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Title:
PROPHYLAXIS AND TREATMENT OF DISEASES
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2006/117181
Kind Code:
A2
Abstract:
The invention relates to the use of at least one thiamine for the prophylaxis and/or treatment of diseases, which are associated with DNA lesions, whereby the administration of thiamine leads to a reduction in the DNA lesions.

Inventors:
HEIDLAND AUGUST (DE)
Application Number:
PCT/EP2006/004080
Publication Date:
November 09, 2006
Filing Date:
May 02, 2006
Export Citation:
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Assignee:
WOERWAG PHARMA GMBH & CO KG (DE)
HEIDLAND AUGUST (DE)
International Classes:
A61K31/51; A61P39/06
Domestic Patent References:
WO2002026221A22002-04-04
Foreign References:
US6746678B12004-06-08
US5985857A1999-11-16
Other References:
SATO Y ET AL: "MITOCHONDRIAL MYOPATHY AND FAMILIAL THIAMINE DEFICIENCY" MUSCLE & NERVE, NEW YORK, NY, US, Bd. 23, Nr. 7, 2000, Seiten 1069-1075, XP009074708
STEPURO I I: "Thiamine and vasculopathies" Februar 2005 (2005-02), PROSTAGLANDINS LEUKOTRIENES AND ESSENTIAL FATTY ACIDS, CHURCHILL LIVINGSTONE MEDICAL JOURNALS,, GB, PAGE(S) 115-127 , XP004695853 ISSN: 0952-3278 das ganze Dokument
MONNIER V M: "Intervention against the Maillard reaction in vivo" 1. November 2003 (2003-11-01), ARCHIVES OF BIOCHEMISTRY AND BIOPHYSICS, NEW YORK, US, US, PAGE(S) 1-15 , XP004464054 ISSN: 0003-9861 Seite 8, linke Spalte, Absatz 1
Attorney, Agent or Firm:
RUFF, WILHELM, BEIER, DAUSTER UND PARTNER (Stuttgart, DE)
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Claims:

Patentansprüche

1. Verwendung von mindestens einem Thiamin zur Prophylaxe und/ oder Behandlung von Erkrankungen, die mit DNA-Läsionen in Zu- sammenhang stehen.

2. Verwendung von mindestens einem Thiamin zur Herstellung eines Medikaments oder einer pharmazeutischen Zusammensetzung zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Erkrankungen, die mit DNA-Läsionen in Zusammenhang stehen.

3. Verwendung von mindestens einem Thiamin zur Beeinflussung, insbesondere Aktivierung oder Inhibierung, der Expression und/ oder Funktion mindestens einer Substanz in eukaryotischen ZeI- len zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Erkrankungen, die mit DNA-Läsionen in Zusammenhang stehen.

4. Verwendung von mindestens einem Thiamin zur Beeinflussung, insbesondere Aktivierung oder Inhibierung, der Expression und/ oder Funktion mindestens einer Substanz in eukaryotischen Zellen zur Herstellung eines Medikaments oder einer pharmazeutischen Zusammensetzung zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Erkrankungen, die mit DNA-Läsionen in Zusammenhang stehen.

5. Verwendung nach Anspruch 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, daß das Thiamin gegen mindestens einen Aktivator, Inhibitor, Regulator und/oder biologischen Vorläufer der Substanz gerichtet ist.

6. Verwendung nach einem der Ansprüche 3 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß es sich bei der Substanz um ein Peptid und/oder Protein, insbesondere Angiotensin, handelt.

7. Verwendung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß es sich bei dem Peptid und/oder Protein um ein modifiziertes, vorzugsweise glykosiliertes Peptid und/oder Protein handelt.

8. Verwendung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, da- durch gekennzeichnet, daß ein wasserlösliches Thiamin verwendet wird.

9. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass ein lipidlösliches Thiamin, insbesondere ein Allithi- amin, vorzugsweise Benfotiamin, verwendet wird.

10. Verwendung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß es sich bei den DNA-Läsionen um mindestens einen Einzel- und/oder Doppelstrangbruch handelt.

11. Verwendung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß es sich bei den DNA-Läsionen um Chromosomen- und/oder Genmutationen, handelt.

12. Verwendung nach Anspruch 11 , dadurch gekennzeichnet, daß es sich bei den Mutationen um Deletionen, Insertionen, Duplikationen, Translokationen, Transitionen und/oder Transversionen, handelt.

13. Verwendung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die DNA-Läsionen durch oxidative Prozesse, vorzugsweise durch oxidativen Stress, verursacht werden.

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14. Verwendung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß es sich bei den Erkrankungen um Krebs, neurodegenerative Erkrankungen, entzündliche Erkrankun- gen, vaskuläre Erkrankungen und/oder Infektionen handelt.

15. Verwendung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei den Erkrankungen um Alzheimer Erkrankung, Parkinson Erkrankung, Arteriosklerose, ZNS-Durchblutungsstörungen, ischämischer Insult, atriale Myopathie, chronische Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus und/oder diabetische Nephropathie handelt.

16. Verwendung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß das Thiamin in einer pharmazeutisch akzeptablen Verabreichungsform verwendet wird.

17. Verwendung nach ein einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß das Thiamin in einer Menge von 1 bis 500 mg, vorzugsweise in einer Menge von 300 mg bis 450 mg, je

Dosis verwendet wird.

18. Verfahren zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Erkrankungen, die mit DNA-Läsionen in Zusammenhang stehen, dadurch gekennzeichnet, daß eine therapeutisch wirksame Menge mindestens eines Thiamins verabreicht wird.

19. Verfahren nach Anspruch 18, weiter gekennzeichnet durch mindestens eines der Merkmale des kennzeichnenden Teils der An- sprüche 8 bis 17.

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20. Pharmazeutische Zusammensetzung, umfassend mindestens ein Thiamin, insbesondere zur Beeinflussung, vorzugsweise Aktivierung oder Inhibierung, der Expression und/oder Funktion mindestens einer Substanz in eukaryotischen Zellen, und mindestens einen pharmazeutisch akzeptablen Träger zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Erkrankungen, die mit DNA-Läsionen in Zusammenhang stehen.

Description:

Beschreibung

Prophylaxe und Behandlung von Erkrankungen

Die Erfindung betrifft die Prophylaxe und/oder Behandlung von Erkrankungen, die mit DNA-Läsionen in Zusammenhang stehen, sowie diesbezügliche pharmazeutische Zusammensetzungen.

Organismen sind täglich einer Vielzahl von endogenen und exogenen genotoxisch wirkenden Agenzien bzw. Bedingungen ausgesetzt. Zu diesen Agenzien bzw. Bedingungen zählen hauptsächlich reaktive chemische Verbindungen, insbesondere Karzinogene, ultraviolette Strahlung und ionisierende Strahlung. Diese können zu schwerwiegenden Strukturänderungen und damit zu Läsionen bzw. Schädigungen der DNA (de- oxyribonucleic acid) führen. Insbesondere oxidative Prozesse, vorzugsweise in Form des sogenannten oxidativen Stresses, d. h. der vermehrten Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies bzw. -radikalen (reactive oxygen species, ROS) in einer Zelle, gewinnen zunehmend an Bedeutung bei der Entstehung von zellulären DNA-Schädigungen (DNA da- mage). So wird angenommen, daß täglich im Durchschnitt mindestens ein paar hundert oxidative Angriffe an der DNA in jeder der insgesamt 5 x 10 13 menschlichen Zellen erfolgen. Zur Aufrechterhaltung der physiologischen DNA-Funktionen, insbesondere der Replikation und/oder Transkription, müssen die meisten Zellen daher über wirksame Abwehrmechanismen, insbesondere enzymatisch gesteuerte Prozesse, verfügen. Allerdings kann die Einwirkung großer Mengen an genotoxischen Agenzien, insbesondere an reaktiven Sauerstoffspezies bzw. -radikalen, und/oder unzureichende zelluläre Abwehr- bzw. Reparaturmechanismen zu persistenten DNA-Läsionen bzw. -Schädigungen führen. Diese können beispielsweise entzündliche und/oder nekrotische und/oder apopto- tische Reaktionen in den betroffenen Zellen bewirken. Die Persistenz

mutagener DNA-Schäden in proliferationskompetenten Zellen ist insbesondere ein möglicher Ausgangspunkt für die Tumorentstehung, insbesondere für die Karzinogenese.

Es konnte beispielsweise gezeigt werden, daß bei der Alzheimer-Erkrankung vermehrt oxidative DNA-Schädigungen auftreten [Kadiogiu, E., Sardas, S., Aslan, S., Isik, E., Esat Karakaya A., Detection of oxidative DNA damage in lymphocytes of patients with Alzheimer's disease, FASEB J. 2004, 18 (1), 209-211]. Weiterhin konnte anhand von Zellkulturstudien gezeigt werden, dass Vitamin B1 präventive Eigenschaften gegenüber potentiellen DNA-Schädigungen entfaltet, welche durch Bestrahlung verursacht werden können [M. Konopacka, J. Rogolinski, Thi- amine prevents X-ray induction of genetic changes in human lymphocytes in vitro, Acta Biochimica Polonica, 2004, 51 (3), 839-843]. Allerdings können die Ergebnisse von in vitro Studien nicht ohne Weiteres auf Mensch und/oder Tier übertragen werden. So handelt es sich bei den Erkrankungen, bei denen gehäuft DNA-Schädigungen auftreten, in den meisten Fällen um schwerwiegende und damit schwierig zu therapierende Zivilisationskrankheiten. Insbesondere scheint eine generelle Vorbeugung gegen DNA-Schädigungen und damit eine medizinische Prophylaxe gegen Erkrankungen, die mit DNA-Läsionen im Zusammenhang stehen, unmöglich zu sein.

Die Erfindung stellt sich vor diesem Hintergrund daher die Aufgabe, mindestens einen Stoff bereitzustellen, der zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Erkrankungen, die mit DNA-Läsionen assoziiert sind, verwendet werden kann.

Diese Aufgabe wird gelöst durch die Verwendung mindestens eines Thi- amins, wie sie in den Ansprüchen 1 bis 4 beschrieben ist. Der Anspruch 18 bezieht sich auf ein geeignetes Verfahren zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Erkrankungen, die mit DNA-Läsionen assoziiert sind.

Anspruch 20 befaßt sich mit einer entsprechenden pharmazeutischen Zusammensetzung. In den verschiedenen abhängigen Ansprüchen werden bevorzugte Ausführungsformen dieser Gegenstände beschrieben. Der Wortlaut sämtlicher Ansprüche wird hiermit durch Bezugnahme zum Inhalt der Beschreibung gemacht.

Erfindungsgemäß wird mindestens ein Thiamin zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Erkrankungen, die mit DNA-Läsionen in Zusammenhang stehen, verwendet.

Unter dem Begriff der DNA-Läsion im Sinne der vorliegenden Erfindung soll jede Form der DNA-Schädigung, insbesondere in Form von strukturellen DNA-Veränderungen bzw. -mutationen, verstanden werden. Im Fall der DNA kann es sich um jede intrazellulär vorkommende, vorzugsweise in Zellkompartimenten vorliegende, DNA-Form handeln. Vorzugsweise handelt es sich um die DNA des Zellkerns und/oder der Mito- chondrien.

Unter dem Begriff „Thiamin" im Sinne der vorliegenden Erfindung sollen sowohl das aus einem Pyrimidin- und Thiazolring aufgebaute, im engeren Sinne als Vitamin B1 bezeichnete Thiamin, als auch seine davon abgeleiteten Derivate verstanden werden. Thiamine sind lebensnotwendige Vitamine, die vom Organismus nicht selbst hergestellt werden können und daher über den Nahrungsweg aufgenommen werden müssen. Dabei werden sie in vivo in die biologisch wirksame Form aller Thiamin- derivate, das Thiaminpyrophosphat (TPP), konvertiert, wobei TPP insbesondere ein wichtiger Cofaktor von Enzymen und Stoffwechselinter- mediaten darstellt.

überraschenderweise konnte jetzt von den Erfindern in klinischen Untersuchungen festgestellt werden, daß eine Thiamin-Therapie bei den betroffenen Patienten zu einer merklichen Abnahme der DNA-Läsionen

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führte. Die DNA-Bestimmungen stützen sich dabei auf den sogenannten Mikronuklei-Frequenz-Index. Mikronuklei stellen chromatinhaltige und von einer Membran umhüllte Strukturen dar, die sich während der Mitose aus den Tochterkernen durch vollständigen Verlust von Chromosomen oder durch Verlust von Chromosomenteilen bilden. Mikronuklei können infolge von Chromosomenbrüchen (klastogene Effekte) oder durch Störung des Spindelapparates oder des Zentromer- bzw. Kineto- chor-Komplexes mit anschließender Elimination ganzer Chromosomen entstehen (aneugene Effekte). Es handelt sich um besonders sensitive Indikatoren für endogen und exogen verursachte DNA-Läsionen.

Die Erfindung umfaßt weiterhin die Verwendung von mindestens einem Thiamin zur Herstellung eines Medikaments oder einer pharmazeutischen Zusammensetzung zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Erkrankungen, die mit DNA-Läsionen in Zusammenhang stehen.

In einer weiteren Ausführungsform der vorliegenden Erfindung ist die Verwendung von mindestens einem Thiamin zur Beeinflussung, insbesondere Aktivierung oder Inhibierung, der Expression und/oder Funktion mindestens einer Substanz in eukaryotischen Zellen zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Erkrankungen, die mit DNA-Läsionen in Zusammenhang stehen, vorgesehen.

Die Erfindung umfaßt ferner die Verwendung von mindestens einem Thiamin zur Beeinflussung, insbesondere Aktivierung oder Inhibierung, der Expression und/oder Funktion mindestens einer Substanz in eukaryotischen Zellen zur Herstellung eines Medikaments oder einer pharmazeutischen Zusammensetzung zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Erkrankungen, die mit DNA-Läsionen in Zusammenhang stehen.

In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist das Thiamin gegen mindestens einen Aktivator, Inhibitor, Regulator und/oder biologi-

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sehen Vorläufer der Substanz gerichtet. Bei diesen Aktivatoren, Inhibitoren, Regulatoren und/oder biologischen Vorläufern kann es sich beispielsweise um eine Nukleinsäuresequenz handeln, vorzugsweise ein Gen und/oder mindestens Teile eines Operons, die die Expression der Substanz beeinflußt, insbesondere aktiviert oder inhibiert. Ebenso ist es denkbar, daß es sich bei den Aktivatoren, Inhibitoren, Regulatoren und/ oder biologischen Vorläufern um sogenannte Transkriptionsfaktoren handelt, die die Expression der Substanz beeinflussen, insbesondere aktivieren oder inhibieren. Weiterhin kann es sich um Zwischenprodukte einer Signaltransduktionskaskade handeln, die die Expression und/oder Funktion der Substanz beeinflußt, insbesondere aktiviert oder inhibiert.

Erfindungsgemäß ist es möglich, daß es sich bei der Substanz um ein Peptid und/oder Protein handelt, wobei es sich insbesondere um mindestens ein Angiotensin, vorzugsweise Angiotensin II, handeln kann. Das als Octapeptid vorliegende Angiotensin Il kann in erheblichem Maße zu DNA-Läsionen beitragen.

Vorzugsweise ist das Peptid und/oder Protein modifiziert. Bei derartig modifizierten Peptiden und/oder Proteinen kann es sich beispielsweise um insbesondere infolge mindestens einer Genmutation entstandene Mutanten, vorzugsweise Funktions- und/oder Mangelmutanten, des betreffenden Wildtyps handeln. So ist es beispielsweise möglich, daß Antikörper als Funktionsmutanten zu autoimmunen Reaktionen und damit zu apoptotischen Vorgängen im Organismus führen können. Als Mangelmutanten vorliegende DNA-Reparaturenzyme können beispielsweise aufgrund einer beeinträchtigten Reparaturfunktion insgesamt einen Anstieg von DNA-Läsionen bewirken.

In einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung handelt es sich bei den Modifikationen um Glykosylreste, die mindestens teilweise, vorzugsweise vollständig, aus Mono-, Di-, Oligo- oder Polysacchari-

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den bestehen. Derartig modifizierte Peptide und/oder Proteine sind vorzugsweise irreversibel glykosiliert (AGEs = advanced glycation end pro- ducts). Diese können insbesondere in Folge von oxidativem Streß in der Zelle entstehen. Dabei werden zunächst sogenannte AOPP's (advanced oxidation protein products) gebildet, die anschließend die nichtenzymati- sche Glykosilierung von Proteinen und damit die AGE-Bildung bewirken. Derartig modifizierte Peptide und/oder Proteine besitzen genotoxisches Potential, da sie in erhöhtem Umfang reaktive Sauerstoffspezies bzw. -radikale generieren, die zu einer weiteren Erhöhung des oxidativen Stresses führen.

In entsprechender Weise können in eukaryotischen Zellen vorkommende Mono-, Di-, Oligo- und/oder Polysaccharide, insbesondere Glucose, in bevorzugter Weise mit DNA reagieren, was zu entsprechenden irreversiblen Glykosilierungsprodukten (DNA-AGE's) führt. Derartig modifizierte DNA kann ebenfalls in besonderem Maße zu DNA-Läsionen beitragen, so daß die Substanz im Sinne der vorliegenden Erfindung bevorzugt auch glykosilierte DNA umfaßt.

Erfindungsgemäß kann es bevorzugt sein, daß ein wasserlösliches Thi- amin verwendet wird. Derartige Thiamine sind in wäßrigen Medien, insbesondere in Körperflüssigkeiten, gut lösbar und zwar auch in höheren Konzentrationen, so daß überschüssiges Thiamin problemlos über den Urin wieder ausgeschieden werden kann.

In einer besonders bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird ein lipidlösliches Thiamin, insbesondere ein Allithiamin, verwendet. Der Unterschied zu den wasserlöslichen Thiaminen besteht darin, daß der Thi- azoliumring des lipidlöslichen Thiamins in der offenen Thiolform vorliegt und die Thiolgruppe mit einem unpolaren Rest modifiziert ist, der vorzugsweise aromatisch und/oder aliphatisch ist. Die Verwendung lipidlös- licher Thiamine ist besonders vorteilhaft, da sie nach oraler Einnahme

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hervorragend intestinal resorbiert werden. Auf diese Weise werden bei oraler Verabreichung von lipidlöslichen Thiaminen, insbesondere von Allithiaminen, wesentlich höhere Thiaminspiegel im Blut und Gewebe von Organismen erreicht als bei der Verabreichung gleicher Mengen wasserlöslicher Thiamine. Außerdem werden lipidlösliche Thiamine, insbesondere Allithiamine, wesentlich besser im Körper zurückgehalten, d.h. in weniger großen Mengen ausgeschieden als wasserlösliche Thiamine. Dies kann vorzugsweise zu einem höheren Wirkungserfolg der lipidlöslichen Thiamine im Vergleich zu wasserlöslichen Thiaminen führen.

Bevorzugt handelt es sich bei dem lipidlöslichen Thiamin um mindestens einen Vertreter aus der Gruppe Fursulthiamin, Octotiamin, Bentiamin, Benfotiamin und deren Derivate. Vorzugsweise handelt es sich bei dem lipidlöslichen Thiamin um Benfotiamin, dessen Resorbierbarkeit im Körper proportional zur verabreichten Dosis ist. Die erfindungsgemäße Verwendung von Benfotiamin ist weiterhin vorteilhaft, da nach seiner Verabreichung ein besonders hoher intrazellulärer Spiegel an Thiaminpyro- phosphat, dem eigentlichen Wirkstoff, erreicht wird. Die geringe Toxizi- tät, die gute Verträglichkeit sowie die Fähigkeit, die Bluthirnschranke zu passieren, stellen weitere Vorzüge von Benfotiamin dar.

Bevorzugt kann es sich bei den DNA-Läsionen um mindestens einen Einzel- und/oder Doppelstrangbruch der DNA handeln. Derartige Strangbrüche bzw. Brüche in den DNA-Polynukleotidketten können insbesondere durch Einwirkung von Strahlung, insbesondere von ionisierender Strahlung, ausgelöst werden.

In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der Erfindung betreffen die DNA-Läsionen Chromosomen- und/oder Genmutationen. Bei den Chromosomenmutationen handelt es sich um Veränderungen der Chromosomenstruktur. Derartige Mutationen können insbesondere den Ver-

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lust, Austausch oder die Verdoppelung von Chromosomensegmenten, wobei beide Chromatiden eines Chromosoms gleichermaßen betroffen sind, bewirken. Chromosomenmutationen entstehen mit Ausnahme der sogenannten Defizienzen (Verlust von Chromosomenendstücken) durch illegitimes, d. h. an nicht homologen Stellen erfolgendes Crossing Over. Illegitimes Crossing Over innerhalb eines Chromosoms kann zu Deletio- nen (Verlust eines Mittelstücks), Inversionen (Austausch der beiden Chromosomenenden) oder zur Bildung von sogenannten Ringchromosomen führen. Der Austausch verschieden langer Endstücke zwischen zwei homologen Chromosomen kann auf dem einen Chromosom eine Deletion, auf dem anderen eine Duplikation bzw. Verdopplung eines mittleren Abschnitts verursachen. Illegitimes Crossing Over zwischen zwei nicht homologen Chromosomen kann Translokationen (Austausch von Endstücken) bewirken.

Im Falle der Genmutationen bleiben die strukturellen Veränderungen des Genoms vorzugsweise auf einem bestimmten Abschnitt eines Gens beschränkt. Zu den Genmutationen zählen beispielsweise Deletionen und Insertionen, die üblicherweise nur wenige Basenpaare betreffen. Bei den Insertionen kann es sich insbesondere um sogenannte transponierbare Elemente, d. h. Bereiche von DNA, die mit relativ hoher Frequenz ihre Position innerhalb des Genoms ändern können (Transposition), handeln. Weiterhin zählen zu den Genmutationen die auf Basen-Austausch basierenden Punktmutationen, vorzugsweise Transversionen (Austausch einer Purinbase gegen eine Pyrimidinbase oder umgekehrt) und Transitionen (Austausch einer Purinbase gegen eine andere Purinbase bzw. einer Pyrimidinbase gegen eine andere Pyrimidinbase).

Genmutationen, insbesondere Punktmutationen, können ihrerseits durch vorausgehende Strukturveränderungen der DNA, vorzugsweise der DNA-Basen, induziert werden. So induziert beispielsweise 8-Hydroxy- Deoxyguanosin, das durch oxidativen Streß aus dem DNA-Baustein

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Guanosin entsteht, G→T Transversionen, die insbesondere in mutierten Onkogenen und Tumorsupressorgenen beobachtet werden können. Die Desaminierung von Nukleinsäurebasen kann zu DNA-fremden Basen, insbesondere Hypoxanthin, Xanthin und Uracil, führen. Weiterhin können derartige Genmutationen, insbesondere Punktmutationen, durch Al- kylierungen, insbesondere Methylierungen und/oder Ethylierungen, der DNA-Basen ausgelöst werden. So bewirkt beispielsweise eine Ethylie- rung des Guanins eine Transition, indem das auf diese Weise modifizierte Guanin eine Basenpaarung mit Thymin anstatt mit Cytosin eingeht. Bevorzugt handelt es sich bei den vorausgehenden Strukturveränderungen der DNA um die bereits beschriebene irreversible Glykosolierung von DNA unter Ausbildung von DNA-AGEs.

Bevorzugt können die hier beschriebenen DNA-Läsionen durch oxidati- ve Prozesse, vorzugsweise durch oxidativen Streß, d. h. durch vermehrte intrazelluläre Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies bzw. -radikalen, verursacht werden.

In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung handelt es sich bei den Erkrankungen, die mit DNA-Läsionen in Zusammenhang stehen, um Krebserkrankungen. Wie bereits erwähnt, können DNA-Läsionen eine erhöhte Zeilproliferation bewirken, die Ausgangspunkt für die Tumorentstehung, insbesondere die Bildung von Karzinomen, sein kann. Erfindungsgemäß kann es sich aber auch um degenerative Erkrankungen, vorzugsweise neurodegenerative Erkrankungen, insbesondere AIz- heimersche oder Parkinsonsche Krankheit, handeln. Entzündliche Erkrankungen, insbesondere Autoimmunerkrankungen, vorzugsweise Arthritis, kardiovaskuläre Erkrankungen, beispielsweise atriale Myopathie, oder andere vaskuläre Erkrankungen, insbesondere Arteriosklerose, Durchblutungsstörungen, vorzugsweise im Zentralnervensystem (ZNS), oder ischämischer Insult, sowie Infektionen zählen neben chronischer Niereninsuffizienz und Diabetes mellitus, insbesondere diabeti-

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sehe Nephropathie, ebenso zu den bevorzugten Erkrankungen, die mit der erfindungsgemäßen Verwendung behandelt werden können.

Mit Vorteil wird das Thiamin in einer medizinisch verträglichen Verabreichungsform verwendet. Dabei ist eine orale Verabreichungsform, beispielsweise in Form von Kapseln, Dragees, Tabletten, Filmtabletten, Lutsch-, Kau-, Brausetabletten, Trinklösungen oder Tropfen, besonders bevorzugt. Es sind jedoch auch parenterale Verabreichungsformen denkbar, beispielsweise in Form von Injektions- oder Infusionslösungen oder als Zäpfchen.

In einer weiteren Ausführungsform der Erfindung wird das Thiamin in einer Menge von 1 bis 500 mg je Dosis, vorzugsweise pro Tag, verwendet. In einer besonders bevorzugten Ausführungsform wird Benfotiamin in einer täglichen Dosis von 300 mg oder 450 mg verwendet. Die Behandlung erfolgt vorzugsweise über mehrere Monate. Vorzugsweise wird bei einer Behandlung Benfotiamin in einer täglichen Dosis von zwei mal einer Tablette (300 mg pro Tag) während der ersten 2 Monate und in einer anschließenden Dosissteigerung von drei mal einer Tablette (450 mg pro Tag) über einen Zeitraum von 4,5 Monaten verabreicht.

Die Erfindung umfaßt auch ein Verfahren zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Erkrankungen, die mit DNA-Läsionen in Zusammenhang stehen, wobei eine therapeutisch wirksame Menge mindestens eines Thiamins verabreicht wird. Bezüglich weiterer Merkmale des Verfahrens wird auf die obige Beschreibung verwiesen. Vorzugsweise wird das Thiamin in einer täglichen Dosis von 1 bis 500 mg verabreicht, besonders bevorzugt in einer Menge von 300 mg oder 450 mg je täglicher Dosis.

Schließlich umfaßt die Erfindung eine pharmazeutische Zusammensetzung, die mindestens ein Thiamin, insbesondere zur Beeinflussung, vorzugsweise Aktivierung oder Inhibierung, der Expression und/oder Funk-

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tion mindestens einer Substanz in eukaryotischen Zellen, und mindestens einen pharmazeutisch akzeptablen Träger umfaßt zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Erkrankungen, die mit DNA-Läsionen in Zusammenhang stehen. Bezüglich weiterer Merkmale der pharmazeutischen Zusammensetzung wird ebenfalls auf die obige Beschreibung verwiesen.

Einzelheiten zu den beschriebenen Merkmalen sowie weitere Merkmale der Erfindung ergeben sich aus der folgenden Beschreibung eines Beispiels in Verbindung mit den Figuren und Unteransprüchen. Hierbei können die einzelnen Merkmale jeweils für sich oder in Kombination miteinander verwirklicht sein.

In den Figuren zeigen:

Fig. 1 die Ergebnisse des Mikronuklei (MN)-Häufigkeitstest bei Patienten, die mit Benfotiamin behandelt wurden,

Fig. 2 zeitabhängiger Rückgang der DNA-Läsionen durch eine Ben- fotiaminbehandlung,

Fig. 3 Ergebnis des MN-Häufigkeitstest vor und nach einer Benfoti- aminbehandlung.

Figur 1 :

Es werden die Ergebnisse einer Benfotiamin-Behandlung anhand einer durchgeführten Patientenstudie (14 Patienten und eine Kontrollperson) graphisch gezeigt. Auf der Ordinate ist die sogenannte Mikronuklei- Frequenz (Mikronuklei-Häufigkeit) pro 1000 binukleärer Zellen (Zellen mit Tochterkernen) angegeben. Die auf der Abszisse angeführten Ziffern entsprechen jeweils einem Patienten der Studie, wobei die Ziffer 29 einer unbehandelten Kontrollperson entspricht. Die Patienten leiden an einer

chronischen Nephropathie, wobei die Nephropathie bei der Hälfte der Patienten diabetisch bedingt ist. Die hellen Balken der Graphik geben die Mikronuklei-Frequenz vor der Benfotiamin-Behandlung wieder. Die dunklen Balken der Graphik geben die Mikronuklei-Frequenz nach der Benfotiamin-Behandlung wieder. Der Graphik lässt sich deutlich entnehmen, dass sich die Mikronuklei-Frequenz bei allen behandelten Patienten gegenüber dem jeweils unbehandelten Zustand verringert hat.

Fig. 2:

Es wird das Ergebnis einer Benfotiamin-Behandlung über mehrere Monate graphisch wiedergegeben. Auf der Ordinate ist die Mikronuklei- Frequenz pro 1000 binukleärer Zellen aufgetragen. Auf der Abszisse ist die Zeit in Monaten wiedergegeben. Der linke Balken gibt die Mikronuklei- Frequenz vor Beginn der Benfotiamin-Behandlung an (Zeitpunkt 0 auf der Abszisse). Der zweite Balken von links gibt die Mikronuklei-Frequenz nach einer Behandlungszeit von 1 ,5 Monaten wieder. Der zweite Balken von rechts gibt die Mikronuklei-Frequenz nach einer Behandlungszeit von 3 Monaten wieder. Der rechte Balken gibt die Mikronuklei-Frequenz nach einer Behandlungszeit von 4,5 Monaten wieder. Die Graphik macht deutlich, dass die Mikronuklei-Frequenz bzw. -Häufigkeit, d.h. DNA-Läsionen, mit fortschreitender Behandlungsdauer zunehmend reduziert werden.

Fig. 3:

Es wird das Ergebnis einer Untersuchung über die Frequenz bzw. Häufigkeit von Mikronuklei vor und nach einer Benfotiamin-Behandlung wiedergegeben. Die Ordinate gibt die Mikronuklei-Frequenz pro 1000 binukleärer Zellen wieder. Die Abszisse gibt den Behandlungsstatus wieder. Der linke Balken zeigt die Frequenz der Mikronuklei vor der Benfotiamin- Behandlung. Der rechte Balken gibt die Frequenz der Mikronuklei nach der Benfotiamin-Behandlung wieder. Die Graphik zeigt deutlich, dass die Häufigkeit von Mikronuklei, d.h. von DNA-Läsionen, nach der Benfotiamin- Behandlung geringer ist als vor der Behandlung.

Beispiel:

In einer klinischen Untersuchung wurde der Einfluß von Benfotiamin auf DNA-Läsionen bei 14 Patienten, die an einer chronischen Nephrophatie leiden (50% der Fälle diabetisch bedingt), untersucht. Hierzu wurde Benfotiamin in einer täglichen Dosis von zwei mal einer Tablette (300 mg pro Tag) während der ersten 2 Monate und in einer anschließenden Dosissteigerung von drei mal einer Tablette (450 mg pro Tag) über einen Zeitraum von 4,5 Monaten verabreicht. Die DNA-Bestimmungen stützen sich auf den sogenannten Mikronuklei-Frequenz-Index, der im Biomonitoring von DNA-Schäden seit langer Zeit als besonders sensitiver Indikator etabliert ist. Dabei konnte bei allen Patienten eine deutliche bis teilweise hochsignifikante Abnahme der DNA-Läsionen festgestellt werden (Figur 1 ), wobei auch eine deutliche Zeitabhängigkeit des Effektes nachgewiesen werden konnte (Figur 2).

Dies rechtfertigt den Schluß, daß die Anzahl solcher schädlicher DNA- Läsionen nicht nur im vorliegenden Fall, sondern auch bei anderen Erkrankungen, die ursächlich auf das Vorhandensein von DNA-Läsionen zurückzuführen sind, reduziert werden können. Verabreicht man die entsprechende Substanz, hier das Benfotiamin, noch ohne daß Symptome einer Erkrankung vorliegen, ist die Wirkung prophylaktisch.