Login| Sign Up| Help| Contact|

Patent Searching and Data


Title:
METHOD FOR PRODUCING L-CYSTINE BY FERMENTATION UNDER CONTROLLED OXYGEN SATURATION
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2012/152664
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a method for producing L-cystine by fermenting a microorganism strain in a fermentation medium, in which method L-cystine is precipitated in an amount of at least 70% relative to the total cysteine, characterized in that the O2 saturation of the fermentation medium is kept at least at 1% and at most at 40 ± 3% during the formation of L-cystine.

Inventors:
DASSLER TOBIAS (DE)
REUTTER-MAIER ANNELIESE (DE)
SCHLOESSER THOMAS (DE)
Application Number:
PCT/EP2012/058175
Publication Date:
November 15, 2012
Filing Date:
May 04, 2012
Export Citation:
Click for automatic bibliography generation   Help
Assignee:
WACKER CHEMIE AG (DE)
DASSLER TOBIAS (DE)
REUTTER-MAIER ANNELIESE (DE)
SCHLOESSER THOMAS (DE)
International Classes:
C12P13/12
Domestic Patent References:
WO2004113373A12004-12-29
Foreign References:
EP0885962A11998-12-23
EP1496111A22005-01-12
US6218168B12001-04-17
US5972663A1999-10-26
US20040038352A12004-02-26
CA2386539A12001-04-19
US20090053778A12009-02-26
US20090226984A12009-09-10
EP0620853A11994-10-26
US20050009162A12005-01-13
US20050009162A12005-01-13
EP0931833A21999-07-28
EP1571223A22005-09-07
US20050221453A12005-10-06
EP1389427A12004-02-18
EP2138585A12009-12-30
US20090053778A12009-02-26
EP0235908A21987-09-09
Other References:
KUMON, S. ET AL.: "Simultaneous oxidative reaction crystallization of L-cystine from L-cysteine with enzyme reactions of DL-amino-thiazoline-carboxylic acid as feed material", FOOD AND BIOPRODUCTS PROCESSING: TRANSACTIONS OF THE INSTITUTION OF CHEMICAL ENGINEERS, vol. 72, no. 2, 1994, pages 86 - 90, XP008153052
KREDICH: "Escherichia coli and Salmonella: cellular and molecular biology", 1996, ASM PRESS, article "Biosynthesis of cysteine", pages: 514 - 527
NAKAMORI ET AL., APPL. ENV. MICROBIOL., vol. 64, 1998, pages 1607 - 1611
TAKAGI ET AL., FEBS LETT., vol. 452, 1999, pages 323 - 327
GAITONDE, M. K., BIOCHEM. J., vol. 104, 1967, pages 627 - 633
Attorney, Agent or Firm:
POTTEN, Holger et al. (DE)
Download PDF:
Claims:
Patentansprüche

1. Verfahren zur Herstellung von L-Cystin durch Fermentation eines Mikroorganismenstammes in einem Fermentationsmedium, bei dem L-Cystin in einer Menge von mindestens 70 % bezogen auf Gesamtcystein präzipitiert, dadurch gekennzeichnet, dass die 02-Sättigung des Fermentationsmediums während der L-Cystin-Bildung bei minimal 1 % und maximal 40 ±3 % gehalten wird.

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die 02-Sättigung während der L-Cystin-Bildung unter 30 +3 %, besonders bevorzugt unter 20 ±3 %, ganz besonders bevorzugt unter 10 +3 % gehalten wird.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass als Mikroorganismenstamm ein Vertreter aus der Familie der Enterobacteriaceae, besonders bevorzugt ein Vertreter der Gattungen Escherichia und Pantoea, ganz beson- ders bevorzugt ein Stamm der Spezies E. coli und P. anana- tis eingesetzt wird.

4. Verfahren nach Anspruch 3 dadurch gekennzeichnet, dass der Mikroorganismenstamm entweder eine Serin-O-Acetyl- Transferase besitzt, die im Vergleich zu dem entsprechenden Wildtypenzym eine um mindestens den Faktor 2 verminderte Feedback-Hemmung durch L-Cystein aufweist, oder dass der Mikroorganismenstamm durch Überexpres ion eines

Effluxgens einen um mindestens den Faktor 2 erhöhten Cys- tein-Export im Vergleich zu einem Wildtyp tamm aufweist.

5. Verfahren nach Anspruch 4 dadurch gekennzeichnet, dass der Mikroorganismenstamm zusätzlich eine 3 -Phosphoglycerat- Dehydrogenase mit einer im Vergleich zu dem entsprechenden Wildtypenzym um mindestens den Faktor 2 verminderten Feedback-Hemmung durch L-Serin aufweist.

6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5 dadurch gekemv zeichnet, dass der Sauerstoff durch Schütteln des Kulturgefäßes mittels einer Schüttelvorrichtung oder durch Ein- blasen von Luft oder reinem Sauerstoff oder einem Gemisch dieser Gase in das Fermentationsmedium eingebracht wird.

7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6 dadurch geken zeichnet, dass eine Kohlenstoffquelle dem Fermentationsme dium so zudosiert wird, dass der Gehalt der Kohlenstoff- quelle im Fermenter während der Cystein- roduktionsphase 10 g/1 nicht übersteigt.

8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7 dadurch gekenn zeichnet, dass die Inkubationstemperatur 15 - 45 °C, besonders bevorzugt 30 - 37 °C beträgt und der pH-Wert des Fermentationsmediums während der Fermentation bei einem pH-Wert im Bereich von 5,0 bis 8,5, besonders bevorzugt bei einem pH-Wert von 7,0 liegt.

9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8 dadurch gekenn zeichnet, dass während der Fermentation eine Schwefelquel le, bevorzugt ein Sulfat oder ein Thiosulfat zugefüttert wird.

Description:
VERFAHREN ZUR F ERMENTATIVEN HERSTELLUNG

VON L - CYSTIN BEI KONTROLLIERTER

SAUERSTOFFSÄTTIGUNG

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur fermentativen Produktion von L-Cystin.

L-Cystin ist ein Disulfid, das bei der Oxidation von zwei Molekülen L-Cystein entsteht. Diese Reaktion ist reversibel, was bedeutet, dass L-Cystin durch Reduktion wieder in L-Cystein überführt werden kann.

Die Aminosäure L-Cystein ist von wirtschaftlicher Bedeutung. Sie wird beispielsweise als Lebensmittelzusatzstoff (insbesondere in der Backmittelindustrie) , als Einsatzstoff in der Kosmetik, sowie als Ausgangsprodukt für die Herstellung von Phar- mawirksto fen (insbesondere N-Acetyl-Cystein und S-Carboxy™ Methyl-Cystein) verwendet.

L-Cystein nimmt in allen Organismen eine Schlüsselposition im Schwefelmetabolismus ein und wird in der Synthese von Protei- nen, Glutathion, Biotin, Liponsäure, Methionin und anderen schwefelhaltigen Metaboliten verwendet. Zudem dient L-Cystein als Vorläufer für die Biosynthese von Coenzym A. Die Biosynthese von L-Cystein wurde in Bakterien, insbesondere in

Enterobakterien, detailliert untersucht und ist ausführlich in Kredich {1996, Biosynthesis of cysteine, p. 514-527. In F. C. Neidhardt, R. Curtiss III, J. L. Ingraham, E. C. C. Lin, K. B. Low, B. Magasanik, . S. Reznikoff, M. Riley, M. Schaechter, and H. E. Umbarger (ed.), Escherichia coli and Salmonella: cellular and molecular biology, 2nd ed. ASM Press, Washington, D.C.) beschrieben.

Neben der klassischen Gewinnung von L-Cystein mittels Extraktion aus keratinhaltigem Material wie Haaren, Borsten, Hörnern, Hufen und Federn oder mittels Biotransformation durch enzymatische Umsetzung von Vorstufen wurde vor einigen J hren auch ein Verfahren zur fermentativen Herstellung von L-Cystein entwickelt. Der Stand der Technik bezüglich der fermentativen Gewinnung von L-Cystein mit Mikroorganismen ist ausführlich Z.B. in US6218168B1, US5972663A, US2004/0038352A1 , CA2386539A1, US2009/0053778A1 und OS2009/0226984A1 beschrieben. Als bakterielle Wirtsorganismen werden dabei u.a. Stämme der Gattung Corynebakterium sowie Vertreter aus der Familie der Enterobacteriaceae, wie z.B. Escherichia coli oder Pantoea ananatis verwendet.

Neben der klassischen Vorgehenswei e, um durch Mutation und Selektion zu verbesserten L-Cystein-Produzenten zu gelangen, wurden auch gezielt genetische Veränderungen an den Stämmen vorgenommen, um eine effektive L- Cystein-Überproduktion zu erreichen.

So führte das Einbringen eines cysE-Allels, das für eine Se- rin-O-Acetyl-Transferase mit einer verminderten Feedback- Hemmung durch L-Cystein kodiert, zu einer Steigerung der Cys- tein- Produktion (US6218168B1 ; Nakamori et al . , 1998, Ap l . Env. Microbiol. 64: 1607-1611; Takagi et al . , 1999, FEBS Lett. 452: 323-327). Durch ein feedback-resistentes CysE-Enzym wird die Bildung von O-Acetyl-L-Serin, der direkten Vorstufe von L- Cystein, weitgehend vom L-Cystein-Spiegel der Zelle entkoppelt .

O-Acetyl-L-Serin wird aus L-Serin und Acetyl-CoA gebildet. Da- her ist die Bereitstellung von L-Serin in ausreichender Menge für die L-Cystein- roduktion von großer Bedeutung. Dies kann durch das Einbringen eines serA-Allels, das für eine 3- Phosphoglycerat -Dehydrogenase mit einer verminderten Feedback- Hemmbarkeit durch L-Serin kodiert, erreicht werden. Dadurch wird die Bildung von 3-Hydroxypyruvat , einer Vorstufe von L- Serin, weitgehend vom L-Serin-Spiegel der Zelle entkoppelt. Beispiele für derartige SerA-Enzyme sind in EP0620853, US 2005/0009162 AI, US2005009162A2 und EP0931833 beschrieben. Darüber hinaus ist bekannt, dass die L-Cystein-Ausbeute in der Fermentation dadurch erhöht werden kann, dass Gene abgeschwächt oder zerstört werden, die für L-Cystein-abbauende En- zyme kodieren, wie z.B. die Tryptophanase TnaA oder die Cysta- thionine-ß-Lyasen alY oder MetC (EP1571223) .

Die Steigerung des Transports von L-Cystein aus der Zelle ist eine weitere Möglichkeit, um die Produkt-Ausbeute im Medium zu erhöhen. Dies kann durch Überexpression sogenannter Efflux- Gene erreicht werden. Diese Gene kodieren für membrangebundene Proteine, die den Export von L-Cystein aus der Zelle vermitteln. Verschiedene Effluxgene für den L-Cystein-Export wurden beschrieben {US5972663A, US20D4/0038352A1 , US2005221453 , WO2004113373} .

Der Export von L-Cystein aus der Zelle in das Fermentationsmedium hat mehrere Vorteile:

1) L-Cystein wird kontinuierlich aus dem intrazellulären Reaktionsgleichgewicht entzogen mit der Folge, dass der Spiegel dieser Aminosäure in der Zelle niedrig gehalten wird und somit die Feedback-Inhibiton von sensitiven Enzymen durch L-Cystein unterbleibt:

(1) L-Cystein (intrazellulär) ±5 L-Cystein (Medium)

2) Das in das Medium ausgeschiedene L-Cystein wird in Gegenwart von Sauerstoff, der während der Kultivierung in das Medium eingebracht wird, zum Disulfid L-Cystin oxidiert (US5972663A) :

(2) 2 L-Cystein + 1/2 0 2 £» L-Cystin + H 2 0

Da die Löslichkeit von L-Cystin in wässriger Lösung bei einem neutralen pH-Wert v.a. im Vergleich zu L-Cystein nur sehr gering ist, fällt das Disulfid schon bei einer niedrigen Konzentration aus und bildet einen weißen Niederschlag: (3) L-Cystin (gelöst) ^ L-Cystin (Niederschlag)

Durch die Präzipitation von L-Cystin wird der Spiegel des im Medium gelösten Produkts abgesenkt, wodurch auch jeweils das Reaktionsgleichgewicht von (1) und (2) auf die Produktseite gezogen wird.

3) Der technische Aufwand für die Reinigung des Produkts ist bedeutend geringer, wenn die Aminosäure direkt aus dem Fermentationsmedium gewonnen werden kann, als wenn das Produkt intrazellulär akkumuliert und zuerst ein ZellaufSchluß erfolgen rauss.

Fakultativ anaerobe Bakterien, wie z.B. E. coli oder P. anana- tis, wachsen besser unter aeroben Bedingungen, d.h. in Gegenwart von Sauerstoff, da sie über den aeroben Stoffwechsel mehr Energie aus Kohlenhydraten wie z.B. Glucose gewinnen können, als durch die Vergärung (anaerober Metabolismus) der jeweiligen Energiequelle.

Auch die L-Cystein-Produktion mit E. coli oder P, ananatis wird unter aeroben Bedingungen durchgeführt (US2004/0038352A1 , US5972663A, CA2386539A1, EP1389427, EP2138585) . Bei den detaillierter beschriebenen Verfahren ist offenbart, dass der Sauerstoff -Eintrag in die Kultur so eingestellt wird, dass die Kulturbrühe während der Fermentation einen Sauerstoff-Gehalt von 50% aufweist.

Ein Nachteil bei den beschriebenen Verfahren zur fermentativen L-Cystein-Produktion ist, dass die Aminosäure in der Kulturbrühe in verschiedenen Formen vorliegt. Neben dem präzipitierten L-Cystin im Niederschlag findet man im Kulturüberstand L- Cystin in gelöster Form sowie L~Cystein und auch ein Thiazoli- din (US6218168B1, US5972663A, CA2386539A1) . Dieses Thiazolidin { 2 -Methyl -thiazolidin- 2, -dicarbonsäure) stellt das Kondensationsprodukt aus L-Cystein und Pyruvat dar, das in einer rein chemischen Reaktion gebildet wird.

Unter dem Begriff „ Gesamtcystein" werden im Rahmen dieser Er- findung L-Cystein und die daraus gebildeten Verbindungen L-

Cys in und Thiazolidin, die während der Fermentation entstehen und im Kulturüberstand und im Niederschlag akkumulieren, zu- sammengefasst . Bei den bekannten Verfahren variiert am Ende der Fermentation der Anteil des präzipitierten L-Cystins. Dieser liegt zwischen 40-66% (US5972663A, CA2386539A1) des Gesamtcysteins , was bedeutet, dass die restlichen 34-60% des Gesamtcysteins im Kul- turüberstand vorliegen und zwar überwiegend in Form von L- Cystein und Thiazolidin. Diese Produktheterogenität erschwert die Gewinnung und Reinigung des Produkts aus der Kulturbrühe. Daher ist ein Verfahren wünschenswert, bei dem das Endprodukt größtenteils in nur einer Form anfällt. Besonders günstig ist ein Verfahren, bei dem als Produkt vorwiegend L-Cystin entsteht, denn aufgrund seiner geringen Löslichkeit in einem pH- neutralen wässrigen Medium fällt L-Cystin schon bei einer niedrigen Konzentration aus, wodurch das Reaktionsgleichgewicht auf die Produktseite verlagert wird, was wiederum zu höheren Produktausbeuten führt .

Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es demnach, ein Verfah- ren zur Herstellung von L-Cystin mittels Fermentation eines

Mikroorganismenstammes in einem Fermentationsmedium zur Verfügung zu stellen, bei dem L-Cystin in einer Menge von mindestens 70 % bezogen auf das gebildete Gesamtcystein präzipitiert .

Die Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass die 0 2 -Sättigung des Fermentationsmediums während der L-Cystin-Bildung bei minimal 1 % und maximal 40 +3 % gehalten wird.

Die 0 2 -Sättigung des Mediums ist definiert als prozentualer Anteil der gelösten Sauerstoff-Menge an der maximal löslichen Sauerstoff -Menge unter den gegebenen Bedingungen. Überraschenderweise zeigte sich, dass der präzipitierte L-

Cystin-Anteil am Gesamtcystein in der Kulturbrühe am Ende der Fermentation bei mindestens 70 % (Gewicht pro Liter präzipitiertes L-Cystin zu Gewicht pro Liter Gesamtcystein) liegt, wenn die 0 2 -Sättigung in diesem niedrigen Bereich gehalten wird. Dieser Befund ist besonders deshalb erstaunlich, da in

EP1389427 beschrieben wird, dass ein hoher L-Cystin-Anteil gerade dadurch erreicht werden kann, dass ein Oxidationsmittel , z.B. in Form von Sauerstoff oder Wasserstoffperoxid, verstärkt in die Kultur eingebracht wird.

Das erfindungsgemäße Verfahren ist auch deshalb sehr vorteil - haft, da die Reinigung des Produkts leicht möglich ist, denn das als Präzipitat vorliegende L-Cystin kann durch einen einfachen Dekanterschritt von den Zellen abgetrennt werden.

Die Cystin-Bildungsphase des erfindungsgemäßen Fermentations- Verfahrens beginnt mit dem Zeitpunkt, ab dem erstmals L-Cystin als Niederschlag in der Kulturbrühe nachgewiesen werden kann und dauert bis zum Ende der Kultivierung an. Typischerweise beginnt diese Phase ca. 8-10 h nach Inokulation des Produktionsfermenters .

Als Mikroorganismen für das erfindungsgemäße Verfahren können alle im Stand der Technik beschriebenen Cystein-produzierenden Stämme eingesetzt werden. Derartige Stämme sind beispielsweise offenbart in US6218168B1, US5972663A, US2004/0038352A1 ,

CA2386539A1, US2009/0053778 oder EP2138585.

Als Mikroorganismen bevorzugt sind Vertreter aus der Familie der Enterobacteriaceae , besonders bevorzugt Vertreter der Gattungen Escherichia und Pantoea, ganz besonders bevorzugt sind Stämme der Spezies E. coli und P. ananatis .

Von diesen Mikroorganismenstämmen sind wiederum Stämme bevorzugt, die entweder eine veränderte Serin-O-Acetyl-Transferase besitzen, die im Vergleich zu dem entsprechenden Wildtypenzym eine um mindestens den Faktor 2 verminderte Feedback-Hemmung durch L-Cystein aufweist, oder die durch Überexpression eines Effluxgens einen um mindestens den Faktor 2 erhöhten Cystein- Export aus der Zelle im Vergleich zu einer Wildtypzelle aufweisen. Besonders bevorzugte Mikroorganismenstämme besitzen sowohl eine Serin-O-Acetyl-Transferase, die im Vergleich zu dem entsprechenden Wildtypenzym eine um mindestens den Faktor 2 verminderte Feedback-Hemmung durch L-Cystein aufweist, als auch einen durch Überexpression eines Effluxgens um mindestens den Faktor 2 erhöhten Cystein-Export aus der Zelle im Vergleich zu einer Wildtypzelle. Derartige Stämme sind beispielsweise aus US6218168B1 und US5972663A bekannt. Ganz besonders bevorzugte Stämme sind solche, die zusätzlich eine veränderte 3 -Phosphoglycerat-Dehydrogenase mit einer im Vergleich zu dem entsprechenden Wildtypenzym um mindestens den Faktor 2 verminderten Feedback-Hemmung durch L-Serin besitzen (US

2005/0009162A1, US2005009162A2) und bei denen mindestens ein L-Cystein-abbauendes Enzym soweit abgeschwächt ist, dass in der Zelle nur noch maximal 50 % dieser Enzym-Aktivität im Vergleich zu einer Wildtypzelle vorhanden ist.

Bevorzugte Varianten der Serin-O-Acetyl-Transferase weisen im Vergleich zu dem entsprechenden Wildtypenzym eine um mindes- tens den Faktor 5, besonders bevorzugt um mindestens den Faktor 10, ganz besonders bevorzugt um mindestens den Faktor 50 verminderte Feedback-Hemmung durch L-Cystein auf.

Das Effluxgen stammt vorzugsweise aus der Gruppe ydeD (siehe US5972663A} , yfiK (siehe US2004/0038352A1) , cydDC (siehe

WO2004113373) , bcr (siehe US2005221453 ) und emrAB (siehe

US2005221453) von E. coli oder dem entsprechend homologen Gen aus einem anderen Mikroorganismus. Unter einem homologen Gen ist zu verstehen, dass die Sequenz dieses Gens zu mindestens 80 % mit der DNA-Sequenz des entsprechenden E. coli-Gens übereinstimmt .

Die Oberexpression eines Effluxgens führt im Vergleich zu einer Wildtypzelle bevorzugt zu einem um mindestens den Faktor 5, besonders bevorzugt um mindestens den Faktor 10, besonders bevorzugt um mindestens den Faktor 20 erhöhten Cystein-Export aus der Zelle.

Bevorzugte Varianten der 3 -Phosphoglycerat-Dehydrogenase wei- sen im Vergleich zu dem entsprechenden Wildtypenzym eine um mindestens den Faktor 5, besonders bevorzugt um mindestens den Faktor 10, ganz besonders bevorzugt um mindestens den Faktor 50 verminderte Feedback-Hemmung durch L-Serin auf. Das L-Cystein-abbauende Enzym stammt vorzugsweise aus der Gruppe Tryptophanase (TnaA) und Cystathionine-ß-Lyase ( alY, MetC)■

Besonders bevorzugt sind Mikroorganismenstämme, in denen mindestens eines dieser Enzyme soweit abgeschwächt ist, dass in der Zelle nur noch maximal 10 % der Enzym-Aktivität im Vergleich zu einem Wildtypstamm vorhanden ist. Ganz besonders be~ vorzugt sind Stämme, in denen mindestens eines dieser Enzyme völlig inaktiviert ist.

Die Kultivierung der Zellen bei der L-Cystein-Produktion wird unter aeroben Wachstumsbedingungen durchgeführt. Der Sauer- stoff kann auf unterschiedliche Weise in die Kultur eingebracht werden, so z.B. durch Schütteln des Kulturgefäßes mittels einer Schüttelvorrichtung. Erfolgt die Kultivierung in einem Fermenter, kann entweder Luft oder reiner Sauerstoff o- der ein Gemisch dieser Gase in die Kultur geblasen werden, üm eine ausreichende Sauerstoff-Versorgung der Zellen zu gewährleisten, kann die Fermentation auch unter Druck erfolgen (z.B. bei 0,5-1,2 bar Überdruck), wodurch die Löslichkeit von Sauerstoff im Medium gesteigert wird. Bei einem Rührkesselfermenter wird der eingebrachte Sauerstoff zusätzlich durch ein Rührwerk im Medium dispergiert, wodurch die Verfügbarkeit des Sauerstoffs für die Zellen erhöht wird.

Vorzugsweise wird während der Fermentation der im Medium gelöste Sauerstoff ständig mittels einer Sonde gemessen. Dies kann z.B. mit einem optischen Sensor oder einem chemischen

Sensor {Clark-Zelle) erfolgen. Die ermittelte 0 2 -Sättigung des Mediums wird laufend mit dem vorgegebenen Soll-Wert abgeglichen. Weicht der Ist-Wert vom Soll-Wert ab, wird über einen automatischen Regelkreis entweder die Gaszufuhr oder die Rühr- geschwindigkeit oder beides derart angepasst, dass die 0 2 - Sättigung wieder an den Soll-Wert herangeführt wird. Auf diese Weise kann der Sauerstoff-Gehalt in der Kultur über die gesam- te Fermentationsdauer bei einem gewünschten Wert gehalten werden.

Die Sauerstoff-Meßsonde wird vor Beginn der Fermentation auf die Grenzwerte 0% und 100% 0 2 -Sättigung im noch unbeimpften

Medium kalibriert. Dies geschieht sinnvollerweise bei der späteren Fermentationstemperatur.

Bevor die Sonde auf 0% 0 2 -Sättigung kalibriert werden kann, muss zuerst der gesamte noch vorhandene Sauerstoff aus dem Medium ausgetrieben werden. Dies geschieht automatisch bei der in si tu-Sterilisation des Fermentationsmediums im Fermenter oder kann durch Begasung des Mediums mit reinem Stickstoff bei einer Rührgeschwindigkeit von 20 % der maximal möglichen Rühr- geschwindigkeit erfolgen. Die Kalibrierung der Sonde auf 100% 0 2 -Sättigung erfolgt in der Regel unter den Sauerstoff- Versorgungsbedingungen, wie sie bei Beginn der Fermentation vorliegen (Startbedingungen) , d.h. bei 40 % der maximal möglichen Gaszufuhr und bei 20 % der maximal möglichen Rührge- schwindigkeit . Die Kalibrierung der Sonde auf 100% erfolgt erst dann, wenn der Sauerstoff-Gehalt unter den gewählten Bedingungen einen konstanten Wert erreicht hat.

Der Sauerstoff-Gehalt während der Produktionsphase der L- Cystin-Fermentation muss unter 40 ±3 % 0 2 -Sättigung, bevorzugt unter 30 +3 %, besonders bevorzugt unter 20 +3 %, ganz besonders bevorzugt unter 10 ±3 % gehalten werden.

Als Kohlenstoffquelle dienen vorzugsweise Zucker, Zuckeralko- hole, organische Säuren oder zuckerhaltige Pflanzenhydrolysa- te. Besonders bevorzugt werden im erfindungsgemäßen Verfahren als Kohlenstoffquelle Glucose, Fructose, Lactose, Glycerin o- der Gemische, die zwei oder mehr dieser Verbindungen enthalten, eingesetzt.

Bevorzugt wird die Kohlenstoffquelle der Kultur so zudosiert, dass der Gehalt der Kohlenstoffquelle im Fermenter während der Cystin-Produktionsphase 10 g/1 nicht übersteigt. Bevorzugt ist eine maximale Konzentration von 2 g/1, besonders bevorzugt von 0,5 g/1, ganz besonders bevorzugt von 0,1 g/1.

Als N-Quelle werden im erfindung gemäßen Verfahren vorzugswei- se Ammoniak, Ammoniumsalze oder Proteinhydrolysate verwendet. Bei Verwendung von Ammoniak als Korrekturmittel zur pH- Statisierung wird während der Fermentation regelmäßig diese N~ Quelle nachdosiert. Als weitere Medienzusätze können Salze der Elemente Phosphor, Chlor, Natrium, Magnesium, Stickstoff, Kalium, Calcium, Eisen und in Spuren {d.h. in μΜ Konzentrationen) Salze der Elemente Molybdän, Bor, Kobalt, Mangan, Zink und Nickel zugesetzt werden.

Des Weiteren können organische Säuren (z.B. Acetat, Citrat) , Aminosäuren (z.B. Isoleucin) und Vitamine (z.B. Bl, B6} dem Medium zugesetzt werden. Als komplexe Nährstoffquellen können z.B. Hefeextrakt, Maisquellwasser, Sojamehl oder Malzextrakt zum Einsatz kommen.

Die Inkubationstemperatur für mesophile Mikroorganismen wie z.B. E. coli oder P. ananatis beträgt vorzugsweise 15 - 45 °C, besonders bevorzugt 30 - 37 °C.

Der pH-Wert des Fermentationsmediums liegt während der Fermentation bevorzugt im pH-Bereich von 5,0 bis 8,5, besonders bevorzugt ist ein pH-Wert von 7,0.

Für die Herstellung von L-Cystein und L-Cystein-Derivaten muss während der Fermentation eine Schwefelquelle zugefüttert werden. Bevorzugt kommen dabei Sulfate oder Thiosulfate zum Einsatz .

Mikroorganismen, die nach dem beschriebenen Verfahren fermentiert werden, sezernieren in einem Batch- oder Fedbatch- Prozess nach einer Anwachsphase in einem Zeitraum von acht bis II

150 Stunden L-Cystein und davon abgeleitete Verbindungen in hoher Effizienz in das Fermentationsmedium.

Nach der Fermentation kann das als Niederschlag vorliegende L- Cystin nach bekannten Verfahren von den restlichen Bestandteilen der Kulturbrühe beispielsweise mit Hilfe eines Dekanters abgetrennt werden.

Zur weiteren Aufreinigung des Rohprodukts können folgende Schritte durchgeführt werden.*

- Lösen des Rohproduktes mit einer Mineralsäure

- Klären der Rohproduk lösung durch Zentrifugation oder Filtration

- Entfärbung der Lösung

- Fällungskristallisation

Die Reduktion von L-Cystin zu L-Cystein kann beispielsweise über einen elektrochemischen Prozess, wie in EP0235908 beschrieben, erfolgen.

Die folgenden Beispiele dienen der weiteren Erläuterung der Erfindung .

Beispiel 1: Erzeugung von Cystein-Produktionsstäitimen

Es wurden die Wildty -Stämme E. coli W3110 (ATCC 27325) und P. ananatis (ATCC 11530) jeweils mit dem Plasmid

pACYC184/cysEX-GAPDH-ORF306 (offenbart in Beispiel 2 von

US5972663A) mittels Elektroporation wie in US5972663A beschrieben -transformiert. Das Plasmid pACYC184/cysEX-GAPDH- ORF306 enthält neben dem Replikationsursprung und einem Tetra- cyclin-Resistenzgen auch noch das cysEX-Allel, das für eine Serin-O-Acetyl-Transferase mit einer verminderten Feedback- Hemmung durch L-Cystein kodiert sowie das Effluxgen ydeD

(ORF306) , dessen Expression durch den konstitutiven GAPDH- Promotor gesteuert wird.

Die Selektion auf Plasmid-tragende Zellen erfolgte auf LB- Agarplatten, die 15 mg/1 Tetracyclin enthielten. Nach einer erneuten Plasmidisolierung mittels dem QIAprep Spin Plasmid Kit (Qiagen GmbH) und einer Restriktionsanalyse wurden die gewünschten Transformanden, d.h. Zellen, die das Plasmid pACYC184/cysEX~GAPDH-ORF306 aufgenommen haben, isoliert und in der Fermentation eingesetzt, wie dies in Beispiel 2 beschrieben ist.

Beispiel 2 : Kultivierung der Cystein-Produktionsstamme bei unterschiedlicher Sauerstof -Sättigung

Vorkultur 1 (Schüttelkolben) :

20 ml LB~Medium mit 15 mg/1 Tetracyclin wurden in einem Erlen- meyerkolben (100 ml) mit dem jeweiligen Stamm (E. coli W3110 pACYC184/cysEX-GAPDH~ORF306 bzw. P. ananatis pACYC184/cysEX~ GAPDH-ORF306 ) beimpft und für sieben Stunden auf einem Schütt- 1er (150 rpm, 30 °C) inkubiert.

Vorkultur 2 (Schüttelkolben} :

Anschließend wurde die Vorkultur 1 vollständig in 100 ml SM1- Medium überführt (12 g/1 K 2 HP0 4 , 3 g/1 KH 2 P0 4 , 5 g/1 (NH 4 ) 2 S0 4 , 0,3 g/1 MgS0 4 x 7 H 2 0, 0,015 g/1 CaCl 2 x 2 H 2 0, 0,002 g/1 FeS0 4 x 7 H 2 0, 1 g/1 Na 3 Citrat x 2 H 2 0, 0,1 g/1 NaCl , 1 ml/1 Spurenelementlösung, bestehend aus 0,15 g/1 Na 2 Mo0 4 x 2H 2 0, 2,5 g/1 H 3 B0 3 , 0,7 g/1 CoCl 2 x 6 H 2 0, 0,25 g/1 CuS0 4 x 5 H 2 0, 1,6 g/1 MnCl 2 x 4 H 2 0, 0,3 g/1 ZnS0 4 x 7 H 2 0) , das mit 5 g/1 Glucose, 5 mg/1 Vitamin Bl und 15 mg/1 Tetracyclin supplementiert war. Die Kulturen wurden in Erlenmeyerkolben (1 1} bei 30 °C für 17 h mit 150 rpm geschüttelt. Nach dieser Inkubation lag die optische Dichte bei 600 nm (OD 60 o) zwischen 3 und 5. Hauptkultur (Fermenter) :

Die Fermentation wurde in Fermentern des Typs BIOSTAT B der Firma Sartorius Stedim durchgeführt. Es wurde ein Kulturgefäß mit 2 1 Gesamtvolumen verwendet. Das Fermentationsmedium (900 ml) enthält 15 g/1 Glucose, 10 g/1 Trypton (Difco) , 5 g/1 He- feextrakt (Difco), 5 g/1 (NH 4 ) 2 S0 4 , 1,5 g/1 KH 2 P0 4 , 0,5 g/1

NaCl, 0,3 g/1 MgS0 4 x 7 H 2 0, 0,015 g/1 CaCl 2 x 2 H 2 0, 0,075 g/1 FeS0 4 x 7 H 2 0, 1 g/1 Na 3 Ci rat x 2 H 2 0 und 1 ml Spurenelement- lösung (siehe oben), 0,005 g/1 Vitamin Bl und 15 mg/1 Tetracyclin.

Der pH-Wert im Fermenter wurde zu Beginn durch Zupumpen einer 25% NH 4 OH-Lösung auf 7,0 eingestellt. Während der Fermentation wurde der pH-Wert durch automatische Korrektur mit 25% NH 4 OH auf einem Wert von 7,0 gehalten. Zum Animpfen wurden 100 ml der Vorkultur 2 in das Fermentergefäß gepumpt. Das Anfangsvolumen betrug somit etwa 1 1. Die Kulturen wurden zu Beginn mit 400 rpm gerührt und mit 2 vvm einer über einen Sterilfilter entkeimten Druckluft begast. Unter diesen Startbedingungen war die Sauerstoff-Sonde vor der Inokulation auf 100% Sättigung kalibriert worden. Der Soll -Wert für die 0 2 -Sättigung während der Fermentation wurde - je nach Versuchsansät z - auf 50 + 5%, 40 ± 5%, 30 ± 5%, 20 + 5% oder 10 ± 5% eingestellt. Nach Ab- sinken der 0 2 -Sättigung unter den jeweiligen Soll-Wert wurde eine Regulat onskaskade gestartet, um die 0 2 -Sättigung wieder an den Soll-Wert heranzuführen. Dabei wurde zunächst die Gaszufuhr kontinuierlich erhöht (auf max, 5 vvm) und anschließend die Rührgeschwindigkeit (auf max. 1.500 rpm) kontinuierlich gesteigert.

Die Fermentation wurde bei einer Temperatur von 30 °C durchgeführt. Nach 2 h Fermentationszeit erfolgte die Zufütterung einer Schwefelquelle in Form einer sterilen 60 % Natrium- Thiosulfat x 5 H 2 0 - Stammlösung mit einer Rate von 1,5 ml pro Stunde. Sobald der Glukose-Gehalt im Fermenter von anfänglich 15 g/1 auf ca. 2 g/1 abgesunken war, erfolgte eine kontinuierliche Zudosierung einer 56% Glukose-Lösung . Die Fütterungsrate wurde so eingestellt, dass die Glukosekonzentration im Fermenter 2 g/1 fortan nicht mehr überstieg. Die Glukose-Bestimmung wurde mit einem Glukoseanalysator der Firma YSI (Yellow

Springs, Ohio, USA) durchgeführt.

Die Fermentationsdauer betrug 48 Stunden. Danach wurden Proben entnommen und der Gehalt von L-Cystein und den davon abgeleiteten Derivaten im Kulturüberstand {v.a. L-Cystein und Thiazo- lidin) und im Niederschlag (L-Cystin) jeweils getrennt voneinander bestimmt {s. Tabelle 1). Zu diesem Zweck wurde jeweils der colorimetrische Test von Gaitonde verwendet (Gaitonde, . K. (1967), Biochem. J. 104, 627-633). Dabei ist zu beachten, daß unter den stark sauren Reaktionsbedingungen des Tests nicht nur freies L-Cystein, sondern auch das im Thiazolidin gebundene L-Cystein mit erfasst und quantifiziert wird. Im Kulturüberstand gelöstes L-Cystin wird im Test von Gaitonde nach Reduktion mit Dithiothreitol (DTT) in verdünnter Lösung bei pH 8,0 ebenfalls als L-Cystein nachgewiesen. Das im Niederschlag befindliche L-Cystin musste zuerst in 8% Salzsäure aufgelöst werden, bevor es auf dieselbe Art quantifiziert werden konnte .

Tabelle 1 : Gehalt von L-Cystein und L-Cystein-Derivaten in der Kul urbrühe nach 48 h

Summe des im Überstand gelösten L-Cysteins , L-Cystins und

Thiazolidins

2: L-Cystin im Niederschlag

3 : Anteil von L-Cystin im Niederschlag an Gesamtc stein