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Title:
VEHICLE GUIDANCE SYSTEM AND METHOD FOR CONTROLLING AN EMERGENCY STOP ASSISTANCE FUNCTION OF A MOTOR VEHICLE
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2023/057171
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a vehicle guidance system for a motor vehicle. The vehicle guidance system is configured to determine a complexity indicator in relation to the complexity of a driving situation of the motor vehicle and to determine one or more trigger conditions as a function of the complexity indicator. The vehicle guidance system is further configured to cause an automated emergency stop of the motor vehicle if one or more trigger conditions occur.

Inventors:
KAGERER WALTER (DE)
AMLER SABINE (DE)
TOPRAK GUERSES SIRIN (DE)
Application Number:
PCT/EP2022/075279
Publication Date:
April 13, 2023
Filing Date:
September 12, 2022
Export Citation:
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Assignee:
BAYERISCHE MOTOREN WERKE AG (DE)
International Classes:
B60K28/02
Foreign References:
DE102017211005A12018-06-21
US20200064833A12020-02-27
US20170293299A12017-10-12
US20090027212A12009-01-29
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Claims:
Ansprüche

1) Fahrzeugführungssystem für ein Kraftfahrzeug (100), wobei das Fahrzeugführungssystem eingerichtet ist,

- einen Komplexitätsindikator in Bezug auf eine Komplexität einer Fahrsituation des Kraftfahrzeugs (100) zu ermitteln;

- ein oder mehrere Auslösebedingungen für einen automatisierten Nothalt des Kraftfahrzeugs (100) in Abhängigkeit von dem Komplexitätsindikator zu bestimmen; und

- bei Vorliegen der ein oder mehreren Auslösebedingungen den automatisierten Nothalt des Kraftfahrzeugs (100) zu bewirken.

2) Fahrzeugführungssystem gemäß Anspruch 1, wobei

- die ein oder mehreren Auslösebedingungen zumindest einen Auslösezeitraum aufweisen, der von einem maximal zulässigen Zeitraum für das Vorliegen eines bestimmten fahrerbezogenen Verhaltens und/oder Zustands abhängt; und

- das Fahrzeugführungssystem eingerichtet ist, den zumindest einen Auslösezeitraum in Abhängigkeit von dem Komplexitätsindikator anzupassen, insbesondere derart, dass

- der Auslösezeitraum steigt, wenn die durch den Komplexitätsindikator angezeigte Komplexität der Fahrsituation sinkt; und/oder

- der Auslösezeitraum sinkt, wenn die durch den Komplexitätsindikator angezeigte Komplexität der Fahrsituation steigt.

3) Fahrzeugführungssystem gemäß Anspruch 2, wobei die ein oder mehreren Auslösebedingungen umfassen, - eine erste Auslösebedingungen dahingehend, dass ein Fahrer des Fahrzeugs (100) seine Augen für zumindest einen ersten Auslösezeitraum durchgehend geschlossen hat; und/oder

- eine zweite Auslösebedingung dahingehend, dass der Kopf des Fahrers (100) für zumindest einen zweiten Auslösezeitraum von einer Geradeausstellung weg, insbesondere nach Unten, nach Oben und/oder zur Seite, ausgerichtet ist. ) Fahrzeugführungssystem gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Fahrzeugführungssystem eingerichtet ist, den Komplexitätsindikator in Bezug auf die Komplexität der Fahrsituation auf Basis von Umfelddaten von ein oder mehreren Umfeldsensoren (102) des Kraftfahrzeugs (100) zu ermitteln. ) Fahrzeugführungssystem gemäß Anspruch 4, wobei das Fahrzeugführungssystem eingerichtet ist, den Komplexitätsindikator auf Basis von ein oder mehreren der folgenden Informationen zu ermitteln,

- eine Information in Bezug auf eine Verkehrsdichte von Verkehr in einem Umfeld des Fahrzeugs (100); und/oder

- eine Information in Bezug auf das Vorliegen einer Staufahrt des Fahrzeugs (100). ) Fahrzeugführungssystem gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Fahrzeugführungssystem eingerichtet ist, den Komplexitätsindikator in Bezug auf die Komplexität der Fahr situation auf Basis von Kartendaten für eine digitale Karte in Bezug auf ein von dem Kraftfahrzeug (100) befahrenes Fahrbahnnetz zu ermitteln. ) Fahrzeugführungssystem gemäß Anspruch 6, wobei das Fahrzeugführungssystem eingerichtet ist, den Komplexitätsindikator auf Basis - 19 - von Information in Bezug auf einen Typ einer von dem Fahrzeug (100) befahrenen Fahrbahn zu ermitteln. ) Fahrzeugführungssystem gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Fahrzeugführungssystem eingerichtet ist, den Komplexitätsindikator in Bezug auf die Komplexität der Fahrsituation auf Basis von Zustandsdaten in Bezug auf einen Zustand des Fahrzeugs (100) zu ermitteln. ) Fahrzeugführungssystem gemäß Anspruch 8, wobei das Fahrzeugführungssystem eingerichtet ist, den Komplexitätsindikator auf Basis von ein oder mehreren der folgenden Informationen zu ermitteln,

- eine Information in Bezug auf eine Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs (100); und/oder

- eine Information in Bezug auf ein oder mehrere aktivierte F ahrerassi stenzfunkti onen . 0) Fahrzeugführungssystem gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Fahrzeugführungssystem eingerichtet ist,

- auf Basis des Komplexitätsindikators zu ermitteln, ob eine Fahrsituation einer ersten Kategorie oder einer zweiten Kategorie vorliegt; wobei Fahr Situationen der ersten Kategorie und der zweiten Kategorie jeweils eine unterschiedliche Komplexität aufweisen;

- ein oder mehrere erste Auslösebedingungen für das Auslösen eines automatisierten Nothalts des Fahrzeugs (100) zu verwenden, wenn eine Fahrsituation der ersten Kategorie vorliegt; und

- ein oder mehrere zweite Auslösebedingungen für das Auslösen eines automatisierten Nothalts des Fahrzeugs (100) zu verwenden, wenn eine Fahrsituation der zweiten Kategorie vorliegt; wobei sich die ein oder mehreren zweiten Auslösebedingungen von den ein oder mehreren ersten Auslösebedingungen unterscheiden. - 20 - ) Fahrzeugführungssystem gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Fahrzeugführungssystem eingerichtet ist,

- Fahrerdaten in Bezug auf einen Fahrer des Fahrzeugs (100), insbesondere Bilddaten einer auf den Fahrer gerichteten Kamera, zu ermitteln;

- auf Basis der Fahrerdaten zu bestimmen, ob die ein oder mehreren Auslösebedingungen für das Auslösen eines automatisierten Nothalts des Fahrzeugs (100) erfüllt sind oder nicht; und

- einen automatisierten Nothalt des Fahrzeugs (100) zu bewirken, wenn bestimmt wurde, dass die ein oder mehreren Auslösebedingungen erfüllt sind. ) Fahrzeugführungssystem gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Fahrzeugführungssystem eingerichtet ist,

- ein oder mehrere Aktivitätsindizien in Bezug auf eine Aktivität eines Fahrers des Fahrzeugs (100) zu detektieren; wobei die ein oder mehreren Aktivitätsindizien insbesondere eine Betätigung eines Bedienelements, etwa einer Taste, eines Fahrpedals und/oder eines Bremspedals, des Fahrzeugs (100) durch den Fahrer umfassen; und

- die ein oder mehreren Auslösebedingungen auch in Abhängigkeit von den ein oder mehreren erkannten Aktivitätsindizien zu bestimmen, insbesondere anzupassen. ) Fahrzeugführungssystem gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Fahrzeugführungssystem eingerichtet ist, einen Komplexitätsindikator zu ermitteln, der anzeigt,

- wie komplex die Fahrsituation typischerweise für einen Fahrer ist; und/oder

- welchen Grad an Aufmerksamkeit die Fahrsituation typischerweise von einem Fahrer erfordert. - 21 - ) Fahrzeugführungssystem gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Fahrzeugführungssystem eingerichtet ist, die ein oder mehreren Auslösebedingungen derart in Abhängigkeit von dem Komplexitätsindikator zu bestimmen, insbesondere anzupassen, dass

- eine Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein automatisierter Nothalt des Kraftfahrzeugs (100) bewirkt wird, sinkt, wenn die durch den Komplexitätsindikator angezeigte Komplexität der Fahrsituation sinkt; und/oder

- die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein automatisierter Nothalt des Kraftfahrzeugs (100) bewirkt wird, steigt, wenn die durch den Komplexitätsindikator angezeigte Komplexität der Fahrsituation steigt. ) Verfahren (200) zur Steuerung einer Nothalteassistenzfunktion eines Kraftfahrzeugs (100), die eingerichtet ist, bei Vorliegen von ein oder mehreren Auslösebedingungen einen automatisierten Nothalt des Kraftfahrzeugs (100) zu bewirken; wobei das Verfahren (200) umfasst,

- Ermitteln (201) eines Komplexitätsindikators in Bezug auf eine Komplexität einer Fahrsituation des Kraftfahrzeugs (100); und

- Bestimmen (202) der ein oder mehreren Auslösebedingungen in Abhängigkeit von dem Komplexitätsindikator.

Description:
Fahrzeugführungssystem und Verfahren zur Steuerung einer Nothalteassistenzfunktion eines Kraftfahrzeugs

Die Erfindung betrifft ein Fahrzeugführungssystem und ein entsprechendes Verfahren zur Steuerung einer Nothalteassistenzfunktion eines Kraftfahrzeugs.

Ein Fahrzeug kann ein oder mehrere Fahrfunktionen, insbesondere Fahrerassistenzfunktionen, umfassen, die ausgebildet sind, den Fahrer des Fahrzeugs bei der Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs zu unterstützen. Das Fahrzeug kann insbesondere eine Nothalteassistenzfunktion umfassen, die ausgebildet ist, einen Nothalt des Fahrzeugs zu bewirken, wenn erkannt wird, dass der Fahrer für einen längeren Zeitraum (z.B. von 3 Sekunden) die Augen geschlossen hat oder den Kopf abgesenkt hat. Anhand von derartigen Auslösebedingungen der Nothalteassistenzfunktion soll bewirkt werden, dass das Fahrzeug in den Stillstand überführt werden kann, wenn der Fahrer nicht mehr in der Lage ist, das Fahrzeug manuell zu führen (z.B., weil der Fahrer eingeschlafen ist). Das automatische Bewirken eines Nothalts kann für den Fahrer des Fahrzeugs unkomfortabel und störend sein, wenn der Fahrer weiterhin in der Lage ist, das Fahrzeug manuell zu führen. Ferner führt ein Nothalt meist zu einer Beeinträchtigung des Verkehrs in der Umgebung des Fahrzeugs, sodass nicht erforderliche Nothalte vermieden werden sollten.

Das vorliegende Dokument befasst sich mit der technischen Aufgabe, den Komfort und die Zuverlässigkeit einer Nothalteassistenzfunktion zu erhöhen.

Die Aufgabe wird durch jeden der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen werden u.a. in den abhängigen Ansprüchen beschrieben. Es wird darauf hingewiesen, dass zusätzliche Merkmale eines von einem unabhängigen Patentanspruch abhängigen Patentanspruchs ohne die Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs oder nur in Kombination mit einer Teilmenge der Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs eine eigene und von der Kombination sämtlicher Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs unabhängige Erfindung bilden können, die zum Gegenstand eines unabhängigen Anspruchs, einer Teilungsanmeldung oder einer Nachanmeldung gemacht werden kann. Dies gilt in gleicher Weise für in der Beschreibung beschriebene technische Lehren, die eine von den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche unabhängige Erfindung bilden können.

Gemäß einem Aspekt wird ein Fahrzeugführungssystem für ein Kraftfahrzeug beschrieben. Das Fahrzeugführungssystem ist eingerichtet, bei Vorliegen von einer oder mehreren Auslösebedingungen einen automatisierten Nothalt des Kraftfahrzeugs zu bewirken. Die ein oder mehreren Auslösebedingungen können dabei auf den Zustand und/oder auf das Verhalten des Fahrers des Fahrzeugs (in Bezug auf die Durchführung der Fahraufgabe) gerichtet sein. Im Rahmen des automatisierten Nothalts kann das Fahrzeug automatisiert längs- und ggf. quergeführt werden, um das Fahrzeug in den Stillstand zu überführen. Die ein oder mehreren Auslösebedingungen können zumindest einen Auslösezeitraum aufweisen. Der Auslösezeitraum kann dabei von einem (maximal zulässigen) Zeitraum für das Vorliegen eines bestimmten fahrerbezogenen Verhaltens und/oder Zustands abhängen. Insbesondere kann der Auslösezeitraum einem derartigen (maximal zulässigen) Zeitraum entsprechen. Beispielhafte fahrerbezogene Verhalten und/oder Zustände sind: der Fahrer hat die Augen geschlossen; der Kopf des Fahrers weicht von der Geradaus-Stellung ab (z.B., weil der Kopf noch vorne oder nach hinten geneigt ist). Das Fahrzeugführungssystem kann ausgebildet sein, nach Ablauf des Auslösezeitraums (insbesondere nach Ablauf des maximal zulässigen Zeitraums für das Verhalten und/oder für den Zustand des Fahrers) den automatisierten Nothalt des Kraftfahrzeugs zu bewirken. Der Auslösezeitraum kann dabei der (maximal zulässige) Zeitraum sein, für den der Fahrer (höchstens) unaufmerksam sein kann (z.B. für den der Fahrer die Augen schließen kann und/oder den Kopf von der Geradeaus-Stellung abwenden kann), bevor der automatisierten Nothalt des Kraftfahrzeugs bewirkt wird.

Insbesondere können die ein oder mehreren Auslösebedingungen eine erste Auslösebedingung dahingehend umfassen, dass der Fahrer des Fahrzeugs seine Augen für zumindest einen ersten Auslösezeitraum durchgehend geschlossen hat. Alternativ oder ergänzend können die ein oder mehreren Auslösebedingungen eine zweite Auslösebedingung dahingehend umfassen, dass der Kopf des Fahrers für zumindest einen zweiten Auslösezeitraum von einer Geradeausstellung weg, insbesondere nach Unten, nach Oben und/oder zur Seite, ausgerichtet ist. Der automatisierte Nothalt kann z.B. ausgelöst werden, sobald zumindest eine der Auslösebedingungen erfüllt ist.

Das Fahrzeugführungssystem kann eingerichtet sein, Fahrerdaten in Bezug auf den Fahrer des Fahrzeugs, insbesondere Bilddaten einer auf den Fahrer gerichteten Kamera, zu ermitteln. Es kann dann auf Basis der Fahrerdaten bestimmt werden, ob eine oder mehrere Auslösebedingungen für das Auslösen eines automatisierten Nothalts des Fahrzeugs erfüllt sind oder nicht. Ferner kann (ggf. nur dann) ein automatisierter Nothalt des Fahrzeugs bewirkt werden, wenn bestimmt wurde bzw. wenn bestimmt wird, dass eine oder mehrere Auslösebedingungen erfüllt sind.

Die ein oder mehreren Auslösebedingungen können wiederholt, insbesondere periodisch (z.B. mit einer Frequenz von 0,5 Hz oder mehr), überprüft werden. Es kann somit wiederholt während einer Fahrt des Fahrzeugs überprüft werden, ob ein automatisierter Nothalt bewirkt wird oder nicht.

Das Fahrzeugführungssystem ist ferner eingerichtet, einen Komplexitätsindikator in Bezug auf die Komplexität einer Fahrsituation des Kraftfahrzeugs zu ermitteln. Dabei kann der Komplexitätsindikator anzeigen, wie komplex die Fahrsituation typischerweise für einen Fahrer ist, und/oder welchen Grad an Aufmerksamkeit die Fahrsituation typischerweise von einem Fahrer erfordert.

Das Fahrzeugführungssystem kann eingerichtet sein, den Komplexitätsindikator in Bezug auf die Komplexität der Fahrsituation auf Basis von Umfelddaten von ein oder mehreren Umfeldsensoren (z.B. von einer Umfeldkamera) des Kraftfahrzeugs zu ermitteln. Alternativ oder ergänzend kann der Komplexitätsindikator auf Basis von Kartendaten für eine digitale Karte in Bezug auf das von dem Kraftfahrzeug befahrene Fahrbahnnetz ermittelt werden. Alternativ oder ergänzend kann der Komplexitätsindikator auf Basis von Zustandsdaten in Bezug auf den Zustand, insbesondere in Bezug auf die Fahrgeschwindigkeit und/oder in Bezug auf ein oder mehrere aktivierte Fahrerassistenzfunktionen, des Fahrzeugs ermittelt werden.

Der Komplexitätsindikator kann z.B. auf Basis von ein oder mehreren der folgenden Informationen ermittelt werden, • eine Information in Bezug auf die Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs (auf Basis der Zustandsdaten);

• eine Information in Bezug auf die Verkehrsdichte von Verkehr in dem Umfeld des Fahrzeugs (auf Basis der Umfelddaten);

• eine Information in Bezug auf den Typ der von dem Fahrzeug befahrenen Fahrbahn (auf Basis der Kartendaten);

• eine Information in Bezug auf ein oder mehrere aktivierte Fahrerassistenzfunktionen (auf Basis der Zustandsdaten); und/oder

• eine Information in Bezug auf das Vorliegen einer Staufahrt des Fahrzeugs (auf Basis der Umfelddaten).

Das Fahrzeugführungssystem kann somit eingerichtet sein, (wiederholt, insbesondere periodisch) zu ermitteln, wie komplex die jeweils vorliegende Fahrsituation des Fahrzeugs ist. Dies kann durch den Komplexitätsindikator angezeigt werden. Der Komplexitätsindikator kann z.B. eine Komplexitäts- Kategorie der jeweils vorliegenden Fahrsituation anzeigen.

Das Fahrzeugführungssystem ist ferner eingerichtet, die ein oder mehreren Auslösebedingungen (zum Auslösen des automatisierten Nothalts) in Abhängigkeit von dem Komplexitätsindikator zu bestimmten, insbesondere anzupassen. Das Fahrzeugführungssystem kann insbesondere eingerichtet sein, den zumindest einen Auslösezeitraum in Abhängigkeit von dem Komplexitätsindikator zu bestimmten, insbesondere anzupassen. Die Anpassung kann dabei derart erfolgen, dass der Auslösezeitraum steigt, wenn die durch den Komplexitätsindikator angezeigte Komplexität der Fahrsituation sinkt. Alternativ oder ergänzend kann die Anpassung derart erfolgen, dass der Auslösezeitraum sinkt, wenn die durch den Komplexitätsindikator angezeigte Komplexität der Fahrsituation steigt.

Insbesondere kann das Fahrzeugführungssystem eingerichtet sein, die ein oder mehreren Auslösebedingungen (bzw. die ein oder mehreren Auslösezeiträume) derart in Abhängigkeit von dem Komplexitätsindikator zu bestimmten, insbesondere anzupassen, dass die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein automatisierter Nothalt des Kraftfahrzeugs bewirkt wird, sinkt, wenn die durch den Komplexitätsindikator angezeigte Komplexität der Fahrsituation sinkt, und/oder dass die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein automatisierter Nothalt des Kraftfahrzeugs bewirkt wird, steigt, wenn die durch den Komplexitätsindikator angezeigte Komplexität der Fahrsituation steigt.

Wie bereits oben dargelegt, ist das Fahrzeugführungssystem ferner eingerichtet, bei Vorliegen der ein oder mehreren Auslösebedingungen den automatisierten Nothalt des Kraftfahrzeugs zu bewirken.

Es wird somit ein Fahrzeugführungssystem beschrieben, das ausgebildet ist, die ein oder mehreren Auslösebedingungen zum Auslösen des automatisierten Nothalts (wiederholt, insbesondere periodisch) an die Komplexität der jeweils vorliegenden Fahrsituation anzupassen. So können der Komfort und die Zuverlässigkeit einer Nothalteassistenzfunktion erhöht werden. Insbesondere können so unnötige Nothalte in zuverlässiger und sicherer Weise vermieden werden.

Das Fahrzeugführungssystem kann eingerichtet sein, auf Basis des Komplexitätsindikators zu ermitteln, ob eine Fahrsituation einer ersten (Komplex! täts-) Kategorie oder einer zweiten (Komplexitäts-) Kategorie vorliegt. Dabei können Fahrsituationen der ersten Kategorie und der zweiten Kategorie jeweils unterschiedliche Komplexitäten aufweisen (d.h. jeweils als unterschiedlich komplex von typischen Fahrern wahrgenommen werden).

Es können dann ein oder mehrere erste Auslösebedingungen für das Auslösen eines automatisierten Nothalts des Fahrzeugs verwendet werden, wenn eine Fahrsituation der ersten Kategorie vorliegt, und es können ein oder mehrere zweite Auslösebedingungen für das Auslösen eines automatisierten Nothalts des Fahrzeugs verwendet werden, wenn eine Fahrsituation der zweiten Kategorie vorliegt. Dabei können sich die ein oder mehreren zweiten Auslösebedingungen zumindest teilweise von den ein oder mehreren ersten Auslösebedingungen unterscheiden.

Durch die Kategorisierung der unterschiedlichen Fahrsituationen können der Komfort und die Zuverlässigkeit der Nothalteassistenzfunktion in besonders effizienter Weise erhöht werden.

Das Fahrzeugführungssystem kann eingerichtet sein, ein oder mehrere Aktivitätsindizien in Bezug auf die Aktivität des Fahrers des Fahrzeugs zu detektieren. Die ein oder mehreren Aktivitätsindizien können z.B. eine Betätigung eines Bedienelements, etwa einer Taste, des Fahrpedals und/oder des Bremspedals, des Fahrzeugs durch den Fahrer umfassen. Wenn (an einem bestimmten Zeitpunkt) ein Aktivitätsindiz erkannt wird, so zeigt dies an, dass der Fahrer ggf. weiterhin fahrtüchtig ist (z.B. für einen bestimmten Zeitraum ab dem bestimmten Zeitpunkt). Die ein oder mehreren Auslösebedingungen können dann auch in Abhängigkeit von den ein oder mehreren erkannten Aktivitätsindizien angepasst werden (für den bestimmten Zeitraum ab dem bestimmten Zeitpunkt). Die Anpassung kann dabei derart erfolgen, dass die ein oder mehreren Auslösezeiträume verlängert werden, wenn ein Aktivitätsindiz erkannt wurde. So können der Komfort und die Zuverlässigkeit der Nothalteassistenzfunktion weiter erhöht werden.

Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein (Straßen-) Kraftfahrzeug (insbesondere ein Personenkraftwagen oder ein Lastkraftwagen oder ein Bus) beschrieben, das das in diesem Dokument beschriebene Fahrzeugführungssystem umfasst.

Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Verfahren zur Steuerung einer Nothalteassistenzfunktion eines Kraftfahrzeugs beschrieben, die eingerichtet ist, bei Vorliegen von ein oder mehreren Auslösebedingungen einen automatisierten Nothalt des Kraftfahrzeugs zu bewirken. Das Verfahren umfasst das Ermitteln eines Komplexitätsindikators in Bezug auf die Komplexität einer Fahrsituation des Kraftfahrzeugs (in Bezug auf die von dem Fahrer zu leistende Fahraufgabe). Des Weiteren umfasst das Verfahren das Bestimmen, insbesondere das Anpassen, der ein oder mehreren Auslösebedingungen in Abhängigkeit von dem Komplexitätsindikator.

Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Software (SW) Programm beschrieben. Das SW Programm kann eingerichtet werden, um auf einem Prozessor (z.B. auf einem Steuergerät eines Fahrzeugs) ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Verfahren auszuführen.

Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Speichermedium beschrieben. Das Speichermedium kann ein SW Programm umfassen, welches eingerichtet ist, um auf einem Prozessor ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Verfahren auszuführen.

Unter dem Begriff „automatisiertes Fahren“ kann im Rahmen des Dokuments ein Fahren mit automatisierter Längs- oder Querführung oder ein autonomes Fahren mit automatisierter Längs- und Querführung verstanden werden. Bei dem automatisierten Fahren kann es sich beispielsweise um ein zeitlich längeres Fahren auf der Autobahn oder um ein zeitlich begrenztes Fahren im Rahmen des Einparkens oder Rangierens handeln. Der Begriff „automatisiertes Fahren“ umfasst ein automatisiertes Fahren mit einem beliebigen Automatisierungsgrad. Beispielhafte Automatisierungsgrade sind ein assistiertes, teilautomatisiertes, hochautomatisiertes oder vollautomatisiertes Fahren. Diese Automatisierungsgrade wurden von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) definiert (siehe B ASt-Publikation „Forschung kompakt“, Ausgabe 11/2012). Beim assistierten Fahren führt der Fahrer dauerhaft die Längs- oder Querführung aus, während das System die jeweils andere Funktion in gewissen Grenzen übernimmt. Beim teilautomatisierten Fahren (TAF) übernimmt das System die Längs- und Querführung für einen gewissen Zeitraum und/oder in spezifischen Situationen, wobei der Fahrer das System wie beim assistierten Fahren dauerhaft überwachen muss. Beim hochautomatisierten Fahren (HAF) übernimmt das System die Längs- und Querführung für einen gewissen Zeitraum, ohne dass der Fahrer das System dauerhaft überwachen muss; der Fahrer muss aber in einer gewissen Zeit in der Lage sein, die Fahrzeugführung zu übernehmen. Beim vollautomatisierten Fahren (VAF) kann das System für einen spezifischen Anwendungsfall das Fahren in allen Situationen automatisch bewältigen; für diesen Anwendungsfall ist kein Fahrer mehr erforderlich. Die vorstehend genannten vier Automatisierungsgrade entsprechen den SAE-Level 1 bis 4 der Norm SAE J3016 (SAE - Society of Automotive Engineering). Beispielsweise entspricht das hochautomatisierte Fahren (HAF) Level 3 der Norm SAE J3016. Ferner ist in der SAE J3016 noch der SAE-Level 5 als höchster

Automatisierungsgrad vorgesehen, der in der Definition der BASt nicht enthalten ist. Der SAE-Level 5 entspricht einem fahrerlosen Fahren, bei dem das System während der ganzen Fahrt alle Situationen wie ein menschlicher Fahrer automatisch bewältigen kann; ein Fahrer ist generell nicht mehr erforderlich. Die in diesem Dokument beschriebenen Aspekte beziehen sich insbesondere auf Fahrfunktionen gemäß SAE-Level 1 oder 2.

Es ist zu beachten, dass die in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme sowohl alleine, als auch in Kombination mit anderen in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systemen verwendet werden können. Des Weiteren können jegliche Aspekte der in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden. Insbesondere können die Merkmale der Ansprüche in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden. Ferner sind in Klammern aufgeführte Merkmale als optionale Merkmale zu verstehen.

Im Weiteren wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher beschrieben. Dabei zeigen Figur 1 ein beispielhaftes Fahrzeug mit einer Nothalteassistenzfunktion; und Figur 2 ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens zum Betrieb einer N othalteassi stenzfunkti on .

Wie eingangs dargelegt, befasst sich das vorliegende Dokument mit der Erhöhung des Komforts und der Zuverlässigkeit einer Nothalteassistenzfunktion. In diesem Zusammenhang zeigt Fig. 1 ein beispielhaftes Fahrzeug 100, das ein oder mehrere Umfeldsensoren 102 umfasst, die eingerichtet sind, Umfelddaten (d.h. Sensordaten) in Bezug auf das Umfeld des Fahrzeugs 100 (insbesondere in Bezug auf das Umfeld in Fahrtrichtung vor dem Fahrzeug 100) zu erfassen. Beispielhafte Umfeldsensoren 102 sind ein oder mehrere Kameras, ein oder mehrere Radarsensoren, ein oder mehrere Lidarsensoren, ein oder mehrere Ultraschall sensoren, etc.

Eine Steuereinheit 101 des Fahrzeugs 100 ist eingerichtet, die Umfelddaten auszuwerten, um ein oder mehrere Fahrfunktionen des Fahrzeugs 100 bereitzustellen. Beispielhafte Fahrfunktionen sind eine Spurhalteassistenzfunktion, ein adaptiver Abstands- und/oder Geschwindigkeitsregler, eine Nothalteassistenzfunktion, etc. Zu diesem Zweck können von der Steuereinheit 101 ein oder mehrere Längs- und/oder Querführungsaktoren 103 des Fahrzeugs 100 angesteuert werden (z.B. ein Antriebsmotor, eine Lenkvorrichtung und/oder eine Bremsvorrichtung).

Im Rahmen der Nothalteassistenzfunktion kann bewirkt werden, dass das Fahrzeug 100 automatisiert innerhalb der aktuell befahrenen Fahrspur in den Stillstand abgebremst wird. Dabei können die Längsführung und die Querführung des Fahrzeugs 100 automatisiert durch das Fahrzeug 100, insbesondere durch die Steuereinheit 101, bewirkt werden.

Das Fahrzeug 100 umfasst ein oder mehrere Fahrersensoren 104, die eingerichtet sind, Fahrerdaten (d.h. Sensordaten) in Bezug auf den Fahrer des Fahrzeugs 100 zu erfassen. Die ein oder mehreren Fahrersensoren 104 können insbesondere eine von vorne auf den Fahrer, etwa auf den Kopf des Fahrers, gerichtete Kamera umfassen. Die Steuereinheit 101 kann eingerichtet sein, die Fahrerdaten auszuwerten, um z.B. zu ermitteln,

• ob die Augen des Fahrers geöffnet oder geschlossen sind;

• ob der Kopf des Fahrers (gegenüber der Horizontalen) nach Unten (d.h. in den Schoß des Fahrers) gefallen ist (z.B. um 15° oder mehr);

• ob der Kopf des Fahrers zur Seite weggedreht ist; und/oder

• ob der Kopf des Fahrers nach Hinten (d.h. gegen die Kopfstütze) gefallen ist.

Die o.g. Information kann ein Indiz dafür sein, dass die Aufmerksamkeit des Fahrers des Fahrzeugs 100 nicht auf die Fahraufgabe oder auf die Überwachung der durch das Fahrzeug 100 bewirkten Fahraufgabe gerichtet ist. Ggf. kann durch die o.g. Information angezeigt werden, dass der Fahrer des Fahrzeugs 100 nicht bei Bewusstsein ist (z.B., weil der Fahrer schläft).

Die Steuereinheit 101, d.h. ein die Steuereinheit 101 umfassendes Fahrzeugführungssystem, kann eingerichtet sein, auf Basis der Fahrerdaten zu überprüfen, ob ein oder mehrere Auslösebedingungen zum Auslösen eines automatisierten Nothalts erfüllt sind oder nicht. Beispielhafte Auslösebedingungen sind,

• eine erste Auslösebedingung dahingehend, dass die Augen des Fahrers ununterbrochen für zumindest einen ersten Auslösezeitraum (z.B. von 3 Sekunden) geschlossen sind; und/oder

• eine zweite Auslösebedingung dahingehend, dass der Kopf des Fahrers ununterbrochen für zumindest einen zweiten Auslösezeitraum (z.B. von 3 Sekunden) nach Unten gefallen ist.

Wenn bestimmt wird, dass eine oder mehrere Auslösebedingungen erfüllt sind, kann ein automatisierter Nothalt ausgelöst werden, um das Fahrzeug 100 innerhalb der aktuell befahrenen Fahrspur automatisiert in den Stillstand zu üb erführen.

Wie eingangs dargelegt, kann ein automatisierter Nothalt zu einer Beeinträchtigung des Verkehrs im Umfeld des Fahrzeugs 100 führen. Ferner kann der Fahrer durch den Nothalt gestört oder überrascht werden, wenn sich der Fahrer noch in einem fahrbereiten Zustand befindet.

Das Fahrzeugführungssystem kann eingerichtet sein, im Rahmen der Nothalteassistenzfunktion einen Komplexitätsindikator für die Komplexität einer vorliegenden Fahrsituation zu ermitteln. Der Komplexitätsindikator und/oder die Komplexität einer Fahrsituation können z.B. abhängen von,

• der Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs 100, wobei die Komplexität typischerweise mit steigender Fahrgeschwindigkeit steigt;

• dem Straßentyp, wie z.B. Autobahn, Landstraße, Innenstadt; wobei die Komplexität typischerweise in der Innenstadt höher ist als auf der Autobahn;

• der Verkehrsdichte des umliegenden Verkehrs, wobei die Komplexität typischerweise mit steigender Verkehrsdichte steigt;

• dem Fahren in einem Verkehrsstau, was typischerweise mit einer relativ niedrigen Komplexität verbunden ist;

• einer aktivierten Fahrerassistenzfunktion, insbesondere einer Fahrerassistenzfunktion, die eingerichtet ist, das Fahrzeug 100 zumindest teilweise automatisiert längs- und/oder querzuführen (wie z.B. einer Spurhalteassistenzfunktion und/oder einem Abstands- und/oder Geschwindigkeitsregler). Typischerweise führt die Nutzung von ein oder mehreren Fahrerassistenzfunktionen zu einer Reduzierung der Komplexität der Fahr situation.

Das Fahrerassistenzsystem kann somit eingerichtet sein, einen Komplexitätsindikator zu ermitteln, der anzeigt, wie komplex die vorliegende Fahrsituation in Bezug auf die von dem Fahrer zu erbringende Fahraufgabe (zur Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs 100) ist.

Das Fahrerassistenzsystem kann ferner eingerichtet sein, ein oder mehrere Auslösebedingungen zur Durchführung eines automatisierten Nothalts in Abhängigkeit von dem ermittelten Komplexitätsindikator für die Komplexität der aktuell vorliegenden Fahrsituation anzupassen. Dabei können eine oder mehrere Auslösebedingungen derart angepasst werden, dass

• die Wahrscheinlichkeit für die Durchführung eines automatisierten Nothalts sinkt, wenn die durch den Komplexitätsindikator angezeigte Komplexität der Fahrsituation sinkt; und/oder

• die Wahrscheinlichkeit für die Durchführung eines automatisierten Nothalts steigt, wenn die durch den Komplexitätsindikator angezeigte Komplexität der Fahrsituation steigt.

Insbesondere kann der Auslösezeitraum der ein oder mehreren Auslösebedingungen (für das Vorliegen eines unaufmerksamen Fahrers) verlängert werden, wenn die durch den Komplexitätsindikator angezeigte Komplexität der Fahrsituation sinkt. Andererseits kann der Auslösezeitraum einer oder mehrerer Auslösebedingungen verkürzt werden, wenn die die durch den Komplexitätsindikator angezeigte Komplexität der Fahrsituation steigt.

Beispielhafte Auslösebedingungen für einen Nothalt sind z.B. (ggf. bei Vorliegen einer Fahrgeschwindigkeit von > 70 km/h):

• Augen des Fahrers geschlossen für > 2,5s (Auslösezeitraum 1).

• Nach Vorne Fallen des Kopfes des Fahrers um > 20° und Beibehaltung eines Winkels > 18° für > 1,5 s (Auslösezeitraum 2).

• Nach Vorne Fallen des Kopfes des Fahrers um > 15° in < 0,5s und kein Wiedererkennen des Gesichts des Fahrers innerhalb 1,5 s (Auslösezeitraum 3). • Nach Hinten Fallen des Kopfes des Fahrers um > 10° und Beibehaltung des Winkels > 10° für > 1,5 s (Auslösezeitraum 4).

Die o.g. Auslösezeiträume können in Abhängigkeit von dem Komplexitätsindikator für die Komplexität der aktuell vorliegenden Fahrsituation angepasst werden. Insbesondere können die Auslösezeiträume erhöht werden, wenn das Vorliegen einer Fahrsituation mit einer relativ geringen Komplexität erkannt wird (wie z.B. das Fahren mit relativ niedriger Geschwindigkeit, etwa zwischen 20 und 50 km/h, in einem Stau). Beispielsweise kann der Auslösezeitraum 1 auf 5s, der Auslösezeitraum 2 auf 3s, der Auslösezeitraum 3 auf 3s und/oder der Auslösezeitraum 4 auf 3s erhöht werden (wobei „s“ für Sekunden steht).

Das Fahrerassistenzsystem kann ggf. ausgebildet sein, vor Durchführung eines automatisierten Nothalts eine (akustische) Aufmerksamkeits-Aufforderung an den Fahrer des Fahrzeugs 100 auszugeben, wenn auf Basis der Fahrerdaten erkannt wird, dass der Fahrer einen unzureichenden Grad an Aufmerksamkeit in Bezug auf die Fahraufgabe aufweist. Beispielsweise kann auf Basis der Fahrerdaten die Ausrichtung des Kopfes des Fahrers ermittelt werden (z.B. anhand der Ausrichtung der Nase des Fahrers). Wenn die Ausrichtung des Kopfes für einen bestimmten Zeitraum (z.B. 3s) von der Geradeaus-Richtung abweicht, so kann zunächst (über einen Lautsprecher 105 des Fahrzeugs 100) eine akustische Aufmerksamkeits-Aufforderung ausgegeben werden. Wenn die Ausrichtung des Kopfes weiterhin von der Geradeaus-Richtung abweicht, so kann nach einem Auslösezeitraum der automatisierte Nothalt bewirkt werden. Dieser Auslösezeitraum kann wiederum in Abhängigkeit von dem Komplexitätsindikator angepasst werden.

Es kann beobachtet werden, dass sich Fahrer bei wenig anspruchsvollen Fahraufgaben (d.h. bei relativ wenig komplexen Fahr Situationen) vermehrt ablenken lassen und dabei ggf. absichtlich nach Unten schauen (z.B. um ein mobiles Anwendergerät, etwa ein Smartphone, zu betrachten). In einer derartigen Situation kann es zum Auslösen eines automatisierten Nothalts kommen, obwohl der Fahrer eigentlich nicht fahruntüchtig ist.

Wie in diesem Dokument beschrieben, können abhängig von der Komplexität des Verkehrsgeschehens die ein oder mehreren Erkennungszeiten für die Fahruntüchtigkeit des Fahrers (d.h. die ein oder mehreren Auslösezeiträume) länger oder kürzer gestaltet werden. Beispielsweise kann eine Kategorie für ein relativ komplexes Verkehrsgeschehen definiert werden, bei der eine Fahrt in einem Wohngebiet oder eine Fahrt mit relativ hoher Geschwindigkeit (z.B. > 50 km/h) vorliegt. In einem weiteren Beispiel kann eine Kategorie für ein relativ wenig komplexes Verkehrsgeschehen definiert werden, bei der eine Fahrt in einem Stau unterhalb von 50 km/h vorliegt.

Die Erkennung der Kategorie, d.h. die Ermittlung des Komplexitätsindikators, kann über die Umfelderfassung des Fahrzeugs 100 durch ein oder mehrere Umfeldsensoren 102 (z.B. um die Verkehrsdichte, die Stauwahrscheinlichkeit, etc. zu ermitteln) und/oder über Navigationsdaten (z.B. um das Vorliegen eines Wohngebiets über die Straßenklasse zu ermitteln) erfolgen.

Fig. 2 zeigt ein Ablaufdiagramm eines (ggf. Computer-implementierten) Verfahrens 200 zur Steuerung einer Nothalteassistenzfunktion eines Kraftfahrzeugs 100. Die Nothalteassistenzfunktion ist eingerichtet, bei Vorliegen von ein oder mehreren Auslösebedingungen einen automatisierten Nothalt des Kraftfahrzeugs 100 zu bewirken. Die ein oder mehreren Auslösebedingungen können sich dabei auf die Aufmerksamkeit des Fahrers des Fahrzeugs 100 beziehen. Insbesondere kann sich eine erste Auslösebedingung darauf beziehen, ob und wie lange die Augen des Fahrers geschlossen sind. Eine zweite Auslösebedingung kann sich auf die Ausrichtung des Kopfes des Fahrers beziehen. Im Rahmen des automatisierten Nothalts kann bewirkt werden, dass das Fahrzeug 100 automatisiert (ggf. innerhalb der aktuell befahrenen Fahrspur) in den Stillstand überführt wird.

Das Verfahren 200 umfasst das Ermitteln 201 eines Komplexitätsindikators in Bezug auf die Komplexität der jeweils aktuell vorliegenden Fahrsituation des Kraftfahrzeugs 100. Dabei kann der Komplexitätsindikator anzeigen, als wie komplex die jeweils aktuelle vorliegende Fahrsituation von einem Fahrer typischerweise wahrgenommen wird.

Des Weiteren umfasst das Verfahren 200 das Bestimmen, insbesondere das Anpassen, 202 der ein oder mehreren Auslösebedingungen in Abhängigkeit von dem Komplexitätsindikator. Dabei können wiederholt, insbesondere periodisch, der Komplexitätsindikator und basierend darauf die ein oder mehreren Auslösebedingungen (an die jeweils vorliegende Fahr situation) bestimmt, insbesondere angepasst, werden. So können der Komfort und die Zuverlässigkeit einer Nothalteassistenzfunktion erhöht werden.

Die vorliegende Erfindung ist nicht auf die gezeigten Ausführungsbeispiele beschränkt. Insbesondere ist zu beachten, dass die Beschreibung und die Figuren nur beispielhaft das Prinzip der vorgeschlagenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme veranschaulichen sollen.