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Title:
STARCH DERIVATIVES, STARCH ACTIVE SUBSTANCE CONJUGATES, METHOD FOR THE PRODUCTION THEREOF AND THEIR USE AS MEDICAMENTS
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2003/070772
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to starch derivatives of formula (I), in which: X represents a bromine or iodine atom; R' represents a straight-chain or branched alkyl group, aryl group or aralkyl group, and; R-CO- represents an oxidized substituted or unsubstituted starch radical that is oxidized on the reducing terminal group to form a carboxylic acid. Starch derivatives of formula (I) can selectively couple to active substances containing SH groups and have a prolonged half-life period in the human body. The invention also relates to coupling products of compound (I) with active substances, to methods for the production thereof, and to their use as medicaments.

Inventors:
SOMMERMEYER KLAUS (DE)
Application Number:
PCT/EP2003/001716
Publication Date:
August 28, 2003
Filing Date:
February 20, 2003
Export Citation:
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Assignee:
SUPRAMOL PARENTERAL COLLOIDS (DE)
SOMMERMEYER KLAUS (DE)
International Classes:
A61K45/00; A61K47/48; A61P5/00; A61P31/00; C08B31/00; (IPC1-7): C08B31/00; A61K31/718; A61K47/36
Foreign References:
DE10135694A12003-02-06
FR2600897A11988-01-08
DE19628705A11998-01-15
Attorney, Agent or Firm:
Luderschmidt, Wolfgang (Wiesbaden, DE)
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Claims:
Patentansprüche
1. Stärkederivate der Formel (I) wobei X ein Brom oder Iodatom bedeutet, R"eine geradkettige oder verzweigte Alkyl, Aryloder Aralkylgruppe bedeutet und RCOeinen oxidierten substituierten oder unsubstituierten Stärkerest bedeutet, der an der reduzierenden Endgruppe zu einer Carbonsäure oxidiert ist.
2. Stärkederivate nach Anspruch 1, wobei R"eine Gruppe der Formel (CH2) n ist und n eine ganze Zahl von 1 bis 10 bedeutet.
3. Stärkederivate nach Anspruch 1 oder 2, wobei der Rest RCOein zur Carbonsäure oxidierter Hydroxyethylstärkerest ist, der ein Molekulargewicht Mw von 2.000 bis 1.000. 000 D aufweist.
4. Stärkederivate nach Anspruch 1 oder 2, wobei der Rest RCOein zur Carbonsäure oxidierter Hydroxyethylstärkerest ist, der ein Molekulargewicht Mw von 5.000 bis 500.000 D aufweist.
5. 5 Stärkederivate nach Anspruch 1 oder 2, wobei der Rest RCOein zur Carbonsäure oxidierter Hydroxyethylstärkerest ist, der ein Molekulargewicht Mw von 8.000 bis 250.000 D aufweist.
6. Stärkederivate nach Anspruch 15, wobei der Rest RCOein zur Carbonsäure oxidierter Hydroxyethylstärkerest ist, der einen Substitutionsgrad MS von 0,1 bis 0,8 aufweist.
7. Stärkederivate nach Anspruch 15, wobei der Rest RCOein zur Carbonsäure oxidierter Hydroxyethylstärkerest ist, der einen Substitutionsgrad MS von 0,4 bis 0,7 aufweist.
8. Stärkederivate nach Anspruch 17, wobei der Rest RCOein zur Carbonsäure oxidierter Hydroxyethylstärkerest ist, der ein Verhältnis von C2 : C6 Substitution im Bereich von 212, bezogen auf die Hydroxyethylgruppen der Anhydroglucoseeinheiten, aufweist.
9. Stärkederivate nach Anspruch 17, wobei der Rest RCOein zur Carbonsäure oxidierter Hydroxyethylstärkerest ist, der ein Verhältnis von C2 : C6 Substitution im Bereich von 311, bezogen auf die Hydroxyethylgruppen der Anhydroglucoseeinheiten, aufweist.
10. StärkeWirkstoffKonjugate der Formel (II) wobei R"eine geradkettige oder verzweigte Alkyl, Aryloder Aralkylgruppe bedeutet, RCOeinen oxidierten substituierten oder unsubstituierten Stärkerest bedeutet, der an der reduzierenden Endgruppe zu einer Carbonsäure oxidiert ist, und R'der Rest eines Wirkstoffs ist.
11. StärkeWirkstoffKonjugate nach Anspruch 10, wobei R"eine Gruppe der Formel (CH2) n ist und n eine ganze Zahl von 1 bis 10 bedeutet.
12. StärkeWirkstoffKonjugate nach Anspruch 10 oder 11, wobei der Rest RCOein zur Carbonsäure oxidierter Hydroxyethylstärkerest ist, der ein Molekulargewicht Mw von 2.000 bis 1.000. 000 D aufweist.
13. StärkeWirkstoffKonjugate nach Anspruch 10 oder 11, wobei der Rest RCOein zur Carbonsäure oxidierter Hydroxyethylstärkerest ist, der ein Molekulargewicht Mw von 5.000 bis 500.000 D aufweist.
14. StärkeWirkstoffKonjugate nach Anspruch 10 oder 11, wobei der Rest RCOein zur Carbonsäure oxidierter Hydroxyethylstärkerest ist, der ein Molekulargewicht Mw von 8.000 bis 250.000 D aufweist.
15. StärkeWirkstoffKonjugate nach Anspruch 10 14, wobei der Rest RCOein zur Carbonsäure oxidierter Hydroxyethylstärkerest ist, der einen Substitutionsgrad MS von 0,1 bis 0,8 aufweist.
16. StärkeWirkstoffKonjugate nach Anspruch 10 14, wobei der Rest RCOein zur Carbonsäure oxidierter Hydroxyethylstärkerest ist, der einen Substitutionsgrad MS von 0,4 bis 0,7 aufweist.
17. StärkeWirkstoffKonjugate nach Anspruch 10 16, wobei der Rest RCOein zur Carbonsäure oxidierter Hydroxyethylstärkerest ist, der ein Verhältnis von C2 : C6 Substitution im Bereich von 212, bezogen auf die Hydroxyethylgruppen der Anhydroglucoseeinheiten, aufweist.
18. StärkeWirkstoffKonjugate nach Anspruch 10 16, wobei der Rest RCOein zur Carbonsäure oxidierter Hydroxyethylstärkerest ist, der ein Verhältnis von C2 : C6 Substitution im Bereich von 311, bezogen auf die Hydroxyethylgruppen der Anhydroglucoseeinheiten, aufweist.
19. StärkeWirkstoffKonjugate nach Anspruch 10 18, wobei der Wirkstoff ausgewählt ist aus einem Peptid, einem Protein, einem Antibiotikum, einer Nukleinsäure oder einem Hormon.
20. StärkeWirkstoffKonjugate nach Anspruch 19, wobei es sich bei dem Protein um einen Antikörper, ein AntikörperFabFragment oder ein AntikörperF (ab') 2 Fragment handelt.
21. StärkeWirkstoffKonjugate nach Anspruch 19, wobei es sich bei dem Protein um Erythropoetin handelt.
22. StärkeWirkstoffKonjugate nach Anspruch 19, wobei es sich bei dem Protein um ein Peptid oder Protein handelt, dem durch gezielte Mutagenese ein Cysteinrest eingefügt wurde.
23. StärkeWirkstoffKonjugate nach Anspruch 19, wobei es sich um einen Wirkstoff handelt, dem durch Umsetzung mit 2Iminothiolan eine SHFunktion eingefügt wurde.
24. StärkeWirkstoffKonjugate nach Anspruch 19, wobei es sich bei dem Wirkstoff um ein Cytokin handelt.
25. StärkeWirkstoffKonjugate nach Anspruch 24, wobei das Cytokin ausgewählt ist aus Interferon a 2a und Interferon a 2b.
26. Verfahren zur Herstellung von Stärke WirkstoffKonjugaten, dadurch gekennzeichnet, dass man a) die reduzierenden Endgruppen einer substituierten oder unsubstituierten Stärke zur Carboxyloder Lactongruppe oxidiert, b) die in Schritt a) hergestellte Carboxylgruppe bzw. das Lacton mit einem Diamin WN*NW wobei R"eine geradkettige oder verzweigte Alkyl, Aryloder Aralkylgruppe bedeutet, zu einer Verbindung der Formel (III) umsetzt wobei RCOeinen oxidierten substituierten oder unsubstituierten Stärkerest bedeutet, der an der reduzierenden Endgruppe zu einer Carbonsäure oxidiert ist, c) die Verbindung der Formel (III) mit einer Halogenessigsäure und 1Ethyl3 (3dimethylaminopropyl) carbodiimid als Aktivator zu einer Verbindung der Formel (I) umsetzt wobei X ein Brom oder Iodatom bedeutet, und d) die Verbindung der Formel (I) mit einem mindestens eine SHGruppe enthaltenden Wirkstoff R'SH zu einem StärkeWirkstoffKonjugat der allgemeinen Formel (II) umsetzt. wobei R'einen Wirkstoffrest darstellt.
27. Verfahren nach Anspruch 26, dadurch gekennzeichnet, dass R"eine Gruppe der Formel (CH2) n ist, wobei n eine ganze Zahl von 1 bis 10 bedeutet.
28. Verfahren nach Anspruch 26 oder 27, dadurch gekennzeichnet, dass die Umsetzung des Schrittes d) bei einem pHWert zwischen 6,5 und 8,5 durchgeführt wird.
29. Arzneimittel, umfassend ein StärkeWirkstoff Konjugat gemäß den Ansprüchen 1025.
30. Verwendung von StärkeWirkstoffKonjugaten gemäß den Ansprüchen 1025 zur Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung von Infektionskrankheiten.
31. Verwendung von StärkeWirkstoffKonjugaten gemäß den Ansprüchen 1025 zur Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung hormoneller Störungen.
Description:
Stärkederivate, Stärke-Wirkstoff-Konjugate, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung als Arzneimittel Die vorliegende Erfindung betrifft Stärkederivate, Konjugate aus solchen Stärkederivaten mit Wirkstoffen und ein Verfahren zu ihrer Herstellung. Ferner betrifft die Erfindung die Verwendung der Stärke-Wirkstoff- Konjugate als Arzneimittel.

Die Konjugation von pharmazeutischen Wirkstoffen wie therapeutischen Proteinen, Antibiotika, Nukleinsäuren, Cytokinen oder Hormonen mit Polyethylenglycol-Derivaten ("Pegylierung") ist eine weit verbreitete Methode (Francis G. E. et al., Polyethylene glycol modification in tumor tageting and cytokine therapy., J. Drug Targeting (1995), 3 : 321-340). Damit werden beispielsweise an sich wasserunlösliche Wirkstoffe in lösliche Derivate umgewandelt, die dann in die Blutbahn applizierbar sind.

Weiterhin ist es möglich, durch die Kopplung von Polyethylenglycol-Derivaten das Molekulargewicht von Wirkstoffen so zu erhöhen, dass die Filtration über die Niere nicht mehr möglich ist, d. h. dass die sogenannte Nierenschwelle überschritten wird und so die Plasma- Halbwertszeiten solcher Derivate erheblich im Vergleich zu den unkonjugierten Wirkstoffen verlängert werden.

Darüber hinaus lassen sich durch die Kopplung mit Polyethylenglycol-Derivaten die Antigenität von z. B.

Proteinen nicht menschlichen Ursprungs reduzieren, die ansonsten zu immunologischen Nebenwirkungen bei der Applikation führen würden.

Polyethylenglycol (PEG) hat jedoch den Nachteil, dass es ein nicht metabolisierbares Molekül ist und mit diesem derivatisierte Proteine auch zur Vakuolisierung der Niere führen können. Daher ist es von besonderem Interesse, Derivatisierungen von Wirkstoffen mit metabolisierbaren Polymeren durchzuführen, deren Abbau im Körper vorzugsweise steuerbar ist. Ein geeignetes Molekül hierfür ist Hydroxyethylstärke (HES), welche als Plasmaexpander in verschiedenen molekularen Spezifikationen seit langem breit eingesetzt wird (DE 196 28 705 A1).

HES weist auch bei Applikation in sehr hohen Dosen nur sehr selten und in sehr geringem Umfang Nebenwirkungen auf, verglichen mit anderen Plasmaexpandern, wie z. B.

Gelatine-Derivaten oder Dextranen, oder auch Humanalbumin.

Ein weithin ungelöstes Problem bei der Derivatisierung von Wirkstoffen ist jedoch die selektive Anbindung des Wirkstoffs an den Träger. Bei Proteinen ist es beispielsweise wünschenswert, die Kopplung an einen Träger in ausreichender Entfernung vom reaktiven Zentrum oder vom Rezeptor durchzuführen. Ansonsten kann die Aktivität herabgesetzt oder zerstört werden.

De 196 28 705 AI beschreibt ein Verfahren zur Anbindung von Hämoglobin an Hydroxyethylstärke. Allerdings findet die Anbindung relativ unselektiv über die zahlreichen freien Aminogruppen des Hämoglobins statt.

In Anbetracht des diskutierten Standes der Technik lag der Erfindung die Aufgabe zugrunde, Stärkederivate zur Verfügung zu stellen, die möglichst selektiv an einen Wirkstoff binden.

Ferner sollte ein solches Stärkederivat so beschaffen sein, dass eine möglichst quantitative Anbindung eines Wirkstoffes durch kovalente Bindung an dieses Stärkederivat stattfindet.

Der Erfindung lag weiterhin die Aufgabe zugrunde, Stärkederivate zur Verfügung zu stellen, deren Abbauverhalten im Organismus steuerbar ist.

Insbesondere sollten die Stärkederivate derart beschaffen sein, dass sie die Nierenschwelle nicht passieren können und eine schnelle Ausscheidung verhindert wird. Im Ergebnis sollten die Stärkederivate eine verlängerte Halbwertzeit im Blutserum aufweisen.

Dennoch sollten die Stärkederivate innerhalb einer physiologisch vernünftigen Zeit restlos abbaubar sein.

Ebenso sollte das Löslichkeitsverhalten von Wirkstoffen in wässriger Phase und in organischen Lösungsmitteln durch ihre Anbindung an die benannten Stärkederivate in einem weiten Bereich gesteuert werden können.

Schließlich lag der Erfindung die Aufgabe zugrunde ein möglichst einfaches und kostengünstiges Verfahren zur Herstellung solcher Stärkederivate und ihrer Kopplungsprodukte mit Wirkstoffen zur Verfügung zu stellen.

Gelöst werden diese Aufgaben sowie weitere, die zwar nicht wörtlich genannt werden, sich aber aus den hierin diskutierten Zusammenhängen wie selbstverständlich ableiten lassen oder sich aus diesen zwangsläufig ergeben, mit den in Anspruch 1 beschriebenen Stärkederivaten. Zweckmäßige Abwandlungen dieser erfindungsgemäßen Stärkederivate werden in den auf Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüchen 2-9 unter Schutz gestellt.

In den Ansprüchen 10-25 werden Konjugate solcher Stärkederivate mit Wirkstoffen unter Schutz gestellt.

Hinsichtlich eines Verfahrens zur Herstellung der Stärke-Wirkstoff-Konjugate, bei dem man die genannten Stärkederivate als Zwischenprodukt erhält, liefern die Ansprüche 26-28 eine Lösung der zugrunde liegenden Aufgabe.

Die Ansprüche 29-31 beschreiben Arzneimittel, welche die erfindungsgemäßen Stärke-Wirkstoff-Konjugate umfassen und bevorzugte medizinische Verwendungen dieser Arzneimittel.

Durch die Bereitstellung von Verbindungen der Formel (I) wobei X ein Brom oder Iodatom bedeutet, R"eine geradkettige oder verzweigte Alkyl-, Aryl-oder Aralkylgruppe bedeutet und R-CO-einen oxidierten substituierten oder unsubstituierten Stärkerest bedeutet, der an der reduzierenden Endgruppe zu einer Carbonsäure oxidiert ist, gelingt es Stärkederivate zur Verfügung zu stellen, die äußerst selektiv an die SH- Funktionen von Wirkstoffen binden.

Weiterhin werden durch die erfindungsgemäße Verbindung die folgenden Vorteile erzielt : Durch die besondere Ausgestaltung der Stärkederivate wird verhindert, dass diese die Nierenschwelle passieren können, wodurch die Halbwertzeit des Wirkstoffs im Blutserum verlängert wird. Die Halbwertszeit beschreibt die Zeit, nach der die Hälfte des eingesetzten Wirkstoffs abgebaut oder ausgeschieden wurde.

Die Verbindungen der Formel (I) sind innerhalb einer physiologisch vernünftigen Zeit restlos abbaubar und weisen auf der anderen Seite dennoch ein steuerbares Eliminationsverhalten auf.

Derivate nach Anspruch 1 lassen sich generell von jeder Stärke herstellen, die eine zu einer Carbonsäure oxidierbare Gruppe aufweist. Vorzugsweise handelt es sich dabei um die reduzierende Endgruppe einer Stärke.

Es wurde gefunden, dass die zuvor genannten Eigenschaften der Verbindung (I) besonders gut erzielt werden können, wenn der oxidierte Stärkerest R-CO-ein Hydroxyethylstärkerest ist.

Ausgangsprodukte für die Gewinnung von Hydroxyethylstärke sind Stärken, die einen hohen Gehalt an Amylopektin, der hochverzweigten Komponente von Stärke, aufweisen, insbesondere Kartoffelstärke, Wachsmaisstärke, Sorghumstärke oder wachsartige Reisstärke.

Zur groben Voreinstellung des beabsichtigten Molekulargewichts werden diese Stärken einer hydrolytischen Abbaureaktion unterworfen. Dabei wird das Molekulargewicht von etwa 20.000. 000 Dalton auf mehrere Millionen Dalton reduziert.

Bei der anschließenden alkalischen Hydroxyethylierung mit bekannten Hydroxyethylierungsmitteln ist die Einführung einer Hydroxyethylgruppe in Position 2,3 und 6 der Anhydroglucoseeinheit möglich.

Disubstituierte Einheiten, wie 2,3- Dihydroxyethylanhydroglucose, 2,6- Dihydroxyethylanhydroglucose werden dabei mit geringerer Wahrscheinlichkeit bei der Synthese gebildet.

Für die Erfassung der Substitution durch Hydroxyethylgruppen existieren zwei unterschiedlich definierte Substitutionsgrade.

Der Substitutionsgrad MS (molar substitution) ist definiert als die durchschnittliche Anzahl von Hydroxyethylgruppen pro Anhydroglucoseeinheit. Er wird ermittelt aus der Gesamtanzahl der Hydroxyethylgruppen in einer Probe, beispielsweise nach Morgan, durch Ätherspaltung und anschließender quantitativer Bestimmung von Ethyliodid und Ethylen, die hierbei gebildet werden.

Hingegen ist der Substitutionsgrad DS (degree of substitution) definiert als der Anteil der substituierten Anhydroglucoseeinheiten aller Anhydroglucoseeinheiten. Ihn kann man bestimmen aus der gemessenen Menge der unsubstituierten Glucose nach Hydrolyse einer Probe. Aus diesen Definitionen ergibt sich, daß MS > DS. Für den Fall, daß nur Monosubstitution vorliegt, also jede substituierte Anhydroglucoseeinheit nur eine Hydroxyethylgruppe trägt, ist MS = DS.

Ein Hydroxyethylstärkerest innerhalb der Formel (I) der vorliegenden Erfindung weist bevorzugt einen Substitutionsgrad MS von 0,1 bis 0,8 auf. Besonders bevorzugt weist der Hydroxyethylstärkerest einen Substitutionsgrad MS von 0,4 bis 0,7 auf.

Die Reaktivität der einzelnen Hydroxygruppen in der unsubstituierten Anhydroglucoseeinheit gegenüber Hydroxyethylierung ist je nach Reaktionsbedingungen unterschiedlich. Innerhalb gewisser Grenzen ist dadurch das Substitutionsmuster, also die einzelnen, unterschiedlich substituierten Anhydroglucosen, die statistisch auf die einzelnen Polymermoleküle verteilt sind, beeinflußbar. Vorteilhaft werden überwiegend die C2-und die C6-Position hydroxyethyliert, wobei die C6- Position aufgrund ihrer leichteren Zugänglichkeit häufiger substituiert wird.

Vorzugsweise verwendet werden im Rahmen dieser Erfindung überwiegend in C2-Position substituierte Hydroxyethylstärken (HES), die möglichst homogen substituiert sind. Die Herstellung solcher HES wird in EP 0 402 724 B2 beschrieben. Sie sind innerhalb einer physiologisch vernünftigen Zeit restlos abbaubar und weisen auf der anderen Seite dennoch ein steuerbares Eliminationsverhalten auf. Die überwiegende C2- Substitution macht die Hydroxyethylstärke relativ schwierig abbaubar für a-Amylase. Es ist von Vorteil, daß möglichst keine innerhalb der Polymermoleküle hintereinander substituieren Anhydroglucoseeinheiten auftreten, um die restlose Abbaubarkeit zu gewährleisten. Weiterhin besitzen solche Hydroxyethylstärken trotz der niedrigen Substitution eine ausreichend hohe Löslichkeit in wässrigem Medium, so daß die Lösungen auch über längere Zeiträume stabil sind und sich keine Agglomerate bzw. Gele bilden.

Bezogen auf die Hydroxyethylgruppen der Anhydroglucoseeinheiten weist ein Hydroxyethylstärkerest innerhalb der Formel (I) der vorliegenden Erfindung bevorzugt ein Verhältnis von C2 : C6-Substitution im Bereich von 2 bis 12 auf.

Besonders bevorzugt beträgt das Verhältnis von C2 : C6- Substitution 3 bis 11.

Zur Kopplung mit einem Wirkstoff werden Hydroxyethylstärken (HES) bevorzugt an ihrem reduzierenden Ende zur Carbonsäure bzw. zum Lacton oxidiert. De 196 28 705 AI beschreibt ein Verfahren, in dem HES mit Iod/Kaliumhydroxid am reduzierenden Ende oxidiert wird. Eine anschließende Kopplung an einen Wirkstoff kann über die erhaltene Säurefunktion erfolgen.

Der Rest R-CO-in der erfindungsgemäßen Verbindung der Formel (I) bezeichnet in der bevorzugten Ausgestaltung einen oxidierten Hydroxyethylstärkerest, der an der reduzierenden Endgruppe auf die beschriebene Art und Weise zu einer Carbonsäure oxidiert ist.

Bedingt durch den Einsatz des natürlichen Ausgangsrohstoffes Amylopektin sowie durch das Herstellungsverfahren, bei dem im gewissen Umfang eine Spaltung der Polymerketten notwendig ist, liegt Hydroxyethylstärke nicht als molekulareinheitliche Substanz mit definiertem Molekulargewicht vor, sondern als Gemisch von Molekülen unterschiedlicher Größe, die auch verschieden durch Hydroxyethylgruppen substituiert sind. Die Charakterisierung solcher Gemische bedarf der Zuhilfenahme statistisch gemittelter Größen (vgl. K.

Sommermeyer et. al., "Klinisch verwendete Hydroxyethylstärke : Physikalisch-chemische Charakterisierung", Krankenhauspharmazie, 271 (1987)).

Zur Kennzeichnung des durchschnittlichen Molekulargewichts dient daher das gemittelte Molekulargewicht Mw. Die allgemeine Definition dieses Mittelwerts lautet : Ein Hydroxyethylstärkerest R-CO-innerhalb der Formel (I) der vorliegenden Erfindung besitzt bevorzugt ein mittleres Molekulargewicht Mw von 2.000 bis 1.000. 000 D (bestimmt mit Gelpermeationschromatographie). Noch mehr bevorzugt beträgt das mittlere Molekulargewicht Mw 5.000 bis 500.000 D und am meisten bevorzugt 8.000 bis 250.000 D.

Die Gruppe R"in der Verbindung (I) kann sowohl gesättigte als auch ungesättigte Bindungen enthalten.

Ein Alkyl-, Arylrest oder Aralkylrest als R"kann ebenso weitere Substituenten enthalten, wie z. B. Alkyl- , Aryl-, Aralkyl-, Halogen-, Carbonyl-, Acyl-, Carboxyl-, Carboxylester-, Hydroxy, Thiol-, Alkoxy- und/oder Alkylthiosubstituenten. In einer bevorzugten Ausführungsform ist R"eine Gruppe der Formel (CH2) n, wobei n eine ganze Zahl von 1 bis 10 bedeutet.

Besonders bevorzugt ist R"eine Ethylen-, Propylen-, Butylen-, Pentamethylen-, Hexamethylen-oder Oktamethylengruppe.

Die Erfindung betrifft ebenfalls Stärke-Wirkstoff- Konjugate der allgemeinen Formel (II) wobei R"eine geradkettige oder verzweigte Alkyl-, Aryl-oder Aralkylgruppe bedeutet, R-CO-einen oxidierten substituierten oder unsubstituierten Stärkerest bedeutet, der an der reduzierenden Endgruppe zu einer Carbonsäure oxidiert ist, und R'der Rest eines Wirkstoffs ist.

Die Stärke-Wirkstoff-Konjugate der Formel (II) sind Kopplungsprodukte aus den zuvor beschriebenen Verbindungen der Formel (I) und einem Wirkstoff, welcher mindestens eine SH-Gruppe enthält. Die Reste R-CO-und R"haben die selben Bedeutungen wie bereits zuvor anhand der Formel (I) erläutert.

Bevorzugte Wirkstoffe R'-SH, die als Rest R'-S-in den Verbindungen der Formel (II) enthalten sind, sind ausgewählt aus einem Peptid, einem Protein, einem Antibiotikum, einer Nukleinsäure, oder einem Hormon.

Voraussetzung ist, dass diese Verbindungen mindestens eine SH-Gruppe enthalten.

Es kann sich ebenso um ein Protein oder Petid handeln, dem ein Cysteinrest durch gezielte Mutagenese eingeführt wurde. Sofern in Proteinen oder Peptiden keine SH-Gruppen vorhanden sind, können im Rahmen der vorliegenden Erfindung sogenannte Cysteinmuteine von therapeutischen Proteinen verwendet werden, bei denen durch gentechnisch gezielte Mutagenese ein Austausch bzw. eine Einführung von Cysteinresten gezielt durchgeführt wurde. Ein solcher Austausch ist der Fachwelt bekannt und u. a. beschrieben in : A. Bendele et al., Short Communication : Renal Tubular Vacuolation in Animals Treaded with Polyethylene-Glycol conjugated Proteins, Toxicological Sciences 42,152-157 (1998).

Ebenso können SH-Funktionen in Wirkstoffe, die eine primäre Aminogruppe tragen, durch Umsetzung mit 2- Iminothiolan (Trauts-Reagenz) eingeführt werden, bevor man die Wirkstoffe mit Verbindungen der Formel (I) umsetzt. Die Einführung von SH-Funktionen in Wirkstoffe, wie z. B. in Proteine, mittels dieser Methode ist der Fachwelt allgemein bekannt.

Bevorzugte Wirkstoff-Proteine sind therapeutische Antikörper, Antikörper-Fab-Fragmente oder Antikörper- F (ab') 2-Fragmente. Solche Antikörper Fragmente sind wegen ihres relativ kleinen Molekulargewichts leicht nierengängig und können durch die Derivatisierung mit Stärke in ihrer Serum-Halbwertszeit verlängert werden.

Ebenso wurde im Rahmen der vorliegenden Erfindung festgestellt, dass der hydrolytische Abbau der Antikörper bzw. der Antikörperfragmente durch Proteasen mit Hilfe der Derivatisierung mit Hydroxyethylstärke verringert werden kann.

In weiteren bevorzugten Ausführungsformen handelt es sich bei dem Wirkstoff um ein Cytokin, insbesondere um ein Interferon a 2a oder ein Interferon a 2b, oder um Erytropoetin.

Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wurde festgestellt, dass die Löslichkeit eines Wirstoffs im wäßrigen Medium beeinflusst werden kann, wenn man diesen an eine Verbindung der Formel (I) koppelt und in ein Stärke-Wirkstoff-Konjugat der Formel (II) überführt.

Im Rahmen der Erfindung wurde ebenfalls festgestellt, dass die Löslichkeit eines Proteins oder Enzyms in organischen Lösungsmitteln erhöht werden kann, wenn man das Protein oder Enzym an eine Verbindung der Formel (I) koppelt und in ein Stärke-Wirkstoff-Konjugat der Formel (II) überführt. Bevorzugte aprotische Lösungsmitteln sind Dimethylformamid, Dimethylsulfoxid oder Dimethylacetamid.

Die vorliegende Erfindung betrifft in einem weiteren Aspekt ebenso ein Verfahren zur Herstellung der vorangehend beschriebenen Stärke-Wirkstoff-Konjugate der Formel (II). Als Zwischenprodukt dieses Verfahrens wird das eingangs beschriebene Stärkederivat der Formel (I) erhalten. Das Verfahren ist durch folgende Schritte gekennzeichnet : a) Zunächst werden die reduzierenden Endgruppen einer substituierten oder unsubstituierten Stärke selektiv zur Carboxyl-oder Lactongruppe oxidiert.

Bevorzugt wird Hydroxyethylstärke eingesetzt. Die Oxidation kann beispielsweise mit Iod/Kaliumhydroxid entsprechend DE 196 28 705 AI erfolgen. b) Die in Schritt a) erhaltene oxidierte Stärke oder Hydroxyethylstärke wird an ihrer Carboxylgruppe oder Lactongruppe mit einem Diamin H2N-R'-NH2 umgesetzt, wobei R"einen Alkyl-, Aryl-oder Aralkylrest bedeutet, welcher verzweigt oder unverzweigt sein kann. Ebenso können die genannte Reste sowohl gesättigte als auch ungesättigte Bindungen enthalten. Ein Alkylrest, Arylrest oder Aralkylrest kann ebenso weitere Substituenten enthalten, wie z. B.

Alkyl-, Aryl-, Aralkyl-, Halogen-, Carbonyl-, Acyl-, Carboxyl-, Carboxylester-, Hydroxy, Thiol-, Alkoxy- und/oder Alkylthiosubstituenten.

Vorzugsweise ist R"ein unverzweigter gesättigter Alkylrest (CH2) n, wobei n eine ganze Zahl von 2 bis 10 bedeutet. Besonders bevorzugte Verbindungen sind Ethylendiamin, 1,3-Diaminopropan, 1,4-Diaminobutan, 1,5-Diaminopentan, 1,6-Diaminohexan und 1,8- Diaminooktan.

Durch die Umsetzung der oxidierten substituierten oder unsubstituierten Stärke mit dem zuvor beschriebenen Diamin erhält man eine Verbindung der Formel (III) in der R-CO-einen, wie schon eingangs anhand der Formel (I) beschriebenen, oxidierten substituierten oder unsubstituierten Stärkerest darstellt, der an der reduzierenden Endgruppe zu einer Carbonsäure oxidiert ist. c) Die Verbindung der Formel (III) wird mit einer Halogenessigsäure und 1-Ethyl-3- (3-dimethylaminopropyl) carbodiimid als Aktivator zu einer Verbindung der Formel (I) umgesetzt bei der X ein Brom oder Iodatom bedeutet. d) Schließlich wird die Verbindung der Formel (I) mit einem Wirkstoff mit mindestens einem Thiolrest R'-SH zu einem Stärke-Wirkstoff-Konjugat der allgemeinen Formel (II) umgesetzt. wobei R'einen Wirkstoffrest darstellt.

Es wurde gefunden, dass unter neutralen bis leicht alkalischen Bedingungen die Thiolgruppe eines Wirkstoffs schneller als andere reaktive Gruppen mit Verbindungen der Formel (I) reagiert. Vorzugsweise beträgt der pH-Wert 6,5-8, 5. Unter diesen Bedingungen findet eine Deprotonierung der Thiolgruppe zum Thiolation statt, welches besonders reaktiv ist und selektiv mit Verbindungen der Formel. (I) reagiert.

Es wurde festgestellt, dass mit dem voranstehend beschriebenen Verfahren die Derivatisierung eines Wirkstoffs durch Kopplung an eine Stärke äußerst selektiv durchgeführt werden kann. Selektiv bedeutet in diesem Fall, dass ein Wirkstoff im wesentlichen nur über seine Thiolgruppen mit Verbindungen der Formel (I) reagiert und dass die Kopplung zum Stärke-Wirkstoff- Konjugat im wesentlichen nur über Thioetherbindungen stattfindet.

Besonders bevorzugt wird das Kopplungsverfahren mit SH- Gruppen enthaltenden Peptiden oder Proteinen durchgeführt. Dabei ist eine Reaktion der Verbindung (I) auch mit SS-Gruppen eines Proteins oder Peptids möglich, nachdem diese in SH-Gruppen überführt wurden.

Die Ausbeuten der Umsetzung von Verbindungen der Formel (I) mit einem SH-Gruppen enthaltenden Peptid oder Protein betragen je nach Molekulargewicht des Proteins oder Peptids und der Anzahl der SH-oder SS-Gruppen zwischen 20% und 90%. Im günstigen Fall ist demzufolge eine weitgehend quantitative Kopplung eines Wirkstoffs an den Stärketräger erreichbar.

Es ist ebenso möglich, ein Zwischenprodukt der Formel (III) in Schritt c) des oben beschriebenen Verfahrens statt mit einer Halogenessigsäure mit anderen gebräuchlichen Vernetzungsmitteln umzusetzen. In diesem Fall reagiert eine funktionelle Gruppe des Vernetzungsmittels mit der primären Aminogruppe der Verbindung (III). Im folgenden Schritt reagiert eine der übrigen funktionellen Gruppen des Vernetzungsmittels mit einer funktionellen Gruppe eines Wirkstoffes, vorzugsweise mit einer SH-Gruppe, wodurch ein Stärke-Wirkstoff-Konjugat gebildet wird.

Gebräuchliche Vernetzungsmittel sind z. B. bifunktionelle Vernetzungsmittel mit a-co-endständigen gleichartigen oder verschiedenen funktionellen Gruppen.

Eine Übersicht über solche Vernetzungsmittel ist im Katalog der Firma Perbio (2001/2002) zu finden.

Weiterhin ist es möglich und für den Fachmann selbstverständlich, einen eingangs beschriebenen Stärkerest oder Hydroxyethylstärkerest, der an der reduzierenden Endgruppe zu einer Carbonsäure oxidiert ist, direkt mit einem der oben beschriebenen gebräuchlichen Vernetzungsmittel umzusetzen. In diesem Fall reagiert eine funktionelle Gruppe des Vernetzungsmittels mit der Carboxylgruppe der oxidierten Stärke bzw. Hydroxyethylstärke. Im folgenden Schritt reagiert eine der übrigen funktionellen Gruppen des Vernetzungsmittels mit einer funktionellen Gruppe eines Wirkstoffes, vorzugsweise mit einer SH-Gruppe, wodurch ein Stärke-Wirkstoff-Konjugat gebildet wird.

Gemäß einem Aspekt der vorliegenden Erfindung werden die zuvor beschriebenen Stärkederivate von Wirkstoffen zur Herstellung eines Arzneimittels verwendet.

Vorzugsweise handelt es sich dabei um ein Arzneimittel zur Behandlung von Infektionskrankheiten oder hormoneller Störungen. In diesem Zusammenhang kann ein solches Arzneimittel übliche pharmazeutische Hilfsstoffe enthalten.

Nachfolgend wird die Erfindung durch ein Beispiel beschrieben, ohne dass die Erfindung auf dieses beschränkt werden soll.

Beispiel 1 : 10 g analog DE 196 28 705 AI hergestelltes Konjugat aus oxidierter Hydroxyethylstärke mit einem mittleren Molekulargewichtes Mw von 40.000 und einem Substitutionsgrad MS von 0,2 wurden zusammen mit Ethylendiamin in 50 ml destilliertem Wasser gelöst. 0,2 g Bromessigsäure wurden in 5 ml destilliertem Wasser gelöst, der pH-Wert mit 0,01 normaler Natronlauge auf 4,5 eingestellt und diese Lösung zu der oben beschriebenen aminofunktionalisierten Hydroxyethylärke gegeben. Während des Rührens wurden 0,1 g 1-Ethyl-3- (3- dimethylaminopropyl) carbodiimid zur Reaktionsmischung gegeben, und der pH-Wert für eine Stunde durch Zugabe von 0,01 normaler Salzsäure und anschließend 0,01 normaler Natronlauge bei 4,5 gehalten. Nach weiteren 2 Stunden Reaktionszeit wurde das Reaktionsprodukt ultrafiltriert und danach mit Ethanol gefällt und gewaschen und unter Lichtschutz im Vakuum getrocknet.