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Patent Searching and Data


Title:
RECOMBINANT ORF VIRUS VECTOR
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2017/013023
Kind Code:
A1
Abstract:
The present invention relates to a recombinant Orf virus vector, a cell containing the recombinant Orf virus vector, a composition containing the recombinant Orf virus vector according to the invention and/or containing the cell according to the invention, the use of the recombinant Orf virus vector according to the invention for the production of a foreign gene. The invention also relates to a nucleic acid molecule coding for an Orf virus vector promoter.

Inventors:
RZIHA HANS-JOACHIM (DE)
AMANN RALF (DE)
Application Number:
PCT/EP2016/066926
Publication Date:
January 26, 2017
Filing Date:
July 15, 2016
Export Citation:
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Assignee:
UNIV TUEBINGEN MEDIZINISCHE FAKULTAET (DE)
International Classes:
C12N15/863
Other References:
ZHANGYONG NING ET AL: "Generation of recombinant Orf virus using an enhanced green fluorescent protein reporter gene as a selectable marker", BMC VETERINARY RESEARCH, BIOMED CENTRAL, LONDON, GB, vol. 7, no. 1, 22 December 2011 (2011-12-22), pages 80, XP021119029, ISSN: 1746-6148, DOI: 10.1186/1746-6148-7-80
JOANNE L TAN ET AL: "Development of orf virus as a bifunctional recombinant vaccine: Surface display ofantigen EG95 by fusion to membrane structural proteins", VACCINE, ELSEVIER LTD, GB, vol. 30, no. 2, 28 October 2011 (2011-10-28), pages 398 - 406, XP028348290, ISSN: 0264-410X, [retrieved on 20111107], DOI: 10.1016/J.VACCINE.2011.10.079
JÖRG ROHDE ET AL: "New Orf Virus (Parapoxvirus) Recombinant Expressing H5 Hemagglutinin Protects Mice against H5N1 and H1N1 Influenza A Virus", PLOS ONE, vol. 8, no. 12, 20 December 2013 (2013-12-20), pages e83802, XP055300959, DOI: 10.1371/journal.pone.0083802
AMANN R ET AL: "A new rabies vaccine based on a recombinant ORF virus (parapoxvirus) expressing the rabies virus glycoprotein", JOURNAL OF VIROLOGY (ONLINE), AMERICAN SOCIETY FOR MICROBIOLOGY, US, vol. 87, no. 3, 1 February 2013 (2013-02-01), pages 1618 - 1630, XP002753921, ISSN: 1098-5514, [retrieved on 20121121], DOI: 10.1128/JVI.02470-12
T. FISCHER ET AL: "Novel Recombinant Parapoxvirus Vectors Induce Protective Humoral and Cellular Immunity against Lethal Herpesvirus Challenge Infection in Mice", JOURNAL OF VIROLOGY, vol. 77, no. 17, 1 September 2003 (2003-09-01), pages 9312 - 9323, XP055005357, ISSN: 0022-538X, DOI: 10.1128/JVI.77.17.9312-9323.2003
LI WEI ET AL: "Comparative genomic sequence analysis of Chinese orf virus strain NA1/11 with other parapoxviruses", ARCHIVES OF VIROLOGY, SPRINGER WIEN, AT, vol. 160, no. 1, 11 November 2014 (2014-11-11), pages 253 - 266, XP035419843, ISSN: 0304-8608, [retrieved on 20141111], DOI: 10.1007/S00705-014-2274-1
M. BUTTNER ET AL: "Parapoxviruses: From the Lesion to the Viral Genome", JOURNAL OF VETERINARY MEDICINE. SERIES B - ZENTRALBLATT FUER VETERINAERMEDIZIN. REINE B., vol. 49, no. 1, 1 February 2002 (2002-02-01), DE, pages 7 - 16, XP055300947, ISSN: 0931-1793, DOI: 10.1046/j.1439-0450.2002.00539.x
Attorney, Agent or Firm:
WITTE, WELLER & PARTNERPATENTANWÄLTE MBB (DE)
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Claims:
Patentansprüche

1 . Rekombinanter Orf-Virus-(ORFV)-Vektor, der folgendes aufweist:

(1 ) zumindest eine für ein Fremdgen codierende und dieses exprimierende Nukleotidsequenz, und

(2) zumindest einen Promotor, der die Expression der Nukleotidsequenz kontrolliert, dadurch gekennzeichnet, dass die Nukleotidsequenz in zumindest einem der Insertionslokusse (IL) 1 , 2 und 3 eingesetzt ist, die im ORFV-Genom in folgenden Regionen lokalisiert sind:

2. Rekombinanter ORFV-Vektor nach Anspruch 1 , wobei es sich bei ORFV um ein solches des Stammes D1701 handelt.

3. Rekombinanter ORFV-Vektor nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass der ORFV-Promotor ein früher ORF-Promotor ist, der vorzugsweise eine Nukleotidsequenz aufweist, die ausgewählt ist aus: SEQ ID Nr. 1 (P1 ), SEQ ID Nr. 2 (P2), SEQ ID Nr. 3 (VEGF), SEQ ID Nr. 4 (optimierter "early"), SEQ ID 5 (7.5 kDa Promotor) und SEQ ID Nr. 6 (Consensus "early"). Rekombinanter ORFV-Vektor nach einem der vorherigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Promotor an einer Position von nt -28 ± 10 bis nt -13 ± 10 stromaufwärts in Bezug auf die für das Fremdgen codierende Nukleotidsequenz angeordnet ist.

Rekombinanter ORFV-Vektor nach einem der vorherigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass in zumindest einem der IL 1 , 2 oder 3 mehr als eine für ein Fremdgen codierende und dieses exprimierende Nukleotidsequenz eingesetzt ist, vorzugsweise 2, 3, 4 oder mehr Nukleotidsequenzen.

Rekombinanter ORFV-Vektor nach einem der vorherigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass dieser eine weitere für ein Fremdgen codierende und dieses exprimierende Nukleotidsequenz aufweist, die unter der Kontrolle eines vorzugsweise frühen ORFV-Promotor steht, und die in einen Insertionslokus eingesetzt ist, der im ORFV-Genom im vegf-E-Gen lokalisiert ist.

Rekombinanter ORFV-Vektor nach einem der vorherigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Fremdgen ausgewählt ist aus den Gruppen folgender Antigene:

- virales Antigen, vorzugsweise

Rabiesvirus-Antigen, einschließlich Glykoprotein (RabG);

Influenza-A-Antigen, einschließlich Nukleoprotein (NP), Hämaglutinin (HA), Neuraminidase (NA);

- Tumorantigen, vorzugsweise virales Tumorantigen, einschließlich HPV- selektives virales Tumorantigen;

- tumorassoziiertes Antigen, einschließlich virales tumorassoziiertes Antigen, einschließlich HPV-selektives virales tumorassoziiertes Antigen;

- parasitäres Antigen, vorzugsweise Plasmodium-Antigen;

- Zytokin.

8. Zelle, vorzugsweise Säugetierzelle, weiter vorzugsweise eine Vero-Zelle, enthaltend den rekombinanten ORFV-Vektor nach einem der vorherigen Ansprüche.

9. Zusammensetzung, vorzugsweise pharmazeutische Zusammensetzung, enthaltend den rekombinanten ORFV-Vektor nach einem der Ansprüche 1 bis 7 oder/und die Zelle nach Anspruch 8.

10. Zusammensetzung nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei der pharmazeutischen Zusammensetzung um einen Impfstoff, vorzugsweise eine polyvalenten Impfstoff handelt.

1 1 . Verwendung des rekombinanten ORFV-Vektors nach einem der vorherigen Ansprüche zur Expression von zumindest einem Fremdgen.

12. Verwendung nach Anspruch 1 1 zur Herstellung von einem zumindest ein Fremdgenprodukt enthaltenden Impfstoff (monovalenter Impfstoff), vorzugsweise von einem zumindest zwei Fremdgenprodukte enthaltenden Impfstoff (polyvalenter Impfstoff).

13. Nukleinsäuremolekül codierend für einen ORFV-Promotor, der eine Nukleotidse- quenz aufweist, die ausgewählt ist aus SEQ ID Nr. 1 (P1 ) und SEQ ID Nr. 2 (P2).

14. Nukleinsäuremolekül nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei dem ORFV-Promotor um eine frühen ORFV-Promotor handelt.

Description:
Rekombinanter Orf -Virus-Vektor

[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft einen rekombinanten Orf -Virus-Vektor, eine Zelle, die den rekombinanten Orf-Virus-Vektor enthält, eine den erfindungsgemäßen rekombinanten Orf -Virus-Vektor und/oder die erfindungsgemäße Zelle enthaltende Zusammensetzung, die Verwendung des erfindungsgemäßen rekombinanten Orf -Virus-Vektors zur Expression von einem Fremdgen sowie ein Nukleinsäuremolekül codierend für einen Orf-Virus- Vektor-Promotor.

[0002] Virale Vektoren werden in der Biotechnologie dafür verwendet, um genetisches Material in

Zielzellen zu schleusen. Das eingeschleuste genetische Material codiert dabei häufig für Fremdgene, die der Herstellung eines rekombinanten Proteins dienen. Virale Vektoren stellen deshalb eine bedeutende Plattformtechnologie insbesondere zur Herstellung von rekombinanten Impfstoffen dar, die neben der klassischen Prävention von Infektionskrankheiten zunehmend auch zur Entwicklung von neuen, innovativen Therapiekonzepten, wie bspw. der therapeutischen Tumorimmunisierung, eingesetzt werden.

[0003] Das Orf-Virus (ORFV) gehört zu der Familie der Pockenviren und verfügt über eine

Vielzahl von Eigenschaften, welche es zur Herstellung von rekombinanten Impfstoffen interessant macht und gegenüber anderen Technologien präferiert. Es stellt den Prototyp der Gattung der Parapockenviren dar und ist der Familie der Poxviridae zuzuordnen. ORFV sind behüllte, komplexe dsDNA-Viren von wollknäuelartiger Morphologie und einer mittleren Größe von ca. 260 x 160 nm. Sie besitzen ein lineares, GC-reiches, ca. 130 bis 150 kbp großes DNA-Genom, dessen zentraler Bereich beidseitig von ITR-Regionen („inverted terminal repeats") abgegrenzt wird und in einer Haarnadelstruktur endet, welche beide DNA-Einzelstränge kovalent miteinander verknüpft. Im zentralen Bereich des Genoms befinden sich überwiegend Gene, die hauptsächlich für die virale Replikation und Morphogenese essentiell und innerhalb der Pockenviren hochkonserviert sind. Dagegen befinden sich in den ITR-Regionen sog. nicht-konservierte Virulenzgene, welche maßgeblich das Wirtsspektrum, die Pathogenität und die Immunmodulation bestimmen und somit das Virus charakterisieren. [0004] Die virale Replikation ist bei Pockenviren auf das Zytoplasma restringiert und beginnt mit der Bindung des Virus an die Oberfläche der Wirtszelle. Nach der Fusion werden das sog. virale Core, ein Proteinkern, welches das virale Genom, frühe virale mRNA sowie virale Transkriptionsfaktoren (TF) beinhaltet, in das Zytoplasma freigesetzt. Nachfolgend beginnt die frühe virale Genexpression, in der unter Kontrolle von poxvirusspezifischen frühen („early") Promotoren virale mRNA synthetisiert wird. Nach Auflösung der Core- Struktur wird die virale DNA im Zytoplasma freigesetzt. Im Gegensatz zu der Transkription von„early"-Genen, die ausschließlich unter Kontrolle viraler TF verläuft, ist die nachfolgende„intermediate" und„late" Gentranskription auf die Mithilfe zellulärer TF angewiesen. Somit benötigt die poxvirale Expression früher Gene, im Unterschied zur Expression von „intermediate"- und„Iate"-Genen, weder die Replikation viraler DNA noch eine Virusproduktion.

[0005] Das ORFV zeichnet sich durch einen sehr engen natürlichen Wirtsbereich aus, der Schaf und Ziege umfasst. Infektionen erfolgen über Läsionen der Haut, die das Eindringen des Virus ermöglichen. Die Vermehrung des dermatropen Virus ist anschließend auf regenerative Keratinozyten begrenzt, wodurch eine kontagiöse Dermatitis oder Ecthyma contagiosum ausgelöst wird. Diese in der Regel mild verlaufende, selbstlimitierende Infektion manifestiert sich als lokal begrenzte Haut- bzw. Schleimhautläsion, wobei die durch die massive Infiltration polymorphkerniger Lymphozyten ausgelöste Pustelbildung hauptsächlich an Maul und Euter auftritt. Die Läsion heilt nach ca. 4 bis 6 Wochen ohne Narbenbildung ab. Ein langanhaltender Immunschutz wird trotz der starken Immunantwort nicht ausgebildet, so dass eine Reinfektion bereits nach wenigen Wochen möglich ist, wenngleich klinische Symptome und Virusproduktion deutlich vermindert sind. Eine systemische Verbreitung oder Virämie wurde für ORFV nicht beobachtet; auch nicht nach experimenteller intravenöser Injektion hoher Dosen infektiöser Viren.

[0006] ORFV gilt als zoonotischer Erreger und ist in seltenen Fällen über die verletzte Haut auch auf den Menschen übertragbar. Nach der Infektion kommt es zu lokal begrenzten modulä- ren Schwellungen, die sich zumeist auf Finger und Hände beschränken, sowie vereinzelt zu Schwellungen der Lymphknoten und Fieber. Für gewöhnlich ist der Verlauf harmlos, frei von Komplikationen und heilt innerhalb von drei bis acht Wochen ohne klinische Nachwirkungen vollständig ab. Bei immunsupprimierten Personen wurden auch schwere- re Infektionsverläufe beobachtet, die jedoch nach Behandlung mit Virustatika, wie Cidofo- vir oder Imiquimod, vollständig verheilten.

[0007] ORFV ist für die Herstellung von rekombinanten Impfstoffen interessant. Im Vergleich zu

Orthopockenviren zeichnet sich ORFV durch einen sehr engen natürlichen Wirtstropismus aus, der Schaf und Ziege umfasst. Damit kann im Menschen eine durch eine natürliche Infektion verursachte, inhibierende "Präimmunität" gegen den Vektor, wie sie bei den gängisten viralen Vektoren der Vaccinia- und Adenoviren beobachtet wird, nahezu ausgeschlossen werden. Des Weiteren ermöglicht die außergewöhnlich schwache und kurzlebige ORFV-spezifische Vektorimmunität sehr effektive Booster- und/oder Auffrischimpfungen bzw. Immunisierungen mit ORFV-basierten Impfstoffen, die sich gegen weitere Erreger richten.

[0008] Die Verabreichung von ORFV führt in permissiven, aber auch nicht-permissiven Wirten zu einer starken immunstimulierenden Reaktion, die sich durch eine ausgeprägte Induktion angeborener Immunmechanismen und der Freisetzung von Interferonen, Zytokinen und Chemokinen auszeichnet. Kurz nach der Immunisierung akkumulieren dendritische Zellen an der Injektionsstelle und leiten anschließend durch Aktivierung von T- und B-Zellen eine spezifische adaptive Immunantwort ein. Im Gegensatz zu Impfstoffen aus inaktivierten Viren oder Lebend vektoren, die meist eine humorallastige Immunantwort induzieren, ist die balancierte Induktion der zellulären und der humoralen Immunantwort nach Immunisierung mit rekombinanten ORFV ein entscheidender Vorteil. Zugleich macht es den Einsatz von Adjuvanzien, die zu unerwünschten Nebenwirkungen und Entzündungsreaktionen führen können, überflüssig. Als weitere Vorteile sind zudem die Möglichkeit der standardisierten Herstellung der rekombinanten Impfstoffe in permanenten Zelllinien ohne den Einsatz von Antibiotika, sowie der Verzicht auf eine Herstellung im Hühnerei (wachsende Anzahl an Eiweiß- und Antibiotika-Unverträglichkeiten) zu nennen.

[0009] Ein im Veterinärbereich zugelassener, attenuierter ORFV-Impfstoff trägt die Bezeichnung

D1701 , entsprechend dem gleichlautenden ORFV-Stamm. Dieser in inaktivierter Form unter dem Handelsnamen Baypamun (Bayer) bzw. Zylexis (Pfizer) bekannte Impfstoff wurde ursprünglich durch die Isolierung eines Wildtypvirus aus dem Schaf und anschließender Adaptierung infolge mehrfacher Passagierung in Rindernierenkulturzellen gewon- nen. Es folgte eine weitere Adaptierung in Vero-Zellen (African green monkey kidney cells), was zum Erhalt des ORFV-Vektors D1701 -V führte. D1701 -V ist weiter attenuiert und ruft selbst in immunsupprimierten Schafen nur asymptotische Infektionen hervor.

Die bisherigen rekombinanten ORFV-Vektoren wählen als Insertionsort den VEGF-Lokus. Dies bietet nach derzeitigen Erkenntnissen den vermeintlichen Vorteil, dass durch die Eliminierung des unter der Kontrolle eines poxvirus-spezifischen„early' -Promotors stehenden und als Virulenzfaktor geltenden vegf-e Gens eine weitere Attenuierung des Vektors erfolgt. Inzwischen wurden mehrere ORFV-basierte, rekombinante Impfstoffe hergestellt und im Tiermodell untersucht. Derzeit werden rekombinante ORFV-Impf Stoffe gegen unterschiedliche Infektionskrankheiten wie beispielsweise gegen die Aujeszky'sche Krankheit, Tollwut, Borna'sche Erkrankung, Influenza oder die klassische Schweinpest eingesetzt.

Die gute immunstimulierende und prophylaktische nutzbare Wirkung rekombinanter Orf- Viren konnte in den letzten Jahren durch die Etablierung einer Reihe von Impfstoffen bzw. Vakzinen gegen unterschiedliche virale Infektionskrankheiten gezeigt werden. Ein Überblick über die Verwendung von rekombinanten Pockenviren, einschließlich ORFV, zur Herstellung von rekombinanten Proteinen findet sich in Rziha et al. (2000), Generation of recombinant parapoxviruses: non-esssential genes suitable for Insertion and expression of foreign genes, Journal or Biotechnology Vol. 83, Seiten 137-145, und Büttner und Rziha (2002), Parapoxviruses: From the Lesion to the Viral Genome, J. Vet. Med. B. Vol. 49, Seiten 7-16.

[0012] Der eingeschränkte Einsatz bisheriger rekombinanter ORFV-Vektoren erklärt sich v.a.

durch die langwierige Selektionsprozedur. Insbesondere war bisher eine Herstellung von polyvalenten Impfstoffen nicht möglich. Ferner weisen die bekannten rekombinanten ORFV-Vektoren keine gezielt regulierbare Expression der Fremdgene auf.

[0013] Vor diesem Hintergrund ist es eine der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe, einen neuen rekombinanten ORFV-Vektor bereitzustellen, mit dem die Nachteile der bekannten ORFV- Vektoren und Vektorsysteme reduziert oder vermieden werden. Diese Aufgabe wird durch die Bereitstellung eines rekombinanten Orf-Virus-(ORFV)- Vektors gelöst, der Folgendes aufweist:

(1 ) zumindest eine für ein Fremdgen kodierende und dieses exprimierende Nukleo- tidsequenz, und

(2) zumindest einen Promotor, der die Expression der Nukleotidsequenz kontrolliert, dadurch gekennzeichnet, dass die Nukleotidsequenz in zumindest einem der Insertionslokusse (IL) 1 , 2 und 3 eingesetzt ist, die im ORFV-Genom in folgenden Regionen lokalisiert sind:

[0015] Erfindungsgemäß werden unter einem Orf-Virus (ORFV) sämtliche unter die Art

Parapoxvirus ovis fallenden Viren und Virenstämme verstanden, insbesondere der Stamm D1701 .

[0016] Erfindungsgemäß wird unter einem rekombinanten ORFV-Vektor ein auf dem ORFV- Genom basierender Vektor verstanden, der zum Transport und/oder zur Expression eines Fremdgens in biologische(n) Zellen ausgebildet ist. Erfindungsgemäß wird unter einem Fremdgen ein nicht dem ORFV-Genom

entstammendes Gen bzw. offenes Leseraster (OLR) verstanden.

Unter einem Promotor wird erfindungsgemäß ein solcher Nukleinsäureabschnitt verstanden, der die regulierte Expression des Fremdgens in dem erfindungsgemäßen ORFV-Vektor ermöglicht. Vorzugsweise handelt es sich um einen ORF-Promotor, d.h. um einen im Wildtyp-ORFV-Genom vorliegenden Promotor oder einen sich hiervon ableitenden und ggf. artifiziellen Promotor, wie einen Poxvirus-Promotor, CMV-Promotor etc.

Bei dem rekombinanten ORFV-Vektor lässt sich die Lage der erfindungsgemäßen Insertionslokusse IL 1 , 2 und 3 im ORFV-Genom erfindungsgemäß auf verschiedene Weisen festlegen: anhand von Restriktionsfragmenten, der ORFV-Gene bzw. offenen Leseraster (OLR) oder Nukleotidpositionen im ORFV-Genom.

Die traditionelle Beschreibung der Lokalisierung von IL 1 , 2 und 3 erfolgt anhand von Restriktionskarten und der Angabe von Restriktionsfragmenten, auf denen die Insertions- bereiche liegen. Die Restriktionskarte des ORFV ist beispielhaft für den Stamm D1701 in Cottone et al. (1998), Analysis of genomic rearrangement and subsequent gene deletion of the attenuated Orf virus strain D1701 , Virus Research, Vol. 56, Seiten 53-67, angegeben. Der Inhalt dieser Publikation ist Bestandteil der vorliegenden Offenbarung. Dabei bedeutet erfindungsgemäß bspw. für IL 1 die Angabe Hind///-Fragment C, Kpn/ Fragment G, Bam/-//-Fragment C/G, EcoR/-Fragment B, dass sich dieser Insertionslokus von dem Hind///-Fragment C bis hin zum EcoR/-Fragment B erstreckt. IL 2 erstreckt sich von dem Hind///-Fragment l-J bis hin zum EcoR/-Fragment A/E. IL 3 erstreckt sich von dem Hind///- Fragment G/D bis zum EcoR/-Fragment D.

Die Angabe 006, 007 (dUTPase), 008 (G1 L-Ank), 009 (G2L) für IL 1 bedeutet, dass sich der Insertionslokus vom Gen bzw. OLR 006 bis hin zum Gen bzw. OLR 009 erstreckt. Die Angaben in den Klammern beziehen sich auf die Codierungsprodukte bzw. codierten enzymatischen Aktivitäten, soweit sie derzeit bekannt sind. IL 1 liegt erfindungsgemäß in einem Bereich, der bei Nukleotid 400 bis 600 (500 ± 100) beginnt und bei Nukleotid 1800 bis 3000 (2.400 ± 600) endet.

Das für IL 1 Gesagte gilt für IL 2 und IL 3 entsprechend der Angaben in der vorstehenden Tabelle.

Die angegebenen Positionen der Nukleotide (nt) konnten die Erfinder aus einer Vielzahl von Bestimmungen an verschiedenen ORFV-Stämmen ermitteln. Dabei ergaben die Untersuchungen für den Stamm D1701 bzw. Varianten hiervon folgende Positionen, die besonders bevorzugt sind:

IL 1 : nt 496 - nt 2.750; nt 496 - nt 1 .912 und nt 51 1 - 2.750

IL 2: nt 5.21 12 - 7.736

IL 3: nt 15.656 - 17.849.

Die Erfinder konnten feststellen, dass in die angegebenen neu erkannten

Insertionslokusse Fremdgene stabil in das ORFV-Genom integriert werden können. Dies war überraschend. Bislang wurde angenommen, dass die von den Insertionslokussen betroffenen Bereiche im Genom für die Virusreplikation erforderlich bzw. für die Expression von Fremdgenen ungeeignet sind.

Dabei hat sich als besonderer Vorteil des erfindungsgemäßen ORFV-Vektors

herausgestellt, dass über die Wahl des Insertionslokus die Genexpression gesteuert werden kann. So ist beispielsweise die Expression von Fremdgenen in IL 2 gegenüber dem bisher verwendeten VEGF-Lokus um den Faktor 2 erniedrigt. Ferner lässt sich über die Wahl des Promotors die Stärke und der Zeitpunkt der Expression des Fremdgens gezielt beeinflussen.

Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe wird hiermit vollkommen gelöst. Nach einer erfindungsgemäß bevorzugten Ausgestaltung des rekombinanten ORFV- Vektors handelt es sich bei ORFV um ein solches des Stammes D1701.

Diese Maßnahme hat den Vorteil, dass ein solcher Vektor zum Einsatz kommt, der attenuiert ist und bei einem Wirt nur asymptomatische Infektionen hervorruft. Erfindungsgemäß sind sämtliche Varianten von D1701 erfasst, einschließlich D1701 -B und D1701 -V.

Nach einer weiteren erfindungsgemäß bevorzugten Ausgestaltung des rekombinanten ORFV-Vektors ist der Promotor ein ORFV-Promotor, weiter vorzugsweise ein früher ORFV-Promotor, der weiter vorzugsweise eine Nukleotidsequenz aufweist, die ausgewählt ist: SEQ ID Nr. 1 (P1 ), SEQ ID Nr. 2 (P2), SEQ ID Nr. 3 (VEGF), SEQ ID Nr. 4 (optimierter "early"), SEQ ID Nr. 5 (7.5 kDa Promotor) und SEQ ID Nr. 6 (Consensus "early").

Diese Maßnahme hat den Vorteil, dass solche Promotoren zum Einsatz kommen, die ein hohes Expressionsniveau des Fremdgens und gezielte Steuerung der Expression ermöglichen. Dabei handelt es sich bei den Promotoren P1 und P2 um solche, die von den Erfindern neu entwickelt wurden. Die übrigen Promotoren stammen vom Vaccinia-Virus und sind in anderen Zusammenhängen in Davidson und Moss (1989), Structure of vaccinia virus late promotors, J. Mol. Biol., Vol. 210, Seiten 771 bis 784, und Yang et al. (201 1 ), Genome-wide analysis of the 5' and 3' ends of Vaccinia Virus early mRNAs delineates regulatory sequences of annotated and anomalous transcripts, J. Virology, Vol. 85, Nr. 12, S. 5897-5909, Broyles (2003), Vaccinia virus transcription, J. Gen. Virol., Vol. 84, Nr. 9, S. 2293-2303, beschrieben. Nach den Erkenntnissen der Erfinder, bewirkt P2 eine deutlich höhere Expressionsstärke als P1. Dies war überraschend, da der Promotor P1 zu 100% der Consensussequenz aus dem Vaccinia Virus entspricht, nicht aber P2. Die niedrige Expression des "optimalen" Vaccinia Virus-Promotor (Orthopox) im ORFV (Parapox) ist ein Widerspruch und überraschend. Zudem überrascht, dass der P2- Promoter zu sehr starke Expression führt. [0032] Nach einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen rekombinanten ORFV-Vektors ist der Promotor an einer Position von nt 28 ± 10 bis nt - 13 ± 10 stromaufwärts in Bezug auf die für das Fremdgen codierende Nukleotidsequenz angeordnet.

[0033] Diese Maßnahme hat den Vorteil, dass der Promotor an einer solchen Position lokalisiert ist, die eine hohe Expressionsstärke und kontrollierte Expression des Fremdgens ermöglicht.

[0034] Nach einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen rekombinanten

ORFV-Vektors ist in zumindest einem der IL 1 , 2 oder 3 mehr als eine, vorzugsweise 2, 3, 4 oder mehr, für ein Fremdgen codierende und dieses exprimierende Nukleotidsequenz eingesetzt.

[0035] Diese Maßnahme hat den Vorteil, dass mit einem rekombinanten erfindungsgemäßen

ORFV-Vektor mehrere Fremdgene exprimiert werden können. Diese Ausgestaltung eignet sich besonders für die Herstellung von polyvalenten Impfstoffen, die zugleich gegen mehrere antigene Strukturen gerichtet sind. Dabei können in jedem Insertionslokus mehrere Fremdgene, vorzugsweise 2, 3, 4 oder mehr, exprimiert werden.

[0036] Nach einer erfindungsgemäß bevorzugten Ausgestaltung weist der rekombinante ORFV- Vektor eine weitere für ein Fremdgen codierende und dieses exprimierende Nukleotidsequenz auf, die unter der Kontrolle eines vorzugsweise frühen ORFV-Promotors steht, und die einen Insertionslokus eingesetzt ist, der im ORFV-Genom im vegf-E-Gen lokalisiert ist.

[0037] Diese Maßnahme hat den Vorteil, dass ein im Stand der Technik bereits beschriebener und gut charakterisierter Insertionslokus zum Einsatz kommt. Die Verwendung des vegf- Lokus kann für eine gezielte Steuerung der Genexpression genutzt werden. So kann im vegf-Lokus die Expression des Fremdgens im Vergleich zu einem der neuen Expressionslokusse, z.B. IL 2, erhöht sein.

[0038] Nach einer erfindungsgemäß bevorzugten Ausgestaltung ist das Fremdgen des

rekombinanten ORFV-Vektors ausgewählt aus den Gruppen folgender Antigene: - virales Antigen, vorzugsweise

Rabiesvirus-Antigen, einschließlich Glykoprotein (RabG);

Influenza-A-Antigen, einschließlich Nukleoprotein (NP), Hämaglutinin (HA), Neu- raminidase (NA);

- Tumorantigen, vorzugsweise virales Tumorantigen, einschließlich HPV-selektives virales Tumorantigen;

- tumorassoziiertes Antigen, einschließlich virales tumorassoziiertes Antigen, einschließlich HPV-selektives virales tumorassoziiertes Antigen;

- parasitäres Antigen, vorzugsweise Plasmodium-Antigen;

- Zytokin.

[0039] Diese Maßnahme hat den Vorteil, dass über das erfindungsgemäße rekombinante ORFV- Virus besonders bedeutsame Antigene, insbesondere für die Herstellung von Impfstoffen, exprimierbar sind.

[0040] Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft eine biologische Zelle,

vorzugsweise eine Säugetierzelle, weiter vorzugsweise eine Vero-Zelle, enthaltend den erfindungsgemäßen ORFV-Vektor.

[0041] Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft eine Zusammensetzung, vorzugsweise eine pharmazeutische Zusammensetzung, enthaltend den erfindungsgemäßen ORFV-Vektor oder/und die erfindungsgemäße Zelle. Bei der pharmazeutischen Zusammensetzung kann es sich vorzugsweise um einen Impfstoff, weiter vorzugsweise um einen polyvalenten Impfstoff handeln.

[0042] Die Eigenschaften, Vorteile, Merkmale und Weiterbildungen des erfindungsgemäßen

rekombinanten ORFV-Vektors gelten für die erfindungsgemäße Zelle und die erfindungsgemäße Zusammensetzung entsprechend. Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft die Verwendung des erfindungsgemäßen rekombinanten ORFV-Vektors zur Expression von zumindest einem Fremdgen, weiter vorzugsweise zur Expression von zumindest einem ein Fremdgenprodukt enthaltenden Impfstoff (monovalenter Impfstoff), weiter vorzugsweise von einem zumindest zwei Fremdgenprodukte enthaltenden Impfstoff (polyvalenter Impfstoff).

In diesem Zusammenhang bedeutet "zumindest", dass 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 etc.

Fremdgene umfasst sind.

Die Merkmale, Vorteile, Eigenschaften und Weiterbildungen des erfindungsgemäßen rekombinanten ORFV-Vektors gelten für die erfindungsgemäße Verwendung entsprechend.

Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft ein Nukleinsäuremolekül codierend für einen ORFV-Promotor, vorzugsweise einen frühen ORFV-Promotor, der eine Nukleotidsequenz aufweist, die ausgewählt ist aus den Nukleotidsequenzen SEQ-ID Nr. 1 (P1 ) und SEQ-ID Nr. 2 (P2).

Das erfindungsgemäße Nukleinsäuremolekül codiert für neue ORFV-Promotoren, die für die Expression von Fremdgenen in dem erfindungsgemäßen rekombinanten ORFV- Vektor besonders geeignet sind. Die Promotoren bewirken eine sehr starke, frühe Genexpression.

Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.

Die Erfindung wird nun anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert, aus denen sich weitere Merkmale, Vorteile und Eigenschaften der Erfindung ergeben. Die Ausführungsbeispiele sind rein illustrativ und schränken die Reichweite der Erfindung nicht ein. Dabei wird Bezug genommen auf beiliegende Figuren, in denen Folgendes dargestellt ist: Fig. 1 zeigt die Karte der Hind ///-Restriktionsfragmente des ORFV D1701 -V DNA- Genoms. Die schraffierten Kästen stellen die Insertionsstellen IL1 , IL2, IL3 und vegf dar. URL steht für die invertierten terminalen Repeats der Genomenden.

Fig. 2 zeigt eine schematische Darstellung des Transferplasmids pD1 -GFP-

D2Cherry. Der Vektor zeigt das AcGFP-Gen (Linienschraffur), das unter der Kontrolle des artifiziellen frühen Promotors P1 (schwarzer Pfeil, oben) steht, sowie das mCherry-Gen (Kästchenschraffur), das unter der Kontrolle des artifiziellen frühen Promotors P2 (schwarzer Pfeil, rechts) steht. Hinter beiden Fluoreszenzgenen befinden sich poxvirusspezifische frühe Transkriptionsstopp-Motive T5NT (schwarz). Die Gene sind über einen Spacer (Sp) voneinander getrennt. Mehrere multipler Klonierungsstellen (MCS 1 -6) ermöglichen den Austausch der Fluoreszenzmarkergene durch gewünschte Fremdgene. Die Gene umfassenden flankierten Bereiche sind stromabwärts homolog zu dem ORFV-Genombereich ORF1 17/1 18, stromaufwärts homolog zu dem ORFV-Genombereich ORF1 14, und gewährleisten eine zielgerichtete Integration in den IL 2-Lokus des D1701 -V-Genoms über homologe Rekombination.

Fig. 3 zeigt eine Expressionsanalyse unterschiedlicher Fluoreszenzrekombinanten.

(A,a) Fluoreszenz-mikroskopische Aufnahme einer 6-Well-Platte mit D1701 -V- D2Cherry infizierten Vero-Zellen. Zur Selektion der Rekombinanten wurden Cherry-fluoreszierende Plaques gepickt und das Virus aus den Plaques angezogen. Nach vier Plaque-Reinigungen konnte die Homogenität von D1701 -V- D2Cherry über PCR-Analysen sichergestellt werden. (A,b) Bestimmung der Cherry-Expression mittels Durchflußzytometrie. Die Abbildung zeigt exemplarisch die Expression D1701 -V-D2Cherry infizierter Vero-Zellen (MOI = 1 ,0) im Durchflußzytometer. Nach 48 Stunden exprimieren ca. 45 % aller lebender Einzelzellen Cherry. Nicht-infizierte Vero-Zellen dienten als Negativkontrolle. (B) Fluoreszenzexpression der Rekombinante D1701 -V-GFP-D2Cherry. Vero- Zellen wurden mit D1701 -V-GFP-D2Cherry infiziert (MOI = 0,5). In der oberen Reihe ist eine Fluoreszenzaufnahme 48 Stunden nach Infektion zu sehen (Vergrößerung: 20X). Die untere Reihe zeigt die Fluoreszenzexpression nach 24 Stunden (Vergrößerung: 63X). Die Fluoreszenzmikroskopie erlaubte die Darstellung der AcGFP-(GFP), der mCherry-Expression (mCherry), sowie beider Fluoreszenzen in einer Zelle (merged). Zusätzlich wurden die Zellen im Mikroskop-Durchlicht (Durchlicht) aufgenommen. (C) Fluoreszenzexpression der Rekombinante D1701 -V-D1 GFP-D2Cherry. Vero-Zellen wurden mit D1701 -V-D1 GFP-P2Cherry infiziert (MOI = 1 ,0) und die Expression im Durch- flußzytometer ermittelt. Nach 24 Stunden exprimierten ca. 25 % aller lebenden Einzelzellen sowohl mCherry, als auch GFP. Nicht-infizierte Vero-Zellen dienten als Negativkontrolle. zeigt die Bestimmung der Bestimmung der Fluoreszenzintensität unterschiedlicher Rekombinanten. (A) Vero-Zellen wurden mit GFP-exprimierenden Re- kombinanten (MOI ca. 1 ,5) infiziert und 24 Stunden später die mittlere Fluoreszenzintensität durchflußzytometrisch bestimmt. Nicht-infizierte Vero-Zellen dienten als Negativkontrolle. M1 beschreibt den Bereich in dem 99,39 % aller nicht-infizierten Zellen (vordere erste Kurve) detektiert werden. Im Bereich M2 befinden sich dagegen GFP-positive Zellen. Die Population GFP-positiver Zellen war nach Infektion mit den GFP-exprimierenden Rekombinanten vergleichbar (38,2 % -40,0 %). Dabei war ersichtlich, dass die GFP-Intensität in D1701 -V-D1 GFP-infizierten Zellen (durchgezogene Linie) am geringsten, in D1701 -V-D2GFP-infizierten Zellen ( - - - -) am stärksten war. (B) Vero-Zellen wurden mit mCherry-exprimierenden Rekombinanten (MOI ca. 3,0) infiziert und 24 Stunden später die mittlere Fluoreszenzintensität durchflußzytometrisch bestimmt. Nicht-infizierte Vero-Zellen dienten als Negativkontrolle. M1 beschreibt den Bereich in dem 99,47 % aller nicht-infizierten Zellen (vordere erste Kurve) detektiert werden. Im Bereich M2 befinden sich dagegen Cherry- positive Zellen. Die Population mCherry-positiver Zellen war nach Infektion mit den GFP-exprimierenden Rekombinanten vergleichbar (62,5 % - 63,3 %). Dabei war die mCherry-Intensität in D1701 -V-Cherry-infizierte Zellen ( ) deutlich geringer als in D1701 -V-D2Cherry- (blaue Linie) bzw. in D1701 - V2Cherry-infizierten Zellen (rote Linie). (C+D) Die Diagramme zeigen die prozentuale Fluoreszenzintensität unterschiedlicher Fluoreszenz-rekombinanten in Relation zu D1701 -V-GFP (C) bzw. zu D1701 -V-Cherry (D). Die Daten repräsentieren Mittelwerte aus mindestens 3 unabhängigen Experimenten.

Ausführungsbeispiele

1. Das ORFV-Genom

[0050] Das ORFV-Genom besteht aus einer linearen Doppelstrang-DNA und hat eine Länge von etwa 138 kB, einen GC-Gehalt von etwa 64 % und besitzt 130-132 Gene. Der Aufbau des ORFV-Genoms ähnelt dem anderer Poxviren. Es besteht aus einer zentralen Region mit essentiellen Genen, die einen hohen Grad an Konservierung innerhalb der Poxviridae aufweisen. So finden sich im ORFV-Genom 88 Gene, die bei allen Chordopoxvirinae konserviert auftreten. In den terminalen Regionen sind virale Gene lokalisiert, die für das in vitro Wachstum nicht essentiell, jedoch für die Pathogenität und den Tropismus des Virus relevant sind.

[0051] Im Vergleich zu anderen Orf Viren zeigt das an die Vermehrung in Zellkultur angepasste

D1701 Virus eine deutliche Vergrößerung der invertierten terminalen Repeats (ITR). Diese Veränderungen führten nicht nur zum Verlust, sondern auch zur Duplizierung einiger Gene, wie auch dem vegf-e-Gen. Die Adaptierung des in bovinen BK-KL3A Zellen vermehrten D1701 -B an das Wachstum in Vero Zellen erzeugte drei weitere Insertionslo- kusse IL 1 , IL 2 und IL 3 im Virusgenom des nun D1701 -V bezeichneten Virus. Diese sind in der Fig. 1 veranschaulicht.

2. Poxvirus-Promotoren

[0052] Poxviren besitzen„early",„intermediate" und„late" Promotoren. Diese unterschiedlichen

Promotoren weisen einige charakteristische Sequenzeigenschaften auf, die am Beispiel des VACV im Folgenden erläutert werden. So besteht der„early" Promotor des VACV aus einer 16 bzw. 15 Nukleotide langen kritischen Region, die von einer 7 Nukleotide langen Initiatorregion durch eine 1 1 Nukleotide lange Abstandsregion getrennt ist. Die kritische Region ist eher adeninreich, wohingegen die Abstandsregion eher thyminreich ist. Die Initiation der Transkription erfolgt mit seltenen Ausnahmen stets an einem Purin. Nukleo- tid-Substitutionen in der kritischen Region können einen drastisch negativen Effekt auf die Promotoraktivität haben, selbst ein vollständiger Verlust der Aktivität ist möglich. Substitutionsanalysen des frühen VACV 7.5 kDa Promotors lieferten eine optimierte kritische Region, zudem ist es gelungen, eine Consensus-Sequenz für den„early" Poxviruspromo- tor abzuleiten, die in der Tabelle 1 gezeigt ist. Die "intermediate" Promotoren bestehen aus einer AT-reichen Kernsequenz, die etwa 14 Nukleotide lang ist, gefolgt von einer 10- 1 1 Nukleotide langen Abstandsregion, woran sich eine kurze Initiatorregion anschließt. Der Aufbau der jate" Promotoren besteht aus einer vorgelagerten etwa 20 Nukleotide langen AT-reichen Region, die durch eine Abstandsregion vor der Transkriptionsstartstelle von etwa 6 Nukleotide getrennt ist, welche die hochkonservierte Sequenz -1 TAAAT +4 beinhaltet.

Tab. 1 : Eingesetzte Promotoren; P1 und P2 wurden von den Erfindern neu entwickelt.

3. Herstellung des rekombinanten ORFV-Vektors

Die Erfinder haben nach einer neuen Strategie zur Herstellung eines rekombinanten polyvalenten ORFV-Vektors gesucht. Während der Adaption des ORFV auf Vero- Kulturzellen sind mehreren Deletionen im viralen Genom aufgetreten. Es wurde untersucht, ob sich die Deletionsbereiche für die Integration von Fremdgenen eignen (Fig. 1A). Daher wurde neben weiteren Plasmiden das Transferplasmid pDel2 konzipiert, welches die homologen Bereiche der IL 2-Region umfasst (Fig. 2). Die Klonierung von Fremdgenen in das Plasmid wurde durch den Einsatz mehrerer MCS (multipler Klonierungsstellen) ermöglicht. Zusätzlich wurde das Plasmid so konstruiert, dass es die gleichzeitige Integration mehrerer Fremdgene erlaubte, die jeweils unter Kontrolle artifizieller früher ORFV- Promotoren stehen und von poxvirusspezifischen T5NT frühen Transkriptions-Stopp- Motiven begrenzt sind (Fig. 2).

Es wurden Nukleotidsequenzen der neuen artifiziellen frühen ORFV-Promotoren P1 und P2 entworfen.

In einem ersten Versuch sollte untersucht werden, ob der IL 2-Lokus für die stabile Integration von Fremdgenen geeignet ist. Hierzu wurde das mCherry- Fluoreszenzmarkergen unter Kontrolle des Promoters P2 in das pDel2-Transferplasmid kloniert. Anschließend wurde das Plasmid in mit D1701 -VrV-infizierte Vero-Zellen trans- fiziert und neue rekombinante Viren visuell nach Identifikation rot-leuchtender Zellen mittels Fluoreszenzmikroskopie selektioniert und die über mehrere Piaquereinigungen erhaltene homogene Rekombinante D1701 -V-D2-Cherry angezogen (Fig. 3A,a).

Die korrekte Integration des mCherry-Gens in den IL 2-Lokus von D 1701 -VrV wurde über spezifische PCR-Analysen und Southern Blot-Hybridisierungen sichergestellt, die korrekte Expression ließ sich neben Fluoreszenz-und Western Blot-Analysen auch mittels Durch- flußzytometrie zeigen (Fig. 3A,b).

Dabei konnte eine starke Expression früh nach der Infektion nachgewiesen werden.

Durch mehrmaliges in vitro Passagieren der Rekombinante konnte gezeigt werden, dass die Fremdgen-Integration in das ORFV-Genom stabil war.

Weiterhin wurde mithilfe der hergestellten Rekombinante D1701 -V-GFP-D2-Cherry, bei der das AcGFP-Gen im vegf-e- und das mCherry-Gen im IL 2-Lokus integriert ist, erfolgreich die simultane frühe Expression zweier Fluoreszenzgene in unterschiedlichen Insertionslokussen nachgewiesen (Fig. 3B). Weiter sollte untersucht werden, ob gleichzeitig auch ein zweites Fremdgen stabil in den IL 2-Lokus integriert werden kann. Hierfür wurde in das pDel2-Transferplasmid neben dem P2-kontrollierten mCherry-Gen, das AcGFP-Gen unter Kontrolle des P1 -Promoters kloniert. Die Selektion und Aufreinigung der homologen Rekombinanten D1701 -V-D1 - GFP-D2-Cherry erfolgte analog zu der vorher beschriebenen D1701 -V-P2-Cherry- Selektion.

Auch hier wurde über PCR- und Southern Blot Analysen die korrekte Integration der beiden Fremdgene in den IL 2-Lokus gezeigt. Der Nachweis der Expression erfolgte über Fluoreszenzmikroskopie und Durchflußzytometrie (Fig. 3C).

Die Stärke der Promotoren P1 und P2 wurde untereinander und mit dem Promoter P vegf in Expressionsanalysen verglichen. Dabei zeigte sich, dass der Promoter P2 die stärkste, der Promoter P1 die schwächste Genexpression induzierte (Fig. 4A + 4C). Dies war überraschend, da P1 zu 100% der Consensussequenz aus dem Vaccinia Virus entspricht, nicht aber P2.

Zudem konnte nachgewiesen werden, dass die Integration eines zweiten, unter Kontrolle eines eigenständigen Promoters regulierten Fremdgens keine Auswirkung auf die Expressionsstärke des ersten Fremdgens hatte. Dabei war es irrelevant, ob das zweite Gen in denselben oder in einen unterschiedlichen Insertionslokus integriert wurde. Nach der Insertion eines P2-gesteuerten mCherry-Gens in den VEGF-Lokus konnte anhand des Vergleichs mit der Rekombinanten, die das P2-regulierte mCherry-Gen in den IL 2-Lokus integriert hatte, der Einfluss des Insertionsorts untersucht werden. Dabei zeigte sich, dass die Genexpression im VEGF-Lokus etwa zweimal so stark war, wie im IL 2-Lokus (Fig. 4B + 4D).

Zusammenfassend konnte gezeigt werden, dass der Orf-Virusvektor D1701 -V für die Herstellung polyvalenter Rekombinanten sehr gut geeignet ist. Es konnten mehrere Fremdgene stabil in das virale Genom integriert werden, bspw. über die neu aufgefundenen Insertionslokusse IL 1 , 2 und 3, oder aber den bekannten Insertionslokus VEGF. Die Stärke der Fremdgenexpression ist sowohl von dem Promotor als auch vom Insertionslo- kus abhängig. Die stärkste Genexpression wurde nach Integration eines P2-gesteuerten Fremdgens im VEGF-Lokus erreicht.

Von den Erfindern wurden weitere unterschiedliche Vektoren hergestellt, die sich durch die Art und Konstellation der verschiedenen Marker-Fremdgene, Insertionsorte und Promotoren voneinander unterscheiden (Tab. 2).

Tab. 2: Tabellarische Übersicht der neu hergestellten fluoreszierenden ORFV-Vektoren.

Die Tabelle gibt einen Überblick über die während der zur Erfindung führenden Arbeiten hergestellten fluoreszierenden rekombinanten ORFV-Vektoren. Der Insertionsort (Lokus) und die für die Steuerung der Fremdgenexpression genutzten Promotoren (P ve g f , P1 , P2) sind für die jeweiligen Rekombinanten in der Tabelle ersichtlich. Zudem ist die Stärke der Fremdgenexpression angegeben (sehr stark = ++++ bis schwach = +).

Die Erfindung eröffnet für die Entwicklung neuer rekombinanter ORFV-basierter Impfstoffe eine Vielzahl an Optionen. So können Rekombinanten hergestellt werden, die gleichzeitig mehrere Antigene exprimieren. Dies könnte etwa bei der Herstellung einer universellen Vakzine, von Kombinationsimpfstoffen oder von therapeutischen Tumorimpfstoffen, die sich gegen mehrere Tumorantigene richten, ein bedeutender Vorteil sein. Darüber hinaus könnte die Immunantwort durch eine gleichzeitige Insertion von Antigen und Zytokinen gezielt beeinflusst werden.