Login| Sign Up| Help| Contact|

Patent Searching and Data


Title:
PROCESS FOR PRODUCING PLANT SEED MATERIAL HAVING A REDUCED CONTENT OF CYANOGENIC COMPOUNDS
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2023/275291
Kind Code:
A1
Abstract:
There is disclosed a process for producing plant seed material having a reduced content of cyanogenic compounds from at least partially deoiled plant seeds, wherein the at least partially deoiled plant seeds contain cyanogenic compounds, comprising the following steps: a) providing the at least partially deoiled plant seeds especially in the form of a press cake, b) grinding the at least partially deoiled plant seeds, and c) depleting cyanogenic compounds in the ground plant seeds under vacuum. There is likewise disclosed a plant seed material obtainable from said process.

Inventors:
JESCHKO SEBASTIAN (AT)
ALBER ANDREA (AT)
Application Number:
PCT/EP2022/068145
Publication Date:
January 05, 2023
Filing Date:
June 30, 2022
Export Citation:
Click for automatic bibliography generation   Help
Assignee:
KERN TEC GMBH (AT)
International Classes:
A23L5/20; A23L11/30; A23L25/00
Domestic Patent References:
WO1996020716A11996-07-11
Foreign References:
DE154733C1904-10-05
CN1081328A1994-02-02
CN110547391A2019-12-10
JP2012254060A2012-12-27
CN1084027A1994-03-23
CN108485798A2018-09-04
CN105595283A2016-05-25
DE154733C1904-10-05
DE150277C
CN1084027A1994-03-23
CN110651947A2020-01-07
CN1081328A1994-02-02
CN110547391A2019-12-10
CN210988069U2020-07-14
JP2012254060A2012-12-27
CN210988068U2020-07-14
CN105341629A2016-02-24
Other References:
TUNCEL, G.M. J. R. NOUTL. BRIMER.: "The effects of grinding, soaking and cooking on the degradation of amygdalin of bitter apricot seeds", FOOD CHEMISTRY, vol. 53, no. 4, 1995, pages 447 - 451, XP055943435, DOI: 10.1016/0308-8146(95)99841-M
TUNCEL, G.M. J. R. NOUTL. BRIMER.: "Degradation of cyanogenic glycosides of bitter apricot seeds (Prunus armeniaca) by endogenous and added enzymes as affected by heat treatments and particle size", FOOD CHEMISTRY, vol. 63, no. 1, 1998, pages 65 - 69
EINZIG YAMASHITA ET AL.: "Development of a method to remove cyanogen glycosides from flaxseed meal", INTERNATIONAL JOURNAL OF FOOD SCIENCE TECHNOLOGY, vol. 42, no. 1, 2007, pages 70 - 75
Attorney, Agent or Firm:
SONN PATENTANWÄLTE OG (AT)
Download PDF:
Claims:
Patentansprüche

1. Verfahren zur Herstellung von Pflanzensamenmaterial mit verringertem Gehalt an cyanogenen Verbindungen aus zumindest teilweise entölten Pflanzensamen, wobei die zumindest teilweise entölten Pflanzensamen cyanogene Verbindungen enthalten, umfassend die folgenden Schritte: a) Bereitstellen der zumindest teilweise entölten Pflanzensamen, b) Vermahlen der zumindest teilweise entölten Pflanzensamen, und c) Abreichern von cyanogenen Verbindungen in den vermahlenen Pflanzensamen unter Vakuum.

2. Verfahren gemäß Anspruch 1, wobei in Schritt a) die zumindest teilweise entölten Pflanzensamen in Form eines Presskuchens vorliegen.

3. Verfahren nach Anspruch 2, wobei der Presskuchen durch Verpressen von Pflanzensamen erhalten wird, die vor dem Verpressen vermahlen worden sind.

4. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 3, wobei Schritt c) das Abreichern von cyanogenen Verbindungen während einer ersten Vakuumstufe und einer zweiten Vakuumstufe umfasst, wobei der Druck der ersten Vakuumstufe höher ist als der Druck der zweiten Vakuumstufe.

5. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 3, wobei Schritt c) zumindest teilweise mit Beheizung durchgeführt wird.

6. Verfahren gemäß Anspruch 4, wobei Schritt c) zumindest teilweise mit Beheizung durchgeführt wird, wobei die Temperatur während der ersten Vakuumstufe niedriger ist als während der zweiten Vakuumstufe.

7. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 6, wobei Schritt c) zumindest teilweise unter Mischen durchgeführt wird.

8. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 7, wobei der Gesamtproteingehalt des hergestellten Pflanzensamenmaterials in Bezug auf dessen Trockenmasse zumindest 85%, bevorzugt zumindest 90%, noch mehr bevorzugt zumindest 95%, insbesondere zumindest 97,5% oder gar zumindest 99% des Gesamtproteingehalts der bereitgestellten zumindest teilweise entölten Pflanzensamen in Bezug auf deren Trockenmasse beträgt.

9. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 8, wobei die Pflanzensamen ausgewählt sind aus Mandeln, Leinsamen und Steinobstkernen .

10. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 9, wobei die Pflanzensamen ausgewählt sind aus Mandeln und Steinobstkernen, wobei der Benzaldehydgehalt des hergestellten Pflanzensamenmaterials in Bezug auf dessen Trockenmasse zumindest 5%, bevorzugt zumindest 10%, noch mehr bevorzugt zumindest 15%, insbesondere zumindest 20% oder gar zumindest 25% des Gehalts an Amygdalin und Prunasin im hergestellten Pflanzensamenmaterial in Bezug auf dessen Trockenmasse beträgt.

11. Pflanzensamenmaterial, erhältlich nach dem Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 10.

12. Pflanzensamenmaterial nach Anspruch 11, wobei der Benzaldehydgehalt des Pflanzensamenmaterials in Bezug auf dessen Trockenmasse zumindest 5%, bevorzugt zumindest 10%, noch mehr bevorzugt zumindest 15%, insbesondere zumindest 20% oder gar zumindest 25% des Gehalts an Amygdalin und Prunasin im Pflanzensamenmaterial in Bezug auf dessen Trockenmasse beträgt.

13. Pflanzensamenmaterial nach Anspruch 11 oder 12, wobei der Gehalt an cyanogenen Verbindungen im Pflanzensamenmaterial so niedrig ist, dass in Bezug auf die Gesamtmasse des Pflanzensamenmaterials weniger als 1000 mg/kg, bevorzugt weniger als 800 mg/kg, mehr bevorzugt weniger als 600 mg/kg, noch mehr bevorzugt weniger als 400 mg/kg oder gar weniger als 300 mg/kg, insbesondere weniger als 200 mg/kg oder gar weniger als 150 mg/kg Blausäure freisetzbar ist.

14. Pflanzensamenmaterial in Form eines Pulvers oder Granulats, aufweisend zumindest teilweise entölte, insbesondere verpresste, Pflanzensamen, wobei die Pflanzensamen ausgewählt sind aus Mandeln und Steinobstkernen, wobei der Benzaldehydgehalt des Pflanzensamenmaterials in Bezug auf dessen Trockenmasse zumindest 5%, bevorzugt zumindest 10%, noch mehr bevorzugt zumindest 15%, insbesondere zumindest 20% oder gar zumindest 25% des Gehalts an Amygdalin und Prunasin im Pflanzensamenmaterial in Bezug auf dessen Trockenmasse beträgt.

15. Pflanzensamenmaterial nach Anspruch 14, wobei der Gehalt an cyanogenen Verbindungen im Pflanzensamenmaterial so niedrig ist, dass in Bezug auf die Gesamtmasse des

Pflanzensamenmaterials weniger als 1000 mg/kg, bevorzugt weniger als 800 mg/kg, mehr bevorzugt weniger als 600 mg/kg, noch mehr bevorzugt weniger als 400 mg/kg oder gar weniger als 300 mg/kg, insbesondere weniger als 200 mg/kg oder gar weniger als 150 mg/kg Blausäure freisetzbar ist.

16. Pflanzensamenmaterial nach einem der Ansprüche 11 bis 15, wobei die Aktivität der darin vorhandenen ß-Glucosidase- Amygdalinhydrolase (EC 3.2.1.117) noch so hoch ist, dass zumindest 50 Gew%, bevorzugt zumindest 60 Gew%, noch mehr bevorzugt zumindest 70 Gew%, insbesondere zumindest 80 Gew% oder gar zumindest 90 Gew% von 100 mg Amygdalin, welche 1 g Trockenmasse des Pflanzensamenmaterials, vermischt mit 10 mL Wasser, zugesetzt worden sind, innerhalb einer Stunde bei 40°C abgebaut werden.

Description:
Verfahren zur Herstellung von Pflanzensamenmaterial mit verringertem Gehalt an cyanogenen Verbindungen

Das Gebiet der vorliegenden Erfindung ist das der Verfahren zur Herstellung von Pflanzensamenmaterial mit verringertem Gehalt an cyanogenen Verbindungen.

Viele Pflanzensamen (vor allem Leinsamen, Mandeln oder Steinobstkerne) enthalten cyanogene Verbindungen wie cyanogene Glycoside (z.B. Amygdalin oder Linustatin). Da beim Verzehr der Pflanzensamen aus den cyanogenen Verbindungen durch verschiedene Enzyme giftige Blausäure entsteht, sind die Pflanzensamen ab einer gewissen Dosis für den Konsumenten giftig und daher für die Verwendung als Lebensmittel oder Futtermittel nicht geeignet, sofern sie nicht zuvor entsprechend verarbeitet werden.

Eine gängige Methode zum Entgiften („Entbittern") ist das Auskochen der Pflanzensamen, um jene Enzyme, die letztlich für die Freisetzung der Blausäure aus den cyanogenen Verbindungen verantwortlich sind, zu deaktivieren. Dies zerstört jedoch wertvolle Aromen.

Ein anderer bekannter - und oftmals mit dem Auskochen verbundener - Ansatz ist das längere Einlegen der Pflanzensamen in Wasser (üblicherweise etwa 24 Stunden), um eine Umsetzung der cyanogenen Verbindungen und eine damit einhergehende Freisetzung der Blausäure zu begünstigen. Das blausäurehaltige Wasser wird anschließend verworfen. Durch das Auskochen bzw. das Auswaschen werden jedoch Aromen und Proteine zerstört bzw. ausgespült.

Sensorisch haben nach gängigen Verfahren „entbitterte" Samen, unter welchem Namen sie oft angeboten werden, eine wesentlich schlechtere Qualität als vor der Entbitterung.

Die Patentschriften DE 154733 C und DE 150277 C betreffen Verfahren zum Entbittern von Mandeln und anderen amygdalinhaltigen Samen. Auch die CN 1084027 A, CN 110651947 A und CN 1081328 A offenbaren verschiedene Verfahren zum Entbittern von Mandeln. Die CN 110547391 A, CN 210988069 U, JP 2012254060 A und CN 210988068 U betreffen Entgiftungsverfahren für Leinsamen.

Gonzales et al. ("On the nutritive value of apricot (Prunus armeniaca) kernel. I. Comparative digestibility tests of detoxified apricot kernel and common sweet almond.", Revista de Agroquimica y Tecnologia de Alimentos, 1972, Vol 12, No 3,

Seiten 436-443) beschäftigen sich mit dem Entbittern von Aprikosen- und Mandelkernen.

Die WO 1996/020716 Al betrifft die Extraktion von Amygdalin aus Obstkernen. Offenbart ist ein Verfahren zur Herstellung eines Nahrungsmittels aus Obstkernen, umfassend das Schälen der Kerne, das anschließende Entbittern der Kerne durch Extraktion mit Wasser, die Verarbeitung der entbitterten Kerne zu dem Nahrungsmittel und die Gewinnung von Amygdalin aus dem durch das Entbittern der Kerne gebildeten Extrakt.

Tuncel et al. beschäftigen sich in zwei Publikationen mit dem Entbittern von Aprikosenkernen. In einer ersten Publikation wird Zellaufschluss, Kochen und Einweichen von bitteren Aprikosenkernen beschrieben (Tuncel, G., M. J. R. Nout, and L. Brimer. "The effects of grinding, soaking and cooking on the degradation of amygdalin of bitter apricot seeds." Food Chemistry 53.4 (1995): 447-451). In einer zweiten Studie wird zusätzlich zur Partikelgröße der Effekt von Hitzeeinwirkung auf das endogene Enzym bzw. die Zugabe von exogenen Enzymen untersucht (Tuncel, G., M. J. R. Nout, and L. Brimer. "Degradation of cyanogenic glycosides of bitter apricot seeds (Prunus armeniaca) by endogenous and added enzymes as affected by heat treatments and particle size." Food chemistry 63.1 (1998): 65-69). Auch die CN 105341629 A offenbart ein Verfahren zum Entbittern von Aprikosenkernen. In El-Adawy et al.

( "Biochemical studies of some non-conventional sources of proteins Part 7. Effect of detoxification treatments on the nutritional quality of apricot kerneis." Food/Nahrung 38.1 (1994): 12-20.) wird die Qualität von Aprikosenkernen nach einem Entbitterungsprozess untersucht.

Keines der oben beschriebenen Dokumente beschäftigt sich jedoch mit dem Entgiften von entölten Pflanzensamen (insbesondere mit dem Entgiften von Presskuchen), das eine ganz besondere Herausforderung darstellt. Dies liegt unter anderem daran, dass diese nach der Entölung (insbesondere nach dem Verpressen) besonders hohe Konzentrationen an cyanogenen Verbindungen bzw. Blausäure aufweisen, weil diese Stoffe als hydrophile Substanzen zum allergrößten Teil nicht ins Öl übergehen, sondern im entölten Überrest wie beispielsweise dem Presskuchen verbleiben.

Einzig Yamashita et al. ("Development of a method to remove cyanogen glycosides from flaxseed meal. " International Journal of food Science & Technology 42.1 (2007): 70-75.) betrifft das

Entgiften von gepressten Leinsamen. In dem offenbarten Verfahren werden entölte Leinsamen für 18 Stunden in 0.IM Natriumcitrat- Puffer inkubiert und anschließend in einem kontinuierlichen Dampfbackofen bei 120° C getrocknet. Dieses Verfahren weist jedoch zahlreiche Nachteile auf. Unter anderem sind dies die lange Inkubationszeit, die hohen Trocknungstemperaturen sowie der Einsatz des Säureregulators Natriumcitrat (E331). Dieses Verfahren ist zudem für den großtechnischen Einsatz nicht gut geeignet, außerdem wird durch die harschen Verfahrensbedingungen der Geschmack der Leinsamen in Mitleidenschaft gezogen und es kommt zu einem Verlust weiterer wertvoller Inhaltsstoffe (insbesondere von Proteinen).

Es ist daher eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Entbitterungsverfahren zur Verfügung zu stellen, welches zumindest einen Nachteil des Standes der Technik überwinden soll. Insbesondere ist erstrebenswert, dass dieses Verfahren möglichst schonend ist (so dass Geschmack und wertvolle Inhaltsstoffe der Pflanzensamen möglichst erhalten bleiben) und für den großtechnischen Einsatz gut geeignet ist. Die vorliegende Erfindung stellt ein Verfahren zur Herstellung von Pflanzensamenmaterial mit verringertem Gehalt an cyanogenen Verbindungen aus zumindest teilweise entölten Pflanzensamen, wobei die zumindest teilweise entölten Pflanzensamen cyanogene Verbindungen enthalten, zur Verfügung. Dieses Verfahren umfasst die folgenden Schritte: a) Bereitstellen der zumindest teilweise entölten Pflanzensamen, b) Vermahlen der zumindest teilweise entölten Pflanzensamen, und c) Abreichern von cyanogenen Verbindungen in den vermahlenen Pflanzensamen unter Vakuum. Besonders gut geeignet ist dieses Verfahren für zumindest teilweise entölte Mandeln, Leinsamen und Steinobstkerne.

In einem Aspekt bezieht sich die vorliegende Erfindung auf Pflanzensamenmaterial, das nach diesem Verfahren erhältlich ist.

In einem weiteren Aspekt stellt die Erfindung ein Pflanzensamenmaterial (vorzugsweise in Form eines Pulvers oder Granulats) zur Verfügung, aufweisend zumindest teilweise entölte, insbesondere verpresste, Pflanzensamen, wobei die Pflanzensamen ausgewählt sind aus Mandeln und Steinobstkernen, wobei der Benzaldehydgehalt des Pflanzensamenmaterials in Bezug auf dessen Trockenmasse zumindest 5%, bevorzugt zumindest 10%, noch mehr bevorzugt zumindest 15%, insbesondere zumindest 20% oder gar zumindest 25% des Gehalts an Amygdalin und Prunasin im Pflanzensamenmaterial in Bezug auf dessen Trockenmasse beträgt.

Das erfindungsgemäße Verfahren ist besonders schonend und für den großtechnischen Einsatz gut geeignet. Dadurch können entölte Samen (insbesondere Presskuchen), die herkömmlicherweise als Abfallprodukt in der Gewinnung von pflanzlichen Ölen anfallen, nun in großem Maßstab neuen Nutzungsmöglichkeiten in der Lebens und Futtermittelindustrie zugeführt werden. Dies erhöht die Ausbeute aus der Ernte und schont damit einhergehend natürliche Ressourcen (und die Umwelt).

Das erfindungsgemäße Verfahren basiert auf Abreichern von cyanogenen Verbindungen unter Vakuum. Für die Fachperson ist es evident, dass „unter Vakuum" in diesem (großtechnischen) Zusammenhang nicht bedeutet, dass ein absolutes Vakuum erreicht wird, sondern lediglich, dass in einem erheblichen Ausmaß Unterdrück erzeugt wird. Vorzugsweise soll „unter Vakuum" so verstanden werden, dass zeitweise (z.B. zumindest 15 min, bevorzugt zumindest 30 min, noch mehr bevorzugt zumindest 60 min, insbesondere zumindest 120 min oder gar zumindest 360 min) ein Druck von 600 mbar, bevorzugt 500 mbar, mehr bevorzugt 400 mbar, noch mehr bevorzugt 350 mbar oder gar 300 mbar unterschritten wird.

Das erfindungsgemäße Verfahren ist geeignet für die Entbitterung jeglicher entölter Pflanzensamen (z.B. auch von Samen, die mittels überkritischer C02-Extraktion entölt worden sind). Mit der Verarbeitung von Pflanzensamen-Presskuchen werden jedoch besonders gute Ergebnisse erzielt. Daher liegen in einer besonders bevorzugten Ausführungsform in Schritt a) die zumindest teilweise entölten Pflanzensamen in Form eines Presskuchens vor. Vorzugsweise wird der Presskuchen durch Verpressen von Pflanzensamen erhalten, die vor dem Verpressen vermahlen worden sind.

Als besonders zweckmäßig hat sich der Einsatz von zwei Vakuumstufen herausgestellt (siehe auch das Ausführungsbeispiel und Fig. 1). Daher umfasst Schritt c) das Abreichern von cyanogenen Verbindungen während einer ersten Vakuumstufe, wobei der Druck der ersten Vakuumstufe höher ist als der Druck der zweiten Vakuumstufe. Der Druck der ersten Vakuumstufe liegt bevorzugt zwischen 300 und 500 mbar. Der Druck der zweiten Vakuumstufe liegt vorzugsweise unter 200 mbar, bevorzugt unter 150 mbar, insbesondere unter 100 mbar.

Zusätzlich oder alternativ dazu hat sich eine Beheizung als sinnvoll herausgestellt, um den Abreicherungsprozess zu beschleunigen. Folglich wird Schritt c) in einer weiteren bevorzugten Ausführungsform zumindest teilweise mit Beheizung durchgeführt (bevorzugt, so dass eine Temperatur zwischen 30°C und 80°C erreicht wird). Wenn dabei mehrere Vakuumstufen eingesetzt werden, so ist die Temperatur während der ersten Vakuumstufe (vorzugsweise 30°C bis 40°C) zweckmäßigerweise niedriger als während der zweiten Vakuumstufe (vorzugsweise 40°C bis 80°C).

Des Weiteren ist es für einen gleichmäßigen und kontrollierten Ablauf von Vorteil, wenn Schritt c) zumindest teilweise unter Mischen durchgeführt wird.

Da das erfindungsgemäße Verfahren besonders schonend ist, bleiben wertvolle Inhaltsstoffe (z.B. Proteine) oder Aromastoffe (z.B. Benzaldehyd) gut erhalten.

Daher beträgt in einer weiteren, besonders bevorzugten Ausführungsform der Gesamtproteingehalt des hergestellten Pflanzensamenmaterials in Bezug auf dessen Trockenmasse (d.h. der Gesamtproteingehalt in Gew%) zumindest 85%, bevorzugt zumindest 90%, noch mehr bevorzugt zumindest 95%, insbesondere zumindest 97,5% oder gar zumindest 99% des Gesamtproteingehalts der bereitgestellten zumindest teilweise entölten Pflanzensamen in Bezug auf deren Trockenmasse (d.h. wiederum der Gesamtproteingehalt in Gew%). Trockenmasse bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die Masse ohne Wasser- und Ölanteil.

In Bezug auf Mandeln und Steinobstkerne beträgt in einer weiteren, besonders bevorzugten Ausführungsform der Benzaldehydgehalt des Pflanzensamenmaterials in Bezug auf dessen Trockenmasse (d.h. der Benzaldehydgehalt in Gew%) zumindest 5%, bevorzugt zumindest 10%, noch mehr bevorzugt zumindest 15%, insbesondere zumindest 20% oder gar zumindest 25% des Gehalts an Amygdalin und Prunasin im Pflanzensamenmaterial in Bezug auf dessen Trockenmasse (d.h. der Gehalt an Amygdalin und Prunasin in Gew%).

In Bezug auf Mandeln und Steinobstkerne beträgt in einer weiteren, besonders bevorzugten Ausführungsform der Benzaldehydgehalt des (hergestellten) Pflanzensamenmaterials in Bezug auf dessen Trockenmasse (d.h. der Benzaldehydgehalt in Gew%) zumindest 125%, bevorzugt zumindest 150%, noch mehr bevorzugt zumindest 175%, insbesondere zumindest 200% oder gar zumindest 250% des Benzaldehydgehalts der zumindest teilweise entölten Pflanzensamen (insbesondere des Presskuchens) in Bezug auf deren Trockenmasse (d.h. der Benzaldehydgehalt in Gew%); vgl. auch Ausführungsbeispiel 2.

Des Weiteren ist es vorteilhaft, wenn die Aktivität der im (hergestellten) Pflanzensamenmaterial vorhandenen ß-Glucosidase- Amygdalinhydrolase (EC 3.2.1.117) noch so hoch ist, dass zumindest 50 Gew%, bevorzugt zumindest 60 Gew%, noch mehr bevorzugt zumindest 70 Gew%, insbesondere zumindest 80 Gew% oder gar zumindest 90 Gew% von 100 mg Amygdalin, welche 1 g Trockenmasse des Pflanzensamenmaterials, vermischt mit 10 mL Wasser, zugesetzt worden sind, innerhalb einer Stunde bei 40°C abgebaut werden (Nachweis z.B. per HPLC), vgl. auch Ausführungsbeispiel 3. (Amygdalin, welches bereits vor Zusatz der 100 mg Amygdalin im Pflanzensamenmaterial vorhanden ist, darf hierbei nicht berücksichtigt werden. Hierzu sollte eine Kontrollmessung vor Zugabe der 100 mg Amygdalin durchgeführt werden, um die Menge von bereits in lg Pflanzensamenmaterial vorhandenen Amygdalin zu ermitteln.)

Es ist ferner besonders bevorzugt, wenn der Gehalt an cyanogenen Verbindungen (insbesondere an cyanogenen Glycosiden) im hergestellten bzw. erhaltenen Pflanzensamenmaterial so niedrig ist, dass weniger als 1000 mg/kg, bevorzugt weniger als 800 mg/kg, mehr bevorzugt weniger als 600 mg/kg, noch mehr bevorzugt weniger als 400 mg/kg oder gar weniger als 300 mg/kg, insbesondere weniger als 200 mg/kg oder gar weniger als 150 mg/kg Blausäure freigesetzt werden kann (bevorzugt bezogen auf die Trockenmasse des Pflanzensamenmaterials).

Im Folgenden wird die Erfindung anhand von bevorzugten, nicht einschränkenden Beispielen und Zeichnungen näher erläutert.

Fig. 1 zeigt eine Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens .

Fig. 2 zeigt bevorzugte Vorbehandlungsschritte. Ausführungsbeispiel 1

Ölsamen (z.B. Aprikosenkerne oder andere Steinobstkerne) werden verpresst, um das Öl zu gewinnen. Der Presskuchen (herkömmlicherweise ein Abfallprodukt) wird anschließend für den erfindungsgemäßen Prozess bereitgestellt.

Der Presskuchen wird vermahlen. Der vermahlene Presskuchen wird nun der Extraktion mit Wasser unter Vakuum unterzogen. Dafür wird der vermahlene Presskuchen in einem Vakuumtank bei einem Vakuum von 300-500 mbar und einer Temperatur von 45°C mit Wasser vermengt (Vakuumstufe 1). Bei dieser Temperatur-Druck- Kombination kann das Cyanid abdampfen, das Wasser jedoch nicht. Der Prozess wird so lange gehalten, bis die gewünschte Menge Cyanid extrahiert worden ist (bzw. die vorgegebene Cyanidgrenzkonzentration, z.B. 150 mg/kg, unterschritten wurde). Anschließend wird das Vakuum und die Temperatur erhöht, um das Wasser abzudampfen (Vakuumstufe 2). In einem Kondensator wird dieses anschließend aufgefangen. Durch die Trennung der beiden Phasen kann gewährleistet werden, dass das Cyanid nicht ins abgedampfte Wasser übergeht, sondern getrennt abgeschieden werden kann. Während des Verdampfungsprozesses wird der Reaktor laufend mit einem nicht-reaktiven Gas wie Stickstoff gespült, um eine bessere Abtragung von HCN-Gas zu gewährleisten. Wenn der gewünschte Trocknungsgrad (z.B. 7 Gew% Restfeuchte) erreicht wurde, wird der Prozess beendet. Die Dauer der Vakuumstufe 1 beträgt beispielsweise 2h, die der Vakuumstufe 2 beispielsweise auch 2h.

Das nach dem Abreicherungsprozess erhaltene

Pflanzensamenmaterial ist für eine weitere Verwendung in der Lebensmittel- und Futtermittelindustrie hervorragend geeignet.

Ausführungsbeispiel 2

Das erfindungsgemäße Pflanzensamenmaterial wurde aus Presskuchen aus Steinobstkernen (in diesem Fall Sauerkirschen) hergestellt. Die Aromafraktion von Rohmaterial (Presskuchen) und hergestelltem Pflanzensamenmaterial wurde mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie (GC/MS) analysiert. Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 unten aufgelistet, zur besseren Vergleichbarkeit wurde jeweils dieselbe Menge (auf Basis der Trockenmasse) analysiert.

Anhand der Quantifizierung über die Peakflächen lässt sich ersehen, dass sich durch den Cyanid-Abreicherungsprozess die Gesamtmenge an Aromastoffen in Bezug auf die Trockenmasse erhöht hat, nämlich um den Faktor 1,6 (siehe letzte Zeile von Tabelle 1). Darüber hinaus hat sich die relative Menge an Benzaldehyd (Bittermandelaroma) mehr als verdreifacht (siehe hevorgehobene Zeile zu Peak #31 in Tabelle 1).

Diese Veränderungen erklären die hervorragenden sensorischen Qualitäten des hergestellten Produkts zumindest zum Teil.

Tabelle 1: GC/MS-Analyse der Aromafraktion von Steinobstkernen vor und nach Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens (d.h. Rohmaterial im Vergleich zum erfindungsgemäßen Pflanzensamenmaterial) . n.d. - nicht detektiert, o.A. - ohne Angabe. vor Behandlung nach Behandlung

Peak # Stoff na me Peakfläche Anteil Peakfläche Anteil

18 5-Hepten-2-one, 6-methyl- 35863 0,02% n.d. n.d.

19 1-Undecanol 36655 0,03% n.d. n.d.

42 Acetophenone 48678 0,03% n.d. n.d.

5 1-Butanol, 3-methyl- 653043 0,44% 50474 0,02%

26 o.A. 109973 0,07% 14638 0,01%

8 1-Pentanol 636795 0,43% 103785 0,04%

Propionsäure, 3-ethoxy-, ethyl 17 ester 71 115 0,05% 14075 0,01%

3 2,6-Octadien-l-ol, 2,7-dimethyl- 482851 0,33% 97399 0,04%

12 Isoterpinolene 257963 0,17% 53305 0,02%

6 o.A. 131273 0,09% 28166 0,01%

7 o.A. 125257 0,09% 32289 0,01%

10 m-cymene 115 109 0,08% 30999 0,01%

4 Limonene 1328090 0,90% 369635 0,16% 3-carene 1 789 837 1,21% 523 134 0,22% Pentadecane 934 174 0,63% 285 506 0,12% 3-Octen-2-one 74 249 0,05% 22 844 0,01% o.A. 101 676 0,07% 32 271 0,01% Dodecanolo 57 074 0,04% 18 145 0,01% Ameisensäure, hexyl ester 1 892 317 1,29% 659 533 0,28% 1-Heptanol 135 259 0,09% 58744 0,02% 1-Nonanol 415 185 0,28% 180674 0,08% o.A. 136093 0,09% 62 103 0,03% 1-Octanol 296783 0,20% 146220 0,06% 2-Heptenal, (Z)- 91 210 0,06% 47 750 0,02%

Benzene, l-methoxy-4-methyl-2- (1-methylethyl)- 103 677 0,07% 54858 0,02% Benzoesäure, ethyl ester 164639 0,11% 87 541 0,04% 2-Octenal, (E)- 130881 0,09% 70595 0,03% Buttersäure, 4-hydroxy- 807487 0,55% 456315 0,19% 2-(2-Hydroxyethoxy)ethyl acetate 101 523 0,07% 59 216 0,03% Propionsäure 71 319 0,05% 42 120 0,02% Ameisensäure, phenylmethyl ester 78404 0,05% 49 288 0,02% 2,3-Butanediol, isomero 1 870 836 1,27% 1 230 948 0,52% 2,3-Butanediol, 2 129 446 1,45% 1 531 643 0,65% Essigsäure + 1-hexanol, 2-ethyl 27 808 252 18,90% 20728822 8,79% o.A. 155 875 0,11% 119 231 0,05% Benzoesäure, methyl ester 26 962 0,02% 20644 0,01% Benzyl alcohol 47 495 809 32,29% 37 374256 15,85% Tetraadecane 91 044 0,06% 75418 0,03% Nonanal 249 820 0,17% 208728 0,09% Valeriansäure 31 922 0,02% 27 700 0,01% Linalool 180554 0,12% 161 284 0,07% Acetoin 194 142 0,13% 176041 0,07% hexanal 105 210 0,07% 244536 0,10% o.A. 15 143 0,01% 49 154 0,02% 2-propanone, 1-hydroxy n.d. n.d. 34 127 0,01% l-Octen-3-ol 25 387 0,02% 39008 0,02% Furfurale 34 228 0,02% 96593 0,04% Benzaldehyd 51 419405 34,94% 163 677453 69,38%

Essigsäure, phenylmethyl ester + D-carvone 1478 566 1,00% 2079 629 0,88% Methyl salicylate 23 610 0,02% 55022 0,02% vinyl benzoate 98092 0,07% 378 160 0,16% 1,3-Dioxolane, 4,5-dimethyl-2- phenyl- 45 602 0,03% 154 100 0,07% Phenylethyl Alcohol 466027 0,32% 1035 402 0,44% o.A. 54 539 0,04% 63 306 0,03% Caprylsäure 49 770 0,03% 130943 0,06% l-Hydroxy,l-phenyl-2-propanone 42 847 0,03% 96874 0,04% 56 Pelargonsäure 1365209 0,93% 1810679 0,77%

57 Nicotinyl alcohol n.d. n.d. 23661 0,01%

59 Cumarsäure 40876 0,03% 279372 0,12%

60 Benzoesäure 234291 0,16% 348210 0,15%

SUMME 147147902 100,00% 235902551 100,00%

Ausführungsbeispiel 3

Presskuchen von Aprikosenkernen wurden vermahlen und die cyanogenen Verbindungen unter Vakuum abgereichert (erste Vakuumstufe 40°C, zweiten Vakuumstufe 60°C), um abgereichertes Pflanzensamenmaterial zu erhalten.

Um den Erhalt der Enzymaktivität festzustellen (und dadurch zu bestätigen, wie schonend das erfindungsgemäße Verfahren ist), wurden 1 g des Pflanzensamenmaterials mit 100 mg Amygdalin (Sigma Aldrich/Merck) sowie 10 mL Wasser vermischt. Diese Mischung wurde eine Stunde bei 40°C inkubiert. Nach der Inkubation konnten höchstens noch 30% des hinzugefügten Amygdalins per HPLC nachgewesen werden. Folglich war insbesondere die empfindliche ß-Glucosidase-Amygdalinhydrolase (EC 3.2.1.117) im Pflanzensamenmaterial noch sehr aktiv.