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Title:
SLOW-RELEASE PHARMACEUTIC FORM OF A MEDICAMENT CONTAINING 3-INDOLYLACETIC ACID DERIVATE AND ITS PREPARATION
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/1993/010769
Kind Code:
A1
Abstract:
A slow-release pharmaceutic form of a medicament for treating rheumatic, inflammatory and/or painful diseases contains a 3-indolylacetic acid derivate, in particular indometacine or acemetacine as a pharmaceutically applicable nanosol, besides usual pharmaceutical excipients and additives. The indolylacetic acid derivate is almost completely resorbed in the whole gastrointestinal tract, independently of physiological conditions in the various sections of gastrointestinal tract, independenly of the physical-chemical properties of the 3-indolylacetic acid derivate and without the need for advancing point of equilibrium of dissolution of the active substance, so that the active substance is immediately available in a resorbable form at all resorption sites.

Inventors:
WUNDERLICH JENS-CHRISTIAN (DE)
SCHICK URSULA (DE)
WERRY JUERGEN (DE)
FREIDENREICH JUERGEN (DE)
Application Number:
PCT/DE1992/001013
Publication Date:
June 10, 1993
Filing Date:
December 04, 1992
Export Citation:
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Assignee:
ALFATEC PHARMA GMBH (DE)
International Classes:
A61K9/10; A61K9/51; A61K31/405; A61K47/42; (IPC1-7): A61K9/10; A61K9/51; A61K31/405; A61K47/42
Domestic Patent References:
WO1981002976A11981-10-29
Foreign References:
EP0275796A11988-07-27
EP0140255A21985-05-08
GB1516348A1978-07-05
US4173626A1979-11-06
FR2608427A11988-06-24
Other References:
J. OF CONTROLLED RELEASE Bd. 12, Nr. 3, Mai 1990, AMSTERDAM Seiten 223 - 233 BODMEIER R. ET AL 'INDOMETHACIN POLYMERIC NANOSUSPENSIONS PREPARED BY MICROFLUIDIZATION'
Attorney, Agent or Firm:
KUHNEN, WACKER & PARTNER (Postfach 1553, Freising, DE)
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Claims:
Patentansprüche
1. Retard-Arzneimittel zur Behandlung von rheumatischen und/oder entzündlichen Erkrankungen, enthaltend ein 3- Indolylessigsäurederivat neben üblichen pharmazeutischen Trägern und Hilfsstoffen, dadurch gekennzeichnet, daß das Indolylessigsäurederivat in Form eines pharmazeu¬ tisch applizierbaren Nanosols vorliegt, das als Träger im wesentlichen Gelatine, ein Kollagenhydrolysat oder ein Gelatinederivat enthält, wobei das Nanosol a) eine innere Phase aus dem 3-Indolylessigsäurederi- vat, das eine Teilchengröße von 10 - 800 nm aufweist und eine Oberflächenladung besitzt, b) eine äußere Phase aus Gelatine, einem Kollagenhydro- lysat oder einem Gelatinederivat, welche(s) gegen¬ sinnig geladen ist, und c) einen annähernden oder vollständigen isoionischen Ladungszustand der inneren und äußeren Phase aufweist, und d) physiologisch resorbierbar ist.
2. Arzneimittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das 3-Indolylessigsäurederivat Indometacin ist.
3. Arzneimittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das 3-Indolylessigsäurederivat Acemetacin ist.
4. Arzneimittel nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß das 3-Indolylessigsäurederivat als feste, resuspendierbare Nanodispersion vorliegt.
5. Arzneimittel nach einen der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß das 3-Indolylessigsäurederivat eine durchschnittliche Teilchengröße unterhalb von 400 nm aufweist.
6. Arzneimittel nach einem der Ansprüche 1 - 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Gelatine ein Maximum der Molekulargewichtsverteilung im Bereich von 104 bis 107 D aufweis .
7. Arzneimittel nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß die Gelatine ein Maximum der Molekulargewichtsver¬ teilung oberhalb von 9,5 x 104 D und einen Peptidanteil kleiner als 5 Gewichtsprozent aufweist.
8. Arzneimittel nach einem der Ansprüche 1 - 7, dadurch gekennzeichnet, daß die Gelatine einen prozentualen Ge¬ wichtsanteil der Mikrogelfraktion (> 107 D) größer als 15 % Prozent aufweist.
9. Arzneimittel nach einem der Ansprüche 1 bis 8, ge¬ kennzeichnet durch eine äußere Phase des Nanosols, die zusätzlich Viskositätserhöhende Stoffe in einem Gewichtsverhältnis von Gelatine zu synthetischem oder natürlichem Polymer wie 10:1 bis 1000:1 enthält.
10. Arzneimittel nach einem der Ansprüche 1 - 10, dadurch gekennzeichnet, daß das Ibuprofen als Retardform in Form eines pharmazeutisch applizierbaren Nanosols vorliegt.
11. Arzneimittel nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, daß die Retardform eine Tablette ist.
12. Arzneimittel nach Anspruch 1 - 11, dadurch gekennzeich- net,daß die Retardform eine Matrixtablette ist.
13. Arzneimittel zur Behandlung von rheumatischen und/oder entzündlichen Erkrankungen, enthaltend ein 3- Indolylessigsäurederivat neben üblichen pharmazeutischen Trägern und Hilfsstoffen, dadurch gekennzeichnet, daß es teilweise als Akutform, teilweise als Retardform mit dem Indolylessigsäurederivat in Form eines pharmazeutisch applizierbaren Nanosols vorliegt.
14. Arzneimittel nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, daß die Akut- und Retardform in einer Hartgelatinekapsel vorliegen.
15. Verwendung eines pharmazeutisch applizierbaren Nanosols von Indometacin oder Acemetacin zur Herstellung eines Antirheumatikums und/oder Antiphlogistikums mit Retard¬ wirkung.
16. Verwendung eines pharmazeutisch applizierbaren Nanosols von Indometacin oder Acemetacin zur Herstellung eines Antirheumatikums und/oder Antiphlogistikums mit Akut- und Retardwirkung.
17. Verfahren zur Herstellung eines kolloid-dispersen Sy¬ stems eines 3-Indolylessigsäurederivates, dadurch gekennzeichnet, daß mana) eine Gelatine, fraktionierte Gelatine oder ihr Deri¬ vat nach ihrem isoelektrischen Punkt (IEP) so aus¬ wählt, daß ihr IEP mit dem Ladungszustand des 3-In- dolylessigsäurederivates so abgestimmt ist, daß dieGelatine, fraktionierte Gelatine oder ihr Derivat bei einem bestimmten pH-Wert mit dem ungelösten 3- Indolylessigsäurederivat zu Ladungsneutralität führt, b) die Gelatine, fraktionierte Gelatine oder ihr Deri¬ vat in die wäßrige Solform überführt,c) den pH-Wert in Abhängigkeit von dem IEP der Gelatine auf einen solchen Wert einstellt, daß die sich bil¬ denden Nanopartikel des 3-Indolylessigsäurederivates annähernd oder vollständig ladungsneutral stabili¬ siert werden, undd) vor oder nach der Stufe c) das 3- Indolylessigsäurederivat in dem wäßrigen Gelatinesol löst oder eine Lösung des 3-In- dolylessigsäurederivates mit dem wäßrigen Gelatine¬ sol vereinigt.
18. Verfahren nach Anspruch 17, dadurch gekennzeichnet, daß man in Stufe d) das gelöste 3-Indolylessigsäurederivat vor der Vereinigung mit dem wäßrigen Gelatinesol in kol¬ loid-disperse Form von Nanopartikeln überführt und die so erhaltene Dispersion von Nanopartikeln mit dem wäßri¬ gen Gelatinesol vereinigt.
19. Verfahren nach Anspruch 17 oder 18, dadurch gekennzeichnet, daß man el) das 3-Indolylessigsäurederivat in Form von Nanopartikeln ausfällt.
20. Verfahren nach Anspruch 17 oder 18, dadurch gekenn¬ zeichnet, daß man e2) die in Stufe d) erhaltene kolloid-disperse Lösung sprühtrocknet oder gefriertrocknet und so ein stabiles resuspendrerbares Nanosol erhält, das nach Wiederauflö¬ sung in wäßrigem Medium ein kolloid-disperses System in Nanosolform ergibt.
21. Verfahren nach einem der Ansprüche 17 bis 20, dadurch gekennzeichnet, daß man in Stufe d) das 3- Indolylessigsäurederivat in einem mit Wasser mischbaren organischen Lösungsmittel gelöst, zusetzt.
22. Verfahren nach einem der Ansprüche 17 bis 21, dadurch gekennzeichnet, daß man das 3-Indolylessigsäurederivat in sein Salz überführt.
23. Verfahren nach einem der Ansprüche 17 bis 21, dadurch gekennzeichnet, daß man die mit Wasser mischbaren organischen Lösungsmittel in Stufe b) dem wäßrigen Gela¬ tinesol zusetzt und in Stufe d) das 3-Indolylessigsäurederivat in fester Form dieser Mischung zusetzt und damit löst.
24. Verfahren nach Anspruch 21 oder 23, dadurch gekenn¬ zeichnet, daß man das organische Lösungsmittel an¬ schließend wieder entfernt.
25. Verfahren nach Anspruch 18 oder 19, dadurch gekenn¬ zeichnet, daß man vor Einstellung des pH-Wertes auf den isoionischen Punkt in Stufe c) den pH-Wert so einstellt, daß das 3-Indolylessigsäurederivat ein Salz bildet.
26. Verfahren nach Anspruch 17 oder 18, dadurch gekenn¬ zeichnet, daß man im Anschluß an Stufe d) ein mit Wasser mischbares organisches Lösungsmittel zur Lockerung der Hydrathülle der Gelatinemoleküle zusetzt.
27. Verfahren nach Anspruch 26, dadurch gekennzeichnet, daß man einen Alkohol zusetzt.
28. Verfahren nach Anspruch 18, dadurch gekennzeichnet, daß man die kolloiden Teilchen kontinuierlich mit einer ein¬ stellbaren Partikelgröße herstellt.
29. Verfahren nach Anspruch 28, dadurch gekennzeichnet, daß man die Teilchengröße kontinuierlich mißt.
30. Verfahren nach einem der Ansprüche 17 bis 29, dadurch gekennzeichnet, daß man es kontinuierlich durchführt.
31. Verfahren nach einem der Ansprüche 21 bis 30, dadurch gekennzeichnet, daß man in Stufe b) zusätzlich Viskositätserhöhende Stoffe in einem Gewichtsverhältnis von synthetischem oder natürlichem Polymer wie 10:1 bis 1000:1 zusetzt.
32. Verfahren nach einem der Ansprüche 11 bis 24, dadurch gekennzeichnet, daß man als Gelatine eine Gelatine mit hoher Bloomzahl (hohem Molekulargewicht) einsetzt.
33. Verfahren nach einem der Ansprüche 17 - 31, dadurch gekennzeichnet, daß die Gelatine ein Maximum der Molekulargewichtsverteilung im Bereich von 104 bis 107 D aufweist.
34. Verfahren nach Anspruch 33, dadurch gekennzeichnet, daß die Gelatine ein Maximum der Molekulargewichtsverteilung oberhalb von 9,5 x 104 D und einen Peptidanteil kleiner als 5 Gewichtsprozent aufweist.
35. ^Verfahren nach einem der Ansprüche 17 - 34, dadurch gekennzeichnet, daß die Gelatine einen prozentualen Ge- wichtsanteil der Mikrogelfraktion (> 107 D) größer als 15 % Prozent aufweist.
Description:
Retardform für ein 3-Indolylessigsäurederivat enthaltendes Arzneimittel und seine Herstellung

Die Erfindung betrifft ein Arzneimittel zur Behandlung von rheumatischen und/oder entzündlichen, sowie schmerzhaften Erkrankungen, das 3-Indolylessigsäurederivate, besonders In- dometacin oder Acemetacin, neben üblichen pharmazeutischen Trägern und Hilfsstoffen enthält, das dadurch gekennzeichnet ist, daß das 3-Indolylessigsäurederivat als Retardform in Form eines pharmazeutisch applizierbaren Nanosols vorliegt.

Weiterhin betrifft die Erfindung die Verwendung eines phar¬ mazeutisch applizierbaren Nanosols von 3-Indolylessigsäure- derivaten, besonders Indometacin oder Acemetacin, zur Her¬ stellung von Arzneimitteln mit analgetischer und/oder anti¬ rheumatischer Retardwirkung.

Die Erfindung betrifft schließlich ein solches Arzneimittel und seine Verwendung, bei dem das 3-Indolylessigsäurederi- vat, besonders Indometacin oder Acemetacin teilweise als Akutform, teilweise als Retardform vorliegt.

3-Indolylessigsäurederivate, besonders Indometacin, (l-(4- Chlorbenzoyl)-5-methoxy-2-methyl-3-indolyl)essigsaure, C-^gH^gCl O^, oder Acemetacin, (l-(4-Chlorbenzoyl)-5-methoxy- 2-methyl-3-indolyl)essigsäurecarboxy-methylester, C2 H ιgCl Og, sind wirksame entzündungshemmende Substanzen, die besonders bei der Therapie von Erkrankungen des rheuma¬ tischen Formenkreises eine wichtige Rolle spielen.

Dabei zeichnet sich Acemetacin, der Glykolsäureester des In- dometacins durch eine, im Vergleich zu Indometacin besonders

starke antiinflammatorische Wirkung bei verminderter Toxizi- tät aus«.

Der empfohlene Dosierungsbereich für die perorale Applika- tion liegt bei 75 - 200 mg pro Tag für Indometacin und bei 90 - 180 mg pro Tag für Acemetacin.

Trotz vielfältiger galenischer Entwicklungen peroraler Re¬ tardzubereitungen ist es für 3-Indolylessigsäurederivate, bis heute noch nicht gelungen, den in-vivo Resorptionsprozeß des aus einer entsprechenden Arzneiform primär freigegebenen Wirkstoffs so optimal an die physiologischen Gegebenheiten (pH-Verhältnisse im Gastrointestinaltrakt, gastrointestinale Verweilzeiten von Formungen, spezifische Resorptionsfenster für bestimmte Wirkstoffe) anzupassen, daß die Hauptanforde¬ rungen an eine Retardarzneiform erfüllt werden.

Retardierung eines Wirkstoffs in einer pharmazeutischen Dar¬ reichungsform ist dann erwünscht, wenn die biologische Halb- wertszeit dieses Wirkstoffs kurz ist (in der Regel ca. 2h), wobei sich Indometacin mit ca. 2,2 h bzw. Acemetacin mit ca. 4,5 h besonders gut eignet. Durch lang anhaltende Freigabe aus der Arzneiform im Organismus erhofft man sich verschie¬ dene Vorteile:

1) Verbesserte Wirkung

Möglichst genaue Einstellung von Plasmaspiegeln im the¬ rapeutischen Niveau soll einerseits Plasmaspiegelschwan¬ kungen vermindern, andererseits Nebenwirkungen (u.U. to- xisch) vermeiden-

2) Verlängerte Wirkung

Damit verbunden ist analog eine entsprechende Reduktion der Einnahmehäufigkeit und dadurch eine entscheidende Erhöhung der Patienten-Compliance.

3) Verminderung der insgesamt verabreichten Arzneistoffdo- sis bei Erzielung vergleichbarer Wirkung gegenüber der mehrfachen Einzelgabe.

Die galenische Konzeption von bekannten Retardarzneiformen ist i.a. so angelegt, daß die Wirkstofffreigäbe im Organis¬ mus den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt im Freigabe-Re¬ sorptions-Geschehen darstellt. Aus einem Depot soll der Wirkstoff verzögert und möglichst gleichmäßig (idealerweise konstant = Kinetik nullter Ordnung) freigegeben werden, um einen konstanten Übergang in die Biophase zu erreichen. Es ist jedoch bisher noch so, daß besagter Wirkstoff nach sei¬ ner Freisetzung weitestgehend unkontrollierbar seinem Schicksal überlassen bleibt, d.h. physiologische Einfluß- großen im Gastrointestinaltrakt bleiben unberücksichtigt.

Dies trifft besonders für die praktisch wasserunlöslichen, schwachen Wirkstoffsäuren aus der Klasse der 3-Indolylessig- säurederivate (p A von Indometacin = 4,5) zu, die daher zu den Wirkstoffen mit problematischer Bioverfügbarkeit gezählt werden müssen. Trotz einer Vielzahl von verschiedenen gale- nischen Entwicklungen scheint es noch nicht gelungen zu sein, eine Formulierung für 3-Indolylessigsäurederivate zu entwickeln, die alle Anforderungen an eine effiziente Rheuma- und/oder Schmerztherapie erfüllt.

Einen bedeutenden Fortschritt stellte das OROS-System für Indometacin dar. Diese nach dem Prinzip einer osmotischen Pumpe arbeitende Arzneiform besteht aus einem Wirkstoff- Hilfsstoff-Reservoir das von einer semipermeablen Kunstoff¬ membran umgeben ist. In letzterer befindet sich ein mikro¬ feines Loch. Dringt Wasser in das Reservoir ein, wird der Wirkstoff aufgrund des osmotischen Drucks im Innern über die Abgabeöffnung konstant (0.Ordnung) freigesetz . Auf diese Weise werden 7 mg Indometacin/h nahezu linear freigesetzt.

Abgesehen von dem Unsicherheitsfaktor, der in der mikrofei¬ nen Abgabeöffnung besteht, ist die Herstellung des OROS Sy¬ stems relativ aufwendig und kompliziert.

Mit dieser fast linearen in-vivo-Freisetzung des Indometacin gelang es auch zunächst, relativ konstante Plasmaspiegel zu erhalten.

Das OROS-System mußte jedoch 1983, kurz nach Einführung, we¬ gen schwerwiegenden lokalen Schleimhautperforationen ("Schweißbrennereffekt") vom Markt genommen werden. Trotz den sicherlich unbestreitbaren galenischen Fortschrit¬ ten, die das OROS-System mit sich bringt, darf nicht verges¬ sen werden, daß der eigentliche Prozeß der Wirkstoffresorp- tion mitsamt seinen physiologischen Einflußgrößen (siehe un¬ ten) die Vorteile wieder zunichte machen kann. Das OROS Sy- stem berücksichtigt nicht die unterschiedlichen, physiologi¬ schen pH-Verhältnisse während der gastrointestinalen Pas¬ sage.

Daher gelingt es bisher nur ungenügend, 3-Indolylessigsäure- derivate unmittelbar in resorptionsfähiger Form an den ver¬ schiedenen Resorptionsorten des Gastrointestinaltrakts zur Verfügung zu stellen. Die Folge ist nun einerseits, daß eine konstante Anflutung des Wirkstoffs in der Biophase nach Ap¬ plikation einer Retardformulierung nicht sichergestellt wer- den kann und andererseits ein Wirkeintritt zeitlich nicht oder nur sehr schwierig vorherbestimmbar wird.

Obiges wird besonders deutlich, wenn man die gastrointesti- nale Passage einer konstant (nullter Ordnung) freisetzenden, ein 3-Indolylessigsäurederivat, wie z.B. Indometacin enthal¬ tenden Retardarzneiform verfolgt.

Nach heute allgemein akzeptierter Theorie verläuft die Wirk¬ stoff-Resorption überwiegend nach den Gesetzen der passiven Diffusion, d.h. nur gelöste und gleichzeitig undissoziierte Wirkstoffmoleküle werden- resorbiert. Die schwache, schwer

wasserlösliche Wirkstoffsäure Indometacin wird im Magen-Mi¬ lieu (pH 1) weitestgehend undissoziiert und kristallin vor¬ liegen. Eine nennenswerte Resorption ist daher nicht zu er¬ warten. Bekannte galenische Maßnahmen zur Löslichkeitserhö- hung (Solubilisation, Komplexbildung) sind nicht zu empfeh¬ len. Gleiches gilt für das Mikronisieren von Wirkstoffen, wobei eine höhere Lösungsgeschwindigkeit durch Vergrößerung der effektiven StoffOberfläche erzwungen werden soll. Lös¬ lich gemachte Anteile können rekristallisieren, was einer- seits zu dramatischen Schleimhautirritationen (siehe OROS- System) führen kann, andererseits ist dieser Wirkstoffanteil dann endgültig für eine Magenresorption verloren.

Schwankende Magenverweilzeiten von peroralen Retardarznei- formen verhindern zusätzlich, daß eine Wirkstoffdosis einen günstigeren Resorptionsort erreicht. So ist eine Schwan¬ kungsbreite von 0,5-10 h keine Seltenheit. Nahrungsaufnahme sowie Art und Menge der Nahrung, die Größe und Dichte der Arzneiform etc. haben entscheidenden Einfluß. Die Freiset- zung des Wirkstoffs läuft aber in dieser Zeit kontinuierlich weiter. Das verdeutlicht insbesondere, daß eine ausreichende Anflutung in der Biophase nicht erwartet werden kann, es re¬ sultieren subtherapeutische Plasmaspiegel. Gleichzeitig steigt das Risiko schwerwiegender u.U. toxischer gastrointe- stinaler Nebenwirkungen erheblich an, besonders im Falle des Indometacins.

\' Erst nach Erreichen des oberen Dünndarms (sprunghafter pH- Anstieg) ist genügend Indometacin löslich, sodaß die Resorp- tion der undissoziierten Form in ausreichendem Maße beginnen kann. Je weiter man nun die Darmpassage verfolgt, desto hö¬ her wird der pH-Wert ansteigen (bis ca. 8). Entsprechend wird auch mehr Indometacin in dissoziierter Form vorliegen und der Resorptionsprozeß mehr oder weniger stagnieren. Im Dickdarm kann darüberhinaus neben der Wirkstoffauflösung die Diffusion innerhalb des weiten Darmlumens bis zur Darmwand

zu einem weiteren geschwindigkeitsbestimmenden Schritt wer¬ den. Deshalb sollte gerade in diesem Darmabschnitt die Frei¬ setzung und Auflösung des Wirkstoffs trotz der im Vergleich zum Dünndarm geringen Flüssigkeitsströme gewährleistet sein. Dies ist bei herkömmlichen Retardformulierungen meistens nicht der Fall.

Damit wird deutlich, daß man für 3-Indolylessigsäurederivate ein sogenanntes in-vivo Resorptionsfenster zu beachten hat. Darüberhinaus kann die Resorption auch starken in¬ terindividuellen Schwankungen unterworfen sein.

Aus dem bisher Geschilderten wird klar, daß heute darüber diskutiert wird, ob der perorale Applikationsweg von Retard- formen für alle Wirkstoffe überhaupt sinnvoll ist. Diese Tatsache wird bei 3-Indolylessigsäurederivaten besonders deutlich. Eine Hauptvoraussetzung für die Erzielung konstan¬ ter Plasmaspiegel, nämlich die kontinuierliche Resorption von freigesetztem Wirkstoff aus der Arzneiform, ist so nicht gegeben bzw. kann mit konventioneller Galenik nicht gewährleistet werden.

J.J. Marty et al., Phar . Acta Helv. 53, 1 (1978) S. 17-23 beschreibt die Herstellung von Gelatine-Nanopartikeln, in die auch Wirkstoffe eingeschlossen werden können. Bei der Herstellung dieser Gelatine-Nanopartikel wird zur Desolvata- tion und Resolvatation eine pH-Justierung vorgesehen. Eine Überführung des Arzneimittels in Nanopartikel wird nicht of¬ fenbart.

Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine Arzneiform für 3-Indolylessigsäurederivate, bereitzu¬ stellen, die für retardierte Arzneistofffreigäbe geeignet ist, und die die oben zum Stand der Technik genannten Nach- teile weitgehend vermeidet.

Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Arzneimittel, das 3-Indolylessigsäurederivate neben üblichen pharmazeuti¬ schen Trägern und Hilfsstoffen enthält, gemäß Patentanspruch 1 gelöst. Diese Aufgabe wird weiterhin durch die Verwendung eines pharmazeutisch applizierbaren Nanosols von 3-Indolyl- essigsäurederivaten gemäß Patentanspruch 17 und 38 gelöst.

Diese Aufgabe wird ferner durch ein Arzneimittel gemäß An¬ spruch 18 gelöst und durch die Verwendung gemäß Anspruch 39 gelöst, bei denen das 3-Indolylessigsäurederivat, teilweise als Akutform, teilweise als Retardform vorliegt.

In der "Pharmazeutisch applizierbares Nanosol und Verfahren zu seiner Herstellung" betitelten internationalen (PCT)-Pa- tentanmeldung der ALFATEC-Pharma GmbH vom selben Anmeldetag (81AL2730 entsprechend der deutschen Patentanmeldung P 41 40 195.6) wird ein pharmazeutisch applizierbares Nanosol, d.h. ein kolloid-disperses System von in Wasser schwer löslichen organischen Verbindungen, insbesondere Arzneistoffen, mit Gelatine beschrieben.

In dieser genannten Patentanmeldung werden Nanosole und Ver¬ fahren zu ihrer Herstellung beschrieben, die es ermöglichen, kolloid-disperse Lösungen von in Wasser schwer löslichen Wirkstoffen durch Gelatine oder ihre Derivate zu stabilisie¬ ren, indem man den isoionischen Punkt (= Ladungsausgleich) zwischen Gelatine und den gefällten, auf der Oberfläche ge¬ ladenen Wirkstoff artikeln zumindest angenähert einstellt. Dabei bringt man das System Wirkstoffpartikel/Gelatine da- durch zum Ladungsausgleich, daß die Oberflächenladung der Partikel durch entsprechende Gegenladung der Gelatinemole¬ küle kompensiert wird. Erreicht wird dies durch Einstellung einer bestimmten . Ladung auf den Gelatinemolekülen, die in Abhängigkeit zu ihrem isoelektrischen Punkt und dem pH-Wert der Lösung steht. Durch eine solche Stabilisierung der kol¬ loidalen Partikel, die nahezu monodispers vorliegen, wird

die Ostwald-Reifung der kolloiden Partikel des Arzneistoffs stark vermindert.

Der gesamte Inhalt der genannten Patentanmeldung wie auch der internationalen (PCT)-Patentanmeldung mit dem Titel "Ein 2-Arylpropionsäurederivat in Nanosolfor enthaltendes Arz¬ neimittel und seine Herstellung" (81AL2734 entsprechend der deutschen Patentanmeldung P 41 40 185.9) vom selben Anmel¬ dungstag wird auch zum Inhalt der vorliegenden Patentanmel- düng gemacht.

Weitere internationale (PCT)-Patentanmeldungen der ALFATEC- Pharma GmbH, gegebenenfalls auch der PAZ Arzneimittelent¬ wicklungsgesellschaft mbH, von demselben Tage betreffen die Akutform von 2-Arylpropionsäurederivaten (81AL2731 entspre¬ chend der deutschen Patentanmeldung P 41 40 185.9), die Re¬ tardform von Dihydropyridinderivaten (81AL2732 entsprechend der deutschen Patentanmeldung P 41 40 194.8), die Akutform von S- und R-Ibuprofen (81AL2733 entsprechend der deutschen Patentanmeldung P 41 40 179.4), die Retardform von S- und R- Ibuprofen (81AL2734 entsprechend der deutschen Patentanmel¬ dung P 41 40 172.7), die Akutform von S- und R-Flurbiprofen (81AL2735 entsprechend der deutschen Patentanmeldung P 41 40 184.0) und die Retardform von S- und R-Flurbiprofen (81AL2736 entsprechend der deutschen Patentanmeldung P 41 40 183.2). Ihre Offenbarung wird ebenfalls zum Gegenstand der Offenbarung der vorliegenden Patentanmeldung gemacht.

So bietet sich für die Rheumatherapie eine völlig neue Kom- bination aus Akut- und Retardform auf Nanosolbasis an: Akut- Indometacin und Retard-Indometacin.

Fig. 1 zeigt eine schematische Darstellung der einstellbaren

Ladungszustände von Gelatine in Abhängigkeit vom pH-Wert und IEP, wobei der IEP je nach Herstellungsart zwischen 3,5 und

9/5 liegen kann. Unterhalb von pH 3,5 sind fast alle Gelati-

netypen positiv geladen. Im basischen Bereich oberhalb von pH 9,5 sind alle Gelatinetypen negativ geladen.

Fig. 2 zeigt den Mechanismus der passiven Arzneistoff-Re- Sorption im Gastrointestinal-Trakt.

Erfindungsgemäß wird daher die Tatsache ausgenutzt, daß Ge¬ latinen, Kollagenhydrolysate oder Gelatinederivate (nahezu unabhängig von der Viskosität) dann zu einem stabilen kol- loid-dispersen Systems in Nanosolform führen, wenn der isoionische Ladungszustand zwischen Arzneistoffpartikel und Gelatine, Kollagenhydrolysat oder Gelatinederivat vorliegt.

Dagegen wurde Gelatine nach dem Stand der Technik nur zur Stabilisierung eines anorganischen, kolloid-dispersen Sy¬ stems eingesetzt. So beschreibt z.B. das DAB 9 eine kol¬ loidale Injektionslösung von radioaktivem Gold, die mit Ge¬ latine hergestellt ist. Man stellte sich dabei lediglich vor, daß sich Makromolekül als "Kittsubstanz" zwischen den einzelnen Kolloidpartikeln befinde und so eine Teilchenag¬ gregation verhindert werde.Dagegen war über den Stabilisie¬ rungsmechanismus, z.B. für Arzneistoffe, bisher nichts be¬ kannt.

Überraschenderweise zeigt sich, daß das Vorliegen stabiler Nanopartikel im Falle der praktisch wasserunlöslichen 3-In- dolylessigsäurederivate völlig ausreichend ist, eine Arznei¬ stoffresorption im gesamten Gastrointestinaltrakt (GIT) auch im Magen- zu erreichen, die

a) unabhängig von den oben geschilderten physiologischen Bedingungen ist b) unabhängig von den physikalisch-chemischen Eigenschaften des 3-Indolylessigsäurederivates ist c) nahezu vollständig ist und

d) ohne vorgelagertes Gleichgewicht der Wirkstoffauflösung erfolgt wie bei herkömmlichen Retardformen (der Wirk¬ stoff steht in resoptionsfähiger Form unmittelbar an je¬ dem beliebigen Resorptionsort zur Verfügung) .

Offensichtlich werden Nanosole nach einem bisher nicht be¬ kannten Mechanismus resorbiert, wie es z.B. in der Patentan¬ meldung "Akutform für ein ein 3-Indolylessigsäurederivat enthaltendes Arzneimittel und seine Herstellung" (11 AL2711) - für die überraschende Resorption im Magen in-vivo gezeigt wird.

Um die physiologischen Hintergründe der Resorption von Arz¬ neistoffen im allgemeinen und die verbesserte Resorp- tionsquote der erfindungsgemäßen Nanosole ausreichend zu er¬ läutern, ist zunächst eine Betrachtung zum Mechanismus der physiologischen Resorption von Arzneistoffen erforderlich, wie er auch in einschlägigen Publikationen dargestellt wird. Allerdings ist die vorliegende Erfindung weder an den fol- genden Versuch einer wissenschaftlichen Erklärung der erfin¬ dungsgemäß auftretenden Phenomene gebunden noch kann sie hierdurch eingeschränkt werden.

Die passive Arzneistoffresorption erfolgt nach heutigem Er- kenntnisstand (Theorie nach Brodle et al.), wenn folgende Bedingungen vorliegen:

a) die Gastrointestinalmembran wirkt als Lipidbarriere, b) der Arzneistoff wird nur in gelöster und ungeladener, d»h. nichtionisierter Form aufgenommen, c) saure Arzneistoffe werden bevorzugt im Magen, basische Arzneistoffe bevorzugt im Darm resorbiert.

Nach der peroralen Aufnahme eines Arzneistoffs in den Orga- nismus wird seine Resorption, d.h. der Übertritt in den all-

gemeinen Kreislauf (Biophase) in starkem Maße durch physika¬ lische Barrieren behindert (siehe Abb. 2), nämlich

durch die Mucus-Schicht und eine wässerige, daran adhä- rierende Schicht

die Zellmembranen der intestinalen Epithelzellen mit der daran kovalent gebundenen Glykocalix sowie

- die sogenannten "Tight Junctions", die die Epithelzellen an ihrer apikalen Seite miteinander verbinden.

Diese Barrieren bedingen, daß die Resorption von Arzneistof¬ fen hauptsächlich abhängig von ihrem Verteilungsmechanismus und Ladungszustand- durch die Lipid-Doppelschichten erfolgt (sogenannte passive Diffusion).

Die Epithelzellen des gesamten Magen-Darm-Traktes sind mit einer Mucus-Schicht bedeckt, die aus Mucinen (Glykoprotei- nen), Elektrolyten, Proteinen und Nucleinsäuren besteht. Vor allem die Glykoproteine bilden mit dem Hauptanteil des Mu- cus, nämlich Wasser, eine viskose Gelstruktur, die in erster Linie Schutzfunktionen für die darunter liegende Epithel¬ schicht ausübt. Die Mucusschicht ist an die apikale Oberflä- ehe der Epithelzellen über die Glykocalix gebunden. Die Gly¬ kocalix hat ebenfalls eine Glykoproteinstruktur, die kova¬ lent an Bausteine der Membran-Doppelschicht der Epithelzel¬ len gebunden ist. Die verzweigten Polysaccharide der Glyko¬ calix, die entweder direkt an amphiphile Moleküle der Dop- pelmembran oder an die Doppelmembran inkorporierte Proteine kovalent gebunden sind, besitzen geladene N-Acetyl-Neuramin- säure- und Sulfat-Reste und sind daher negativ geladen, was zu einer elektrostatischen Bindung oder Abstoßung von ge¬ ladenen Arzneistoffmolekülen bzw. von elektrostatisch ge- ladenen Partikeln führen kann. Die EpithelZellmembranen be¬ stehen aus Phospholipid-Doppelschichten, in die Proteine

über ihre hydrophoben Bereiche verankert sind. Die Phospho- lipid-Doppelschichten mit ihrem lipophilen Anteil stellen eine weitere Barriere für den Transport der zu resorbieren¬ den Arzneistoffe dar.

Aus dieser Darstellung geht deutlich hervor, daß geladene Arzneistoffmoleküle bzw. elektrostatisch geladene Partikel daher nur eine sehr geringe Chance haben, über den peroralen Applikationsweg resorbiert zu werden.

Die erfindungsgemäßen Nanosole geben erstmalig die techni¬ sche Lehre, ein System zu bilden, mit dem diese vorgenannten Resorptionshindernisse zu überwinden sind. Da die Wirkstoff- Nanopartikel durch die Gelatine erfindungsgemäß ladungsneu- tral stabilisiert werden, kann ihr Transport durch die nega¬ tiv geladene Glykocalix ohne größere Hindernisse erfolgen, im Gegensatz zu sonstig beschriebenen Nanopartikeln des Standes der Technik, die nicht ladun sneutral stabilisiert werden bzw. stabilisiert werden können. Erfindungsgemäß kann die Einstellung des isoionischen Ladungszustandes zusätzlich noch in Abstimmung auf die physiologischen Verhältnisse er¬ folgen (siehe insbesondere die Ausführungen auf S. 9, Zeile 14-20 in Verbindung mit Beispiel 1 und 2) .

Da die erfindungsgemäßen Wirkstoff-Nanosole die Glykocalix ungehindert passieren können, ohne durch elektrostatische Effekte gebunden bzw. abgestoßen zu werden, erreichen sie damit auch die Oberfläche der Epithelzellen und stehen dort in hoher Konzentration zur Verfügung.

Nun können auch aktive, carriervermittelte Transportmecha¬ nismen bzw. Phagozytose einen wesentlichen Beitrag zur Re¬ sorption der Wirkstoff-Nanosole liefern.

Betrachtet man nun die gastrointestinale Passage einer ge¬ eigneten Retardformulierung, die ein Nanosol eines 3-Indo-

lylessigsäurederivats enthält, das während dieser konstant freigegeben wird, so ergibt sich ein völlig neuartiges Bild:

Unmittelbar auf die Freigabe der Nanopartikel aus der Arz- neiform im Magen erfolgt deren Resorption. Es ist dabei gleichgültig, wie lange die Formulierung selbst im Magen verweilt. Schwankende Magenverweilzeiten von z.B. single- unit Retardarzneiformen müssen nicht mehr berücksichtigt werden, wie bei konventioneller Galenik. Damit wird ein Wir- kungseintritt nach Applikation zeitlich vorhersagbar.

Eine besonders geeignete galenische Retardformulierung wird in der Patentanmeldung "Sol-gesteuerte Thermokolloidmatrix auf Gelatinebasis für perorale Retardarzneiformen" (11 A11713) der ALFATEC-Pharma GmbH von demselben Tage vorge¬ stellt, deren Inhalt auch zum Gegenstand der vorliegenden Erfindung gemacht wird.

Diese nahezu nullter Ordnung freisetzende Retardtablette mit einem Matrixmaterial aus Gelatine, hat sich erstaunlicher¬ weise dadurch ausgezeichnet, daß sie die Verteilung der ein¬ gebetteten, erfindungsgemäßen Nanopartikel auf der Schleim¬ hautoberfläche gleichmäßig gewährleistet. Somit sind die erfindungsgemäßen Nanopartikel auch wirksam vor den Einflüs- sen von Nahrung und Nahrungsbestandteilen geschützt.

Auch nach der Magenpassage, verbunden mit einem pH-Anstieg im oberen Dünndarm bis hin zum Dickdarm ist keine Einschrän¬ kung der Resorptionsfähigkeit der Nanopartikel in den erfin- dungsgemäßen Nanosolen zu befürchten. Man sollte eigentlich annehmen, daß die Stabilität der Nanosole bei pH-Werten, die oberhalb des pKA-Werts der 3-Indolylessigsäurederivate lie¬ gen, rapide absinkt bzw. die 3-Indolylessigsäurederivat-Na- nopartikel sich rasch durch Dissoziation auflösen. Dem ist jedoch nicht so.

Einerseits können die erfindungsgemäßen Nanosole durch Se¬ lektion von Gelatinesorten, die mit den 3-Indolylessigsäure- derivat-Nanopartikeln im weiter sauren Bereich, z.B. im pH- Bereich von 1,5 - 2,5 den isoionischen Punkt erreichen, her- gestellt werden. Die Nanopartikel sind damit wirksam vor der Einwirkung eines schwächer sauren bis alkalischen Milieus geschützt. Die oben angesprochene, zeitliche Auflösung der Nanopartikel bei physiologischen pH-Werten, die oberhalb des pK ß -Werts der 3-Indolylessigsäurederivate liegen, ist da- durch mindestens bis zur Resorption vermindert oder sogar gänzlich verhindert.

Andererseits kann durch die erfindungsgemäße Einbettung der 3-Indolylessigsäurederivat-Nanosole in die Thermokolloidma- trix, die sich während der Gastrointestinalpassage kontrol¬ liert auflöst, eine über mehrere Stunden nahezu konstante Resorptionsquote erzielt werden.

Denkbar als solche Matrixarzneiformen sind Matrixtabletten allein oder z.B. abgefüllt in Hartgelatinekapseln mit Akut- Indometacin auf Nanosolbasis. In der Matrix selbst können auch puffernde Hilfsstoffe vorliegen, die die erfindungsge¬ mäßen Nanopartikel bzw. das Nanosol wirksam vor physiologi¬ schen pH-Schwankungen schützen. Das die Nanopartikel bzw. Nanosol umgebende Milieu kann dadurch pH-stabil fixiert wer¬ den.

Weiterhin hat sich gezeigt^ daß auch im Darm die Gelatine in den erfindungsgemäßen Nanosolen die gleichmäßige Verteilung der Nanopartikel auf der Darmschleimhaut ermöglicht. Da an der Schleimhautoberfläche, im Vergleich zum Darmlumen ein schwach saurer pH-Wert vorherrscht, sind dort die erfin¬ dungsgemäßen Nanopartikel bis zur Resorption noch effektiver vor pH-Schwankungen geschützt.

Durch alle die genannten Vorzüge gemeinsam lassen sich bei 3-Indolylessigsäurederivaten Bioverfügbarkeiten erreichen, wie sie bisher nicht bekannt sind. Damit verbunden ist ebenso eine Verkürzung der Zeit von der Applikation bis zum Erreichen der Plasmawirkstoffkonzentration im therapeuti¬ schen Niveau (steady-state) , als auch eine geringe Schwan¬ kungsbreite des Plasmaspiegels. Außerdem wird die in der er¬ findungsgemäßen Arzneiform enthaltene Wirkstoffdosis voll¬ ständig ausgenutzt, sodaß damit insgesamt gesehen die anal- getisch/antiphlogistische Wirkung gegenüber konventionellen Retardformen deutlich verbessert und die Verträglichkeit er¬ höht wird.

Erstaunlicherweise hat sich gezeigt, daß diese Nanopartikel in dem erfindungs \' gemäßen Nanosol an jedem gewünschten Re¬ sorptionsort ungehindert die Gastrointestinal embran passie¬ ren können (resorbiert werden) . Sie verhalten sich also, biopharmazeutisch gesehen, wie eine echte Lösung, ohne aber eine solche zu sein.

Für peroral anzuwendende Retardformen ist bisher nichts der¬ artiges bekannt.

Da in den erfindungsgemäßen Nanosolen Teilchenwachstum durch Ostwald-Reifung wirksam vermindert wird (siehe Ausführungen der o.g. internationalen (PCT)-Anmeldung (81AL2730 entspre¬ chend der deutschen Patentanmeldung P 41 40 195.6) der ALFA- TEC-Pharma GmbH), ist keine Einschränkung der Resorptionsfä¬ higkeit der Nanopartikel zu befürchten.

Es hat sich weiterhin gezeigt, daß nur Nanosole, deren Größe unter 800 nm liegt, bevozugt im Bereich von 10 nm bis 600 nm, insbesondere aber im Bereich unterhalb von 400 nm voll¬ ständig und schnell resorbiert werden können.

Diese Bedingungen werden durch die e findungsgemäßen Nano¬ sole mit einem 3-Indolylessigsäurederivat als Wirkstoff er¬ füllt.

Erfindungsgemäß können alle Gelatinesorten mit einem Maximum der Molekulargewichtsverteilung im Bereich von 10 4 bis 10 7 D eingesetzt werden.

Kollagenhydrolysate, fraktionierte Gelatine mit niedrigem MG, Gelatinederivate und Gelatinen mit niedrigen Bloomwerteή sind dann geeignet, wenn die so hergestellten Nanosole mit geeigneten galenischen Methoden unter Zusatz von weiteren Hilfsstoffen retardiert vorliegen.

Besonders geeignet sind Gelatinesorten mit einem Peptidan- teil < 5% und einem Maximum der Molekulargewichtsverteilung oberhalb von 9,5 x 10 4 D. Vorteilhaft können besonders hoch¬ viskose Gelatinesorten oder fraktionierte Gelatinen mit ei¬ nem prozentualen Gewichtsanteil der Mikrogelfraktion (> 10 7 D) größer als 15 Prozent eingesetzt werden.

Solche Gelatinen besitzen in weiten pH-Bereichen eine er¬ höhte Pufferkapazität und fördern durch ihre hochviskose Ei¬ genschaft die Ausbildung eines physiologischen "Nano- milieus". Sie erhöhen damit die therapeutische Wirkung und Verträglichkeit im Sinne der Erfindung.

Durch Kombination der beschriebenen Vorgehensweise lassen sich Gelatinesorten finden, die technologisch gesehen auf überraschend einfache Weise zu Retardarzneiformen mit neuen Eigenschaften führen. *

Prinzipiell sind zur Herstellung der erfindungsgemäßen Nano¬ sole die in der o.g. deutschen Patentanmeldung P 41 40 195.6 der ALFATEC-Pharma GmbH "Pharmazeutisch applizierbares Nanosol und Verfahren zu seiner Herstellung"

genannten Vorgehensweisen und Verfahrensvarianten geeignet, die im folgenden noch einmal angeführt werden:

Es werden mehrere Verfahren zur Herstellung der Nanosole vorgeschlagen. Dabei handelt es sich um eine beispielhafte, unvollständige Aufzählung. Der Fachmann kann aufgrund seines Fachwissens selbstständig weitere Varianten im Rahmen der vorliegenden Erfindung ausarbeiten:

Verfahren I

Dieses kann angewendet werden, wenn der Arzneistoff in einer Mischung aus: einem mit Wasser mischbaren organischen Lösungsmittel und Wasser, oder aus mehreren mit Wasser mischbaren organischen Lösungs¬ mitteln und Wasser löslich ist:

a) eine in den Vorversuchen ausgewählte Gelatine wird mit Wasser in Solform überführt;

b) der in den Vorversuchen gefundene pH-Wert der Lösung wird eingestellt;

c) ein oder mehrere mit Wasser mischbare(s) , organische(s) Lösungsmittel, vorzugsweise Ethanol, Isopropanol oder Methanol, wird/werden zu dieser Lösung gegeben;

d) der Arzneistoff wird in fester Form zu der Lösung gege¬ ben und gelöst;

-e) das/die organische(n) Lösungsmittel wird/werden ent¬ fernt, vorzugsweise durch Eindampfen in Vakuum; dabei entsteht das Nanosol;

f) die kolloid-disperse Lösung wird anschließend, vorzugs¬ weise durch Sprüh- oder Gefriertrocknung, getrocknet.

Das organische Lösungsmittel hat die Aufgabe, den Arznei- stoff zu lösen und verändert auch die Hydrathülle der Gela¬ tinemoleküle.

Verfahren II

Diese Ausführungsform kann angewendet werden, wenn der Arz¬ neistoff eine Säure oder eine Base ist, deren Salz in Wasser löslich ist:

a) eine in den Vorversuchen ausgewählte Gelatine wird mit H2O in die Solform überführt;

b) es wird ein solcher pH-Wert eingestellt, der die Salz¬ bildung des Arzneistoffs ermöglicht;

c) der Arzneistoff wird unter Salzbildung in dem Gelatine- sol gelöst;

d) durch Zugabe von Alkohol oder ähnlichen organischen Lö- sungsmitteln kann die Hydrathülle der Gelatinemoleküle gelockert werden;

e) durch Zugabe einer geeigneten Menge Säure oder Base wird der pH-Wert eingestellt, der zur Bildung des isoionischen Punkts (IIP) führt, dabei entsteht das Na¬ nosol; f) die kolloid-disperse Lösung wird wie in Verfahren I ge¬ trocknet.

Stufe d) ist fakultativ, jedoch bevorzugt.

Verfahren III

Diese Ausführungsform kann angewendet werden, wenn der Arz- neistoff ein Neutralstoff ist:

a) es wird ein Gelatinesol hergestellt, wie unter (1) a) und b) beschrieben.

b) eine zweite Lösung aus einem mit Wasser mischbaren or¬ ganischen Lösungsmittel, vorzugsweise Ethanol, Metha¬ nol, Isopropanol, Aceton und dem Arzneistoff wird her¬ gestellt.

c) die beiden Lösungen werden vereinigt.

d) das organische Lösungsmittel wird entfernt und die kol¬ loid-disperse Lösung wird getrocknet.

Verfahren IV

a) Wie unter (I) a) und b) beschrieben.

b) In einer zweiten Lösung wird ein kolloid-disperses Sy- stem mit dem Arzneistoff kurzzeitig gebildet, jedoch ohne Gelatine.

c) Die unter (b) erhaltene Lösung wird kontinuierlich mit der Gelatinelösung vereinigt.

Bei Schritt (IV) c) kann die kontinuierliche Vermischung der unter (IV) a) und b) beschriebenen Lösungen zeitabhängig durch on-line Messung der Teilchengröße mit einem geeigneten Verfahren, wie z.B. durch Laser-Licht-Streuung (BI-FOQELS On-line Particle Sizer), gesteuert werden. Damit ist es mög-

lieh, eine gewünschte Partikelgröße kontinuierlich einzustellen.

Alle genannten Verfahren sind auch für Kollagenhydrolysate und Gelatinederivate geeignet und können problemlos in den technischen Maßstab übertragen werden.

Die wesentlichen Schritte können weitgehend automatisiert ablaufen, wobei auch Verfahren I bis III kontinuierlich durchführbar sind. Im Falle der Akutform für 2-Arylpropion- säurederivate seien als bevorzugt geeignete Verfahren die Varianten Nr. II und III genannt.

Für die erfindungsgemäßen Akutformen eignen sich alle Gela- tinen, Gelatinederivate, Kollagenhydrolysate und fraktio¬ nierte Gelatine, sowie deren Mischungen. Gelatinesorten, die einen erfindungsgemäß beschriebenen isoelektrischen Punkt (IEP) aufweisen, der nicht handelsüblich ist, können nach den Beispielen I bis III aus o.g. deutscher Patentanmeldung hergestellt werden.

Gegenüber handelsüblichen Produkten führt die Verwendung von Gelatine, die auf spezielle Weise hergestellt wurde, zu er¬ findungsgemäß beschriebenen Nanosolen mit erhöhter Stabili- tat.

Beispiele für die Herstellung erfindungsgemäß besonders ge¬ eigneter Gelatinequalitäten werden unten gegeben.

Beispiele für die Herstellung von erfindungsgemäß besonders geeigneten Gelatinesorten mit isoelektrischen Punkten von 3,5 bis 9,5

Beispiel I:

Verfahren zur Erzielung eines IEP\'s von 7,5 bis 9,5

Kollagenhaltiges Ausgangsmaterial wie z.B. Schweineschwarten werden mit einer wäßrigen Lösung einer 0,45 N Mineralsäure, vorzugsweise Schwefelsäure, im Flottenverhältnis 1:1 12 bis 20 Stunden behandelt. Anschließend wird der Säureüberschuß durch mehrmaliges Waschen entfernt, wobei zur Abkürzung des Verfahrens Natriumhydrogencarbonat verwendet werden kann. Die Extraktion des sudreifen Materials erfolgt mit heißem Wasser bei 55 - 80° C bei einem pH von 2,5 bis 4,5. Bei pH- Werten unterhalb von 3,5 kann ein IEP von 8,5 bis 9,5 er¬ reicht werden, bei pH-Werten oberhalb 3,5 liegt der IEP bei 7 bis 8,5. Auf diese Weise lassen sich verschiedene IEP\'s von 7 bis 9,5 in direkter Abhängigkeit vom pH-Wert während der Extraktion erzielen.

Nach der Verfahrensstufe der Extraktion wird die wäßrige Lö- sung neutralisiert und wie üblich aufgearbeitet.

Durch dieses Verfahren kann man weiterhin in Abhängigkeit von der gewählten Temperatur während der Extraktion Gelati¬ nesorten mit hohen bis mittleren Molekulargewichtsverteilun- gen erhalten.

Bei Temperaturen von 50-55° C erhält man besonders hochvis¬ kose und hochbloomige Qualitäten. Gelatinesorten mit niedri¬ gem Molekulargewicht bzw. kaltwasserlösliche Gelatinen kön- nen durch gezielten Abbau mit Kollagenasen erhalten werden.

Beispiel II :

Verfahren zur Erzielung eines IEP\'s von 4 bis 7,5

Das kollagenhaltige Ausgangsmaterial wird zur Entfernung von Fremdstoffen zunächst gewaschen, zerkleinert und an¬ schließend durch Zusatz von Magnesit, Natronlauge oder Cal- ciumhydroxid durch gründliches Vermischen im Flottenverhält¬ nis 1:1,2 homogen alkalisch gemacht. Das so vorbehandelte Material wird kurzzeitig druckhydrolytisch bei 1,01 x 10 5 bis 2,02 x 10 5 Pa und einem pH-Wert der wäßrigen Lösung von 8-14 aufgeschlossen. Nach dem Aufschluß wird sofort neutra¬ lisiert und die noch heiße wäßrige Gelatinelösung wie üblich filtriert, entsalzt, aufkonzentriert und getrocknet.

Nimmt man ein schwach basisches Aufschlußmittel wie Magne¬ sit, erhält man einen IEP von 6 bis 7,5, sofern man bei 1,01 x.10-* Pa arbeitet. IEP\'s .von 5 bis 6 erhält man bei Einsatz einer verdünnten Kalkmilchsuspension und bei Verwendung von 0,005 bis 0,1 N Natronlauge können IEP\'s von 4 bis 5 erzielt werden.

Gelatinesorten mit geringem Racemisierungsgrad und niedrigem Peptidanteil lassen sich bei Druckverhältnissen von 1,01 x 10-\' Pa und Verweilzeiten von maximal 10 Min. erreichen.

Mittel- bis niedrigmolekulare bis hin zu kaltwasserlöslichen Sorten ergeben sich durch entsprechend längere Verweilzei¬ ten.

Beispiel III:

Verfahren, zur Erzielung eines IEP\'s von 3,5 bis 6

Kollagenhaltiges Ausgangsmaterial, vorzugsweise Spalt bzw. Ossein, wird nach der Eingangswäsche einem Kurzzeitäseher

unterworfen. Hierbei bieten sich zwei Verfahrensvarianten im Flottenverhältnis 1:1,3 an, die entweder eine gesättigte Kalkmilchsuspension oder eine 0,1 bis 1 N Natronlauge zum Einsatz bringen.

Bei Verwendung einer Kalkmilchsuspension wird das Rohmate¬ rial unter ständiger Bewegung maximal 3 bis 4 Wochen aufge¬ schlossen. Anschließend wird das Material durch Säurezugabe neutralisiert und mehrmals gewaschen. Die weitere Aufarbei- tung folgt wie üblich. Auf diese Weise lassen sich IEP\'s von

4 bis 6 einstellen.

Bei Einsatz von Natronlauge läßt sich der Äscherprozeß noch¬ mals verkürzen, wobei bei Konzentrationen von 1 N Natron- lauge das Material je nach Zerkleinerungsgrad bereits nach 6 - 12 Stunden aufgeschlossen ist. Die Neutralisation erfolgt mit äquimolaren Mengen Mineralsäure und die Neutralsalze werden durch mehrmaliges Waschen oder durch Entsalzen der in der Extraktion gewonnenen wäßrigen Gelatinelösung entfernt. Bei dieser Verfahrensvariante lassen sich IEP\'s von 3,5 bis

5 erhalten.

Besonders peptidarme Gelatinesorten werden bei kurzer Ver¬ weilzeit im Äscher erhalten. Man kann so Gelatinesorten mit hoher bis mittlerer Molekulargewichtsverteilung (M = 10 4 - 10 7 D) erhalten.

Niedrigmolekulare bis kaltwasserlösliche Gelatinesorten kann man durch thermischen Abbau bzw. enzymatisch erhalten.

Bevorzugt werden im Falle der 2-Arylpropionsäurederivate Ge¬ latinesorten mit IEP von 3,5 bis 9,5 eingesetzt.

Übliche pharmazeutische Hilfsstoffe und/oder weitere Makro- moleküle können, sofern sie technologisch erforderlich sind,

in flüssigem oder getrocknetem Zustand den erfindungsgemäßen Nanosolen zugesetzt werden.

Zum Beispiel kann ein Zusatz von Polyvinylpyrrolidon im Men- genverhältnis Gelatine zu Polyvinylpyrrolidon im Bereich von 5:1 bis 500:1 geeignet sein.

Eine Akutform im Sinne der Erfindung, die z.B. zu Tabletten verarbeitet wird oder lyophilisiert werden soll, kann durch Zusatz von niedrigmolekularen Polyvinylpyrrolidonsorten im Bereich von 10:1 bis 50:1 in den technologischen Verarbei¬ tungseigenschaften verbessert werden, ohne daß die Stabili¬ tät der Nanosole negativ beeinflußt wird.

Die in den folgenden Beispielen bevorzugten Herstellungsver¬ fahren, Vorgehensweisen und Bezeichnungen beziehen sich wie folgt auf die deutschen Patentanmeldungen "Pharmazeutisch applizierbares Nanosol und Verfahren zu seiner Herstellung" (P 41 40 195.6) bzw. die oben genannten Verfahren und Bei- spiele:

Nanosol-Herstellung: Verfahren II und III Gelatineherstellung: Beispiel I bis III Vortest: siehe folgende Beschreibung:

Vortest:

Wie eingangs schon erwähnt und wie aus Fig.l ersichtlich ist, hängt die absolute, maximal mögliche Nettoladung eines einzelnen Gelatinemoleküls hauptsächlich von der Anzahl der freien C00H- und NH 2 -Gruppen und dem pH-Wert der Lösung ab. Da sich Typ A, B, Kollagenhydrolysate oder Gelatinederivate in der Anzahl freier COOH-Gruppen unterscheiden, ist damit auch ihre maximal mögliche Nettoladung unterschiedlich. Bei Gelatinederivaten kann der Ladungszustand zusätzlich von der Art der Modifizierung abhängen.

Bei der Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens wählt man in einem Vortest die geeignete Gelatine und den geeigne¬ ten pH-Wert aus.

Zunächst wird ein den physikalisch-chemischen Eigenschaften des Arzneistoffs angepaßter Arbeits-pH-Bereich gewählt. Als physikalisch-chemische Eigenschaft des Arzneistoffs sind vor allem zu berücksichtigen: Die Löslichkeit (in organischen Lösungsmitteln bzw. Wasser), seine Eigenschaft als Säure, Base oder Neutralstoff sowie seine Stabilität gegenüber Säu¬ ren und Laugen.

In einem ersten Schnelltest wird festgestellt, welche Ladung die ausgefällten Partikel besitzen. Daraus ergibt sich, un- ter Berücksichtigung des Arbeits-pH-Bereichs, die Wahl eines geeigneten Gelatinetyps. Sind die Teilchen beispielsweise negativ geladen, sucht man eine Gelatine aus, die unter den gegebenen pH-Bedingungen positiv geladen ist. Dieser Schnelltest zur Feststellung der Partikelladung hat die Vor- teile, daß er ohne großen apparativen und zeitlichen Aufwand durchgeführt werden kann. So kann auf eine zeitaufwendige und ungenaue Zeta-Potential-Messung gänzlich verzichtet wer¬ den.

In vielen Fällen wird es ausreichend sein, für diesen Schnelltest zwei handelsübliche Gelatinen Typ A und B mit einem IEP von 9,5 bzw. 3,5 mit Peptidanteilen <30 % und ei¬ ner Bloomzahl von 200, die weiterhin als Standardgelatinen bezeichnet werden, bei einem pH-Wert von 6 in die Solform zu überführen (5%ige wäßrige Lösung) und den Arzneistoff in einem mit Wasser mischbaren Lösungsmittel, wie z. B. Ethanol, Isopropanol oder Aceton, zu lösen und jeweils mit den Gelatinelösungen homogen zu mischen. Bei gleicher Dosie¬ rung des Arzneistoffs wird sich bei der in ihrem Ladungszu- stand nicht geeigneten Gelatine ein kolloidales System ent¬ weder nicht ausbilden oder sofort instabil werden bzw. der

Arzneistoff ausflocken. Sind die entstehenden Partikel nega¬ tiv geladen, werden sie eher von Gelatinelösung mit Typ A, der bei einem pH-Wert von 6 positiv geladen ist, stabili¬ siert als von der Lösung mit Gelatine Typ B; im Gegenteil wird in diesem Fall Typ B entweder kein kolloidales System ausbilden oder das System sofort destabilisieren. Das Aus¬ flocken der Teilchen läßt sich z. B. über eine einfache Trübungs-Messung verfolgen.

Bei diesem Schnelltest muß auf jeden Fall der Arbeits-pH-Be¬ reich beachtet werden. Man kann auch andere Gelatinen als Standard auswählen, sie müssen jedoch in ihrem IEP so ge¬ wählt werden, daß sie bei diesem pH-Wert entgegengesetzte Nettoladung tragen (siehe auch Fig.l). In den meisten Fällen werden die besagten Standardgelatinen Typ A und B für diesen Schnelltest ausreichen.

Ausgehend vom Ergebnis des Vorversuchs werden nun durch schrittweise Variation des IEP\'s durch Verwendung entsprechender Gelatinesorten und des pH-Wertes der Lösung in kleineren Bereichen (z. B. 0,1 pH-Schritte) die optimalen Bedingungen zur Bildung der Nanosole ermittelt. D.h. es muß das Stabilitätsoptimum, das durch den isoionischen Punkt (IIP) gekennzeichnet ist, gefunden werden, um eine ausrei- chende Stabilität für die genannten pharmazeutischen Anwen¬ dungen zu gewährleisten.

Es kann durchaus der Fall sein, daß eine im Sinne der Erfin¬ dung akzeptable Stabilität der Nanosole bereits in einem engeren pH-Bereich (ca. 0,5 Einheiten) um den isoionischen Punkt gefunden wird, so daß eine Einstellung dieses Punktes selbst nicht unbedingt notwendig ist. Andererseits können auch mehrere Gelatinen zu den gleichen, stabilen Ergebnissen führen. So kann beispielsweise (Beispiel 5) mit dem oralen Antidiabetikum Glibenclamid bei einem Gelatinetyp B mit ei¬ nem IEP von 5,5 das Stabilitätsoptimum bei einem pH-Wert von

3,2 liegen, während bei einem Gelatinetyp B mit einem IEP von 3,8 das Stabilitätsoptimum bei einem pH-Wert von 2,2 liegt.

Gekennzeichnet durch ein Stabilitätsmaximum, wurde in beiden Fällen der isoionische Punkt erreicht (die Abhängigkeit der Nettoladung vom pH-Wert und dem IEP muß nicht linear sein, da sie durch den pK s -Wert der vorhandenen COOH- bzw. NH^ - Gruppen gegeben ist).

In Abhängigkeit von der Herstellungsweise von Gelatine (Aus¬ maß des Abbaus des nativen Kollagens und saures bzw. alkali¬ sches Aufschlußverfahren) weist Gelatine vom Typ A oder Typ B ein charakteristisches Molekulargewichtsspektrum bzw. Mo- lekulargewichtsverteilung auf. In Tabelle 1 sind die Moleku¬ largewichtsverteilungen von verschiedenen Gelatinetypen bzw. von Kollagenhydrolysaten angegeben, sowie der prozentuale Anteil (Häufigkeit) einzelner Molekulargewichtsbereiche.

Tabelle 1

MolekulargewichtsVerteilung von verschiedenen bekannten Ge¬ latinetypen bzw. von bekannten Kollagenhydrolysaten

Man erkennt in den einzelnen Spalten deutlich das Überwiegen eines einzelnen Bereiches im Vergle \' -ich zu den übrigen Molekulargewichtsbereichen . derselben Gelatine. Dieser Be¬ reich stellt also das Maximum der Molekulargewichtsvertei¬ lung dar (es liegt z.B. bei der in der Abbildung aufgeführ¬ ten Gelatine Typ B bei 95 kD). Der Begriff des "Maximums der Molekulargewichtsverteilung" ist jedoch streng zu trennen von dem Begriff des "durchschnittlichen mittleren Molekular-

gewichts". Dieser Mittelwert liegt bei der erwähnten Gela¬ tine vom Typ B bei 165 kD.

Im Falle von S-Ibuprofen, insbesondere bei höherer Dosierung sind bevorzugt Gelatinesorten geeignet, die einen Anteil an rechtsdrehenden Aminosäuren unterhalb von 20% aufweisen und deren Maximum der Molekulargewichtsverteilung unterhalb 10 5 D liegt. Zur Tablettenherstellung, wie sie üblicherweise bei Schmerzmitteln im Vordergrund steht, eignen sich bevorzugt Gelatinesorten mit Bloomwerten von 0 - 50. Bei den genannten Gelatinen kann vorteilhafterweise ein Gewichtsverhältnis Ge¬ latine zu Wirkstoff von 0,5:1 bis 3:1 eingehalten werden.

Bei der Formulierung von Akut- bzw. Retardpräparaten macht der Pharmazeut einen grundsätzlichen Unterschied zwischen:

1. galenischer Zubereitung, d.h. einer Freisetzung des Arz¬ neistoffes, z.B. aus einer Tablette in zeitlich schnel¬ ler (Akutform) oder verlangsamter (Retardform) Weise;

und

2. dem arzneistoffspezifischen Resorptionsort, wie z.B. Ma¬ gen oder bestimmte Darmabschnitte.

Die erfindungsgemäßen Nanosole sind in der Lage, unabhängig von der galenischen Zubereitung, aufgrund ihrer speziellen Zusammensetzung, im gesamten gastrointestinalen Bereich re¬ sorbiert zu werden. Sie können daher vorteilhaft zu Akut- bzw. Retardarzneiformen weiterverarbeitet werden.

Die Herstellung der erfindungsgemäßen Matrix bzw. des Nano¬ sols erfolgt analog zu den o.g. Patentanmeldungen (11 AL2713 und 11 AL2703) angeführten Verfahren einschließlich der be- schriebenen Vortests, wobei in bevorzugten Ausfuhrungsformen die oben näher bezeichneten Gelatinesorten einzusetzen sind.

Die Nanosole können beispielsweise sprühgetrocknet werden, wobei ein Zusatz von PVP oder anderer Hilfsstoffe aus tech¬ nologischer Sicht grundsätzlich möglich ist.

Weiterhin können andere synthetische oder natürliche Makro¬ moleküle zugesetzt werden, sofern sie sich nicht störend auf die Resorption auswirken.

Bei der Formulierung von Akut- bzw. Retardpräparaten macht der Pharmazeut einen grundsätzlichen Unterschied zwischen:

1. galenischer Zubereitung, d.h. einer Freisetzung des Arz¬ neistoffes, z.B. aus einer Tablette in zeitlich schnel- 1er (Akutform) oder verlangsamter (Retardform) Weise;

und

2. dem arzneistoffspezifischen Resorptionsort, wie z.B. Ma- gen oder bestimmte Darmabschnitte.

Die erfindungsgemäßen Nanosole sind in der Lage, unabhängig von der galenischen Zubereitung, aufgrund ihrer speziellen Zusammensetzung, im gesamten gastrointestinalen Bereich re- sorbiert zu werden. Sie können daher vorteilhaft zu Akut¬ bzw. Retardarzneiformen weiterverarbeitet werden.

Folgende Beispiele sollen die vorliegende Erfindung näher erläutern:

Alle Arbeiten mit Indometacin oder Acemetacin sind unter Lichtschutz durchzuführen.

Beispiel 1 :

Wirkstoff: Indometacin, Wirkstoffsäure Gelatinetyp: Typ B (IEP 5,2), 340 Bloo , Herstellung

Beispiel II

Nanosol-Herstellung: analog Verfahren II

Gewichtsverhältnis Gelatine/Wirkstoff: 6:1

Der Arbeits-pH-Bereich liegt unterhalb des pKg-Wertes von 4,5.

600 g obiger Gelatine werden in 10 1 deεt. Wasser bei 55°C gelöst.

100 g Indometacin werden in der Gelatinelösung suspendiert. Natronlauge wird zugegeben, sodaß der pH-Wert im Bereich von 7 - 8 eingestellt wird. Es wird solange weitergerührt, bis eine klare Lösung entsteht.

Danach wird durch Zugabe von Salzsäure auf pH 3,1 einge¬ stellt, wobei sich das Nanosol bildet.

Durch anschließende Sprühtrocknung wird das Wasser entzogen. Das Nanosol-Pulver wird auf einer Exzenterpresse zu Retardtabletten mit jeweils 75 mg Indometacingehalt ver¬ preßt. Die Tabletten werden nicht magensaftresistent überzo¬ gen.

Beispiel 2:

Wirkstoff: Indometacin, Wirkstoffsäure Gelatinetyp: Typ B (IEP 5,2), 310 Bloom, Herstellung

Beispiel II, jedoch vollentsalzt

Nanosol-Herstellung: analog Verfahren III

Gewichtsverhältnis Gelatine/Wirkstoff: 10:1

600 g obiger Gelatine werden in 10 1 dest. Wasser bei 55°C gelöst. Der pH-Wert wird durch Säurezugabe auf 3,1 einge¬ stellt.

60 g Indometacin werden 0,5 1 Isopropanol gelöst. Beide Lö¬ sungen werden vereinigt, wobei sich das Nanosol bildet. Nach Entfernung des organischen Lösungsmittels im Vakuum wird durch Sprühtrocknung das Wasser entfernt.

Teilchengrößenmessung der Nanosolpartikel ergeben durch¬ schnittliche Teilchengrößen von 280 nm.

Das Pulver wird nach Trockengranulierung zu Matrixtabletten mit einem Gehalt von 75 mg Indometacin auf einer Exzenter¬ presse komprimiert.

Beispiel 3:

Die in Beispiel 2 hergestellten Tablettten werden in einer Dissolutiontestapparatur nach USP (0-120 Min. Magensaft pH 1,2; ab 120 Min. Darmsaft pH 6,5 , 750 ml Prüfmedium, paddle, 50 rpm, 37°C) geprüft. Die pH-unabhängige Freigabe der Nanosol-Matrixtablette erfolgt kontinuierlich innerhalb von 10 Stunden zu 100%.