Login| Sign Up| Help| Contact|

Patent Searching and Data


Title:
SUPPLY OF SUBSTANCES UPSTREAM OF THE HAEMODIALYSIS MEMBRANE, E.G. OF ACETYLCYSTEINE, IN DIALYSIS METHODS FOR REMOVING PROTEIN-BONDED TOXINS FROM THE BLOOD
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2013/004776
Kind Code:
A1
Abstract:
The present invention relates to cysteine derivatives for use in a method for dialysis by means of a dialyser for mass transfer, in particular for haemodialysis, haemofiltration or haemodiafiltration, characterized in that, after removing the blood to be cleaned from the patient and before starting to pass it through the dialyser, a cysteine derivative or a salt thereof is added.

Inventors:
TEPEL MARTIN (DK)
Application Number:
PCT/EP2012/063112
Publication Date:
January 10, 2013
Filing Date:
July 05, 2012
Export Citation:
Click for automatic bibliography generation   Help
Assignee:
CHARITE UNIVERSITAETSMEDIZIN (DE)
TEPEL MARTIN (DK)
International Classes:
A61K31/198; A61M1/16; A61P13/00
Other References:
ALEXANDRA SCHOLZE ET AL: "Acetylcysteine Reduces Plasma Homocysteine Concentration and Improves Pulse Pressure and Endothelial Function in Patients With End-Stage Renal Failure", CIRCULATION, LIPPINCOT WILLIAMS AND WILKINS, BALTIMORE, US, vol. 109, 19 January 2004 (2004-01-19), pages 369 - 374, XP007903732, ISSN: 1524-4539, DOI: 10.1161/01.CIR.0000109492.65802.AD
THAHA MOCHAMMAD ET AL: "Intravenous N-acetylcysteine during haemodialysis reduces the plasma concentration of homocysteine in patients with end-stage renal disease", CLINICAL DRUG INVESTIGATION, ADIS INTERNATIONAL, AUCKLAND, NZ, vol. 26, no. 4, 1 January 2006 (2006-01-01), pages 195 - 202, XP009093438, ISSN: 1173-2563, DOI: 10.2165/00044011-200626040-00003
HULTBERG B ET AL: "Plasma homocysteine and thiol compound fractions after oral administration of N-acetylcysteine", SCANDINAVIAN JOURNAL OF CLINICAL AND LABORATORY INVESTIGATION, vol. 54, no. 6, 1994, pages 417 - 422, XP009163165, ISSN: 0036-5513
Attorney, Agent or Firm:
GULDE HENGELHAUPT ZIEBIG & SCHNEIDER (DE)
Download PDF:
Claims:
Patentansprüche: 1. Cystein-Derivat oder ein Salz davon zur Verwendung in einem Verfahren zur Dialyse mittels eines Dialysators zum Stoffaustausch, insbesondere zur Hämodialyse, Hämofiltration oder Hämodiafiltration, dadurch gekennzeichnet, dass dem zu reinigenden Blut nach der Entnahme vom Patienten und vor dem Beginn der Passage durch den Dialysator ein Cystein-Derivat oder ein Salz davon zugesetzt wird.

2. Cystein-Derivat nach Anspruch 1 , wobei das Cystein-Derivat Acetylcystein, N,N-Bis- Acetylcystein, Bis-Acetylglycylcystein, Glutathion-Disulfid, Coenzym A-Glutathion-Disulfid oder L-Thiazolidincarbonsäure-(4) oder ein Salz davon ist. 3. Cystein-Derivat nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Cystein- Derivat dem zu reinigende Blut zugesetzt wird, so dass das zu reinigende Blut zu Beginn der Passage durch den Dialysator eine Konzentration an dem Cystein-Derivat aufweist die geeignet ist ein Urämie-Toxin aus der Plasmaproteinbindung zu verdrängen, bevorzugt die geeignet ist Homocystein aus der Bindung an Albumin zu verdrängen.

4. Cystein-Derivat nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei Acetylcystein oder ein Salz davon dem zu reinigenden Blut derart zugesetzt wird, dass das zu reinigende Blut zu Beginn der Passage durch den Dialysator eine Konzentration an Acetylcystein aufweist von > 0.06 mM, bevorzugt von > 0.6 mM.

5. Cystein-Derivat nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei dem zu reinigenden Blut Acetylcystein in Form einer 5%-igen Glukoselösung zugesetzt wird enthaltend 30 - 150 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht des zu behandelnden Patienten, bevorzugt 50 - 120 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht, besonders bevorzugt 60 - 80 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht.

6. Cystein-Derivat nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Cystein- Derivat dem zu reinigenden Blut über die gesamte Dauer einer Dialysebehandlung zugesetzt wird.

7. Cystein-Derivat nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei dem zu reinigenden Blut über die gesamte Dauer einer Dialysebehandlung 200 ml einer 5%-igen Glukoselösung zugesetzt wird enthaltend 30 - 150 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht des zu behandelnden Patienten, bevorzugt 50 - 120 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht, besonders bevorzugt 60 - 80 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht.

8. Verfahren zum Betrieb eines Dialysegerätes, dadurch gekennzeichnet, dass dem zu reinigenden Blut im extrakorporalen Blutkreislauf des Dialysegerätes nach der Entnahme vom Patienten und vor dem Beginn der Passage des zu reinigenden Blutes durch den Dialysator ein Cystein-Derivat zugesetzt wird.

9. Verfahren nach Anspruch 8, wobei das Cystein-Derivat dem zu reinigende Blut derart zugesetzt wird, dass das zu reinigende Blut zu Beginn der Passage durch den Dialysator eine Konzentration an Cystein-Derivat oder einem Salz davon aufweist, die geeignet ist ein Urämie-Toxin aus der Plasmaproteinbindung zu verdrängen, bevorzugt die geeignet ist Homocystein aus der Bindung an Albumin zu verdrängen.

10. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 oder 9, wobei dem zu reinigenden Blut Acetylcystein oder ein Salz davon derart zugesetzt wird, dass das zu reinigende Blut zu Beginn der Passage durch den Dialysator eine Konzentration an Acetylcystein aufweist von > 0.06 mM, bevorzugt von 0.6 mM.

1 1. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 oder 10, wobei dem zu reinigenden Blut eine 5%-ige Glukoselösung zugesetzt wird enthaltend 30 - 150 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht des zu behandelnden Patienten, bevorzugt 50 - 120 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht, besonders bevorzugt 60 - 80 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht.

12. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 bis 11 , wobei das Cystein-Derivat dem zu reinigenden Blut über die gesamte Dauer einer Dialysebehandlung zugesetzt wird.

13. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 bis 12, wobei dem zu reinigenden Blut über die gesamte Dauer einer Dialysebehandlung 200ml einer 5%-igen Glukoselösung zugesetzt wird enthaltend 30 - 150 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht des zu behandelnden Patienten, bevorzugt 50 - 120 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht, besonders bevorzugt 60 - 80 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht.

Description:
Zufuhr von Substanzen vor der Hämodialysemembran, z.B. von Acetylcystein, in Dialyseverfahren zur Entfernung proteingebundener Toxine aus dem Blut

Primäre Aufgabe der Nieren ist die Ausscheidung harnpflichtiger Substanzen, sogenannten Urämie-Toxinen. Nieren chronisch-niereninsuffizienter Patienten können diese Aufgaben nicht mehr erfüllen, was im unbehandelten Zustand rasch zur Vergiftung des Patienten und somit zum Tod führen würde. Die Dialyse ist das Instrument der Wahl zur Linderung der akuten Erkrankung und zur zeitlichen Überbrückung bis ein geeignetes Spenderorgan zur Verfügung steht.

Die Dialyse beruht auf dem Prinzip des Stoffaustauschs durch Filtration. Dabei wirken die derzeit verwendeten Membranen als reine Filtermembranen und sorgen dafür, dass dem zu reinigenden Blut Stoffe entzogen werden, die eine bestimmte Größe nicht überschreiten. Derzeit gebräuchliche Dialysemembranen haben eine Ausschlussgrenze von beispielsweise 10.000-17.000 Da. Durch die derzeit angewandten Dialysetechniken ist aber im Regelfall eine vollständige Abtrennung der Urämie-Toxine nicht möglich, da ein Teil der harnpflichtigen Substanzen proteingebunden vorliegen. Ein Urämie-Toxin, welches in der Regel proteingebunden vorliegen kann, ist beispielsweise Homocystein. In der Folge akkumuliert die betreffende Substanz im Organismus des Patienten und bedingt dort Folgeerkrankungen der chronischen Niereninsuffizienz. Bei chronisch niereninsuffizienten Patienten treten somit zunehmend Folgeerkrankungen auf wie Herzkreislauferkrankungen, und daraus resultierend eine erhöhte Sterblichkeitsrate.

Homocystein ist eine nicht-proteinogene Aminosäure mit einem Molekulargewicht von ca. 135 Da. Damit ist eigentlich zu erwarten, dass Homocystein grundsätzlich durch die üblichen Ausschlussgrenzen der in der Dialyse eingesetzten Membranen effektiv aus dem zu reinigenden Blut entfernt wird. Dies ist allerdings nicht der Fall. Es wird davon ausgegangen, dass Homocystein im Plasma bevorzugt an das Plasmaprotein Albumin gebunden vorliegt. Bei diesen Bindungen handelt es sich nicht um kovalente Bindungen sondern um andere Wechselwirkungen wie beispielsweise Wasserstoffbrückenbindungen, lonenbindungen und Dipol-Dipol-Wechselwirkungen (van-der-Waals-Kräfte). Durch diese Bindung an Plasmaproteine, wie z.B. an Albumin, kann das effektive Molekulargewicht des Homocystein derart erhöht werden, dass kumulierte Molekulargewichte erreicht werden, die oberhalb der Ausschlussgröße von Dialysemembranen liegen. Somit kann proteingebundenes Homocystein bei der Dialyse nicht effektiv entfernt werden. Bis zum heutigen Tag sind keine konventionellen Methoden verfügbar, durch die auch protein-gebundene Substanzen, wie z.B. Homocystein, während der Dialyse effektiv aus dem zu reinigenden Blut entfernt werden können.

Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, mindestens einen Nachteil des geschilderten Standes der Technik zu vermindern oder zu vermeiden. Insbesondere ist es eine Aufgabe der Erfindung, Mittel und Wege zur Verfügung zu stellen, mit denen protein- gebundene Substanzen, wie z.B. Homocystein, effektiv aus dem Blut von Dialysepatienten entfernt werden können.

Die Aufgabe wird gelöst durch die Verwendung von Cystein-Derivaten oder einem Salz davon in einem Verfahren zur Dialyse mittels eines Dialysators zum Stoffaustausch, insbesondere zur Hämodialyse, Hämodiafiltration oder Hämofiltration, dadurch gekennzeichnet, dass dem zu reinigenden Blut nach der Entnahme vom Patienten und vor dem Beginn der Passage durch den Dialysator ein Cystein-Derivat, hier beispielsweise Acetylcystein oder ein Salz davon, zugesetzt wird. Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass die Bindungen zwischen dem Urämie- Toxin, z.B. Homocystein, und Plasmaproteinen in der Regel keine kovalenten Bindungen sind, sondern es sich um reversible Bindungen handelt, wobei ein Partner aus der Bindung ggf. verdrängt werden kann. Diese Bindungen beruhen im Wesentlichen auf den elektrostatischen Eigenschaften und Wechselwirkungen der beteiligten Moleküle. Es wurde nun gefunden, dass Homocystein im zu reinigenden Blut im extrakorporalen Blutkreislauf der Dialyse durch die Zugabe von Acetylcystein oder einem Salz davon aus der Bindung mit dem Plasmaprotein Albumin verdrängt werden kann. Durch diesen Schritt kann während der Dialyse der Anteil an proteingebundenem Homocystein im zu reinigenden Blut deutlich reduziert werden. Im Rahmen der normalen, im klinischen Alltag durchgeführten Dialyse kann durch zusätzlichen Eintrag von Acetylcystein oder einem Salz davon nach der Blutentnahme und vor der Passage des zu reinigenden Blutes durch den Dialysator die Freisetzungsrate von proteingebundenem Homocystein aus der Proteinbindung erhöht werden. Dadurch wird während der Dialyse eine verbesserte Abtrennung von Urämie- Toxinen wie z. B. Homocystein aus dem Blut des Patienten erreicht. Die Urämie-Toxine, z.B. Homocystein, können somit vermehrt und effektiv dialysiert werden. Weitere Vorteile der Verwendung von Acetylcystein sind, dass diese Verbindung für die medizinische Verwendung bereits zugelassen ist und im Allgemeinen auch in hohen Dosen sehr gut verträglich ist, also ein ausreichend großes Sicherheitsfenster gegeben ist. Daneben hat Acetylcystein auch antioxidative Eigenschaften, die sich auf das kardiovaskuläre Risiko des Dialysepatienten günstig auswirken.

Erfindungsgemäß wird ein Cystein-Derivat oder ein Salz davon verwendet. Dabei werden bevorzugt gut verträgliche Cystein-Derivate eingesetzt. Cystein-Dervate umfassen dabei insbesondere Acetylcystein, N,N-Bis-Acetylcystein, Bis-Acetylglycylcystein, Glutathion- Disulfid, Coenzym A-Glutathion-Disulfid und/oder L-Thiazolidincarbonsäure-(4).

Bevorzugt kann beispielsweise Acetylcystein oder ein Salz davon verwendet werden. Acetylcystein ist bereits als medizinischer Wirkstoff bekannt und wird beispielsweise als Expektorans, Antidot oder als protektive Begleitmedikation beim Kontrastmitteleinsatz eingesetzt. Es sind eine Reihe von Mono- und Kombinationspräparaten zugelassen, die Acetylcystein als Wirkstoff enthalten. In klinischen Studien stellte sich insbesondere eine hohe Verträglichkeit heraus, so dass auch bei einer Langzeitbehandlung mit hohen Dosen nur wenige Nebenwirkungen zu beobachten sind. Acetylcystein ist eine Aminosäure auf Basis des Cysteins mit der Summenformel C 5 HgN0 3 S, bei der ein H der NH 2 -Gruppe durch einen Acetylrest substituiert ist. Unter dem Begriff Acetylcystein werden u. a. die Verbindungen mit den Namen L-a-Acetamido-ß-mercaptopropionsäure, (R)-2-Acetylamino- 3-sulfanylpropansäure, Acetylcystein (ACC), N-Acetylcystein (NAC), (R)-N-Acetylcystein, L- N-Acetylcystein und N-Acetyl-L-cystein verstanden sowie die Carboxylat-Anionen davon. Unter einem Salz des Acetylcysteins wird ein Salz des Carboxylat-Anions des betreffenden Acetylcysteins mit einem geeigneten Kation verstanden. Acetylcystein weist eine Wasserlöslichkeit von >10 mg/ml_ auf, so dass wässrige Lösungen für den Eintrag von Acetylcystein in das zu reinigende Blut verwendet werden können.

Alternativ oder zusätzlich zu Acetylcystein können auch andere gut verträgliche Cystein- Derivate eingesetzt werden. Geeignete Cystein-Derivate sind beispielsweise N,N-Bis- Acetylcystein, Bis-Acetylglycylcystein, Glutathion-Disulfid, Coenzym A-Glutathion-Disulfid und/oder L-Thiazolidincarbonsäure-(4).

Erfindungsgemäß wird ein Dialysator zum Stoffaustausch verwendet. Aufgabe des Dialysators ist es, dem zu reinigenden Blut Urämie-Toxine möglichst effektiv zu entziehen. Im Dialysator sind zu reinigendes Blut und eine Flüssigkeit, gegen die dialysiert werden soll, das sog. Dialysat, durch eine semipermeable Membran voneinander getrennt. In der Regel wird im Dialysator das Dialysat in einem Dialysatkreislauf im Gegenstrom zum Blutfluss im Blutkreislauf geführt. Über die semipermeable Membran des Dialysators erfolgt der Stoffaustausch zwischen zu reinigendem Blut auf der einen Seite und Dialysat auf der anderen Seite der Membran. Dabei erfolgt der Stofftransport der Urämie-Toxine über die Membran durch Diffusion (Hämodialyse) oder Diffusion und Konvektion (Hämodiafiltration). Die Selektivität des Stoffaustausches wird einerseits durch die Eigenschaften der Membran, wie z.B. die Porengröße, bestimmt, andererseits durch die Zusammensetzung des Dialysats. Geeignete Dialysatoren sind im Stand der Technik beschrieben und deren Verwendung ist dem Fachmann bekannt. Üblicherweise werden Kapillardialysatoren eingesetzt.

Der Dialysator umfasst bevorzugt eine semipermeable Membran mit einer Größenausschlussgrenze von > 5.000 Da, besonders bevorzugt mit einer Größenausschlussgrenze die ausgewählt ist aus dem Bereich von 10.000 bis 30.000 Da, ganz besonders bevorzugt von 14.000 bis 17.000 Da.

Erfindungsgemäß wird das Cystein-Derivat, z.B. Acetylcystein oder ein Salz davon, verwendet, um dem zu reinigenden Blut nach dessen Entnahme aus dem Patienten und vor dem Beginn der Passage durch den Dialysator zugesetzt zu werden, so dass das zu reinigende Blut zu Beginn der Passage durch den Dialysator das Cystein-Derivat oder ein Salz davon enthält. Dies hat den Vorteil, dass die Lösung des Urämie-Toxins Homocystein aus der Proteinbindung bereits zu Beginn der Passage durch den Dialysator erfolgt und somit die volle Kapazität des Dialysators für den Stoffaustausch mit dem Dialysat zur Verfügung steht. Bevorzugt wird das Cystein-Derivat, z.B. das Acetylcystein, dem zu reinigende Blut derart zugesetzt, dass das zu reinigende Blut zu Beginn der Passage durch den Dialysator eine Konzentration an Cystein-Derivat, bevorzugt Acetylcystein oder einem Salz davon, aufweist, die geeignet ist, ein Urämie-Toxin aus der Plasmaproteinbindung zu verdrängen, bevorzugt die geeignet ist Homocystein aus der Bindung an Albumin zu verdrängen. Insbesondere kann dem zu reinigenden Blut Acetylcystein oder ein Salz davon derart zugesetzt werden, dass das zu reinigende Blut zu Beginn der Passage durch den Dialysator eine Konzentration an Acetylcystein aufweist von > 0.06 mM, bevorzugt von > 0.6 mM.

Um das zu reinigende Blut vor dem Beginn der Passage durch den Dialysator mit einem Cystein-Derivat, beispielsweise mit Acetylcystein oder einem Salz davon, zu versetzen, kann das zu reinigende Blut mit einer Lösung, z.B. einer wässrigen Lösung, versetzt werden, die das Cystein-Derivat oder ein Salz davon in geeigneter Konzentration enthält. Die tatsächliche Konzentration des Cystein-Derivats oder Salzes in dieser Lösung hängt von verschiedenen Parametern ab. Die Konzentration in der Lösung, also die Ausgangskonzentration, hängt beispielsweise davon ab, in welcher Konzentration das Cystein-Derivat oder Salz davon im zu reinigenden Blut zu Beginn der Passage durch den Dialysator vorliegen soll, also von der Zielkonzentration, und welche Flussraten im Blutkreislauf und bei der Zudosierung der betreffenden Lösung herrschen sollen. Die Flussraten können im Einzelfall variieren und können sowohl von individuellen Parametern der Patienten abhängen als auch von gerätespezifischen Parametern oder gewünschten Diffusions- und/oder Konvektionsraten. Insbesondere kann Acetylcystein erfindungsgemäß dem zu reinigenden Blut in Form einer 5%-igen Glukoselösung zugesetzt werden, wobei die Glukoselösung 30 - 150 mg Acetylcystein pro Kilogramm Körpergewicht des zu behandelnden Patienten aufweist. Bevorzugt enthält die 5%-ige Glukoselösung 50 - 120 mg Acetylcystein pro Kilogramm Körpergewicht des zu behandelnden Patienten, besonders bevorzugt 60 - 80 mg Acetylcystein pro Kilogramm Körpergewicht.

Für den Eintrag von Cystein-Derivaten, insbesondere von Acetylcystein oder einem Salz davon, können alternativ zur 5%-igen Glukoselösung auch andere Lösungen, insbesondere wässrige Lösungen, verwendet werden. Üblicherweise werden in der Hämodialyse, der Hämofiltration und der Hämodiafiltration Dialysat- oder Substitutionslösungen eingesetzt, die insbesondere in Bezug auf ihre Ionen- oder Salzzusammensetzung physiologische Konzentrationen aufweisen. Solche physiologischen Elektrolytlösungen können auch zum Eintrag von Cystein-Derivaten, z.B. von Acetylcystein oder einem Salz davon, verwendet werden.

Die erfindungsgemäße Verwendung von Cystein-Derivaten, insbesondere von Acetylcystein, hat sich als besonders vorteilhaft erwiesen, wenn das Cystein-Derivat dem zu reinigenden Blut über die gesamte Dauer einer Dialysebehandlung zugesetzt wird. Unter einer Dialysebehandlung wird dabei einer Dialysesitzung eines Patienten verstanden, während der der Patient im Wesentlichen ununterbrochen an das Dialysegerät angeschlossen bleibt. Üblicherweise dauert eine Dialysebehandlung mehr als zwei Stunden, typischerweise etwa 4 bis 5h.

Die erfindungsgemäße Verwendung kann insbesondere dadurch erfolgen, dass dem zu reinigenden Blut über die gesamte Dauer einer Dialysebehandlung 200ml einer 5%-igen Glukoselösung zugesetzt wird, wobei die 5%-ige Glukoselösung 30 - 50 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht des zu behandelnden Patienten enthält, bevorzugt 50 - 120 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht, besonders bevorzugt 60 - 80 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht. Für die Durchführung der erfindungsgemäßen Verwendung kann ein herkömmliches Dialysegerät eingesetzt werden, wobei dem zu reinigenden Blut nach der Entnahme aus dem Patienten und vor Beginn der Passage durch den Dialysator eine Lösung regel- und/oder steuerbar zudosierbar ist, so dass dem zu reinigenden Blut vor dem Beginn der Passage durch den Dialysator in der Lösung enthaltenes Cystein-Derivat, z.B. Acetylcystein oder ein Salz davon, zugesetzt werden.

Ein solches Dialysegerät umfasst in der Regel einen Dialysatkreislauf, einen Blutkreislauf und einen Dialysator für den Stoffaustausch zwischen zu reinigendem Blut des Blutkreislaufs und Dialysat des Dialysatkreislaufs.

Im Dialysatkreislauf wird das Dialysat bewegt, gegen welches das zu reinigende Blut dialysiert werden soll. Dabei wird unter dem Begriff „Dialysatkreislauf eine Leitungsanordnung verstanden in der das Dialysat aus einem Reservoir z.B. durch eine Pumpe derart gerichtet durch den Dialysator bewegt werden kann, dass das Dialysat den Dialysator im Gegenstrom zum zu reinigenden Blut auf der dem Blut abgewandten Seite der Membran des Dialysators geführt wird. Das Dialysat nimmt durch die semipermeable Membran des Dialysators hindurch getretene Stoffe, wie beispielsweise Urämie-Toxine (z.B. Homocystein), auf und führt diese aus dem Dialysator ab. Nach der Passage durch den Dialysator kann das„verbrauchte" Dialysat abgeführt und ggf. in einem weiteren Behälter aufgefangen und gesammelt werden.

Im Blutkreislauf wird das zu reinigende Blut bewegt. Dabei wird unter dem Begriff „Blutkreislauf oder„extrakorporalen Blutkreislauf eine Leitungsanordnung verstanden in der das zu reinigende Blut nach der Entnahme aus dem Patienten außerhalb des Körpers des Patienten (also extrakorporal) z.B. durch eine Pumpe derart gerichtet durch den Dialysator bewegt werden kann, dass das zu reinigende Blut den Dialysator im Gegenstrom zum Dialysat auf der dem Dialysat abgewandten Seite der semipermeablen Membran des Dialysators geführt wird. Nach der Passage durch den Dialysator wird das gereinigte Blut dem Patienten wieder zurückgeführt. Erfindungsgemäß wird ein Cystein-Derivat, z.B. Acetylcystein oder ein Salz davon, im Dialyseverfahren verwendet in dem es dem zu reinigenden Blut im Blutkreislauf an einer geeigneten Stelle nach der Entnahme und vor dem Eintritt des Blutes in den Dialysator zugeführt wird. Dazu kann der Dialysator einen zusätzlichen Zugang oder Anschluss im Blutkreislauf zwischen dem Einlass für das entnommene, zu reinigende Blut und dem Eintritt in den Dialysator aufweisen. Der Dialysator kann ggf. ein Reservoir zur Aufnahme einer Lösung aufweisen, die das Cystein-Derivat, z.B. Acetylcystein oder ein Salz davon, enthält, wobei das Reservoir mit dem Blutkreislauf flüssigkeitsleitend verbunden ist. Das Dialysegerät kann des Weiteren eine zusätzliche Pumpe aufweisen, die derart ausgeführt und angeordnet ist, dass darüber dem zu reinigenden Blut Lösung aus dem Reservoir zudosierbar ist. Zusätzlich kann das Dialysegerät eine Regel- und/oder Steuereinheit aufweisen zur gezielten Abgabe von Lösung aus dem Reservoir. In einer bevorzugten Ausführungsform ist die Regel- und/oder Steuereinheit derart ausgebildet, dass sich darüber zusätzlich auch Parameter des Dialysatkreislaufs und/oder des Blutkreislaufes, wie z.B. die Flussgeschwindigkeit des zu reinigenden Blutes und/oder des Dialysates, durch einen Benutzer regeln und/oder steuern lassen.

Die vorliegende Erfindung bezieht sich auch auf ein Verfahren zum Betrieb eines Dialysegerätes, wobei das Verfahren Schritte umfasst zur Ausführung der erfindungsgemäßen Verwendung von Cystein-Derivaten, insbesondere von Acetylcystein oder einem Salz davon.

Das erfindungsgemäße Verfahren zum Betrieb eines Dialysegerätes kann sich insbesondere dadurch auszeichnen, dass dem zu reinigenden Blut im extrakorporalen Blutkreislauf des Dialysegerätes nach der Entnahme vom Patienten und vor dem Beginn der Passage des zu reinigenden Blutes durch den Dialysator ein Cystein-Derivat, wie z.B. Acetylcystein, zugesetzt wird. Dabei kann das Cystein-Derivat, beispielsweise Acetylcystein, dem zu reinigende Blut derart zugesetzt werden, dass das zu reinigende Blut zu Beginn der Passage durch den Dialysator eine geeignete Konzentration des Cystein-Derivats, wie z.B. an Acetylcystein oder einem Salz davon, aufweist. Insbesondere kann im erfindungsgemäßen Verfahren das Acetylcystein dem zu reinigenden Blut in Form einer 5%-igen Glukoselösung zugesetzt werden enthaltend 30 - 150 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht des zu behandelnden Patienten, bevorzugt 50 - 120 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht, besonders bevorzugt 60 - 80 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht. Das zugeführte Cystein-Derivat, z.B. das Acetylcystein oder ein Salz davon, kann dem zu reinigenden Blut über die gesamte Dauer einer Dialysebehandlung zugesetzt werden. Insbesondere kann im erfindungsgemäßen Verfahren dem zu reinigenden Blut über die gesamte Dauer einer Dialysebehandlung 200ml einer 5%-igen Glukoselösung zugesetzt werden, wobei die 5%-ige Glukoselösung 30 - 150 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht des zu behandelnden Patienten enthält, bevorzugt 50 - 120 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht, besonders bevorzugt 60 - 80 mg Acetylcystein pro kg Körpergewicht.

Der Patient hat durch die verbesserte Therapie mittels Hämodialyse, Hämodiafiltration oder Hämofiltration, die durch die Zufuhr von Cystein-Derivaten, wie z.B. Acetylcystein, vor dem Beginn der Passage des zu reinigenden Blutes durch den Dialysator erreicht wird, eine mehrfache Protektion für sein bekanntermaßen ausgeprägtes kardiovaskuläres Risiko. Erstens wird eine gesteigerte Elimination des Urämie-Toxins Homocystein während der Dialyse erreicht. Zweitens trägt der Eintrag von Acetylcystein in das Blut durch die antioxidativen Eigenschaften des Acetylcysteins zur Minderung des kardiovaskulären Risikos bei.

Im Folgenden wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert.

Figuren:

Figur 1 zeigt ein Dialysegerät zur Durchführung der erfindungsgemäßen Verwendung.

Beispiele:

Beispiel 1 :

In Figur 1 ist der schematische Aufbau eines Dialysegerätes 1 zur Durchführung der erfindungsgemäßen Verwendung gezeigt. Das Dialysegerät 1 umfasst einen extrakorporalen Blutkreislauf 2 mit einem Bereich räumlich vor dem Dialysator 3 und einem Bereich räumlich nach dem Dialysator 3. Daneben weist das Dialysegerät 1 ein Reservoir 4 zur Aufnahme der Substanz zur Verdrängung von Protein-gebundenen Urämie-Toxinen auf, wobei zusätzlich eine Pumpe oder Dosiereinheit vorgesehen sein kann, über die dem zu reinigenden Blut im extrakorporalen Blutkreislauf 2 vor dem Eintritt in den Dialysator 3 die Substanz aus dem Reservoir 4, z. B. Acetylcystein, regel- und/oder steuerbar zudosiert werden kann. Während einer Dialysebehandlung werden bevorzugt 70 mg/kg Körpergewicht Acetylcystein in 200ml 5%-iger Glukose-Lösung über die gesamte Dialysedauer von 4 bis 5h gegeben. Die Zugabe der Substanz, hier Acetylcystein, zur Verdrängung von Protein-gebundenen Urämie-Toxinen aus ihrer Proteinbindung, erfolgt in den extrakorporalen Blutkreislauf 2 vor dem Beginn der Passage des zu reinigenden Blutes durch den Dialysator 3.

Beispiel 2:

Gesteigerte Elimination von Phenylessigsäure während der Hämodialyse durch die Verwendung von Acetylcystein.

Phenylesigsäure (engl, phenylacetic acid, PAA) ist ein bekanntes Urämietoxin. Phenylessigsäure ist eine organische Substanz mit einer Phenylgruppe und einer Carboxylsäure-Gruppe sowie einem Molekulargewicht von 136 g/Mol. Phenylessigsäure ist ein Abbauprodukt der Aminosäure Phenylalanin und häuft sich als Urämietoxin bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz im Plasma an. Die toxische Wirkung von Phenylessigsäure beruht auf der Hemmung der Plasmamembran-ständigen Calcium- ATPase und der Blockade der Expression der induzierbaren Nitric Oxide Synthase (iNOS). Die wasserlösliche Phenylessigsäure wird während einer Dialyse aus dem Plasma entfernt. Wegen der Eiweißbindung der Phenylessigsäure kann diese Substanz durch die Dialyse nicht vollständig eliminiert werden. Die Effektivität einer Hämodialysebehandlung hinsichtlich der Entfernung von Phenylessigsäure kann durch die durch Zufuhr von Acetylcystein VOR der Hämodialysemembran deutlich gesteigert werden, wie folgende Studie zeigt.

Die Versuchspersonen (n = 7; 4 Männer, 3 Frauen) im Alter zwischen 45 und 75 Jahren wurden routinemäßig jeweils für 4 Stunden unter Verwendung einer Polysulfon-Membran (F8, Fa. Fresenius Medical Care) ohne Dialysator-Wiederverwertung extrakorporal dialysiert. Als Dialysat-Lösung wurde eine Bikarbonat-basierte Lösung verwendet. Die Blutflussrate betrug 250 bis 300 mL/Minute, der Dialysat-Fluss war 500 mL/Minute und die Dialysat- Leitfähigkeit war 135 mS. Dem Blut wurden im extrakorporalen Blutkreislauf 70 mg Acetylcystein in 200 ml 5%-iger Glukose-Lösung pro kg Körpergewicht der Versuchsperson zugesetzt.

Als Kontrolle wurden 30 Versuchspersonen in der gleichen Weise wie vorstehend beschrieben dialysiert, wobei dem extrakorporalen Blutkreislauf jedoch kein Acetylcystein zugegeben wurde. Nach Beendigung der Hämodialyse wurde die Phenylessigsäure-Konzentration im extrakorporalen Blut bestimmt. Unter den Kontrollbedingungen führte die Hämodialysebehandlung zu einer Reduktion der Phenylessigsäure-Konzentration im Plasma auf 60 ± 5 % des Ausgangswertes (n = 30). Durch die Zufuhr von Acetylcystein vor der Hämodiaiysemembran kam es zu einer Reduktion der Phenylessigsäure-Konzentration im Plasma auf 17 ± 3 % des Ausgangswertes (n = 7; p < 0.001 im Mann Whitney test zwischen den beiden Gruppen).