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Patent Searching and Data


Title:
USE OF ANTHRACENE DERIVATIVES AS ANTI-INFECTIVES
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2010/135758
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to the use of the following anthracene derivatives as anti-infectives, preferably against multiply drug-resistant pathogens: (2R,3S,10R)-2,3,5,10-tetrahydroxy-6-methoxy-3-methyl-1,2,3,4,4a,9a-hexa­hydro-9H,10H-anthracen-9-one (tetrahydroaltersolanol B), (1R,2R,3R,4aS,9aR,10R)-1,2,3,5,10-pentahydroxy-7-methoxy-2-methyl-1,2,3,4,4a,9a-hexahydro-9H,10H-anthracen-9-one (altersolanol K), (2R,3R,4R,4aS,9aS,10R)-2,3,4,8,10-pentahydroxy-6-methoxy-3-methyl-1,2,3,4,4a,9a-hexahydro-9H,10H-anthracen-9-one (altersolanol L), 8-(1,7-dihydroxy-6-methyl-3-methoxy-9,10-dioxo-9H,10H-anthracen-2-yl)­(1S,2S,3R,4S)-1,2,3,4,5-pentahydroxy-7-methoxy-2-methyl-1,2,3,4-tetra­hydro-9H,10H-anthracene-9,10-dione (atropisomers alterporriol G and H); and (2R,3S,4aS,9aS,10R)-2,3,5,8,10-pentahydroxy-6-methoxy-3-methyl-1,2,3,4,­4a,9a-hexahydro-9H,10H-anthracen-9-one (8-hydroxytetrahydro­altersolanol B).

Inventors:
PRETSCH ALEXANDER (AT)
PROKSCH PETER (DE)
DEBBAB ADDESSAMAD (DE)
Application Number:
PCT/AT2010/000189
Publication Date:
December 02, 2010
Filing Date:
May 31, 2010
Export Citation:
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Assignee:
SEALIFE PHARMA GMBH (AT)
PRETSCH ALEXANDER (AT)
PROKSCH PETER (DE)
DEBBAB ADDESSAMAD (DE)
International Classes:
A61K31/122; A61P31/00; A61P31/06; A61P31/16
Foreign References:
US20070258913A12007-11-08
AT8422009A2009-05-29
Other References:
DEBBAB ABDESSAMAD ET AL: "Bioactive metabolites from the endophytic fungus Stemphylium globuliferum isolated from Mentha pulegium.", JOURNAL OF NATURAL PRODUCTS APR 2009 LNKD- PUBMED:19271717, vol. 72, no. 4, April 2009 (2009-04-01), pages 626 - 631, XP002596582, ISSN: 1520-6025
OKAMURA NOBUYUKI ET AL: "Altersolanol-related compounds from the culture liquid of Alternaria solani", PHYTOCHEMISTRY (OXFORD), vol. 42, no. 1, 1996, pages 77 - 80, XP002596583, ISSN: 0031-9422
G. A. STROBEL, CRIT. REV. BIOTECHNOL., vol. 22, 2002, pages 315 - 333
A. STOESSL, CAN. J. CHEM., vol. 47, 1969, pages 767
R. SUEMITSU ET AL., AGRIC. BIOL. CHEM., vol. 45, no. 10, 1981, pages 2363 - 2364
ALY ET AL., PHYTOCHEMISTRY, vol. 69, 2009, pages 1716 - 1725
OKAMURA ET AL., PHYTOCHEMISTRY, vol. 42, no. 1, 1996, pages 77 - 80
YAGI ET AL., PHYTOCHEMISTRY, vol. 34, no. 4, 1993, pages 1005 - 1009
WEBSITE DES JOURNAL OF NATURAL PRODUCTS AM, 9 March 2009 (2009-03-09)
XU ET AL., J. ANTIBIOT., vol. 61, no. 7, 2008, pages 415 - 419
SOMMART ET AL., CHEMICAL & PHARMACEUTICAL BULLETIN, vol. 56, no. 12, 2008, pages 1687 - 1690
Attorney, Agent or Firm:
ELLMEYER, Wolfgang (AT)
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Claims:
PATENTANSPRÜCHE

1. Verwendung der nachstehenden Anthracen-Derivate als Antiinfektiva:

a) (a/^.SS.IOR^.S.δ.iO-Tetrahydroxy-θ-methoxy-S-methyl-i ^^^^a.θa-hexahydro- 9H,10H-anthracen-9-on (Tetrahydroaltersolanol B)

b) (1 R,2R,3R,4aS,9aR,1 OR)-I ,2,3,5,10-Pentahydroxy-7-methoxy~2-methyl-1 ,2,3,4, 4a,9a-hexahydro-9H,10H-anthracen-9-on (Altersolanol K)

c) (2R,3R,4R,4aS,9aS,10R)-2,3,4,8,10-Pentahydroxy-6-methoxy-3-methyl-1 ,2,3,4, 4a,9a-hexahydro-9H,10H-anthracen-9-on (Altersolanol L)

d) 8-(1 ,7-Dihydroxy-6-methyl-3-methoxy-9,10-clioxo-9H,10H-anthracen-2-yl)-

(1 S,2S,3R,4S)-1 ,2,3,4,5-pentahydroxy-7-methoxy-2-methyl-1 ,2,3,4-tetrahydro- 9H,10H-anthracen-9,10-dion (Atropisomere Alterporriol G und H)

2. Verwendung nach Anspruch 1 , dadurch gekennzeichnet, dass die Anthracen- Derivate als Antiinfektiva gegen mehrfach wirkstoffresistente ("multiple drug resis- tant", MDR-) Erreger eingesetzt werden.

3. Verwendung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Verbindung gegen mehrfach wirkstoffresistente Stämme von methicillinresistentem Staphylococ- cus aureus (MRSA), Staphylococcus epidermis, Streptococcus pneumoniae, Acineto- bacter baumanii, Enterococcus faecalis bzw. faecium, Escherichia coli, Klebsiella sp., Pseudomonas aeruginosa, Aspergillus sp. sowie respiratorische Viren aus der Gruppe der humanen Rhinoviren und der respiratorischen Synzytial-Viren eingesetzt wird.

4. Verwendung von (2R,3S,4aS,9aS,10R)-2,3(5,8,10-Pentahydroxy-6-methoxy- 3-methyl-1 ,2,3,4,4a,9a-hexahydro-9H,10H-anthracen-9-on (8-Hydroxytetrahydroalter- solanol B)

als Antiinfektivum gegen mehrfach wirkstoffresistente ("multiple drug resistant", MDR-) Erreger, ausgewählt aus mehrfach wirkstoffresistenten Stämmen von Streptococcus pneumoniae, Acinetobacter baumanii, Enterococcus faecalis bzw. faecium, Escherichia coli, Klebsiella sp., Pseudomonas aeruginosa, Aspergillus sp. sowie respiratorische Viren aus der Gruppe der humanen Rhinoviren und der respiratorischen Synzytial-Viren eingesetzt wird.

5. Verfahren zur Herstellung einer der in Anspruch 1 oder 4 definierten Verbindungen, dadurch gekennzeichnet, dass ein die Verbindung produzierender Mikroorganismus unter Wachstumsbedingungen fermentiert wird und die Verbindung, gegebenenfalls nach Zerstörung der Zellen des Mikroorganismus, aus der Fermentationsbrühe gewonnen wird.

6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass als Mikroorganismus Stemphylium globuliferum bzw. Nigrospora sp. eingesetzt wird.

7. Verfahren nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Verbin- düng durch Extraktion und anschließende Isolierung aus dem Rohextrakt gewonnen wird.

Description:
Verwendung von Anthracen-Derivaten als Antiinfektiva

Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von Anthracen-Derivaten als Antiinfektiva, insbesondere gegen mehrfach wirkstoffresistente Erreger, sowie ein Ver- fahren zu ihrer Herstellung.

STAND DER TECHNIK

Durch den höchst erfolgreichem Einsatz antimikrobieller Arzneimittel wurde in den späten 1960er- und frühen 1970er-Jahren angenommen, dass Infektionskrankheiten fortan keine Gefahr mehr darstellen würden. Dies sollte sich als schwerer Irrtum herausstellen, zumal die Mikroben 40 Jahre danach eine größere Bedrohung als jemals zuvor darstellen, weswegen ein dringender Bedarf an neuen antimikrobiellen Wirkstoffen besteht. Heutzutage sind Infektionskrankheiten die dritthäufigste Todesursache in den USA und die zweithäufigste weltweit. Für die meisten dieser Fälle sind un- wirksame antimikrobielle Arzneimittel verantwortlich, und die Resistenz mancher Bakterien und Pilze gegen diese Wirkstoffe stellt in unserer Gesellschaft ein ernstes Problem dar. Statistischen Daten aus den USA zufolge wird der Großteil der im Krankenhaus erlittenen Infektionen (den sog. nosokomialen Infektionen) von wenigen Bakterienspezies hervorgerufen, nämlich von Enterococcus faecium, Staphylococcus aureus, Klebsiella pneumoniae, Acinetobacter baumanii, Pseudomonas aeruginosa und Enterobacter sp., die nach ihren Anfangsbuchstaben als "ESKAPE"-Pathogene bezeichnet werden (Boucher et al., "IDSA Report on Development Pipeline", CID 2009:48, Infectious Disease Society of America, 1. Januar 2009). Mit diesem Begriff soll freilich gleichzeitig ausgedrückt werden, dass sich diese resistenten Erreger der Wirkung antibakterieller Arzneimittel entziehen (engl.: to escape), zumal Antibiotikaresistenz auf molekularer Ebene nichts anderes bedeutet als, dass ein Mikroorganismus die Fähigkeit erlangt hat, sich der wachstumshemmenden oder bakteriziden Wirkung einer antimikrobiellen Substanz zu widersetzen. Das heißt, die Substanz wird klinisch unwirksam. So bedeutet etwa "methicillinresistenter Staphylococcus aureus" (auch als MRSA abgekürzt, wiewohl dieselbe Abkürzung auch in allgemeinerer Weise für "multiresistenten Staphylococcus aureus" gebraucht wird), dass die Verwendung von ß-Lactamen in der Therapie von S. aureus unwirksam ist, während bei- spielsweise Glykopeptide zumeist Wirkung zeigen. Es ist daher unbedingt erforderlich die Wirkung von neuen Antiinfektiva gegen multiresistente Stämmen zu testen, da Wirksamkeit gegen dafür empfindliche Spezies oder Stämme nicht zwangsläufig auch Wirksamkeit gegen multiresistente Bakterien bedeutet, wie auch beispielsweise ein gegen grampositive Bakterien wirksames Mittel nicht notwendigerweise gegen gramnegative Bakterien wirkt oder umgekehrt (siehe u.a. Boucher et al., s.o.).

Neben Bakterien und Pilzen fehlen gegenwärtig aber auch wirksame Strategien gegen respiratorische Viren. Zumeist werden lediglich die Symptome geheilt, ohne das Virus selbst zu bekämpfen. Eine Lösung für die Zukunft könnten vor allem Wirkstoffkombinationen sein.

In der Vergangenheit wurden in endophytischen Pilzen zahlreiche Substanzen zur Bekämpfung der Vermehrung von Mikroorganismen gefunden. Diese Substanzen zeigen in einer Reihe von Fällen sehr gute antibakterielle, antifungale und antivirale Aktivität und könnten für zahlreiche Anwendungen eingesetzt werden (G. A. Strobel, Crit. Rev. Biotechnol. 22, 315-333 (2002)). Aufgrund der Tatsache, dass diesbezügliche Forschung überwiegend akademisch war und nicht direkt die Entwicklung neuer Wirkstoffe zum Ziel hatte, sind heute kaum entsprechende Arzneimittel auf dem Markt. Insbesondere das Screenen gegen resistente Mikroben wurde in der Vergangenheit vernachlässigt, so dass nur einige wenige Substanzen gegen arzneimittel- resistente Mikroben gestestet wurden. Noch schlimmer ist die Lage bei respiratorischen Viren, gegen die bisher nahezu keine Substanzen gescreent wurden.

Bereits im Jahre 1969 beschrieb A. Stoessl, Can. J. Chem. 47, 767 (1969), die Isolierung eines neuen metabolischen Pigments aus Alternaria solani, einem Schimmelpilz, der die sog. Dürrfleckenkrankheit bei Kartoffeln hervorruft. Dieses Pigment wurde Altersolanol A genannt und seine Struktur wie folgt indentifiziert:

Der chemische Name dieses Anthrachinons lautet demnach 7-Methoxy-2-methyl- (1 R,2S,3R,4S)-1 ,2,3,4-tetrahydro-1 ,2,3,4,5-pentahydroxyanthracen-9, 10-dion.

In weiterer Folge wurde dieses Pigment sowie mehrere Isomere und Derivate davon auch in weiteren Alternaria-Speήes (z.B. Alternaria porri) und in manchen anderen Pilzgattungen nachgewiesen (siehe beispielsweise R. Suemitsu et al., Agric. Biol. Chem. 45(10), 2363-2364 (1981)). Die Mehrzahl der Isomere und Derivate entspricht den folgenden allgemeinen Formeln (1) oder (2):

wobei R 1 bis R 4 jeweils H oder OH sein können, was im Falle von OH in Formel (2) jeweils ein chirales Kohlenstoffatom ergibt, das sowohl in R- als auch in S-Konfigura- tion vorliegen kann.

In weiterer Folge wurden auch Dimere, d.h. Bisanthrachinone, als Metaboliten ent- deckt, und das erstmals in Alternaria porri, einem weiteren Vertreter der Gattung der Alternariae, der u.a. die Purpurfleckenkrankheit bei Zwiebelgemüse hervorruft, weswegen diese Dimere Alterporriole genannt wurden. Sie entsprechen beispielsweise der folgenden Formel (3):

wobei ähnlich vielfältige Substitutions- und Hydrierungsmuster an den aromatischen Ringen möglich sind wie für die "monomeren" Altersolanole. Aufgrund eingeschränkter Freiheit der Rotation um die Achse der chemischen Bindung zwischen den Anthrachinon-Kemen liegen zahlreiche Alterporriol-Derivate in Form zweier Atropiso- mere vor.

Für manche als Altersolanole bzw. Alterporriole bezeichnete Verbindungen existieren Berichte über ihre Wirksamkeit gegen bestimmte Mikroorganismen, während andere als nicht antiinfektiv beschrieben wurden. So wurden etwa von AIy et al., Phytoche- mistry 69, 1716-1725 (2009), bioaktive Metaboliten endophytischer Pilze der Gattung Ampelomyces sowie deren antiinfektive Wirkung untersucht. Dabei wurde unter an- derem festgestellt, dass Altersolanol J, die Alterporriole D und E (Atropisomere), sowie die mit Altersolanolen eng verwandte Verbindung Ampelanol keine Aktivität gegen Bakterien und Pilze zeigen, während Altersolanol A die wirksamste der getesteten Substanzen war. Weiters offenbaren beispielsweise Okamura et al., Phytoche- mistry 42(1), 77-80 (1996), keinerlei Wirkung von Tetrahydroaltersolanol B gegen grampositive Bakterien und die gramnegative Spezies Pseudomonas aeruginosa. Und Yagi et al., Phytochemistry 34(4), 1005-1009 (1993), berichten über die anti- mikrobielle Aktivität der Altersolanole A, B, C und E, während die Altersolanole D, E und F in demselben Test völlig unwirksam waren. In der US-Patentanmeldung Nr. 2007/258913 werden die atropisomeren Altersolanole D und E hingegen, wenn auch nur ganz allgemein, als geeignete Verbindungen zur Verhinderung der Bildung eines Biofilms in der Mundhöhle offenbart, ohne allerdings konkrete Daten bezüglich ihrer Wirksamkeit anzugeben.

Somit ist es jedenfalls unmöglich vorherzusagen, ob ein bestimmtes Altersolanol- bzw. Alterporriol-Isomer oder -Derivat antiinfektive Wirkung zeigt oder nicht, geschweige denn gegen welche Gattungen oder gar Spezies von Mikroorganismen.

Das Ziel der Erfindung war vor diesem Hintergrund die Identifikation, Isolierung und Herstellung neuer Substanzen zur Verwendung als antiinfektive Wirkstoffe in pharmazeutischen Zusammensetzungen, vor allem von Verbindungen, die Aktivität gegen mehrfach wirkstoffresistente ("multiple drug resistant", MDR-) Erreger zeigen.

Die Erfinder konnten nun im Verlauf ihrer Forschungen mehrere Substanzen - zum Teil mit bisher unveröffentlichter Struktur, d.h. neue chemische Verbindungen - identifizieren, die gute Aktivität gegen Mikroorganismen, aber auch gegen respiratorische Viren, insbesondere auch gegen MDR-Erreger, zeigen. Während in der parallelen, gleichzeitig eingereichten österreichischen Patentanmeldung mit der Anmeldenum- mer A 842/09 zwei neue Verbindungen, nämlich jeweils ein Altersolanol- und ein Alterporriol-Derivat bereitgestellt werden, bezieht sich die vorliegende Erfindung auf die Verwendung mehrerer Verbindungen, deren Struktur zwar bereits aus der Literatur bekannt ist, die aber eine bislang unbekannte Wirkung zeigen.

OFFENBARUNG DER ERFINDUNG

Konkret haben die Erfinder herausgefunden, dass die nachstehenden Anthracen- Derivate mitunter ausgezeichnete Aktivität gegen verschiedene Bakterien, Pilze und Viren zeigen, weswegen die vorliegende Erfindung in einem ersten Aspekt die Ver- wendung dieser Derivate als Antiinfektiva betrifft: a) (aRSS.IORJ-a.S.δ.iO-Tetrahydroxy-θ-methoxy-S-nnethyl-i .a^^^a.θa-hexahyclro- 9H,10H-anthracen-9-on (Tetrahydroaltersolanol B) der Formel (4)

b) (1R,2R,3R,4aS,9aR,10R)-1 ,2,3,5, 10-Pentahydroxy-7-methoxy-2-methyl-1 ,2,3,4, 4a,9a-hexahydro-9H,10H-anthracen-9-on (Altersolanol K) der Formel (5)

(5),

c) (2R,3R,4R,4aS,9aS,10R)-2,3,4,8,10-Pentahydroxy-6-methoxy-3-m ethyl-1 ,2,3,4, 4a,9a-hexahydro-9H,10H-anthracen-9-on (Altersolanol L) der Formel (6)

d) 8-(1 ,7-Dihydroxy-6-methyl-3-methoxy-9,10-dioxo-9H,10H-anthracen- 2-yl)-

(18,2S 1 ZRAS)-1 ,2,3,4,5-pentahydroxy-7-methoxy-2-methyl-1 ,2,3,4-tetrahydro- 9H,10H-anthracen-9,10-dion (Atropisomere Alterporriol G und H) der Formel (7)

Vorzugsweise werden diese Anthracen-Derivate als Antiinfektiva gegen mehrfach wirkstoffresistente ("multiple drug resistant", MDR-) Erreger eingesetzt, da sie gerade hier sehr gute bis ausgezeichnete Wirksamkeit zeigen. Die Strukturen dieser fünf Substanzen wurden in der Vergangenheit zwar bereits veröffentlicht, über ihre Wirkung ist jedoch praktisch nichts bekannt.

Für Verbindung (4), Tetrahydroaltersolanol B, beschreiben Okamura et al. (s.o.), wie zuvor erwähnt, sogar Unwirksamkeit gegen grampositive Bakterien und die gramnegative Spezies Pseudomonas aeruginosa. Zu den Verbindungen (5), (6) und (7), d.h. Altersolanol K, Altersolanol L und den Atropisomeren Alterporriol G und H, wurden hingegen noch keinerlei Aktivitätstests offenbart. Alle wurden von Miterfindem des vorliegenden Anmeldungsgegenstands erstmalig aus Stemphylium globuliferum isoliert, wie dies auch auf der Website des Journal of Natural Products am 9. März 2009 publiziert wurde (Printausgabe in Arbeit).

Die Erfindung betrifft weiters die Verwendung von (2R,3S,4aS,9aS,10R)-2,3,5,8,10- Pentahydroxy-6-methoxy-3-methyl-1 , 2, 3,4,4a, 9a-hexahydro-9H,10H-anthracen-9-on (8-Hydroxytetrahydroaltersolanol B) der Formel (8)

(8)

als Antiinfektivum gegen MDR-Erreger. Auch die Struktur dieser Verbindung ist be- reits bekannt. Bezüglich ihrer Aktivität wurde jedoch bisher ausschließlich von Xu et al., J. Antibiot. 61 (7), 415-419 (2008), und von Sommart et al., Chemical & Pharma- ceutical Bulletin 56(12), 1687-1690 (2008), geringe Wirksamkeit gegen Staphylococcus aureus bzw. methicillinresistenten Staphylococcus aureus offenbart. Die Erfinder haben hingegen herausgefunden, dass Verbindung (8) tatsächlich sehr gute Aktivität gegen methicillinresistenten Staphylococcus aureus und sogar ausgezeichnete Wirksamkeit gegen Streptococcus pneumoniae besitzt.

Vorzugsweise werden die obigen Verbindungen der Formeln (4) bis (7) daher gegen mehrfach wirkstoffresistente Stämme von methicillinresistentem Staphylococcus aureus (MRSA), Staphylococcus epidermis, Streptococcus pneumonia, Acinetobac- . ter baumanii, Enterococcus faecalis bzw. faecium, E. coli, Klebsiella sp., Pseudomonas aeruginosa, Aspergillus sp. sowie respiratorische Viren aus der Gruppe der humanen Rhinoviren und der respiratorischen Synzytial-Viren eingesetzt, und, die Verbindung der Formel (8) wird vorzugsweise gegen dieselben Erreger mit Ausnah- me von Staphylococci, d.h. gegen Streptococcus pneumonia, Acinetobacter baumanii, Enterococcus faecalis bzw. faecium, E. coli, Klebsiella sp., Pseudomonas aeruginosa, Aspergillus sp. sowie ebenfalls respiratorische Viren aus der Gruppe der humanen Rhinoviren und der respiratorischen Synzytial-Viren eingesetzt, was durch die späteren Ausführungsbeispiele im Detail belegt wird.

Die vorliegende Erfindung betrifft in einem weiteren Aspekt auch ein Verfahren zur Herstellung der Verbindungen der Formeln (4) bis (8), das darin besteht, einen die Verbindung oder einen Vorläufer davon produzierenden Mikroorganismus unter Wachstumsbedingungen zu fermentieren und die jeweilige Verbindung, gegebenenfalls nach Zerstörung der Zellen des Mikroorganismus zur Erhöhung der Ausbeute, aus der Kultur zu gewinnen. In einem solchen Fermentationsverfahren wird . als Mikroorganismus vorzugsweise ein reiner Stamm von Stemphylium globuliferum bzw. Nigrospora sp. eingesetzt, da die Erfinder mit diesen Spezies die besten Ausbeuten erzielen konnten. Alternativ dazu können jedoch auch beliebige andere Mikroorganismen, die in der Lage sind, die jeweilige Verbindung - oder auch eine Vorstufe davon - zu produzieren, z.B. Alternaria sp., zur Fermentation eingesetzt werden. Werden durch die Fermentation Vorstufen erhalten, können diese nach be- liebigen, dem einschlägigen Fachmann auf dem Gebiet der organischen Synthese wohlbekannten Verfahren in die gewünschten neuen Verbindungen der Formeln (4) bis (8) übergeführt werden, wobei gegebenenfalls auch Verfahrensschritte unter Enzymkatalyse eingesetzt werden können, um höhere Enantioselektivität zu gewährleisten.

Beispielsweise kann etwa Alternaria sp. kultiviert werden, um aus der Fermentationsbrühe Altersolanol B - oder auch ein anderes Mitglied der Altersolanol-Familie - zu erhalten, das durch Hydrierung der nichtaromatischen Doppelbindung zwischen den Kohlenstoffatomen 4a und 9a sowie der Ketogruppe an Position 9 in die gewünschte Verbindung einer der Formeln (4) bis (6) oder (8), z.B. in Tetrahydroaltersolanol B, oder ein Stereoisomer davon übergeführt werden kann. Ein weiterer Syntheseweg besteht in der Abspaltung einer OH-Gruppe zusammen mit dem benachbarten Wasserstoffatom, d.h. Dehydratisierung, z.B. am hydrierten Ring von Altersolanol A oder B, um eine Doppelbindung zwischen den ensprechenden C-Atomen sowie zwei pro- chirale Zentren an diesen Positionen zu erhalten. Anschließend kann diese Doppelbindung enzymatisch rehydratisiert oder aber eis- oder frans-dihydroxyliert werden, was bei geeigneter Wahl der Stereospezifität des Enzyms (z.B. Hydratase, Peroxy- genase) oder des Oxidationsmittels (z.B. Permanganat) die gewünschte Verbindung ergibt. Die Alterporriole G und H können beispielsweise auch durch chemische (wie- derum gegebenenfalls enzymatische) Anbindung des entsprechenden Anthrachinon- Substituenten an Position 8 von Altersolanol M - dem entsprechenden, an Position 3 acetylierten, "monomeren" Anthrachinon - erhalten werden, das gegebenenfalls davor geeignet derivatisiert wurde, wonach die Acetylgruppe von der OH-Gruppe an Position 3 hydrolytisch abgespalten wird.

Geeignete Enzyme für die Syntheseschritte zur Umsetzung von Vorläufern der ge- wünschten Verbindung können in manchen Fällen ebenfalls aus dem zur Fermentation eingesetzten oder auch aus einem anderen Mikroorganismus isoliert werden. Letzterer Fall kann sinnvoll sein, wenn beispielsweise ein Mikroorganismus zwar das gewünschte Produkt produziert, aber z.B. in so geringen Mengen oder so stark verunreinigt, dass es wirtschaftlicher ist, durch Kultivierung eines anderen Stamms (oder sogar einer anderen Spezies oder Gattung) einen Vorläufer des Produkts zu erhalten und diesen mittels enzymatischer Synthese zur Zielverbindung umzusetzen.

Die Gewinnung der jeweiligen Verbindung (4) bis (8) erfolgt gemäß vorliegender Erfindung jedoch vorzugsweise durch Extraktion und anschließende Isolierung aus einem Rohextrakt einer Kultur, z.B. mittels fraktionierter Kristallisation oder Chromatographieverfahren, noch bevorzugter präparativer HPLC, was bisher erneut die besten Ausbeuten bei gleichzeitig höchster Reinheit ergeben hat. Freilich sind speziell bei Ansätzen in größerem Maßstab auch andere Isolierungsverfahren, wie z.B. direkte fraktionierte Kristallisation des Rohextrakts oder auch Absorptionsmethoden, denkbar. Der Fachmann kann jedoch ohne übermäßiges Experimentieren das für den jeweiligen Kultivierungs- (bzw. Synthese- oder Partialsynthese-) Schritt geeignete Isolierungsverfahren ermitteln.

BEISPIELE Die Erfindung wird nachstehend unter Bezugnahme auf konkrete Ausführungsbeispiele näher beschrieben, die jedoch den Schutzumfang nicht einschränken sollen.

Die Verbindungen der Formeln (4) bis (8) wurden durch Kultivierung von Stemphy- lium globυliferum für die Verbindungen (5) bis (7) bzw. Nigrospora sp. für die Verbin- düngen (4) und (8) und anschließende Extraktion erhalten. Isolierung der Mikroorganismen a) Stemphylium globuliferυm

Frische, gesunde Stängel von Mentha pulegium (Polei-Minze) wurden zur Isolierung des endophytischen Pilzes verwendet. Die Oberfläche der Stängel wurde mit 70%- igem Ethanol 1 min lang sterilisiert und danach mit sterilem Wasser abgespült, um den Alkohol zu entfernen. Zur Unterscheidung etwaiger verbliebener epiphytischer Pilze von endophytischen Pilzen wurde ein Abdruck der Stängeloberfläche auf Bio- malzagar angefertigt. Kleine Gewebeproben aus dem Inneren wurden aseptisch aufgeschnitten und auf Agarplatten gepresst, die zur Unterdrückung von bakteriellem Wachstum ein Antibiotikum enthielten. Die Zusammensetzung des Isoliermediums war folgende: 15 g/l Malzextrakt, 15 g/l Agar und 0,2 g/l Chloramphenicol in destilliertem Wasser, pH 7,4-7,8). Aus den Kulturen wurde durch wiederholtes Überimpfen auf Malzagarplatten ein reiner Pilzstamm erhalten. Die Pilzkultur wurde nach einer molekularbiologischen Vorschrift mittels DNA-Amplifikation und Sequenzierung der ITS-Region als Stemphylium globuliferum identifiziert. Die Sequenzdaten wurden bei GenBank unter der Zugriffsnummer EU859960 hinterlegt.

b) Nigrospora sp.

Die Isolierung und Identifizierung erfolgte analog zu jener von Stemphylium globuli- ferum, wobei jedoch anstelle der Minzstängel Blätter von Bruguiera sexangula, einer Magrovenspezies, verwendet wurden.

Kultivierung

Zur Kultivierung beider isolierter Mikroorganismen wurden je zwei 1 -Liter-Erlen- meyer-Kolben, die jeweils 100 g Reis und 100 ml destilliertes Wasser enthielten, autoklaviert, um ein gequollenes, festes Reismedium zu erhalten. Ein kleiner Teil des obigen Isoliermediums, das den reinen Pilzstamm enthielt, wurde unter sterilen Bedingungen auf das feste Reismedium aufgebracht, und der Pilz wurde bei Raumtemperatur (22 0 C) 40 d lang für Stemphylium globuliferum bzw. 30 d lang für Nigrospora sp. kultiviert. Extraktion und Isolierung

Nach 30 bzw. 40 d wurde die Kultur zweimal mit 300 ml Ethylacetat (EtOAc) extrahiert. Der EtOAc-Extrakt wurde bis zur Trockene eingedampft und zwischen n-Hexan und 90%igem wässrigen Methanol (MeOH) verteilt. Die wässrig-methanolische Pha- se wurde bis zur Trockene eingedampft, und der Rückstand wurde zunächst Säulenchromatographie über eine Sephadex LH-20-Säule mit 100%igem Methanol (MeOH) als Laufmittel unter Detektion mittels Dünnschichtchromatographie (DC) auf Kieselgel F245 (Merck, Darmstadt, Deutschland) unter Verwendung von EtOAc/MeOH/H2θ (77:13:10) als Laufmittel unterzogen wurde. Die die gewünschten Verbindungen ent- haltenden Fraktionen wurden vereinigt und semipräparativer HPLC (Merck, Hitachi L- 7100) unter Verwendung einer Eurosphere 100-10 C18-Säule (300 x 8 mm, L x i.d.) und eines linearen Wasser-Methanol-Gradienten unterzogen. Auf diese Weise wurden die Verbindungen der Formeln (4) bis (8) in reiner Form erhalten, wobei die Atropisomere Alterporriol G und H nicht getrennt werden konnten.

Die Anteile der einzelnen Verbindungen an der Gesamtausbeute betrugen 49,0 Gew.-% Alterporriol G und H, 10,4 Gew.-% Altersolanol K, 7,8 Gew.-% Altersolanol L, 14,6 Gew.-% Tetrahydroaltersolanol B und 18,2 Gew.-% 8-Hydroxytetrahydroalter- solanol B.

Die Identifizierung der Verbindungen erfolgte anhand ihrer 1 H-NMR-, 13 C-NMR-, HMBC- und COSY-Spektren sowie Vergleich mit den in der erwähnten Literatur zitierten Werten.

Aktivitätsbestimmung

Die Aktivität der Verbindungen wurden in zwei unterschiedlichen Screeningsystemen getestet. Die antibakterielle und antifungale Aktivität wurde in einem MHK-Test untersucht. MHK steht für die "minimale Hemm-Konzentration" (engl.: MIC für "minimal inhibitory concentration") und bezeichnet die niedrigste Konzentration einer Sub- stanz, bei der mit bloßem Auge keine Vermehrung von Mikroorganismen wahrgenommen werden kann. Bestimmt wird die MHK mit einem so genannten Titerverfahren, bei dem die Substanz ausverdünnt und anschließend der Erreger zugefügt wird. In der Regel wird so die Konzentration eines Antibiotikums bestimmt, die das Wachstum eines Bakterienstammes gerade noch hemmt. Die MHK wird in Mikrogramm pro Milliliter (μg/ml) angegeben, und die Verdünnungen erfolgen in der Regel in Iog2- Schritten. Hierin wurde eine Ausgangskonzentration von 250 μg/ml jeweils auf das Doppelte verdünnt, was folglich Testkonzentrationen von 250 μg/ml, 125 μg/ml, 62,5 μg/ml, 31 ,2 μg/ml, 15,6 μg/ml, 7,8 μg/ml usw. ergab. Niedrigere Werte spiegeln demnach bessere Aktivität als Antiinfektivum wider.

Die Tests wurden nach den vom EUCAST (European Committee for Antimicrobial Susceptibility Testing) geforderten Standards und gemäß den AFST- ("Antifungal Susceptibility Testing") Vorschriften der European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ESCMID) durchgeführt.

Das Screeningsystem für Viren ist ein Infektionssystem, bei dem Wirtszellen in vitro infiziert werden und die Testsubstanz vor oder nach der Infektion zugesetzt und ihre Aktivität bestimmt wird. Alle diese Tests wurden gemäß den betriebsinternen Standardvorschriften von SeaLife Pharma zum Arzneimittelscreening durchgeführt, wobei analoge Verdünnungsreihen wie im antibakteriellen/antifungalen Test eingesetzt wurden.

In der nachstehenden Tabelle 3 sind die Testergebnisse bezüglich der antiinfektiven Wirkung gegen einige multiresistente Bakterien und Pilze (die allesamt freundlicherweise von Prof. Georgopulos von der Medizinischen Universität Wien zur Verfügung gestellt worden waren) für Altersolanol M, Alterporriol I und J sowie einige bekannte und strukturell ähnliche Vergleichssubstanzen angeführt. Die Daten sind jeweils Mittelwerte von Mehrfachbestimmungen.

Es ist klar ersichtlich, dass die Verbindungen der Formeln (4) bis (8) gute bis ausgezeichnete Aktivität gegen fünf Bakterienspezies, nämlich Enterococcus faecalis bzw. faecium, methicillinresistenten Staphylococcus aureus, Streptococcus pneumoniae, Staphylococcus epidermis und Acinetobacter baumanii, und darüber hinaus auch - wenn auch nur mäßige bis geringe - Aktivität gegen Aspergillus fumigatus bzw. fae- calis zeigen. Als einzige Verbindung in dieser Testreihe zeigte Tetrahydroaltersolanol B auch schwache Wirkung gegen E. coli, Klebsiella sp. und Pseudomonas aeruginosa.

Als Ergebnis der Aktivitätstest der Verbindungen (4) bis (8) gegen drei verschiedene Spezies respiratorischer Viren, nämlich ein humanes Rhinovirus (hrv), ein respiratorisches Synzytial-Virus (rsv) und Paraflu, die von der ATCC erhalten worden waren, wurde festgestellt, dass beide (bzw. alle drei) Verbindungen bereits ab einer Konzentration von 0,1 μg/ml für 100%igen Schutz der Zellen sorgten.

Somit wurde eindeutig belegt, dass die erfindungsgemäße Verwendung der fünf bekannten Verbindungen mitunter ausgezeichnete Wirksamkeit sowohl gegen mehrfach arzneimittelresistente bakterielle und fungale Erreger als auch gegen respiratori- sehe Viren zeigen und daher breite Anwendung als Antiinfektiva finden können.

EC E. coli

KL Klebsiella sp.

PS Pseudomonas aeruginosa

EK Enterococcus faecalis bzw. faecium

MRSA methicillinresistenter Staphylococcus aureus

STR Streptococcus pneumoniae

SE Staphylococcus epidermis

10 AB Acinetobacter baumanii

ASP Aspergillus fumigatus bzw. faecalis




 
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