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Patent Searching and Data


Title:
METHOD FOR THE PRODUCTION OF FLAME-RESISTANT SYNTHETIC FIBERS FROM TEXTILE WASTE, FLAME-RESISTANT SYNTHETIC FIBERS AND USE THEREOF
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2017/220197
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a method for the production of flame-resistant synthetic fibers from textile fabrics, which contain at least a proportion of flame-resistant synthetic fibers and at least a proportion of enzymatically hydrolyzable fibers, wherein the hydrolyzable fiber content is dissolved by means of an enzymatic treatment.

Inventors:
MÜLLER BERNHARD (AT)
HERRERO ACERO ENRIQUE (AT)
GÜBITZ GEORG (AT)
Application Number:
PCT/EP2017/000708
Publication Date:
December 28, 2017
Filing Date:
June 19, 2017
Export Citation:
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Assignee:
GLANZSTOFF IND GMBH (AT)
International Classes:
D06M16/00; B29B17/02; C08J11/02; C08J11/10
Foreign References:
DE4409334A11994-09-29
CN103556474B2016-01-06
EP1378595B12007-09-12
FR2998572A12014-05-30
EP1378595B12007-09-12
AT513426A12014-04-15
AT508687A12011-03-15
AT511638A12013-01-15
AT509801A12011-11-15
AT510229B12013-08-15
DE19900770A11999-07-15
FR1104690A1955-11-23
Other References:
SHOJAEI ET AL., APPL BIOCHEM BIOTECHNOL., vol. 166, 2012, pages 744 - 52
"CRC Handbook of Chemistry and Physics", 2011, CRC PRESS, pages: 6 - 187ff
QI ET AL., BIORESOUR TECHNOL., vol. 104, January 2012 (2012-01-01), pages 466 - 72
Attorney, Agent or Firm:
WERNER, Patrick (DE)
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Claims:
Patentansprüche

1. Verfahren zur Gewinnung von schwer entflammbaren Synthesefasern mit einem

Limiting Oxygen Index von größer gleich 25, bevorzugt größer gleich 28 aus textilen

Flächengebilden, die zumindest einen Anteil an schwer entflammbaren Synthesefasern sowie zumindest einen Anteil an enzymatisch hydrolysierbaren Fasern enthalten, dadurch

gekennzeichnet, dass das textile Flächengebilde mittels einer Enzyme enthaltenden Lösung zur Auflösung des hydrolysierbaren Faseranteils behandelt wird und danach eine Abtrennung des aus Synthesefasern bestehenden verbleibenden Anteils des textilen Flächengebildes vom Reaktionsgemisch enthaltend Enzyme und hydrolysierte Faserabbauprodukte erfolgt.

2. Verfahren nach Anspruch 1 , dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei dem textilen Flächengebilde um Gewebe, Gestricke, Gezwirne, Gewirke oder Gelege handelt.

3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Gesamtanteil an schwer entflammbaren Synthesefasern im textilen Flächengebilde größer gleich 5 Gewichtsprozent, bevorzugt größer gleich 15 Gewichtsprozent, besonders bevorzugt größer gleich 25 Gewichtsprozent ist.

4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Gesamtanteil an enzymatisch hydrolysierbaren Fasern im textilen Flächengebilde größer gleich 5 Gewichtsprozent, bevorzugt größer gleich 30 Gewichtsprozent, besonders bevorzugt größer gleich 50 Gewichtsprozent ist.

5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass der hydrolysierbare Faseranteil cellulosische Fasern, bevorzugt aus Regeneratcellulose enthält.

6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass der hydrolysierbare Faseranteil Fasern aus Polyamid 6 oder Polyamid 6.6 enthält.

7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die enzymatische Behandlung des textilen Flächengebildes bei einer Temperatur von weniger als 100° C, bevorzugt von weniger als 80° C, besonders bevorzugt von weniger als 60° C erfolgt.

8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass nach der Abtrennung des aus Synthesefasern bestehenden Anteils des textilen Flächengebildes weitere in den Fasern enthaltene Feststoffe, insbesondere flammhemmende Pigmente oder Farbpigmente abgetrennt werden.

9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass der aus Synthesefasern bestehende Anteil des textilen Flächengebildes nach seiner Abtrennung vom Reaktionsgemisch mit einem Oxidationsmittel zur Entfernung von Färb- und/oder Störstoffen behandelt wird.

10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass der aus Synthesefasern bestehende Anteil des textilen Flächengebildes nach seiner Abtrennung vom Reaktionsgemisch mit einem Reduktionsmittel zur Entfernung von Färb- und/oder Störstoffen behandelt wird.

1 1. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass der abgetrennte, verbleibende Anteil des textilen Flächengebildes in die einzelnen Synthesefasern aufgetrennt wird.

12. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 1 1 , dadurch gekennzeichnet, dass die Enzyme nach der Behandlung des textilen Flächengebildes aus dem Reaktionsgemisch abgetrennt und zur enzymatischen Behandlung rückgeführt werden.

13. Aus textilen Flächengebilden gewonnene, schwer entflammbare Synthesefasern mit einem Limiting Oxygen Index von größer gleich 25, bevorzugt größer gleich 28, gewonnen mit einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 -12.

14. Synthesefasern nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass die mittlere

Faserlänge der gewonnenen Synthesefasern um weniger als 30%, bevorzugt weniger als 15%, besonders bevorzugt weniger als 10% gegenüber der mittleren Faserlänge von Primärfasern derselben chemischen Struktur abweicht.

15. Verwendung von durch ein Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 12 aus textilen Flächengebilden gewonnenen schwer entflammbaren Synthesefasern mit einem Limiting Oxygen Index von größer gleich 25, bevorzugt größer gleich 28, zur Herstellung von textilen Flächengebilden.

Description:
Glanzstoff Industries GmbH

Herzogenburger Str. 69

3100 St. Pölten

ÖSTERREICH

Verfahren zur Gewinnung von schwer entflammbaren Synthesefasern aus Textilabfällen, schwer entflammbare Synthesefasern sowie deren Verwendung

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gewinnung von schwer entflammbaren Synthesefasern aus textüen Flächengebilden, die zumindest einen Anteii an schwer entflammbaren

Synthesefasern sowie zumindest einen Anteil an enzymatisch hydrolysierbaren Fasern enthalten, wobei der hydrolysierbare Faseranteil mittels einer enzymatischen Behandlung aufgelöst wird.

Weiters betrifft die Erfindung mit einem derartigen Verfahren aus Textilabfällen gewonnene, schwer entflammbare Synthesefasern sowie die Verwendung mit einem derartigen Verfahren gewonnener Fasern zur Herstellung von textilen Flächengebilden.

Schwer entflammbare Synthesefasern kommen insbesondere in Hochleistungsanwendungen wie in persönlicher Schutzausrüstung (PSA) als auch im konstruktiven Maschinen- sowie Hoch- und Tiefbau zum Einsatz. Unter„Synthesefasern" werden dabei generell Fasern aus synthetischen, insbesondere erdölbasierenden Polymeren verstanden. Neben ihrer

Brandbeständigkeit verfügen sie typischerweise auch über hohe Festigkeiten von größer als 20 cN/tex im konditionierten Zustand (unter Normbedingungen bei 20°C Umgebungstemperatur und 65% Luftfeuchte). Fasern, die zu dieser Kategorie zählen, sind überwiegend aus aromatischen Polyamiden (Aramiden) und/oder Polyimiden bestehend und dem Fachmann unter

Markennamen wie Nomex ® , Kevlar ® , Twaron ® , Conex ® , Euramid ® , Bluestar, PBI, Arselon ® oder Kermel ® bekannt. Man unterscheidet je nach Art der Faserlänge zwischen Filamenten, langen und kurzen Stapelfasern sowie Ultrakurzfasern mit einer Länge unter 5 mm, beispielsweise in Form von Aramid-Papieren.

Die genannten Synthesefasern weisen neben ihren positiven Eigenschaften wie Flamm- sowie Hitzebeständigkeit und hoher spezifischer Festigkeit auch Nachteile wie z.B. mangelnden Tragekomfort oder mangelnde Färbbarkeit aufgrund weitestgehend chemisch inerter

Faseroberflächen auf. Die Kombination von Synthesefasern mit Fasern mit gutem

Feuchtigkeitsmanagement und hohem intrinsischen Tragekomfort wie Baumwolle, Wolle oder Viskose bzw. Rayon in einem Mischgewebe bietet somit eine synergistische Kombination der Vorteile wie beispielsweise Flammbeständigkeit, hoher Reißfestigkeit und hohem Tragekomfort. Ebenso spielt eine verbesserte Färbbarkeit eine Rolle. Im Fall von persönlicher

Schutzausrüstung, sei es im militärischen wie auch zivilen Bereich, kommen vor allem

Stapelfasern mit einer Länge kleiner 150 mm und größer 30 mm zum Einsatz. Die verwendete Faserlänge ist abhängig vom Spinnverfahren und dem gewünschten Mischungspartner.

Die schwere Entflammbarkeit ist bei persönlicher Schutzbekleidung, beispielsweise im

Brandbekämpfungs- oder militärischen Bereich, von spezieller Bedeutung. Als Maß für die Entflammbarkeit von Fasern wird der„Limiting Oxygen Index" (LOI) herangezogen. Der Limiting Oxygen Index stellt die minimale Konzentration an Sauerstoff (in Prozent) in einem Stickstoff- Sauerstoffgemisch dar, bei der die Verbrennung eines Prüfkörpers aus den zu prüfenden Fasern gerade noch aufrechterhalten wird. Fasern mit einem LOI von größer gleich 25 werden als „schwer entflammbar" bezeichnet. Gängige Normen und Standardtestbedingungen zur

Bestimmung des LOI sind dem Fachmann bekannt. Als Beispiel dafür ist die Norm ASTM D2863 zu nennen.

Typische Faserkombinationen in Mischgeweben von persönlicher Schutzbekleidung stellen beispielsweise aromatische Polyamide wie meta- oder para-Aramide als schwer entflammbare Synthesefaser sowie permanent flammhemmende Viskose als Faser natürlichen Ursprungs dar. Möglich ist auch eine Faserkombination aus beispielsweise drei verschiedenen Fasertypen, wie beispielsweise Aramid-Nylon-Viskose (bekannt unter dem Markennamen„Defender™ M") oder Polybenzimidazol (PBI)-Viskose- Aramid (Markenname„PBI TRIGUARD™"). In vielen Fällen enthalten die Viskosefasern bzw. das Mischgewebe zusätzlich noch Farbpigmente oder flammhemmende Pigmente.

Unter dem Begriff„Textilabfälle" sind in diesem Zusammenhang einerseits Produktionsabfälle bzw. Ausschussfraktionen zu verstehen, die bei der Fertigung von persönlicher

Schutzbekleidung anfallen, andererseits Postconsumer-Materialien, also gebrauchte bzw.

getragene und zu entsorgende persönliche Schutzbekleidung. Aufgrund des zuvor

beschriebenen komplexen textilen Aufbaus derartiger Textilabfälle bzw, der unterschiedlichen, in persönlicher Schutzbekleidung verarbeiteten Materialien erfolgte bisher statt eines Recycling von PSA in den meisten Fällen eine Entsorgung lediglich über eine Deponierung der Textilabfälle,

Der schwer entflammbare Synthesefaseranteil des Gewebes stellt einen Wertstoff dar, dessen Wiedergewinnung aus Textilabfällen und neuerlicher Einsatz in Textilien aus wirtschaftlichen Gründen sehr vorteilhaft ist. Die dem Fachmann bekannten Herstellungsprozesse der schwer entflammbaren Synthesefasern sind sehr energieintensiv und basieren auf toxischen

Lösungsmitteln, die eine spezielle Spinn- bzw. Anlagentechnologie erfordern. Aufgrund der hohen Herstellkosten und der hohen Nachfrage bewegen sich derartige Fasern typischerweise in einem Hochpreissegment. Deswegen wäre ein Verfahren zu ihrer Gewinnung aus Textilabfällen, das die durchschnittliche Faserlänge, sowie die Faserlängenverteilung der Synthesefasern, insbesondere aus Stapelfasermischungen im Zuge der Wiedergewinnung nicht wesentlich verändert, sowohl aus ökonomischer als auch aus ökologischer Sicht ein deutlicher Mehrwert.

Bislang werden beispielsweise zur Entsorgung anfallende, aramidfaserhaltige textile

Flächengebilde wie Gewebe typischerweise auf herkömmlichen Reißanlagen zu Reißfasern verarbeitet. Als nachteilig erweist sich dabei, dass durch den mechanischen Reißprozess die durchschnittliche Faserlänge der rezyklierten Aramidfasern stark verkürzt wird, weshalb sie sich zwar noch für die Anwendung im Vliesbereich oder im Faserverbundbereich eignen, kaum jedoch aber für die Wiederverwendung im Textilbereich. Die EP1378595B1 offenbart zwar ein Verfahren zur Herstellung von im Textilbereich wieder einsetzbaren Aramidfasern, wobei die aramidhaltigen Textilien in einem die Faserlänge nicht beeinflussenden mechanischen

Hackprozess zerkleinert werden, allerdings ist dieses Verfahren nur für reine bzw. vorsortierte Aramidfasern bzw. -gewebe einsetzbar. Die Behandlung von aramidhaltigen Mischgeweben nach diesem Verfahren, in denen beispielsweise auch Viskose enthalten ist, würde nicht zur Wiedergewinnung von reinen Aramidfasern führen. Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, die oben beschriebenen Nachteile zu vermeiden.

Zur Lösung dieser Aufgabe sieht die Erfindung ein Verfahren zur Gewinnung von schwer entflammbaren Synthesefasern mit einem Limiting Oxygen Index von größer gleich 25, bevorzugt größer gleich 28 aus textilen Flächengebilden vor, die zumindest einen Anteil an schwer entflammbaren Synthesefasern sowie zumindest einen Anteil an enzymatisch

hydrolysierbaren Fasern enthalten, wobei das textile Flächengebilde mittels einer Enzyme enthaltenden Lösung zur Auflösung des hydrolysierbaren Faseranteils behandelt wird und danach eine Abtrennung des aus Synthesefasern bestehenden verbleibenden Anteils des textilen Flächengebildes vom Reaktionsgemisch enthaltend Enzyme und hydrolysierte

Faserabbauprodukte erfolgt. Die schwer entflammbaren Synthesefasern können auf diese Weise aus textilen Flächengebilden wie Geweben, Gestricken, Gezwirnen, Gewirken oder Gelegen möglichst schonend und ohne wesentliche Beeinflussung der Faserlänge gewonnen werden. Die textilen Flächengebilde stammen beispielsweise aus Alttextilien bzw. Altbekleidung, aber auch aus Abfällen oder Ausschussware aus der Textilproduktion oder sonstigen industriellen

Anwendungen, in denen die textilen Flächengebilde zur Anwendung kommen. Derart

wiedergewonnene Synthesefasern sind wiederum zur Herstellung von textilen Flächengebilden für Neutextilien verwendbar.

Es ist generell bekannt, dass cellulosische Fasern aus beispielsweise Regeneratcellulose bzw. Viskose durch eine durch Enzyme katalysierte Hydrolyse abgebaut werden können (Shojaei et al., Appl Biochem Biotechnol. (2012) 166:744-52). Bevorzugt wird bei der enzymatischen Hydrolyse der cellulosische Anteil der Faser zu mehr als 85%, besonders bevorzugt zu mehr als 90% zu Glukose abgebaut und die Fasermatrix komplett aufgelöst.

Das erfindungsgemäße Verfahren baut auf diesem Prinzip auf. Als Ausgangsmaterialien dienen Textilabfälle, beispielsweise zu entsorgende Schutzbekleidung, deren Materialaufbau

beispielsweise aus einem Mischgewebe aus schwer entflammbaren Synthesefasern wie beispielsweise meta- oder para- Aramidfasern sowie hydrolysierbaren Fasern wie beispielsweise Viskosefasern, insbesondere permanent flammhemmende Modalfasern besteht.

Der Gesamtanteil an schwer entflammbaren Synthesefasern im textilen Flächengebilde beträgt dabei größer gleich 5 Gewichtsprozent, bevorzugt größer gleich 15 Gewichtsprozent, besonders bevorzugt größer gleich 25 Gewichtsprozent. Der Gesamtanteil an enzymatisch hydrolysierbaren Fasern im textilen Flächengebilde liegt bei größer gleich 5 Gewichtsprozent, bevorzugt größer gleich 30 Gewichtsprozent, besonders bevorzugt größer gleich 50 Gewichtsprozent. Im Fall von gemischten Alttextilfraktionen, die beispielsweise durch unterschiedliche Farbtöne oder Materialzusammensetzungen charakterisiert sind, empfiehlt sich eine optionale Vorsortierung der Textilabfälle, um die schwer entflammbaren Synthesefasern möglichst sorten- bzw. farbrein aus der nachfolgenden Behandlung zu erhalten. Die Textilabfälle können optional vor der weiteren Behandlung mechanisch grob zerkleinert bzw. geschnitten werden, ohne aber den

überwiegenden Teil der Fasern selbst nennenswert zu beschädigen bzw. zu verkürzen. In einem nachfolgenden Waschschritt werden Feststoffe wie Schmutz und Staub von den getragenen Kleidungsstücken entfernt, wobei vorzugsweise eine wässrige Lösung zum Einsatz kommt. Die Lösung kann im Bedarfsfall auch Bleich- oder Reduktionsmittel enthalten, um schon vorab potenziell störende Farbstoffe aus den textilen Flächengebilden zu entfernen. Alternativ kann im selben oder einem separaten Waschschritt durch Zugabe von beispielsweise NaOH eine

Voraktivierung und/oder Quellung des hydrolysierbaren Faseranteils erfolgen, der die Fasern für die nachfolgende enzymatische Behandlung zugänglicher macht.

Die Behandlung der textilen Flächengebilde mittels einer Enzyme enthaltenden Lösung, bevorzugter Weise einer wässrigen Lösung, erfolgt typischerweise in einem Batchverfahren. Im Fall der Verwendung einer wässrigen Lösung liegt ihr pH-Wert dabei unter gepufferten

Bedingungen zwischen 4 und 6 und richtet sich nach den für die jeweiligen Enzyme notwendigen Reaktionsbedingungen. Die textilen Flächengebilde werden durch Rühren, Schütteln oder ähnliche Prozesse intensiv mit der wässrigen Lösung vermischt und mit den Enzymen versetzt. Im Fall von cellulosischen Fasern werden als Enzyme bevorzugt Cellulasen, die

Endoglucanasen und/oder Exoglucanasen, insbesondere auch ß-Glucosidase enthalten, eingesetzt. Die enzymatische Behandlung erfolgt bei einer Temperatur von weniger als 100° C, bevorzugt von weniger als 80° C, besonders bevorzugt von weniger als 60° C. Beispielsweise hat sich eine Behandlungstemperatur von 50° C als effektiv hinsichtlich besonders kurzer Reaktionszeiten herausgestellt.

Die zum Einsatz kommenden Enzyme und ihre Substratspezifität sind bevorzugt so zu wählen, dass sie imstande sind, den hydrolysierbaren Faseranteil zu mehr als 90%, bevorzugt zu mehr als 99% aufzulösen, andererseits aber die schwerentflammbaren Synthesefasern makroskopisch nicht zu verändern. Ein Auflösungsgrad von beispielsweise mehr als 99% bedeutet dabei, dass auf den mit dem erfindungsgemäßen Verfahren gewonnenen Synthesefasern nach der

Durchführung des Verfahrens ein Restanteil an hydrolysierbarem Substrat von weniger als 1 % vorhanden ist. Auch Gemische von verschiedenen Enzymen können zum Einsatz kommen.

Durch die enzymatische Hydrolyse bzw. Auflösung des cellulosischen Faseranteils verbleibt eine textile Struktur aus reiner Synthesefaser, die vom Reaktionsgemisch, das u.a. noch Enzyme, Puffersalze sowie Glukose und mögliche andere cellulosische Abbauprodukte enthält, abgetrennt werden kann. Die Abtrennung der verbleibenden textilen Struktur, die - abhängig von der Art des Ausgangsmaterial - in Form von Einzelfasern, eines Faserbündels oder aber als flächige Struktur vorliegen kann, erfolgt beispielsweise mit einem dem Fachmann geläufigen Filtrationsschritt, wobei die textile Struktur im Filter verbleibt, während das wässrige

Reaktionsgemisch das Filtrat bildet. Im Fall der Behandlung von homogenen Fasermischungen wurde eine flächige textile Struktur erhalten, die überraschenderweise über eine ausreichende mechanische Festigkeit verfügt, so dass sie - alternativ zu einer Filtration - auch durch einfaches Herausheben bzw. Herausziehen aus der Behandlungslösung vom Reaktionsgemisch zu separieren ist. Im Anschluss wird die flächige Struktur fakultativ getrocknet.

Feste Zusatzstoffe wie Pigmente, die optional entweder in die hydrolysierbaren Fasern eingesponnen oder an ihrer Oberfläche fixiert sind, werden durch die enzymatische Auflösung des hydrolysierbaren Faseranteils ebenfalls freigesetzt und können wiedergewonnen werden. Die Pigmente können unterschiedlicher Natur und Funktionalität sein, beispielsweise

flammhemmende Pigmente, Färb-, Leucht-, Mattierungspigmente, Infrarot- oder

Röntgenstrahlung absorbierende oder reflektierende Pigmente oder auch als Pigmente enthaltene wachsartige phase-change materials und aufgemahlene Ionenaustauscher. Die Pigmente können auch in Form eines Pigmentgemisches aus unterschiedlichen Pigmenten vorliegen, beispielsweise eines flammhemmenden Organophosphorpigments und eines Farb- und/oder Leuchtpigments. Beispielhaft ist der Einsatz derartiger Pigmente in AT 513426 A1 , AT 508687 A1 , AT 511638 A1 , AT 509801 A1 oder AT 510229 B1 beschrieben.

Für den Fall, dass das als Ausgangsmaterial verwendete textile Flächengebilde pigmenthaltige, hydrolysierbare Faserbestandteile enthält, erfolgt die Abtrennung der Pigmente nach der enzymatischen Hydrolyse bevorzugt nach dem Separationsschritt für die Abtrennung des verbleibenden Synthesefaseranteils des textilen Flächengebildes. Nach der Separation der textilen Struktur mittels Filtration bzw. mechanischen Heraushebens finden sich die

Pigmentteilchen in der verbliebenen Reaktionslösung wieder. Alternativ können die Pigmente auch kontinuierlich aus der Reaktionslösung während des enzymatischen Hydrolyseprozesses abgetrennt werden. Für die Abtrennung der Pigmente kann auf ihre physikalischen

Eigenschaften wie Partikelgröße oder Dichte abgestellt werden. Die Abtrennung der

Pigmentteilchen von dieser kann beispielsweise durch einen dem Fachmann bekannten

Filtrationsschritt erfolgen, bei dem die Filtrationsvorrichtung über eine derartige Porengröße verfügt, dass die Pigmentteilchen im Filter festgehalten werden und den Filterkuchen bilden, oder aber alternativ durch Dekantation der zu Boden gesunkenen Pigmentteilchen von der überstehenden Reaktionsflüssigkeit Als weitere Separationsmöglichkeit ist bevorzugt das Abzentrifugieren der Pigmente zu nennen. Optional können die Pigmente vor einer

Wiederverwendung einer Wasch-, Bleich- oder Trockenbehandlung unterworfen werden, wobei diese Behandlungsschritte einzeln oder in Kombination angewendet werden können.

Eventuell an dem textilen Flächengebilde angebrachte und durch die enzymatische Behandlung freigesetzte Applikationen aus Metall oder Kunststoff wie beispielsweise Knöpfe oder

Reißverschlüsse können auf diese Weise ebenfalls abgeschieden werden.

Der nach der Hydrolyse erhaltene, aus flammhemmenden Synthesefasern bestehende verbleibende Anteil des textilen Flächengebildes kann vor seiner Auftrennung in einzelne Fasern optional einem Reinigungsschritt zur oxidativen oder reduktiven Entfernung von auf den

Synthesefasern verbliebenen Farbstoffen oder sonstigen Störstoffen wie beispielsweise einer vorhandenen hydrophobierenden oder antimikrobiellen Ausrüstung unterzogen werden. Das textile Flächengebilde wird dabei einem dem Fachmann bekannten und im Textilbereich üblichen oxidativen oder reduktiven Faserreinigungsprozess in einer wässrigen Lösung unterworfen, wobei die Oxidation beispielhaft mit einem Gemisch aus Natriumhydroxid, Wasserstoffperoxid (35%) sowie einem Bleichhilfsmittel (beispielsweise Contavan® ALR) erfolgt, die Reduktion beispielhaft mit einer alkalischen Natriumhydrosulfitlösung. Alternativ können Verunreinigungen auch mit nicht wässrigen Lösungsmitteln von der Faser entfernt werden, wobei Bedacht genommen werden muss, dass diese Lösungsmittel die Faser selbst nicht anlösen oder auflösen. Besonders geeignet sind hierfür Lösungsmittel bzw. Lösungsmittelgemische mit einer Dielektrizitätskonstanten kleiner als 65 bei 25° C (siehe auch CRC Handbook of Chemistry and Physics, 92nd edition (2011-2012), CRC Press, Seite 6-187ff)

In Abhängigkeit vom Ausgangsmaterial kann der gewonnene Synthesefaseranteil bereits in Form von Einzelfasern bzw. eines Faserbündels oder aber einer flächigen Struktur vorliegen. In letzterem Fall kann die gewonnene flächige Struktur in einem anschließenden mechanischen Trennprozess wieder in die einzelnen Synthesefasern ohne nennenswerte Verkürzung der Faserlänge rückgeführt werden. Dies erfolgt beispielsweise dadurch, dass die flächige Struktur mittels eines rotierenden, stumpfen Schlagelementes - wie aus der DE 19900770 A1 bekannt - in ihre Faserbestandteile zerlegt wird.

Die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren gewonnenen schwer entflammbaren Synthesefasern weisen eine Abweichung in ihrer durchschnittlichen Faserlänge von weniger als 30%, bevorzugt weniger als 15%, besonders bevorzugt weniger als 10% im Vergleich mit Primärfasern derselben chemischen Struktur auf und können wieder zur Herstellung von Geweben oder anderen textilen Flächengebilden eingesetzt werden. Die Bezeichnung„Primärfasern" steht in diesem Zusammenhang für Fasern, die neu produziert wurden.

Die im verbleibenden Reaktionsgemisch enthaltenden Enzyme bzw. das Enzymgemisch können beispielsweise mit einem Ultrafiltrations- und optional nachfolgendem Nanofiltrationsprozess wie beschrieben in Qi et al., Bioresour Technol. 2012 Jan; 104:466-72 von der im Fall von cellulosischen Fasern anfallenden Glukose und anderen durch die Hydrolyse entstandenen niedermolekularen Faserabbauprodukten abgetrennt und wiederum der Hydrolysebehandlung der Textilabfälle zugeführt werden.

Die anfallende Glukose kann beispielsweise für die Herstellung von Bioethanol zum Einsatz kommen. Sie kann auch als Ausgangsmaterial für die Synthese von anderen, mittels

Fermentation produzierbaren Wertstoffen dienen. Eine weitere Einsatzmöglichkeit für die abgetrennte Glukose bietet ihre Verwendung als Feedstock in Biogasanlagen, insbesondere in einer direkt an die Fasergewinnungsanlage angeschlossenen Biogasanlage.

Zwischen den einzelnen Verfahrensschritten können der verbleibende Anteil des textilen Flächengebildes bzw. die darin enthaltenen Fasern optional jeweils einer dem Fachmann naheliegenden Waschbehandlung mit Wasser oder anderen geeigneten Lösungsmitteln zur Entfernung von Ausgangs- bzw. Reaktionsprodukten unterworfen werden.

Das nachfolgende Beispiel zeigt eine Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens.

Beispiel 1 :

10 g eines Double Face Mesh-Gestrickes mit einem spezifischen Gewicht von 187 g/m 2 , bestehend aus einem Außenmaterial aus flammgehemmter Viskose (Viscont FR 110 f46 S90, enthaltend 18 Gewichts% Exolit 5060 als flammhemmendes Pigment) und einem Innenmaterial aus einem Stapelfasergemisch (200 dtex) aus 70% Viskose und 30% Aramid, wurden in 49 ml einer wässrigen Pufferlösung (Zitronensäure 50 mmol, pH = 4,8) gegeben. Anschließend wurden 1 ml Cellic ® CTec 3 (Novozymes) als Enzyme zugegeben und bei 50°C und 100 rpm für 24 Stunden geschüttelt. Nach 24 Stunden war eine vollständige Auflösung des Viskosefaseranteils aufgetreten, der verbleibende Aramidfaseranteil lag in Form einer flächigen Struktur vor und konnte durch Herausziehen aus dem Reaktionsgemisch entfernt werden. Die freigesetzten flammhemmenden Pigmente lagen in kolloidaler Form vor und wurden mittels

Schwerkraftfiltration von der Reaktionslösung abgetrennt. Die gegenständliche Erfindung ist nicht auf Aramidfasern oder sonstige aromatische Polyamide als zu gewinnende schwer entflammbare Synthesefasern beschränkt. Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich prinzipiell ebenso für die Gewinnung von sonstigen schwer entflammbaren Synthesefasern wie beispielsweise aus Polybenzimidazol (PBI), p-Phenyl-2,6-Benzobisoxazol (PBO), Polyimid, Polyimidamid, Modacryl, weiters flammgehemmte Polyamidfasern,

flammgehemmte Acrylfasern, Melaminfasern oder flammgehemmte Elastane sowie Mischungen dieser Fasern. Der im Ausgangsmaterial enthaltene Synthesefaseranteil kann optional auch aus einem Fasergemisch, beispielsweise aus para- und meta-Aramidfasern bestehen. In diesem Fall lässt sich mit diesem Verfahren wiederum das Synthesefasergemisch gewinnen.

Die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hydrolysierbaren Fasern beschränken sich nicht nur auf cellulosische Fasern wie Regeneratcellulosefasern, Carbamatfasern, Lyocellfasern und aus ionischen Flüssigkeiten ersponnene Fasern oder Baumwollfasern. Es ist ebenso denkbar, andere enzymatisch hydrolysierbare Faserarten, wie beispielsweise Fasern aus Polyester oder Polyamid 6 bzw. Polyamid 6.6 (Nylon) im erfindungsgemäßen Verfahren zu hydrolysieren. Im Fall von Polyamid 6 bzw. Polyamid 6.6 kommen als Enzyme beispielsweise Nylon-Hydrolasen statt Cellulasen zur Anwendung. Weiters besteht die Möglichkeit, auch ein textiles

Flächengebilde enthaltend zumindest zwei unterschiedliche Arten hydrolysierbarer Fasern, wie beispielsweise Viskose und Nylon gemeinsam, d.h. gleichzeitig in einem geeigneten Reaktor mittels eines passenden Enzymgemisches aus Cellulasen sowie Nylon-hydrolysierenden

Enzymen hydrolytisch abzubauen. Ebenso ist eine serielle Hydrolyse, beispielsweise zuerst die Hydrolyse der cellulosischen Fasern und erst in einem zweiten, separaten Schritt die Hydrolyse der Nylonfasern denkbar. Alternativ zu einer enzymatischen Hydrolyse von Fasern

beispielsweise aus Polyester oder Polyamid 6 bzw. Polyamid 6.6 (Nylon) kann auch ihre

Entfernung durch ein geeignetes Lösungsmittel- bzw. Lösungsmittelsystem wie beispielsweise Ameisensäure im Fall von Nylon in Betracht gezogen werden.

Die Erfindung ist nicht auf die im Ausführungsbeispiel einzeln gezeigten Merkmale

eingeschränkt. Vielmehr können die Merkmale der nachfolgenden Ansprüche und der

vorstehenden Beschreibung einzeln oder in Kombination für die Verwirklichung der Erfindung in ihren verschiedenen Ausführungsformen wesentlich sein.