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Title:
PROTHROMBIN DERIVATIVES
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/1996/041868
Kind Code:
A2
Abstract:
The invention relates to novel prothrombin mutants or derivatives thereof having one or more changes in the protein sequence as against the natural protein, are either inactive or have an activity of 10 % at the most and preferably no more than 0.25 % of the natural protein and have a bonding capacity to natural ligands (natural or artificial anticoagulants) essentially corresponding to that of the natural protein. The description also relates to the use of mutated prothrombin mutants or derivatives as pharmaceutical preparations.

Inventors:
FISCHER BERNHARD (AT)
SCHLOKAT UWE (AT)
MITTERER ARTUR (AT)
FALKNER FALKO-GUENTER (AT)
EIBL JOHANN (AT)
Application Number:
PCT/AT1996/000105
Publication Date:
December 27, 1996
Filing Date:
June 12, 1996
Export Citation:
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Assignee:
IMMUNO AG (AT)
FISCHER BERNHARD (AT)
SCHLOKAT UWE (AT)
MITTERER ARTUR (AT)
FALKNER FALKO GUENTER (AT)
EIBL JOHANN (AT)
International Classes:
A61K38/46; A61K38/55; A61P7/02; C12N9/64; C12N15/09; C12N9/74; C12N15/57; C12P21/04; C12Q1/56; G01N33/53; G01N33/86; A61K38/00; (IPC1-7): C12N9/74; A61K38/48; C12Q1/56; G01N33/68; G01N33/573
Domestic Patent References:
WO1992014750A11992-09-03
WO1993015757A11993-08-19
WO1995013385A21995-05-18
Foreign References:
EP0380443A21990-08-01
Other References:
PROCEEDINGS OF THE NATIONAL ACADEMY OF SCIENCES OF USA, Bd. 88, August 1991, WASHINGTON US, Seiten 6775-6779, XP002017604 Q. WU ET AL: "Single amino-acid substitutions dissociate fibrinogen-clotting and thrombomodulin-binding activities of human thrombin"
EMBO JOURNAL, Bd. 9, Nr. 8, 1990, Seiten 2361-2365, XP002017605 M. GR]TTER ET AL: "Crystal structure of the thrombin-hirudin complex"
BIOCHEMISTRY, Bd. 26, 1987, Seiten 6165-6177, XP002017606 S. DEGEN AND E. DAVIE: "Nucleotide sequence of the gene for human prothrombin"
EMBO JOURNAL, Bd. 8, Nr. 11, 1989, Seiten 3467-3475, XP002017607 W. BODE ET AL: "The refined 1.9 A crystal structure of human alpha-thrombin"
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Claims:
P a t e n t a n s p r ü c h e
1. : Prothrombinmutante oder Derivat davon, dadurch gekennzeich¬ net, daß es gegenüber dem natürlichen Protein eine oder mehrere Veränderungen in der Proteinsequenz aufweist, keine oder eine Aktivität von höchstens etwa 10 %, vorzugsweise von höchstens etwa 0,25 % des natürlichen Protein aufweist und bei der die Veränderung der Proteinsequenz die Bindungskapazität zu spezi¬ fischen Liganden und Rezeptoren nicht beeinflußt.
2. Prothrombinmutante oder Derivat davon nach Anspruch 1, da¬ durch gekennzeichnet, daß sie eine in vivoHalbwertszeit von mehr als einer Stunde aufweist.
3. Prothrombinmutante oder Derivat davon nach Anspruch 1, da¬ durch gekennzeichnet, daß sie eine in vivoHalbwertszeit von maximal 10 Minuten aufweist.
4. Prothrombinmutante oder Derivat davon nach einem der An¬ sprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Veränderung mindestens ein Aminosäurenaustausch, eine Deletion oder eine Insertion ist.
5. Prothrombinmutante oder Derivat davon, nach einem der An¬ sprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Veränderung mindestens eine Aminosäure aus dem aktiven Zentrum betrifft.
6. Prothrombinmutante oder Derivat davon, nach einem der An¬ sprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Veränderung mindestens eine Aminosäure, ausgewählt aus den Aminosäuren His 363 oder Asp419 und gegebenenfalls Cys293 oder Cys439, bezo¬ gen auf die Aminosäurennumerierung in Prothrombin gemäß Fig.1, betrifft.
7. Prothrombinmutante oder Derivat davon nach einem der An¬ sprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Aminosäure Asp 419 gegen Asn ausgetauscht ist.
8. Prothrombinmutante oder Derivat davon als Arzneimittel.
9. Verwendung von Prothrombinmutanten oder Derivaten davon zur Herstellung einer Präparation zur Verhinderung von Nebeneffekten bei einer Antikoagulationsbehandlung.
10. Verwendung nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß die Antikoagulationsbehandlung mit Hirudin, Heparin, Antithrombin III und/oder deren Derivaten durchgeführt wird.
11. Verwendung von Prothrombinmutanten oder Derivaten davon zur Herstellung einer Präparation, welche antagonistische Wirkung gegenüber einem natürlichen oder synthetischen Thrombininhibi tor, insbesondere Hirudin, Heparin, Antithrombin III und/oder deren Derivaten, aufweist.
12. Verwendung von Prothrombinmutanten und Derivaten davon als Antikoagulans.
13. Verwendung von Prothrombinmutanten oder Derivaten davon zur Herstellung einer Präparation zur Antikoagulationsbehandlung.
14. Verfahren zur Herstellung von Prothrombinmutanten oder Deri¬ vaten davon nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekenn¬ zeichnet, daß die genetische Information für Prothrombin mu¬ tiert, vorzugsweise punktmutiert, und in einem eukaryotischen Expressionssystem exprimiert wird und anschließend das expri¬ mierte Derivat gewonnen wird.
15. Verfahren nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, daß das exprimierte Derivat ein mutiertes Prothrombinderivat ist und in einem weiteren Schritt durch Behandlung mit einer geeigneten Protease, wie Trypsin, Ecarin oder 0. scvutellatus Venom, ge¬ spalten wird.
16. Pharmazeutische Präparation enthaltend ein rekombinante Prothrombinmutante oder ein Derivat davon.
17. Pharmazeutische Präparation nach Anspruch 16, dadurch ge kennzeichnet, daß sie im wesentlichen frei von viralen Kontami¬ nationen und Verunreinigungen durch RestDNA von der Expressi onszellinie ist.
18. Vorrichtung zur Quantifizierung von Derivaten von Prothrom ■ bin oder Prothrombinmutanten, Thrombin, Thrombinmutanten, Meizo¬ thrombin oder Meizothrombinmutanten und/oder Hirudin oder Hiru¬ dinderivaten, welche eine feste Matrix mit einem darauf immobi¬ lisierten Hirudin oder Hirudinderivat umfaßt.
19. Vorrichtung nach Anspruch 18, dadurch gekennzeichnet, daß die feste Matrix durch die Fläche einer Mikrotiterplatte gebil¬ det ist.
20. Testkit, welcher eine Vorrichtung nach Anspruch 18 oder 19 und einen oder mehrere Behälter mit Reagentien für eine spezi¬ fische Detektionsreaktion, vorzugsweise eine spezifische Detek¬ tionsreaktion, enthält.
21. Testkit nach Anspruch 20, welcher weiters einen Behälter mit einer ein Trägerprotein beinhaltenden physiologischen Puffer¬ lösung enthält.
22. Testkit nach Anspruch 19 oder 20, wobei das Reagens für eine spezifische Detektionsreaktion eine markierte Thrombinbindende Substanz ist.
23. Testkit nach Anspruch 22, dadurch gekennzeichnet, daß die markierte Thrombinbindende Substanz ein Farbstoffmarkierter monoklonaler oder polyklonaler Antikörper gegen Thrombin ist.
24. Testkit nach einem der Ansprüche 20 bis 23, welcher weiters eine Thrombinhältige Referenzlösung enthält.
25. Verfahren zur Quantifizierung von Derivaten von Prothrombin, Prothrombinmutanten, Thrombin, Thrombinderivaten, Meizothrombin oder Meizothrombinmutanten, gekennzeichnet durch die folgenden Schritte: Inkubieren einer Lösung, enthaltend eine zu quantifizie¬ rende Substanz mit einem Hirudin oder Hirudinderivat, wel¬ ches auf einer festen Matrix immobilisiert ist, wobei die Substanz an immobilisiertes Hirudin oder Hirudinderivat gebunden wird, Durchführen einer spezifischen Detektionsreaktion, wobei die Menge an der gebundenen Substanz bestimmt wird.
26. Verfahren nach Anspruch 25, dadurch gekennzeichnet, daß eine Vorrichtung nach einem der Ansprüche 18 oder 19 bzw. ein Testkit nach Anspruch 20 bis 24 eingesetzt wird.
27. Verfahren nach Anspruch 25 oder 26, dadurch gekennzeichnet, daß bei der spezifischen Detektionsreaktion eine Farbreaktion eingesetzt wird, wobei die Konzentration der Substanz durch Korrelation mit der Intensität der Farbreaktion bestimmt wird.
28. Verfahren zur Quantifizierung von Hirudin oder Hirudinderi¬ vaten, gekennzeichnet durch die folgenden Schritte: Inkubieren einer Lösung mit einer zu quantifizierenden Menge an Hirudin oder Hirudinderivat mit einer Lösung mit einer bekannten Menge an freiem Thrombin oder Thrombin¬ derivat, Bestimmen der nach dem Inkubieren mit dem Hirudin oder Hirudinderivat verbliebenen freien Thrombin oder Thrombin derivatKonzentration durch ein Verfahren nach einem der Ansprüche 25 bis 27 und Bestimmen der Menge an Hirudin oder Hirudinderivat durch Rückrechnen aufgrund der Unterschiede zwischen der ursprüng¬ lichen bekannten und der bestimmten Menge an Thrombin oder Thrombinderivat.
29. Verwendung einer Vorrichtung nach Anspruch 18 oder 19 bzw. eines Testkits nach Anspruch 20 bis 24 zur Quantifizierung von Derivaten von Prothrombin oder Prothrombinmutanten, vorzugsweise Thrombin, Thrombinderivaten, Meizothrombin, Meizothrombinderiva ten, Hirudin oder HirudinDerivaten.
Description:
Prothrombin-Derivate

Die Erfindung betrifft neue Prothrombinmutante oder Derivate davon, die als Antagonisten ihrer natürlichen Funktion einge¬ setzt werden können.

Der Mechanismus der Blutkoagulation erfolgt normalerweise in einer Kaskade von zwei möglichen Wegen. Eine der Routen, die sogenannte extrinsische Blutgerinnung, beginnt mit der Freiset¬ zung von Thromboplastin und Aktivierung von Faktor VII. Akti¬ vierter Faktor VII wiederum aktiviert Faktor X, gefolgt von einer Aktivierung von Faktor V und Faktor II (Prothrombin). Faktor Ha (Thrombin) wandelt Fibrinogen zu Fibrin am Ende der Kaskade um.

Die andere Route, die sogenannte intrinsische Blutgerinnung, erfolgt über eine Aktivierung von Faktor XII durch Kontakt und anschließender Aktivierung von Faktor XI Faktor IX und Faktor X in Anwesenheit von Calcium und Faktor VIII, gefolgt von einer Aktivierung von Faktor II zu Faktor Ha, der die Koagulation durch Spaltung von Fibrinogen zu Fibrin auslöst. Faktor Ha spielt daher in beiden Routen der Blutgerinnungskaskade eine zentrale Rolle. Bisher wurde intensiv nach Antikoagulantien ge¬ forscht, die insbesondere bei der Behandlung von septischem Schock, bei Thrombosen, Embolien, Arteriosklerose und bei Herz¬ infarkten, ferner bei Bluttransfusionen oder nach Operationen eingesetzt werden können. Eine Methode zur Unterdrückung der Blutgerinnung ist die direkte Verabreichung von Substanzen, die Thrombin inhibieren.

Bisher wurden als Antikoagulantien Heparin oder Coumarin ein¬ gesetzt. Diese sind allerdings relativ systemisch und erhöhen das Risiko für innere Blutungen. Hirudin hingegen ist extrem spezifisch in seiner Bindung an Thrombin und bietet gegenüber den anderen Antikoagulantien noch weiter Vorteile. Es braucht keine endogenen Cofaktoren, ist pharmakodynamisch inert, zeigt keinerlei Wirkung auf Blutzellen, Plasmaproteine (mit Ausnahme von Thrombin) oder Enzyme, und ist auf Grund seiner kleinen Molekülgröße nicht immunogen. Weiters lagert sich Hirudin nicht

in Organe ein und wird unverändert im Harn ausgeschieden.

Hirudin ist ein einkettiges Polypeptid aus 65 Aminosäuren, das natürlicherweise durch den medizinischen Blutegel (Hirudo medicinalis) in dessen sekretorischen Drüsen gebildet wird. Hirudin wirkt als äußerst stark bindender und sehr spezifischer Inhibitor gegenüber der Protease Thrombin und verhindert die Blutgerinnung. Der Mechanismus der Wirkung von Hirudin als Thrombininhibitor ist aufgeklärt: Der C-terminale Teil von Hiru¬ din bindet an die Anionenbindungsstellen des Thrombins und be¬ legt somit die Bindungsstelle der Fibrinogenkette am Thrombin. Zusätzlich blockiert der N-terminale Teil von Hirudin das aktive Zentrum von Thrombin (Szyperski et al. 1992, J. Mol. Biol. 228: 1206-1211; Fenton et al. 1991, Blood Coagul. Fibrinol.2: 69-75; Rydel et al. 1990, Science 249: 277-280; Karshikov et al. 1992, Prot. Science 1: 727-735; Markwardt 1991, Thromb. Haemost. 66: 141-152). Aus diesem Grund besteht schon seit längerem ein Interesse für die Verwendung von Hirudin als spezifisches Anti- koagulans.

Seit kurzem ist man in der Lage, große Mengen an Hirudin auf rekombinantem Wege herzustellen und für pharmakologische Unter¬ suchungen zu verwenden (Rigel et al. 1993, Circl. Res. 72: 1091- 1102; Loison et al. 1988, Biotechnol. 6: 72-77; Zawilska et al. 1993, Thromb. Res. 69: 315-320; Klöcking et al. 1990, Blut 60: 129; Fareed und Walenga 1989, FASEB J. 3: 328; Markwardt et al. 1988, Pharmazie 43: 202-207). Dabei ergeben sich mehrere klini¬ sche Anwendungen für Hirudin: in der Hämodialyse, als Antikoa- gulans während der pulmonaren transluminalen koronären Angio- plastie (PTCA), zur Prophylaxe von postoperativer Thrombose, zur Verhinderung einer Re-Thrombose, zur microvaskulären Chirurgie, als Antikoagulans in der Hämodialyse und bei extrakorporaler Zirkulation, als Beimischung zu Thrombolytika wie z.B. Plasmino- genaktivatoren und Streptokinase, als Antikoagulans während der Operation und für die klinische Gerinnungsunterdrückung.

Bei Gabe von Antikoagulantien ist jedoch eine exakte Dosierung schwierig. Zum Beispiel kann die von Hirudin verursachte Hemmung von Thrombin in der Blutzirkulation ungewollt zu Komplikationen

und Blutungen führen, die eine sofortige Eliminierung von Hiru¬ din aus der Zirkulation erforderlich machen (Fareed et al. 1991, Sem. Thromb. Hemost. 17: 137-144; Brüggener et al. 1989, Pharma¬ zie 44: 648-649; Fareed und Walenga 1989, FASEB J. 3: 328). Al¬ lerdings ist die Bestimmung des Hirudinspiegels (Differenzierung freies und gebundenes Hirudin) im Blut und eine Verlaufskontrol¬ le der Hirudin-Ausscheidung nur indirekt über die Bestimmung der Thrombin-Aktivität möglich. Zur Zeit besteht nur die Möglich¬ keit, den Hirudinspiegel im Blut durch natürliche Ausscheidung und gegebenenfalls mittels Dialyse zu reduzieren. Auch die Gabe von Prothrombin wurde vorgeschlagen (Walenga et al. Sem. Thromb. Hemost. 15:316:1989), jedoch ist die Umwandlung von Prothrombin in Thrombin in der Zirkulation zeitabhängig. Ein Überschuß an Thrombin begünstigt andererseits wieder die Gerinnungsneigung. Nicht zuletzt bildet Hirudin mit Thrombin einen sehr starken Komplex, der selbst in vitro nur schwer dissoziierbar ist, so daß eine Dosierung des Hirudinspiegels über einen Verdrängungs¬ mechanismus realistischerweise bisher nicht praktikabel war.

Es wurde daher im Stand der Technik intensiv nach einem brauch¬ baren Antagonisten zu Hirudin gesucht, der gezielt einsetzbar ist und keine die Blutgerinnung betreffenden Nebenwirkungen zeigt. Obwohl dies ein bekanntes Problem der Hirudinforschung ist (Markwardt F., Haemostasis 21:11; 1991), gibt es bis dato keine praktikablen, in der Medizin einsetzbaren Lösungen.

Es wurde vorgeschlagen (Brüggener et al., Pharmazie 44:648; 1989), eine chemische Veränderung des Thrombins vorzunehmen. Da¬ bei wurde Diisopropylfluorophosphat an Thrombin, das aus Plasma gereinigt wurde, gekoppelt. DIP lagert sich in das aktive Zen¬ trum von Thrombin ein, wodurch die dreidimensionale Struktur des katalytischen Bereiches verändert wird. Das entstandene DIP- Thrombin ist enzymatisch inaktiv, bindet aber Hirudin. Aller¬ dings ist Diisopropylfluorophosphat äußerst giftig und gefähr¬ lich. Auf Grund der nicht sehr stabilen Bindung von DIP an Thrombin kann DIP leicht abdissoziieren. Ein in vivo zerfallen¬ der DIP-Thrombin-Komplex ist für die Anwendung im klinischen Bereich daher völlig ungeeignet.

In der WO 93/15757 werden Prothrombin-Intermediate als Antidote zu Hirudin vorgeschlagen. Diese Produkte sind allerdings mit den üblichen Gefahren belastet, die allgemein Präparaten, die aus Plasma gewonnen werden, anhaften, z. B. Kontaminationen durch humanpathogene Viren.

Neben der Verwendung von Heparin, Coumarin und Hirudin zur Ver¬ hinderung der Blutgerinnung sind ebenfalls auch synthetische Thrombininhibitoren wie NAPAP (Na-(2-Naphthylsulforyl-glycyl)- D,L-amidinophenylalanin-peptid) oder PPACK (D-Phe-Pro-Arg-CHCl) bekannt. Ferner wurde u.a. in Betracht gezogen, modifizierte Proteine, wie z.B. inaktivierte Koagulationsfaktoren, direkt als Antikoagulantien einzusetzen. Ein besonderes Problem dabei ist, daß das modifizierte Protein in vivo möglicherweise schneller als das Wildtyp-Protein aus dem Blut entfernt werden könnte. Der Koagulationsprozeß, umfassend das Zusammenwirken der intrinsi- schen und extrinsischen Blutgerinnungskaskade und Zeiloberflä¬ chenrezeptoren, ist sehr komplex. Ein in vivo für die Therapie oder Prophylaxe einsetzbarer, inaktivierter Koagulationsfaktor sollte sich daher vom natürlichen Protein, außer durch seine stark reduzierte oder vollständig inhibierte Koagulationsakti¬ vität in keiner weiteren wesentlichen Eigenschaft wie z.B. Rezeptorbindungskapazität unterscheiden. Wünschenswert wäre eine in vivo-Halbwertszeit des inaktiven Proteins, die der des akti¬ ven Koagulationsfaktor entspricht oder sogar erhöht ist. Da ins¬ besondere Thrombin eine sehr kurze in vivo-Halbwertszeit be¬ sitzt, würde ein inaktiver Koagulationsfaktor mit verlängerter Halbwertszeit das aktive Protein, z.B. Thrombin, bei einer kom- petitiven Hemmung verstärkt von seinem Rezeptor verdrängt. Dies hätte den Vorteil, daß zur effizienten Antikoagulanswirkung des inaktiven Proteins nur eine relativ geringe Dosis verabreicht werden müßte.

Die vorliegende Erfindung stellt sich daher die Aufgabe, einen medizinisch einsetzbaren Antagonisten von Hirudin zur Verfügung zu stellen, der im wesentlichen keine enzy atische Aktivität aufweist, die die Blutgerinnung fördert.

Eine weitere Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht darin,

einen inaktiven Koagulationsfaktor zur Verfügung zu stellen, der sich in den wesentlichen Eigenschaften wie z.B. Rezeptorbin¬ dungskapazität nicht vom natürlichen Protein unterscheidet und bei dem gegebenenfalls die in vivo Halbwertszeit erhöht ist.

Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch neue Prothrombinmutan¬ ten oder Derivate davon gelöst, die gegenüber dem natürlichen Protein eine oder mehrere Veränderungen in der Proteinsequenz aufweisen, entweder inaktiv sind oder aber höchstens eine Akti¬ vität von etwa 10 %, vorzugsweise höchstens etwa 0,25 %, des natürlichen Proteins aufweisen und bei denen die Veränderung der Proteinsequenz die Bindungskapazität zu thrombinspezifischen Li¬ ganden und Rezeptoren, wie natürliche und synthetische Antikoa¬ gulantien, nicht beeinflußt. Die erfindungsgemäßen Prothrombin¬ mutanten oder ihre Derivate unterscheiden sich funktionell außer durch eine stark oder vollständig reduzierte Koagulationsaktivi¬ tät und gegebenenfalls einer veränderten in vivo Halbwertszeit nicht von ihrem natürlich vorkommenden Protein.

Unter mutierten Prothrombinmutanten oder Derivaten davon werden im Rahmen der vorliegenden Erfindung sämtliche von der Protein¬ sequenz des Prothrombin ableitbaren Proteine verstanden, die die wesentlichen Bindungsdeterminanten des Thrombins aufweisen, wel¬ che zur Bindung an die thrombinspezifischen, natürlichen und synthetischen Antikoagulantien notwendig sind. Es sollte daher die Struktur der Prothrombinmutante im Vergleich zum Wildtyp- Protein bzw. zu dessen proteolytischen Derivaten möglichst nicht allzu stark durch die Mutationen verändert werden, so daß eine optimale Bindung zu den Liganden, insbesondere zu den natürli¬ chen Liganden, gewährleistet wird.

Daher ist eine wesentliche Voraussetzung für die erfindungsge¬ mäßen Mutanten und Derivate, daß die Veränderung der Proteinse¬ quenz die Bindungskapazität zu thrombinspezifischen Liganden und Rezeptoren, wie natürliche und synthetische Antikoagulantien, nicht beeinflußt.

Es ist davon auszugehen, daß die erfindungsgemäßen Mutanten bzw. Derivate eine Bindungskapazität von zumindest 80 % der Bindungs-

kapazität des natürlichen Thrombins aufweisen müssen, so daß die Bindungskapazität als nicht beeinflußt angesehen werden kann. Auch Mutanten bzw. Derivate, welche eine höhere Bindungskapazi¬ tät als das natürliche Thrombin aufweisen, fallen selbstver¬ ständlich unter die vorliegende Erfindung.

Das Maß an Bindungskapazität kann mit jeder geeigneten Methode analysiert werden, beispielsweise mit Antikoagulantien-kompeti- tiver Analyse zwischen Mutante bzw. Derivat und natürlichem Thrombin (Gan et al., 1993), mit Untersuchungen zur Bindungs¬ affinität gegenüber künstlichen Inhibitoren (z.B. mit DAPA (= Dansylarginin-N-(3-ethyl-l,5-pentandiyl)-amid); Pei et al., J.Biol.Chem. 266: 9598, 1991) oder mittels Untersuchung der Bindungsaffinität an einem immobilisierten natürlichen und syn¬ thetischen Antikoagulans bzw. Inhibitor.

Bei letzterem wird das natürliche synthetische Antikoagulans bzw. der Inhibitor an einer festen Matrix immobilisiert, eine das zu untersuchende Derivat in einer bestimmten Menge enthal¬ tende Probe mit dem natürlichen und synthetischen Antikoagulans bzw. dem Inhibitor in Kontakt gebracht, die Menge an gebunde¬ ner^) Mutante bzw. Derivat bestimmt und die Ergebnisse mit einer Parallelbestimmung mit natürlichem Thrombin relativiert.

Die erfindungsgemäßen Mutanten bzw. Derivate sollen vorzugsweise gänzlich inaktiv sein, d.h. sie sollen keinerlei Thrombin- oder Thrombin-analoge Aktivität aufweisen. Jedoch können Derivate mit geringfügiger Aktivität ebenfalls erfolgreich erfindungsgemäß verwendet werden, da eine Aktivität von höchstens etwa 10 %, insbesondere von höchstens 0,25 % des natürlichen Thrombins bei der Verabreichung der erfindungsgemäßen Derivate im allgemeinen nicht zu unerwünschten Nebeneffekten, wie z.B. Gerinnungsnei- gung, führt.

Die erfindungsgemäßen Mutanten bzw. Derivate zeichnen sich wei¬ ters dadurch aus, daß sie einen Komplex mit Hirudin bilden kön¬ nen, und dadurch imstande sind, Hirudin zu neutralisieren. Fer¬ ner können sie einen Komplex, der aus plasmatischem oder rekom- binantem wt-Thrombin mit Hirudin besteht, dissoziieren und das

dadurch freigewordene Hirudin ko plexieren. Daraus ergibt sich außerdem, daß das freigewordene plasmatische oder rekombinante Wildtyp (wt)-Thrombin wieder aktiv ist und seiner Aufgabe bei der Blutgerinnung nachkommen kann. Dies ist auch erfindungsgemäß ein notwendiger Parameter für den therapeutischen Einsatz der Thrombinderivate.

Bevorzugte Ausführungsformen der erfindungsgemäßen Mutanten bzw. Derivate weisen eine in vivo Halbwertszeit von mehr als einer Stunde auf.

Weiter bevorzugte Ausführungsformen weisen eine in vivo Halb¬ wertszeit von maximal 10 Minuten auf.

Die Veränderung der Aminosäuresequenz kann im Austausch von einer oder mehreren Aminosäuren bestehen, sie kann aber auch in einer Deletion, vorzugsweise einer Deletion, welche dem Prozes- sierungsvorgang bei der Aktivierung von Prothrombin entspricht, oder einer Insertion bestehen, wenn durch diese Veränderungen die erfindungswesentlichen Parameter eine Aktivität von höch¬ stens etwa 10 %, insbesondere von höchstens 0,25 % des natür¬ lichen Thrombins sowie eine Deletion Bindung an Thrombin-Ligan¬ den und -Rezeptoren erfüllt werden. Der Begriff "Derivat" soll sowohl die nur durch Mutation veränderten als auch die prozes¬ sierten mutierten Proteine umfassen. Für den Austausch von Ami¬ nosäuren eignen sich als einzuführende Aminosäuren diejenigen am besten, die die Raumstruktur des Proteins so wenig wie möglich beeinflussen. Das sind entweder sehr kleine Aminosäuren, wie Alanin, oder Aminosäuren, die der ursprünglichen Aminosäure sehr ähnlich sind und sich von dieser nur durch eine funktioneile Gruppe unterscheiden, zum Beispiel Asparagin und Asparaginsäure.

Die erfindungsgemäßen Parameter machen die erwähnten Mutanten bzw. Derivate zu idealen Thrombininhibitor-Antagonisten, da sie die im Stand der Technik erwähnten Nachteile, nämlich uner¬ wünschte Gerinnungsaktivität, Toxizität oder mangelnde Effizienz bzw. Spezifität nicht aufweisen.

Da die erfindungsgemäßen Mutanten bzw. Derivate inaktiv sind

bzw. allerhöchstens eine Aktivität von etwa 10 %, insbesondere von höchstens etwa 0,25 % des natürlichen Thrombins aufweisen (wodurch die in-vivo-Thrombin-Aktivität der Mutanten bzw. Deri¬ vate noch um einiges unter diesen etwa 0,25 % liegt), können diese selbst dann nicht zu unerwünschten Gerinnungseffekten führen, wenn sie in Überdosis verabreicht werden.

Für die erfindungsgemäßen Mutanten bzw. Derivate ist kein to¬ xischer Effekt zu erwarten, da sie sich von den natürlichen Pro¬ teinen kaum unterscheiden und daher normal metabolisiert werden können.

Die erfindungsgemäßen Mutanten bzw. Derivate sind als Antagoni- sten hocheffizient und hochspezifisch, da ihre Bindungsdetermi¬ nanten gegenüber den natürlichen und synthetischen Inhibitoren im wesentlichen unverändert sind und denen des natürlichen Thrombins entsprechen.

Bevorzugte Veränderungen der Proteinsequenz betreffen Aminosäu¬ ren aus dem aktiven Zentrum des Prothrombin-, Meizothrombin- oder Thrombinmoleküls, insbesondere die Aminosäuren His-363 und Asp-419, bezogen auf die Aminosäurenumerierung in humanem Pro¬ thrombin gemäß Fig.1 (Die Numerierung der Aminosäuren erfolgt generell nach Fig.l, in der die cDNA-Sequenz und die Aminosäure¬ sequenz von Prothrombin gezeigt ist. Die Spaltstellen des Fak¬ tors Xa sind in der cDNA-Sequenz angezeigt, so daß man die cDNA- und Aminosäuresequenz des Thrombins ableiten kann. Die Numerie¬ rung beginnt mit der 1. Aminosäure des reifen Prothrombins nach Abspaltung der Leadersequenz und des Propeptides. Die cDNA-Se- quenz des Prothrombins ist in SEQ. ID.NO. 8, die Aminosäure¬ sequenz in SEQ. ID.NO. 9 wiedergegeben.).

Insbesondere die Aminosäure Asparaginsäure-419 (Asp-419) hat keinen nahen Kontakt zum gebundenen Hirudin, weshalb der Aus¬ tausch dieser Aminosäure im Rahmen der vorliegenden Erfindung besonders bevorzugt wird.

Zusätzlich sind die Veränderungen, welche die Cysteinreste Cys- 293 und Cys-439 betreffen, bezogen auf die Aminosäurenumerierung

in Prothrombin gemäß Fig.l, ebenfalls bevorzugt. Diese Mutatio¬ nen ermöglichen die Bildung eines einkettigen Thrombinderivats (da die Schwefelbrückenbindung zwischen der B-Kette und der A- Kette verhindert wird), welches schließlich trotz Bindungsfähig¬ keit zu Hirudin keine enzymatische Aktivität aufweist (da die A- Kette fehlt) . In diesem Fall bieten sich die Aminosäuren Serin und Alanin als Austauschpartner an.

Da alle diese ausgewählten Derivate Mutationen aufweisen, die unmittelbar das katalytische Zentrum betreffen bzw. für die Funktion von Thrombin wichtige Disulfidbrücken, sind sie inak¬ tiv. Wie anhand von Strukturdaten (Rydel et al., 1990) festzu¬ stellen ist, betreffen diese Aminosäuren auch keine Regionen, die die Bindung von natürlichen und synthetischen Inhibitoren, insbesondere Hirudin, betreffen.

Die Erfindung betrifft daher bevorzugt Prothrombinmutanten oder Derivate, bei denen mindestens eine Aminosäure, ausgewählt aus His-363 oder Asp-419 und gegebenenfalls Cys-293 oder Cys-439, verändert worden ist, insbesondere Asp-419-Mutanten.

Eine ganz besonders bevorzugte Ausführungsform der erfindungs¬ gemäßen Mutanten bzw. Derivate betrifft Mutanten bzw. Derivate, bei welchen die Aminosäure Asp-419 gegen Asn ausgetauscht ist.

Es hat sich gezeigt, daß diese Variante inaktiv ist, sogar gegen das künstliche Substrat AcOH-H-D-CHG-Ala-Arg-pNA nur eine Rest¬ aktivität von etwa 0,25 % aufweist, so daß keinerlei gerinnungs¬ aktiven Nebeneffekte zu erwarten sind. Weiters ist die Bindungs¬ kapazität dieses Derivats beispielsweise gegenüber Hirudin nicht von der des natürlichen Thrombins zu unterscheiden, da die strukturelle Veränderung, die der Austausch Asp gegen Asn mit sich bringt, sehr gering ist und sich darüberhinaus in einer die Bindung zu den natürlichen und synthetischen Inhibitoren, insbe¬ sondere Hirudin, nicht betreffenden Region des Proteins befin¬ det.

Es sind zwar im Stand der Technik mutierte Prothrombine be¬ schrieben worden, jedoch Derivate, welche die beanspruchten

Eigenschaften aufweisen, sind noch nicht geoffenbart worden. Es sind aber gerade diese Eigenschaften, welche die Verwendung der erfindungsgemäßen Prothrombin-, Meizothrombin- und Thrombinderi- vate so vorteilhaft machen.

Beispielsweise wurde eine Reihe genetischer Defekte beschrieben, die Prothrombine und daraus entstehende Thrombine mit Punktmuta¬ tionen betreffen, wobei die verschiedenen Mutanten eine dra¬ stisch verringerte Blutgerinnungsaktivität aufweisen (Henriksen R.A., Methods in Enzymology, Vol. 222:312 (1993). Diese Mutatio¬ nen betreffen aber allesamt Veränderungen, bei denen immer noch eine gewisse, wenngleich reduzierte Thrombinaktivität festzu¬ stellen ist (insbesondere gegenüber künstlichen Substraten). Diese Restaktivität ermöglicht aber wahrscheinlich erst das Überleben von Personen mit diesen Defekten, woraus zu schließen ist, daß eine Mutation, welche zu einem gänzlich inaktiven Thrombin führt, wahrscheinlich nicht Überlebensfähig ist.

Weiters wurden in vitro Punktmutationen in der Prothrombin- und Thrombinsequenz durchgeführt, um Struktur- und Funktionsanalysen durchzuführen:

Beispielsweise wurde das Serin-528 im aktiven Zentrum des bovi- nen Prothrombins (gleichbedeutend mit dem Serin-525 im entspre¬ chenden humanen Prothrombin) zu einem Alanin mutiert. Mit einem derart mutierten Prothrombin wurden daraufhin grundlagenwissen¬ schaftliche Experimente durchgeführt, um den Einfluß dieser Mutation auf die Expression, γ-Carboxylierung und Aktivierung von Prothrombin zu studieren.

Die Strukturanalyse des Thrombin-Hirudin-Komplexes hat ergeben, daß auch Aminosäuren aus dem aktiven Zentrum von Thrombin zur Bildung des Komplexes einen schwachen Beitrag leisten. So kann insbesondere Ser-525 im humanen Prothrombin Wasserstoffbrücken zur N-terminalen Aminosäure von Hirudin ausbilden und sich im Radius von 3,2 A vom N-Terminus von Hirudin befinden. Damit trägt Ser-525 offenbar zur Bindung von Hirudin bei (Rydel et al., Science 249:277, 1990).

Weiters wurde festgestellt, daß die bovine Ser-528-Variante ge¬ genüber DAPA nur mehr eine 74 %-ige Bindungskapazität, vergli¬ chen mit dem natürlichen Thrombin, aufweist. Dies bestätigte die Annahme, daß dieser Serinrest unmittelbar in der DAPA- bzw. Hirudin-Bindungsdeterminante liegt. Daher erfüllen Mutationen, die nur die Ser-528-Stelle in bovinem Prothrombin bzw. die Ser- 525-Stelle in humanem Prothrombin betreffen, nicht das Erforder¬ nis der ausreichenden Bindungs-Kapazität zum Inhibitor.

Weiters wurden Thrombinfragmente mit größeren Deletionen herge¬ stellt (Gan et al., Arch. Biochem. Biophys. 1993:301, 228). Es wurde ein Abbauprodukt von Thrombin, ζ-Thrombin, erhalten, das die Aminosäuren 469 bis 579 der α-Thrombinsequenz aufweist. Für Funktionsstudien wurden die Aminosäuren Arginin-517 (gegen Glutamin), Asparaginsäure-519 (gegen Glutamin) beziehungsweise Serin-525 (gegen Alanin) mutiert und dabei bei den einzelnen Mutanten eine geringere Aktivität als bei Wildtyp-Thrombin fest¬ gestellt. Die Hirudinbindungsfähigkeit blieb bei einigen ζ- Thrombinen nur teilweise erhalten. Dabei zeigte die Ser-525-Ala Mutante zwar die geringste enzymatische Aktivität und die besten Resultate in Bezug auf die Hirudinbindung, jedoch lag die Bin¬ dungskapazität auch in diesen Untersuchungen deutlich unter der von natürlichem Thrombin. Zwar wurde gezeigt, daß die Thrombin¬ fragmente in kompetitiven Bindungsstudien in unterschiedlicher Stärke mit einer Thrombin-Hirudinbindung konkurrieren und eine Absolutangabe der Bindungsfähigkeit der Fragmente an Hirudin wurde nicht gemacht, die Ergebnisse zeigten jedoch klar, daß die Bindungskapazität gegenüber Hirudin durch die Mutation erheblich verringert worden ist.

Diese ζ-Thrombine sind daher für die der Erfindung zu Grunde liegenden Aufgabe nicht geeignet: sie sind im Vergleich zu den Wildtyp-Thrombinen sehr stark verändert und eine optimale Bin¬ dung zu den natürlichen Liganden kann nicht gewährleistet wer¬ den.

Mit den im Stand der Technik beschriebenen Prothrombin- bzw. Thrombinderivaten konnten daher die geforderten Parameter nicht erfüllt werden.

In diesen Zitaten sind auch keinerlei Angaben über eine thera¬ peutische oder diagnostische Einsatzmöglichkeit dieser Prothrom¬ binmutanten (-derivate) oder ζ-Thrombinfragmente zu finden.

Daher betrifft die vorliegende Erfindung gemäß einem anderen Aspekt die Verwendung von Prothrombinmutanten oder Derivaten da¬ von als Arzneimittel, insbesondere zur Herstellung einer medizi¬ nischen Präparation zur Verhinderung von Nebeneffekten bei einer Antikoagulationsbehandlung, oder als Diagnostika. Diese erfin¬ dungsgemäße Verwendung der Mutanten bzw. Derivate ist besonders bevorzugt bei Antikoagulationsbehandlungen mit Hirudin, Heparin, Antithrombin III und/oder deren Derivaten, sowie synthetische Inhibitoren.

Die erfindungsgemäße medizinische Behandlung umfaßt daher das Verabreichen einer wirksamen Dosis der Prothrombinmutanten oder Derivaten davon an einen Patienten, vorzugsweise durch intra¬ venöse Gabe. Die wirksame Dosis richtet sich nach jedem indivi¬ duellen Einzelfall und sollte vorzugsweise unter Verwendung von bei einer Thrombin- und/oder Hirudin-Bestimmung erhaltenen Resultaten optimiert werden.

Bei der erfindungsgemäßen Verwendung werden natürlich bevorzugt die Prothrombinmutanten bzw. -derivate mit den erfindungsgemäßen Eigenschaften bezüglich mangelnder Thrombin-Aktivität und aus¬ reichender Bindungskapazität eingesetzt, unter gewissen Bedin¬ gungen sind aber auch bekannte Derivate einsetzbar, insbesondere solche, die weitgehend inaktiv sind, wie z.B. ein Analoges zu der oben beschriebenen bovinen Ser-528-Mutante (bzw. deren Thrombin-Derivat), wobei man aber den Mangel der verschlechter¬ ten Bindungskapazität in Kauf nehmen muß.

Es ist allgemein bekannt, daß die in vivo-Halbwertszeit der Pro¬ teine in der Blutzirkulation durch die Glykosylierung beeinflußt wird. Proteine aus Säugetierzellen können dabei über an der Pro¬ teinoberfläche lokalisierte Aminosäuren-Seitenketten von Aspa- ragin (N-Glykosylierung) und Serin/Threonin (O-Glykosylierung) glykosyliert vorliegen. Dabei wird durch die Glykosylierung von zirkulierenden Proteinen eine Verzögerung der Ausscheidung aus

dem Blutkreislauf, d.h. Verlängerung der Halbwertszeit, erhal¬ ten. Rekombinante Proteine, hergestellt duch Manipulation von Säugetierzellen, sind naturgemäß mit dem für Säugetiere üblichen und natürlichen Glykosylierungen versehen und entsprechen somit der Oberflächenstruktur der entsprechenden humanen Proteine.

Durch Mutation von an der Oberfläche eines Proteins gelegenen Aminosäuren, wie z.B. Asparagin (Asn) bzw. Serin (Ser) oder Threonin (Thr) in eine andere Aminosäure, oder durch Deletion einer dieser Aminosäuren kann z.B. die native Glykosylierung aufgehoben werden. Es ist bekannt, daß schwach oder nicht-gly- kosylierte Proteine wesentlich schneller aus der Zirkulation ausgeschieden werden, d.h. daß ihre Halbwertszeit verkürzt ist.

Im Gegenzug kann durch Mutation und Aminosäureaustausch von einzelnen an der Proteinoberfläche gelegenen Aminosäuren in z.B. Asparagin die Anzahl der Glykosylierungsstellen eines Protein¬ moleküls erhöht und damit auch die in vivo-Halbwertszeit ver¬ längert werden. Abhängig von der Anzahl der mutierten, deletier- ten oder zusätzlich eingeführten Asparagin-Resten im Protein kann dadurch gegebenenfalls die Halbwertszeit variiert werden.

Für die erfindungsgemäße Verwendung der Prothrombinmutanten oder Derivaten davon als Antagonisten gegenüber Thrombininhibitoren eignen sich insbesondere solche Mutanten, bei denen durch Muta¬ tion die Halbwertszeit des Proteins verkürzt wird. Vorzugsweise werden daher als Antagonisten solche Mutanten eingesetzt, die eine Halbwertszeit von maximal 10 Minuten aufweisen.

Die erfindungsgemäße medizinische Verwendung der mutierten Pro¬ thrombinmutanten bzw. Derivate umfaßt auch ihre Verwendung als Antikoagulantien durch kompetitive Hemmung des Thrombins bzw. als Antagonisten ihrer natürlichen Funktionen. Dies ermöglicht der Medizin mit einem nahezu naturidenten Produkt die Blutge¬ rinnung zu steuern.

Auf Grund der erfindungsgemäßen Parameter und der unveränderten Bindungskapazität zu spezifischen Rezeptoren und Liganden eignen sich Prothrombinmutanten oder ihre Derivate insbesondere als

Antikoagulantien in vivo .

Für die erfindungsgemäße Verwendung der Prothrombinmutanten oder Derivaten davon als Antikoagulantien eignen sich insbesondere solche Mutanten, bei denen durch gezielten Aminosäureaustausch die Halbwertszeit des Proteins erhöht wird. Vorzugsweise werden daher als Antikoagulantien solche inaktiven Mutanten eingesetzt, die eine Halbwertszeit von mehr als 1 Stunde aufweisen.

Bei Verwendung der erfindungsgemäßen Prothrombinmutanten als Antikoagulantien werden diese nach Applikation, entsprechend dem natürlichen Protein, in vivo zu inaktivem Thrombin prozessiert, das dann in der Lage ist, im Blut vorkommendes, aktives Thrombin von seinen Rezeptoren zu verdrängen. Die Prothrombinmutante kann gegebenenfalls auch in vitro zur entsprechenden Thrombin- oder Meizothrombinmutante aktiviert werden und die aktivierte Form direkt für die Verabreichung am Patienten eingesetzt werden. Entsprechend der Dosierung der erfindungsgemäßen Prothrombin¬ mutante oder deren Derivate in einem Arzneimittel kann in vivo die Blutgerinnung verlangsamt oder vollständig gestoppt werden. Die Verwendung von Prothrombinmutanten oder Derivaten davon, die sich durch eine erhöhte in vivo-Halbwertszeit auszeichnen, zei¬ gen den besonderen Vorteil, daß sie wesentlich länger im Blut zirkulieren als ihre natürlichen Proteine und daher effektiv die Blutgerinnung beeinflussen können. Zudem kann für eine effektive Antikoagulanswirkung die Menge an therapeutisch eingesetztem Protein gegebenenfalls auch entsprechend reduziert werden.

Für die in vivo-Anwendung der erfindungsgemäßen Prothrombin¬ mutanten oder deren Derivate als Antikoagulantien ist kein toxi¬ scher Nebeneffekt zu erwarten, da sie in vivo entsprechend ihrer natürlichen Proteine normal metabolisiert werden.

Die erfindungsgemäßen mutierten Prothrombinderivate werden be¬ vorzugt unter Verwendung der rekombinanten DNA-Technik herge¬ stellt. Daher betrifft die Erfindung auch ein Verfahren zur Her¬ stellung der erfindungsgemäßen Prothrombinmutanten bzw. -deri- vaten, bei welchem die genetische Information von Prothrombin mutiert, vorzugsweise punktmutiert, wird und in einem eukaryo-

tischen Expressionssystem exprimiert wird und anschließend das exprimierte Derivat gewonnen wird.

Vorzugsweise werden dabei die humanen Sequenzen verwendet.

Die Expression in eukaryotischen Systemen bietet im Gegensatz zu bakteriellen Systemen den Vorteil, daß auch post-translationelle Modifikationen wie Glykosylierung und Carboxylierung durchge- geführt werden und damit das exprimierte Protein besser geeignet für die Anwendung am Menschen machen.

Zur Gewinnung der Peptide in Gan et al. wurden die mutierten Sequenzteile von Thrombin in E.coli exprimiert und die rekom- binanten Peptide in vitro künstlich mit Schwefelbrücken ver¬ sehen. Die Ausbeute an exprimierten und zu Versuchen geeigneten Thrombin-ähnlichen Strukturen war dementsprechend sehr gering. Der Verlust der Thrombinaktivität kann auf des Fehlen großer Teile der Thrombinsequenz genauso zurückgeführt werden, wie auf die eingeführten Mutationen.

Die Expression in E.coli, wie in Gan et al. beschrieben, ist für Proteine mit den erfindungsgemäßen Eigenschaften nicht geeignet, da dieses Expressionssystem keine Glykosylierung durchführt und auch die Faltung der exprimierten Proteine nicht der physiologi¬ schen Struktur entspricht. Erfindungsgemäß sollten aber mög¬ lichst wenig Veränderungen in den Derivaten im Vergleich zum Wildtyp-Thrombin vorgenommen werden. Für die funktionellen Stu¬ dien in Gan et al. war es aber unwichtig, daß die exprimierten ζ-Thrombine einerseits keine Kohlehydrate aufweisen (die einzige Glykosylierungsstelle im physiologischen Thrombin (Asparagin-53) fehlte) und die Faltung des Peptides in vitro auf komplizierte Weise durchgeführt worden ist. Durch dieses Verfahren gelangt man nur zu geringsten Ausbeuten.

Bei einem Verfahren gemäß der vorliegenden Erfindung wird die cDNA-Sequenz des humanen Prothrombins oder die cDNA-Sequenz des humanen Thrombins vorzugsweise punktmutiert, wodurch ein Aus¬ tausch mindestens einer Aminosäure in der Aminosäuresequenz her¬ beigeführt wird. Im Falle von Prothrombin ist die Mutations-

stelle erfindungsgemäß in dem Bereich der Prothrombinsequenz zu finden, die nach Aktivierung des Prothrombins in der Thrombin¬ sequenz liegt.

Vorzugsweise werden die mutierten Prothrombinderivate unter Kontrolle des SV40-Promotors in CHO-DUXS Bll-Zellen (Urlaub & Chasin, Proc. Natl. Acad. Sei. USA 77:4216, 1980) exprimiert. Die Expression kann aber mit jedem gängigen Expressionsystem, wie Hefe, permanente Zellinien oder virale Expressionssysteme, und mit jeder beliebigen Zellinie erfolgen, welche gewährlei¬ stet, daß das Protein richtig prozessiert und in seiner funk- tionellen Form sezerniert wird. Zur richtigen Prozessierung der Derivate gehört nicht nur die vollständige Glykosylierung, son¬ dern auch die vollständige γ-Carboxylierung. Zu den gängigen eukaryotischen Expressionssystemen zählen Hefe, permanente Zell¬ linien (die entweder durch stabile Integration der Fremd-DNA in die Wirtszellchromosomen erstellt werden, z.B. Vero, MRC5, CHO, BHK, 293, Sk-Hepl, insbesondere Leber- und Nierenzellen, oder aber durch die Verwendung eines im episomalen Zustand permanent weitervererbten Vektors, z.B. Vektoren, die von Papilloma-Viren abgeleitet werden und z.B. in C-127-Zellen wachsen), oder virale Expressionssysteme, wie Vaccinia-Virus, Baculovirus oder retro- virale Systeme. Als Zellinien können allgemein Vero, MRC5, CHO, BHK, 293, Sk-Hepl, insbesondere Leber- und Nierenzellen, einge¬ setzt werden.

Im Anschluß an die Gewinnung der exprimierten Derivate können dann noch weitere Bearbeitungsschritte durchgeführt werden. Eine Möglichkeit bei der Weiterverarbeitung von Prothrombinmutanten bzw. -derivaten ist ein Verfahrensschritt, bei welchem das Pro- thrombinderivat mittels einer Schlangengift-Protease (z.B. Venom Protease) in Meizothrombinanaloga gespalten wird. Diese Meizo- thrombinanaloga sind dann ebenfalls als Antagonisten zu den na¬ türlichen Funktionen von Thrombin einsetzbar, zeigen aber keine enzymatische Thrombinaktivität. Dabei sind alle aus der Litera¬ tur bekannten Verfahren einsetzbar.

Weiters kann ein erhaltenes Prothrombinderivat mittels Trypsin, vorzugsweise immobilisiertem Trypsin, in das Thrombinderivat ge-

spalten werden. Es kann aber natürlich jede gängige Methode zur Spaltung von Prothrombin in Thrombin zum Einsatz kommen, also auch solche, die sich anderer geeigneter Proteasen bedienen, beispielsweise mit dem Schlangengift aus E. carinatue (Ecarin) oder aus 0. scvutellatus.

Die erfindungsgemäßen Derivate werden zur Aufbereitung der Prä¬ parationen entweder mit einer physiologischen Salzlösung berei¬ tet und gegebenenfalls lyophilisiert, oder in destilliertem Wasser lyophilisiert und vor Verabreichung mit einer physiolo¬ gischen Salzlösung rekonstituiert. Alternativ dazu können die Präparationen aber auch in anderen gebräuchlichen Lösungen und/oder mit einem pharmazeutischen Träger- oder Hilfsstoff für den Einsatz bereitgehalten werden.

Erfindungsgemäß liegen die Präparationen in einer für die paren- terale Verabreichung, d.h. für die subkutane, intramuskuläre oder intravenöse Verabreichung geeigneten Form, vor.

Ein nicht zu vernachlässigender weiterer Vorteil der erfindungs¬ gemäßen Präparationen liegt darin, daß sie auf Grund ihrer Her¬ stellung frei von Kontaminationen durch Viren sind. Die Präpa¬ rationen können vor ihrer Freigabe für die medizinische Anwen¬ dung zusätzlich mit einer äußerst sensitiven PCR-Methode (bei¬ spielsweise in der österr. Patentanmeldung A 1830/94 beschrie¬ ben) auf eine mögliche Verunreinigung durch Rest-Nukleinsäuren der Expressionszellinie hin untersucht und notwendigenfalls nochmals gereinigt werden.

Die erfindungsgemäßen Derivate müssen schließlich auf ihre Fä¬ higkeit, ihre natürlichen Liganden binden zu können, überprüft werden. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wurde dazu ein Testsystem erarbeitet, bei dem die Bindungskapazität der (Pro-)- Thrombin-Derivate zu Hirudin oder Hirudinderivaten in einfacher und reproduzierender Weise qualitativ und quantitativ analysiert wird. Dieses Testsystem besteht aus einer festen Matrix, an der natürliches oder rekombinantes Hirudin, Derivate oder Peptide davon gebunden ist. An dieses immobilisierte Hirudin wird schließlich das erfindungsgemäße Derivat gebunden und kann durch

eine anschließende Detektionsreaktion nachgewiesen werden.

Daher betrifft die Erfindung auch eine feste Matrix, an der na¬ türliches oder rekombinantes Hirudin, Derivate oder Peptide da¬ von gebunden sind, und deren Verwendung bei der Bestimmung von Thrombin oder Thrombinderivaten. Die Bestimmung kann sowohl die Quantifizierung als auch die Bestimmung der Bindungskapazität des Thrombin oder Thrombinderivats umfassen.

Unter fester Matrix ist erfindungsgemäß jegliche feste Phase zu verstehen, an welcher der natürliche und synthetische Inhibitor wirksam immobilisiert werden kann, beispielsweise natürliche Polymere, wie Cellulose, Stärke, Dextran, Alginate, Agarose, Collagen, insbesondere die in der Immobilisierungstechnologie weitverbreiteten Sepharose- bzw. Cellulosematerialien, syntheti¬ sche Polymere, wie Polyacrylamid, Polyvinylalkohol, Methylacry- lat, Nylon oder Oxirane, welche leicht zu anwenderfreundlichen Vorrichtungen geformt werden können, wie z.B. Mikrotiterplatten, und schließlich anorganische Materialien, wie poröse Gläser, Silikagel, etc. (siehe auch Römpp-Lexikon der Biotechnologie, Seiten 385 ff. ).

Mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung kann eine einfache und präzise Bestimmung der Thrombin- bzw. Thrombinderivatkonzentra- tion vorgenommen werden, wobei nicht nur das aktive Thrombin selbst bestimmt werden kann, sondern auch enzymatisch inaktives oder nur schwach aktives Prothrombin oder Thrombin und Derivate davon. Weiters läßt sich die erfindungsgemäße Vorrichtung auch auf Grund ihrer anwenderfreundlichen Gestaltung indirekt zur Konzentrationsbestimmung von jeglichen Thrombin-bindenden Sub¬ stanzen, wie Thrombininhibitoren, aber insbesondere von Hirudin, einsetzen. Darüberhinaus ist auch eine Bestimmung der Bindungs¬ stärke von Thrombin oder Thrombinderivaten zu den jeweils unter¬ suchten natürlichen und synthetischen Inhibitoren mit der erfin¬ dungsgemäßen Vorrichtung bestimmbar.

Als Thrombin oder Thrombinderivate werden im Rahmen der vorlie¬ genden Erfindung sämtliche von der Proteinsequenz des Prothrom¬ bins ableitbaren Proteine verstanden, insbesondere die oben be-

schriebenen mutierten Thrombin-, Meizothrombin- oder Prothrom- bin-Derivate. Dabei kann das Derivat aber auch an den Bindungs¬ determinanten verändert sein, solange diese Veränderungen eine Bindung an die natürlichen und synthetischen Inhibitoren nicht ausschließen. Die Thrombinderivate können sich von natürlichem Thrombin durch eine oder mehrere Punkt-Deletions- oder Inser- tionsmutationen unterscheiden. Prothrombinderivate, Meizothrom¬ bin sowie dessen Derivate können ebenfalls mit der erfindungsge¬ mäßen Vorrichtung bestimmt werden und sind - soweit es die Be¬ stimmung derselben betrifft - im Rahmen der vorliegenden Erfin¬ dung ebenfalls als Thrombinderivate anzusehen.

Zur eigentlichen Quantifizierung von Thrombin, Thrombinderivaten und/oder Hirudin oder Hirudinderivaten wird erfindungsgemäß ein Testkit vorgesehen, welcher die erfindungsgemäße Vorrichtung sowie einen oder mehrere Behälter mit Reagentien für eine spezi¬ fische Detektionsreaktion, vorzugsweise eine Thrombinderivat- spezifische Detektionsreaktion, enthält. Dabei ist unter spezi¬ fischer Detektionsreaktion jede geeignete Detektionsreaktion zu verstehen, insbesondere solche Reaktionen, die mit Farbstoffen arbeiten (Peroxidase, alkalische Phosphatase, Lumineszenzreak¬ tionen, Biotin, Avidin oder Biotin-Streptavidin (als Verstärker¬ systeme)) oder radioaktive Bestimmungsmethoden.

Vorzugsweise wird die in der Handhabung einfachere Farbreaktion zur Konzentrationsbestimmung der radioaktiven Bestimmung vor¬ gezogen. Im besonderen werden für die Erfindung Peroxidasemar- kierte Schaf-Anti-Thrombin-Antikörper verwendet und die für die Peroxidasereaktion gängigen Substratlösungen zur Farbreaktion eingesetzt.

•Der erfindungsgemäße Testkit enthält weiters einen Behälter mit einer ein Trägerprotein beinhaltenden physiologischen Puffer¬ lösung, wodurch die Reproduzierbarkeit der Quantifizierung er¬ heblich verbessert wird.

Die spezifische Detektionsreaktion im Rahmen des erfindungsge¬ mäßen Testkits ist vorzugsweise eine markierte Thrombin-bindende Substanz, da in der Klinik die Bestimmung von Thrombin häufig

gegenüber den anderen bestimmbaren Komponenten von herausragen¬ der Wichtigkeit ist. Im Stand der Technik ist eine Vielzahl von markierten Thrombin-bindenden Substanzen bekannt. Erfindungsge¬ mäß kommt bevorzugt ein Farbstoff-markierter polyklonaler oder monoklonaler Antikörper gegen Thrombin zur Anwendung. Die Detek- tion mittels chromogenen Substanzen wird häufig gegenüber radio¬ aktiven Bestimmungsmethoden bevorzugt, da die Farbstoffreaktio- nen keine radioaktiven Kontaminationen mit sich bringen und die strengen Sicherheitsmaßnahmen beim Arbeiten mit radioaktivem Material die radioaktive Bestimmungsmethode oft sehr unpraktisch machen.

Das Detektionsverfahren kann nach den in der Proteinchemie gän¬ gigen Verfahrensschritten ablaufen. Zur Bestimmung der Konzen¬ tration von Thrombin oder Thrombinderivaten wird eine Thro bin- lösung mit der Hirudin-gekoppelten festen Matrix für 15 Minuten bis 16 Stunden, vorzugsweise zwischen 45 Minuten und 4 Stunden inkubiert. Die Reaktion findet üblicherweise in einem physiolo¬ gischen Puffer, vorzugsweise in einem Tris-HCl-Puffer, statt. Es ist von besonderem Vorteil, wenn dem physiologischen Salzpuffer ein Trägerprotein, wie z.B. Albumin, zugesetzt wird.

Eine bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Testkits umfaßt weiters eine Thrombin-haltige Referenzlösung, die die Er¬ stellung einer zuverlässigen Eichgerade im Testsystem erlaubt.

Gemäß einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung ein Verfahren zur Quantifizierung von Thrombin oder Thrombinderivaten, welches durch die folgenden Schritte gekennzeichnet ist:

- Inkubieren einer Lösung, welche eine zu quantifizierende Menge an Thrombin oder Thrombinderivaten enthält, mit Hiru¬ din oder einem Hirudinderivat, welches auf einer festen Matrix immobilisiert ist, wobei das Thrombin oder das Thrombinderivat an das immobilisierte Hirudin oder Hirudin¬ derivat gebunden wird,

- gegebenenfalls Entfernen von nicht-gebundenem Thrombin oder Thrombinderivat,

- Durchführen einer spezifischen Detektionsreaktion, wobei

die Menge an gebundenem Thrombin oder Thrombinderivat bestimmt wird.

Das Durchführen der spezifischen Detektionsreaktion kann entwe¬ der im Rahmen des erfindungsgemäßen Testkits mit den Reagentien für eine spezifische Detektionsreaktion durchgeführt werden oder direkt durch eine Meßvorrichtung auf der festen Matrix selbst, etwa mit einem Sensorchip mit angeschlossener Meßanlage.

Das erfindungsgemäße Verfahren kann in einfacher Weise durch¬ geführt werden, wobei es sich besonders für die rasche und un¬ komplizierte Anwendung im klinischen Bereich eignet.

Eine bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens betrifft ein Verfahren, bei welchem die spezifische Detektions¬ reaktion eine Farbreaktion ist, wobei die Konzentration an Thrombin oder Thrombinderivat durch Korrelation mit der Inten- ität der Farbreaktion bestimmt wird.

Das erfindungsgemäße Verfahren eignet sich gemäß einem weiteren Aspekt auch zur Quantifizierung von Hirudin oder Hirudinderiva- ten, wobei ein solches Verfahren durch die folgenden Schritte gekennzeichnet ist:

- Inkubieren einer Lösung mit einer zu quantifizierenden Menge an Hirudin oder Hirudinderivat mit einer Lösung mit einer bekannten Menge an freiem Thrombin oder Thrombinderi¬ vat,

- Bestimmen der nach dem Inkubieren mit dem Hirudin- oder Hirudinderivat verbliebenen freien Thrombin- oder Thrombin- derivat-Konzentration durch das oben geschilderte erfin¬ dungsgemäße Verfahren und

- Bestimmen der Menge an Hirudin- oder Hirudinderivat durch Rückrechnen aufgrund der Unterschiede zwischen der ursprüng¬ lichen bekannten und der bestimmten Menge an Thrombin- oder Thrombinderivat.

Gemäß einem weiteren Aspekt betrifft die vorliegende Erfindung die Verwendung der erfindungsgemäßen Vorrichtung bzw. des erfin¬ dungsgemäßen Testkits zur Quantifizierung von Thrombin, Throm-

binderivaten und/oder Hirudin oder Hirudinderivaten sowie zur Bestimmung der Bindungsstärke von Thrombin oder Thrombinderiva¬ ten zu Hirudin oder Hirudinderivaten.

Es hat sich nämlich überraschenderweise gezeigt, daß mit diesem Testkit erstmals auch die Bindungsstärke von Thrombin oder Thrombinderivaten an Hirudin oder anderen Thrombin-hindernden Substanzen bestimmt werden kann. Die Bindungsstärke von Thrombin an Hirudin wird vor allem dann interessant, wenn Thrombinderi¬ vate vorliegen, deren Bindungseigenschaften an Hirudin unbekannt sind.

Weiters kann der Testkit zur Funktionsanalyse von Hirudin-Anta- gonisten eingesetzt werden. Bei der Austestung von Hirudinpep- tiden oder Hirudinderivaten als effektive Antikoagulantien läßt sich das Verfahren ebenfalls anwenden.

Der erfindungsgemäße Testkit eignet sich daher, alle im Zusam¬ menhang mit Thrombin, Hirudin und der Blutgerinnung auftretenden Fragen in Hinblick auf Konzentration, Bindungsstärke und Funk¬ tionalität zu beantworten. Dabei ist besonders hervorzuheben, daß auf Grund der Spezifität der Bindung von Hirudin an Thrombin ein äußerst exaktes Ergebnis erzielt werden kann. Verunreinigun¬ gen durch andere Blutfaktoren oder Proteine können das Ergebnis nicht verfälschen. Auch die Anwesenheit von Prothrombin stört die Analysen nicht, da Prothrombin nicht an Hirudin bindet.

Es ist zwar bekannt, Hirudin an Mikrotiter-Platten zu koppeln, um mit diesen ELISA-Platten Anti-Hirudin-Antikörper zu testen, eine Quantifizierung oder Bestimmung der Bindungskapazität wurde jedoch nicht mit diesen Platten beschrieben. (Mille B. et al., Clin.Chem. 40:734, 1994).

Bei der Herstellung einer Hirudin-gekoppelten festen Matrix wird Hirudin in einem Puffersystem an die Matrix gekoppelt.

Als Puffersystem eignet sich jeder Puffer, der frei ist von Aminogruppen, wie Phosphatpuffer, Citratpuffer oder vorzugsweise Carbonatpuffer. Der pH-Wert des Puffersystems sollte in der Men-

ge zwischen 6 und 10 liegen, vorzugsweise bei pH 9,3 bis 9,7.

Erfindungsgemäß wird bei der Kopplungsreaktion von Hirudin an den festen Träger zwischen einer und 48 Stunden, vorzugsweise zwischen einer und 16 Stunden inkubiert. Die Inkubationszeit richtet sich im wesentlichen nach der Inkubationstemperatur, wo¬ bei vorzugsweise bei einer Kopplungsreaktion in der Kälte (4°C) für 16 h, bei Raumtemperatur zwei bis drei Stunden und bei 37°C eine Stunde inkubiert wird.

Nach der Kopplungsreaktion wird erfindungsgemäß das überschüssi¬ ge, nicht gebundene Hirudin mit einem Waschpuffer aus einer phy¬ siologischen Salzlösung, vorzugsweise aus einem Tris-HCl-Puffer, entfernt. Diesem Waschpuffer kann ein Detergens, vorzugsweise Tween 20, zugesetzt sein, wobei die Detergenskonzentration zwi¬ schen 0,01 und 1 %, vorzugsweise bei 0,1 %, liegt.

Mit dem erfindungsgemäßen Testkit lassen sich Konzentrationen von Thrombin oder Thrombinderivaten im Bereich von 0,1 pg/ml bis zu 100 mg/ml Thrombin, vorzugsweise im Bereich von 0,1 ng/ml bis 200 ng/ml Thrombin bestimmen.

Nicht zuletzt eignet sich der erfindungsgemäße Testkit zum Un¬ terscheiden von Thrombinen mit rekombinant gestalteten, geziel¬ ten Mutationen, Deletionen oder Insertionen, wobei daraufhin getestet werden kann, ob die Bindungsfähigkeit zu Hirudin unab¬ hängig von der enzymatischen Aktivität erhalten geblieben ist.

Dieser erfindungsgemäße Test oder erfindungsgemäße Testkit kann speziell zum Einsatz kommen, wenn für eine medizinische Frage¬ stellung der Thrombinspiegel im Blut bestimmt werden soll, um mit einer genau dosierten Hirudin-Gabe Thrombosen zu verhindern.

Dieser Test hat außerdem den besonderen Vorteil, daß auch Throm¬ bin bestimmt werden kann, das funktionell nicht aktiv ist und das daher in den Tests, die die enzymatische Aktivität des Thrombins erfassen, nicht nachweisbar ist. Dies ist zum Beispiel bei genetischen Defekten der Fall, wenn physiologisch inaktive Thrombinformen vorliegen.

Die Erfindung wird anhand der nachfolgenden Beispiele und dazu¬ gehörigen Zeichnungsfiguren, auf die sie jedoch nicht beschränkt sein soll, noch weiter erläutert.

Es zeigen: Fig.l den kodierenden Teil der cDNA-Sequenz von re- kombinantem humanen Prothrombin und die daraus ableitbare Amino¬ säuresequenz, wobei die physiologischen Spaltstellen zur Prozes¬ sierung des Proteins beziehungsweise die Spaltstellen des Fak¬ tors Xa zur Aktivierung des Prothrombins zu Thrombin eingezeich¬ net sind; Fig.2 das Sequenzprotokoll; Fig.3 eine Zusammenfassung der Punktmutation eines bevorzugten Prothrombinderivats im Ver¬ gleich zum wt-Prothrombin, wobei die unterstrichenen Aminosäu- re/Nukleotide ausgetauscht worden sind; Fig.4A das Flußschema der Klonierung des Prothrombin-Asn419; Fig.4B einen Western-Blot zum Vergleich von plasmatischem Prothrombin, rekombinantem wt- Prothrombin und Prothrombin-Asn419; Fig.5: die denaturierende Elektrophorese einzelner Reinigungsstufen von rekombinantem Pro- thrombinderivat (A: Zellkulturüberstand; B: Eluat 3; C: Eluat 4; D: Molekulargewichtsmarker); Fig.6: die denaturierende Elektro¬ phorese einzelner Stufen der Bildung von Thrombin-Asn99 aus Prothrombin-Asn419 (A: Prothrombin-Asn419; B: Eluat 3; C: huma¬ nes Thrombin; D: Molekulargewichtsmarker); Fig.7 die Bindung von Thrombin-Asn99 (A), rekombinantem wt-Thrombin (B) und humanem plasmatischen Thrombin (C) an immobilisiertes Hirudin; Fig.8 die Abhängigkeit der Thrombinfluoreszenz von der Hirudinkonzentra- tion (die Fluoreszenz bei 341 nm (Exitation 280 nm) von 390 nM Thrombin-Asn99 (A), 326 nM rekombinantes wt-Thrombin (B) und 350 nM humanes plasmatisches Thrombin (C) wurde in Abhängigkeit der Hirudinkonzentration bestimmt, die Fluoreszenz ohne Hirudin wur¬ de als 0 %, die Fluoreszenz bei Hirudinsättigung als 100 % dar¬ gestellt); Fig.9 die Neutralisierung von Hirudin durch Thrombin- Asn99; Fig.10 die Wiederherstellung der Thrombinaktivität aus dem Hirudin-Thrombin-Komplex durch Zugabe von Thrombin-Asn99 durch unterschiedliche Konzentrationen von Thrombin-Asn99: (A) 0,2 μg/ml, (B) 0,4 μg/ml, (C) 1 μg/ml); Fig.11 die Neutralisa¬ tion von Hirudin im Plasma (dabei ist die Gerinnungszeit in An¬ wesenheit von Hirudin (x x) und ohne Hirudinzusatz ( ) in Abhängigkeit von der Konzentration an Thrombin-Asn99 im Test dargestellt); Fig. 12 die molekulare Struktur des katalytischen

Zentrums im Thrombin-Hirudin-Komplex (Vergleich von humanem Thrombin und rekombinantem Thrombinderivat), wobei mit Pfeilen auf die durch Mutation Asp→Asn hervorgerufene Strukturverände¬ rung hingewiesen wird und Ser, His und Asp bzw. Asn die Lage der Aminosäuren des katalytischen Zentrums im Thrombinmolekül und Ile die N-terminale Aminosäure von Hirudin bezeichnen.

Beispiele:

Beispiel 1 zeigt am Beispiel Prothrombin Asn419 die Verfahrens¬ weise, wie ein punktmutiertes Prothrombin erhalten werden kann. Beispiel 2 demonstriert die Reinigung und Funktionsanalyse des Prothrombinderivats. Beispiel 3 zeigt die Gewinnung und Funk¬ tionsanalyse des Thrombinderivats. Beispiel 4 quantifiziert die Bindungsaktivität des Thrombinderivats an Hirudin; Beispiel 5 überprüft das Prothrombinderivat auf seine Fähigkeit als Antago- nist von Hirudin zu wirken, Beispiel 6 zeigt, daß Hirudin durch das Thrombin-Derivat neutralisiert werden kann. In Beispiel 7 wird gezeigt, daß das Thrombin-Derivat Thrombin aus einem Throm¬ bin-Hirudin-Komplex wieder aktivieren kann; Beispiel 8 zeigt, daß das Thrombin-Derivat auch im Plasma wirksam ist und Beispiel 9 zeigt die Gewinnung und Funktionsanalyse eines Meizothrombin- Derivats.

Beispiel 1: Konstruktion von pSV-FIIwt und pSV-FII-Asn419 (Asp zu Asn)

Das Plasmid pSVß (Nucl. Acids Res. 17: 2365; 1989) wurde mit Notl geschnitten, um das interne ß-Galactosidasegen-Fragment zu entfernen. Der verbleibende Vektor wurde religiert und pSV ge¬ nannt.

Um den größten Teil der 3'-seitig der Polyadenylierungsstelle gelegenen und später möglicherweise störenden Polylinker-Sequenz zu entfernen, wurde pSV mit HindiII und Xbal geschnitten. Nach Entfernen des kleinen Polylinker-Fragments wurden die Vektor- Enden mit Klenow-Enzym aufgefüllt und religiert. Das resultie¬ rende Plasmid wurde pSVΔ genannt.

Anschließend wurde in die 5'-seitig des 16/19S-Introns gelegene Xhol-Stelle eine 'Multiple Cloning Site' (MCS) mit geeigneten Restriktions-Schnittstellen eingefügt.

Die MCS wurde in Form zweier komplementärer Oligonukleotide chemisch synthetisiert:

5 '-TCGACCATGG ACAAGCTTAT CGATCCCGGG AATTCGGTAC CGTCGACCTG CAGGTGCACG GGCCCAGATC TGACTGACTG A-3* (Seq.ID.No.1) und

5' -TCGATCAGTC AGTCAGATCT GGGCCCGTGC ACCTGCAGGT CGACGGTACC GAATTCCCGG GATCGATAAG CTTGTCCATG G-3' . (Seq.ID.No.2)

Die beiden Oligonukleotide wurden "annealed" und in pSVΔ ge¬ setzt. Da das MCS-Insert zwar Xhol-kompatible, "sticky"-Enden, jedoch keine vollständigen Xhol-Stellen aufwies, wurde die Liga- tions-Reaktion mit Xhol geschnitten. Nicht schneidbare Konstruk- te repräsentierten das gewünschte Plasmid, welches pSV-MCS III genannt wurde.

Ein DNA-Fragment mit der vollständigen, humanen wt-Prothrombin- cDNA wurde mittels partiellem Ncol- und vollständigem Smal- Restriktionsverdau aus Plasmid pTKemc-PT2 (WO 91/11519) ausge¬ schnitten.

Dieses Fragment wurde in den Vektor pSV-MCS III gesetzt, nachdem er ebenfalls über partiellen Ncol- und vollständigen Smal-Verdau vollständig geöffnet worden war.

Das resultierende Plasmid wurde pSV-FIIwt genannt und exprimiert wt-Prothrombin, wie durch transiente Expression in COS-Zellen und stabile Expression in CHO-Zellen nachgewiesen wurde; die Reihenfolge der funktioneilen Elemente auf pSV-FIIwt ist SV40- Promotor/Enhancer (der frühen Gene), SV40-5' UTR, wt-Prothrom- bin-cDNA, SV40-16s/19s-Intron, SV40-Polyadenylierungs-Stelle, und pUC 19-Sequenzen (mit bakteriellem Replikations-Ursprung und Ampicillin-Resistenz-Gen) .

Um die Asparaginsäure des katalytischen Zentrums des Thrombins

in ein Asparagin zu mutieren und somit eine inaktive Mutante des Thrombins herzustellen, wurde pSV-FIIwt mutiert: Das für die ge¬ nannte Asparaginsäure codierende Codon befindet sich auf einem EcoRV-DralII-Restriktionsfragment. Beide Restriktionsstellen sind einzigartig in pSV-FIIwt vorhanden. Die beabsichtigte Muta- genese wurde mittels Polymeraseketten-Reaktion mit dem Primer- Paar 2104/2066 (Seq.ID.No.3 und 4) durchgeführt, in deren Folge das wt-Prothrombin-EcoRV-Dralll-Fragment durch das die Mutation enthaltende PCR Ecll36lI-DraIII-Fragment substituiert wurde.

Die beiden Oligonukleotide wurden chemisch synthetisiert:

Primer 2104 (5'-TAACTGACGG TCCTTGAGCT CCATGTTGGA AAAGATCTAC ATC- 3') (Seq.ID.No.3) als 5' Primer; nach der Polymeraseketten-Reak¬ tion wird die Ecll36ll 'half site' auf die EcoRV 'half site' des Vektors ligiert, wodurch zwar auf DNA-Ebene einige Nukleotide des wt-Prothrombin verändert wurden, die Aminosäuresequenz je¬ doch wie im wt-Prothrombin erhalten bleibt.

Primer 2066 (5'-GCAGACACAC AGGGTGAATG TAGTCACTGA AGGCAACAGG CTTCTTCAGC TTCATCAGGG CAATATTCCG GTCCAGGTTC TCCCGC-3' ) (Seq.ID. No.4) als 3' Primer; durch diesen Primer wird auf DNA-Ebene die Asparaginsäure in Asparagin mutiert, eine Sspl-Restriktions¬ stelle eingeführt und eine Neil-Stelle verloren.

Die PC-Reaktion wurde unter Standardbedingungen bei einer "annealing" Temperatur von 55 β C durchgeführt.

Das resultierende Plasmid pSV-FIIAsn419, das die Asp→Asn-Muta- tion beinhaltet, wurde durch sein Restriktionsmuster mit EcoRV, Dralll, Sspl, und Neil im Vergleich mit pSV-FIIwt identifiziert.

Das Flußschema des Klonierungsweges ist in Fig.4A gezeigt.

Die erwartete Nukleotid-Sequenz des Ecll36II-DraIII-Inserts in pSV-FIIAsn419 wurde durch anschließende Sequenzierung mit den 5'- und 3'-Primern 2197 (5'-CATAAGCCTG AAATCAACTC-3' ) (Seq.ID. No.5) bzw. 2198 (5'-CTTCGGAGCG TGGAGTCATC-3' ) (Seq.ID.No.6) bestätigt.

Dihydrofolatreduktasegen-defiziente CHO-DUKS Bll wachsen rou¬ tinemäßig in "Voll-Medium" (DMEM/Ham's F12 1:1 Medium, supple- mentiert mit 2mM Glutamin, 0,075% Bicarbonat, 100IU Penicillin und 100 mg Streptomycin/ml, 10% foetalem Kälberserum, sowie 10 mg Desoxyadenosin, Adenosin, und Thymidin pro ml).

Mittels modifizierter CaP0 4 -Methode (Graham und van der Eb, Virology 52: 456, 1973) wurden die Zellen mit 10 μg pSV-FIIwt bzw. pSV-FIIAsn-419 und 1 μg pSV-dhfr (Fischer et al., FEBS Lett. 351:345, 1994) cotransfiziert: zur DNA in 250 ml lmM Tris pH 8,0, 0,lmM EDTA wurden 25 ml 2,5M CaCl 2 addiert. Anschließend wurden 250 ml 280mM NaCl, 45mM Hepes, 2,8mM Na 2 HP0 4 , pH 7,12 zugegeben. Nach 10 Minuten wurde das entstandene DNA-Copräzipi- tat zu den subkonfluenten Zellen gegeben.

Sechs Stunden später wurde das Medium abgesaugt und die Zellen mit 15% Glyzerin in PBS überschichtet. Eine Minute später wurde das Glyzerin abgesaugt, die Zellen mit PBS gewaschen, und die Zellen mit frischem "Vollmedium" versehen.

48 Stunden später wurden die Zellen trypsiniert und in unter¬ schiedlichen Konzentrationen in "Selektions-Medium" (DMEM/F12 1:1 Medium ohne Hypoxanthin, Glycin und Thymidin; Supplementiert mit 2mM Glutamin, 100IU Penicillin and 100 mg Streptomycin/ml, und 10% dialysiertem foetalen Kälberserum mit einem Ausschlu߬ volumen von lO.OOOKd) aufgeteilt. Bei regelmäßigen Mediumwech¬ seln 2-3 mal in der Woche wurden Zellklone nach etwa 10 Tagen sichtbar. Eine weitere Woche später wurden die resultierenden Zellklone isoliert und in separaten Zellkultur-Schalen zur Kon- fluenz gewachsen. In serumfreien 24-Stunden-Zellkulturüberstän- ständen mit sekretiertem, rekombinanten wt-Prothrombin bzw. ProthrombinAsn419 in Selektionsmedium (supplementiert mit 10 μg Vitamin K^ml, aber ohne Kälberserum) wurden anschließend Anti- genmenge und qualitative Integrität (Western Blot-Analyse), Funktionalität (geeignete Aktivitätstests) und Interaktion des zu Thrombin aktivierten Prothrombin mit Hirudin untersucht. Die Zellzahl wurde nach Trypsinieren der Zellen im Zellzahlmeßgerät der Fa. Schärfe, Reutlingen, Deutschland) bestimmt.

Zur Western Blot-Analyse wurden lOμl Zellkulturüberstand re¬ duziert und denaturiert, und in denaturierenden 4% Sammel-/8% Trenngelen nach Lämmli (Nature 227: 680pp, 1970) mit dem BioRad Mini-Protean II Dual Slab Gel-System aufgetrennt (BioRad Laboratories, Richmond, CA, USA). Die Proteine wurden nach er¬ folgtem Gellauf mit dem BioRad Mini Trans-Blot-System (BioRad Laboratories, Richmond, CA, USA) in Transferpuffer (25mM Tris, 192mM Glycin) auf Nitrozellulose-Membranen transferiert. Zur Vi¬ sualisierung des rekombinanten Proteins wurde das Protoblot- System der Fa. Promega (Madison, WIS, USA) verwendet. Als Anti¬ körper zur Prothrombin-Bindung wurde Kaninchen Anti-Prothrombin- Serum (Best. No.A325) der Fa. Dakopatts (Glostrup, Dänemark) eingesetzt. (Fig.4B)

Beispiel 2: Reinigung und Aktivitätsbestimmung von rekombinantem wt-Prothrombin und Prothrombinderivaten

a) Reinigung des rekombinanten wt-Prothrombins und des Prothrom- bin-Asn419

Material: Anionen-Austauschersäule Fraktogel EMD TMAE 6 50, 1,6 x 5 cm (Merck)

Flüssigkeitschromatographiegerät FPLC LCC-500 (Pharmacia) anti-Prothrombin-Immunglobulin (Stago)

Lösungen: 50 mM Tris/HCl Puffer pH 7,4 (Puffer A)

50 mM Tris/HCl Puffer pH 7,4, 180 mM NaCl (Puffer B) 50 mM Tris/HCl Puffer pH 7,4, 300 mM NaCl (Puffer C) 50 mM Tris/HCl Puffer pH 7,4, 160 mM NaCl, 10 mM Ca- Acetat (Puffer D)

Für die Gewinnung des rekombinanten wt-Prothrombins und des Pro- thrombinderivats wurde Zellkulturüberstand von transformierten CHO-Zellen aus Beispiel 1 verwendet, der ein lösliches rekombi- nantes Prothrombinderivat enthielt.

Die Reinigung des rekombinanten wt-Prothrombins und des Pro- thrombinderivats aus dem Zellkulturüberstand erfolgte durch

Flüssigkeitschromatographie. Während der Chromatographie wurde der Verlauf in üblicher Weise durch Absorptionsmessung bei 280 nm verfolgt. Der Gehalt an Prothrombin bzw. an Prothrombinderi- vaten der einzelnen Fraktionen und Eluate wurde in üblicher Weise mittels ELISA unter Verwendung von handelsüblichem Pro- thrombinpräparat als Standard ermittelt.

Die Gesamtproteinkonzentration wurde nach der Methode von Bradford, M. (Anal. Biochem. 72, 248 (1976)) ermittelt.

Das Reinigungsverfahren ist in Fischer et al., J.Biotechn. 38:129, 1995, beschrieben.

Die Daten zur Reinigung des wt-Prothrombins werden nicht ge¬ zeigt.

Zur Reinigung des Prothrombin-Asn419 wurde die Anionen-Austau¬ schersäule mit Puffer A äquilibriert und anschließend wurden 970 ml Zellkulturüberstand (Prothrombingehalt (ELISA) 20 μg/ml; Pro¬ teinkonzentration 2,7 mg/ml) mit einer Geschwindigkeit von 4 ml/ Minute aufgetragen. Nicht an das Austauschergel gebundenes Mate¬ rial wurde durch Spülen der Säule mit Puffer A entfernt (Eluat 1: 1030 ml: 1,2 mg/ml) . Anschließend wurden schwach an die Säule gebundene Proteine durch Spülen der Säule mit Puffer B entfernt (Eluat 2: 20 ml; Prothrombingehalt (ELISA) 2 μg/ml; Gesamtpro¬ teingehalt 10,0 mg/ml). Danach wurde die Säule mit Puffer C elu- iert und an der Säule gebundenes Protein wurde im Eluat (Eluat 3: 30 ml; Prothrombingehalt (ELISA) 355 μg/ml; Gesamtproteinge¬ halt 16 mg/ml) erhalten. Anschließend wurde die Säule durch Wa¬ schen mit 1 M NaCl-Lösung regeneriert und mit Puffer D äquili¬ briert. 28 ml des Eluates 3 wurden mit Puffer A 1,9-fach ver¬ dünnt und Ca-Acetat wurde zur Endkonzentration von 10 mM zuge¬ setzt. Diese Lösung wurde wiederum durch die Anionen-Austau- schersäule filtriert und mit Puffer D gespült, wobei ungebunde¬ nes Protein im Eluat (Eluat 4: 60 ml; Prothrombingehalt (ELISA) 170 μg/ml) erhalten wurde. In den einzelnen Stufen der Chroma¬ tographie wurde das Protein durch denaturierende SDS-Polyacryl- amidgel-Elektrophorese (SDS-PAGE) (Laemmli, 1970) untersucht. Fig.5 zeigt mittels SDS-PAGE die Reinigung des Prothrombinderi-

vats. Aus der Darstellung ist ersichtlich, daß das Prothrombin- binderivat im Eluat 4 in reiner Form erhalten wurde.

b) Aktivitätsbestimmung des Prothrombinderivats:

Alle Reinigungsstufen und Eluate wurden hinsichtlich der Ge¬ rinnungsaktivität von Prothrombin mittels Prothrombin-Zeit-Test (Quick AJ, J. Biol. Chem. 109:73, 1935 und Denson KWE et al, in Laboratory Diagnosis, Blackwell R. Scientific Publications Oxford 1976, Seite 310ff. ) untersucht. Weder im Zellkulturüber¬ stand, den einzelnen Reinigungsstufen, noch in den Eluaten 1 - 4 konnte Prothrombinaktivität nachgewiesen werden.

Beispiel 3: Gewinnung, Analyse und Aktivitätsbestimmung von wt-Thrombin und Thrombin-Asn99

a) Gewinnung von Thrombin-Asn99:

Die Gewinnung von Thrombin-Asn99 erfolgte analog zur Methode, welche in der EP-A-0 565 512 beschrieben wird, indem das Pro¬ thrombin Asn419 mittels immobilisiertem Trypsin gespalten wird.

Das nach der Aktivierung erhaltene Eluat wurde mittels denatu¬ rierender SDS-PAGE untersucht (Fig.6). Die Ergebnisse der SDS- PAGE zeigen, daß rekombinantes Prothrombinderivat in ein Throm¬ binderivat (Thrombin-Asn99) mit einem Molekulargewicht von 33.000 (schwere Kette) umgewandelt wurde.

Parallel dazu wird nach demselben Verfahren rekombinantes wt- Prothrombin zu Thrombin aktiviert.

b) Analyse der Aminosäuresequenz des Thrombinderivats Thrombin Asn99

Die N-terminale Aminosäuresequenzanalyse ergab folgende zwei Se¬ quenzen: (A) Thr-Ala-Thr-Ser-Glu-Tyr-Gln-Thr-Phe-Phe-Asn-Pro- Arg-Thr-Phe; (B) Ile-Val-Glu-Ser-Asp-Glu-Ile-Gly-Met-Ser-Pro- Trp-Gln. Die Sequenzen zeigen somit, daß das rekombinante Throm¬ binderivat durch Proteolyse an den authentischen Spaltstellen

von Prothrombin (Arg271-Thr272 und Arg320-Ile321) als zweiket- tiges Molekül mit α-Thrombin-Struktur gewonnen wurde.

Zur besseren Veranschaulichung der räumlichen Struktur des Thrombin Asn99-Hirudin-Komplexes zeigt Fig.12 die molekulare Struktur des katalytischen Zentrums. Die Fig. 12 zeigt den Ver¬ gleich von humanem Thrombin und dem rekombinanten Thrombinderi¬ vat Asn99.

c) Die Aktivitätsbestimmung des rekombinanten Thrombin-Asn99 er¬ folgte nach drei voneinander unabhängigen Methoden.

I. Bestimmung der Thrombinaktivität mittels chromogenem Substrat

Die Bestimmung der Thrombinaktivität mittels chromogenem Sub¬ strat erfolgte bei 25 "C in 50mM Tris/HCl-Puffer, 150 mM NaCl, 0,1 % PEG 6000, pH 8,0, mit einer Konzentration des syntheti¬ schen chromogenen Substrats von 0,2mM AcOH-DH-CHG-Ala-Arg-pNA (TH-1, Pentapharm) in einem Volumen von 1 ml. Es wurde die Absorption bei 410 nm zeitabhängig bestimmt. Als Referenz wurde Thrombinstandard mit definierter Aktivität (Immuno AG) verwen¬ det. Die Verdünnungen der Proben erfolgte im Testpuffer mit einem Zusatz von 1 % Prionex (Collagenhydrolysat, Pentapharm).

Die Aktivitätsbestimmung ergab eine Aktivität von 0,24 nmol/ min μg Protein für das rekombinante Thrombinderivat Thrombin- Asn99. Damit weist Thrombin-Asn99 lediglich eine Aktivität von 0,24 % im chromogenen Assay gegenüber dem humanen plasmatischen Thrombin auf.

Tabelle 1: Bestimmung der Thrombinaktivität mittels chromogenem Substrat

Thrombinderivat spezifische Aktivität ___ (nmol/min μg Protein)

Thrombin-Asn99 0,24 rekombinantes wt-Thrombin 98,4 humanes plasmatisches Thrombin 102,0

II. Bestimmung der Aktivität unter Verwendung eines Thrombin¬ standards

Alle Thrombinderivate wurden bezüglich ihrer Thrombinaktivität unter Verwendung eines Thrombinstandards (Immuno AG) definierter Aktivität untersucht. In dieser Aktivitätsbestimmung wurde für das Thrombin-Asn99 keine Aktivität gefunden (Tabelle 2).

Tabelle 2: Bestimmung der Aktivität unter Verwendung eines Thrombinstandards

Thrombinderivat Aktivität (IE/mg Protein)

Thrombin-Asn99 0 rekombinantes wt-Thrombin 1656 humanes plasmatisches Thrombin 1509,0

III. Aktivitätsbestimmung durch Titration des aktiven Zentrums

Die Titration des aktiven Zentrums der Thrombinderivate erfolgte nach der Methode von M.F. Doyle und P.E. Haley (Methods in Enzymology (1993), 222, 299-312), unter Verwendung von p-Nitro- phenyl-p'-Guanidinobenzoat als Substrat und eines Extinktions¬ koeffizienten von 16.595 M cm bei 410 nm.

Humanes plasmatisches Thrombin, rekombinantes wt-Thrombin und Thrombin-Asn99 wurden mit dieser Methode auf ihren Gehalt an aktivem Zentrum (aktive Thrombinkonzentration) untersucht. Dabei konnte für Thrombin-Asn99 kein aktives Zentrum ermittelt werden (Tabelle 3).

Tabelle 3: Aktivitätsbestimmung durch Titration des aktiven Zentrums

Thrombinderivat Konzentration aktives Thrombin (nmol/mg Protein)

Thrombin-Asn99 0 rekombinantes wt-Thrombin 16,34 humanes plasmatisches Thrombin 16,89

Zusammenfassung: Im Unterschied zu rekombinantem wt-Thrombin und humanem plasmatischen Thrombin zeigt Thrombin-Asn99 nur in einer von drei Testmethoden eine äußerst geringe Thrombinaktivität, die ca. 1/400 der nativen Thrombinaktivität entspricht. Rekom¬ binantes wt-Thrombin und humanes plasmatisches Thrombin zeigen sehr ähnliche Aktivitätsmuster.

Beispiel 4: Quantifizierung der Hirudinbindung des rekombi¬ nanten Thrombinderivats

I. Die Bindungsfähigkeit zu Hirudin von dem Thrombinderivat Thrombin-Asn99 wurde mittels eines ELISA-Tests untersucht und mit humanem plasmatischen Thrombin und rekombinantem wt-Thrombin verglichen. Dieser ELISA-Test beruht auf der Verwendung von immobilisiertem Hirudin. Gemäß einer der Ausführungsformen die¬ ses Tests wird Thrombin an Hirudin, welches an Mikrotiterplatten immobilisiert ist, gebunden und über Antikörper mit anschließen¬ der Farbreaktion nachgewiesen. Dieser Test ist unabhängig von der enzymatischen Aktivität des Thrombins.

Zur Herstellung der ELISA-Platten wird rekombinantes Hirudin Variante 1 (Variante 1; Firma Rhein Biotech, BRD; 2 μg/ml, 100 μl) an Mikrotitrationsplatten gebunden. Nach dem Waschen wurden rekombinantes wt-Thrombin, Thrombin Asn99 oder humanes plasma¬ tisches Thrombin (100 μl einer Lösung mit Konzentrationen laut Fig.7) zugegeben und für eine Stunde inkubiert. Nicht-gebundenes Thrombin wurde entfernt und gebundenes Thrombin mittels Per- oxidase-markiertem anti-Thrombin-Immunglobulin (Sheep anti-human Thrombin; Enzyme Research Lab. Inc., Indiana USA; 100 μl einer , 00 „-Verdünnung) nachgewiesen (Fig.7). Die Messung der Absorp-

tion erfolgte bei 450 nm.

Aus den Ergebnissen ist klar ersichtlich, daß sowohl rekombinan¬ tes wt-Thrombin (Fig.7B), humanes plasmatisches Thrombin (Fig. 7C), als auch Thrombin-Asn99 (Fig.7A) in identischer und kon¬ zentrationsabhängiger Weise an immobilisiertes Hirudin binden.

II. Bestimmung der Bindung von Hirudin an Thrombin mittels Ände¬ rung der Fluoreszenz aromatischer Aromasäuren im Thrombinmolekül und Bestimmung der Bindungskonstante von Hirudin an Thrombin¬ derivate.

Anhand von Fluoreszenzemissionen wurde unter Verwendung des PC- Programms ENZFITTER (RJ. Leatherbarrow, Elsevier-Biosoft, 1987) unter Zugrundelegung eines Bindungsmodells mit einer gemeinsamen Bindungsstelle die Bindungskonstante von Thrombin zu Hirudin er¬ mittelt. Die Bestimmung der intrinsischen Fluoreszenz aromati¬ scher Aminosäuren der Thrombinderivate erfolgte in 50mM Tris/HCl-Puffer, 150mM NaCl, 0,1 % PEG 6000, pH 7,4. Die Exita- tion erfolgte bei 280 nm (Spaltbreite 2,5 nm), die Emission wur¬ de zwischen 300 nm und 400 nm (Spaltbreite 5 nm) registriert.

Die intrinsische Fluoreszenz von Tryptophan im Thrombinmolekül wurde bei 280 nm angeregt und die Emission zwischen 300 nm und 400 nm ohne Hirudinzusatz bzw. in Anwesenheit von Hirudin gemes¬ sen. Die Fluoreszenz bei 341 nm (Exitation 280 nm) von 390 nM Thrombin-Asn99, 326 nM rekombinantes wt-Thrombin und 350 nM humanes plasmatisches Thrombin wurde in Abhängigkeit der Hiru- dinkonzentration bestimmt.

Wieder wird das Thrombinderivat Thrombin-Asn99 mit rekombinantem wt-Thrombin und humanem plasmatischen Thrombin verglichen. Aus den Ergebnissen ist ersichtlich, daß sich in Anwesenheit von Hirudin zu allen drei Thrombinderivaten die Fluoreszenz von Tryptophan im Thrombinmolekül (Hirudin besitzt kein Tryptophan) wesentlich erhöht (Fig.8). Dies ist offensichtlich auf die Herausbildung eines Hirudin-Thrombin-Komplexes zurückzuführen.

Dadurch kommt es offenbar zu einer strukturellen Änderung im

Thrombinmolekül, die die Fluoreszenzeigenschaften von Tryptophan beeinflussen. Aus Raumstruktur-Analysen des Thrombin-Hirudin- Komplexes ist bekannt, daß insbesondere Trp 51, Trp 148 und Trp 227 aus Thrombin durch Hirudinbindung in Kontaktnähe zum Inhibi¬ tor gelangen.

Fig.8 zeigt im Vergleich die Abhängigkeit der Thrombinfluores- zenz von der Hirudinkonzentration. Für alle drei Thrombinderiva¬ te wurden sehr ähnliche Bindungen von Hirudin an Thrombin er¬ halten. Die Bindung von Hirudin an alle drei Thrombinderivate entspricht einer Sättigung und ergibt eine Bindungsstelle je Thrombinmolekül.

Die Daten aus Fig.8 wurden benutzt, um die Bindungskonstanten von Hirudin an die Thrombinderivate zu bestimmten (Tabelle 4). Es ist ersichtlich, daß für alle Thrombinderivate sehr ähnliche und sehr hohe Assoziationskonstanten erhalten wurden.

Tabelle 4: Bindungskonstanten von Hirudin an die Thrombinderivate

Thrombinderivat Assoziationskonstante des Throm- bin-Hirudin-Komplexes (M—)

Thrombin-Asn99 3,7 x 10 7 rekombinantes wt-Thrombin 4,3 x 10 7 humanes plasmatisches Thrombin 3,2 x IQ 7

Beispiel 5: Rekombinantes Prothrombin als Hirudin-Antagonist

Material: Koagulometer KC 10 (Amelungen GmbH, Deutschland) Prothrombin-freies Normalplasma (Immuno AG, Wien) Prothrombin-Konzentrationsstandard (Immuno AG, Wien) Rekombinantes Hirudin (Rhein Biotech, Deutschland)

In einem üblichen Laborverfahren wurde mittels eines Prothrom- bin-Zeit-Testes die Zeit ermittelt, die nach Aktivierung der an der Blutgerinnung beteiligten Faktoren benötigt wird, um Normal¬ plasma zur Gerinnung zu bringen. In diesem Test wird durch Zu¬ gabe von Ca -Ionen zur Mischung aus 1. Prothrombin-freiem

Normalplasma (welches jedoch alle anderen Gerinnungsfaktoren enthält) und 2. Prothrombin-Konzentrationsstandard (Prothrombin mit definierter Aktivität) der Gerinnungsfaktor Xa gebildet, welcher dann Prothrombin (Faktor II) in Thrombin (Faktor Ha) umwandelt. Thrombin bewirkt dann die Umwandlung von löslichem Fibrinogen in unlösliches Fibrin. Dies führt zur Bildung von Blutgerinnseln. Der Zeitabstand zwischen Aktivierung mittels Zugabe der Ca -Ionen und der Bildung des Blutgerinnsels wird dabei automatisch durch das Koagulometer bestimmt. Bekannter¬ weise hängt die Zeitdauer der Blutgerinnung von der Konzentra¬ tion des Prothrombins bzw. der Konzentration des gebildeten ak¬ tiven Thrombins ab. Je höher die Thrombinkonzentration im Reak¬ tionsgemisch ist, desto geringer ist die Gerinnungszeit. Bei der Zugabe eines Thrombininhibitors, wie Hirudin, kommt es nach der Umwandlung von Prothrombin in Thrombin zur Herausbildung eines inaktiven Thrombin-Hirudin-Komplexes, so daß das in diesem Komplex gebundene Thrombin sich nicht mehr an der Umwandlung von Fibrinogen in Fibrin beteiligen kann. Folglich verlängert sich die Gerinnungszeit aufgrund der verringerten Menge an aktivem Thrombin. Bei einem Überschuß an Inhibitor über Thrombin kommt es zur vollständigen Hemmung der Blutgerinnung. Wird jedoch zu einem Testsystem sowohl ein Thrombin-Inhibitor wie Hirudin und eine weitere Komponente, die ihrerseits den Inhibitor bindet, aber nicht an der Blutgerinnung beteiligt ist, zugegeben, ver¬ ringert sich die Wirkung des Inhibitors auf Thrombin. Dann ist die Gerinnungszeit wieder verkürzt. In Tabelle 5 sind die Er¬ gebnisse verschiedener Untersuchungen zusammengefaßt:

Aus den Ergebnissen der Tabelle 5 geht hervor:

1. Prothrombin führt zu einer raschen Bildung des Blutge¬ rinnsels.

2. Hirudin führt zur Hemmung der Blutgerinnung.

3. Das rekombinante Prothrombinderivat führt zu keiner Blutge¬ rinnung.

4. Das rekombinante Prothrombinderivat führt zu keiner Beein¬ flussung der Blutgerinnung durch natürliches Prothrombin.

5. Durch Zugabe von rekombinantem Prothrombinderivat wird die

Hirudin-abhängige Hemmung der Blutgerinnung aufgehoben.

Tabelle 5:

Komponenten im Gerinnungstest Gerinnungszeit (Sekunden)

Ansatz (A)

Prothrombin-freies Normalplasma

125 mU/ml (12,5 μg/ml) Prothrombin 18

Ansatz (B)

Prothrombin-freies Normalplasma

125 mU/ml (12,5 μg/ml) Prothrombin

2,5 μg/ml Hirudin > 100

Ansatz (C)

Prothrombin-freies Normalplasma

25 μg/ml erfindungsgemäßes

Prothrombinderivat > 100

Ansatz (D)

Prothrombin-freies Normalplasma

125 mU/ml (12,5 μg/ml) Prothrombin

25 μg/ml erfindungsgemäßes

Prothrombinderivat 18

Ansatz (E)

Prothrombin-freies Normalplasma

125 mU/ml (12,5 μg/ml) Prothrombin

25 μg/ml erfindungsgemäßes Prothrombin- derivat, 2,5 μg/ml Hirudin 35

Beispiel 6: Neutralisierung von Hirudin durch Thrombin-Asn99

Zur Testung, ob Thrombin-Asn99 Hirudin neutralisieren kann und somit die Hemmung bezüglich aktivem Thrombin aufgehoben wird, wurden 50 μl Hirudin (44 nM, 4 ATU/ml) mit verschiedenen Kon¬ zentrationen an Thrombin-Asn99 für 1 Minute inkubiert. An¬ schließend wurden 50 μl Thrombinstandard (3,9 IE/ml), sowie ehromogenes Substrat im Meßpuffer (0,2 mM Substrat lt. Beispiel 3c in 50 mM Tris/HCl-Puffer, 150 mM NaCl, 0,1 % PEG 6000, pH

8,0) zugegeben und die Enzymaktivität bei 25°C bestimmt. Die Thrombinaktivität wurde bei 410 nm photometrisch bestimmt. Als Vergleich wurde die Thrombinaktivität ohne Hirudin bestimmt (100 % Thrombinaktivität), sowie die Thrombinaktivität in Gegen¬ wart von Hirudin jedoch ohne Zusatz von Thrombin-Asn99 (0 % Thrombinaktivität). Die Ergebnisse sind in Fig.9 dargestellt.

Es ist eindeutig ersichtlich, daß durch Thrombin-Asn99 Hirudin neutralisiert wird, und somit die hemmende Wirkung von Hirudin auf aktives Thrombin aufgehoben wird. Gleichzeitig wird deut¬ lich, daß bei einem Verhältnis von 1 Mol Thrombin-Asn99 zu 1 Mol Hirudin die Thrombinhemmung neutralisiert wird.

Beispiel 7: Reaktivierung des Thrombin-Hirudin-Komplexes durch Thrombin-Asn99

Ziel des Experimentes war es festzustellen, ob durch die Zugabe von Thrombin-Asn99 zum Thrombin-Hirudin-Komplex die Thrombin¬ aktivität wieder zurückgewonnen werden kann, d.h., ob Thrombin- Asn99 in der Lage ist, Hirudin aus dem Thrombin-Hirudin-Komplex zu neutralisieren.

Dazu wurde photometrisch die Aktivität von Thrombin (Endkonzen¬ tration 0,1 IE/ml) mittels chromogenem Substrat kontinuierlich bestimmt. Nach 3 Minuten wurde Hirudin (Endkonzentration 0,1 ATU/ml) zugegeben und die Reaktion für weitere 4 Minuten fortge¬ führt. Danach wurden unterschiedliche Konzentrationen an Throm¬ bin-Asn99 (Endkonzentrationen 0,2 μg/ml, 0,4 μg/ml und 1 μg/ml) zugegeben und die Reaktion photometrisch verfolgt (Fig.7).

Fig.10 zeigt, daß durch Zugabe von Hirudin zu Thrombin dessen Aktivität gehemmt wird. Aus den Ergebnissen ist weiterhin er¬ sichtlich, daß mit Zugabe zunehmender Konzentration von Throm- bin-Asn99 die inhibierende Wirkung von Hirudin auf Thrombin jedoch wieder aufgehoben werden kann.

Interessanterweise ist der Prozeß der Hirudinneutralisation zeitabhängig; es dauert ca. 1 Minute, bis Hirudin durch Throm- bin-Asn99 neutralisiert wird. Dies ist auf die sehr hohe Bin-

dungskonstante von Hirudin an Thrombin zurückzuführen, dessen Gleichgewicht folglich zeitabhängig zugunsten freien Thrombins und der Herausbildung eines Hirudin-Thrombin-Asn99-Komplexes verschoben wird.

Beispiel 8: Neutralisation von Hirudin im Plasma

Ziel der Untersuchung war es zu zeigen, daß Thrombin-Asn99 in der Lage ist, auch im Plasma Hirudin zu neutralisieren und somit eine hemmende Wirkung von Hirudin auf Thrombin aufzuheben. Zur Durchführung wurden in Analogie zum aPPT-Test 110 μl hirudini- siertes Citratplasma (Hirudinkonzentration 1,8 μg/ml) mit 100 μl partiellem Thromboplastin-Reagens (Boehringer Mannheim, BRD) und 10 μl Thrombin-Asn99 (von 0 - 17 μg/ml lt. Fig. 11) gemischt und für 3 Minuten bei 37°C inkubiert. Anschließend wurden 100 μl 25 mM CaCl 2 zugegeben und die Gerinnungszeit automatisch bestimmt (Fig. 11).

Aus den Ergebnissen ist ersichtlich, daß durch Hirudin (ohne Zu¬ satz an Thrombin-Asn99) die Gerinnungszeit sehr stark verlängert wird. Konzentrationsabhängig, mit zunehmender Menge an Thrombin- Asn99, verkürzt sich die Gerinnungszeit jedoch wieder, und er¬ reicht die für Normalplasma üblichen Werte.

Aus der Darstellung ist klar ersichtlich, daß auch im Plasma Hirudin durch Thrombin-Asn99 neutralisiert wird, und somit die Hemmung von Hirudin auf plasmatisches Thrombin aufgehoben wird.

Die Gesamtheit der Untersuchungsergebnisse zeigen eindeutig, daß die hergestellte Thrombinmutante Thrombin-Asn99 entsprechend der Zielsetzung nur eine vernachlässigbar kleine Aktivität besitzt (weniger als 0,24 % von aktivem Thrombin), jedoch Hirudin in identischer Weise bindet.

Die Eigenschaft, Hirudin zu binden, befähigt das rekombinante Molekül, den Inhibitor sowohl im definierten Puffersystem, als auch im Plasma zu neutralisieren. Darüberhinaus ist Thrombin- Asn99 in der Lage, Hirudin aus dem Thrombin-Hirudin-Komplex herauszulösen und zu neutralisieren.

Beispiel 9: Gewinnung und Funktionsanalyse von Meizothrombin- Asn419

Für die Gewinnung von rekombinantem Meizothrombin-Asn419 wurde Prothrombin-Asn419 aus Beispiel 1 verwendet. Prothrombin-Asn419 wurde durch Inkubation mit der Venom-Protease Ecarin in Meizo- thrombin-Asn419 umgewandelt. Dabei wurde Prothrombin-Asn419 zu 0,2 mg/ml in 20 mM Tris/HCl-Puffer, pH 7,4, 150 mM NaCl, 5 mM CaCl 2 , gelöst, und auf je 1 μg Prothrombin-Asn419 wurden 20 ng Ecarin (Produkt der Firma Pentapharm) zugegeben. Die Aktivierung erfolgte bei 4°C für 4 Stunden. Das resultierende Meizothrombin- Asn419 wurde in Analogie zur Reinigung von Thrombin-Asn99 (Bei¬ spiel 3) durch Affinitätschromatographie am Peptid-Gel gereinigt und isoliert.

Auf diese Weise hergestelltes Meizothrombin-Asn419 besitzt das identische Molekulargewicht von Prothrombin-Asn419 von 72 000, und besteht aus der Prothrombin-Fl/F2/A-Kette (Molekulargewicht 52 000, N-terminale Aminosäuresequenz Ala-Asn-Thr-Phe-leu-Gla- Gla-) und der B-Kette (Molekulargewicht 32 000, N-terminale Aminosäuresequenz Ile-Val-Glu-Ser-Asp-Ala-Glu-Ile) .

In Analogie zu den Beispielen 3 (c) I bis III wurden die enzyma- tischen Eigenschaften von Meizothrombin-Asn419 untersucht. In keinem der Testverfahren wurde für Meizothrombin-Asn419 eine Aktivität bestimmt.

In Analogie zu Beispiel 4 (I) und (II) konnte ermittelt werden, daß Meizothrombin-Asn419 in einer konzentrationsabhängigen Weise und mit einer Stärke vergleichbar mit humanem plasmatischen Thrombin an immobilisiertes Hirudin bindet und sich die Fluores¬ zenzintensität aromatischer Aminosäuren durch die Bindung an Hirudin, wie für Thrombin-Asn99 beschrieben, erhöht.

In Analogie zu Beispiel 6 konnte für Meizothrombin-Asn419 ge¬ zeigt werden, daß es Hirudin neutralisiert und somit die Hemmung bezüglich Thrombin aufhebt. Bei einem Verhältnis von 1 Mol Meizothrombin-Asn419 zu 1 Mol Hirudin wird die Thrombinhemmung neutralisiert.

In Analogie zu Beispiel 7 konnte für Meizothrombin-Asn419 ge¬ zeigt werden, daß durch die Zugabe von Meizothrombin-Asn419 zum Thrombin-Hirudin-Komplex das Hirudin aus dem Komplex wieder her¬ ausgelöst werden kann, und somit das Thrombin seine Aktivität wiedergewinnt. Die dabei gewonnenen Daten entsprechen denen von Thrombin-Asn99.

In Analogie zu Beispiel 8 konnte für Meizothrombin-Asn419 ge¬ zeigt werden, daß es in der Lage ist, im Plasma Hirudin zu neu¬ tralisieren und somit die hemmende Wirkung auf Thrombin aufzu¬ heben. Die dabei gewonnenen Daten entsprechen denen von Thrombin-Asn99.

Beispiel 10: Charakterisierung von Thrombin-Asn99 und Meizo- thrombin-Asn99 in vivo

Die Hirudin-neutralisierenden Effekte von Thrombin-Asn99 und Meizothrombin-Asn99 wurden in einem Tiermodell untersucht: 3 min nach einer intravenösen Verabreichung einer Hirudin-Dosis von 0,5 mg pro kg Körpergewicht (200 μl) oder 200 μl Kochsalzlösung an NMRI-Mäusen (20 g Körpergewicht; jede Testgruppe umfaßte 10 Mäuse) wurden 2,5 mg Thrombin-Asn99/kg Körpergewicht und 5,0 mg Meizothrombin-Asn99 (jeweils 200 μl) injiziert. Nach weiteren 3 min wurde Blut durch Herzpunktation von den narkotisierten Mäu¬ sen entnommen. Das erhaltene Citratplasma wurde auf partielle Thromboplastinzeit (PTT), Thrombinzeit (TT), anti-Thrombin- Potential (aPT) und Plasmakonzentration von Thrombin-Asn99 und Meizothrombin-Asn99 untersucht, wobei jede Messung dreifach vor¬ genommen worden ist.

Zur Messung der PTT wurden 50 μl citriertes Maus-Plasma mit 50 μl Faktor II-defizientem Citratplasma und 100 μl partiellem Thromboplastin-Reagens bei 37°C für 3 min gemischt. Die Gerin¬ nung wurde durch Zugabe von 100 μl 25 mM CaCl 2 gestartet. Zur Messung der TT wurden 50 μl citriertes Maus-Plasma mit 150 μl Faktor II-defizientem Citratplasma bei 37°C für 1 min ge¬ mischt. Die Gerinnung wurde durch Zugabe von 100 μl Thrombin- Standard (7 Einheiten/ml) gstartet.

Zur Bestimmung des aPT wurde die TT aller Mäuse der Gruppen 1 bis 8 mit einer Eichkurve der Gerinnungszeiten von verschiedenen Thrombin-Standard-Konzentrationen (1 Einheit/ml bis 10 Einhei¬ ten/ml, woraus sich die effektive Thrombin-Konzentration in den einzelnen TT-Versuchen ergab. Die Unterschiede, welche sich in der effektiven Thrombin-Konzentration in den Versuchen mit dem Maus-Plasma der Testgruppen 1 und 5 zu den effektiven Thrombin- Konzentrationen in den Versuchen mit dem Maus-Plasma der Test¬ gruppen 2 bis 4 bzw. 6 bis 8 ergaben, resultierten im anti- Thrombin-Potential, wobei ein Unterschied in 1 Thrombin-Ein¬ heit/ml als eine anti-Thrombin-Einheit definiert wurde.

Die Plasma-Konzentrationen von Thrombin-Asn99 und Meizothrombin- Asn99 wurden durch Zugabe von seriellen Plasma-Verdünnungen zu immobilisiertem Hirudin bestimmt, wobei Thrombin-Asn99 und Meizothrombin-Asn 9 mittels Schaf-anti-Thrombin-IgG-Peroxidase- Konjugat detektiert wurden. Zur Analyse wurden Eichgeraden mit Thrombin-Asn99- und Meizothrombin-Asn99-Konzentrationen von 3 ng/ml bis 100 ng/ml erstellt.

Die Ergebnisse diser Untersuchungen sind in Tabelle 6 darge¬ stellt.

Tabelle 6:

Parameter Thrombin- Asn99 Meizothrombin-Asn99 Test-Gruppe Test-Gruppe 1 2 3 4 5 6 7 8

PTT (sek) 23,8 42,3 24,0 26,2 22,4 38,2 21,0 21,8

TT (sek) 11,4 19,8 11,6 11,7 11,6 19,3 11,2 12,0 aTP (ATU) 0 4,3 0 0,33 0 3,8 0 0,12

Plasmakonzentration 0 0 16 10 0 0 39 16

Diese Daten zeigen, daß die Injektion von Hirudin (Testgruppe 2 und 6) eine Erhöhung des PTT von mindestens 75 %, eine Erhöhung des TT von mindestens 60 %, das Auftreten eines hohen aPT und keine Detektion von Thrombin in Plasma verursachte.

Die alleinige Verabreichung von Thrombin-Asn99 (Testgruppe 3)

und Meizothrombin-Asn99 (Testgruppe 7) zeigte keine signifikante Veränderung der Gerinnungs-Parameter, verglichen mit den Test¬ gruppen 1 bzw. 5, jedoch konnten beide Proteine in Maus-Plasma detektiert werden.

Die Injektion von Hirudin, gefolgt von Thrombin-Asn99 (Test¬ gruppe 4) und die Injektion von Hirudin, gefolgt von Meizo- thrombin-Asn99 (Testgruppe 8) resultierte in einer Normalisie¬ rung des PTT und des TT, wobei das aPT erheblich reduziert wurde. Es konnten also beide Proteine offensichtlich Hirudin im Kreislauf neutralisierten und dabei die freie Hirudin-Konzen- tration reduzierten.

Hirudin-komplexierte Formen von Thrombin-Asn99 und Meizothrom- bin-Asn99 sind weniger reaktiv gegenüber immobilisiertem Hiru¬ din, weshalb niedrigere Konzentrationen von Thrombin-Asn99 und Meizothrombin-Asn99 in Plasma gefunden wurden.