 to 1.5%, a silicon content of less than/equal to 3%, and an aluminum content of less than/equal to 3% by mass, groups of iron, and tramp elements due to the melting process. The molten steel is melted using conventional melting methods and cast into shapes or as semifinished products, and the unfinished cast parts are subsequently completed by means of a cold working process of more than 10% in a temperature range below 200 °C. The finished molded parts are used as construction, wear, or crash elements.

Inventors:
WEIS ANDREAS (DE)
WENDLER MARCO (DE)
Application Number:
PCT/EP2013/053312
Publication Date:
August 29, 2013
Filing Date:
February 20, 2013
Export Citation:
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Assignee:
UNIV FREIBERG TECH BERGAKAD (DE)
International Classes:
C21D6/00; C21D7/02; C21D8/02; C21D9/46; C22C38/02; C22C38/04; C22C38/06
Domestic Patent References:
WO2010054813A12010-05-20
WO2004055223A12004-07-01
Foreign References:
DE102009013631B32010-08-19
DE102004054444B32006-01-19
EP0889144A11999-01-07
DE102004061284A12005-07-28
DE102005062221B32007-05-03
DE102006033973A12008-01-24
DE102008005803A12009-07-23
DE102008005806A12009-09-10
DE102010026808A12012-01-12
DE102009013631B32010-08-19
DE102010034161A12011-09-22
Other References:
GRÄSSEL O ET AL: "High strength Fe-Mn-(Al,Si)-TRIP/TWIN steels development - properties - application", INTERNATIONAL JOURNAL OF PLASTICITY, PERGAMON, AMSTERDAM, NL, no. 16, 1 January 2000 (2000-01-01), pages 1391 - 1409, XP002335443, ISSN: 0749-6419, DOI: 10.1016/S0749-6419(00)00015-2
Attorney, Agent or Firm:
KAILUWEIT & UHLEMANN PATENTANWÄLTE (DE)
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Claims:
Patentansprüche

1 . Verfahren zur Herstellung hochfester Formteile aus austenitischem Stahlguss mit in Masseprozent einem Kohlenstoffgehalt von 0,4 bis 1 ,2%, einem Mangangehalt von 12 bis 25%, einem Phosphorgehalt von 0,01 bis 1 ,5%, einem Siliziumgehalt von kleiner/gleich 3% und einem Aluminiumgehalt von kleiner/gleich 3%, Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Stahlbegleitelemente; wobei die Stahlschmelze mit herkömmlichen Schmelzverfahren erschmolzen und in Formen oder als Halbzeug abgegossen wird, gekennzeichnet dadurch, dass die Gussrohteile nachfolgend durch eine Kaltumformung von mehr als 10% im Temperaturbereich unterhalb 200°C endgefertigt werden.

2. Verfahren nach Anspruch 1 , gekennzeichnet dadurch, dass mehrere Kaltumformungen durchgeführt werden.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, gekennzeichnet dadurch, dass die Kaltumformung in mehreren Stichen bei oder oberhalb Raumtemperatur erfolgt.

4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, gekennzeichnet dadurch, dass vor der zweiten und jeder weiteren Kaltumformung eine Rekristallisationsglühung im Temperaturbereich von 600 bis 900°C mit anschließender Luft- oder Wasserabkühlung durchgeführt wird.

5. Verfahren nach Anspruch 1 bis 4, gekennzeichnet dadurch, dass das Gussrohteil so abgegossen wird, dass in Teilbereichen bereits das Fertigmaß aufweist und die Kaltumformung dieses Gussrohteiles nur partiell vorgenommen wird.

6. Verfahren nach Anspruch 1 bis 5, gekennzeichnet dadurch, dass vor der ersten Kaltumformung ein Lösungsglühen im Temperaturbereich von 900 bis 1 100°C durchgeführt wird.

7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die endgefertigten Formteile eine 0,2%-Dehngrenze von 370 bis 900 MPa, eine Zugfestigkeit 800 bis 2100 MPa, eine Einschnürung von 70 bis 5% und eine Bruchdehnung von 60 bis 2% aufweisen.

8. Verwendung der endgefertigten Formteile nach einem der Ansprüche 1 bis 7 als Konstruktions-, Verschleiß oder Crashelement.

Description:
Verfahren zur Herstellung hochfester Formteile aus hochkohlenstoff- und hochman- ganhaltigem austenitischem Stahlguss mit TRIP/TWIP-Eigenschaften

Die Erfindung betrifft ein kostengünstiges Verfahren zur Herstellung hochfester Formteile aus hochkohlenstoff- und hochmanganhaltigem austenitischem Stahlguss mit TRIP/TWIP- Eigenschaften (formation induced plasticity / twinning induced plasticity). Die erfindungsgemäß hergestellten Formteile ertragen hohe statische und/oder dynamische Beanspruchungen und sind deshalb für verschleiß- und crashbeanspruchte Bauteile geeignet. Solche Teile sind zum Beispiel Befestigungselemente, Antriebswellen, Lagerteile und Strukturelemente des Karosseriebaus als auch Schneid- und Schlagwerkzeuge.

Austenitischer Stahlguss wird einmal zur Herstellung von Halbzeug in Form von Strang-, Brammen- oder Knüppelguss verwendet. Diese Halbzeuge werden einer Warmumformung unterzogen, wie zum Beispiel einem Walzen oder Schmieden. Durch die Warmumformung wird das primäre Gussgefüge durch Rekristallisation in ein feinkörniges Sekundärgefüge überführt. Darüber hinaus werden erstarrungsbedingte Seigerungen abgebaut. Im Gegensatz zum primären Gussgefüge ist das warm um geformte Sekundärgefüge des Stahles kalt- umformbar, so dass der Warmumformung eine Kaltumformung nachgestellt sein kann. Zum anderen ist austenitischer Stahlguss Ausgangsmaterial für die Herstellung von Formteilen, die als Stahlgussteile zum Einsatz kommen. Dabei wird die Schmelze in entsprechende Formen gegossen. Die gefertigten Stahlgussteile erfahren wegen ihrer erhöhten Rissanfälligkeit keine Kaltumformung. In austenithaltigen Gussteilen mit TRIP/TWIP-Eigenschaften gemäß den Offenlegungsschriften DE 10 2006 033 973 A1 , DE 10 2008 005 803 A1 , DE 10 2008 005 806 A1 und DE 10 2010 026 808 A1 wird unter Belastung ein TRI P/TW IP-Effekt ausgelöst. Die Belastung bezieht sich dabei auf den Einsatzfall oder auf eine Überbeanspruchung. Ebenso lässt sich der TRIP/TWIP-Effekt während der Prüfung des Stahles auslösen, wie zum Beispiel im Zug- und Druckversuch. Wird bei der Belastung die Fließgrenze des Stahles überschritten, so verformt sich das Gussteil plastisch. Während der plastischen Deformation wird eine verformungsinduzierte ε- und/oder α'- Martensit bzw. Zwillingsbildung ausgelöst.

In der Offenlegungsschrift DE 10 2008 005 806 A1 wird z. B. ein Bauteil aus hochmanganhaltigem, festem und zähem Stahlformguss mit einem Mangangehalt von 4 bis 30% und einem Kohlenstoffgehalt von 0,01 bis 0,6% und weiteren Legierungselementen beschrieben. Als Folge der Gefügebildungsprozesse steigen die Zugfestigkeit, die Bruchdehnung und die Kerbschlagarbeit. Es werden Zugfestigkeiten von 550 bis 1 100MPa, Bruchdehnungen von mehr als 30% und Werte für die Kerbschlagarbeit von mehr als 125J erreicht. Bauteile mit diesen Eigenschaften werden in der Anlagen- und Kältetechnik, beim Fahrzeug- und Flugzeugbau und beim Transport und Verflüssigen von Gasen im Tieftemperaturbereich verwendet.

Die Bauteile nach DE 10 2008 005 806 A1 werden unter Beibehaltung des Gussgefüges ohne Umformung verwendet.

In der Offenlegungsschrift DE10 2010 026 808 A1 wird ein korrosionsbeständiger austenit- haltiger Stahlguss mit TRIP/TWIP-Eigenschaften und mit einem erhöhten Phosphorgehalt von 0,05 bis 1 ,5% beschrieben, der ausschließlich in seiner gegossenen Form unter Beibehaltung des Rohgussgefüges ohne Umformung verwendet wird. Dabei wird ausgeführt, dass die Plastizitätseffekte durch die hohen Phosphorgehalte nicht negativ beeinflusst werden. Mit steigendem Phosphorgehalt werden lediglich die Festigkeitseigenschaften leicht angehoben, währenddessen die Zähigkeitseigenschaften unbeeinflusst bleiben. Phosphor verbessert vor allem die Fließfähigkeit des Stahlgusses. Die Wirkung von Phosphor in hochkohlenstoff- und hochmanganhaltigem austenitischen Stahlguss auf den TRI P/TW IP-Effekt und das Kaltumformvermögen ist hingegen unbekannt und wird technisch bisher nicht genutzt. Eine gezielte Kaltumformung des Gussbauteils zur Erhöhung der Festigkeit und der Endfertigung wird in vorgenannten Offenlegungsschriften nicht ausgeführt.

Allein das Patent DE 10 2009 013 631 B3 verweist auf eine gezielte Kaltumformung von TRIP/TWIP-Stahlguss. In dieser Patentschrift wird ein Verfahren zur Herstellung hochfester Formteile aus hochlegiertem Stahlguss beschrieben. Dabei wird ein endkonturnahes Rohteil mit enger Massetoleranz durch Gießen, vorzugsweise nach dem Fein-Druckguss- oder Squeeze Casting-Verfahren aus hochlegiertem Stahlguss mit TRIP/TWIP-Effekt hergestellt. Die Geometrie des gegossenen endkonturnahen Rohteiles weist nur wenig von der Geometrie des Fertigteils ab. Dieses Rohteil erfährt deshalb nur eine relativ geringe Kaltumformung unterhalb 200° C. Aufgrund der Kaltumformung verfestigt der Stahlguss und die endmaßnahen Formgussteile werden in Fertigteile überführt. Dies geschieht bevorzugt durch Gesenkformen, Fließpressen, Reck- und Querwalzen, Prägen oder Rundkneten. Für das Verfahren geeignet sind hochlegierte Stahlgusslegierungen auf der Basis CrNi-, CrMnNi und Mn- Stählen mit einem austenitischen oder austenitisch-martensitischem Gefüge mit einem Äquivalentwert W für die Stapelfehlerenergie des Austenits von kleiner 35 mJ/m 2 entsprechend der Beziehung. W [mJ/m 2 ] = 230 * %C - 54 * %N - 0,1 * %Cr + 2 * %Ni - 4 * %Si + 0,1 * %Mo - 1 * %Mn - 0,6 * %Co + 0,4 * %AI + 4 * %Cu + 3 * %Nb

Bei Erschöpfung des Kaltumformvermögens, ohne dass die erforderliche geringe Gesamtumformung im Fertigteil erreicht wird, ist ein Glühen oberhalb der Rekristallisationstemperatur vor der Kaltumformung vorteilhaft. Das hergestellte Fertigteil besteht aus relativ schwach kalt umgeformtem, verfestigtem Stahlguss und verfügt deshalb über eine relativ hohe Restzähigkeit. Die Bauteile weisen deshalb ein relativ hohes Energieabsorptionsvermögen auf und verfügen somit über eine hohe Crashreserve. Für austenitischen und austenitischen- martensitischen Stahlguss werden Zugfestigkeiten größer 500 bis 1600MPa erreicht. Die Einschnürung liegt bei 80 bis 50% und die dazugehörige Bruchdehnung zwischen 70 und 10%.

Nachteilig am Stand der Technik ist, dass das in DE 10 2009 013 631 B3 beschriebene Verfahren nur auf Formteile aus austenithaltigem Stahlguss mit einer Stapelfehlerenergie von kleiner 35mJ/m 2 anwendbar ist. Es kommen deshalb für dieses Verfahren nur austenithaltige Stähle mit relativ niedrigem Kohlenstoffgehalt in Betracht. Aufgrund des hohen Wirkfaktors für Kohlenstoff in der angegebenen Beziehung schließt der Fachmann, dass das Verfahren auf hochkohlenstoff- und hochmanganhaltige Stähle nicht anwendbar ist.

DE 10 2010 034 161 A1 offenbart ein Verfahren zur Herstellung von Werkstücken aus einem austenitischem Leichtbaustahl mit einem Kohlenstoffgehalt von 0,2 bis 1 ,0 %, einem Gehalt an Aluminium von 0,05 bis 15 %, einem Gehalt an Silizium von 0,05 bis 6,0 % und einem Mangangehalt von 9 bis 30 %. Der so geschmolzene Leichtbaustahl wird zunächst warmumgeformt. Die Herstellung von Bändern, Blechen oder Rohren umfasst dabei eine entkohlende Glühbehandlung unter oxidierender Atmosphäre.

Die durchgeführte Glühung dient der Entkohlung der Randschicht des Stahles. Während der Glühung entweicht der Kohlenstoff. Es stellt sich ein Konzentrationsgefälle an Kohlenstoff zwischen Mitte und Randbereich des Werkstücks ein. Die Folge ist, dass der ursprünglich stabile Austenit im Randbereich instabil bzw. metastabil wird. Dieser Austenit wandelt während der Abkühlung in Martensit um bzw. bleibt austenitisch. Der metastabile Austenit kann während einer Kaltumformung in Martensit umwandeln. Durch die Martensitbildung im Randbereich verfestigt die Randschicht und wird hart.

Im Ergebnis wird nach DE 10 2010 034 161 A1 ein Gradientenwerkstoff für eine Knetlegierung erzeugt, der aus einem Randbereich mit martensitischem Gefüge und einem Mittenbereich mit austenitischem Gefüge besteht. Aufgabe der Erfindung ist es, ein kostengünstiges Verfahren zur Herstellung eines Formteils aus hochkohlenstoff- und hochmanganhaltigem, austenitischem Stahlguss mit TWIP/TRIP- Eigenschaften und dessen Verwendung anzugeben.

Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch ein Verfahren zur Herstellung hochfester Formteile oder Halbzeuge aus austenitischem Stahlguss mit folgenden Schritten gelöst:

1 . Schmelzen eines austenitischen Stahlgusses mit folgender Zusammensetzung (in Masseprozent) einem Kohlenstoffgehalt von 0,4 bis 1 ,2%, bevorzugt 0,4 bis 0,8 % einem Mangangehalt von 12 bis 25%, bevorzugt 12 bis 20%; einem Phosphorgehalt von 0,01 bis 1 ,5%, bevorzugt 0,1 bis 1 ,0% einem Siliziumgehalt von <_3%, bevorzugt < 2%, besonders bevorzugt 0,3 bis 3%, ganz besonders bevorzugt 0,3 bis 2%, und einem Aluminiumgehalt von < 3%, bevorzugt < 0,1 %, besonders bevorzugt 0,01 bis 0,1 %, ganz besonders bevorzugt 0,1 bis 3%,

Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Stahlbegleitelemente,

2. Abgießen der Stahlschmelze in Formen oder als Halbzeug

3. Endfertigung der Gussteile durch Kaltumformung von mehr als 10% im Temperaturbereich unterhalb 200°C endgefertigt werden.

Das mit der erfindungsgemäßen Zusammensetzung erschmolzene austenitische Gussrohteil besitzt TRIP/TWIP-Eigenschaften.

TRIP/TWIP-Eigenschaft heißt, dass der Austenit des Stahlgusses während einer mechanischen Beanspruchung verformungsinduziert in ε- und/oder α'-Martensit umwandelt. Als Folge davon steigen das plastische Deformationsvermögen und die Zugfestigkeit an. Durch eine Zwillingsbildung (TWIP-Effekt) können diese Eigenschaftsänderungen noch verstärkt werden.

Austenitische Stähle sind hochlegierte Stähle. Sie weisen bei Raumtemperatur ein austeniti- sches Gefüge mit u. U. geringen δ-Ferritanteilen auf. Die Ms-Temperaturen für die α'- oder ε- Martensitbildungen liegen unterhalb Raumtemperatur. Als Stahlguss wird Stahl bezeichnet, der in Formen oder als Halbzeug gegossen wird. Man nutzt die vorteilhaften Eigenschaften des Werkstoffes Stahl und zugleich die gießtechnischen Vorteile bei der Bauteilgeometrie und Formgebung.

Erfindungsgemäß wird zunächst ein austenitisches Gussrohteil mit TRIP/TWIP- Eigenschaften durch Abkühlen einer hochkohlenstoff- und hochmanganhaltigen Schmelze mit einem Kohlenstoffgehalt von 0,4 bis 1 ,2%, einem Mangangehalt von 12 bis 25%, einem Phosphorgehalt von 0,01 bis 1 ,5%, bevorzugt 0,1 bis 1 ,0%, einem Siliziumgehalt von <_3%, bevorzugt < 2%, besonders bevorzugt 0,3 bis 3%, ganz besonders bevorzugt 0,3 bis 2%, einem Aluminiumgehalt von < 3%, bevorzugt < 0,1 %, besonders bevorzugt 0,01 bis 0,1 %, ganz besonders bevorzugt 0,1 bis 3%, Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Stahlbegleitelemente hergestellt wird (Gehaltsangaben jeweils in Masseprozent). Dieses Gussrohteil kann lokal bereits die Abmessungen des Fertigteils haben, in der Regel handelt es sich aber um ein endabmessungsnahes oder endabmessungsfernes Gussrohteil. Das Gussrohteil erfährt nachfolgend eine Kaltumformung von mindestens 10% unterhalb 200°C, vorzugsweise unterhalb 100 °C, besonders bevorzugt in der Nähe von Raumtemperatur. Vorteilhaft wird während der Kaltumformung gekühlt

Kaltumformung heißt dabei, dass das auf unter 200°C, vorzugsweise auf unter 100°C, besonders bevorzugt auf in der Nähe von Raumtemperatur abgekühlte gegossene Halbzeug oder Formteil vor oder während der Umformung nicht angewärmt wird, wobei Erwärmungen durch die Umformung selbst nicht als Anwärmen gelten. Erfindungsgemäß werden aber während der Kaltumformung die kaltumgeformten Halbzeuge oder Formteile gekühlt, d.h. eine Erwärmung der Gussteile wird während der Kaltumformung durch Kühlung oder durch schrittweise Kaltumformung mit anschließender Abkühlung auf Raumtemperatur eingeschränkt.

Bei einer entsprechend hohen Wiederbeanspruchung kaltumgeformter Gussteile in der Nähe von Raumtemperatur, ohne dass eine Rekristallisation oder Rückumwandlung des Umform- martensits in Austenit vorangegangen ist, können auf diese Weise extrem hohe Fließ- bzw. Dehngrenzen generiert werden. Bei sehr hohen Kaltumformungen sind die Fließ- bzw. Dehngrenzen nur geringfügig niedriger als die Zugfestigkeiten der Bauteile.

Die Raumtemperatur ist durch die Umgebungstemperatur der Luft festgelegt. Die Temperatur des verwendeten Mediums (Luft, Öl, Wasser), der die Teile bei der beginnenden Kaltumformung ausgesetzt sind, bestimmt die Anfangstemperatur bei der Umformung. Werden die Teile beispielsweise aus frischem Leitungswasser entnommen, so liegt diese Anfangstemperatur in der Regel etwas niedriger als Raumtemperatur. Diese Temperatur wird im Sinne des erfinderischen Verfahrens aber ebenfalls der Raumtemperatur für die Kaltumformung zugerechnet.

Der geschmolzene und in Formen oder als Halbzeug abgegossene, erfindungsgemäße aus- tenitische Stahlrohguss weist ein dendritisches Gussgefüge auf, das aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung TRIP/TWIP-Eigenschaften zeigt. Dieses Gussgefüge weist ein grobes Primärkorn, hohe Makro- und Mikroseigerungen und Dendriten auf. Wegen dieser Strukturmerkmale sind Gussgefüge eigentlich grundsätzlich rissanfällig und spröde und werden nicht kalt umgeformt bzw. sind für eine Kaltumformung ungeeignet bzw. nicht vorgesehen.

Neu ist, dass trotz dieser sehr ungünstigen Gussgefügeausbildung wider erwarten Gussteile kaltumformbar sind. Voraussetzung dafür ist, dass sie TRIP/TWIP-Eigenschaften aufweisen. Durch den TRI P/TW IP-Effekt werden diese Nachteile kompensiert bzw. in einen Vorteil verwandelt.

Zu diesem Zweck sind beim erfindungsgemäßen hochmanganhaltigen und hochkohlenstoffhaltigen Stahlguss die chemische Zusammensetzung und die Kaltumformbedingungen aufeinander abgestimmt.

Bisher gibt es kein Verfahren, in dem beschrieben wird, dass hochmanganhaltige und hochkohlenstoffhaltige Stahlgussrohteile durch eine Kaltumformung hochfest werden. Bei bisher bekannten Verfahren werden Rohgussteile warmumgeformt.

Als Kaltumformverfahren kommen herkömmliche Verfahren, wie z. B. Drücken, Stauchen, Recken, Walzen, Ziehen, Prägen, Kneten, Fließ-pressen, Pilgern, Gesenk- und Hochdruckumformen zur Anwendung. Ziel der Kaltumformung ist die Herstellung eines hochfesten Formteils oder Halbzeuges in seinen Endabmessungen durch einen oder mehrere Kaltumformschritte. Durch die Kaltumformung wird in das Gussrohteil Umformenergie eingebracht.

Das austenitische Gussformteil oder Halbzeug verformt sich bei der Kaltumformung plastisch. Während der plastischen Deformation wird der Austenit geschert. Durch die damit einhergehenden Vesetzungsbewegungen entstehen Gleitbänder und Stapelfehler. Intrinsische Stapelfehler sind Keime für den ε- und α'-Martensit und extrinsische Stapelfehler sind Keime für die Verformungszwillinge. Die sich bildenden Strukturfehler verursachen eine Zunahme der Plastizität. Es wird ein TRIP- oder/und TWIP-Effekt ausgelöst. Gleichzeitig stellen die gebildeten Strukturfehler Hindernisse für weitere Versetzungsbewegung beim Fortgang der Kaltumformung dar. Das Formteil verfestigt sich gleichzeitig. Es bricht selbst dann nicht, wenn hohe Kaltumformungen aufgebracht werden. Dieses Verhalten unterscheidet die erfinderisch gefertigten Formteile mit austenitischem TRIP/TWIP-Stahlguss grundsätzlich von herkömmlichen Formteilen aus austenitischem Stahlguss ohne TRIP/TWIP-Eigenschaften. Die Rissanfälligkeit der erfinderisch gefertigten Formteile wird durch den TRI P/TW IP-Effekt herabgesetzt. Verursacht wird ein solches Verhalten dadurch, dass an den Stellen, wo die höchsten Spannungen im Formteil bzw. im austenitischen Gefüge vorherrschen, der zu erwartende Riss nicht eintritt, sondern ausbleibt. An diesen Stellen bilden sich lokal Verformungsmartensit und/oder Verformungszwillinge, was mit einem Anstieg der Festigkeit einhergeht.

Ein solches Verhalten der Verzögerung der Rissbildung durch den TRI P/TW IP-Effekt hat Auswirkungen auf die Konstruktion und Geometrie der Gussteile. Scharfe Übergänge in der Geometrie von Gussteilen wirken in herkömmlichem Stahlguss rissfördernd und werden bei der Konstruktion vermieden. Bei den erfinderisch gefertigten Formteilen ist eine solche Vorgehensweise aus den genannten Gründen nicht zwingend erforderlich.

Darüber hinaus werden mit steigender Kaltumformung zunehmend vorhandene Mikrolunker und Poren geschlossen und die Oberflächen neu strukturiert und geglättet. Darüber hinaus wächst die Zahl der sich bildenden Strukturfehler, wodurch der TRI P/TW IP-Effekt zunimmt und die Festigkeits- und Zähigkeitseigenschaften steigen.

Nach einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens werden mehrere Kaltumformungen im Temperaturbereich unter 200°C durchgeführt und dabei die herkömmlichen Kaltumformverfahren, wie das Walzen, Kneten, Pilgern, Ziehen, Drücken und/oder Pressen angewendet. Die Kaltumformung schließt auch das mechanische Bearbeiten des Gusskörpers ein.

Vorteilhaft wird die Kaltumformung in mehreren Stichen bei oder oberhalb Raumtemperatur durchgeführt.

Die Kaltumformung in mehreren Umformschritten hat den Vorteil, dass sich der Stahl bei kleinen Umformschritten weniger stark erwärmt und nach jedem Umformschritt wieder abgekühlt werden kann. Dadurch erhöht sich in der Regel das Kaltumformvermögen insgesamt. Nach einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens nach Anspruch 4 wird vor der zweiten und jeder weiteren Kaltumformung vorteilhafterweise eine Rekristallisa- tionsglühung im Temperaturbereich von 600 bis 900°C mit anschließender Luft- oder Wasserabkühlung durchgeführt.

Ist das Endmaß des Fertigteiles noch nicht erreicht und das Kaltumformvermögen erschöpft, so wird eine Zwischenglühung in Form einer Rekristallisationsglühung durchgeführt. Voraussetzung für die Rekristallisation ist ein Kaltumformgrad von mindestens 10%.

Für die Rekristallisation wird das kaltumgeformte, vorgefertigte Gussteil auf eine Temperatur von 600 bis 900°C erhitzt, durchgewärmt und nachfolgend auf Raumtemperatur abgekühlt. Während der Aufheizung wandelt vorhandener ε- und α'-Verformungsmartensit in Austenit um. Darüber hinaus wird während der Rekristallisation das primäre grobe Gussgefüge in ein feindisperses Korngefüge überführt. Nach der Abkühlung des Formteils auf Raumtemperatur liegt ein feindisperses, austenitisches Korngefüge mit Zwillingen vor. Dieses austenitische Gefüge wird einer erneuten Kaltumformung auf einem erhöhten Festigkeitsniveau unterzogen. Die Prozedur„Kaltumformung-Rekristallisation-Kaltumformung" lässt sich so lange fortführen, bis ein Sättigungsgrad im Umformvermögen erreicht ist und der Bruch des Formteils eintritt.

Durch die Abstimmung der Kaltumformbedingungen für das Formteil auf die chemische Zusammensetzung des Stahles und damit die induzierten Gefügebildungsprozesse gelingt es, Formteile mit gleichzeitig hoher Festigkeit und noch ausreichend hoher Restzähigkeit herzustellen. Je nach Anwendungsfall können die Festigkeits- und Zähigkeitseigenschaften des Formteils entsprechend eingestellt werden. Dabei ist die Festigkeit umso höher, je höher der Kaltumformgrad und der Anteil an martensitischen Phasen und/oder Verformungszwillingen sind. Besonders festigkeitssteigernd wirkt α'-Verformungsmartensit. Auf diese Weise lassen sich Formteile mit hoher Festigkeit und niedriger Zähigkeit erzeugen, die bevorzugt Verschleißbeanspruchungen standhalten. Umgekehrt lassen sich auch Formteile mit erhöhten Zähigkeits- und niedrigeren Festigkeitseigenschaften erzeugen, die bevorzugt für Crashelemente verwendet werden. Die Anwesenheit von α'- oder/und ε-Abkühlmartensit im austeniti- schen Gussgefüge des Formteils ist zu vermeiden, weil dadurch das Kaltumformvermögen herabgesetzt wird und damit der erforderliche Mindestkaltumformgrad von 10% unter Umständen nicht erreicht wird. Die TRIP/TWIP-Eigenschaften des austenitischen Formteils werden genutzt, um die erforderliche Formänderung für das Fertigteil durch eine nachgestellte Kaltumformung von mindestens 10% mit oder ohne Rekristallisationsglühung aufzubringen. Die Plastizitätseffekte werden durch die Bildung von ε- und α'-Verformungsmartensit und/oder Verformungszwillingen ausgelöst. Es kommt zur Überlagerung von Gleitprozessen, Martensit- und/oder Zwillingsbildungen im plastischen Deformationsbereich des Austenits. Durch die Kaltumformung verfestigt das Formteil und wird poren- und mikrolunkerärmer. Darüber hinaus wird es hoch- und verschleißfest. Das Formfertigteil wird als Konstruktions-, Verschleiß- oder Crashelement verwendet.

Nach einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens nach Anspruch 6 wird vor der ersten Kaltumformung des Gussrohformteils oder Gussrohhalbzeuges ein Lösungsglühen im Temperaturbereich von 900 bis 1 100°C durchgeführt.

Das Lösungsglühen dient der Homogenisierung des austenitischen Gefüges. Dabei werden Seigerungen (Konzentrationsunterschiede an gelösten Elementen im Austenit) abgebaut. Die Seigerungen führen zu lokalen Unterschieden in der Austenitstabilität von dendritischen und interdendritischen Phasenräumen. Durch das Lösungsglühen werden diese Unterschiede reduziert, was eine gleichmäßige Martensitbildung unter Beanspruchungsbedingungen zur Folge hat.

Nach einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird das Gussrohteil in Teilbereichen mit Fertigmaß gegossen und die Kaltumformung nur partiell vorgenommen.

Eine partielle Kaltumformung des Gussteiles wird dann durchgeführt, wenn beispielsweise Bereiche mit erhöhter Festigkeit und Härte erforderlich sind. Beispiele dafür sind Oberflächen, Schneiden und Kanten des Gussteiles, die Verschleißbeanspruchungen ausgesetzt sind.

Überraschenderweise hat sich gezeigt, dass Formteile oder Halbzeuge aus Stahlguss mit (in Masseprozent) einem Kohlenstoffgehalt von 0,4 bis 1 ,2%, einem Mangangehalt von 12 bis 25%, einem Phosphorgehalt von 0,01 bis 1 ,5%, bevorzugt 0,1 bis 1 ,0%, einem Siliziumgehalt von <_3%, bevorzugt < 2%, besonders bevorzugt 0,3 bis 3%, ganz besonders bevorzugt 0,3 bis 2%, einem Aluminiumgehalt von < 3%, bevorzugt < 0,1 %, besonders bevorzugt 0,01 bis 0,1 %, ganz besonders bevorzugt 0,1 bis 3%, Rest Eisen und erschmelzungsbedingte Stahlbegleitelemente TRIP/TWIP-Eigenschaften zeigen und kaltumformbar sind. Wird die Stapelfehlerenergie des Austenits nach der bei DE 10 2009 013 631 B3 angegebenen Beziehung berechnet, so ergeben sich deutlich höhere Stapelfehlerenergien als 35 mJ/m 2 . Offensichtlich ist diese Beziehung für hochkohlenstoff- und hochmanganhaltige austenitische Stähle nicht zutreffend. Es hat sich nämlich gezeigt, dass Formteile, die aus diesem Stahl- guss gefertigt werden, ebenfalls einen TRI P/TW IP-Effekt zeigen und dadurch kaltumformbar werden. Ohne diese Plastizitätseffekte würden die Formteile bereits nach geringen Kaltumformungen reißen. Erst die Bildung von ε- und α'-Verformungsmartensit und/oder Verformungszwillingen im gleitverfestigtem Austenit ermöglicht eine Kaltumformung der vorgefertigten Gussteile durch herkömmliche Kaltumformverfahren. Dabei wirkt sich Lösungsglühen im Temperaturbereich von 900 bis 1 100°C mit anschließender Wasserabschreckung vor der ersten Kaltumformung positiv auf das Kaltumformvermögen aus, ist aber nicht zwingend. Eine Lösungsglühung erweist sich dann als vorteilhaft, wenn hohe Umformgrade oder komplizierte Geometrien realisiert werden sollen.

Während der Kaltumformung bleibt das primäre Gussgefüge des Formteils erhalten, insofern keine Rekristallisationsglühung zwischengeschaltet ist. Durch die Kaltumformung wird das vorgefertigte Formteil in die Endform gebracht und verfestigt. Bis zum Erreichen der Endform sind mehrere Zwischenformen des Formteils möglich. Ist das Kaltumformvermögen nahezu erschöpft, ohne dass die erforderliche Gesamtumformung im Fertigteil aufgebracht ist, so wird eine Rekristallisationsglühung im Temperaturbereich von 600 bis 900°C mit anschließender Luft- oder Wasserabkühlung vor jeder weiteren Kaltumformung erforderlich. Durch die Rekristallisationsglühung wird der gebildete ε- und α'-Verformungsmartensit in Austenit überführt. Darüber hinaus wird das kaltverfestigte, primäre Gussgefüge entfestigt und in ein sekundäres, homogeneres, feindisperses Korngefüge verwandelt. Der sich bildende Austenit hat eine höhere Versetzungsdichte als der ursprüngliche Austenit und ist folglich fester aber auch weniger zäh. Darüber hinaus weist der rekristallisierte Austenit TRIP/TWIP- Eigenschaften auf, die auf einem höheren Festigkeitsniveau zum Tragen kommen.

Die Kaltumformung der Formteile kann in mehreren Stichen erfolgen. Eine Rekristallisationsglühung zwischen den einzelnen Stichen ist nicht in jedem Fall zwingend. Sie ist lediglich bei der Realisierung von hohen Formänderungen angebracht. Der erforderliche Mindestkaltum- formgrad für die Auslösung einer Rekristallisation des Austenits beträgt mindestens 10%. Die Kaltumformungen werden bevorzugt in einem Temperaturbereich nahe Raumtemperatur aber immer unterhalb 200°C, bevorzugt unter 100°C durchgeführt.

Die Menge bzw. die Anzahl der gebildeten Strukturfehler (Gleitbänder, Verformungsmartensit und/oder Verformungszwillinge) im endgefertigtem Bauteil erhöht sich mit steigendem Endumformgrad. Die Versetzungsdichte nimmt zu und die Porosität ab. Mit steigendem Endumformgrad nehmen deshalb das Festigkeitsniveau, die Härte und der Verschleißwiderstand zu, während die Zähigkeitseigenschaften fallen. In Abhängigkeit von den Kaltumformbedingungen können endgefertigte Bauteile aus dem erfindungsgemäßen austenitischem Stahlguss eine 0,2%-Dehngrenze von ca. 370 bis 900MPa, eine Zugfestigkeit von ca. 800 bis 2100 MPa, eine Einschnürung von 70 bis 5% und eine Bruchdehnung von 60 bis 2% aufweisen.

Die Bestimmung der mechanischen Parameter der endgefertigten Bauteile erfolgt nach DIN 50 125 bzw. DIN 50 1 14. Die Härteprüfung erfolgt nach Vickers.

Überraschend ist, dass sich die ermittelten Festigkeits- und Zähigkeitseigenschaften von gegossenem und warmumgeformten Material des gleichen Stahls im lösungs- als auch kaltumgeformten Gefügezustand, sich trotz unterschiedlicher Ausgangsgefüge, nicht wesentlich unterscheiden. Der kaltumgeformte Gusszustand weist im Vergleich zum kaltumgeformten Gefügezustand nach der Warmumformung nur um ca. 5% niedrigere Festigkeits- und Zähigkeitseigenschaften auf.

Nach dem erfinderischen Verfahren hergestellte Formteile aus austenitischem Stahlguss können deshalb in vielen Fällen kaltumgeformte Bauteile des gleichen Stahles, die über die Schmiedetechnik hergestellt werden, ersetzen. Das erfindungsgemäße Verfahren ist materi- al- und energiesparend, weil jegliche Warmumformung wegfällt. Durch die Festigkeitssteigerung können gefertigte Formteile höhere Kräfte aufnehmen. Dadurch gelingt es, hochfeste Bauteile mit schlanken Abmessungen und komplizierten Geometrien herzustellen. Es kommen die Vorteile des Leichbaus zum Tragen. Die gefertigten Bauteile werden als Konstrukti- ons-, Verschleiß- oder Crashelement mit höchster Qualität eingesetzt.

Ausführungsbeispiel 1

Durch Sandguss wird ein Gussteil in Form einer Gussplatine mit einer Länge von 200 mm, einer Breite von 150 mm und einer Dicke von 5 mm aus einem austenitischen Stahl mit 0,42% C, 18,1 % Mn, 0,1 % P, 1 ,1 % Si und 0,05% AI hergestellt. Nach dem Abgießen und Erstarren wird die Gusshaut entfernt. Danach wird die Platine bei Raumtemperatur in einem Stich auf eine Dicke von 3,5 mm vorgewalzt. Dabei verfestigt sich das Material. Es bilden sich Gleitbänder, Stapelfehler und Zwillinge im Austenit. Der Stahlguss bleibt paramagnetisch, da kein α'-Martensit entstanden ist.

Die kalt umgeformte Platine wird nachfolgend einer Rekristallisationsglühung bei 700°C und 20 Minuten Haltezeit unterzogen und in Wasser auf RT abgekühlt. Der rekristallisierte Austenit weist eine höhere Versetzungsdichte und eine kleinere Korngröße auf als der Austenit im gegossenen Material. Darüber hinaus ist der Austenit homogener und poren- und mikrolun- kerärmer. Im rekristallisierten, entfestigten Austenit sind die ehemaligen Gleitbänder und Zwillingsstrukturen, die sich im kaltverfestigten Material gebildet haben, weitestgehend erhalten geblieben. Dabei sind die Verformungszwillinge zu Glühzwillingen geworden. Die erhöhte Versetzungsdichte des Austenits bewirkt einen Härteanstieg auf ca. das Doppelte des Gusszustands. Darüber hinaus sind die 0,2%-Dehngrenze und die Zugfestigkeit des rekristallisierten Austenits durch die Behandlung angestiegen. Im unverformten Zustand liegen die 0,2%- Dehngrenze bei 300 MPa und die Zugfestigkeit bei 810 MPa. Der rekristallisierte austeniti- sche Gefügezustand weist eine 0,2%-Dehngrenze von 370 MPa und eine Zugfestigkeit von 988 MPa auf. Damit einher geht eine Abnahme der Bruchdehnung von 60 auf 45%.

Die Platine mit rekristallisiertem Austenit wird nachfolgend bei Raumtemperatur ohne Zwischenerwärmung auf eine Dicke von 2,5 mm rissfrei kaltgewalzt und in seine Endform gebracht. Die Kaltumformung kann dabei in einem oder mehreren Schritten erfolgen. Von Bedeutung ist, dass das Formteil beim Umformen gekühlt wird. Der aufgebrachte gesamte Kaltumformgrad beträgt 50%. Das kaltumgeformte Fertigteil bleibt austenitisch. Im Austenit lassen sich Gleitbänder, Stapelfehler und Verformungszwillinge nachweisen. Durch die Kaltumformung erreicht das endgefertigte Formteil eine 0,2%-Dehngrenze von 733 MPa, eine Zugfestigkeit von 1420 MPa und eine Bruchdehnung von 22%. Die Härte HV10 liegt bei 620.

Ausführungsbeispiel 2

Durch Sandguss wird ein Gussteil in Form einer Gussplatine mit einer Länge von 80 mm, einer Breite von 40 mm und einer Dicke von 10 mm aus einem austenitischen Stahl mit 0,42% C, 18,1 % Mn, 0,1 % P, 1 ,1 % Si und 0,05% AI hergestellt. Nach dem Abgießen und Erstarren wird die Gusshaut entfernt. Danach wird die Platine in eine Werkzeugmatrize gelegt, die die Form einer abgestuften Schiene mit einer Gesamtlänge von 60 mm, einer Breite von 30 mm und über die Länge drei unterschiedliche Höhen von 5, 3 und 2 mm von jeweils 10 mm Länge aufweist. Unter einer 2000 Tonnen-Presse wurde die Platine in der Matrize bei RT zum Fertigteil unter Einsatz von Schmiermitteln kaltumgeformt. Zwischen den Umformschritten wurde keine Zwischenglühung durchgeführt. Die Umformung erfolgt bei Raumtemperatur mittels nur 3 Umformschritten. Im ersten Umformschritt erfolgt die Umformung von 10 auf 5 mm, im zweiten Umformschritt von 5 auf 3 mm und im dritten Umformschritt von 3 auf 2 mm Höhe. Zwischen den Umformschritten wurde das Bauteil mit Wasser gekühlt und auf nahezu Raumtemperatur abgekühlt.

Das gefertigte Bauteil weist im Bereich des höchsten Umformgrades neben Zwillingen einen α'-Martensitanteil von ca. 10% auf. Im restlichen Bauteil ist kein α'-Martensit vorhanden, jedoch Gleitbänder, Stapelfehler und Zwillinge im Austenit.

Durch die drei unterschiedlichen Umformgrade ist die Härte abgestuft. Die Härtewerte für die drei Endhöhen der Schiene betragen HV450, HV490 und HV575.