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Patent Searching and Data


Title:
VISUAL STIMULATION DEVICE AND METHOD FOR TREATING MIGRAINES AND OTHER DISORDERS
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2017/114953
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a visual stimulation device comprising the following: - a stimulation unit for generating visual stimuli and - a control unit for controlling the stimulation unit. The control unit is designed such that - the control unit accesses an original plane on which at least one module is located that comprises multiple adjacent cells, an original pattern is stored in the multiple cells, and the original pattern is changed in a temporally offset or phase-shifted manner in the multiple cells, and - the control unit transforms the original pattern from the original plane into a datum plane by means of a complex-logarithmic imaging process in order to generate a visual stimulus pattern on the datum plane. The stimulation unit is designed to present the visual stimulus pattern to the patient.

Inventors:
TASS PETER ALEXANDER (DE)
Application Number:
PCT/EP2016/082930
Publication Date:
July 06, 2017
Filing Date:
December 30, 2016
Export Citation:
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Assignee:
FORSCHUNGSZENTRUM JUELICH GMBH (DE)
International Classes:
A61M21/00; A61N5/06; A61N5/073
Foreign References:
US20080108908A12008-05-08
EP2098261A22009-09-09
Attorney, Agent or Firm:
MANITZ FINSTERWALD PATENTANWÄLTE PARTMBB (DE)
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Claims:
Patentansprüche

1 . Vorrichtung (1 ; 2), insbesondere medizinische Vorrichtung (1 ; 2), zur visuellen Stimulation, umfassend:

- eine Stimulationseinheit (1 1 ) zur Erzeugung visueller Reize, und

- eine Steuereinheit (10) zur Steuerung der Stimulationseinheit (1 1 ), wobei die Steuereinheit (10) derart ausgestaltet ist, dass

- die Steuereinheit (10) auf eine Ursprungsebene zugreift, in der sich mindestens ein Modul befindet, das mehrere benachbarte Zellen um- fasst, wobei in den mehreren Zellen ein Ursprungsmuster abgelegt ist und das Ursprungsmuster sich in den mehreren Zellen zeitlich versetzt oder phasenverschoben verändert, und

- die Steuereinheit (10) das Ursprungsmuster mittels einer komplex- logarithmischen Abbildung aus der Ursprungsebene in eine Ausgangsebene transformiert, um ein visuelles Reizmuster in der Ausgangsebene zu erzeugen,

- wobei die Stimulationseinheit (1 1 ) derart ausgestaltet ist, dass sie das visuelle Reizmuster einem Patienten darbietet.

2. Vorrichtung (1 ; 2) nach Anspruch 1 , wobei die Steuereinheit (10) derart ausgestaltet ist, dass sie das Ursprungsmuster in den mehreren Zellen mittels Operationen (20) bearbeitet, um die zeitliche Veränderung des Ursprungsmusters in den mehreren Zellen zu bewirken. Vorrichtung (1 ; 2) nach Anspruch 2, wobei die Operationen (20) zur Bearbeitung des Ursprungsmusters in den mehreren Zellen eine Modulation, ei ne Translation, eine Rotation und/oder eine Deformation des Ursprungsmusters umfassen.

Vorrichtung (1 ; 2) nach Anspruch 2 oder 3, wobei die Steuereinheit (10) derart ausgestaltet ist, dass sie das Ursprungsmuster in den mehreren Zel len mit jeweils unterschiedlichen Operationen (20) bearbeitet.

Vorrichtung (1 ; 2) nach einem der Ansprüche 2 bis 4, wobei die Steuereinheit (10) derart ausgestaltet ist, dass, falls sich mehrere Module in der Ursprungsebene befinden, die Steuereinheit (10) das Ursprungsmuster in den mehreren Modulen mit jeweils unterschiedlichen Operationen (20) bearbeitet.

Vorrichtung (1 ; 2) nach einem der Ansprüche 2 bis 5, wobei die Steuereinheit (10) derart ausgestaltet ist, dass sie Sequenzen von Operationen (20) in den mehreren Zellen durchführt.

Vorrichtung (1 ; 2) nach Anspruch 6, wobei die Steuereinheit (10) derart ausgestaltet ist, dass sie die Reihenfolge, in welcher die Operationen (20) in den Zellen innerhalb einer Sequenz durchgeführt werden, für mindestens 20 nacheinander generierte Sequenzen konstant hält und danach variiert.

Vorrichtung (1 ; 2) nach Anspruch 6 oder 7, wobei die Sequenzen von Operationen (20) in einem Zeitraster, das aus aufeinanderfolgenden Zyklen besteht, durchgeführt werden und zumindest in einigen der Zyklen jeweils eine Sequenz von Operationen (20) durchgeführt wird.

Vorrichtung (1 ; 2) nach Anspruch 8, wobei - innerhalb eines jeweiligen Zyklus entweder genau eine Sequenz von Operationen (20) durchgeführt wird oder keine Operationen (20) durchgeführt werden, und/oder

- während n aufeinanderfolgenden Zyklen Sequenzen von Operationen (20) durchgeführt werden und während der darauffolgenden m Zyklen keine Operationen (20) durchgeführt werden und dieses Muster periodisch fortgesetzt wird, wobei n und m nicht-negative ganze Zahlen sind.

10. Vorrichtung (1 ; 2) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das von der Stimulationseinheit (1 1 ) dem Patienten dargebotene visuelle Reizmuster dazu ausgelegt ist, eine krankhaft synchrone und oszillatorische Aktivität von Neuronen zu desynchronisieren, wobei die Dauer eines Zyklus insbesondere der dominanten mittleren Periode der pathologischen Oszillation der Neuronen entspricht.

1 1 . Vorrichtung (1 ; 2) nach einem der Ansprüche 2 bis 10, wobei die in einer jeweiligen Zelle durchgeführten Operationen (20) dazu ausgelegt sind, die Phase der neuronalen Aktivität einer jeweiligen Subpopulation einer stimulierten Neuronenpopulation zurückzusetzen.

12. Vorrichtung (1 ; 2) nach einem der Ansprüche 2 bis 1 1 , wobei

- die Steuereinheit (10) während eines ersten Zeitintervalls das Ursprungsmuster in den mehreren Zellen in einem ersten Stimulationsmodus derart bearbeitet, dass Sequenzen von Operationen (20) in den mehreren Zellen repetitiv durchgeführt werden und die Reihenfolge, in welcher die Operationen (20) in den Zellen innerhalb einer Sequenz durchgeführt werden, für höchstens 5 nacheinander generierte Sequenzen konstant ist und danach variiert wird, und

- die Steuereinheit (10) während eines dem ersten Zeitintervall nachfol- genden zweiten Zeitintervalls das Ursprungsmuster in den mehreren Zellen in einem zweiten Stimulationsmodus derart bearbeitet, dass Sequenzen von Operationen (20) in den mehreren Zellen repetitiv durchgeführt werden und die Reihenfolge, in welcher die Operationen (20) in den Zellen innerhalb einer Sequenz durchgeführt werden, für mindestens 25 nacheinander generierte Sequenzen konstant ist und danach variiert wird.

13. Vorrichtung (1 ; 2) nach Anspruch 12, wobei die Intensität des visuellen Reizmusters in dem ersten Stimulationsmodus kleiner oder gleich einer vorgegebenen Intensität ist und die Intensität des visuellen Reizmusters in dem zweiten Stimulationsmodus mindestens das 1 ,3-fache der vorgegebenen Intensität beträgt.

14. Vorrichtung (1 ; 2) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Ursprungsmuster ein Schachbrettmuster oder eine Welle oder eine Kombination daraus ist.

15. Vorrichtung (1 ; 2) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei

- die Vorrichtung (1 ; 2) einen Eingang zur Eingabe von Daten, die aus funktioneller Kernspintomografie gewonnenen wurden, aufweist, und

- die Steuereinheit (10) derart ausgestaltet ist, dass sie die komplex- logarithmische Abbildung zur Transformation des Ursprungsmusters aus der Ursprungsebene in die Ausgangsebene mit Hilfe der aus funktioneller Kernspintomografie gewonnenen Daten kalibriert.

16. Vorrichtung (2) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, umfassend eine Messeinheit (13) zum Aufnehmen von Messsignalen, die eine neuronale Aktivität von Neuronen wiedergeben.

17. Vorrichtung (2) nach Anspruch 16, wobei die Steuereinheit (10) derart ausgestaltet ist, dass sie die komplex-loga thmische Abbildung zur Transformation des Ursprungsmusters aus der Ursprungsebene in die Ausgangsebene und/oder die Operationen (20) mit Hilfe der von der Messeinheit (13) aufgenommenen Messsignale kalibriert.

18. Vorrichtung (2) nach Anspruch 16 oder 17, wobei

- die Stimulationseinheit (1 1 ) derart ausgestaltet ist, dass sie dem Patienten zusätzlich zu dem visuellen Reizmuster aversive Reize darbietet, und

- die Steuereinheit (10) derart ausgestaltet ist, dass sie die komplex- logarithmische Abbildung zur Transformation des Ursprungsmusters aus der Ursprungsebene in die Ausgangsebene und/oder die Operationen (20) anhand der in Reaktion auf die Darbietung der aversiven Rei- ze und des visuellen Reizmusters aufgenommenen Messsignale kalibriert.

Vorrichtung (2) nach einem der Ansprüche 16 bis 18, wobei die Steuereinheit (10) derart ausgestaltet ist, dass sie die Operationen (20) so lange variiert, bis die aus den Messsignalen bestimmte Synchronisation von Neuronen um einen vorgegebenen Wert reduziert wurde oder einen vorgegebenen Schwellwert unterschreitet.

Vorrichtung (1 ; 2) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei

- ein Punkt in der Ursprungsebene durch eine erste Koordinate und eine zweite Koordinate in einem Koordinatensystem gekennzeichnet ist und ein Punkt in der Ausgangsebene durch einen Radius und einen Winkel in einer komplexen Ebene gekennzeichnet ist, und

- die komplex-logarithmische Abbildung einen Punkt aus der Ursprungsebene auf einen Punkt in der Ausgangsebene derart abbildet, dass der den Punkt in der Ausgangsebene kennzeichnende Radius der ersten Koordinate des Punkts in der Ursprungsebene entspricht und der den Punkt in der Ausgangsebene kennzeichnende Winkel der zweiten Koordinate des Punkts in der Ursprungsebene entspricht.

21 . Vorrichtung (1 ; 2) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei ein Punkt in der Ursprungsebene die Koordinaten (R,<t>) hat und mittels der komplex-logarithmischen Abbildung auf einen Punkt in der Ausgangsebene abgebildet wird, der durch einen Vektor y = Re!il bestimmt ist.

22. Verfahren zur visuellen Stimulation, wobei

- auf eine Ursprungsebene zugegriffen wird, in der sich mindestens ein Modul befindet, das mehrere benachbarte Zellen umfasst, wobei in den mehreren Zellen ein Ursprungsmuster abgelegt ist und das Ursprungs- muster sich in den mehreren Zellen zeitlich versetzt oder phasenverschoben verändert,

- das Ursprungsmuster mittels einer komplex-logarithmischen Abbildung aus der Ursprungsebene in eine Ausgangsebene transformiert wird, um ein visuelles Reizmuster in der Ausgangsebene zu erzeugen, und - das visuelle Reizmuster einem Patienten dargeboten wird.

23. Software zum Ausführen in einem Datenverarbeitungssystem, wobei die Software

- Steuersignale zum Ansteuern einer Stimulationseinheit (1 1 ) und einer Steuereinheit (10) erzeugt, wobei die Steuersignale die Stimulationseinheit (1 1 ) und die Steuereinheit (10) derart ansteuern, dass

- die Steuereinheit (10) auf eine Ursprungsebene zugreift, in der sich mindestens ein Modul befindet, das mehrere benachbarte Zellen umfasst, wobei in den mehreren Zellen ein Ursprungsmuster abgelegt ist und das Ursprungsmuster sich in den mehreren Zellen zeitlich versetzt oder phasenverschoben verändert,

- die Steuereinheit (10) das Ursprungsmuster mittels einer komplex- logarithmischen Abbildung aus der Ursprungsebene in eine Ausgangs- ebene transformiert, um ein visuelles Reizmuster in der Ausgangsebene zu erzeugen, und

- die Stimulationseinheit (1 1 ) das visuelle Reizmuster einem Patienten darbietet.

Description:
Vorrichtung und Verfahren für die visuelle Stimulation zur Behandlung von

Migräne und anderen Krankheiten

Die vorliegende Erfindung betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren für die visuelle Stimulation zur Behandlung von Migräne und anderen Krankheiten.

Die Migräne ist eine häufig auftretende Kopfschmerzvariante; ihre Prävalenz liegt zwischen 10 und 15 %. Vor der Pubertät findet sich die Migräne bei 4 bis 5 % der Kinder, wobei Jungen und Mädchen gleich häufig betroffen sind. Migräneattacken haben die höchste Inzidenz zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr. In dieser Altersgruppe sind Frauen dreimal häufiger betroffen als Männer. Standardmäßig werden Migräneattacken medikamentös behandelt. Die wirksamsten Medikamente für die Behandlung der Migräne sind die Triptane. Letztere wirken umso besser, je früher sie in einer Migräneattacke eingenommen werden. Patienten, die unter einer Migräne mit Aura leiden, sollten aus Sicherheitsgründen Triptane erst nach dem Ende der Aura und mit dem Einsetzen der Kopfschmerzen zu sich nehmen. Außerdem sind Triptane wahrscheinlich unwirksam, wenn sie während des Ab- laufs einer Aura gegeben werden.

Literatur zu Migräne und deren Behandlung findet sich in folgenden Veröffentlichungen:

Diener H.-C: Kopfschmerzen und andere Schmerzen. In: Diener H.-C, Wei- mar C. (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, herausgegeben von der Kommission "Leitlinien" der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Thieme Verlag, Stuttgart, September 2012 Evers S., May A., Fritsche G., Kropp P., Lampl C, Limmroth V., Malzacher V., Sandor P., Straube A., Diener H.-C: Akuttherapie und Prophylaxe der Migräne. Nervenheilkunde 2008; 27: 933-949

Lipton R. B., Bigal M. E., Diamond M. et al.: Migraine prevalence, disease bürden, and the need for preventive therapy. Neurology 2007; 68: 343-349

Pfaffenrath V., Fendrich K., Vennemann M. et al.: Regional variations in the prevalence of migraine and tension-type headache applying the new IHS cri- teria: the German DM KG Headache Study. Cephalalgia 2009; 29: 48-57 Stovner L, Hagen K., Jensen R. et al.: The global bürden of headache: a documentation of headache prevalence and disability worldwide. Cephalalgia

2007; 27: 193-210

Yoon M. S., Katsarava Z., Obermann M. et al.: Prevalence of primary head- aches in Germany: results of the German Headache Consortium Study. J Headache Pain 2012; 13: 215-223

Migräne kann bisher nicht "geheilt" werden. Vielmehr zielt die Behandlung in erster Linie darauf ab, die Zahl der Migräneattacken zu reduzieren ("Prophylaxe") sowie die einzelnen Attacken möglichst rasch und wirksam zu beenden ("Attackenbehandlung"). Für die Akuttherapie einer leichten Migräneattacke werden frühzeitig und hochdosiert nichtsteroidale Antirheumatika oder Paracetamol verwandt. Bei schweren Migräneattacken wird zur Einnahme eines Triptans geraten. Bei häufig auftretenden Migräneattacken ist es sinnvoll, eine medikamentöse Prophylaxe durchzuführen. Hierfür sind Substanzen wie z. B. Metoprolol, Propano- lol, Flunarizin, Valproinsäure und Topiramat geeignet. Neben der rein medikamen- tösen Therapie sollten zusätzlich nicht-medikamentöse Behandlungsmethoden, wie z. B. Empfehlungen zur Lebensführung, Entspannungsverfahren (progressive Muskelrelaxation), Biofeedbackverfahren und kognitive Verhaltenstherapie, angewandt werden. Ziel der vorwiegend pharmakologischen Behandlung ist es, Attacken möglichst rasch zu beenden und - bei häufigem Auftreten von Migräneattacken - eine pharmakologische Prophylaxe durchzuführen. Bei schweren Migräneattacken wird empfohlen, die stärksten Mittel, also Triptane, einzusetzen. Nachteilig hierbei ist, dass aus Sicherheitsgründen Triptane erst nach dem Ende der Aura und mit dem Einsetzen der Kopfschmerzen verabreicht werden sollen. Wahrscheinlich sind Triptane unwirksam, wenn sie während der Aura appliziert werden. Außerdem haben die bei Migräne verwandten Medikamente Nebenwirkungen. Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Vorrichtung sowie ein Verfahren zur schmerzfreien visuellen Stimulation anzugeben, mit der insbesondere einer aufkommenden Migräneattacke oder anderen Krankheiten entgegen gewirkt werden kann. Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabenstellung wird durch die Merkmale der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen und Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben.

Die Erfindung ermöglicht es insbesondere, die Behandlung schon mit dem Einset- zen der Aura zu beginnen. Bei regelmäßiger Anwendung kann zudem die Häufigkeit von Migräneattacken gesenkt werden. Insgesamt kann durch die Erfindung dazu beigetragen werden, dass dem Migräne-Patienten besser geholfen wird und mögliche Nebenwirkungen sowie Schmerzmittel-Überdosierungen vermieden werden.

Die Erfindung wird nachfolgend in beispielhafter Weise unter Bezugnahme auf die Zeichnungen näher erläutert. In diesen zeigen:

Fig. 1 A und 1 B schematische Darstellungen von Vorrichtungen zur Unterdrü- ckung einer krankhaft synchronen und oszillatorischen neuro- nalen Aktivität und insbesondere zur Desynchronisierung von Neuronen mit einer krankhaft synchronen und oszillatorischen Aktivität; eine schematische Darstellung von unterschiedlichen Kalibrati- onsmethoden; eine schematische Darstellung von komplex-logarithmischen Abbildungen zwischen einer Ursprungsebene und einer Ausgangsebene; eine schematische Darstellung einer beispielhaften komplex- logarithmischen Abbildung zwischen der Ursprungsebene und der Ausgangsebene; eine schematische Darstellung eines modularen Aufbaus der Ursprungsebene; eine schematische Darstellung des Aufbaus einzelner Module aus Zellen; eine schematische Darstellung des Ablaufs der Erzeugung von visuellen Reizmustern; schematische Darstellungen von verschiedenen Varianten eines Ursprungsmusters in der Ursprungsebene; eine schematische Darstellung einer ebenen Welle als Ursprungsmuster mit einer vorgegebenen Ausbreitungsgeschwindigkeit; Fig. 13 bis 16 schematische Darstellungen unterschiedlicher CR-Reizfolgen;

Fig. 17 eine schematische Darstellung einer Stimulation verschiedener

Hirnareale mit unterschiedlichen CR-Stimulationsmodi;

Fig. 18 eine schematisch Darstellung der Anwendung unterschiedlicher

CR-Modi auf unterschiedliche Gruppen von Modulen; Fig. 19 eine schematische Darstellung der Anwendung unterschiedlicher Operationen auf unterschiedliche Gruppen von Modulen;

Fig. 20 eine schematische Darstellung der Anwendung unterschiedlicher Operationen auf unterschiedliche Gruppen von Zellen;

Fig. 21 eine schematische Darstellung einer Kalibrierung durch zusätzliche Verwendung aversiver Reize;

Fig. 22 eine schematische Darstellung einer Vorrichtung zur visuellen

Stimulation mit einem Tablet; und

Fig. 23 eine schematische Darstellung einer Vorrichtung zur visuellen

Stimulation mit einer Brille und einem in die Brille eingebauten Bildschirm.

In Fig. 1A ist schematisch eine Vorrichtung 1 , insbesondere eine medizinische Vorrichtung oder ein medizinisches Gerät, zur visuellen Stimulation von Neuronen, die insbesondere eine krankhaft synchrone und oszillatorische neuronale Aktivität aufweisen, dargestellt. Die Vorrichtung 1 besteht aus einer Steuereinheit 10 und einer Stimulationseinheit 1 1 . Während des Betriebs der Vorrichtung 1 führt die Steuereinheit 10 eine Steuerung der Stimulationseinheit 1 1 durch. Dazu erzeugt die Steuereinheit 10 Steuersignale 12, die von der Stimulationseinheit 1 1 entgegengenommen werden. Die Stimulationseinheit 1 1 erzeugt visuelle Reizmuster, die dem Patienten dargeboten werden. Die visuellen Reizmuster sind insbesonde- re dazu ausgelegt, bei einer Aufnahme der visuellen Reizmuster über ein Auge oder beide Augen des Patienten die krankhaft synchrone und oszillatorische neuronale Aktivität zu unterdrücken und insbesondere die Neuronen mit der krankhaft synchronen und oszillatorischen Aktivität zu desynchronisieren. Die Steuereinheit 10 und die Stimulationseinheit 1 1 können baulich vereint sein, z. B. in einem Tablet oder in einer entsprechenden Brille. Die Tablet-Variante kann z. B. mittels einer App auf einem Tablet, z. B. einem iPad oder dergleichen, realisiert werden. Die in Fig. 1A dargestellte Vorrichtung 1 zur visuellen Stimulation führt eine sogenannte "open Ιοορ''-Stimulation durch, d. h., eine Stimulation ohne Sensoren, die zur Rückmeldung und/oder Steuerung der Stimulation verwendet werden.

Fig. 1 B zeigt schematisch eine Vorrichtung 2 zur Stimulation von Neuronen mit einer krankhaft synchronen und oszillatorischen neuronalen Aktivität, mit der sich eine "closed Ιοορ''-Stimulation durchführen lässt. Die Vorrichtung 2 ist eine Weiterbildung der in Fig. 1 A dargestellten Vorrichtung 1 und enthält genauso wie die Vorrichtung 1 die Steuereinheit 10 und die Stimulationseinheit 1 1 , welche die gleichen Funktionen und Eigenschaften wie die oben beschriebenen Steuer- und Stimulationseinheiten 10, 1 1 der Vorrichtung 1 aufweisen.

Darüber hinaus umfasst die Vorrichtung 2 eine Messeinheit 13. Die Messeinheit 13 nimmt ein oder mehrere am Patienten gemessene Messsignale auf, wandelt diese gegebenenfalls in elektrische Signale 14 um und führt sie der Steuereinheit 10 zu. Insbesondere kann mittels der Messeinheit 13 die neuronale Aktivität in dem stimulierten Zielareal oder einem mit dem Zielareal verbundenen Gebiet gemessen werden, wobei die neuronale Aktivität dieses Gebiets mit der neuronalen Aktivität des Zielgebiets hinreichend eng korreliert. Ferner kann die dominante Frequenz der oszillatorischen Aktivität mit Hilfe der Messeinheit 13 gemessen werden. Mittels der Messeinheit 13 kann auch eine nicht-neuronale, z. B. muskuläre Aktivität oder die Aktivierung des autonomen Nervensystems, gemessen werden, sofern diese mit der neuronalen Aktivität des Zielgebiets hinreichend eng korreliert sind. Weiterhin kann der durch die visuellen Reizmuster erzielte Stimulationseffekt mit Hilfe der Messeinheit 13 überwacht werden.

Die Messeinheit 13 enthält einen oder mehrere Sensoren, die es insbesondere ermöglichen, die Amplitude der pathologischen oszillatorischen Aktivität aufzunehmen. Vorzugsweise werden nicht-invasive Sensoren eingesetzt, z. B. chronisch oder intermittent genutzte Elektroenzephalographie (EEG)-Elektroden oder Magneten- zephalographie (MEG)-Sensoren (SQUIDS). Die mit der Migräne einhergehenden Muskelverspannungen können auch durch Messung der damit einhergehenden Muskelaktivität mittels Elektromyographie (EMG) erfasst werden. Außerdem kön- nen vegetative Reaktionen mittels Messung des Hautleitwiderstands erfasst werden. Es können auch Befindlichkeitswerte, die vom Patienten in portable Geräte, z. B. Smartphones, eingegeben werden, zur Kontrolle des Stimulationserfolgs verwandt werden. Derartige Befindlichkeitswerte können auch über Kurzfragebögen ermittelt werden. Die Reizparameter können so lange variiert werden, bis sich die Befindlichkeit gebessert hat.

Alternativ können die Sensoren in den Körper des Patienten implantiert sein. Als invasive Sensoren können beispielsweise epikortikale Elektroden, Tiefenhirnelekt- roden zur Messung von z. B. lokalen Feldpotentialen, sub- oder epidurale Hirnelektroden, subkutane EEG-Elektroden und sub- oder epidurale Rückenmark- selektroden dienen.

Die Steuereinheit 10 verarbeitet die Signale 14, z. B. können die Signale 14 ver- stärkt und/oder gefiltert werden, und analysiert die verarbeiteten Signale 14. Die Steuereinheit 10 ermittelt insbesondere die dominante Frequenz der oszillatorischen Aktivität des Zielareals und überprüft anhand der in Reaktion auf die Applikation der visuellen Reizmuster aufgenommenen Messsignale den Stimulationserfolg, insbesondere den Grad der Synchronisation der stimulierten Neuronen.

Vor Migräne-Anfällen kommt es zu charakteristischen EEG-Veränderungen. So findet sich z. B. 36 Stunden vor einer Migräne-Attacke eine charakteristische Zunahme der spektralen Leistung im Elektroenzephalogramm (EEG) im Alpha- Frequenzband (7,75 Hz bis 12,5 Hz) im Bereich okzipitaler EEG-Elektroden (im Bereich des Hinterhaupts) und vor allem im Delta-Frequenzband (0,5 Hz bis 3,5 Hz) im Bereich fronto-zentraler EEG-Elektroden (stirnnahe, zentral) (vgl. Bj0rk M. H., Sand T.: Quantitative EEG power and asymmetry increase 36 h before a migraine attack. Cephalalgia 28 (2008) 960-968). Vor dem Auftreten der Migräneattacke werden die Vorrichtungen 1 oder 2 vom Patienten genutzt, um der Migräne-assoziierten krankhaften neuronalen Synchronisation insbesondere im Delta-Frequenzband entgegen zu wirken. Hierbei werden die Vorrichtungen 1 oder 2 vom Patienten beispielsweise dann genutzt, sobald er sich entsprechend unwohl fühlt und z. B. über Lichtscheu klagt. Ferner kann die visuelle Stimulation nach einer EEG-Messung, z. B. mittels eines mobilen EEG-Systems, und Detektion, z. B. einer erhöhten Deltaband-Aktivität, erfolgen. Außerdem können die Vorrichtungen 1 und 2, wie weiter unten ausführlich beschrieben wird, kalibriert werden, indem typischerweise im beschwerdefreien Intervall durch aversive Reize charakteristische Effekte, z. B. visuelle Illusionen und deren elektrophysiologische Korrelate, erzeugt werden. Durch Variation der Para- meter der weiter unten beschriebenen Stimulation kann letztere durch psychophy- sische Messungen und/oder EEG-Messungen (oder vergleichbare elektrophysio- logische bzw. physiologische Messungen) kalibriert werden. Die Vorrichtungen 1 und 2 lassen sich nicht nur zur Behandlung der Migräne anwenden, sondern auch zur Behandlung weiterer Erkrankungen des Gehirns, welche durch krankhaft gesteigerte neuronale Synchronisation gekennzeichnet sind, z. B. Nicht-Migräne-Kopfschmerzen, photosensitive Epilepsie sowie andere Formen der Epilepsie und weitere neuropsychiatrische Erkrankungen. Weitere Krank- heiten, die sich mit den Vorrichtungen 1 und 2 behandeln lassen, sind Morbus Parkinson, essentiellem Tremor, Tremor infolge von Multipler Sklerose sowie anderen pathologischen Tremores, Dystonie, Depression, Bewegungsstörungen, Kleinhirnerkrankungen, Zwangserkrankungen, Demenzerkrankungen, Morbus Alzheimer, Tourette-Syndrom, Autismus, Funktionsstörungen nach Schlaganfall, Spastik, Tinnitus, Schlafstörungen, Schizophrenie, Reizdarm-Syndrom, Suchterkrankungen, Borderline-Persönlichkeitsstörung, Aufmerksamkeits-Defizit- Syndrom, Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom, Spielsucht, Neurosen, Fresssucht, Magersucht, Essstörungen, Burnout-Syndrom, Fibromyalgie, Cluster-Kopfschmerz, allgemeiner Kopfschmerz, Neuralgie, Ataxie, Tie-Störung und Hypertonie.

Die vorstehend genannten Krankheiten können durch eine Störung der bioelektrischen Kommunikation von Neuronenverbänden, die in spezifischen Schaltkreisen zusammengeschlossen sind, verursacht werden. Hierbei generiert eine Neuro- nenpopulation anhaltend krankhafte neuronale Aktivität und möglicherweise eine damit verbundene krankhafte Konnektivität (Netzwerkstruktur). Dabei bildet eine große Anzahl von Neuronen synchron Aktionspotentiale aus, d. h., die beteiligten Neuronen feuern übermäßig synchron. Hinzu kommt, dass die kranke Neuronen- population eine oszillatorische neuronale Aktivität aufweist, d. h., die Neuronen feuern rhythmisch. Im Fall von neurologischen oder psychiatrischen Erkrankungen liegt die mittlere Frequenz der krankhaften rhythmischen Aktivität der betroffenen Neuronenverbände etwa im Bereich von 1 bis 30 Hz, kann aber auch außerhalb dieses Bereichs liegen. Bei gesunden Menschen feuern die Neuronen hingegen qualitativ anders, z. B. auf unkorrelierte Weise.

Die Desynchronisation der krankhaft synchronisierten neuronalen Aktivität erfolgt bevorzugt mittels visueller "Coordinated Reset" (CR)-Stimulation. Hierzu enthält das von der Stimulationseinheit 1 1 erzeugte visuelle Reizmuster Reize, die an unterschiedlichen Stellen im Gesichtsfeld zu unterschiedlichen Zeiten (bzw. mit unterschiedlicher Phasenlage) dargeboten werden. Unterschiedliche Stellen im Gesichtsfeld werden über die Linse des Auges auf unterschiedliche Stellen der Retina abgebildet. Die unterschiedlichen Stellen der Retina sind wiederum über den Sehnerv mit unterschiedlichen Neuronen im Gehirn verbunden. Folglich können mit den an unterschiedlichen räumlichen Orten applizierten Reizen jeweils unterschiedliche Neuronen stimuliert werden.

Die von der Stimulationseinheit 1 1 erzeugten visuellen Reize werden von dem Patienten aufgenommen und über das Nervensystem an eine Neuronenpopulation im Gehirn des Patienten weitergeleitet, die eine wie vorstehend beschrieben krankhaft synchrone und oszillatorische neuronale Aktivität auf weist. Die Reize sind so ausgestaltet, dass die zeitversetzte oder phasenverschobene Stimulation an mindestens zwei Stellen der Neuronenpopulation eine Desynchronisation der krankhaft synchronen Aktivität der Neuronenpopulation bewirkt. Eine durch die Stimulation bewirkte Senkung der Koinzidenzrate der Neuronen kann zu einer Senkung der synaptischen Gewichte und somit zu einem Verlernen der Tendenz zur Produktion krankhaft synchroner Aktivität führen.

Die bei der CR-Stimulation verabreichten Reize bewirken in der Neuronenpopulation ein Zurücksetzen, einen sogenannten Reset, der Phase der neuronalen Aktivi- tät der stimulierten Neuronen. Durch das Zurücksetzen wird die Phase der stimu- Herten Neuronen unabhängig von dem aktuellen Phasenwert auf einen oder nahe zu einem bestimmten Phasenwert, z. B. 0°, gesetzt (in der Praxis ist es nicht möglich, einen bestimmten Phasenwert exakt einzustellen, dies ist für eine erfolgreiche CR-Stimulation aber auch nicht erforderlich). Somit wird die Phase der neuronalen Aktivität der krankhaften Neuronenpopulation mittels einer gezielten Stimulation kontrolliert. Da die krankhafte Neuronenpopulation über mehrere Stimulationskanäle an unterschiedlichen Stellen stimuliert wird, können die Phasen der neuronalen Aktivität von den mit dem Reizen stimulierten Subpopulationen der krankhaften Neuronenpopulation zu unterschiedlichen Zeitpunkten zurückgesetzt werden, indem die Reize über die Stimulationskanäle zeitversetzt oder phasenverschoben appliziert werden. Im Ergebnis wird dadurch die krankhafte Neuronenpopulation, deren Neuronen zuvor synchron und mit gleicher Frequenz und Phase aktiv waren, in mehrere Subpopulationen mit unterschiedlichen Phasen aufgespalten. Innerhalb jeder der Subpopulationen sind die Neuronen nach dem Zurücksetzen der Phase weiterhin synchron und feuern auch weiterhin mit derselben pathologischen Frequenz, aber jede der Subpopulationen weist bezüglich ihrer neuronalen Aktivität die Phase auf, die ihr durch den im jeweiligen Stimulationskanal generierten Reiz aufgezwungen wurde. Dies bedeutet, dass die neuronalen Aktivitäten der einzelnen Subpopulationen nach dem Zurücksetzen ihrer Phasen weiterhin einen in etwa sinusförmigen Verlauf mit derselben pathologischen Frequenz haben, aber unterschiedliche Phasen.

Bedingt durch die krankhafte Interaktion zwischen den Neuronen ist der durch die Stimulation erzeugte Zustand mit mindestens zwei Subpopulationen instabil, und die gesamte Neuronenpopulation nähert sich schnell einem Zustand kompletter Desynchronisation, in welchem die Neuronen unkorreliert feuern. Der gewünschte Zustand, d. h. die komplette Desynchronisation, ist somit nach der zeitversetzten oder phasenverschobenen Applikation der phasenrücksetzenden Reize nicht sofort vorhanden, sondern stellt sich meist innerhalb weniger Perioden oder gar in weniger als einer Periode der pathologischen Frequenz ein. Eine Theorie zur Erklärung des Stimulationserfolgs basiert darauf, dass die letztlich gewünschte Desynchronisation durch die krankhaft gesteigerte Interaktion zwischen den Neuronen erst ermöglicht wird. Hierbei wird ein Selbstorganisati- onsprozess ausgenutzt, der für die krankhafte Synchronisation verantwortlich ist. Derselbe bewirkt, dass auf eine Aufteilung einer Gesamtpopulation in Subpopula- tionen mit unterschiedlichen Phasen eine Desynchronisation folgt. Im Gegensatz dazu würde ohne krankhaft gesteigerte Interaktion der Neuronen keine Desynchronisation erfolgen.

Darüber hinaus kann durch die CR-Stimulation eine Neuorganisation der Konnektivität der gestörten neuronalen Netzwerke erzielt werden, so dass lang anhaltende therapeutische Effekte bewirkt werden können. Der erzielte synaptische Umbau ist von großer Bedeutung für die wirksame Behandlung neurologischer oder psychiatrischer Erkrankungen.

Neben einer CR-Stimulation, die auf die Desynchronisation genau einer Zielpopulation abzielt, ermöglichen die Vorrichtungen 1 und 2 auch die selektive Desynchronisation unterschiedlicher Hirnareale, insbesondere visueller Areale sowie innerhalb unterschiedlicher visueller Areale/Hirnareale die Desynchronisation unterschiedlicher Teilareale.

Damit dies besonders effektiv durchgeführt werden kann, kann die visuelle Reizung in personalisierter Weise erfolgen. Hierzu wird die visuelle Reizung für den einzelnen Patienten kalibriert. Fig. 2 zeigt folgende drei Kalibrationsverfahren, die einzeln oder in Kombination verwandt werden können:

Kalibration 1 : Es wird die Abbildung, mit der das Gesichtsfeld auf eine der visuellen kortikalen Karten, z. B. im primären visuellen Cortex abgebildet wird, mittels funktioneller Kernspintomografie kalibriert. Kalibration 2: Es werden die Stimulationsparameter, vor allem die Anzahl der weiter unten beschriebenen Module und Zellen, die Stimulationsfrequenz, die Reizmuster und deren Parameter, z. B. die Intensität, mittels EEG-Messung oder anderer geeigneter Messungen kalibriert. Geeignete Stimulationsparameter führen zu einer Suppression der krankhaften EEG-Aktivität, z. B. im

Delta-Frequenzband, und werden für die weitere Stimulation verwendet.

Kalibration 3: Die Stimulationsparameter (vor allem Anzahl der Module und

Zellen, Stimulationsfrequenz, Reizmuster und deren Parameter, z. B. Intensität) werden mittels psychophysischer Messungen kalibriert. Zusätzlich zur therapeutischen Stimulation wird eine visuelle Reizung mit charakteristischen visuellen Mustern vorgenommen, welche zu aversiven Reaktionen und/oder visuellen Halluzinationen führt. Wird nun neben dieser visuellen Reizung zusätzlich - zuvor und/oder gleichzeitig - die therapeutische visuelle Stimulation mit geeigneten Stimulationsparametern verabreicht, werden die aversiven Reaktionen bzw. visuellen Halluzinationen unterdrückt.

Zum Verständnis des erfindungsgemäßen Stimulationsmechanismus und seiner Kalibrationsmethoden wird im Folgenden zuerst die Abbildung zwischen Gesichtsfeld und Hirnrinde erläutert.

Der Mensch hat pro Auge mehr als eine Million retinale Ganglienzellen, welche visuelle Information aufnehmen und in topologisch systematischer Weise ans Gehirn weiterleiten. Im primären visuellen Cortex jeder Gehirnhemisphäre wird die Information aus dem jeweils gegenüberliegenden Gesichtsfeld verarbeitet. Die Abbildung, mit der das Gesichtsfeld auf den primären visuellen Cortex abgebildet wird, ist in erster Näherung eine komplex-logarithmische Abbildung (vgl. Schwartz, E. L: Spatial mapping in the primate sensory projection: Analytic structure and relevance to perception. Biol. Cybern. 25 (1977) 181 -194; Horton J. C, Hoyt W. F.: The representation of the Visual field in human striate cortex. A revision of the classic Holmes map. Archives of ophthalmology 109 (1991 ) 816-824; Hoffmann M. B., Kaule F., Grzeschik R., Behrens-Baumann W., Wolynski B.: Retinotope Kartierung des menschlichen visuellen Kortex mit funktioneller Magnetresonanztomo- grafie - Grundlagen, aktuelle Entwicklungen und Perspektiven für die Ophthalmologie. Klin. Monatsbl. Augenheilkd. 228 (201 1 ) 613-620).

Fig. 3 veranschaulicht eine von den Vorrichtungen 1 und 2 durchgeführte Transformation, um die visuellen Reize zu erzeugen. Auf der linken Seite von Fig. 3 ist eine Ursprungsebene und auf der rechten Seite ist eine Ausgangsebene dargestellt. Die Ursprungsebene dient der Erstellung der Reizmuster. Hierzu generiert die Steuereinheit 10 bestimmte raum-zeitliche Muster in der Ursprungsebene, welche mittels einer komplex-logarithmischen Abbildung auf die Ausgangsebene abgebildet werden. Die in die Ausgangsebene transformierten visuellen Reizmuster können von der Stimulationseinheit 1 1 dem Patienten dargeboten werden, z. B. auf einen Bildschirm eines Computers, Tablets, iPads oder einer speziellen Brille, oder mittels eines Projektors, welcher das Bild der Ausgangsebene auf eine Wand projiziert. Diese von der Steuereinheit 10 durchgeführte Transformation wird durch den oberen, rechtsgerichteten und mit "1 " gekennzeichneten Pfeil symbolisiert. Der Patient betrachtet dieses projizierte Bild. Im Ursprung mit den Koordinaten (0,0) ist typischerweise ein Fixationskreuz angebracht (in Fig. 3 nicht eingezeichnet), welches der Patient anzuschauen instruiert ist.

Durch die retinotope Abbildung in seiner Sehbahn rekonstruiert der Patient in erster Näherung in seinem Gehirn ein Aktivitätsmuster, welches dem initialen raum-zeitlichen Muster in der Ursprungsebene zugrunde liegt. Die durch den Patienten durchgeführte Transformation wird durch den unteren, linksgerichteten und mit "2" gekennzeichneten Pfeil symbolisiert. Auf diese Weise dient die Ursprungsebene nicht nur der Erstellung von Reizmustern. Vielmehr kann sie auch in erster Näherung quasi als Hirnkoordinatensystem der durch die Reizung erzeugten Akti- vitätsmuster angesehen werden. Die komplex-logahthmische Abbildung von der Ursprungsebene in die Ausgangsebene (vgl. Pfeil "1 " in Fig. 3) stellt folglich näherungsweise die Rücktransformation der retinotopen Abbildung von der Retina auf Neuronen im Gehirn (vgl. Pfeil "2" in Fig. 3) dar.

Gemäß der komplex-logarithmischen Abbildung werden Punkte in der Ursprungsebene in folgender Weise Punkten in der Ausgangsebene zugeordnet:

In der Ursprungsebene, die den Hirnkoordinaten entspricht, ist ein Punkt durch die Koordinaten eines rechtwinkligen Koordinatensystems mit den Achsen R (für Radius bzw. Exzentrizität) und Φ (für Winkel) gekennzeichnet und durch folgenden, insbesondere vom Ursprung des Koordinatensystems ausgehenden Vektor bestimmt: x = (R f ) (1 )

Die Ausgangsebene ist eine komplexe Ebene und entspricht dem Gesichtsfeld des Patienten. Ein Punkt, der in der Ursprungsebene die Koordinaten (R,<t>) hat und mittels der komplex-logarithmischen Abbildung auf die Ausgangsebene abge- bildet wurde, ist in der Ausgangsebene durch folgenden Vektor bestimmt: y = Re*" (2)

Zum Beispiel nimmt ein Mensch mit einem in der linken Teilabbildung von Fig. 4 abgebildeten balkenförmigen Aktivitätsmuster im primären visuellen Cortex einen konzentrischen Ring wahr, der in der rechten Teilabbildung von Fig. 4 gezeigt ist. Ist der Balken um 90° gedreht, entspricht dies der visuellen Wahrnehmung eines aus dem Ursprung des Gesichtsfelds entspringenden und sich zur Peripherie hin vergrößernden Armes eines Sternes. Ist der Balken hingegen um einen Winkel zwischen 0° und 90° verschoben, ergibt sich als visuelle Wahrnehmung eine spi- ralförmiges Muster (vgl. Schwartz, E. L: Spatial mapping in the primate sensory projection: Analytic structure and relevance to perception. Biol. Cybern. 25 (1977) 181 -194; Ermentrout G. B., Cowan J.: A mathematical theory of Visual hallucina- tion patterns. Biol. Cybern. 34 (1979) 137-150; Tass P.: Cortical pattern formation during Visual hallucinations. J. Biol. Phys. 21 (1995) 177-210).

Die beim Menschen tatsächlich realisierte Transformation unterscheidet sich von der oben geschilderten komplex-logarithmischen Abbildung durch eine Überrepräsentation des zentralen Gesichtsfeldes, welche als foveale Vergrößerung be- zeichnet wird: Ca. 50 % des primären visuellen Cortex repräsentieren die zentralen 2 % des Gesichtsfeldes (vgl. Wandeil B. A., Dumoulin S. O., Brewer A. A. (2009) Visual Cortex in Humans. In: Encyclopedia of Neuroscience, S. 251 -257, Elsevier). Dies kann in erster Näherung durch eine nicht-lineare Skalierung der R- Achse in der linken Teilabbildung von Fig. 3 berücksichtigt werden. Noch präziser und individualisiert, d. h., auf den einzelnen Patienten angepasst (aber dadurch natürlich aufwändiger), kann die Transformation von Ursprungsebene zu Ausgangsebene an die anatomische Realität angepasst werden, indem diese Transformation an die mittels funktioneller Kernspintomografie ermittelten Daten der retinotopen Karte des jeweiligen Patienten angepasst werden (vgl. S. A. Engel, D. E. Rumelhart, B. A. Wandeil, A. T. Lee, G. H. Glover, E.-J. Chichilnisky, M. N. Shadlen: fMRI of human Visual cortex. Nature 369 (1994) 525; Hoffmann M. B., Kaule F., Grzeschik R., Behrens-Baumann W., Wolynski B.: Retinotope Kartierung des menschlichen visuellen Kortex mit funktioneller Magnetresonanztomografie - Grundlagen, aktuelle Entwicklungen und Perspektiven für die Ophthalmologie. Klin Monatsbl Augenheilkd 228 (201 1 ) 613-620). Der Wirkmechanismus der Vorrichtung 1 bzw. 2 ist allerdings so robust, dass selbst die oben angeführte ideale (modellhafte) komplex-logarithmische Abbildung gute Resultate erzielt.

Der primäre visuelle Cortex ist das basale Eingangsareal der Großhirnrinde für visuellen Input (vgl. z. B. Hubel D. H., Wiesel T. N.: Receptive fields of Single neu- rones in the cat's striate cortex. J Physiol 148 (1959) 574-591 ). Zusätzlich gibt es noch mehrere weitere visuelle corticale Areale, welche in besonderer Weise durch bestimmte visuelle Reizeigenschaften, wie z. B. Farbe oder Bewegung, aktiviert werden. Die oben geschilderte komplex-logarithmische Abbildung gilt nicht nur für den primären visuellen Kortex, sondern auch für die anderen, höheren visuellen Areale (vgl. Wandeil B. A., Dumoulin S. O., Brewer A. A.: Visual field maps in human cortex. Neuron 56 (2007) 366-383; Hoffmann M. B., Kaule F., Grzeschik R., Behrens-Baumann W., Wolynski B.: Retinotope Kartierung des menschlichen visuellen Kortex mit funktioneller Magnetresonanztomografie - Grundlagen, aktu- eile Entwicklungen und Perspektiven für die Ophthalmologie. Klin. Monatsbl. Au- genheilkd. 228 (201 1 ) 613-620). Inzwischen wurden schon mehr als 20 verschiedene retinotop organisierte Areale in der Großhirnrinde nachgewiesen (vgl. Wandeil B. A., Dumoulin S. O., Brewer A. A.: Visual field maps in human cortex. Neuron 56 (2007) 366-383; Silver M. A., Kastner S.: Topographie maps in human frontal and parietal cortex. Trends in cognitive sciences 13 (2009) 488-495).

Die Steuereinheit 10 verwendet zur Generierung der visuellen therapeutischen Reize eine modulare Struktur der Ursprungsebene, wie sie beispielhaft in Fig. 5 dargestellt ist. Die gesamte zur Herstellung der Stimulationsmuster verwandte Fläche der Ursprungsebene besteht hier aus m 2 Modulen, die in Fig. 5 zur Veranschaulichung hell bzw. dunkel dargestellt sind, wobei m eine ganze Zahl größer Null ist (m = 1 , 2, 3,...) und für Fig. 5 beispielhaft m = 4 gewählt wurde.

Die Ursprungsebene kann dabei aus identischen Modulen oder Modulen unter- schiedlicher Zusammensetzung, d. h. unterschiedlicher Anzahl von Zellen, bestehen. Neben einer quadratischen Anordnung mit m 2 Modulen können auch rechteckige nicht-quadratische Anordnungen mit m x m' Modulen (mit m + m') in völlig analoger Weise verwandt werden. Natürlich kann prinzipiell auch jede andere nicht-rechteckige Ursprungsebene in analoger Weise verwandt werden. Weiterhin ist denkbar, dass die Module nicht benachbart zueinander in der Ursprungsebene angeordnet sind. Beispielsweise kann auch nur ein einziges Modul an einer für die Stimulation geeigneten Stelle in der Ursprungsebene angeordnet sein. Ferner können mehrere Module über die Ursprungsebene verteilt sein, ohne mit ihren Umrissen (Kanten) einander zu berühren. Die Umrisse (Konturen) der einzelnen Module können in diesem Fall auch frei gewählt sein oder beispielsweise für jedes Modul unterschiedlich sein.

Jedes der Module weist ferner mehrere benachbarte Zellen auf. Beispielsweise kann ein einzelnes Modul aus I 2 Zellen bestehen, wobei I eine ganze Zahl größer 1 ist (I = 2, 3, 4,...). Zur Veranschaulichung ist in Fig. 6 in der linken Teilabbildung ein Modul mit I = 4 und in der rechten Teilabbildung mit I = 2 dargestellt. Die Zellen werden von 1 bis zur maximalen Zahl der in einem Modul enthaltenen Zellen durchnummeriert. Die Zellen sollen in den jeweiligen Modulen benachbart zueinander angeordnet sein, was jedoch nicht zwingend bedeutet, dass einander benachbarte Zellen aneinander anstoßen. Es kann durchaus zwischen benachbarten Zellen ein wenn auch kleiner Spalt vorgesehen sein.

Zweck der Zellen ist es, in den einzelnen Zellen - und damit in benachbarten Hirngebieten - wie unten beschrieben in aufeinander abgestimmter koordinierter Weise zu stimulieren. Hierzu wird in folgender Weise vorgegangen (vgl. auch Fig. 7).

In einem ersten Schritt wird ein Ursprungsmusters, das in der Ursprungsebene abgelegt wird, ausgewählt. Beispiele für mögliche Ursprungsmuster in der Ur- sprungsebene sind ein Schachbrettmuster, welches die Ursprungsebene vollständig oder teilweise bedeckt (vgl. Fig. 10), oder eine ebene Welle (Wellblechmuster), welches die Ursprungsebene ebenfalls vollständig oder teilweise bedeckt (vgl. Fig. 8 und 9). Das Ursprungsmuster kann aber auch räumlich homogene Bereiche (ohne Kontraste) aufweisen (vgl. Fig. 9 und 10). Es können auch Kombinationen unterschiedlicher Muster-Bestandteile auftreten, z. B. kann ein Schachbrettmuster mit einer ebenen Welle kombiniert werden (vgl. Fig. 1 1 ). Das Ursprungsmuster kann periodisch fortgesetzt sein und auf diese Weise die Ausdehnung der Ursprungsebene übersteigen (vgl. Fig. 12). Ein Ursprungsmuster ist eine zeitlich konstante Abbildung, welche jedem Punkt der (R, ( t>)-Ursprungsebene einen mehrdimensionalen Vektor zuordnet, welcher die Ausprägung eines Merkmals oder mehrerer Merkmale, z. B. Farbe (inkl. schwarz und weiß) und/oder Intensität (Helligkeit), kodiert. Bei einem Ursprungsmuster handelt es sich also um folgende Abbildung:

(R,0>)-> M (3) wobei M der Merkmalsraum ist. M kann z. B. ein dreidimensionaler Raum sein, dessen Elemente (mi, m2,m 3 ) für die Kodierung der Grundfarben Rot (kodiert durch nrii), Grün (kodiert durch m 2 ), Blau (kodiert durch m 3 ) stehen (vgl. z. B. Manfred Richter: Einführung in die Farbmetrik. Walter de Gruyter, Berlin 1976). In Fig. 8 bis 12 ist zur Veranschaulichung ein eindimensionaler Merkmalsraum (mit einem Grauwert pro Wertepaar (R,<t>)) gezeichnet. Ein Schachbrett ist beispielsweise durch zwei verschiedenartige Felder gekennzeichnet. Die beiden Typen von Feldern können sich insbesondere durch ihre Intensität (bzw. Helligkeit) und/oder Farbe unterscheiden.

Eine ebene Welle weist entlang ihrer Ausbreitungsrichtung beispielsweise einen sinusförmigen Intensitätsverlauf (bzw. Helligkeitsverlauf) auf. Alternativ oder zusätzlich kann sich die Farbe entlang der Ausbreitungsrichtung der Welle in sinusförmiger Weise ändern.

In den jeweiligen Zellen wird das Ursprungsmuster separat verarbeitet. Z. B. kann eine ebene Welle bewegt und damit zur laufenden Welle werden, wobei der Zeit- gang der Geschwindigkeitsvektoren der laufenden Welle in den einzelnen Zellen zeitversetzt bzw. phasenversetzt sein kann, so dass in unterschiedlichen Bereichen des Gesichtsfeldes unterschiedliche Bewegungsreize zu unterschiedlichen Zeiten erfolgen.

Fig. 12 zeigt beispielhaft ein Ursprungsmusters, das in seiner statischen Form eine ebene Welle mit einer Wellenlänge d dargestellt. Die ebene Welle wurde von der Steuereinheit 10 derart bearbeitet, dass sie in Richtung des in Fig. 12 eingezeichneten Pfeils mit einer vorgegebenen Ausbreitungsgeschwindigkeit (Phasen- geschwindigkeit) ausbreitet. Die Richtung der Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle ist um einen Winkel ψ gegenüber der R-Achse verschoben. Schematisch sind Bereiche mit positiven Werten durch helle Streifen und Bereiche mit negativen Werten durch dunkle Streifen, Nulldurchgänge hingegen durch schwarze Linien gekennzeichnet. Die Ausbreitung der laufenden Welle kann in den einzel- nen in Fig. 12 eingezeichneten Zellen zeitversetzt bzw. phasenversetzt sein.

Die Bearbeitung des statischen Ursprungsmusters in den jeweiligen Zellen der Ursprungsebene durch die Steuereinheit 10 kann mit folgenden Operationen durchgeführt werden: Modulation, Translation, Rotation und Deformation. Diese Operationen werden im Folgenden beschrieben.

Bei einer Modulation wird das initial statische Ausgangs-Ursprungsmuster in unterschiedlichen Zellen zu unterschiedlichen Zeiten oder mit unterschiedlichen Phasenlagen mit einem Zeitgang moduliert. Diese Modulation kann glatt, z. B. sinusförmig sein. Z. B. kann die Intensität einzelner oder aller Komponenten des Merkmalvektors und/oder die Transmission einer entsprechenden Mehrsegmentbrille sinusförmig variiert werden. Der Zeitgang der Modulation kann aber auch nicht glatt, z. B. sprunghaft sein. Beispielhaft kann bei einem aus zwei unterschiedlichen, z. B. schwarzen und weißen Feldern bestehenden Schachbrettmus- ter die Umkehr zwischen den unterschiedlichen Feldern (von weiß nach schwarz und umgekehrt) als Rechteckfunktion in den jeweiligen Zellen zeitverzögert erfolgen.

Im Fall einer Translation (oder Parallelverschiebung) wird das statische Ausgangs- Ursprungsmuster verschoben. In einem einfachen Fall gilt für alle Punkte der (R, t>)-Ursprungsebene derselbe Verschiebungsvektor. Es handelt sich also um eine ortsunabhängige Verschiebung, bei der alle Punkte des Ausgangs- Ursprungsmusters in der Ursprungsebene mit derselben Geschwindigkeit und derselben Richtung verschoben werden. Diese Parallelverschiebung wird durch einen Vektor einer bestimmten Länge und eines bestimmten Winkels ψ gegenüber der R-Achse (vgl. Fig. 12) beschrieben. Die Länge des Vektors steht für die Verschiebegeschwindigkeit. Anschaulich gesprochen bewegen sich alle Punkte des Ausgangs-Ursprungsmusters mit der gerichteten Geschwindigkeit

v(t) = (R(t),<i (t)) . ξ steht für hierbei die erste Ableitung von ξ nach der Zeit, also ξ = .

dt

Nun gibt es wiederum u. a. zwei Möglichkeiten: Der Vektor v(t) ist zeitlich veränderlich, d. h., das Ausgangs-Ursprungsmuster wird mit zeitlich variierender Geschwindigkeit und/oder in zeitlich variierender Richtung verschoben. In einem Spezialfall kann der Vektor harmonisch entlang einer Hauptrichtung oszillieren, z. B. v(t) = Fsin(nt)v(t 0 )/||v(t 0 )|| , wobei die Hauptrichtung durch den Einheitsvektor v(*o)/|v(to)| gegeben wird, und t 0 so gewählt wird, dass |v(t 0 )| °■ V ist die

Amplitude, also der größte Wert des Betrags der Verschiebegeschwindigkeit, während Ω die Frequenz der harmonischen Oszillation ist.

In einem einfacheren Fall ist der Vektor v(t) zeitlich konstant, d.h. v(t) = (C 15 2 ) , wobei und C 2 Konstanten sind. In diesem Fall wird das Ausgangs- Ursprungsmuster mit konstanter betragsmäßiger Geschwindigkeit in konstanter Richtung verschoben.

Im Fall der Rotation wird ein statisches Ursprungsmuster um einen in der jeweili- gen Zelle gelegenen Fixpunkt gedreht. In einem einfachen Fall ist der Fixpunkt konstant. In einem komplizierteren Fall wird der Fixpunkt im Rahmen der Operation des visuellen Reizmusters zeitlich variiert. D. h., das visuelle Reizmuster in der m-ten Zelle wird durch einen zeitlich konstanten Fixpunkt F m (um den die Rotation erfolgt) und eine momentane Rotationsgeschwindigkeit 0 m (t) gekennzeichnet. Der Punkt in 0 m (t) steht wieder für die erste Ableitung nach der Zeit. In einem einfachen Fall ist die momentane Rotationsgeschwindigkeit 0 m (t) z. B. konstant:

© m ( = ß = const .

Im Fall der Deformation wird das initial statische Ausgangs-Ursprungsmuster durch, dem Fachmann insbesondere aus der Kontinuumsmechanik gut bekannte Deformationen zeitlich variabel verändert.

Die oben angeführten Verfahren zur Generierung der Muster können mit einem glatten, z. B. sinusförmigen, Zeitgang sowie nicht glatt, z. B. im Sinne einer Recht- eckfunktion, durchgeführt werden. Es können auch Pausen eingeschaltet werden und in verschiedenen Zeitintervallen unterschiedliche Operationen durchgeführt werden.

Ganz allgemein kann jede Komponente des Merkmalvektors in unterschiedlicher Weise zeitlich moduliert/transformiert werden. Darüber hinaus kann die Steuereinheit 10 auch zeitliche variable oder zeitlich konstante Kombinationen der oben angeführten Operationen eines initial statischen Ausgangs-Ursprungsmusters durchführen. Es kann insbesondere eine Sequenz von unterschiedlichen Operationen zur Generierung der visuellen Reize verwandt werden. In einer weiteren Ausgestaltung können die oben angeführten Operationen, d. h., Modulation, Translation, Rotation und Defornnation, auch auf die einzelnen Musterbestandteile, also auf die einzelnen Koordinaten des Merkmalvektors separat angewandt werden. Es können dabei auch qualitativ unterschiedliche Operationen auf die jeweili- gen Koordinaten des Merkmalvektors angewandt werden, z. B. eine Translation auf die erste Koordinate und eine Rotation auf die zweite Koordinate. Hierdurch können Neuronenpopulationen, welche unterschiedliche Merkmale kodieren, unterschiedlich stimuliert werden, so dass im Extremfall diese unterschiedlichen Neuronenpopulationen eine völlig unterschiedliche raumzeitliche Dynamik aufwei- sen. Dies kann z. B. dann vorteilhaft sein, wenn unterschiedliche Neuronenpopulationen innerhalb eines Areals angesteuert werden sollten. Es können auch mehrere Ursprungsmuster mit jeweils unterschiedlichen oder gleichen Operationen verarbeitet werden, um die visuellen Reize zu generieren. Eine selektive Stimulation unterschiedlicher Hirnareale und/oder unterschiedlicher Teilbereiche von Hirnarealen kann besonders vorteilhaft sein, wenn die jeweiligen Hirnareale bzgl. funktioneller Charakteristika (z. B. bzgl. der dominanten, z. B. mittels Leistungsspektrum ermittelten Frequenz) räumlich inhomogen sind. Auf diese Weise lässt sich die CR-Stimulation selektiv an unterschiedliche Teilberei- che des Gehirns anpassen.

Im Folgenden sollen die bei der visuellen Neurostimulation verabreichten Reizmuster näher beschrieben werden. In Fig. 13 ist eine beispielhafte CR-Reizfolge dargestellt, die in Zellen Z1 bis Z4 eines Moduls erzeugt wird. Untereinander sind dabei Operationen 20, die von der Steuereinheit 10 in den jeweiligen Zellen zur Bearbeitung des Ursprungsmusters ausgeführt werden, gegen die Zeit t aufgetragen. Eine von der Steuereinheit 10 durchgeführte Operation 20 erzeugt einen visuellen Reiz. Beispielsweise kann es sich bei den Operationen 20 um die Musterumkehr eines Schachbrettmusters in der jeweiligen Zelle handeln. Zu Beginn einer jeweiligen Operation 20, die durch einen Balken bzw. Puls dargestellt ist, kommt es pro Operation 20 zu einer einmaligen Musterumkehr des Schachbrettmusters. Die Operationen 20 werden in einem vorgegebenen Zeitraster, das aus aufeinanderfolgenden Zyklen besteht, erzeugt. Die einzelnen Zyklen sind in Fig. 13 durch durchgezogene, vertikale Linien voneinander abgegrenzt. Jeder Zyklus weist die Länge (bzw. Dauer) T st i m auf. In jedem Zyklus, in dem eine Stimulation erfolgt, wird in den Zellen Z1 bis Z4 zusammen genau eine Sequenz von Operationen 20 durchgeführt und in jeder der Zellen Z1 bis Z4 wird pro Sequenz genau eine Operation 20 durchgeführt, d. h., jede Sequenz besteht in dem vorliegenden Beispiel aus einer Abfolge von vier zeitversetzten Operationen 20, die insbesondere in jeweils unterschiedlichen Zellen Z1 bis Z4 durchgeführt werden, wobei sich der Zeitversatz insbesondere auf die Anfangszeitpunkte der Operationen 20 beziehen kann. In jeder der Zellen Z1 bis Z4 wird beispielsweise die gleiche Operation 20 durchgeführt.

Jedes Modul i kann grundsätzlich eine beliebige Anzahl L, von Zellen enthalten (L, > 2), jedoch müssen bei einer Stimulation nicht zwingend Operationen in allen L, Zellen durchgeführt werden, es kann beispielsweise auch nur eine Auswahl von P, der Li Zellen die Reize erzeugen (2 < P, < L,), wobei innerhalb einer gegebenen Sequenz dann alle P, ausgewählten Zellen jeweils genau einen Reiz erzeugen, d. h., in jeder der ausgewählten P, Zellen wird jeweils genau eine Operation 20 durchgeführt. Beispielsweise können von Zyklus zu Zyklus (oder in anderen Ab- ständen) die zur Stimulation herangezogenen P, Zellen variiert werden, z. B. können pro Zyklus je vier verschiedene Zellen ausgewählt werden. Ferner kann auch die Anzahl P, der Zellen von Zyklus zu Zyklus (oder in anderen Abständen) variiert werden, z. B. kann mittels drei, vier oder fünf verschiedene Zellen in einem jeweiligen Zyklus stimuliert werden. Bei P, Zellen der Gruppe i ergeben sich P,! mögliche unterschiedliche Sequenzen, wobei bei jeder dieser Sequenzen in jeder der P, Zellen genau eine Operation 20 durchgeführt wird. Es ist denkbar, alle P,! möglichen Sequenzen für die Stimulation heranzuziehen oder aus der Menge der P,! möglichen Sequenzen eine Untermen- ge für die Stimulation auszuwählen. Diese Untermenge kann auch in der Zeit gemäß stochastisch oder deterministisch oder gemischt stochastisch- deterministisch Regeln variieren. Die Abfolge der Sequenzen kann zufällig sein oder vor Beginn oder auch während der Stimulation festgelegt werden. In Fig. 13 ist die Reihenfolge, in welcher die Zellen Z1 bis Z4 die Reize innerhalb eines Zyklus erzeugen, konstant. Ferner kann nach einer bestimmten Anzahl von Zyklen eine Pause eingehalten werden, in der keine Reize appliziert werden, d. h., keine Operationen 20 durchgeführt werden. Die Dauer der Pause kann insbesondere Tstim oder ein ganzzahliges Vielfaches von T st i m betragen. Danach kann die Stimulation in der gleichen Weise wie vor der Pause fortgesetzt werden.

Jede der Zellen Z1 bis Z4 stimuliert eine jeweilige Subpopulation einer Neuronen- population im Gehirn eines Patienten. Während der Zyklen, in denen die Reize appliziert werden, wird von jeder der Zellen Z1 bis Z4 der jeweilige Reiz periodisch mit der Periode T st i m appliziert. Die durch die Operationen 20 erzeugten Reize bewirken idealerweise eine Phasenrücksetzung der neuronalen Aktivität der jeweils stimulierten Subpopulation. Ferner beträgt die zeitliche Verzögerung zwischen innerhalb einer Sequenz zeitlich direkt aufeinanderfolgenden, von unterschiedlichen Zellen erzeugten Reizen T st i m /4, da in dem vorliegenden Ausfüh- rungsbeispiel vier Zellen für die CR-Stimulation eingesetzt werden. Für den allgemeinen Fall von N für die Stimulation verwendeten Zellen würde die zeitliche Verzögerung zwischen innerhalb einer Sequenz zeitlich direkt aufeinanderfolgenden, von unterschiedlichen Zellen erzeugten Reizen T st i m /N betragen (von diesem Wert kann auch um z. B. bis zu ± 5 % oder ± 10 % oder eventuell um einen noch größe- ren Prozentsatz abgewichen werden). Die zeitliche Verzögerung T st i m /N kann sich auf die Anfangszeitpunkte der Reize, d. h. der Operationen 20 beziehen. Die von unterschiedlichen Zellen erzeugten Reize können bis auf die unterschiedlichen Startzeitpunkte identisch sein. Die Periode T st i m , die zum einen die Dauer eines Zyklus und zum anderen die Periode angibt, mit der gleich bleibende Sequenzen sowie die von einer jeweiligen Zelle generierten Reize wiederholt werden, kann nahe bei der mittleren Periode der dominanten pathologischen Oszillation (d. h. dem Inversen der dominanten Frequenz) der Neuronen im von dem Modul stimulierten Teilbereich des Zielareals mit der krankhaft synchronen und oszillatorischen neuronalen Aktivität liegen bzw. um bis zu ± 5 % oder ± 10 % von der mittleren Periode abweichen. Typischerweise liegt die Frequenz f st i m = 1/T st i m , die auch als CR-Stimulationsfrequenz bezeichnet wird, im Bereich von 1 bis 30 Hz. Die dominante Frequenz der pathologischen Oszillation der zu stimulierenden Neuronen kann mit Hilfe der Messeinheit 13 gemessen werden. Es ist aber auch möglich, für die Periode der pathologischen Oszillation Literatur- oder Erfahrungswerte, die sich auf die jeweilige, zu behandelnde Krankheit beziehen, zu verwenden. Eine genauere Abschätzung der optimalen Frequenz f st i m = 1/T st i m kann durch eine Analyse in einem gleitenden Zeitfenster mit dem Fachmann bekannten Datenanalyse-Verfahren durchgeführt werden. Z. B. kann in einem gleitenden Zeitfenster das absolute Maximum der spektralen Leistungsdichte in einem (medizinisch begründet) vordefinierten Frequenzintervall bestimmt werden. Anstatt der Bandpassfilterung können auch andere Datenvorverarbeitungsschritte verwendet werden, z. B. Wavelet-Analyse oder empirical mode decomposition (EMD). Es kann auch - gerade bei zeitweise und/oder infolge suboptimaler Lage der Sensoren verrauschten Signalen - eine Autokorrelationsfunktion berechnet werden.

Während in Fig. 13 die Sequenzen konstant sind, ist in Fig. 14 eine Ausgestaltung gezeigt, die eine Weiterbildung der in Fig. 13 gezeigten CR-Stimulation darstellt und bei der zu Beginn jedes Zyklus die Reihenfolge, in welcher die Operationen 20 in den Zellen Z1 bis Z4 durchgeführt werden, und damit die Reihenfolge, mit der die Zellen Z1 bis Z4 die phasenrücksetzenden Reize erzeugen, variiert, insbesondere zufällig variiert wird. Beispielsweise erzeugen die Zellen Z1 bis Z4 in dem ersten in Fig. 14 gezeigten Zyklus die Reize in der Reihenfolge Z1 -Z2-Z3-Z4. Im zweiten Zyklus lautet die Reihenfolge Z4-Z1 -Z3-Z2 und im dritten Zyklus lautet die Reihenfolge Z3-Z4-Z1 -Z2.

Eine Weiterentwicklung der in Fig. 14 dargestellten CR-Stimulation kann darin bestehen, dass die Sequenzen nur sehr langsam variiert werden. Insbesondere ist bei einer derartigen Ausführungsform vorgesehen, dass die Reihenfolge, in welcher die Zellen Z1 bis Z4 innerhalb einer Sequenz die phasenrücksetzenden Reize erzeugen, für mindestens 20 nacheinander generierte Sequenzen konstant gehalten und erst danach variiert wird. Eine CR-Stimulation mit derart langsam variierenden Sequenzen ist gegenüber der in Fig. 14 gezeigten CR-Stimulation erheblich überlegen, da ihr gewünschter, d. h. therapeutischer Stimulationseffekt (i) stärker ausgeprägt ist, (ii) von Stimulationsepoche zu Stimulationsepoche deutlich weniger variiert und (iii) deutlich robuster gegenüber Schwankungen der Reizintensität, gegenüber Schwankungen charakteristischer Kenngrößen des Körpers bzw. Nervensystems sowie insbesondere gegenüber Variationen der Anfangswer- te ist.

Wie oben beschrieben kann vorgesehen sein, dass die Sequenzen für mindestens 20 nacheinander generierte Sequenzen gleich bleiben und erst danach geändert werden. Es ist weiterhin denkbar, die Wiederholung derselben Sequenz zu erhö- hen und die Reihenfolge, in welcher die Operationen 20 in den Zellen Z1 bis Z4 pro Zyklus durchgeführt werden, für mindestens 25 oder mindestens 30 nacheinander generierte Sequenzen konstant zu halten.

Die Variation der Sequenzen kann z. B. stochastisch oder deterministisch oder gemischt stochastisch-deterministisch erfolgen. Ferner können Zyklen vorgesehen sein, in denen Stimulationspausen eingehalten werden. So können während n aufeinanderfolgenden Zyklen Operationen 20 durchgeführt werden und während der darauffolgenden m Zyklen keine Operatio- nen 20 durchgeführt werden, wobei n und m nicht-negative ganze Zahlen sind. Es ist jedoch denkbar, dass andere Reize, die nicht dazu ausgelegt sind, die krankhaft synchrone und oszillatorische neuronale Aktivität zu unterdrücken, während der Stimulationspausen insbesondere mit Hilfe der Zellen Z1 bis Z4 appliziert werden. Weiterhin kann vorgesehen sein, dass in den Zellen Z1 bis Z4 während der Stimulationspausen keinerlei Operationen durchgeführt werden. Das Muster aus n Zyklen mit Stimulation und m Zyklen ohne Stimulation kann periodisch fortgesetzt werden.

Sofern vorgesehen ist, die Sequenzen nach einer vorgegebenen Anzahl i von Sequenzen zu variieren (i > 20), werden gemäß einer Ausgestaltung die Zyklen ohne Stimulation nicht mitgezählt, d. h., es findet bei dieser Ausgestaltung eine Variation der Reihenfolge, in der die Zellen Z1 bis Z4 die Reize generieren, erst dann statt, wenn tatsächlich in i Zyklen jeweils eine Sequenz von Reizen appliziert wurde. Die Anzahl i, nach der jeweils die Sequenz variiert wird, kann z. B. gemäß stochastischen oder deterministischen oder gemischt stochastisch- deterministischen Regeln bestimmt werden.

Weiterhin kann die Variation der Sequenzen mit einem konstanten Rhythmus erfolgen, d. h., eine Variation findet beispielsweise stets nach i Zyklen statt.

Die CR-Stimulation mit langsam variierender Sequenz ist besonders geeignet, wenn mit überschwelligen Reizstärken stimuliert werden kann. Sie ist der CR- Stimulation mit fixer Sequenz oder der CR-Stimulation mit schnell variierender Sequenz dann typischerweise überlegen. Ist hingegen die Nebenwirkungsschwel- le, also die zur Auslösung von Nebenwirkungen erforderliche Reizamplitude ver- mindert und/oder kommt es bei der Reizung zu Nebenwirkungen, so kann eine Zwei-Stufen-CR-Stimulation verwendet werden. Der Vorteil der Zwei-Stufen-CR- Stimulation ist, dass die erste Stufe mit unterschwelliger Reizstärke appliziert wird, während erst bei der zweiten Stufe überschwellig gereizt wird. Trotz der ver- gleichsweise besonders schwachen Reizstärke sind die therapeutischen Effekte gut und anhaltend.

Bei der Zwei-Stufen-CR-Stimulation wird in der ersten Stufe mit rasch variierender Sequenz bei einer insbesondere geringen Reizstärke stimuliert und in der zweiten Stufe wird mit langsam variierender Sequenz bei einer insbesondere höheren

Reizstärke stimuliert. Zur Realisierung der beiden Stimulationsstufen kann die die Operationen 20 durchführende Steuereinheit 10 in zwei verschiedenen Stimulationsmodi (oder Betriebsmodi) betrieben werden. Während eines ersten Zeitintervalls, wird die Steuereinheit 10 in einem ersten Stimulationsmodus betrieben und führt die Operationen 20 in den Zellen Z1 bis Z4 derart aus, dass die Zellen Z1 bis Z4 Sequenzen von Reizen repetitiv erzeugen und die Reihenfolge, in welcher die Zellen Z1 bis Z4 innerhalb einer Sequenz die phasenrücksetzenden Reize erzeugen, für höchstens 5 nacheinander generierte Sequenzen konstant ist und danach variiert wird, wobei die Stärke, z. B. die Helligkeit bzw. Intensität, der dem Patien- ten dargebotenen Reize im ersten Stimulationsmodus insbesondere kleiner oder gleich einer vorgegebenen Reizstärke ist. Das Muster, nach welchem die Reihenfolge, in welcher die Zellen Z1 bis Z4 innerhalb einer Sequenz die Reize erzeugen, für höchstens 5 nacheinander generierte Sequenzen konstant ist und danach variiert wird, kann mehrfach wiederholt werden.

Auf das erste Zeitintervall folgt ein zweites Zeitintervall, in welchem die Steuereinheit 10 in einem zweiten Betriebsmodus betrieben wird. Insbesondere kann sich das zweite Zeitintervall unmittelbar dem ersten Zeitintervall, d. h. ohne eine dazwischen liegende Pause anschließen. Im zweiten Stimulationsmodus führt die Steu- ereinheit 10 die Operationen 20 in den Zellen Z1 bis Z4 derart aus, dass die Zellen Z1 bis Z4 Sequenzen von phasenrücksetzenden Reizen repetitiv erzeugen und die Reihenfolge, in welcher die Zellen Z1 bis Z4 innerhalb einer Sequenz die Reize erzeugen, für mindestens 25 nacheinander generierte Sequenzen konstant ist und danach variiert wird. Die Stärke der durch die Operationen 20 erzeugten Rei- ze des dem Patienten dargebotenen visuellen Reizmusters im zweiten Stimulationsmodus beträgt insbesondere mindestens das 1 ,3-fache der vorgegebenen Reizstärke. Das Muster, nach welchem die Reihenfolge, in welcher die Zellen Z1 bis Z4 innerhalb einer Sequenz die Reize erzeugen, für mindestens 25 nacheinander generierte Sequenzen konstant ist und danach variiert wird, kann mehr- fach wiederholt werden .

Es kann für den Patienten vorteilhaft sein, den Wechsel vom ersten Stimulationsmodus in den zweiten Stimulationsmodus nicht abrupt, sondern fraktioniert durchzuführen. Ein abrupter Wechsel von einer unterschwelligen Stimulationsstärke im ersten Stimulationsmodus zu einer überschwelligen Stimulationsstärke im zweiten Stimulationsmodus kann sehr unangenehm, z. B. schmerzhaft sein. Um diesen Übergang angenehmer zu gestalten, kann man Gewöhnungseffekte ausnutzen, indem man im Rahmen des Übergangs vom ersten Zeitintervall zum zweiten Zeitintervall mehrmals zwischen den beiden Stimulationsmodi hin- und herschaltet. Das Ausmaß der Nebenwirkungen, z. B. Schmerzen, hängt nicht nur von der Stimulationsstärke, sondern auch von der Dauer der Reizapplikation ab. Durch Applikation kurzer Epochen im zweiten Stimulationsmodus kann das Einsetzen der Nebenwirkungen deutlich abgeschwächt werden. Es kann sogar zu Gewöhnungseffekten kommen, so dass die Nebenwirkungen im später dauerhaft applizierten zweiten Stimulationsmodus geringer ausfallen als ohne den fraktionierten Übergang. Die Dauer zwischen dem Hin- und Herschalten zwischen dem ersten und dem zweiten Stimulationsmodus kann im Rahmen des Übergangs zeitlich variieren, z. B. zunehmen. Wie oben beschheben ist in der ersten Stufe vorgesehen, dass die Sequenzen für maximal 5 nacheinander generierte Sequenzen gleich bleiben und danach geändert werden. Weiterhin kann die Variation der Sequenzen mit einem konstanten Rhythmus erfolgen, d. h., eine Variation findet beispielsweise stets nach iModusj Zyklen statt, wobei iModusj eine ganze Zahl von 1 bis 5 ist. Alternativ kann die

Anzahl der Zyklen, nach der die Sequenz variiert wird, gemäß stochastischen oder deterministischen oder gemischt stochastisch-deterministischen Regeln bestimmt werden. Gemäß einer Ausgestaltung wird bei der Zwei-Stufen-CR-Stimulation nur die Reihenfolge, in welcher die Zellen pro Sequenz die Reize erzeugen, variiert. Alle übrigen Stimulationsparameter können während der CR-Stimulation konstant bleiben. Die Variation der Sequenzen kann z. B. stochastisch oder deterministisch oder gemischt stochastisch-deterministisch erfolgen.

Es kann vorgesehen sein, dass die CR-Stimulation im ersten Stimulationsmodus kontinuierlich erfolgt, d. h., in aufeinander folgenden Zyklen werden stets Sequen- zen von Reizen erzeugt. Alternativ können aber auch Pausen während der CR- Stimulation, insbesondere während ganzer Zyklen, eingehalten werden. So können während n M odus_i aufeinanderfolgenden Zyklen Reize erzeugt werden und während der darauffolgenden m M odus_i Zyklen keine Reize erzeugt werden, die dazu ausgelegt sind, die krankhaft synchrone und oszillatorische neuronale Aktivi- tät zu desynchronisieren, wobei n Mo dus_i und m M odus_i nicht-negative ganze Zahlen sind. Das Muster aus n Mo dus_i Zyklen mit Stimulation und m M odus_i Zyklen ohne Stimulation kann periodisch fortgesetzt werden.

Es ist denkbar, dass andere Reize, die nicht dazu ausgelegt sind, die krankhaft synchrone und oszillatorische neuronale Aktivität zu unterdrücken, während der Stimulationspausen appliziert werden. Alternativ erzeugen die Zellen Z1 bis Z4 während der Stimulationspausen keinerlei Reize.

Sofern vorgesehen ist, die Sequenzen nach einer vorgegebenen Anzahl iModusj von Sequenzen zu variieren (iModusj ^ 5), werden gemäß einer Ausgestaltung die Zyklen ohne Stimulation nicht mitgezählt, d. h., es findet bei dieser Ausgestaltung eine Variation der Reihenfolge, in der die Zellen Z1 bis Z4 die Reize generieren, erst dann statt, wenn tatsächlich in iModusj Zyklen jeweils eine Sequenz von Reizen appliziert wurde.

Die Stärke der von den Zellen erzeugten Reize, d. h. die Helligkeit bzw. Intensität der Reize, ist im ersten Stimulationsmodus kleiner oder gleich einer vorgegebenen Reizstärke. Die vorgegebene Reizstärke kann insbesondere unterschwellig in dem Sinne sein, dass die Reize nur während der Stimulation desynchronisierende Effekte haben, die das Ende der Stimulation jedoch nicht überdauern, d. h., nach dem Ende der Stimulation mit den Reizen, deren Reizstärke die vorgegebene Reizstärke nicht übersteigt, verschwindet der desynchronisierende Effekt.

Durch die Stimulation im ersten Stimulationsmodus wird die stimulierte Neuronen- population in einen Zustand gebracht, in dem sie für die nachfolgende Stimulation im zweiten Stimulationsmodus mit langsam variierender Sequenz und höherer Reizstärke deutlich empfänglicher ist.

Die Stimulation im zweiten Stimulationsmodus kann bis auf die Anzahl der Zyklen, nach denen die Sequenz variiert wird, und die Reizstärke die gleichen Ausgestaltungen aufweisen, wie die oben erläuterte Stimulation im ersten Stimulationsmodus. Im Folgenden werden die Unterschiede der Stimulation im zweiten Stimulationsmodus gegenüber der Stimulation im ersten Stimulationsmodus erläutert. Im zweiten Stimulationsmodus wird die Reihenfolge, in welcher die Zellen Z1 bis Z4 innerhalb einer Sequenz die Reize erzeugen, wird für mindestens 25 nacheinander generierte Sequenzen konstant gehalten und erst danach variiert. Es ist weiterhin denkbar, die Wiederholung derselben Sequenz zu erhöhen und die Rei- henfolge, in welcher die Zellen Z1 bis Z4 pro Zyklus die Reize erzeugen, im zweiten Stimulationsmodus für beispielsweise mindestens 30 oder mindestens 35 nacheinander generierte Sequenzen konstant zu halten.

Die Variation der Sequenzen kann im zweiten Stimulationsmodus mit einem kon- stanten Rhythmus erfolgen, d. h., eine Variation findet beispielsweise stets nach iModus_2 Zyklen statt, wobei iMod US _2 ^ 25 gilt. Alternativ kann die Anzahl der Zyklen, nach der die Sequenz variiert wird, gemäß stochastischen oder deterministischen oder gemischt stochastisch-deterministischen Regeln bestimmt werden. Wie bei der Stimulation im ersten Stimulationsmodus kann auch bei der Stimulation im zweiten Stimulationsmodus nur die Reihenfolge, in welcher die Zellen Z1 bis Z4 pro Sequenz die Reize erzeugen, variiert werden. Alle übrigen Stimulationsparameter können während der Stimulation konstant bleiben. Die Variation der Sequenzen kann z. B. stochastisch oder deterministisch oder gemischt stochastisch-deterministisch erfolgen.

Die CR-Stimulation kann im zweiten Stimulationsmodus kontinuierlich erfolgen, d. h., in aufeinander folgenden Zyklen werden stets Sequenzen von Reizen erzeugt. Alternativ können aber auch Pausen während der CR-Stimulation, insbesondere während ganzer Zyklen, eingehalten werden. So können während n M odus_2 aufeinanderfolgenden Zyklen Reize erzeugt werden und während der darauffolgenden rriModus_2 Zyklen keine Reize erzeugt werden, die dazu ausgelegt sind, die krankhaft synchrone und oszillatorische neuronale Aktivität zu desynchronisieren, wobei n M odus_2 und m M odus_2 nicht-negative ganze Zahlen sind. Das Muster aus n M odus_2 Zyklen mit Stimulation und m M odus_2 Zyklen ohne Stimulation kann periodisch fortgesetzt werden. Die Werte für n Mo dus_2 und m M odus_2 des zweiten Stimulationsmodus können, müssen aber nicht identisch sein mit den Werten für n M odus_i bzw. nriModusj des ersten Stimulationsmodus.

Es ist denkbar, dass andere Reize, die nicht dazu ausgelegt sind, die krankhaft synchrone und oszillatorische neuronale Aktivität zu unterdrücken, während der Stimulationspausen insbesondere mit den Zellen Z1 bis Z4 appliziert werden.

Alternativ erzeugen die Zellen Z1 bis Z4 während der Stimulationspausen keinerlei Reize.

Sofern vorgesehen ist, die Sequenzen nach einer vorgegebenen Anzahl iModus_2 von Sequenzen zu variieren (iMod US _2 ^ 25), werden gemäß einer Ausgestaltung die Zyklen ohne Stimulation nicht mitgezählt, d. h., es findet bei dieser Ausgestaltung eine Variation der Reihenfolge, in der die Zellen Z1 bis Z4 die Reize generieren, erst dann statt, wenn tatsächlich in iModus_2 Zyklen jeweils eine Sequenz von Reizen appliziert wurde.

Die Stärke der Reize beträgt im zweiten Stimulationsmodus mindestens das 1 ,3- fache der vorgegebenen Reizstärke. Die Stärke der Reize kann insbesondere so groß sein, dass man einen ausgeprägten und anhaltenden therapeutischen und/oder desynchronisierenden Effekt erzielen würde, wenn man die Reize während der gesamten Stimulationsdauer, d. h. während des ersten und des zweiten Zeitintervalls, applizieren würde. Gemäß einer Ausgestaltung ist die untere Grenze für die Reizstärke im zweiten Stimulationsmodus größer als das 1 ,3-fache der vorgegebenen Reizstärke und beträgt das 1 ,5- oder 1 ,7-fache der vorgegebenen Reizstärke.

Bei der hier beschriebenen Zwei-Stufen-CR-Stimulation wird die Reizstärke ohne Verlust oder Einschränkung der Wirksamkeit aufdosiert. Während der ersten Stu- fe, d. h. im ersten Stimulationsmodus, genügt eine unterschwellige Reizstärke, wodurch ungewünschte Effekte deutlich reduziert werden können. Durch die Stimulation im ersten Stimulationsmodus wird die stimulierte Neuronenpopulation in einen Zustand gebracht, in dem sie für die nachfolgend in der zweiten Stufe durchgeführte Stimulation im zweiten Stimulationsmodus deutlich empfänglicher ist. Die Zwei-Stufen-CR-Stimulation ermöglicht folglich eine verbesserte Stimulationswirkung bei gleichzeitig reduzierten Nebenwirkungen und anderen unerwünschten Effekten. Das zugrundeliegende Wirkprinzip der Zwei-Stufen-CR-Stimulation, nämlich die Verstärkung der desynchronisierenden Wirkung der Stimulation mit langsam variierender Sequenz durch vorgeschaltete Stimulation mit rasch variierender Sequenz, gilt nicht nur bei unterschwelliger Reizstärke der Stimulation mit rasch variierender Sequenz. Vielmehr ist die Wirkung der Zwei-Stufen-CR-Stimulation bei überschwelliger erster Stufe zumindest tendenziell besser als alle sonstigen Varianten der CR-Stimulation gleicher Intensität und Dauer. Für den Fall der ersten Stufe mit überschwelliger Reizstärke entfällt aber der besondere Vorteil, dass durch die Verwendung der unterschwelligen Stimulation Nebenwirkungen und andere unerwünschte Effekte vermieden oder zumindest reduziert werden kön- nen.

Sofern für die Zwei-Stufen-CR-Stimulation die in Fig. 1 B dargestellte Vorrichtung 2 eingesetzt wird, also eine "closed Ιοορ''-Stimulation durchgeführt wird, kann die Steuereinheit 10 anhand der in Reaktion auf die Applikation der visuellen CR- Reizmuster von der Messeinheit 13 aufgenommenen Messsignale den Stimulationserfolg überprüfen.

Sobald insbesondere anhand der Messsignale eine ausgeprägte Desynchronisati- on bzw. akute klinische Befundbesserung bzw. eine ausgeprägte Besserung der Befindlichkeit des Patienten festgestellt worden ist, kann von dem ersten Stimula- tionsmodus in den zweiten Stimulationsmodus umgeschaltet werden. Insbesondere kann eine mit der Steuereinheit 10 gekoppelte Eingabeeinheit vorgesehen sein, die von dem Patienten und/oder dem behandelnden Arzt bedient werden kann und mit der vom ersten Stimulationsmodus in den zweiten Stimulationsmodus umge- schaltet werden kann.

Der Stimulationserfolg kann insbesondere mittels eines Schwellwertvergleichs überprüft werden. Je nachdem welche Signale zur Ermittlung des Stimulationserfolgs herangezogen werden, ergeben sich unterschiedliche Schwellwertvergleiche. Wird z. B. die krankhafte neuronale Synchronisation über die Sensoren der Messeinheit 13, z. B. EEG-Elektroden oder Tiefelektroden (als LFP-Signal), gemessen, reicht erfahrungsgemäß die Absenkung der Synchronisation um einen vorgegebenen Wert, z. B. um mindestens 20 %, im Vergleich zur Situation ohne Stimulation, um einen ausreichenden Stimulationserfolg festzustellen und vom ersten in den zweiten Stimulationsmodus zu wechseln. Es können aber größere Werte, z. B. 50 % und mehr, gewählt werden, um länger im ersten Stimulationsmodus und somit mit geringerer Reizstärke zu stimulieren.

Die klinische Befundbesserung wird anhand typischer, dem Fachmann bekannter Änderungen von klinischen Scores bzw. Fragebögen bestimmt. Hierzu werden z. B. die aus der Literatur bekannten Werte Delta S für einen "minimal clinically relevant change" (minimale klinisch relevante Änderung) oder auch größere Werte, z. B. 2 x Delta S, verwandt. Zusätzlich zu der oben beschriebenen Regelung, die das Umschalten von dem ersten in den zweiten Stimulationsmodus bestimmt, kann eine weitere Regelung vorgesehen sein, die auf einer langsameren Zeitskala agiert. Wenn sich ein Therapieerfolg über einen vordefinierten Zeitraum, z. B. 1 Stunde, eingestellt hat, wird die Stimulation abgeschaltet. Der Therapieerfolg wird hierbei wie oben beschrie- ben gemessen, wobei die Schwellenwerte für einen ausreichenden Therapieerfolg vom Anwender voreingestellt werden können, z. B. eine Absenkung der anfänglichen Synchronisation um 80 %. Wenn diese Schwellenwerte für eine vordefinierte Dauer, z. B. 60 s, wieder überschritten werden und/oder der Patient eine nicht mehr hinreichend gebesserte Befindlichkeit meldet, wird die Zwei-Stufen-CR- Stimulation wie oben beschrieben neu gestartet.

Mit Hilfe der Messeinheit 13 der Vorrichtung 2 können Werte für die Längen des ersten Zeitintervalls und des zweiten Zeitintervalls für einen jeweiligen Patienten abgeschätzt werden, die benötigt werden, um den gewünschten Stimulationserfolg zu erzielen. Anschließend können diese Informationen für eine Anwendung mit der Vorrichtung 1 , die über keine Messeinheit verfügt, verwendet werden. Grundsätzlich können die Längen des ersten und des zweiten Zeitintervalls im Minuten- oder Stundenbereich liegen. Weiterhin lässt sich mit Hilfe der Messeinheit 13 gemäß einer Ausgestaltung die vorgegebene Reizstärke bestimmen, aus der sich die obere bzw. untere Grenze für die Reizstärken im ersten und zweiten Stimulationsmodus ergibt. Auch diese Information kann anschließend bei einer Anwendung mit der Vorrichtung 1 genutzt werden. Zur Bestimmung der vorgegebenen Reizstärke wird die Vorrichtung z. B. im ersten Stimulationsmodus betrieben und die Stärke der Reize wird ausgehend von Null solange erhöht, bis sich ein Akuteffekt einstellt, d. h. eine Verringerung der Synchronisation der stimulierten Neuronenpopulation, die jedoch nach der Beendigung der Stimulation wieder verschwindet. Aus der so gewonnenen Reizstärke kann die vorgegebene Reizstärke abgeleitet werden, indem die vorgegebe- ne Reizstärke beispielsweise aus einem Bereich ausgewählt wird, dessen untere Grenze die Reizstärke, bei der eine Verringerung der Synchronisation der stimulierten Neuronenpopulation einsetzt, darstellt und dessen obere Grenze z. B. das 1 ,1 -fache der vorstehenden Reizstärke ist. Fig. 15 zeigt eine Ausgestaltung, bei der ein einzelner Balken bzw. Puls, durch den eine in einer jeweiligen Zelle Z1 bis Z4 vorgenommene Operation 20 gekennzeichnet ist, beispielhaft eine Translation eines Schachbrettmusters (Bewegungsreiz) in der jeweiligen Zelle Z1 bis Z4 des Moduls symbolisiert, wobei während der gesamten Zeitdauer des jeweiligen Pulses die jeweilige Translation des Schachbrettmusters erfolgt. Die CR-Sequenz wird beispielhaft nicht variiert. Die Operationen 20 in unterschiedlichen Zellen erfolgen in dem vorliegenden Beispiel zeitlich nicht überlappend. Fig. 16 zeigt eine Weiterbildung der Reizfolge von Fig. 15. Auch hier symbolisiert ein einzelner Balken eine Translation des Schachbrettmusters in der jeweiligen Zelle Z1 bis Z4 des Moduls. Im Unterschied zu der Stimulation von Fig. 15 erfolgt die Reizung mittels unterschiedlicher Zellen in Fig. 16 zeitlich überlappend. Vorstehend wurden die verschiedenen, in den Fig. 13 bis 16 illustrierten CR-

Stimulationsvarianten nur beispielhaft anhand der Zellen Z1 bis Z4 eines Moduls erläutert. Die hierin beschriebenen CR-Stimulationsformen können in entsprechender Weise auf andere Zellen und andere Module angewandt werden. Insbesondere sollte jedoch innerhalb ein und desselben Moduls für alle zur Stimulation herangezogenen Zellen zur gleichen Zeit nur eine bestimmte Stimulationsvariante eingesetzt werden. Demgegenüber können jedoch in anderen Modulen andere Stimulationsvarianten angewandt werden. Die Phasenbeziehung zwischen verschiedenen Modulen kann konstant sein, sie kann aber auch deterministisch oder stochastisch und/oder gemischt deterministisch-stochastisch variiert werden.

Sollte die in Fig. 1 B dargestellte Vorrichtung 2 im Sinne einer "closed loop"- Variante zum Einsatz kommen, kann es vorteilhaft sein, die Frequenz f st i m

(=1/T s tim) an die im zu desynchronisierenden Zielareal gemessene dominante Frequenz der neuronalen pathologischen Oszillation anzupassen. Die dominante Frequenz kann z. B. durch kontinuierliche oder intermittente Messungen kontinu- ierlich bzw. regelmäßig gemessen werden und die Frequenz f st i m kann dementsprechend angepasst werden. Sofern mehrere Module zur Stimulation eingesetzt werden und diese Module unterschiedliche Teilbereiche des Zielareals stimulieren, in denen unterschiedliche dominante Frequenzen der neuronalen pathologischen Oszillation auftreten, kann die Frequenz f st i m (=1/T st im) innerhalb eines jeweiligen Moduls an die dominante Frequenz des von dem entsprechenden Modul stimulierten Teilbereichs des Zielareals angepasst werden.

Bei der hierin beschrieben visuellen Reizung können nur ein Ursprungsmuster und eine Operation zur Bearbeitung des Ursprungsmusters verwendet werden. Es können aber auch mehr als eine Operation auf ein oder mehrere Ursprungsmuster angewandt werden.

Durch Anwendung einer Operation auf ein bestimmtes Ursprungsmuster können bestimmte Hirnareale besonders gut stimuliert werden. Z. B. wird der primäre visuelle Cortex (V1 ) besonders effizient von Schachbrettmuster-Umkehrreizen stimuliert. Für die Verarbeitung von Bewegungsreizen sind das mediotemporale Areal (MT oder V5) und das Hirnareal MST im parietalen Cortex von zentraler Bedeutung. Bewegungsreize stimulieren diese beiden Areale besonders effizient. Dies ist in Fig. 17 schematisch und beispielhaft dargestellt: Ein Ursprungsmuster wird mittels zweier unterschiedlicher Operationen so verändert, dass z. B. jeweils ein starker V1 -Reiz und ein starker V5-Reiz entstehen und addiert appliziert werden. Der V1 - und der V5-Reiz können dann mit unterschiedlichen CR- Stimulationsparametern und/oder CR-Sequenz-Abfolgen, z. B. mit konstanter Sequenz oder mit schnell (von Zyklus zu Zyklus) variierender Sequenz oder mit langsam variierender Sequenz oder als Zwei-Stufen-CR (mit zuerst schnell variierender Sequenz und unterschwelliger Intensität bei Blendeffekten oder dergleichen und nachfolgender langsam variierender Sequenz mit 1 ,3-fach erhöhter Intensität, z. B. Helligkeitsstärke) verabreicht werden. Z. B. können bei einem Schachbrettmuster die CR-Stimulationsfrequenz für die Musterumkehr (Kontur- reiz) und die CR-Stimulationsfrequenz für die in den jeweiligen Zellen zeitversetzte Translation (Bewegungsreiz) appliziert werden, so dass an unterschiedlichen Orten im Gehirn vorzugsweise mit unterschiedlichen CR-Stimulationsfrequenzen gereizt wird. In Fig. 17 sind schematisch unterschiedliche CR-Stimulationsmodi CR1 und CR2 dargestellt, mit denen verschiedene Hirnareale A1 und A2 beaufschlagt werden.

Visuelle Zielgebiete müssen aber nicht räumlich homogen stimuliert werden. Vielmehr kann eine Operation auf zwei oder mehrere Gruppen von Modulen ange- wandt werden. Es kann hierdurch z. B. im zentralen (foveanahen) Bereich mit einem anderen CR-Modus stimuliert werden als im Bereich des peripheren Gesichtsfelds. Dies ist schematisch in Fig. 18 dargestellt. Unterschiedliche Teilbereich von Hinrarealen können so z. B. mit unterschiedlicher CR- Stimulationsfrequenz gereizt werden. Generell kann auf diese Weise in unter- schiedlichen Teilbereichen unterschiedlicher Hirnareale mit unterschiedlichen CR- Modi stimuliert werden.

Fig. 18 zeigt schematisch unterschiedliche CR-Modi, z. B. unterschiedliche CR- Stimulationsfrequenzen, die in unterschiedlichen Gruppen von Modulen ange- wandt werden. Hierdurch wird z. B. im zentralen (foveanahen) Bereich (vgl. Intervall 11 der R-Achse) mit einem anderen CR-Modus stimuliert werden als im Bereich des peripheren Gesichtsfelds (vgl. Intervall 12 der R-Achse).

Fig. 19 zeigt schematisch die Anwendung unterschiedlicher Operationen auf un- terschiedliche Teilbereiche, d. h. Gruppen von Modulen, von einem (oder mehreren) Ursprungsmuster(n). Dadurch können verschiedene Teilbereiche von Hirnarealen, z. B. Teilbereiche A1 a und A1 b von Hirnareal A1 sowie Teilbereiche A2a und A2b von Hirnareal A2, mit unterschiedlichen CR-Stimulationsmodi (CR1 , CR2, CR3, CR4) beaufschlagt werden. Fig. 20 zeigt schematisch die Anwendung unterschiedlicher Operationen 20 auf unterschiedliche Gruppen von Zellen, wodurch unterschiedliche Teilbereiche von Hirnarealen unterschiedlich stimuliert werden können. Dies ist hier am Beispiel der CR-Stimulationsfrequenz veranschaulicht: Die Zellen Z1 a bis Z4a werden mit einer viermal größeren CR-Stimulationsfrequenz (und mit einer anderen Sequenz, nämlich 1 -2-3-4 statt 4-1 -3-2) als die Zellen Z1 b bis Z4b stimuliert. Balken und Dreiecke symbolisieren unterschiedliche Modulationsformen. Z. B. stehen die Balken für Schachbrettmuster-Umkehrreize, während die linke und die rechte Seite der Dreiecke eine anwachsende bzw. abfallende Bewegungsgeschwindig- keit bei der Translation des Ursprungsmusters in der jeweiligen Zelle darstellen. Auf diese Weise können beispielhaft die Teilbereiche A1 a und A1 b aus Fig. 19 mit unterschiedlichen CR-Stimulationsfrequenzen gereizt werden.

Das Ursprungsmuster, das in mindestens zwei der Zellen mit Hilfe der oben be- schriebenen Operationen zeitlich versetzt oder phasenverschoben verändert wird, wird von der Steuereinheit mittels der komplex-logarithmischen Abbildung aus der Ursprungsebene in die Ausgangsebene transformiert, um dort das visuelle Reizmuster zu erzeugen, welches die Stimulationseinheit 1 1 dem Patienten darbietet. Ein Punkt in der Ursprungsebene kann durch eine erste Koordinate und eine zweite Koordinate in einem Koordinatensystem gekennzeichnet sein. Ferner kann ein Punkt in der Ausgangsebene durch einen Radius und einen Winkel in einer komplexen Ebene gekennzeichnet sein. Die komplex-logarithmische Abbildung kann einen Punkt aus der Ursprungsebene auf einen Punkt in der Ausgangsebene derart abbildet, dass der den Punkt in der Ausgangsebene kennzeichnende Radius der ersten Koordinate des Punkts in der Ursprungsebene entspricht und der den Punkt in der Ausgangsebene kennzeichnende Winkel der zweiten Koordinate des Punkts in der Ursprungsebene entspricht. Weiterhin kann ein Punkt in der Ursprungsebene die Koordinaten (R,<t>) haben und mittels der komplex-logarithmischen Abbildung auf einen Punkt in der Ausgangsebene abgebildet werden, der durch einen Vektor y = Re !il bestimmt ist (vgl. Gleichung (2)).

Die visuelle Reizung kann erfindungsgemäß in personalisierter Weise erfolgen. Hierzu wird die visuelle Reizung für den einzelnen Patienten kalibriert. Im Folgenden sind Kalibrationsmethoden beschrieben, die einzeln oder in Kombination angewandt werden können.

Kalibration 1 : Mittels funktioneller Kernspintomografie kann eine Kalibrierung der retinotopen Abbildung (vgl. Fig. 3), mit der das Gesichtsfeld auf bestimmte Orte im Gehirn abgebildet wird, erzielt werden. Diese Abbildung ist in erster Näherung eine komplex-logarithmische Abbildung (vgl. Horton J. C, Hoyt W. F.: The re- presentation of the Visual field in human striate cortex. A revision of the classic Holmes map. Archives of ophthalmology 109 (1991 ) 816-824; siehe auch den Übersichtsartikel: Hoffmann M. B., Kaule F., Grzeschik R., Behrens-Baumann W., Wolynski B.: Retinotope Kartierung des menschlichen visuellen Kortex mit funktioneller Magnetresonanztomografie - Grundlagen, aktuelle Entwicklungen und Per- spektiven für die Ophthalmologie. Klin. Monatsbl. Augenheilkd. 228 (201 1 ) 613- 620). Die erfindungsgemäße visuelle Reizung kann noch präziser, auf den jeweiligen Patienten abgestimmt durchgeführt werden, indem die Transformation von der Ursprungsebene zu der Ausgangsebene, die näherungsweise eine Rücktransfor- mation der retinotopen Abbildung ist, durch die Bestimmung der retinotopen Karte des jeweiligen Patienten mittels funktioneller Kernspintomografie durchgeführt wird (vgl. S. A. Engel, D. E. Rumelhart, B. A. Wandeil, A. T. Lee, G. H. Glover, E.-J. Chichilnisky, M. N. Shadlen: fMRI of human Visual cortex. Nature 369 (1994) 525; Hoffmann M. B., Kaule F., Grzeschik R., Behrens-Baumann W., Wolynski B.: Retinotope Kartierung des menschlichen visuellen Kortex mit funktioneller Magnetre- sonanztomografie - Grundlagen, aktuelle Entwicklungen und Perspektiven für die Ophthalmologie. Klin. Monatsbl. Augenheilkd. 228 (201 1 ) 613-620). Hierbei werden visuelle Reize an vielen Stellen im Gesichtsfeld, d. h. der Ausgangsebene, vorgenommen und die jeweilige Aktivierung im Gehirn, d. h. der Ursprungsebene, mittels funktioneller Kernspintomografie kartiert.

Der primäre visuelle Cortex ist das basale Eingangsareal der Großhirnrinde für visuellen Input (vgl. Hubel D. H., Wiesel T. N.: Receptive fields of Single neurones in the cat's striate cortex. J Physiol 148 (1959) 574-591 ) und das Areal, in dem offensichtlich die meisten Auren und die zugrundeliegenden Streudepolarisationen ihren Ausgang nehmen (vgl. Largo C, Ibarz J. M., Herreras O. (1997) Effects of the gliotoxin fluorocitrate on spreading depression and glial membrane potential in rat brain in situ. J Neurophysiol 78:295-307; Lauritzen M., Dreier J. P., Fabricius M., Hartings J. A. , Graf R., Strong A. J.: Clinical relevance of cortical spreading depression in neurological disorders: migraine, malignant stroke, subarachnoid and intracranial hemorrhage, and traumatic brain injury. Journal of Cerebral Blood Flow & Metabolism (201 1 ) 31 , 17-35), von wo sie sich mit einer Ausbreitungsgeschwindigkeit von wenigen Millimetern pro Minute über das Gehirn hinweg ausbreitet (vgl. Lauritzen M., Dreier J. P., Fabricius M., Hartings J. A. , Graf R., Strong A. J.: Clinical relevance of cortical spreading depression in neurological disorders: migraine, malignant stroke, subarachnoid and intracranial hemorrhage, and traumatic brain injury. Journal of Cerebral Blood Flow & Metabolism (201 1 ) 31 , 17-35). Neben dem primären visuellen Cortex gibt es noch mehrere weitere visuelle corticale Areale, welche durch bestimmte visuelle Reizeigenschaften, wie z. B. Farbe oder Bewegung, aktiviert werden und jeweils auch retinotope Abbil- düngen ausweisen. Die retinotopen Abbildungen der einzelnen visuellen Areale können voneinander abweichen (vgl. Wandeil B. A., Dumoulin S. O., Brewer A. A.: Visual field maps in human cortex. Neuron 56 (2007) 366-383; siehe auch den Übersichtsartikel: Hoffmann M. B., Kaule F., Grzeschik R., Behrens-Baumann W., Wolynski B.: Retinotope Kartierung des menschlichen visuellen Kortex mit funktio- neiler Magnetresonanztomografie - Grundlagen, aktuelle Entwicklungen und Per- spektiven für die Ophthalmologie. Klin. Monatsbl. Augenheilkd. 228 (201 1 ) 613- 620). Prinzipiell kann die Kalibrierung auch für ein anderes visuelles Areal als den primären visuellen Cortex durchgeführt werden. Für die Kartierung der jeweiligen retinotopen Karte mittels funktioneller Kernspintomografie müssen dann die für das jeweilige visuelle Areal optimalen visuellen Reize gewählt werden (vgl. Hoff- mann M. B., Kaule F., Grzeschik R., Behrens-Baumann W., Wolynski B.: Retinotope Kartierung des menschlichen visuellen Kortex mit funktioneller Magnetresonanztomografie - Grundlagen, aktuelle Entwicklungen und Perspektiven für die Ophthalmologie. Klin. Monatsbl. Augenheilkd. 228 (201 1 ) 613-620).

Diese Kalibrierung der retinotopen Abbildung mittels funktioneller Kernspintomografie verbessert die Wirksamkeit der Erfindung, ist aber für eine erfolgreiche Anwendung nicht zwingend erforderlich. Eine für die Praxis günstige Variante besteht darin, Daten mehrerer retinotoper Abbildungen berücksichtigen zu können. Der Patient kann dann selbst ausprobieren, mit welcher retinotoper Abbildung die besten Effekte zu erzielt werden. Die retinotopen Abbildungen können z. B. in der Steuereinheit 10 gespeichert sein. Die unterschiedlichen, dem Patienten z. B. mittels Touchscreen angebotenen retinotopen Abbildungen können z. B. mathematische Funktionen sein, welche die Überrepräsentation des zentralen Gesichtsfeldes approximieren (vgl. Wandeil B. A., Dumoulin S. O., Brewer A. A. (2009) Visual Cortex in Humans. In: Encyclope- dia of Neuroscience, S. 251 -257, Elsevier), oder aus einer Datenbank von mittels funktioneller Kernspintomografie ermittelten retinotopen Abbildungen bestimmt werden (z. B. Mittelwerte und Extremabweichungen).

Es kann vorgesehen sein, dass die Steuereinheit 10 einen Eingang für die kern- spintomografisch erhobenen Daten aufweist. Z. B. können nach der Untersuchung des Patienten mittels funktioneller Kernspintomografie die Daten für die retinotope Abbildung drahtlos an das Tablet bzw. die Stimulationsbrille übertragen werden. Aus der retinotopen Abbildung kann die Steuereinheit 10 die komplex- logarithmische Abbildung aus der Ursprungsebene in die Ausgangsebene ermitteln oder alternativ kann diese Abbildung vorab aus den Daten ermittelt werden und in die Steuereinheit 10 über den Eingang eingespeist werden.

Kalibration 2: Bei Auftreten von Migräne-assoziierten EEG-Veränderungen, z. B. einer Zunahme der spektralen Power im Alpha-EEG (7,75 Hz bis 12,5 Hz) im Bereich okzipitaler EEG- und vor allem im Delta-EEG (0,5 Hz bis 3,5 Hz) im Bereich fronto-zentraler EEG-Elektroden (vgl. Bj0rk M. H., Sand T.: Quantitative EEG power and asymmetry increase 36 h before a migraine attack. Cephalalgia 28

(2008) 960-968) kann eine Kalibration bzw. Variation der Stimulationsparameter - vor allem Anzahl der Module und Zellen, Stimulationsfrequenz, Reizmuster und deren Parameter, z. B. Intensität und/oder Dauer der einzelnen Operationen - mittels EEG-Messung durchgeführt werden. Optimale bzw. geeignete Stimulati- onsparameter führen typischerweise innerhalb von weniger als einer Minute, häufig innerhalb weniger Sekunden zu einer schnellen Abnahme der pathologischen EEG-Power, z. B. im Delta-Frequenzband. Eine Absenkung um 20 % kann schon eine relevante Wirkung anzeigen. Für diese Kalibrationsmethode kann beispielsweise die Messeinheit 13 der Vorrichtung 2 verwendet werden, die Signale misst, welche es ermöglichen, die spontane und/oder evozierte Hirnaktivität zu untersuchen, also z. B. die Power in bestimmten, dem Fachmann bekannten Frequenzbereichen (z. B. Alpha) und/oder die Amplitude charakteristischer, dem Fachmann bekannter evozierter Reizant- worten. Die Sensoren sind vorzugsweise nicht-invasiver, oder auch invasiver Natur.

Kalibration 3: Eine zusätzliche, qualitativ unterschiedliche visuelle Stimulation mittels eines aversiven Reizes wird im Rahmen der Kalibration 3 durchgeführt. Diese Kalibration setzt nicht voraus, dass der Patient eine pathologisch erhöhte spektrale Power im EEG (vgl. Kalibration 2) aufweist. Vielmehr kann diese Kalibra- tionsart auch im beschwerdefreien Zustand durchgeführt werden. Hierzu wird wie folgt verfahren. Bestimmte visuelle Muster können zu unangenehmen Wahrnehmungen und/oder Illusionen von Farben, Formen und/oder Bewegungen führen (vgl. Wilkins A., Nimmo-Smith I., Tait A., McManus C, Deila Sala S., Tilley A., Arnold K., Barrie M., Scott S.: A neurological basis for Visual discomfort. Brain 107 (1984) 989-1017). Letztere können (auch bei Fixation auf ein beidseitig dargebotenes visuelles Mus- ter) vorzugsweise einseitig auftreten. Die Parameter der visuellen Reize, welche derartige visuelle Illusionen auslösen, also die Form der visuellen Muster, deren räumliche Frequenz sowie Tastgrad (duty cycle), z. B. von streifenförmigen Mustern, ihr Kontrast sowie ihre kortikale Repräsentation (und damit Abdeckung des Gesichtsfelds) entsprechen den Parametern von visuellen Mustern, die zur Auslö- sung von abnormen EEG-Reizantworten in Patienten mit photosensitiven epileptischen Anfällen führen. Potente aversive visuelle Reize sind z. B. streifenförmige Gitter mit einem Michelson-Kontrast von 0,7 und einer räumlichen Frequenz von 3 Zyklen/Grad und einem Tastgrad von 50 % (vgl. Wilkins A., Nimmo-Smith I., Tait A., McManus C, Deila Sala S., Tilley A., Arnold K., Barrie M., Scott S.: A neurolo- gical basis for Visual discomfort. Brain 107 (1984) 989-1017). In einer Studie an Patienten mit unterschiedlichen Formen von Kopfschmerzen sowie gesunden Kontrollprobanden konnte gezeigt werden, dass 82 % der Migränepatienten aver- siv auf visuelle Streifenmuster reagieren, während nur 18 % der Patienten mit Nicht-Migräne-Kopfschmerzen und 0 % der gesunden Kontrollen aversiv auf Strei- fenmuster reagieren (vgl. Marcus D. A., Soso M. J.: Migraine and stripe-induced Visual discomfort. Arch. Neural. 46 (1989) 1 129-1 132). Es gibt neben einfachen Streifenmustern noch eine Vielzahl anderer visueller Muster, die derartige visuelle Illusionen auslösen (vgl. Meldrum B. S., Wilkins A. J.: Photosensitive epilepsy in man and the baboon: Integration of pharmacological and psychophysical evi- dence. In: Schwartzkroin P. A., Wheal H. V. (eds.): Electrophysiology of Epilepsy. Orlando, Fla. Academic Press (1984) 51 -77). Dies führte z. B. in den 1960er Jahren zum Aufblühen der Op-Art (optischen Kunst), welche präzise abstrakte visuelle Muster nutzt, um optische Täuschungen, optische Illusionen und insgesamt irritierende optische Effekte wie z. B. die Vorstellung von Bewegungen oder Flimmeref- fekte (bei statischem Muster) erzeugt (vgl. Wade N.J.: Op art and Visual percepti- on. Perception 7 (1978) 21 -46).

Die durch die aversiven visuellen Reize erzielten Effekte treten schnell, binnen Sekunden auf, so dass die typische Präsentationsdauer derartiger Reize im Be- reich von z. B. 10 Sekunden liegt. Dies ist vorteilhaft, da hierdurch der Patient schnell in einen Zustand überführt werden kann, in dem die Wirkung der therapeutischen Reize getestet und somit deren Parameter variiert bzw. optimiert werden kann. Wie bei der Kalibration 2 können auch hier die therapeutischen Reize und deren Parameter so lange variiert werden, bis z. B. die Synchronisation der stimu- Herten Neuronen um einen vorgegebenen Wert gesunken ist oder aber die Synchronisation der stimulierten Neuronen einen vorgegebenen Schwellwert unterschritten hat.

Fig. 21 zeigt schematisch eine Kalibrierung durch zusätzliche Verwendung aversi- ver Reize, die von der Steuereinheit 10 erzeugt und von der Stimulationseinheit 1 1 dem Patienten neben dem visuellen Reizmuster dargeboten werden. Ein aversiver Reiz AS (= aversiver Stimulus) kann vor (vgl. Fig. 21 (c)) und/oder nach (vgl. Fig. 21 (b)) und/oder zeitgleich und/oder zeitlich überlappend (vgl. Fig. 21 (a)) bezüglich eines therapeutischen Reizes TS appliziert werden.

In Fig. 21 (a) wird der aversive Reiz (AS) für z. B. 25 Sekunden appliziert. Nach den ersten 10 Sekunden beginnt zusätzlich die Stimulation des therapeutischen (CR-) Reizes (TS). Sollte die aversive Reaktion nicht unmittelbar durch den therapeutischen Reiz vermindert oder vollständig aufgehoben werden, kann der Patient durch Knopfdruck den aversiven Reiz und/oder die gesamte visuelle Stimulation ausschalten. Die maximal mögliche Reizdauer kann aber auch aus Sicherheitsgründen (zur Vermeidung der Auslösung photosensitiver Anfälle und/oder Migräne-Attacken) zeitlich noch mehr begrenzt werden, z. B. auf 10 Sekunden. Sollte infolge der visuellen Natur der aversiven und therapeutischen Reize eine gleichzeitige Applikation nicht möglich sein, können diese auch separat und zeitversetzt (mit oder ohne Pause dazwischen) appliziert werden. Z. B. kann der therapeutische Reiz vor dem aversiven Reiz verabreicht werden, um anhaltende Stimulationseffekte im Sinne einer verminderten aversiven Reizwirkung zu erfas- sen (vgl. Fig. 21 (b)). Der therapeutische Reiz kann aber auch nach dem aversiven Reiz appliziert werden, um die Stärke der Abnahme der aversiven Reaktion zu erfassen (vgl. Fig. 21 (c)). Für alle Fälle der kombinierten Applikation von aversi- vem und therapeutischem Reiz kann einerseits eine psychophysische Erfassung/Messung durchgeführt werden, z. B. des Beginns bzw. Endes bzw. des Über- oder Unterschreitens unangenehmer Schwellen durch Tastendruck, Anzahl der berichteten visuellen Illusionen bei mehrmaliger kombinierter Applikation von aversivem und therapeutischem Reiz, psychophysisches Rating auf einer Fünf- Werte-Skala: sehr angenehm, mäßig angenehm, neutral, mäßig unangenehm, sehr unangenehm (vgl. Wilkins A., Nimmo-Smith I., Tait A., McManus C, Deila Sala S., Tilley A., Arnold K., Barrie M., Scott S.: A neurological basis for Visual discomfort. Brain 107 (1984) 989-1017). Außerdem kann aber auch eine objektive Messung von EEG-Reaktionen, die durch aversive Reize hervorgerufen werden, erfolgen. Entsprechende EEG-Reaktionen sind dem Fachmann bekannt. Es kann z. B. bei mehrmaliger Applikation von aversivem und therapeutischem Reiz die Häufigkeit des Auftretens von paroxysmaler EEG-Aktivität (vgl. Smith S. J. M.: EEG in the diagnosis, Classification, and management of patients with epilepsy. J Neurol Neurosurg Psychiatry 76 (2005) Ü2-Ü7) gemessen werden, also z. B. von ausgeprägten Spikes (einer Dauer von 20-70 ms) oder steilen Wellen ("sharp waves") (einer Dauer von 70-200 ms) oder spike-slow wave-Komplexen (d. h. Spikes, gefolgt von einer langsamen Welle) oder sharp-slow wave-Komplexen (d. h. steilen Wellen, gefolgt von einer langsamen Welle). Paroxysmale EEG-Aktivität kann mittels dem Fachmann bekannten Datenanalyse-Verfahren, die z. B. auf der Wavelet-Analyse beruhen, automatisiert detektiert werden (vgl. Ting W., Guo- zheng Y., Bang-hua Y., Hong S.: EEG feature extraction based on wavelet packet decomposition for brain Computer interface. Measurement 41 (2008) 618-625).

Fig. 22 zeigt schematisch eine Vorrichtung 30 zur visuellen Stimulation gemäß einer Ausführungsform der Erfindung. Die Vorrichtung 30, die aufgrund ihrer nicht fest miteinander verdrahteten Komponenten auch als System aufgefasst werden kann, umfasst ein Tablet 31 zur Präsentation der visuellen Reizmuster. Das Tablet 31 ist vorzugsweise kabellos mit einer Einheit zur Registrierung, Verstärkung und Datenverarbeitung 32 verbunden oder sogar mit dieser baulich vereint. Für die Kalibration der visuellen Reizparameter werden mit EEG-Elektroden 33, 34 elektrische Potentiale von der Kopfoberfläche abgeleitet. Die EEG-Elektroden 33, 34 sind durch Kabel 35, 36 mit der Einheit zur Registrierung, Verstärkung und Datenverarbeitung 32 verbunden. Die Kalibrierung der von dem Tablet 31 dargebotenen Stimuli erfolgt über EEG-Elektroden 33, 34.

Fig. 23 zeigt schematisch eine Vorrichtung 38 zur visuellen Stimulation gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung. Im Unterschied zu der in Fig. 22 dargestellten Vorrichtung 30 umfasst die Vorrichtung 38 kein Tablet, sondern eine intransparente (eingezeichnet) oder teilweise transparente (nicht eingezeichnet) Brille 39 zur Präsentation der visuellen Reizmuster. Ansonsten umfasst die Vorrichtung 38 in gleicher Weise wie die Fig. 22 dargestellte Vorrichtung 30 eine Ein- heit zur Registrierung, Verstärkung und Datenverarbeitung 32, EEG-Elektroden 33, 34 sowie Kabel 35, 36 zur Verbindung der EEG-Elektroden 33, 34 mit der Einheit zur Registrierung, Verstärkung und Datenverarbeitung 32.

Sowohl bei der Variante mit einem Bildschirm/Tablet als auch bei der Variante mit einer Brille (mit eingebautem Bildschirm) kann ein Symbol (z. B. ein Fixations- kreuz) verwandt werden, welches der Patient fixieren soll, damit die Blickrichtung vorgegeben und möglichst korrekt eingehalten wird. Mit den erfindungsgemäß verwandten Mustern ist die visuelle Reizung aber auch wirksam, wenn der Patient das Fixationskreuz nicht berücksichtigt. Auf eine ordnungsgemäße Berücksichti- gung des Fixationspunktes ist gerade dann zu achten, wenn mittels einer funktionelle Kernspintomografie-Untersuchung eine anatomisch präzise retinotope Abbildung verwandt wird.

Wie oben beschrieben bewirken die durch die Operationen 20 und die durch die komplex-logarithmische Abbildung aus der Ursprungsebene in die Ausgangsebene erzeugten visuellen Reize bei der CR-Stimulation ein Zurücksetzen, einen sogenannten Reset, der Phase der neuronalen Aktivität der stimulierten Neuronen. Mit Hilfe der von der Messeinheit 13 aufgenommenen Messsignale kann die Phasenrücksetzung der einzelnen Reize überprüft werden. Eine derartige Unter- suchung kann vor der eigentlichen therapeutischen Neurostimulation vorgenommen werden.

Dazu wird über einen Sensor der Messeinheit 13 ein Signal gemessen, welches die Aktivität der über den j-ten Stimulationskanal stimulierten Subpopulation hin- reichend repräsentiert. Man erhält dieses Signal entweder direkt von der Subpopulation über eine nicht-invasive Messung, z. B. über EEG- oder MEG-Elektroden, oder eine invasive Messung, z. B. über implantierte Elektroden, als Oberflächen- EEG oder als lokales Feldpotential und/oder Ableitungen von Gruppen von einzelnen Neuronen (multi unit activity = MUA) über Tiefenelektroden. Das Signal kann auch indirekt über die Messung einer mit der Aktivität der stimulierten Subpopulation korrelierten Größe ermittelt werden. Hierzu eignen sich z. B. EEG-/MEG-/LFP- /MUA-Signale der neuronalen Aktivität einer mit dieser Subpopulation eng gekoppelten anderen Neuronenpopulation oder zugehörige Elektromyographie-, Akzele- rometer- oder Gyroskop-Signale. Da neuronale Signale typischerweise rhythmische Aktivität in unterschiedlichen Frequenzbändern enthalten, ist es in solchen Fällen vorteilhaft, z. B. mittels Bandpassfilterung oder wavelet-Analyse oder empirical mode decomposition das Signal Xj(t), welches die pathologische oszillatorische Aktivität der vom j-ten Stimulations- kanal stimulierten Subpopulation repräsentiert, zu ermitteln.

Ein nur wenig aufwändiges Vorgehen, um eine Phasenrücksetzung zu überprüfen, besteht darin, die gemittelte Reizantwort zu bestimmen. Hierzu wird zu den Zeiten τι, τ 2 , ..., ein Reiz mit identischen Reizparametern appliziert. Die Abstände zwi- sehen den einzelnen Reizen T k+ i - T k sollten hinreichend groß und randomisiert, also nicht konstant sein, um Einschwingvorgänge zu vermeiden (vgl. P. A. Tass: Transmission of stimulus-locked responses in two coupled phase oscillators. Phys. Rev. E 69, 051909-1 -24 (2004)). Typischerweise sollten die Abstände T k+ i - T k im Bereich von mindestens dem Zehnfachen, besser dem Hundertfachen der mittle- ren Periode des pathologischen Oszillation liegen. Die über alle I Test-Reize gemittelte Reizantwort wird gemäß folgender Gleichung berechnet: Sofern die Abstände T k+ i - T k zwischen den einzelnen Reizen hinreichend groß sind, erhält man im prä-Stimulus-Bereich, d. h. im Bereich vor der Applikation eines jeweiligen Reizes, keine gemittelte Reizantwort (vgl. P. A. Tass: Transmission of stimulus-locked responses in two coupled phase oscillators. Phys. Rev. E 69, 051909-1 -24 (2004)). Eine Phasenrücksetzung kann festgestellt werden, wenn eine gemittelte Reizantwort detektiert werden kann, d. h., wenn sich im postStimulus-Bereich, d. h. im Bereich für t > 0, wobei t = 0 den Anfangszeitpunkt des jeweiligen Reizes darstellt, eine von Null verschiedene Reizantwort findet. Dies kann durch visuelle Inspektion ermittelt werden. Man kann dies auch von der Vorrichtung 2, insbesondere der Steuereinheit 10, durchführen lassen, indem man die prä-Stimulus-Verteilung von Xj (t) oder betrachtet und einen charakteristi

schen Schwellwert, z. B. die 99te Perzentile der prä-Stimulus-Verteilung von | 7 (t)| oder schlicht deren Maximum bestimmt. Wenn nun z. B. der Betrag der postStimulus-Antwort prinzipiell oder für eine vorgegebene Mindestdauer, z. B. 20 ms, diesen charakteristischen Schwellenwert übersteigt, liegt eine von Null verschiedene gemittelte Antwort vor. In diesem Fall kann eine Phasenrücksetzung vorliegen. D. h., die Reizstärke müsste so lange erhöht werden, bis die post-Stimulus- Antwort sich von einer Nulllinie unterscheidet. Neben dem hier vorgestellten einfachen, aber in der Praxis bewährten Verfahren können auch andere, dem Fach- mann bekannte statistische Tests zur Signalanalyse herangezogen werden.

Eine genauere, aber aufwändigere Variante zur Untersuchung, ob die Reize eine Phasenrücksetzung bewirken, bietet die Analyse der Phase. Hierzu wird die Phase ψ ] (ί) von Xj (t) bestimmt. Dies erfolgt mittels Hilbert-Transformation aus dem mittels Bandpassfilterung bzw. empirical mode decomposition bestimmten Signal, welches die pathologische oszillatorische Aktivität repräsentiert. Die empirical mode decomposition ermöglicht im Vergleich zur Bandpassfilterung eine parameterunabhängige Bestimmung physiologisch relevanter Moden in verschiedenen Frequenzbereichen (vgl. N. E. Huang et al.: The empirical mode decomposition and the Hilbert spectrum for nonlinear and non-stationary time series analysis.

Proc. R. Soc. A: Math. Phys. Eng. Sei. 454:903-995 (1998)). Die Kombination von empirical mode decomposition mit nachfolgender Hilbert-Transformation wird als Hilbert-Huang-Transformation bezeichnet (vgl. N. E. Huang et al.: A confidence limit for the empirical mode decomposition and Hilbert spectral analysis, Proceed- ings of the Royal Society of London Series A, 459, 2317-2345 (2003)). Die Phase ψ ] (ί) kann auch mittels Wavelet-Analyse bestimmt werden.

Eine Phasenrücksetzung liegt vor, wenn die Phase ψ ] (ί) durch einen Reiz (mit Reiz-Beginn bei t = 0) nach einer bestimmten Zeit auf einen Vorzugswert gesetzt wird. D. h., die von den I Reizantworten gewonnene Verteilung

der Werte der Phase ψ ] (ί) hat zur Zeit t (relativ zum Burst-Beginn bei t = 0) einen

Häufungswert. Dem Fachmann sind unterschiedliche Methoden bekannt, mit denen sich nachweisen lässt, dass eine Verteilung einen Häufungswert (also einen Peak) hat. Eine gebräuchliche Methode ist die Bestimmung des Phasenrückset- zungsindex p(t) mittels zirkulärem Mittelwert: Eine Phasenrücksetzung liegt vor, wenn p(t) z. B. das Maximum oder die 99te

Perzentile der prä-Stimulus-Verteilung von p(t) (an einem Zeitpunkt oder innerhalb eines kleinen Zeitfensters von z. B. 20 ms Breite) überschreitet.

In der Praxis hat sich die Analyse mit den gemittelten Antworten Xj (t) als ausreichend bewährt.