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Title:
METHOD FOR CONTROLLING A COOLING DEVICE IN A ROLLING TRAIN
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2021/001239
Kind Code:
A1
Abstract:
Method and control device for controlling a cooling device (10), which is designed for controlling the temperature of a rolled product, preferably metal strip (B), which runs through the cooling device (10) along a conveying direction (F), wherein the cooling device (10) is preferably arranged upstream of a rolling train and the method comprises: Determining a total enthalpy of the system formed by the rolled product; determining a measure of the formation of scale, which preferably comprises a scale factor that depends on the chemical composition and the surface temperature of the rolled product; calculating a temperature distribution and/or average temperature in the rolled product on the basis of a temperature calculation model that allows for the determined total enthalpy and the measure of the formation of scale; and setting a cooling output of the cooling device (10) while taking into account the calculated temperature distribution and/or average temperature in the rolled product.

Inventors:
HEIMANN THOMAS (DE)
SPROCK AUGUST (DE)
HASSEL CHRISTOPH (DE)
OUDEHINKEN HEINZ-JÜRGEN (DE)
Application Number:
PCT/EP2020/067681
Publication Date:
January 07, 2021
Filing Date:
June 24, 2020
Export Citation:
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Assignee:
SMS GROUP GMBH (DE)
International Classes:
B21B45/02
Domestic Patent References:
WO2002070157A12002-09-12
Foreign References:
DE102012224502A12014-07-03
DE102006047718A12008-04-17
DE102012224502A12014-07-03
Attorney, Agent or Firm:
KROSS, Ulrich (DE)
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Claims:
Patentansprüche

1. Verfahren zur Steuerung einer Kühleinrichtung (10), die zur Temperierung eines Walzguts, vorzugsweise Metallbandes (B), das die Kühleinrichtung (10) entlang einer Förderrichtung (F) durchläuft, eingerichtet ist, wobei die Kühleinrichtung (10) vorzugsweise vor einer Walzstraße angeordnet ist und das Verfahren umfasst: Ermitteln einer Gesamtenthalpie des durch das Walzgut gebildeten Systems;

Ermitteln eines Maßes für die Zunderbildung, das vorzugsweise einen Zunderfaktor, der von der chemischen Zusammensetzung sowie der Oberflächentemperatur des Walzguts abhängt, umfasst;

Berechnen einer Temperaturverteilung und/oder Durchschnittstemperatur im Walzgut auf Basis eines Temperaturberechnungsmodells, in das die ermittelte Gesamtenthalpie sowie das Maß für die Zunderbildung eingehen; und

Einstellen einer Kühlleistung der Kühleinrichtung (10) unter Berücksichtigung der berechneten Temperaturverteilung und/oder Durchschnittstemperatur im Walzgut. 2. Verfahren nach Anspruch 1 , dadurch gekennzeichnet, dass die

Gesamtenthalpie des Walzguts aus der Summe der freien molaren Enthalpien aller im Walzgut vorhandenen Reinphasen und/oder

Phasenanteilen berechnet wird. 3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das

Temperaturberechnungsmodell auf einer nicht-stationären Wärmegleichung beruht, vorzugsweise auf einer partiellen Differenzialgleichung, welche die räumliche Temperaturverteilung im Walzgut mit der zeitlichen Entwicklung der Gesamtenthalpie in Beziehung setzt. 4. Verfahren nach einem der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Abfolge aus Ermittlung der Gesamtenthalpie, Berechnung der Temperaturverteilung und/oder Durchschnittstemperatur sowie Einstellung der Kühlleistung iterativ erfolgt, so dass eine Annäherung an eine angestrebte Temperaturverteilung und/oder Durchschnittstemperatur im Walzgut erfolgt.

5. Verfahren nach einem der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Einstellung der Kühlleistung der Kühleinrichtung (10) so erfolgt, dass die Kühlleistung geändert wird, sofern die berechnete Temperaturverteilung oder ein Temperaturwert daraus, vorzugsweise eine

Durchschnittstemperatur oder Oberflächentemperatur, um eine Toleranz oder mehr von einem entsprechenden Sollmaß abweicht, und die Kühlleistung andernfalls nicht geändert wird. 6. Verfahren nach einem der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Kühleinrichtung (10) eine Düsenanordnung (11 ) mit mehreren Düsen (11a) aufweist, die eingerichtet ist, um die Düsen (11a) mit einem fluiden Kühlmedium, vorzugsweise Wasser oder ein Wassergemisch, zu versorgen, wobei die Kühlleistung der Kühleinrichtung (10) durch die von den Düsen (11 a) ausgegebene Menge an Kühlmedium eingestellt wird.

7. Verfahren nach einem der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass eine oder mehrere Temperaturmesseinrichtungen (20, 21 ) vorgesehen sind, deren Messwerte in die Ermittlung der Gesamtenthalpie und/oder Ermittlung des Maßes für die Zunderbildung und/oder auf andere Weise in das Temperaturberechnungsmodell eingehen.

8. Verfahren nach einem der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Kühleinrichtung (10) zwischen einer Vorstraße (1 ) und einer Fertigstraße (2) angeordnet ist, die jeweils ein oder mehrere Walzgerüste zum Walzen des Walzguts aufweisen.

9. Verfahren nach einem der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass mit der auf dem Temperaturberechnungsmodell beruhenden Berechnung der Temperaturverteilung und/oder Durchschnittstemperatur im Walzgut die Einlauftemperatur des Walzguts in eine der Kühleinrichtung (10) nachgeschaltete Walzstraße, vorzugsweise Fertigstraße (2), berechnet wird.

10. Verfahren nach einem der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass bei der Berechnung der Gesamtenthalpie Phasenumwandlungstemperaturen mittels eines Regressionsverfahrens ermittelt werden, das Regressionskoeffizienten verwendet, die vorzugsweise aus einem berechneten oder empirisch erhaltenen ZTU-Diagramm gewonnen werden. 11. Verfahren nach einem der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass im Rahmen des Temperaturberechnungsmodells die Gesamtenthalpie als freie molare Gesamtenthalpie H des Walzguts mittels der Gibbs-Energie G bei konstantem Druck p nach der Gleichung

ermittelt wird, wobei T die absolute Temperatur in Kelvin bezeichnet.

12. Verfahren nach einem der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass im Rahmen des Temperaturberechnungsmodells die Gibbs-Energie G des Gesamtsystems als Summe der Gibbs-Energien der Reinphasen sowie deren Phasenanteilen nach der Gleichung

ermittelt wird, wobei f den Gibbs-Energieanteil der jeweiligen Phase oder des jeweiligen Phasenanteils am Gesamtsystem und G' die Gibbs-Energie der jeweiligen Reinphase oder des jeweiligen Phasenanteils des Systems bezeichnen, wobei das Walzgut vorzugsweise aus Stahl besteht, mit Anteilen an Austenit-, Ferrit- und Flüssigphase, und die Gibbs-Energie der jeweiligen Phasen in diesem Fall nach folgender Gleichung

ermittelt wird, wobei Qf die Gibbs-Energie einer jeweiligen Phase 0, xf den Molenbruch der /- ten Komponente der jeweiligen Phase f, Glp die Gibbs- Energie der /-ten Komponente der jeweiligen Phase 0, R die allgemeine

Gaskonstante, T die absolute Temperatur in Kelvin, Eΰf die Gibbs-Energie für eine nicht-ideale Mischung und ma9i1G0 die magnetische Energie

des Systems bezeichnen, wobei die Gibbs-Energie für eine nicht-ideale Mischung Eΰf vorzugsweise nach der

Gleichung ermittelt wird, wobei x; den Molenbruch der /- ten Komponente, xy den Molenbruch der y-ten Komponente, Xk den Molenbruch der k- ten Komponente, a einen Korrekturterm, aL^ und a/A,/ Wechselwirkungsparameter verschiedener Ordnung des vom Walzgut gebildeten Gesamtsystems bezeichnen, wobei der Anteil der magnetischen Energie vorzugsweise nach der Gleichung

magnG* = RT ln(l + ß)f (r) ermittelt wird, wobei R die allgemeine Gaskonstante, T die absolute Temperatur in Kelvin, ß das magnetische Moment und f(r) den Anteil am Gesamtsystem in Abhängigkeit von der normierten Curietemperatur t des vom Walzgut gebildeten Gesamtsystems bezeichnen, und vorzugsweise die Umwandlungskinetik der Phasen über einen diffusionskontrollierten Ansatz gemäß der Enomoto-Gleichung bestimmt wird.

13. Verfahren nach einem der vorigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass im Rahmen des Temperaturberechnungsmodells die Dicke des sich nach einer Zeitspanne auf dem Walzgut gebildeten Zunders gemäß nachfolgender Berechnungsformel d z

dt =

mit u bestimmt wird, wobei Dz(t) die Dicke des Zunders, t die Zeit, dt die Zeitspanne, Fz der Zunderfaktor, v die Fördergeschwindigkeit des Walzguts und dz eine in der Zeitspanne dt mit der Fördergeschwindigkeit v zurückgelegte Weglänge bezeichnen, wobei der Zunderfaktor Fz abhängig von der Oberflächentemperatur des Walzguts und dessen chemischer Zusammensetzung vorzugsweise gemäß der Gleichung

F-. -b-c%. -c/T.

rz = a e c 0 berechnet wird, wobei T0 die Oberflächentemperatur des Walzguts und C% die dimensionslose Konzentration von Kohlenstoff im Werkstoff des Walzguts, a, b und c Koeffizienten bezeichnen, vorzugsweise mit a=9.8*107, 0=2.08, c=17780, und der Wärmedurchgangskoeffizient des Zunders vorzugsweise gemäß der Gleichung berücksichtigt wird, wobei az(Dzz ) der Wärmedurchgangskoeffizient des Zunders, Dz die Dicke des Zunders und lz die Wärmeleitzahl des Zunders bezeichnen.

14. Steuereinrichtung (30) zur Steuerung einer Kühleinrichtung (10), die zur Temperierung eines Walzguts, vorzugsweise Metallbandes (B), das die Kühleinrichtung (10) entlang einer Förderrichtung (F) durchläuft, eingerichtet ist, wobei die Steuereinrichtung (30) zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der vorigen Ansprüche eingerichtet ist.

Description:
Verfahren zur Steuerung einer Kühleinrichtung in einer Walzstraße

Technisches Gebiet

Die Erfindung betrifft ein Verfahren sowie eine Steuereinrichtung zur Steuerung einer Kühleinrichtung, die zur Temperierung eines Walzguts, vorzugsweise Metallbandes, das die Kühleinrichtung entlang einer Förderrichtung durchläuft, eingerichtet ist. Die Kühleinrichtung ist vorzugsweise vor einer Walzstraße angeordnet, insbesondere zwischen einer Vorstraße und einer Fertigstraße.

Flintergrund der Erfindung

Für das Walzen in einer Walzstraße, insbesondere in einer Warmbandstraße, ist es von großer Bedeutung, die Temperaturverteilung im Walzgut nachverfolgen und gezielt regulieren zu können. So können zu hohe oder zu niedrige Temperaturen im Walzgut während des Walzens die mechanischen Eigenschaften des fertiggewalzten Produkts nachteilig beeinflussen. Hierbei erfordern verschiedene metallische Werkstoffe in der Regel unterschiedliche thermische und mechanische Bedingungen beim Umformen. Die jeweiligen Zeit-Temperatur- Verläufe können sich je nach Werkstoff und je nach Umformung beträchtlich unterscheiden.

Ideal wäre es, wenn die erforderlichen Temperaturen des Walzguts schon in einem vor der Walzstraße angeordneten Ofen unter Berücksichtigung der werkstoffspezifischen Temperaturen, Liegezeiten und dergleichen eingestellt werden könnten, sodass das Walzgut anschließend in der Walzstraße bei optimaler Temperaturverteilung umgeformt und auf die Endabmessung gebracht werden kann. Dies ist aufgrund der Trägheit derartiger Öfen aber kaum möglich. Die Ofentemperatur müsste für jedes Walzgut entsprechend dem jeweils vorgesehenen Umformprozess angepasst werden. Daher werden solche Öfen im Allgemeinen auf einer hohen Temperatur gehalten, die es erlaubt, alle im Rahmen eines Produktionsprozesses oder eines Produktionszyklus erforderlichen Umformprozesse durchzuführen. Die so eingestellte Temperatur ist aber für viele Walzgüter, insbesondere Metallbänder, zu oder zumindest unnötig hoch. Zudem kühlen Metallbänder unterschiedlicher Dicken unterschiedlich schnell ab. Eine gezielte Einstellung der Temperatur der zu walzenden Metallbänder bzw. allgemein Metallgüter ist daher nicht ohne weiteres möglich.

Es ist bekannt, das Metallband nach dem Walzen in einer Vorstraße anzuhalten oder mit einer reduzierten Walz- oder Fördergeschwindigkeit weiterzubewegen, sodass das Metallband an der Luft abkühlt, bevor es in eine Fertigstraße eintritt. Eine andere Möglichkeit zur Temperatureinstellung oder -anpassung besteht darin, dass das Metallband nach dem Einlaufen in die Fertigstraße mit reduzierter Geschwindigkeit transportiert, d.h. mit reduzierter Walzgeschwindigkeit gewalzt wird. Derartige Maßnahmen führen jedoch zu einer Einschränkung des Walzplans und einem Verlust der Produktivität der Walzstraße. Außerdem entstehen durch das Anhalten oder Verlangsamen des Metallbandes Pausenzeiten, in denen Zunderprobleme an der Oberfläche des Metallbandes auftreten können. Eine Weiterentwicklung des Walzprozesses bestand darin, ein Kühlsystem mit einem sogenannten Vorbandkühler zu installieren, der zwischen den

Walzgerüsten der Vorstraße und Fertigstraße angeordnet ist. Der Vorbandkühler definiert eine Kühlstrecke, in der das Walzgut mit einem flüssigen Kühlmedium, normalerweise Wasser mit oder ohne Zusätze, beaufschlagt wird. Hierbei ist der Vorbandkühler eingerichtet, um die für das Fertigwalzen angestrebte Temperatur des Walzguts einzustellen, in Abhängigkeit vom Walzgut, insbesondere dem zu walzenden Werkstoff, und gegebenenfalls von Prozessparametern. Mit einem solchen Vorbandkühler lassen sich die Einlauftemperaturen in die Fertigstraße gezielt reduzieren. Bei einem Stahlband liegen die mit einem solchen Vorbandkühler zu erzielenden Temperaturen etwa im Bereich von 1.050°C bis 1.150°C. Die Temperaturen des Walzguts können hierbei gleichmäßig über die Länge reduziert werden, oder es kann alternativ eine keilförmige

Temperaturabnahme eingestellt werden. Im letzteren Fall wird der Kopf des Metallbandes, d.h. der zuerst in die Fertigstraße einlaufende Abschnitt, stärker gekühlt als das Bandende. Damit kann verhindert werden, dass insbesondere im Fall einer langsamen Prozessführung das Bandende zu sehr unterkühlt.

Vor und/oder im Anschluss an eine solche Vorbandkühlung kann die Oberflächentemperatur des Metallbandes gemessen werden. Die Temperaturverteilung oder Durchschnittstemperatur entlang der Dicke des Metallbandes kann jedoch nicht ohne weiteres gemessen werden.

Eine Möglichkeit zur zumindest näherungsweisen Bestimmung der Temperaturverteilung oder Durchschnittstemperatur im Walzgut besteht darin, ein mathematisch-physikalisches Modell heranzuziehen. So beschreibt die DE 10 2012 224 502 A1 ein Walzverfahren, bei dem eine im Walzgut vorliegende

Temperaturverteilung mittels eines Temperaturberechnungsmodells berechnet wird, wobei die Gesamtenthalpie des Walzguts im Temperaturberechnungsmodell verarbeitet wird. Eine Ausgangsgröße des Temperaturberechnungsmodells wird dann für die Steuerung des Walzverfahrens verwendet.

Zur Regelung des Vorbandkühlers, insbesondere zur Bestimmung der benötigten Wassermengen, um die gewünschte Temperaturverteilung im Metallband einzustellen, werden möglichst exakte Berechnungsverfahren benötigt. Sind die Walzstraße und die Temperatur des in die Walzstraße einlaufenden Metallbandes nicht hinreichend aufeinander abgestimmt, kann dies zu Produktivitäts- und/oder Qualitätsverlusten führen.

Darstellung der Erfindung Eine Aufgabe der Erfindung besteht darin, die Berechnung der Temperaturverteilung im Walzgut weiter zu verbessern, insbesondere um die Einlauftemperatur des Walzguts in eine Walzstraße möglichst genau Vorhersagen und regeln zu können.

Gelöst wird die Aufgabe mit einem Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie einer Steuereinrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 14. Vorteilhafte Weiterbildungen folgen aus den Unteransprüchen, der folgenden Darstellung der Erfindung sowie der Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele.

Das erfindungsgemäße Verfahren dient der Steuerung einer Kühleinrichtung, die zur Temperierung eines Walzguts eingerichtet ist. Das Walzgut ist vorzugsweise ein Metallband. Auch wenn Metallbänder aus Stahl besonders geeignet sind, ist das Verfahren für alle oder zumindest viele weitere metallische Werkstoffe, beispielsweise aus einer Aluminium-, Nickel- oder Kupferlegierung, in Band-, Blech-, Rohr- oder einer anderen Form anwendbar. Das Walzgut wird entlang einer Förderrichtung durch die Kühleinrichtung transportiert. Besonders bevorzugt ist die Kühleinrichtung Teil einer Walzanlage. So ist sie etwa vor einer Walzstraße angeordnet, um das Walzgut auf eine für das Walzen geeignete Temperatur zu bringen. Vorzugsweise ist die Kühleinrichtung zwischen einer Vorstraße und einer Fertigstraße angeordnet, die jeweils ein oder mehrere Walzgerüste zum Walzen des Walzguts aufweisen.

Erfindungsgemäß wird eine Gesamtenthalpie des durch das Walzgut gebildeten Systems ermittelt. Bei hohen Temperaturen kommt es an der Walzgutoberfläche zur Zunderbildung. Die Zunderschicht vermindert die Wärmeabgabe durch Strahlung und beeinflusst die Wärmeleitung. Aus diesem Grund wird ferner ein Maß für die Zunderbildung ermittelt. Dieses Maß umfasst vorzugsweise einen Zunderfaktor, der von der chemischen Zusammensetzung sowie der Oberflächentemperatur des Walzguts abhängt. Die Temperaturverteilung und/oder Durchschnittstemperatur im Walzgut wird nun auf Basis eines Temperaturberechnungsmodells berechnet, in das die ermittelte Gesamtenthalpie sowie das Maß für die Zunderbildung eingehen. Nachdem die

Temperaturverteilung im Walzgut bekannt ist, wird eine Kühlleistung der Kühleinrichtung unter Berücksichtigung der berechneten Temperaturverteilung und/oder Durchschnittstemperatur eingestellt.

Das Verfahren verbessert die Berechnung der Walzguttemperatur. Insbesondere wird die Genauigkeit der Temperaturverteilung und/oder Durchschnittstemperatur durch Berücksichtigung der Zunderbildung verbessert. Dadurch kann die Kühleinrichtung so geregelt werden, dass das Walzgut beim Austritt aus der Kühleinrichtung die gewünschte Durchschnittstemperatur bzw. Temperaturverteilung aufweist. Schließt sich an die Kühleinrichtung eine Walzstraße, etwa eine Fertigstraße, an, kann auf diese Weise durch Regelung der Kühleinrichtung während des Walzens ohne Pausenzeiten die optimale Einlauftemperatur des Walzguts in die Walzstraße eingestellt werden. So wird mit der auf dem Temperaturberechnungsmodell beruhenden Berechnung der Temperaturverteilung bzw. Durchschnittstemperatur im Walzgut vorzugsweise die Einlauftemperatur des Walzguts in die der Kühleinrichtung nachgeschaltete Walzstraße, vorzugsweise Fertigstraße, berechnet. Je nach Anwendung, d.h. je nach ablaufendem Umformprozess, bedeutet dies eine Vermeidung nicht notwendiger Produktivitäts- und/oder Qualitätsverluste. Durch die Kühleinrichtung, insbesondere als Vorbandkühlung, werden zudem Oberflächendefekte durch Zunderbildung reduziert. Ferner ermöglicht das Verfahren eine Flomogenisierung von Temperaturungleichmäßigkeiten im Walzgut über eine definiert einstellbare Kühlungsleistung der Kühleinrichtung.

Vorzugsweise wird die Gesamtenthalpie des Walzguts aus der Summe der freien molaren Enthalpien aller im Walzgut vorhandenen Reinphasen und/oder Phasenanteilen berechnet. Durch eine solche Zerlegung ist die Gesamtenthalpie für eine Vielzahl unterschiedlicher metallischer Werkstoffe mittels ein und desselben Temperaturberechnungsmodells berechenbar.

Vorzugsweise beruht das Temperaturberechnungsmodell auf einer nicht- stationären Wärmegleichung, etwa auf einer partiellen Differenzialgleichung, welche die räumliche Temperaturverteilung im Walzgut mit der zeitlichen Entwicklung der Gesamtenthalpie in Beziehung setzt. Die Wärmegleichung, beispielsweise die Fourier’sche Wärmegleichung, kann mittels einer üblichen nummerischen Technik, etwa durch Simulation, für die entsprechenden Randbedingungen, vorgegeben von der Prozessumgebung in der Kühlstrecke, gelöst werden. Dadurch kann die Temperaturverteilung im Walzgut mit der gewünschten Genauigkeit ermittelt werden.

Vorzugsweise erfolgt die Abfolge aus Ermittlung der Gesamtenthalpie, gegebenenfalls Ermittlung des Maßes für die Zunderbildung, Berechnung der Temperaturverteilung sowie Einstellung der Kühlleistung iterativ bzw. zyklisch, so dass eine Annäherung an eine angestrebte Temperaturverteilung bzw. Durchschnittstemperatur im Walzgut erfolgt. So werden zu Beginn der Iteration die Anfangsbedingungen festgelegt: beispielsweise wird die Walzguttemperatur auf einen Anfangswert T0 gesetzt, welche die Oberflächentemperatur vor Eintritt in die Kühlstrecke ist; die Zunderdicke wird beispielsweise auf 0 mm und die mittlere Kühlrate beispielsweise auf 5 K/s als Defaultwert gesetzt. Ausgehend davon wird die Iteration gestartet, wodurch sich das berechnete Temperaturprofil nach und nach einem quasi-stationären Temperaturprofil annähert. „Quasi-stationär“ bedeutet hierbei, dass das Temperaturprofil durch Regelung der Kühleinrichtung geändert werden kann und zur Justierung der Einlauftemperatur in eine etwaige Walzstraße auch wird. Vorzugsweise erfolgt die Einstellung der Kühlleistung der Kühleinrichtung durch Vergleich mit einem Schwellwert bzw. einer Toleranz. Das heißt, sofern die berechnete Temperaturverteilung um mehr als eine vorgegebene Toleranz von einer Soll-Temperaturverteilung abweicht, findet eine Anpassung der Kühlleistung statt. Andernfalls ist keine Änderung der Kühlleistung erforderlich. Für diese Entscheidung muss nicht unbedingt die gesamte berechnete Temperaturverteilung herangezogen werden, sondern der Einfachheit halber können ein oder mehrere Temperaturwerte oder die Durchschnittstemperatur mit einem entsprechenden Sollmaß verglichen werden. So können beispielsweise der Sollwert und Istwert der Oberflächentemperatur am Ausgang der Kühleinrichtung miteinander verglichen werden. Liegt die Differenz außerhalb der vorgegebenen Toleranz, beispielsweise von ±2°C, findet eine Anpassung der Kühlleistung statt.

Vorzugsweise weist die Kühleinrichtung eine Düsenanordnung mit mehreren Düsen auf, die eingerichtet ist, um die Düsen mit einem fluiden Kühlmedium, vorzugsweise Wasser oder ein Wassergemisch, zu versorgen, wobei die Kühlleistung der Kühleinrichtung in diesem Fall durch die von den Düsen ausgegebene Menge an Kühlmedium eingestellt wird. Auf diese Weise kann auf einfache und unmittelbare Weise die Kühlleistung der Kühleinrichtung eingestellt werden.

Vorzugsweise sind eine oder mehrere Temperaturmesseinrichtungen vorgesehen, deren Messwerte in die Ermittlung der Gesamtenthalpie und/oder Ermittlung des Maßes für die Zunderbildung und/oder auf andere Weise in das Temperaturberechnungsmodell eingehen. So kann eine erste Temperaturmesseinrichtung unmittelbar hinter der Vorstraße und eine zweite Temperaturmesseinrichtung unmittelbar vor der Fertigstraße angeordnet sein. Selbstverständlich können sich alternative oder weitere Temperaturmesseinrichtungen in der Kühlstrecke, in der Vorstraße und/oder Fertigstraße befinden, sowie etwaige Sensoren zur Bestimmung weiterer physikalischer Größen, wie etwa der Fördergeschwindigkeit des Walzguts, vorgesehen sein. Die Temperaturmesseinrichtungen arbeiten vorzugsweise berührungslos und sind in der Regel so beschaffen, dass sie im Wesentlichen die Oberflächentemperatur des Walzguts detektieren. Die Messdaten der

Temperaturmesseinrichtungen sowie etwaiger weiterer Sensoren werden an eine Steuereinrichtung gesendet, kabelgebunden oder drahtlos, wo sie mithilfe des Temperaturberechnungsmodels weiterverarbeitet werden, um daraus Regelungsgrößen zur Ansteuerung der Kühleinrichtung und etwaiger weiterer Anlagenteile, wie etwa der Vor- und/oder Fertigstraße, zu erhalten. Die

Steuerbefehle werden ebenfalls kabelgebunden oder drahtlos an die entsprechenden Aktuatoren, wie etwa Pumpen und/oder Ventile, der

Kühleinrichtung gesendet, wodurch die Kühlleistung der Kühleinrichtung zeitlich und/oder räumlich entlang der Kühlstrecke variierbar ist.

Vorzugsweise werden bei der Berechnung der Gesamtenthalpie Phasenumwandlungstemperaturen mittels eines Regressionsverfahrens ermittelt, das Regressionskoeffizienten verwendet, die vorzugsweise aus einem berechneten oder empirisch erhaltenen ZTU-Diagramm (Zeit-Temperatur- Umwandlungsdiagramm) gewonnen werden. Da die Umwandlungstemperaturen über berechnete ZTU-Diagramme sehr genau bestimmt werden können, kann die Temperaturberechnung besonders genau und mit größtmöglicher Sicherheit der Eingangsdaten durchgeführt werden.

Vorzugsweise wird im Rahmen des Temperaturberechnungsmodells die Gesamtenthalpie als freie molare Gesamtenthalpie H des Walzguts mittels der Gibbs-Energie G bei konstantem Druck p nach der Gleichung ermittelt, wobei T die absolute Temperatur in Kelvin bezeichnet. Für eine Phasenmischung wird die Gibbs-Energie G des Gesamtsystems vorzugsweise als Summe der Gibbs-Energien der Reinphasen sowie Phasenanteilen nach der Gleichung ermittelt, wobei f den Gibbs-Energieanteil der jeweiligen Phase oder des jeweiligen Phasenanteils am Gesamtsystem und G' die Gibbs-Energie der jeweiligen Reinphase oder des jeweiligen Phasenanteils des Systems bezeichnen. Da die Gesamtenthalpie als Eingangsgröße bei der Temperaturberechnung für nahezu alle gegenwertig weltweit hergestellten metallischen Werkstoffe mit den Gibbs-Energien angegeben werden kann und die Umwandlungstemperaturen beispielsweise über berechnete ZTU-Diagramme sehr genau bestimmt werden können, kann die Temperaturberechnung besonders genau und mit größtmöglicher Sicherheit der Eingangsdaten durchgeführt werden.

Vorzugsweise besteht das Walzgut aus Stahl, mit Anteilen an Austenit-, Ferrit- und Flüssigphase, wobei die Flüssigphase in der Regel bei Metallbändern während des Walzprozesses nicht mehr vorhanden ist. Die Gibbs-Energie der jeweiligen Phasen wird in diesem Fall vorzugsweise nach folgender Gleichung ermittelt, wobei Q f die Gibbs-Energie einer jeweiligen Phase f, xP den Molenbruch der /- ten Komponente der jeweiligen Phase f, Gl p die Gibbs-Energie der /- ten Komponente der jeweiligen Phase f, R die allgemeine Gaskonstante, T die absolute Temperatur in Kelvin, E Q F die Gibbs-Energie für eine nicht-ideale Mischung und ma9i1 G 0 die magnetische Energie des Systems bezeichnen.

Hierbei wird die Gibbs-Energie für eine nicht-ideale Mischung E Q F vorzugsweise nach der Gleichung

E O f = x,x J a lf, (x, - Xj + x,x J x k L J k

ermittelt, wobei x; den Molenbruch der /-ten Komponente, x den Molenbruch der j- ten Komponente, Xk den Molenbruch der /c-ten Komponente, a einen Korrekturterm, a L^/ j und a L^;y/ Wechselwirkungsparameter verschiedener Ordnung des vom Walzgut gebildeten Gesamtsystems bezeichnen.

Der Anteil der magnetischen Energie wird vorzugsweise nach der Gleichung ermittelt, wobei R die allgemeine Gaskonstante, T die absolute Temperatur in Kelvin, ß das magnetische Moment und f(r) den Anteil am Gesamtsystem in Abhängigkeit von der normierten Curietemperatur t des vom Walzgut gebildeten Gesamtsystems bezeichnen. Vorzugsweise wird die Umwandlungskinetik der Phasen über einen diffusionskontrollierten Ansatz gemäß der Enomoto-Gleichung bestimmt; genauer gesagt mittels der folgenden Gleichung:

Hierbei bezeichnen x c ° die Kohlenstoffkonzentrationen im Volumen, x c a die Kohlenstoffkonzentrationen an der Phasengrenze auf der Ferritseite und x c Ä die Kohlenstoffkonzentrationen an der Phasengrenze auf der Austenitseite. Die Kohlenstoffkonzentrationen werden aus den Gleichgewichtskonzentrationen berechnet, welche sich wiederum aus dem Gleichgewicht der chemischen Potentiale an den Phasengrenzen ergeben. To bezeichnet die Starttemperatur der Phasenumwandlung, T die aktuelle Temperatur des Walzguts, und t bezeichnet die Abkühlrate. Die Starttemperatur für die Phasenumwandlung wird vorzugsweise aus den Regressionsgleichungen der ZTU-Diagramme ermittelt. D < bezeichnet die Diffusionskonstante des Kohlenstoffs im Austenit gemäß

8339,9

* 0,00453 T

* exp [- ß - 0,000222l) * (17767 - 26436 * T)] (12) mit d als Austenitkorngröße.

Mit den so gewonnenen Temperaturen der Phasengrenzen und der Gefügeanteile kann die Gesamtenthalpie mit großer Genauigkeit bestimmt werden. Vorzugsweise wird im Rahmen des Temperaturberechnungsmodells die Dicke des sich nach einer Zeitspanne auf dem Walzgut gebildeten Zunders gemäß nachfolgender Berechnungsformel

D z (t + dt) = V D z (t ) 2 + F z dt d z

dt =

mit u bestimmt, wobei Dz(t) die Dicke des Zunders, t die Zeit, dt die Zeitspanne, Fz der Zunderfaktor, v die Fördergeschwindigkeit des Walzguts und dz eine in der Zeitspanne dt mit der Fördergeschwindigkeit v zurückgelegte Weglänge bezeichnen.

Vorzugsweise wird der Zunderfaktor Fz abhängig von der Oberflächentemperatur des Walzguts und dessen chemischer Zusammensetzung gemäß der Gleichung

Fz = a e 'b c% -e- tfT o

berechnet, wobei T 0 die Oberflächentemperatur des Walzguts und C% die dimensionslose Konzentration von Kohlenstoff im Werkstoff des Walzguts bezeichnen a, b und c sind aus der Literatur bekannte Koeffizienten; vgl. beispielsweise R. Viscorova, Untersuchung des Wärmeübergangs bei der Spritzwasserkühlung unter besonderer Berücksichtigung des Einflusses der Verzunderung, TU Clausthal, Dissertation, 2007. Die vorstehend angegebene Gleichung zur Bestimmung des Zunderfaktors liefert besonders gute Ergebnisse für Metall, insbesondere Stahl, mit kleinen Siliziumanteilen, insbesondere kleiner 2 Gew.-%. In diesem Fall betragen die Koeffizienten beispielsweise: a=9.8*10 7 , b= 2.08, c=17780 betragen.

Der Wärmedurchgangskoeffizient des Zunders wird vorzugsweise gemäß der Gleichung berücksichtigt, wobei der Wärmedurchgangskoeffizient des

Zunders, D z dj e Dicke des Zunders und z die Wärmeleitzahl des Zunders bezeichnen.

Die oben genannte Aufgabe wird ferner von einer Steuereinrichtung zur Steuerung einer Kühleinrichtung gelöst, die zur Temperierung eines Walzguts, vorzugsweise Metallbandes, das die Kühleinrichtung entlang einer Förderrichtung durchläuft, eingerichtet ist. Die Steuereinrichtung ist zur Durchführung eines Verfahrens gemäß der vorstehenden Beschreibung eingerichtet.

Die Steuereinrichtung kann zu diesem Zweck lokal oder dezentral verwirklicht sein. Beispielsweise kann die Steuereinrichtung mehrere Recheneinrichtungen umfassen, die über ein Netzwerk miteinander kommunizieren. Die Steuereinrichtung ist beispielsweise durch entsprechende Programmierung flexibel und kostengünstig anpassbar.

Die Merkmale, technischen Wirkungen, Vorteile sowie Ausführungsbeispiele, die in Bezug auf das Verfahren beschrieben wurden, gelten analog für die Steuereinrichtung.

Auch wenn vorstehend konkrete Beispiele auf ein Metallband aus Stahl abgestellt sind, so ist die Erfindung ebenso für viele andere Arten von metallischen Werkstoffen, beispielsweise Aluminium-, Nickel- oder Kupferlegierungen, sowie Walzgüter anderer Geometrien anwendbar.

Weitere Vorteile und Merkmale der vorliegenden Erfindung sind aus der folgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele ersichtlich. Die dort beschriebenen Merkmale können alleinstehend oder in Kombination mit einem oder mehreren der oben dargelegten Merkmale umgesetzt werden, insofern sich die Merkmale nicht widersprechen. Die folgende Beschreibung der bevorzugten Ausführungsbeispiele erfolgt dabei unter Bezugnahme auf die begleitenden Zeichnungen.

Kurze Beschreibung der Figuren

Figur 1 ist eine schematische Darstellung einer Kühleinrichtung, angeordnet zwischen einer Vorstraße und einer Fertigstraße.

Figur 2 ist ein Diagramm, das die Gibbs-Energie als Funktion der Temperatur für Reineisen darstellt.

Figur 3 ist ein Diagramm, das den Verlauf der Gesamtenthalpie nach Gibbs für einen kohlenstoffarmen Stahl bei bekannten Phasengrenzen darstellt.

Figur 4 ist ein ZTU-Diagramm, das für einen kohlenstoffarmen Werkstoff mithilfe von Regressionsgleichungen bestimmt wurde.

Figur 5 ist ein Diagramm, das die Zunderdicke als Funktion der Verzunderungszeit bei unterschiedlichen Oberflächentemperaturen darstellt. Figur 6 ist ein Diagramm, das die Zunderdicke als Funktion der Anlagenlänge für verschiedene Kohlenstoffgehalte darstellt.

Figur 7 a ist ein Diagramm, das beispielhaft einen berechneten und gemessenen Temperaturverlauf als Funktion der Zeit ohne Berücksichtigung des Zundereinflusses zeigt. Figur 7b ist ein Diagramm, das beispielhaft einen berechneten und gemessenen Temperaturverlauf als Funktion der Zeit unter Berücksichtigung des Zundereinflusses zeigt.

Figur 8 ist ein Flussdiagramm, das einen beispielhaften Prozessablauf zur Regelung der Kühleinrichtung gemäß Figur 1 veranschaulicht.

Detaillierte Beschreibung bevorzugter Ausführunqsbeispiele

Im Folgenden werden bevorzugte Ausführungsbeispiele anhand der Figuren beschrieben. Dabei sind gleiche, ähnliche oder gleichwirkende Elemente mit identischen Bezugszeichen versehen, und auf eine wiederholende Beschreibung dieser Elemente wird teilweise verzichtet, um Redundanzen zu vermeiden.

Die Figur 1 ist eine schematische Darstellung einer Kühleinrichtung 10, im vorliegenden Ausführungsbeispiel als sogenannter Vorbandkühler implementiert, zwischen einer Vorstraße 1 und einer Fertigstraße 2. Die Vorstraße 1 und die Fertigstraße 2 weisen jeweils ein oder mehrere Walzgerüste 1 a, 2a zum Walzen eine Walzguts auf, das entlang einer Förderrichtung F durch die Anlage transportiert wird. Als Walzgut sei im Weiteren ein Metallband B herangezogen. Die Vorstraße 1 dient vorzugsweise dazu, aus einer Bramme, beispielsweise aus einer Stranggießanlage kommend, zu einem Vorband zu walzen. Das Vorband wird nach Durchlaufen der Kühleinrichtung 10 von der Fertigstraße 2 auf die gewünschte Enddicke fertiggewalzt.

Das Fertigblech, das Vorband sowie alle Zwischenprodukte fallen gemeinsam unter die Bezeichnung„Metallband“. Ferner umfasst die Bezeichnung„Metallband“ sämtliche für das Walzen geeignete Metalle und Legierungen in Blechform, insbesondere Stahl und NE-Metalle, wie etwa Alu- oder Nickellegierungen.

In der Figur 1 ist beispielhaft das letzte Walzgerüst 1 a der Vorstraße 1 sowie das erste Walzgerüst 2a der Fertigstraße 2 dargestellt. Hierbei sind räumliche Relationen wie„vor“,„hinter“,„erste“,„letzte“ usw. in Bezug auf die Förderrichtung F zu sehen.

Die Kühleinrichtung 10 weist eine Düsenanordnung 11 mit mehreren Düsen 11a auf. Die Düsenanordnung 11 definiert eine Durchlaufkühlstrecke, in der das Metallband B gezielt abgekühlt wird und die vorzugsweise unmittelbar hinter der Vorstraße 1 beginnt und unmittelbar vor der Fertigstraße 2 endet. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass durchaus auch weitere Aggregate, wie etwa ein Entzunderer, eine Wärmedämmhaube, eine Schere und dergleichen, im Bereich zwischen der Vorstraße 1 und der Fertigstraße 2 installiert sein können. Die Düsenanordnung 11 weist ein Fluidsystem mit Pumpe(n), Verteilungsleitung(en), Ventil(en) und dergleichen auf, in der Figur 1 nicht näher dargestellt, das eingerichtet ist, um die Düsen 11 a mit einem fluiden Kühlmedium, vorzugsweise Wasser oder ein Wassergemisch, zu versorgen. Die Düsen 11a sind eingerichtet, um das Kühlmedium auf das Metallband B, insbesondere die beiden Bandflächen, zu sprühen. Die Düsen 11 a sind zu diesem Zweck geeignet positioniert und ausgerichtet, um das Metallband B mit einer variierbaren Menge an Kühlmedium, vorzugsweise abschnittsweise entlang der Kühlstrecke steuerbar, zu beaufschlagen.

Um die Kühlleistung in der Kühlstrecke gezielt steuern zu können, wie nachstehend im Detail erläutert, befinden sich vorzugsweise ein oder mehrere Temperaturmesseinrichtungen 20, 21 zwischen der Vorstraße 1 und der Fertigstraße 2. Im vorliegenden Beispiel ist eine erste Temperaturmesseinrichtungen 20 unmittelbar hinter der Vorstraße 1 und eine zweite Temperaturmesseinrichtungen 21 unmittelbar vor der Fertigstraße 2 angeordnet. Selbstverständlich können sich alternative oder weitere Temperaturmesseinrichtungen in der Kühlstrecke, in der Vorstraße 1 und/oder Fertigstraße 2 befinden, sowie etwaige Sensoren zur Bestimmung weiterer physikalischer Größen, wie etwa der Fördergeschwindigkeit das Metallbandes B, vorgesehen sein. Die Temperaturmesseinrichtungen 20 arbeiten vorzugsweise berührungslos und sind in der Regel so beschaffen, dass sie im Wesentlichen die Oberflächentemperatur des Metallbandes B ermitteln. Sofern die Oberflächentemperatur an einem oder mehreren Punkten zwischen der Vorstraße 1 und der Fertigstraße 2 bekannt ist, kann auf Temperaturmesseinrichtungen 20,

21 gegebenenfalls verzichtet werden.

Die Messdaten der Temperaturmesseinrichtungen 20, 21 sowie etwaiger weiterer Sensoren werden an eine Steuereinrichtung 30 gesendet, kabelgebunden oder drahtlos, wo sie mithilfe eines physikalischen Modells weiterverarbeitet werden, um daraus Regelungsgrößen zur Ansteuerung der Kühleinrichtung 10 zu erhalten. Die Steuerbefehle werden ebenfalls kabelgebunden oder drahtlos an die entsprechenden Aktuatoren, wie etwa Pumpen und/oder Ventile, der Kühleinrichtung 10 gesendet, wodurch die Kühlleistung der Kühleinrichtung 10 zeitlich und/oder räumlich entlang der Kühlstrecke variierbar ist, um das Metallband B so genau wie möglich auf die für die Fertigstraße 2 erforderliche Temperatur zu bringen.

Es sei darauf hingewiesen, dass der vorstehend dargelegte Anlagenaufbau nur beispielhaft ist. So ist die hierin beschriebene Prozessregelung für Kühleinrichtungen jedweder Art anwendbar, deren Aufgabe darin besteht, ein metallisches Produkt, insbesondere Walzgut, gezielt auf eine gewünschte Endtemperatur abzukühlen. So ist die Anordnung der Kühleinrichtung 10 nicht darauf beschränkt, dass diese einer Vorstraße 1 mit Walzgerüsten 1 a nachgeordnet oder insbesondere zwischen einer Vorstraße 1 und einer Fertigstraße 2 angeordnet ist. Die Kühleinrichtung 10 kann beispielsweise auch zwischen zwei Walzgerüsten 1 a einer Vorstraße 1 oder zwischen zwei Walzgerüsten 2a einer Fertigstraße 2 angeordnet sein.

Da die Temperaturen im Innern des Metallbandes B nicht gemessen werden können, findet ein physikalisches Modell zur Ermittlung der Temperaturen Anwendung. Mithilfe des Modells kann über ein Temperaturberechnungsprogramm die Temperaturverteilung im Metallband B in Abhängigkeit von den Prozessbedingungen ermittelt werden. Zunächst werden das Modell und die Grundlagen des Temperaturberechnungsprogramms angegeben. Im Anschluss daran wird ein beispielhafter Prozessablauf zur Regelung der Kühleinrichtung 10 dargelegt.

Die Kernaufgabe des Temperaturberechnungsprogramms betrifft die Berechnung der Vorbandtemperatur, also die Temperaturverteilung im Metallband B im Moment des Einlaufs in die Kühleinrichtung 10, das zuvor gegebenenfalls die Vorstraße 1 durchlaufen hat. Die Berechnung erfolgt vorzugsweise über ein Finite- Differenzen-Verfahren. Das Metallband B wird zu diesem Zweck mathematisch in dünne Streifen zerlegt. Die Randbedingungen werden unter Berücksichtigung der Abmessungen von Kühlzonen der Kühleinrichtung 10, Mengen und Temperatur des Kühlmediums sowie der Umgebungstemperatur formuliert.

In die Berechnung der Temperaturverteilung gehen zudem Prozessgrößen, wie etwa die Bandgeschwindigkeit und die Oberflächentemperatur des Bandes sowie die Dicke und/oder die chemische Zusammensetzung des Metallbandes B, ein und finden insofern bei einer Änderung unmittelbar und sofort Eingang in die Berechnung. Als Ergebnis ergibt sich eine Temperaturverteilung im Metallband B.

Basis der Temperaturberechnung ist die instationäre Wärmegleichung, vgl. nachstehende Gleichung (1 ), die thermische Randbedingungen und das Gesetz von Fourier berücksichtigt, nach dem sich ein Wärmefluss in Richtung des Temperaturgefälles abhängig von der Wärmeleitfähigkeit l einstellt. In die Gleichung gehen die Dichte p und die Enthalpie Fl des Werkstoffs ein. Die freiwerdende Energie während der Umwandlung kann mit der Wärmekapazität zu einer Gesamtenthalpie H zusammengefasst werden. Mit s sei die Ortskoordinate entlang der Dickenrichtung bezeichnet, und T gibt die berechnete Temperatur an. Dann gilt (vgl. Miettinen, S. Louhenkilpi; 1994; „Calculation of Thermophysical Properties of Carbon and Low Alloyed Steels for Modeling of Solidifaction Processes”):

(1 )

Als notwendige Eingangsgrößen sind für die Berechnung der Temperaturverteilung die Wärmeleitung bzw. Wärmeleitfähigkeit l und die Gesamtenthalpie H besonders wichtig, da diese Größen das Temperaturergebnis maßgeblich beeinflussen. Die Wärmeleitfähigkeit l ist eine Funktion der Temperatur, der chemischen Zusammensetzung sowie des Phasenanteils und kann für die Reinphasen experimentell ermittelt werden. Die Enthalpie H ist jedoch nicht messbar und für bestimmte chemische Zusammensetzungen des Metallbandes B nur ungenau mit Näherungsgleichungen zu beschreiben. Eine etwaige numerische Lösung der obigen Differenzialgleichung (1 ) kann daher zu ungenauen Temperaturergebnissen führen. Die von außen zu- oder abfließende Energie (Wärmeübergang durch Konvektion) wird in den thermischen Randbedingungen berücksichtigt.

Um die Genauigkeit der Berechnung zu erhöhen, wird eine Bestimmung des Gesamtenthalpieverlaufs mit möglichst exakten Phasengrenzen angestrebt. Dazu wird die molare Enthalpie des Systems, hier des Metallbandes B, über die Gibbs- Energie gemäß nachstehender Gleichung

berechnet. Hierbei bezeichnet H die molare Enthalpie des Systems, G die molare Gibbs-Energie des Gesamtsystems und T die absolute Temperatur in Kelvin. Für eine Phasenmischung kann die Gibbs-Energie des Gesamtsystems über die Gibbs-Energien der Reinphasen sowie deren Phasenanteilen gemäß nachstehender Gleichung

berechnet werden. Hierbei bezeichnen ft den Phasenanteil der Phase 0 und die molare Gibbs-Energie dieser Phase f. Für die Austenit-, Ferrit- und Flüssigphase ergibt sich die Gibbs-Energie zu:

E G* = X X j X j a lft,j (x, - Xj Y + x f XjX k L{ J k (5) m ag G i, = RT\n(\ + ß)f(T)

(6)

In der Gleichung (4) entsprechen die Terme der Einzelelement-Energie, einem Beitrag für die ideale Mischung sowie einem Beitrag für die nicht-ideale Mischung (Gleichung 5)) und der magnetischen Energie (Gleichung (6)).

Im Detail bezeichnet Q f die Gibbs-Energie einer Phase f, xf bezeichnet den Molenbruch der /- ten Komponente der entsprechenden Phase 0, Gl p bezeichnet die Gibbs-Energie der /-ten Komponente der entsprechenden Phase 0, R bezeichnet die allgemeine Gaskonstante, T bezeichnet die absolute Temperatur in Kelvin, E Q F bezeichnet die Gibbs-Energie für eine nicht-ideale Mischung, ma9i1 G 0 bezeichnet die magnetische Energie des Systems, a bezeichnet einen Korrekturterm, und a L^; j und a A,/c bezeichnen Wechselwirkungsparameter verschiedener Ordnung des vom Metallband B gebildeten Gesamtsystems. Weiterhin bezeichnet ß das magnetische Moment, und f(r) bezeichnet den Anteil am Gesamtsystem in Abhängigkeit von der normierten Curietemperatur t des vom Metallband B gebildeten Gesamtsystems.

Die Parameter der Terme der Gleichungen (6) bis (8) können beispielsweise einer Datenbank entnommen werden und zur Ermittlung der Gibbs-Energien beispielsweise einer Stahlzusammensetzung des Metallbandes B verwendet werden. Mit Hilfe einer mathematischen Ableitung ergibt sich daraus die Gesamtenthalpie dieser Stahlzusammensetzung. Die Figur 2 ist ein Diagramm, das die Gibbs-Energie als Funktion der Temperatur für Reineisen darstellt. Aus der Figur 2 ist ersichtlich, dass die einzelnen Phasen Ferrit, Austenit und die Flüssigphase für einen charakteristischen Temperaturbereich ein Minimum annehmen, bei dem diese Phasen stabil sind.

Prinzipiell ist es damit möglich, für jede Stahlzusammensetzung ein Phasendiagramm zu erstellen. Mit den Gibbs-Energien werden jeweils die Phasenübergänge exakt ermittelt und die stabilen Phasenanteile dargestellt.

Ein solches Phasendiagramm ist für den Gleichgewichtszustand richtig. Da es sich bei dem Walzprozess in Verbindung mit dem Kühlprozess jedoch nicht um einen Gleichgewichtszustand, sondern um einen dynamischen Prozess handelt, müssen die Phasenumwandlungstemperaturen auch im dynamischen Fall berechnet werden. In der Kühleinrichtung 10 wird beispielsweise eine Kühlrate von 5 bis 20°C/s, bei Stahl von 5 bis 10°C/s, erreicht. Für solche und höhere Abkühlungen können die Phasenübergangstemperaturen nicht mehr aus dem jeweiligen Gleichgewichtsdiagramm abgeleitet werden. Es werden daher die sogenannten ZTU-Diagramme (Zeit-Temperatur-Umwandlungsdiagramme) herangezogen.

Die Figur 3 zeigt den Verlauf der Gesamtenthalpie nach Gibbs für einen kohlenstoffarmen Stahl bei bekannten Phasengrenzen.

Die Phasenumwandlungstemperaturen werden nun mittels Regressionsverfahren bestimmt. Die Regressionskoeffizienten stammen hierbei vorzugsweise aus einer Vielzahl unterschiedlicher ZTU-Diagramme. Die Gleichungen haben für ein Metallband B aus Stahl die Form: gf = r (Analyse, Austenitkorngröße, Kühlrate) (7)

T = F (Analyse, Austenitkorngröße) (8)

genauer:

Hierbei bezeichnet 7^ die Umwandlungstemperaturen, bei denen die Gefüge Ferrit, Perlit, Bainit oder Martensit gebildet oder die Bildung von Perlit beendet wird.† und T f geben die maximale Kühlrate an, bei der es zur Bildung von Ferrit oder Perlit kommt, ob die Struktur 100 % Ferrit und Perlit enthält oder ob es zur Bildung von 20, 80 oder 100% Martensit kommt. In den Gleichungen (9) und (10) bezeichnen a > , bij und a Regressionskonstanten und Ci, Cj die Konzentrationen der einzelnen Elemente in Gewichtsprozent. Mit n wird die Anzahl der berücksichtigten Analysebestandteile der chemischen Zusammensetzung des Metallbandes B bezeichnet. M ist die ASTM-Korngröße und kann Werte im Bereich von 1 bis 10 annehmen. Mit diesen Parametern ist es möglich, ein ZTU-Schaubild bzw. ZTU- Diagramm zu konstruieren.

Die Figur 4 zeigt ein beispielhaftes ZTU-Diagramm für einen kohlenstoffarmen Werkstoff, das mit den angegebenen Regressionsgleichungen bestimmt wurde.

Die Umwandlungskinetik zwischen den einzelnen Phasen lässt sich über einen diffusionskontrollierten Ansatz mit einer Enomoto-Gleichung wie folgt beschreiben:

Hierbei bezeichnen x c ° die Kohlenstoffkonzentrationen im Volumen, x c a die Kohlenstoffkonzentrationen an der Phasengrenze auf der Ferritseite und x c Ä die Kohlenstoffkonzentrationen an der Phasengrenze auf der Austenitseite. Die Kohlenstoffkonzentrationen werden aus den Gleichgewichtskonzentrationen berechnet, welche sich wiederum aus dem Gleichgewicht der chemischen Potentiale an den Phasengrenzen ergeben. To bezeichnet die Starttemperatur der Phasenumwandlung, T die aktuelle Temperatur des Metallbandes B, hier des Vorbandes aus Stahl, und T bezeichnet die Abkühlrate. Die Starttemperatur für die Phasenumwandlung wird aus den Regressionsgleichungen der ZTU-Diagramme ermittelt. D < bezeichnet die Diffusionskonstante des Kohlenstoffs im Austenit gemäß

8339,91

— J * 0,00453

* exp [- (i - 0,000222l) * (17767 - 26436 * yp) 1 (12) mit d als Austenitkorngröße.

Mit den so gewonnenen Temperaturen der Phasengrenzen und der Gefügeanteile kann die Gesamtenthalpie bestimmt werden. In der Fourier'schen Wärmeleitungsgleichung treten neben der Enthalpie auch die temperaturabhängige und phasenabhängige Wärmeleitung bzw. Wärmeleitfähigkeit und Dichte auf. Diese materialabhängigen Werte werden über Regressionsgleichungen für eine jede Gefügephase des Metallbandes B bestimmt.

Für eine exakte Temperaturberechnung und Steuerung der in der Kühleinrichtung 10 benötigten, d.h. zu versprühenden Mengen an Kühlmedium ist die Kenntnis dieser Materialgrößen wichtig.

Bei hohen Temperaturen kommt es an der Bandoberfläche des Metallbandes B zu einer Zunderbildung, die durch größere Liege- oder Pausenzeiten des Metallbandes B während des Umform prozesses verstärkt wird. Die sich bildende Zunderschicht vermindert die Wärmeabgabe des Metallbandes B durch Strahlung. Bei der Berechnung der Temperaturverteilung im Metallband B wird dieser sich aufgrund der Zunderschicht ergebende verminderte Wärmeübergang an die Umgebung berücksichtigt. Hierzu ist die Bestimmung der sich bildenden Zunderschicht notwendig, die wie Folge erfolgen kann:

Der Zuwachs der Zunderdicke Dz in einem Zeitschritt dt wird berechnet gemäß D z (t + dt) = D z (t) 2 + F z dt (13)

wobei Dz(t) die Zunderdicke zum Zeitpunkt t, Fz den Zunderfaktor und dt die Verzunderungszeit bezeichnen. Die „Verzunderungszeit“ bezeichnet dabei den zeitlichen Abstand zweier Berechnungspunkte in Längsrichtung des Metallbandes

B. Somit kann die Verzunderungszeit als dt =— angegeben werden, wobei v die u

Fördergeschwindigkeit des Metallbandes B angibt, die bekannt und/oder messbar ist. Die Variable dz bezeichnet den in der Zeit dt zurückgelegten Weg. Der Zunderfaktor Fz wird abhängig von der Oberflächentemperatur des Metallbandes B und der chemischen Analyse seiner Materialzusammensetzung (Stahl) mit

Fz = a e b c% -e- tfT o (14)

berechnet, wobei T 0 die Oberflächentemperatur des Metallbandes B und C% die dimensionslose Konzentration von Kohlenstoff im Werkstoff bezeichnen a, b und c sind aus der Literatur bekannte Koeffizienten; vgl. beispielsweise R. Viscorova, Untersuchung des Wärmeübergangs bei der Spritzwasserkühlung unter besonderer Berücksichtigung des Einflusses der Verzunderung, TU Clausthal, Dissertation, 2007.

Die vorstehend angegebene Gleichung (14) liefert besonders gute Ergebnisse für Metall, insbesondere Stahl, mit kleinen Siliziumanteilen, insbesondere kleiner 2 Gew.-%. In diesem Fall betragen die Koeffizienten beispielsweise: a=9.8*10 7 , b=2.08, c=17780. Die Figur 5 ist ein Diagramm, das die Zunderdicke als Funktion der Verzunderungszeit bei unterschiedlichen Oberflächentemperaturen darstellt. Die Figur 6 ist ein Diagramm, das die Zunderdicke als Funktion der Anlagenlänge für verschiedene Kohlenstoffgehalte darstellt.

Die Zunderbildung hängt somit stark von der Analyse, insbesondere vom Kohlenstoffgehalt des Werkstoffs ab. Bei einem geringen Kohlenstoffgehalt wird mehr Zunder gebildet als bei einem höheren Kohlenstoffgehalt. So verzundert Reineisen stärker als ein Stahl mit einem höheren Kohlenstoffanteil. Das Zunderwachstum hängt zudem neben der Verzunderungszeit auch stark von der Oberflächentemperatur des Metallbandes B ab. Die Zunderschicht behindert die Wärmeabgabe des Metallbandes B.

Der Wärmeleitzahl des Zunders ist temperaturabhängig. Die Tabelle 1 enthält beispielhafte Werte, umfassend Wärmeleitfähigkeitswerte Lambda ( A ) bei verschiedenen Temperaturen zum einen für die Zunderschicht und zum anderen für einen Werkstoff aus Stahl:

[Tabelle 1 ]

Die Wärmeleitzahl der Zunderschicht ist wesentlich kleiner als die des Stahlwerkstoffs. Der Wärmedurchgangskoeffizient des Zunders ist definiert als:

Hierbei bezeichnen a z z ,l z ) den Wärmedurchgangskoeffizient des Zunders, D z die Dicke des Zunders und l z die Wärmeleitzahl (Wärmeleitfähigkeit) des Zunders.

Mit dem Wärmedurchgangskoeffizienten des Zunders kann über die Wärmebilanz die Oberflächentemperatur der Zunderschicht Tz berechnet werden und hieraus die Wärmeabstrahlung des Metallbandes B an die Umgebung ermittelt werden. Die Zunderschicht vermindert somit die Abkühlung des Metallbandes B.

Eine genaue Kenntnis des Verhaltens der Zunderschicht ist wichtig für die korrekte Berechnung der Temperaturentwicklung in der Kühleinrichtung 10.

Die Figur 7a ist ein Diagramm, das beispielhaft einen berechneten und gemessenen Temperaturverlauf als Funktion der Zeit ohne Berücksichtigung des Zundereinflusses zeigt. Hier ist eine große Abweichung zwischen Messung und Berechnung zu erkennen. Demgegenüber zeigt die Figur 7b den berechneten und gemessenen Temperaturverlauf als Funktion der Zeit unter Berücksichtigung des Zundereinflusses. Es ist eine gute Übereinstimmung zwischen Berechnung und Experiment zu erkennen. Im Folgenden wird ein beispielhafter Prozessablauf zur Anwendung des Modells, d.h. zur Ermittlung der Temperaturverteilung im Metallband B, und zur Regelung bzw. Ansteuerung der Kühleinrichtung 10 anhand des Flussdiagramms der Figur 8 beschrieben:

Eingangs- bzw. Regelungsgrößen des Modells sind die Oberflächentemperaturen des Metallbandes B, die durch die Temperaturmesseinrichtungen 20, 21 ermittelt werden. Bei Vorgabe einer Oberflächentemperatur als Sollwert am Ausgang der Kühleinrichtung 10 berechnet das Temperaturberechnungsmodell in der Steuereinrichtung 30 die Kühlwassermenge, die für die Erreichung der gewünschten Oberflächentemperatur des die Kühleinrichtung 10 durchlaufenden Metallbandes B erforderlich ist. Die berechneten Werte der Temperaturverteilung im Metallband B sind sofort sichtbar sowie für die Steuerung- und/oder Regelung der Kühleinrichtung 10 und gegebenenfalls der nachgeschalteten Fertigstraße 2 der Walzstraße verwendbar. Die Werte für die Temperaturverteilung werden bei jeder neuen zyklischen bzw. iterativen Berechnung aktualisiert.

Zunächst findet in einem ersten Schritt A1 eine Vorbereitung des Prozesses statt, die umfasst: Berechnen der Gibbs-Energie und des Enthalpieverlaufs für jede Phase und jede Temperatur; Bestimmen des Zunderfaktors; Erstellen eines ZTU- Diagramms; und Bestimmen der Wärmeleitzahl und Dichte für alle Reinphasen als Funktion der Temperatur aus Regressionsgleichungen.

Anschließend wird in einem Schritt A2 das Berechnungsnetz für die aktuelle Bandgeometrie (Bandbreite und Banddicke) erstellt. Im nachfolgenden Schritt A3 werden die Anfangsbedingungen für die anschließende Iteration festgelegt. So wird die Werkstücktemperatur bzw. Walzguttemperatur T hinter der Vorstraße 1 für alle Berechnungsknoten auf einen Anfangswert T0 gesetzt. Die Zunderdicke wird auf 0 mm und die mittlere Kühlrate beispielsweise auf 5 K/s als Defaultwert gesetzt.

Mit dem Schritt A4 beginnt die Iteration mit: Bestimmen der Phasengrenzen und Gefügeanteile aus dem ZTU-Diagramm für die aktuelle mittlere Kühlrate; Berechnen der Enthalpie als Funktion der Temperatur aus den Enthalpien der Reinphasen und der Phasenverteilung; und Berechnen der Wärmeleitzahlen und Dichten aus den Reinphasen und der Phasenverteilung.

Im Schritt A5 wird für alle Berechnungsknoten die Enthalpie H aus der aktuellen Knotentemperatur T bestimmt.

Im Schritt A6 wird die Gleichung (1 ) zur Berechnung des gesamten Verlaufs der Enthalpie und Temperatur über der Zeit numerisch gelöst.

Im Anschluss daran wird in F1 die Abweichung Sollwert vom Istwert der Oberflächentemperatur bestimmt und mit einem Schwellwert bzw. einer Toleranz (beispielsweise ±2°C) verglichen. Befindet sich die Abweichung innerhalb der Toleranz („ja“), erfolgt im Schritt A8 der nächste Iterationsschritt. Liegt die Abweichung außerhalb der Toleranz („nein“) findet vor dem nächste Iterationsschritt gemäß A8 eine Anpassung/Änderung des Betriebs der Kühleinrichtung 10 statt, vorzugsweise eine Anpassung der von den Düsen 11a ausgegebenen Menge an Kühlmedium. Das hierin dargelegte Verfahren ermöglicht es, durch Regelung der Kühleinrichtung 10 während des Walzens ohne Pausenzeiten die optimale Einlauftemperatur des Metallbandes B in die Fertigstraße 2 einzustellen. Je nach Anwendung, d.h. je nach ablaufendem Umformprozess, bedeutet dies eine Vermeidung nicht notwendiger Produktivitätsverluste. Durch die Kühleinrichtung 10, insbesondere als Vorbandkühlung, werden Oberflächendefekte durch Zunderbildung reduziert.

Das Temperaturberechnungsmodel und dessen Implementierung als Verfahren oder in der Steuereinrichtung 30 ermöglicht eine Berechnung der Temperaturverteilung innerhalb des Metallbandes B in der Kühleinrichtung 10 mit höherer Genauigkeit, wodurch eine werkstoffabhängige, optimale Menge des Kühlmediums, vorzugsweise Wasser, in der Kühleinrichtung 10 eingestellt und kontrolliert werden kann. Da die Gesamtenthalpie als Eingangsgröße bei der Temperaturberechnung für nahezu alle gegenwertig weltweit hergestellten Werkstoffe mit den Gibbs-Energien angegeben werden kann und die Umwandlungstemperaturen über berechnete ZTU-Diagramme sehr genau bestimmt werden können, kann die Temperaturberechnung besonders genau und mit größtmöglicher Sicherheit der Eingangsdaten durchgeführt werden.

Ferner ermöglicht das Verfahren eine Homogenisierung von Temperaturungleichmäßigkeiten im Metallband B (Vorband) über die Länge und/oder die Breite über eine definiert einstellbare Kühlungsleistung der Kühleinrichtung 10.

Ferner berücksichtigt das Verfahren die Zunderbildung und enthält eine Berechnung der Zunderschichtdicke auf dem Metallband B, wodurch die Berechnung der Wärmeabgabe des Metallbandes B vor und nach der Kühlung optimiert wird.

Die zur Regelung der Kühleinrichtung 10 berechneten Daten können an ein Preset-Modell der etwaigen nachfolgenden Fertigstraße 2 weitergegeben werden (beispielsweise kalorische Mitteltemperatur, Korngröße, o.ä.).

Mit dem hierin dargelegten Verfahren können die zur Kühlung benötigten Kühlmedium-Mengen in der Kühleinrichtung 10 so bestimmt und geregelt werden, dass die im Einlauf der Fertigstraße 2 benötigte Einlauftemperatur exakt erreicht wird. Zudem können gezielt niedrige Einlauftemperaturen zur Erhöhung der Walzgeschwindigkeit und damit Produktionserhöhung eingesetzt werden.

Auch wenn sich viele hierin angegebenen Merkmale und Zahlenbeispiele auf ein Metallband B aus Stahl beziehen, so sind alle Arten von geeigneten Metallbändern B, beispielsweise aus einer Aluminium-, Nickel- oder Kupferlegierung, umfasst. Auch auf Metallbänder B solcher Materialien sind das hierin dargelegte Modell sowie dessen Anwendung als Verfahren und in der Steuereinrichtung 30 anwendbar.

Soweit anwendbar, können alle einzelnen Merkmale, die in den Ausführungsbeispielen dargelegt sind, miteinander kombiniert und/oder ausgetauscht werden, ohne den Bereich der Erfindung zu verlassen. Bezugszeichenliste

1 Vorstraße

1 a Walzgerüst

2 Fertigstraße

2a Walzgerüst

10 Kühleinrichtung

11 Düsenanordnung

11 a Düse

20 Temperaturmesseinrichtung 21 Temperaturmesseinrichtung

30 Steuereinrichtung

B Metallband

F Förderrichtung