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Title:
METHOD AND DEVICE FOR CONTROLLING A REAR-AXLE STEERING SYSTEM
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2021/115695
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a method and device for controlling a rear-axle steering system, in particular a rear-axle steering system of a motor vehicle. The method comprises: determining a current physical condition of the rear-axle steering system on the basis of a detected current operating state and a pre-determined reference operating state of the rear-axle steering system; defining a maximum permissible steering angle of the rear-axle steering system depending on the estimated physical condition of the rear-axle steering system and depending on at least one of the operating parameters driving speed, steering angle and steering angle speed of the vehicle; and actuating the rear-axle steering system such that the steering angle of the rear-axle steering system does not exceed the assigned defined maximum permissible steering angle for the current operating parameter(s) of the vehicle.

Inventors:
MUENSTER MARTIN (DE)
SEDLMAYR MARTIN (DE)
Application Number:
PCT/EP2020/081473
Publication Date:
June 17, 2021
Filing Date:
November 09, 2020
Export Citation:
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Assignee:
BAYERISCHE MOTOREN WERKE AG (DE)
International Classes:
B62D7/15; B62D5/04
Foreign References:
DE102013225725A12015-06-18
DE102016201098A12017-07-27
DE102017206701A12018-10-25
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Claims:
ANSPRÜCHE

1. Verfahren (100) zu Steuerung einer Hinterachslenkung eines Fahrzeugs (1) mit einer lenkbaren Hinterachse, wobei das Verfahren (100) aufweist: Bestimmen einer aktuellen physischen Verfassung (PV) der Hinterachslenkung auf Basis eines erfassten aktuellen Betriebszustands (Aist) und eines vorbe stimmten Referenzbetriebszustands (An0rm) der Hinterachslenkung;

Festlegen eines maximal zulässigen Lenkwinkels (Lmax) der Hinterachslenkung in Abhängigkeit von der geschätzten physischen Verfassung (PV) der Hinter- achslenkung sowie in Abhängigkeit von zumindest einem der Betriebsparame ter Fahrgeschwindigkeit (Vx), Lenkwinkel (L) und Lenkwinkelgeschwindigkeit (VL) des Fahrzeugs (1); und

Ansteuern der Hinterachslenkung so, dass der Lenkwinkel (L) der Hinterachs lenkung bei dem bzw. den aktuellen Betriebsparametern (Vx, VL) des Fahr- zeugs (1) den zugeordneten festgestellten maximal zulässigen Lenkwinkel

(Lmax) nicht überschreitet.

2. Verfahren (100) nach Anspruch 1, wobei das Bestimmen der aktuellen physi schen Verfassung (PV) der Hinterachslenkung auf Basis einer den gegenwärti- gen Betriebszustand kennzeichnenden erfassten aktuellen Ausnutzung (Aist) des spezifizierten Betriebsbereichs eines zu ihrer Betätigung vorgesehenen Ak tors (4) der Hinterachslenkung erfolgt.

3. Verfahren (100) nach Anspruch 2, wobei: der Referenzbetriebszustand eine vorbestimmte Referenzausnutzung (An0rm) des Betriebsbereichs definiert und das Bestimmen der aktuellen physischen Verfassung (PV) der Hinterachslenkung auf Basis eines Vergleichs (Aist) der er fassten aktuellen Ausnutzung des Betriebsbereichs des Aktors (4) mit der Refe renzausnutzung (Anorm) erfolgt; und die aktuelle Ausnutzung und die Referenzausnutzung (An0rm) jeweils auf den bzw. die gleichen Betriebsparameter (Vx, VL, L) der Hinterachslenkung und de ren gleiche Werte bezogen werden.

4. Verfahren (100) nach Anspruch 3, wobei: die Referenzausnutzung (An0rm) einen Betriebspunkt auf einer auf den Betriebs bereich bezogenen Kennlinie oder mehrdimensionalen Kennfläche für die Aus nutzung des Aktors (4) darstellt; und für jeden Betriebspunkt (Vx, VL, L) auf dieser Kennlinie oder Kennlinienfläche der Aktor (4) eine Rückstellung der Hinterachse aus einer einem von Null ver schiedenen Lenkwinkel (L) entsprechenden Stellung in eine nichtausgelenkte Stellung gewährleisten kann, während er dies nicht mehr für jede Ausnutzung oberhalb dieser Kennlinie bzw. dieser Kennlinienfläche gewährleisten kann.

5. Verfahren (100) nach einem der vorausgehenden Ansprüche, wobei das Be stimmen der aktuellen physischen Verfassung (PV) der Hinterachslenkung mit tels eines automatischen Lernprozesses auf Basis einer wiederholten Bestim- mung eines jeweiligen aktuellen Betriebszustands der Hinterachslenkung zu verschiedenen Betriebszeitpunkten (t) erfolgt.

6. Verfahren (100) nach Anspruch 5, wobei der Lernprozess zumindest einen der folgenden Schritte aufweist;

- eine Mittelung über die einzelnen erfassten Betriebszustände zu den ver schiedenen Betriebszeitpunkten;

- eine laufende Maximalwertbildung, bei der der jeweils aktuelle Wert für die physische Verfassung der Hinterachslenkung fortlaufend als der jeweils ma ximale Wert von zumindest zwei bislang aufgetretenen Werten für diese physische Verfassung oder in Abhängigkeit von diesem maximalen Wert be stimmt wird.

7. Verfahren (100) nach einem der vorausgehenden Ansprüche, wobei der maxi mal zulässige Lenkwinkel (Lmax) der Hinterachslenkung für die einem Stillstand des Fahrzeugs (1) entsprechende Geschwindigkeit auf eine Wert größer Null gesetzt wird, wenn sich auf Basis der Bestimmung der aktuellen physischen Verfassung (PV) der Hinterachslenkung die Voraussage ergibt, dass eine Rückstellung der Hinterachse aus einer diesem von Null verschiedenen Lenk winkel (L) entsprechenden Stellung in eine nichtausgelenkte Stellung auch im Stillstand des Fahrzeugs (1) möglich ist.

8. Verfahren (100) nach Anspruch 7, wobei die Voraussage, ob auf Basis der Be stimmung der aktuellen physischen Verfassung (PV) der Hinterachslenkung ei ne Rückstellung der Hinterachse aus der dem von Null verschiedenen Lenk- Winkel entsprechenden Stellung in eine nichtausgelenkte Stellung auch im Still stand des Fahrzeugs (1) möglich ist, auf Basis eines Vergleichs der geschätz ten aktuellen physischen Verfassung (PV) mit einem vordefinierten Grenzwert erfolgt, welcher der bestmöglichen physischen Verfassung (PV) entspricht oder darunter liegt.

9. Verfahren (100) nach einem der Ansprüche 2 bis 8, wobei die aktuelle Ausnut- zung (Aist) der Hinterachslenkung auf Basis einer Ist-Strom- ( st) oder Ist-

Leistungsaufnahme oder Ist-Versorgungsspannung im Vergleich zu einer ma ximal möglichen Strom- bzw. Leistungsaufnahme bzw. Versorgungsspannung bestimmt wird. 10. Verfahren (100) nach einem der vorausgehenden Ansprüche, wobei die Be schränkung des maximalen Lenkwinkels (Lmax) in Abhängigkeit von der aktuel len physischen Verfassung (PV) der Hinterachslenkung nur für Betriebszustän de der Hinterachslenkung aus einem ausgewählten Teilbereich des Betriebsbe reichs erfolgt, der zu einer Fahrzeuggeschwindigkeit (Vx), einer Lenkwinkelge- schwindigkeit (VL), einem Lenkwinkel (L) oder einer Kombination von zumin dest zwei dieser Größen, jeweils unterhalb einer vorbestimmen zugehörigen Grenzschwelle korrespondiert.

11. Verfahren (100) nach einem der vorausgehenden Ansprüche, wobei der maxi- mal zulässige Lenkwinkel der Hinterachslenkung zusätzlich auf eine der folgen den Weisen festgelegt wird:

- in Abhängigkeit von der Änderungsrichtung der Fahrgeschwindigkeit (Vx) des Fahrzeugs (1), vom Vorzeichen der Lenkwinkelgeschwindigkeit (VL), oder davon, ob seit dem letzten Fahrzeughalt bereits eine Strecke zurückge- legt wurde;

- in Abhängigkeit von einer erfassten aktuellen Bedarfsintensität (B) bezüglich der Lenkung des Fahrzeugs (1)

- der betriebsparameterabhängige Verlauf des maximal zulässigen Lenkwin kels (L) im Betriebsbereich entspricht einer Iso-Kraft-Kennlinie bezüglich der auftretenden Lenkkraft auf die Hinterachslenkung bei diesem Lenkwinkel (L).

12. Verfahren (100) nach einem der vorausgehenden Ansprüche, wobei das Ver fahren (100) des Weiteren zumindest eine der folgenden Maßnahmen aufweist:

- die Begrenzung des Lenkwinkels (L) auf den maximal zulässigen Lenkwinkel (Lmax) beim Ansteuern der Hinterachslenkung kommt nur dann zu Anwen dung, wenn der Lenkwinkel (L) eine definierte Mindestauslenkung über schreitet; - die maximal vom Aktor (4) angewandte Lenkwinkelgeschwindigkeit (VL) für die Hinterachslenkung wird in Abhängigkeit von der aktuellen Fahrgeschwin digkeit (Vx) des Fahrzeugs (1) festgelegt. 13. Vorrichtung (3) zur Steuerung einer Hinterachslenkung eines Fahrzeugs (1) mit einer lenkbaren Hinterachse, wobei die Vorrichtung (3) eingerichtet ist, das Ver fahren (100) gemäß einem der vorausgehenden Ansprüche auszuführen.

14. Computerprogramm, mit Anweisungen, die bei ihrer Ausführung auf einer Vor- richtung (3) gemäß Anspruch 13, diese veranlassen, das Verfahren (100) ge mäß einem der Ansprüche 1 bis 12 auszuführen.

15. Fahrzeug (1) mit einer lenkbaren Hinterachse, wobei das Fahrzeug (1) zur Steuerung seiner Hinterachse eine Vorrichtung (3) gemäß Anspruch 13 auf- weist.

Description:
VERFAHREN UND VORRICHTUNG ZUR STEUERUNG EINER HINTERACHSLENKUNG

Die vorliegende Erfindung betrifft die Steuerung einer Hinterachslenkung, insbesonde re einer Hinterachslenkung für ein Kraftfahrzeug.

Während traditionell die meisten Kraftfahrzeuge, insbesondere Personenkraftwagen, nur eine Frontlenkung beziehungsweise Vorderachslenkung aufweisen, gibt es inzwi schen auch eine Klasse solcher Fahrzeuge, welche zusätzlich mit einer Hinterachslen kung ausgerüstet sind. Die Hinterachslenkung wird dabei typischerweise elektrisch angesteuert und über einen oder mehrere Elektromotoren als Aktoren angetrieben. Eine solche Hinterachslenkung kann insbesondere im Rangierbetrieb sowie bei an spruchsvollen Kurvenfahrten, vor allem bei höherer Geschwindigkeit, gegenüber der klassischen Nur-Frontlenkung vorteilhaft sein, etwa indem damit auch kleinste Parklü cken effektiv genutzt werden können und die Straßenlage des Fahrzeugs bei der Kur venfahrt verbessert werden kann.

Im Bereich sehr kleiner Fahrzeuglängsgeschwindigkeiten, insbesondere unterhalb von ca. 6 km/h, der nachfolgend auch als „stillstandsnaher Bereich“ bezeichnet wird, wach sen die zur Lenkung des Fahrzeugs benötigten Kräfte typischerweise stark an. Dem entsprechend steigt die Belastung der Lenkvorrichtung an, was insbesondere negative Auswirkungen auf deren Lebensdauer haben und sogar zu unmittelbaren Beschädi gungen führen kann. Dies gilt insbesondere auch für Hinterachslenkungen. Zudem zieht das Lenken mit der Hinterachse im stillstandsnahen Bereich einen erhöhten Energiebedarf nach sich und der zur Betätigung Hinterachslenkung eingesetzte Aktor erwärmt sich als Folge davon bei häufiger Betätigung typischerweise. Dies wiederum kann einen negativen Einfluss auf die Verfügbarkeit des Aktors und somit der Hinter achslenkung als Ganzes haben.

Insbesondere sind Fälle bekannt, bei denen die Hinterräder nach Eintritt des Fahr zeugstillstands noch ausgelenkt sind, aber ein Zurückstellen der Hinterräder in die Ge radeausstellung im Stillstand nicht möglich ist. Grund dafür kann insbesondere eine im Vergleich zu den auftretenden Haftkräften an den Rädern nicht ausreichende Energie versorgung des Aktors zur Aufbringung einer entsprechenden Gegenkraft sein, was etwa bei zu hoher Beladung, bei Instabilitäten oder Engpässen im Energiebordnetz des Fahrzeugs oder bei Schrägstellung der Räder am Hang auftreten kann. Wird das Fahr zeug verlassen oder sodann wieder in Betrieb genommen, kann aufgrund der ausge- lenkten Hinterräder beim Fahrer leicht der Eindruck entstehen, dass das Fahrwerk des Fahrzeugs defekt ist beziehungsweise fehlerhaft arbeitet. In der Folge können sich Kundenverunsicherung und Kundenunzufriedenheit ergeben und die Anzahl und Fre quenz der hinterachslenkungsbedingten Werkstattbesuche und Gewährleistungsforde- rungen ansteigen, obwohl eigentlich gar kein Defekt vorliegt und somit die Werkstatt besuche und Gewährleistungsforderungen gar nicht begründet sind.

Vor diesem Hintergrund ist es bekannt, die Hinterachslenkung in stillstandsnahen Ge schwindigkeitsbereich zu deaktivieren und dabei die Räder der Hinterachse bei derart langsamer Fahrt zwangsweise in Geradeausfahrt zu stellen, um die oben genannten Nachteile zu vermeiden. Dies führt jedoch zwangsläufig auch dazu, dass die Vorteile der Hinterachslenkung stillstandsnahen Geschwindigkeitsbereich nicht genutzt werden können.

Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, den Betrieb einer Hin terachslenkung weiter zu verbessern. Die Lösung dieser Aufgabe wird gemäß der Lehre der unabhängigen Ansprüche er reicht. Verschiedene Ausführungsformen und Weiterbildungen der Erfindung sind Ge genstand der Unteransprüche.

Ein erster Aspekt der Erfindung betrifft ein, insbesondere computerimplementiertes, Verfahren zu Steuerung einer Hinterachslenkung eines Fahrzeugs mit einer lenkbaren Vorderachse und einer lenkbaren Hinterachse. Das Verfahren weist auf: (i) Bestimmen einer aktuellen physischen Verfassung der Hinterachslenkung auf Basis eines erfass ten aktuellen Betriebszustands und eines vorbestimmten Referenzbetriebszustands der Hinterachslenkung; (ii) Festlegen eines maximal zulässigen Lenkwinkels der Hin terachslenkung in Abhängigkeit von der geschätzten physischen Verfassung der Hin- terachslenkung sowie in Abhängigkeit von zumindest einem der Betriebsparameter Fahrgeschwindigkeit (insbesondere Längsgeschwindigkeit), Lenkwinkel und Lenkwin kelgeschwindigkeit des Fahrzeugs; und (iii) Ansteuern der Hinterachslenkung so, dass der Lenkwinkel der Hinterachslenkung bei dem bzw. den aktuellen Betriebsparametern des Fahrzeugs den zugeordneten festgestellten maximal zulässigen Lenkwinkel nicht überschreitet.

Unter einer „physischen Verfassung“ der Hinterachslenkung ist im Sinne der Erfindung deren technische „Gesundheit“ zu verstehen, wozu insbesondere mechanische und elektrische oder mechanische Aspekte, wie etwa der Verschleißzustand mechanischer und/oder elektrischer Lenkungskomponenten, die Zuverlässigkeit, der Grad des im Vergleich zur spezifizierten Funktion noch tatsächlich verfügbaren Funktionsumfangs (z.B. maximal noch erreichbarer Auslenkwinkel) der Hinterachslenkung oder der zu ihrer Betätigung Strom-, Leistungs- bzw. Energiebedarf zählen können. Unter einem „Betriebszustand“ der Hinterachslenkung ist im Sinne der Erfindung ein durch einen oder mehrere Betriebsparameter gekennzeichneter Arbeitspunkt, bzw. gleichbedeutend Betriebspunkt, der Hinterachslenkung zu verstehen. Der bzw. die Betriebsparameter können dabei insbesondere in Abhängigkeit von einer Strom- oder Leistungsaufnahme, einer Versorgungsspannung oder einer sonstigen zur Energiever- sorgung und oder Ansteuerung der Hinterachslenkung dienenden technischen Größe festgelegt sein. Die Betriebsparameter können insbesondere Manövergrößen sein, wie etwa die Fahrzeuggeschwindigkeit, insbesondere die Fahrzeuglängsgeschwindigkeit, der Lenkwinkel, die Lenkwinkelgeschwindigkeit (Änderungsrate bzw. zeitliche Ablei tung des Lenkwinkels), oder die Energieversorgung der Hinterachslenkung, insbeson- dere zumindest eines Aktors davon, betreffende elektrische Betriebsparameter.

Im Weiteren werden die physische Verfassung der Hinterachslenkung sowie ihr Be triebszustand unter dem Begriff „Gesamtzustand“ der Hinterachslenkung zusammen gefasst.

Ein „Referenzbetriebszustand“ im Sinne der Erfindung ist entsprechend ein ausgewähl- ter Betriebszustand, der als Referenz festgelegt wurde und durch entsprechende Refe renzwerte des zumindest einen betrachteten Betriebsparameter, beispielsweise durch eine maximale Leistungs- oder Stromaufnahme, als Referenz definiert ist.

Unter der „Lenkwinkelgeschwindigkeit“ ist hier ein Maß für die zeitliche Änderung, ins besondere eine mathematische zeitliche Ableitung, des Lenkwinkels zu verstehen. Unter dem „Lenkwinkel“ selbst ist wiederum ein Maß für die Auslenkung der Hinterrä der durch die Hinterachslenkung gegenüber ihrer Stellung für die Geradeausfahrt zu verstehen.

Unter einer „Hinterachslenkung“ im Sinne der Erfindung ist eine Lenkvorrichtung zu verstehen, die dazu ausgelegt und bestimmt ist, ein oder mehrere heckseitige Räder eines Fahrzeugs zum Zwecke der Lenkung gesteuert zu lenken bzw. auszulenken. Eine „Achse“ im herkömmlichen Sinn, insbesondere zur Verbindung von zwei oder mehr Rädern ist dazu nicht zwingend erforderlich. Vielmehr können das Hinterrad bzw. die Hinterräder insbesondere auch jeweils mittels einer Einzelradaufhängung am Fahr zeug montiert sein und einzeln oder gemeinsam zu ihrer Lenkung angesteuert werden.

Bei dem Verfahren kann somit die Hinterachslenkung auch im stillstandsnahen Be triebsbereich genutzt werden, soweit sich auf Basis der Bestimmung ihrer physischen Verfassung ergibt, dass dies einerseits voraussichtlich ohne Schädigung der Hinter achslenkung und zum anderen ohne Verlust der Möglichkeit sie in diesem gesamten Betriebsbereich, insbesondere aus dem Stillstand, wieder in eine nichtausgelenkte Stellung (d.h. Geradeausstellung) zurückzuführen, möglich ist. Das Verfahren erlaubt es somit, anhand der von der physischen Verfassung abhängigen Festlegung eines maximalen Lenkwinkels für den stillstandsnahen Bereich, die Vorteile einer Nutzung der Hinterachslenkung auch im stillstandsnahen Bereich, ggf. sogar im Stillstand, mit der Vermeidung von negativen Einflüssen auf die Hinterachslenkung zu verbinden.

Nachfolgend werden bevorzugte Ausführungsformen des Verfahrens beschrieben, die jeweils, soweit dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird oder technisch unmöglich ist, beliebig miteinander sowie mit den weiteren beschriebenen anderen Aspekten der Erfindung kombiniert werden können.

Bei einigen Ausführungsformen erfolgt das Bestimmen der aktuellen physischen Ver fassung der Hinterachslenkung auf Basis einer den gegenwärtigen Betriebszustand kennzeichnenden erfassten aktuellen Ausnutzung des spezifizierten Betriebsbereichs eines zu ihrer Betätigung vorgesehenen Aktors der Hinterachslenkung. Unter „Ausnut zung“ des spezifizierten Betriebsbereichs ist hier ein Maß zu verstehen, welches an gibt, zu welchem Anteil bzw. Grad der Betriebsbereich genutzt wird. Es kann sich hier bei insbesondere um relatives Maß handeln, welches die Größe des spezifizierten Be triebsbereichs hinsichtlich eines Betriebsparameters mit einer entsprechenden Größe für den aktuellen Betriebszustand ins Verhältnis setzt, bzw. umgekehrt. Stattdessen oder zusätzlich kann es sich insbesondere auch um ein Maß handeln, welches einen Unterschied zwischen diesen beiden Größen, z.B. im Sinne einer Differenz, charakteri siert. Bei diesen Ausführungsformen kann für den jeweils aktuellen Arbeitspunkt der Hinterachslenkung, insbesondere ihres Aktors, auf einfache Weise das Bestimmen der aktuellen physischen Verfassung der Hinterachslenkung erfolgen.

Bei einigen dieser Ausführungsformen definiert der Referenzbetriebszustand eine vor bestimmte Referenzausnutzung des Betriebsbereichs und das Bestimmen der aktuel len physischen Verfassung der Hinterachslenkung erfolgt auf Basis eines Vergleichs der erfassten aktuellen Ausnutzung des Betriebsbereichs des Aktors mit der Refe- renzausnutzung. Dabei werden die aktuelle Ausnutzung und die Referenzausnutzung jeweils auf den bzw. die gleichen Betriebsparameter der Hinterachslenkung und deren gleiche Werte bezogen. Der Vergleich kann somit insbesondere auf Basis (i) eines sensorisch leicht erfassbaren Zustandswerts für den aktuellen Betriebszustand (z.B. aktuelle Stromaufnahme und/oder Leistung des Aktors bei einer aktuellen Längsge schwindigkeit und einer aktuellen Lenkwinkelgeschwindigkeit und aktuellem Lenkwin kel), also auf Basis des aktuellen Gesamtzustands, sowie (ii) eines dazu korrespondie renden Zustandswerts für den Referenzbetriebszustand (z.B. spezifizierter oder vorab gemessener und gespeicherter Wert für die Stromaufnahme des Aktors bei derselben Längsgeschwindigkeit und derselben Lenkwinkelgeschwindigkeit und demselben Lenkwinkel) erfolgen.

Bei einigen Ausführungsformen stellt die Referenzausnutzung einen Betriebspunkt auf einer auf den Betriebsbereich bezogenen Kennlinie oder mehrdimensionalen Kennflä che für die Ausnutzung des Aktors dar, wobei für jeden Betriebspunkt auf dieser Kenn- linie oder Kennlinienfläche der Aktor eine Rückstellung der Hinterachse aus einer ei nem von Null verschiedenen Lenkwinkel entsprechenden Stellung in eine nichtausge- lenkte Stellung gewährleisten kann, während er dies nicht mehr für jede Ausnutzung oberhalb dieser Kennlinie bzw. dieser Kennlinienfläche gewährleisten kann. Die Kenn linie bzw. Kennlinienfläche stellt somit eine Grenzkennlinie bzw. Grenzkennlinienfläche dar, die für den betrachteten Betriebsparameterbereich einen unteren Ausnutzungsbe reich, in dem eine Rückstellung stets noch möglich ist von einem oberen Ausnut zungsbereich, in dem eine Rückstellung nicht mehr immer möglich ist, separiert. Die durch die Kennlinie bzw. Kennlinienfläche bestimmte Referenzausnutzung ist somit bei diesen Ausführungsformen so gewählt, dass sich daraus ein maximal möglicher Nut- zungsbereich für die Hinterachslenkung auch bei kleinen Geschwindigkeiten und höhe ren Lenkwinkelgeschwindigkeiten ergibt, in dem dennoch die Rückstellbarkeit der Hin terachse durch den Aktor stets gewährleistet ist. Bei einigen Ausführungsformen ist dabei die Referenzausnutzung über alle relevanten Betriebspunkte auf eine konstante physische Verfassung der Hinterachslenkung bezogen, was vor allem dann eine gute Näherung darstellt, wenn die reale physische Verfassung selbst zumindest nähe rungsweise konstant ist, und sie sich somit höchstens schleichend, z.B. um kleiner 20%/h innerhalb einer Fahrt, ändert.

Bei einigen Ausführungsformen erfolgt das Bestimmen der aktuellen physischen Ver fassung der Hinterachslenkung mittels eines automatischen Lernprozesses auf Basis einer wiederholten Bestimmung eines jeweiligen aktuellen Betriebszustands der Hin terachslenkung zu verschiedenen Betriebszeitpunkten. So kann die Zuverlässigkeit der Bestimmung der aktuellen physischen Verfassung der Hinterachslenkung erhöht wer den, da etwaige temporär auftretende Störeffekte oder sonstige Ausnutzungsschwan kungen auf diese Weise gedämpft und somit im Sinne bzw. Analogie zu einer „Rau schunterdrückung“ zumindest weitgehend herausgefiltert werden können. Insbesondere kann der Lernprozess zumindest einen der folgenden Schritte aufwei sen:

(i) eine Mittelung über die einzelnen erfassten Betriebszustände und/oder Werte für die aktuelle Ausnutzung zu den verschiedenen Betriebszeitpunkten; (ii) eine laufende Ma ximalwertbildung, bei der der jeweils aktuelle Wert für die physische Verfassung der Hinterachslenkung fortlaufend als der jeweils maximale Wert von zumindest zwei bis lang aufgetretenen Werten für diese physische Verfassung oder in Abhängigkeit von diesem maximalen Wert bestimmt wird. Mit Hilfe der Mittelung wird wiederum die vor genannte „Rauschunterdrückung“ und somit die Robustheit des Verfahrens zur Be stimmung des aktuellen Betriebszustands gefördert. Die Maximalwertbildung führt zu einem Lernen „nach oben“, d.h. einem von einer niedrigen Ausnutzung ausgehenden Näherungsprozess, insbesondere Iterationsprozess, zur Annäherung an einen Ausnut zungswert, der eine tatsächliche aktuelle Ausnutzung zumindest in sehr guter Nähe rung kennzeichnet, wobei somit auch die Berücksichtigung des sogenannte „Worst Case“ erfolgt, bei dem die höchste Widerstand der Hinterräder gegen ihre Zurückstel- lung durch den Aktor in die Geradeausstellung gerade noch gewährleistet werden kann.

Bei einigen Ausführungsformen wird der maximal zulässige Lenkwinkel der Hinterachs lenkung für die einem Stillstand des Fahrzeugs entsprechende Geschwindigkeit auf einen Wert größer Null gesetzt, wenn sich auf Basis der Bestimmung der aktuellen physischen Verfassung der Hinterachslenkung die Voraussage ergibt, dass eine Rück stellung der Hinterachse aus einer diesem von Null verschiedenen Lenkwinkel ent sprechenden Stellung in eine nichtausgelenkte Stellung auch im Stillstand des Fahr zeugs möglich ist. Beispielsweise kann die von der physischen Verfassung der Hinter achslenkung abhängige Obergrenze für das Geschwindigkeit/Lenkwinkel-Paar so festgelegt sein, dass bei einem Bremsmanöver bis hin zum Stillstand des Fahrzeugs der maximale Lenkwinkel wert für alle dabei durchlaufenen Geschwindigkeiten maximal der zugehörigen geschwindigkeitsabhängigen Obergrenze entspricht, wobei diese Obergrenze auch bei kleinen Geschwindigkeitswerten bis hin zu Stillstand größer Null bleibt. So wird der Betriebsbereich, in dem die Hinterachslenkung eingesetzt werden kann, optimiert und insbesondere ihre Verwendung auch im stillstandsnahen Ge- schwindigkeitsbereich, etwa für das Rangieren oder Ein- und Ausparken des Fahr zeugs, ermöglicht.

Dabei kann gemäß einiger dieser Ausführungsformen die Voraussage, ob auf Basis der Bestimmung der aktuellen physischen Verfassung der Hinterachslenkung eine Rückstellung der Hinterachse aus der dem von Null verschiedenen Lenkwinkel ent sprechenden Stellung in eine nichtausgelenkte Stellung auch im Stillstand des Fahr zeugs möglich ist, auf Basis eines Vergleichs der geschätzten aktuellen physischen Verfassung mit einem vordefinierten Grenzwert erfolgen, welcher der bestmöglichen physischen Verfassung entspricht oder darunter liegt. So lässt sich auf einfache Weise feststellen bzw. entscheiden, ob der Hinterachslenkungsbetrieb im stillstandsnahen Geschwindigkeitsbereich ermöglicht sein soll oder nicht.

Bei einigen Ausführungsformen wird die aktuelle Ausnutzung der Hinterachslenkung auf Basis einer Ist-Strom- oder Ist-Leistungsaufnahme oder Ist-Versorgungsspannung im Vergleich zu einer, insbesondere per Spezifikation, maximal möglichen Strom- bzw. Leistungsaufnahme bzw. Versorgungsspannung bestimmt. Dies lässt besonders einfa che und effiziente Implementierungen zu, da die genannten Leistungsaufnahme- bzw. Spannungswerte in der Regel einfach und zugleich zuverlässig gemessen bzw. be stimmt werden können. Bei einigen Ausführungsformen erfolgt die Beschränkung des maximalen Lenkwinkels in Abhängigkeit von der aktuellen physischen Verfassung der Hinterachslenkung nur für Betriebszustände der Hinterachslenkung aus einem ausgewählten Teilbereich (Ab schnitt) des Betriebsbereichs, der zu einer Fahrzeuggeschwindigkeit, einer Lenkwin kelgeschwindigkeit, einem Lenkwinkel oder einer Kombination von zumindest zwei dieser Größen, jeweils unterhalb einer vorbestimmen zugehörigen Grenzschwelle kor respondiert. So wird einerseits eine vollumfängliche Nutzbarkeit der Hinterachslenkung außerhalb des Teilbereichs, insbesondere bei höheren Fahrgeschwindigkeiten und/oder niedrigeren Lenkwinkelgeschwindigkeiten, sichergestellt und andererseits innerhalb des Teilbereichs sichergestellt, dass keine Lenkwinkel für die Hinterachslen- kung auftreten, aus denen im gegebenen Betriebszustand eine Rückstellung der Hin terachslenkung in die Geradeausstellung nicht mehr gewährleistet werden kann.

Die Grenzschwelle für die Fahrzeuggeschwindigkeit wird bei einigen Ausführungsfor men insbesondere kleiner oder gleich 10 km/h, bevorzugt kleiner oder gleich 6 km/h, besonders bevorzugt kleiner oder gleich 3 km/h gewählt. Diese Grenzgeschwindigkei- ten (die insbesondere das übliche Manöverspektrum beim Fahren berücksichtigten, z.B. sowohl quasi-stationäre Manöver als auch starkes Bremsen in der Kurve) haben sich im Hinblick auf den typischen fahrgeschwindigkeitsabhängigen Verlauf der Haft kräfte zwischen Hinterrädern und dem Untergrund als besonders geeignet erwiesen den oben genannten Teilbereich so zu definieren, dass ein möglichst großer Betriebs- bereich für die Hinterachslenkung unter gleichzeitiger Vermeidung der vorgenannten Rückstellproblematik bei zu großen Haftkräften erreicht werden kann.

In einigen Ausführungsformen wird zudem die Grenzschwelle für die Fahrgeschwindig keit variabel in Abhängigkeit von der bestimmten aktuellen physischen Verfassung der Hinterachslenkung gewählt. Während ansonsten die Grenzschwelle im Sinne einer „Worst-Case“-Auslegung in der Regel so hoch zu legen wäre, dass die Rückstellprob lematik auch bei einer gerade noch akzeptablen gegenwärtigen physischen Verfas sung der Hinterachslenkung vermieden wird, kann hier stattdessen bei jeder zulässi gen physischen Verfassung der Hinterachslenkung jeweils der maximale damit verein bare Betriebsbereich zur Nutzung frei gegeben werden. Insgesamt lässt sich so über einen großen Abschnitt der Lebensdauer der Hinterachslenkung ein weiterer Betriebs bereich nutzen als bei der genannten „Worst-Case“-Auslegung.

Bei einigen Ausführungsformen wird der maximal zulässige Lenkwinkel der Hinterachs lenkung zusätzlich auf eine der folgenden Weisen festgelegt: (i) in Abhängigkeit von der Änderungsrichtung der Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs, vom Vorzeichen der Lenkwinkelgeschwindigkeit, oder davon, ob seit dem letzten Fahrzeughalt bereits eine Strecke zurückgelegt wurde; (ii) in Abhängigkeit von einer erfassten aktuellen Be darfsintensität bezüglich der Lenkung des Fahrzeugs; (iii) der betriebsparameterab hängige Verlauf des maximal zulässigen Lenkwinkels im Betriebsbereich entspricht einer Iso-Kraft-Kennlinie bezüglich der auftretenden Lenkkraft auf die Hinterachslen- kung bei diesem Lenkwinkel.

Gemäß der vorgenannten Option (i) kann somit eine erste Gruppe von Fällen, bei de nen eine positive Beschleunigung vorliegt, bei der der Betrag der Fahrzeuggeschwin digkeit zunimmt, wie dies etwa bei Ausparken der Fall wäre, oder bei denen noch keine Strecke seit dem letzten Halt zurückgelegt oder noch kein Lenkwinkel aufgebaut wurde und somit noch mit zwischen den Vorderrädern und den Hinterrädern liegenden Hin dernissen, etwa einer Bordsteinkante, zu rechnen ist, von anderen Fällen unterschie den werden. Insbesondere können solche anderen Fälle zu einer zweiten Gruppe von Fällen gehören, bei denen die Fahrgeschwindigkeit abnimmt oder bereits eine Strecke zurückgelegt wurde oder sich bereits ein Lenkwinkel aufgebaut hat, so dass davon auszugehen ist, dass die Vorderräder bereits den von den Hinterrädern als nächstes zu befahrenden Untergrundbereich passiert haben, so dass dort mit keinen Hindernis sen zu rechnen ist. Insgesamt lässt sich somit ein hysteresebehafteter Verlauf des ma ximal zulässigen Lenkwinkels in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit erreichen, was dazu genutzt werden kann, den verfügbaren Betriebsbereich der Hinterachslen- kung weiter zu optimieren, insbesondere zu maximieren.

Gemäß der vorgenannten Option (ii) kann eine weitere Optimierung des Betriebsbe reichs dahingehend erfolgen, dass im Einzelfall bedarfsabhängig der nutzbare Be triebsbereich in einen eigentlich jenseits seiner bestimmten Grenzen liegenden Be triebsparameterbereich hinein ausgedehnt werden kann. Dies kann insbesondere dann erfolgen, wenn eine erfasste« aktuelle Bedarfsintensität oberhalb eines dazu definier ten Grenzwerts liegt. Die Bedarfsintensität kann insbesondere erfasst werden als ein Torsionsmoment an einer Lenkeinrichtung, typischerweise dem Lenkrad, des Fahr zeugs, wobei die Erfassung kontinuierlich oder in diskreten Stufen erfolgen kann. Eine andere Möglichkeit der Erfassung der Bedarfsintensität kann darin liegen, dass Hin- dernisse detektiert werden, die unter Einsatz der Hinterachslenkung leichter als ohne ihren Einsatz oder überhaupt erst bei Ihrem Einsatz zu umfahren wären. Die Detektion von Hindernissen kann hier insbesondere auf Basis entsprechend hochaufgelöster Kartendaten oder mittels eigener Sensorik des Fahrzeugs, etwa mittels einer Einpark- hilfe-Sensorik (Park Distance Control, PDC) oder eines Kamerasystems, erfolgen. Auch Sonderbereiche, wie etwa Parkflächen, die regelmäßig besonders hohe Anforde rungen an die Lenkfähigkeit des Fahrzeugs stellen können, sind mittels solcher Kar tendaten oder sensorischen Systemen erkennbar und können, wenn sie erkannt wer den, als erhöhte Bedarfsintensität gewertet werden. Zudem kann eine Bedarfsintensität in Abhängigkeit davon erfasst werden, ob eine Recorder- Funktion eines Fahrerassis- tenzsystems zum Einsatz kommt. Bei solchen Funktionen ist es oftmals bedeutend, dass Hindernisse genauso umfahren werden wie bei der vorausgegangenen Aufzeich nung (Recording), wo gegebenenfalls die Fahrgeschwindigkeit größer sein konnte als beim Rückwärtsabspulen (Fahrzeugsteuerung auf Basis der Aufzeichnung, jedoch in umgekehrter zeitlicher Reihenfolge, wie etwa per Aufzeichnung gesteuertes Ausparken nach vorausgehendem Einparkvorgang, der aufgezeichnet wurde).

Gemäß der vorgenannten Option (iii) können die Grenzen des aktuell nutzbaren Be triebsbereichs mittels der Iso-Kraft-Kennlinie so gewählt werden, dass die zu dieser Kennlinie korrespondierende Kraft für alle Arbeitspunkte innerhalb des durch die Grenzlinie eingeschlossenen Betriebsbereichs kleiner oder gleich der maximalen Kraft ist, die der Aktor zur Zurückstellung der Hinterachslenkung in die Geradeausfahrtstel- lung aufbringen kann. So kann auf einfache Weise eine hohe Zuverlässigkeit bezüglich einer sicheren Rückstellbarkeit der Hinterachslenkung erreicht werden.

Bei einigen Ausführungsformen weist das Verfahren des Weiteren zumindest eine der folgenden Maßnahmen auf: (i) die Begrenzung des Lenkwinkels auf den maximal zu- lässigen Lenkwinkel beim Ansteuern der Hinterachslenkung kommt nur dann zu An wendung, wenn der Lenkwinkel eine definierte Mindestauslenkung überschreitet; (ii) die maximal vom Aktor angewandte Lenkwinkelgeschwindigkeit für die Hinterachslen kung wird in Abhängigkeit von der aktuellen Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs fest gelegt. Die Verwendung einer Mindestauslenkungsgrenze nach Maßnahme (i) erlaubt es, die Beschränkung des Lenkwinkels nur soweit durchzuführen als sie erforderlich ist, um die Rückstellung der Hinterachslenkung zumindest bis auf diese Mindestauslenkung zu erreichen, welche insbesondere so festgelegt werden kann, dass sie normalerweise von einem fahrzeugexternen Betrachter, nicht oder nur mit geringer Wahrscheinlichkeit (z.B. < 25 %, bevorzugt < 10 %) überhaupt visuell wahrgenommen wird. Auch dies ermöglicht eine Vergrößerung und somit Optimierung des nutzbaren Betriebsbereichs der Hinterachslenkung, da die oft besonders hohen Kräfte zur vollständigen Rückstel lung auf der Hinterachslenkung exakt auf Geradeausfahrt (Lenkwinkel 0°) vermieden werden können. Ein zweiter Aspekt der Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur Steuerung einer Hinter achslenkung eines Fahrzeugs mit einer lenkbaren Hinterachse, wobei die Vorrichtung eingerichtet ist, das Verfahren gemäß dem ersten Aspekt der Erfindung auszuführen. Die Vorrichtung kann insbesondere als Computer- bzw. prozessorgestütztes Steuerge rät ausgebildet sein. Ein dritter Aspekt der Erfindung betrifft ein Computerprogramm, mit Anweisungen, die bei ihrer Ausführung auf einer Vorrichtung gemäß dem zweiten Aspekt der Erfindung, diese veranlassen, das Verfahren gemäß dem ersten Aspekt der Erfindung auszufüh ren.

Das Computerprogramm kann insbesondere auf einem nichtflüchtigen Datenträger gespeichert sein. Bevorzugt ist dies ein Datenträger in Form eines optischen Datenträ gers oder eines anderen nicht-flüchtigen Speichers, wie etwa eines Flashspeichermo duls. Dies kann vorteilhaft sein, wenn das Computerprogramm als solches unabhängig von einer Prozessorplattform gehandelt werden soll, auf der das ein bzw. die mehreren Programme auszuführen sind. In einer anderen Implementierung kann das Computer programm als eine Datei auf einer Datenverarbeitungseinheit, insbesondere auf einem Server vorliegen, und über eine Datenverbindung, beispielsweise das Internet oder eine dedizierte Datenverbindung, wie etwa ein proprietäres oder lokales Netzwerk, herunterladbar sein. Zudem kann das Computerprogramm eine Mehrzahl von zusam menwirkenden einzelnen Programmodulen aufweisen.

Die Vorrichtung nach dem zweiten Aspekt der Erfindung kann entsprechend einen Programmspeicher aufweisen, in dem das Computerprogramm abgelegt ist. Alter nativ kann die Vorrichtung auch eingerichtet sein, über eine Kommunikationsver bindung auf ein extern, beispielsweise auf einem oder mehreren Servern oder an deren Datenverarbeitungseinheiten verfügbares Computerprogramm zuzugreifen, insbesondere um mit diesem Daten auszutauschen, die während des Ablaufs des Verfahrens bzw. Computerprogramms Verwendung finden oder Ausgaben des Computerprogramms darstellen.

Ein vierter Aspekt der Erfindung betrifft ein Fahrzeug mit einer lenkbaren Hinterachse, wobei das Fahrzeug zur Steuerung seiner Hinterachse eine Vorrichtung gemäß dem zweiten Aspekt der Erfindung aufweist. Idealerweise weist das Fahrzeug auch eine lenkbare Vorderachse auf, so dass die Hinterachse dann in der Regel nicht als Haupt sondern nur als Zusatzlenkung fungiert.

Die in Bezug auf den ersten Aspekt der Erfindung erläuterten Merkmale und Vorteile gelten entsprechend auch für die weiteren Aspekte der Erfindung.

Weitere Vorteile, Merkmale und Anwendungsmöglichkeiten der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden detaillierten Beschreibung im Zusammenhang mit den Figuren.

Dabei zeigt:

Fig. 1 schematisch ein beispielhaftes Fahrzeug mit einer Hinterachslenkung ein schließlich einer Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung zur Steuerung der Hinterachslenkung;

Fig. 2 ein Flussdiagramm zur Veranschaulichung einer beispielhaften Ausführungs form des erfindungsgemäßen Verfahrens; Fig. 3 eine schematische Darstellung einer Parametrisierung des Betriebsbereichs einer Hinterachslenkung mittels eines entsprechenden Koordinatensystems einschließ lich einer darin eingezeichneten Referenzkennlinienfläche;

Fig. 4 eine zweidimensionale Darstellung des Kennlinienfelds gemäß Fig. 3 zur Dar- Stellung eines Lernbereichs für die Bestimmung einer aktuellen Ausnutzung, hier am Beispiel eines Referenz-Lenkwinkels von 1°;

Fig. 5 eine zeitliche Entwicklung der Ausnutzung zur Illustration eines im Zusammen hang mit der Erfindung einsetzbaren Lernprozesses für die Bestimmung eines aktuel len Ausnutzungsgrads A, insbesondere im Hinblick auf eine darauf beruhende Be- Stimmung einer aktuellen physischen Verfassung der Hinterachslenkung;

Fig. 6 eine graphische Illustration zweier verschiedener Anwendungsfälle (Use Cases) für den Betrieb einer Hinterachslenkung; und

Fig. 7 eine Darstellung des Verlaufs einer den nutzbaren Betriebsbereich der Hinter achslenkung festlegenden Kennlinie für den maximalen Lenkwinkel in Abhängigkeit von der Längsgeschwindigkeit des Fahrzeugs, insbesondere in Abhängigkeit von den beiden Anwendungsfällen aus Fig. 6.

In den Figuren werden durchgängig dieselben Bezugszeichen für dieselben oder ei nander entsprechenden Elemente der Erfindung verwendet.

In Fig. 1 ist ein beispielhaftes Fahrzeug 1 dargestellt, welches über zwei lenkbare Vor- derräder 2a und zwei mittels einer Hinterachslenkung ebenfalls lenkbare Hinterräder 2b verfügt. Die Hinterachslenkung weist insbesondere eine Steuervorrichtung 3 auf, welche wiederum eine Prozessorplattform 3a sowie einen Speicher 3b aufweist, der insbesondere als Programm- und Datenspeicher dient. In dem Speicher 3b ist ein Computerprogramm abgelegt, das bei seiner Ausführung auf der Prozessorplattform 3a diese veranlasst, das erfindungsgemäße Verfahren, insbesondere wie nachfolgend unter Bezugnahme auf die in Fig. 2 beispielhaft gezeigte Ausführungsform beschrie ben, auszuführen. Im Rahmen des Verfahrens empfängt die Steuervorrichtung 3 Messdaten von einer Sensorvorrichtung 5 des Fahrzeugs 1, die selbst eine oder meh rere Sensoren aufweisen kann. Die Messdaten betreffen die im Rahmen des Verfah- rens erforderlichen Informationen zum aktuellen Fahrzeug- und speziell auch Hinter achslenkungszustand, wie insbesondere den Betrag der Fahrzeug(längs- )geschwindigkeit Vx und deren Änderungsrichtung Rx, Lenkwinkel L, Lenkwinkelge- schwindigkeit VL, Bedarfsintensität (Lenkradtorsionsmoment) B, und die Ist- Stromaufnahme I i st des Aktors 4, letztere jedenfalls dann, wenn diese Information nicht selbst vom Aktor 4 bereitgestellt wird.

Das in Fig. 2 dargestellte Verfahren 100 zur Steuerung einer Hinterachslenkung eines Fahrzeugs, beispielsweise des Fahrzeugs 1 aus Fig. 1, kann insbesondere von einer Steuerungsvorrichtung für eine Hinterachslenkung ausgeführt werden, beispielsweise von der Steuervorrichtung 3 aus Fig. 1. Im Folgenden wird daher, ohne dass dies je doch als Beschränkung aufzufassen wäre, zum Zwecke der besseren Illustration des Verfahrens 100 auf das Fahrzeug 1 aus Fig. 1 Bezug genommen. Im Rahmen des Verfahrens empfängt die Vorrichtung 3 die vorausgehend beschriebe nen, von der Sensorvorrichtung 5 des Fahrzeugs 1 erfassten Messdaten für die Grö ßen Vx, Rx, L, VL, h st und B. In einem weiteren Schritt 110 wird überprüft, ob diese Messwerte jeweils in einem zugeordneten Gültigkeitsbereich liegen. Ist dies der Fall (110 - ja), wird das Verfahren mit dem nächsten Schritt 115 fortgeführt. Andernfalls (110 - nein) springt das Verfahren zum Ausgangspunkt zurück und wird sodann erneut durchlaufen. So kann verhindert werden, dass offensichtlich fehlerhafte Messwerte im Rahmen des weiteren Verfahrens zur Bestimmung des maximalen Lenkwinkels für die Hinterachslenkung herangezogen werden.

Im Schritt 115 werden aus dem Speicher 3b dort abgelegte Werte für die spezifizierte maximale Stromaufnahme ax des Aktors 4 und die Referenzausnutzung A n0 rm(Vx, VL) gelesen, wobei die Referenzausnutzung als Funktion der Längsgeschwindigkeit Vx und der Lenkwinkelgeschwindigkeit VL definiert ist, und im Speicher 3b beispielsweise mittels einer entsprechenden dort abgelegten Wertetabelle repräsentiert sein kann.

Nun wird zunächst in einem Schritt 120 gemäß der nachstehenden Beziehung (1) eine aktuelle Ausnutzung Ai St (Vx,VL) des Aktors 4 bei der aktuellen Längsgeschwindigkeit Vx und der aktuellen Lenkwinkelgeschwindigkeit VL als Verhältnis der zugehörigen aktuellen ist Stromaufnahme L t (Vx, VL) zur maximalen Stromaufnahme Lax bestimmt und im Speicher 3b abgelegt:

Ais t (Vx,VL) = l ist (Vx, VL) / l m ax (1)

Der Wert für die maximale Stromaufnahme L ax kann insbesondere auch als Funktion bzw. in Abhängigkeit von einem Spannungswert der zugehörigen Versorgungsspan nung festgelegt sein. Der zeitliche Verlauf der Größe Ai St (Vx,VL) kann in der Praxis deutlichen zeitlichen Schwankungen unterliegen. Diese können sich insbesondere dann ergeben, wenn das Fahrzeug 1 im Verlaufe einer Fahrt eine oder mehrere Kur venfahrten auf verschiedenen Untergründen unter Verwendung der Hinterachslenkung durchführt, sodass verschiedene Reibungskoeffizienten der verschiedenen Untergrün- 5 den oder mechanische Schwingungen zu variierenden Kräften auf die Hinterräder 2b und somit auch auf den Aktor 4 führen. Um derartige Schwankungen im Hinblick auf einen möglichst rucklosen Betrieb der Hinterachslenkung zu glätten, wird in einem wei teren Schritt 125 eine Mittelung über den aktuellen Wert sowie die jeweils letzten N zuvor ermittelten Werte für die Größe Ai St (Vx,VL) durchgeführt, um einen entsprechen de ) den Mittelwert (Ai St (Vx,VL)) zu erhalten.

Auf Basis dieses aktuellen Mittelwerts (A ist (Vx, VL)) neu sowie des im vorausgegange nen Verfahrensdurchlauf auf gleiche Weise bestimmten bisherigen Mittelwerts (Ai st (Vx, VL)) ait kann nun in einem Schritt 130 ein Wert PV zur Charakterisierung der aktuellen physischen Verfassung der Hinterachslenkung gemäß der nachfolgenden 15 Beziehung (2) berechnet werden. Dazu wird der größere der beiden genannten Mittel werte für die aktuelle Ist-Ausnutzung Ai st ins Verhältnis zur Referenzausnutzung für dieselben Werte der Größen Vx und VL gesetzt:

Nun kann in einem Schritt 135 ein gegenwärtig gültiger maximaler Lenkwinkel 20 Lm ax (Vx, VL) für die Hinterachslenkung in Abhängigkeit von dem bestimmten Wert für PV sowie den vorausgehend empfangenen Werten für die Änderungsrichtung Rx und die Bedarfsintensität B festgelegt werden. Zusätzlich kann auch eine maximale Lenk winkelgeschwindigkeit VLm ax (Vx) in Abhängigkeit von der Längsgeschwindigkeit Vx festgelegt werden. Für beide genannten Festlegungen kann insbesondere eine im 25 Speicher 3b abgelegte Lookup-Tabelle verwendet werden, welche die jeweiligen Ein gangsgrößen mit den gesuchten Ausgangsgrößen in Relation setzt. Liegt der tatsächli che Lenkwinkel L oberhalb des entsprechenden maximalen Lenkwinkels L max zu einem gegebenen Betriebspunkt des Betriebsparameterbereichs, so kann dies als Feststel lung dahingehend gewertet werden, dass in diesem Betriebspunkt eine Rückstellung 30 der Hinterräder 2b aus diesem Lenkwinkel nicht gewährleistet werden kann. Diese Fragestellung ist insbesondere für zu einem Fahrzeugstillstand korrespondierende Betriebspunkte relevant, da somit geprüft werden kann, ob im Stillstand eine Rückstel lung in die Geradeausstellung überhaupt noch zuverlässig möglich ist. Schließlich kann in einem Schritt 140 die Steuervorrichtung 3 auf Basis der vorgenann ten Festlegungen den Aktor 4 so ansteuern, dass er den tatsächlicher Lenkwinkel der Hinterachslenkung so beschränkt, dass er kleiner oder gleich dem festgelegten maxi malen Lenkwinkel L max (Vx, VL) ist und zugleich auch die tatsächliche Lenkwinkelge- schwindigkeit VL durch die maximale Lenkwinkelgeschwindigkeit VL max (Vx) begrenzt ist. Sodann springt das Verfahren im Rahmen einer Schleife zum Ausgangspunkt zu rück und wird erneut durchlaufen.

Fig. 3 zeigt eine Kennlinienfläche für die Referenzausnutzung aber A n0rm (Vx, VL) in Abhängigkeit von der Längsgeschwindigkeit Vx und der Lenkwinkelgeschwindigkeit VL. Die Referenzausnutzung A n0rm ist dabei auf einem endlichen Teilbereich (bzw. Ausschnitt) des durch Vx und VL aufgespannten Betriebsparameterbereichs definiert, und zwar so, dass A n0rm stets Werte kleiner gleich „1“ (=100%) aufweist und hier insbe sondere nur an einem einzigen Arbeitspunkt innerhalb des genannten Teilbereichs des Betriebsparameterbereichs den Wert „1“ erreicht. Dieser Punkt ist derjenige Betriebs- punkt in dem genannten Teilbereich mit minimaler Längsgeschwindigkeit Vx und ma ximaler Lenkwinkelgeschwindigkeit VL, was typischerweise zur größtmöglichen Haft kraft der Räder auf dem Untergrund für alle Betriebspunkte innerhalb des Teilbereichs korrespondiert.

Der Teilbereich ist hier beispielhaft entlang der Vx-Achse durch den Wert 6 km/h be- grenzt, wobei selbstverständlich auch andere Werte gesetzt werden können. Allerdings hat sich gezeigt, dass Werte aus dem Bereich von 3 km/h bis 6 km/h jeweils eine be sonders sinnvolle Grenze darstellen, da sich die vorausgehend beschriebene Rück stellproblematik in der Praxis typischerweise vor allem in einem Geschwindigkeitsbe reich unterhalb dieser Werte zeigen kann und da oberhalb dieser Grenzwerte liegende Geschwindigkeitswerte von etwaigen Querbeschleunigungen des Fahrzeugs 1 stark beeinflusst werden können. Gleichermaßen kann der Teilbereich entlang der Lenkwin kelgeschwindigkeitsdimension aus den gleichen Gründen insbesondere auf einen Wert von ca. 3°/s begrenzt sein.

Die Kennlinienfläche für die Referenzausnutzung A n0rm (Vx, VL) legt somit bei einer ge- gebenen physischen Verfassung eine Grenzfläche innerhalb des Betriebsparameter raums fest, bei der gerade noch für alle Betriebspunkte ein zurückstellen der Hinter achslenkung in die Geradeausstellung gewährleistet ist. Für auf den jeweiligen Be triebspunkt bezogen höhere Ausnutzungsgrade kann dies dagegen nicht mehr für je den Betriebspunkt garantiert werden, insbesondere nicht für niedrige Längsgeschwin- digkeiten Vx und/oder hohe Lenkwinkelgeschwindigkeiten VL innerhalb des genannten Teilbereichs des Betriebsparameterbereichs.

Fig. 4 zeigt ein Kennlinienfeld in Form mehrerer zweidimensionaler Schnitte durch das Kennlinienfeld aus Fig. 3. Hierbei wird die Abhängigkeit der Ausnutzung entlang der Dimension der Lenkwinkelgeschwindigkeit VL betrachtet, während die entsprechenden Kennlinien von A n0rm (Vx, VL) für verschiedene Längsgeschwindigkeiten Vx als entspre chende einzelne Kennlinien eingezeichnet sind. In der Darstellung ist insbesondere gut zu erkennen, dass die Ausnutzung umso niedriger ausfällt, je höher die Längsge schwindigkeit Vx ist, da höhere Längsgeschwindigkeiten Vx in der Regel zu einer ge- ringeren Haftung bzw. Bohrreibung zwischen Hinterrad 2b und Untergrund führen und dementsprechend der Aktor 4 weniger Energie für den Lenkvorgang aufbringen muss.

In Fig. 4 ist außerdem die Haftgrenze H in Bezug auf die Lenkwinkelgeschwindigkeit VL eingezeichnet, oberhalb der die Haft- bzw. Reibungskräfte so groß werden, dass der Aktor 4 nicht mehr sicherstellen kann, dass die Hinterräder 2B gemäß der Ansteue- rung ausgelenkt bzw. zurückgestellt werden, insbesondere in die Geradeausstellung zurückgestellt werden können. Bei einem niedrigeren Ausnutzungsgrad ergibt sich dagegen bei kleinen Lenkwinkelgeschwindigkeiten VL eine gewisse Ausnutzungsre serve R (hier am Beispiel der Kennlinie zum kleinsten Wert von Vx illustriert). Dement sprechend ist der unter der jeweiligen Kennlinie und unterhalb der Haftgrenze liegen- de, schraffiert dargestellte Ausschnitt des Betriebsparameterbereichs als Lernbereich W für die Bestimmung einer aktuellen Ausnutzung Ai st im Rahmen des unter Bezug nahme auf Fig. 2 beschriebenen iterativen Verfahrens 100 vorgesehen (der gesamte schraffierte Bereich korrespondiert hier zu der obersten der dargestellten Kennlinien, d.h. derjenigen zum kleinsten Wert von Vx). Fig. 5 zeigt hierzu den zeitlichen Verlauf eines entsprechenden Lernprozesses, wobei aufeinanderfolgende Lernereignisse zum Quotient Wert (Ai st (t))/A n0 rm als schwarze Punkte eingezeichnet sind. Das Lernen auf Basis aufeinanderfolgender Messungen und Bestimmungen von <A St (t)> ist erfolgt hier aufgrund der Maximalwertbildung im Schritt 130 des Verfahrens 100 „von unten“ her. Das bedeutet, dass jedenfalls im Rahmen der jeweils letzten beiden Messungen nur solche Lernereignisse für die Be stimmung der physischen Verfassung PV der Hinterachslenkung berücksichtigt wer den, die zu einem maximalen Wert von < A St (t) ) gehören. Es ist allerdings auch möglich, für die Maximalwertbildung eine größere Anzahl zurückliegender Werte für <A St (t)) als nur zwei zu verwenden. Zudem kann festgelegt werden, dass PV grundsätzlich eine monoton wachsende Größe sein muss, d.h. dass jeder neue Wert für PV größer oder gleich dem vorherigen Wert von PV sein muss.

Fig. 6 zeigt eine graphische Illustration zweier verschiedener Anwendungsfälle (Use Cases) für den Betrieb der Hinterachslenkung die nachfolgend unter Bezugnahme auf die Fig. 7A bzw. 7b im Einzelnen erläutert werden. Der erste Anwendungsfall „1“ betrifft eine gewöhnliche Kurvenfahrt des Fahrzeugs 1, wobei die Hinterräder 2b im Wesentli chen, d. h. im Rahmen der bei einer Hinterachslenkung üblichen Abweichungen, der Spur der Vorderräder 2b folgen. Bei diesem Fall haben dementsprechend die Vorder räder 2a seit dem letzten Losfahren aus dem Stillstand in Vorwärtsrichtung bereits eine Strecke zurückgelegt.

Der zweite Anwendungsfall „2“ betrifft dagegen eine aus Parksituation, bei dem das an einem Bordstein geparkte Fahrzeug 1 aus dem Stillstand mit zumindest teilweise aus gelenkter Hinterachslenkung in eine Vorwärtsfahrt übergehen soll. Hier ist folglich seit dem letzten Stillstand noch keine Strecke zurückgelegt worden, sodass die Gefahr besteht, dass die Hinterräder 2b auf ein noch nicht von den Vorderrädern 2b überfah renes Hindernis, hier konkret die Bord stein kante, auffahren könnten.

Das Diagramm in Fig. 7A illustriert beispielhaft verschiedene Zonen A, B1, B2, C und D des Betriebsparameterbereichs einer Hinterachslenkung im Hinblick auf die Längs geschwindigkeit Vx und den maximalen Lenkwinkel L max bei einer gegebenen maxima- len Lenkwinkelgeschwindigkeit VL. Die genannten Zonen sind dabei durch die ver schieden gekennzeichneten Kennlinien KA, KBI , K ß 2bzw. Kc voneinander separiert.

Die erste Kennlinie K A (durchgezogen) grenzt die Zone A zu niedrigeren Längsge schwindigkeiten Vx sowie zu einem systembedingt maximal möglichen Lenkwinkel, der hier beispielhaft 3° betragen soll, hin ab. Innerhalb dieser Zone A ist die Längsge- schwindigkeit Vx stets so groß, dass eine Rückstellung der Hinterachslenkung in die Geradeausstellung für jeden Arbeitspunkt unter Berücksichtigung aller üblichen Fahr- manöve.r einschließlich insbesondere einem Bremsen in der Kurve, möglich ist. Bei niedrigeren Längsgeschwindigkeiten jenseits der Kennlinie K A kann dies jedoch nicht mehr gewährleistet werden, sodass ab einer Grenzgeschwindigkeit, die hier beispiel- haft bei 3 km/h liegt, die Hinterachslenkung zwangsläufig in Geradeausstellung ge bracht wird, um eine nachfolgende Situation jenseits der Zone A zu vermeiden, in der das Zurückstellen der Hinterräder 2b in die Geradeausstellung nicht mehr, insbesonde re nicht mehr aus dem Stillstand, möglich ist. Bei bekannten Lösungen ist eine derarti ge Kennlinie K A fest vorgegeben, ohne dass dazu jedoch die physische Verfassung der Hinterachslenkung zuvor bestimmt und die Kennlinie K A in Abhängigkeit davon festge legt wird.

Erfindungsgemäß, insbesondere auch im Rahmen des Verfahrens 100 aus Fig. 2, wird jedoch die physische Verfassung der Hinterachslenkung bestimmt und in Abhängigkeit davon ein maximaler Lenkwinkel L max (PV) bestimmt, der durch eine entsprechende Kennlinie im Diagramm aus Fig. 7A dargestellt werden kann. Ein Beispiel dafür ist die gepunktete dargestellte Kennlinie KBI , welche eine Zone B1 rechts von ihr (einschließ lich der Zone A) definiert. Innerhalb dieser Zone B1 gilt das bereits vorausgehend zu Zone A Gesagte, d. h. für alle Betriebspunkte innerhalb der Zone B1 ist in diesem Fall richtungsunabhängig stets eine Rückstellung der Hinterräder 2B in die Geradeausstel lung möglich. Die genaue Lage der Kennlinie K BI hängt vom aktuellen Wert für die phy sische Verfassung PV ab.

Ein weiteres Beispiel für eine erfindungsgemäße Lösung ist in Fig. 7A anhand einer dritten Kennlinie K B 2 illustriert (gestrichelt), welche eine Zone B2 rechts von ihr (ein- schließlich der Zonen B1 und A) definiert. Wie bei der Kennlinie K BI hängt auch die Lage der Kennlinie K B 2 vom aktuellen Wert für die physische Verfassung PV ab, der sich im gezeigten Beispiel von demjenigen für die Kennlinie K BI unterscheidet. Die Kennlinie K B 2 steigt bis zum größten überhaupt möglichen Lenkwinkel an, wobei jedoch die Steigung der Kennlinie nicht konstant verläuft. Insbesondere kann sie - wie gezeigt - bei etwas höheren Längsgeschwindigkeiten Vx (im Beispiel ab ca. 2,8 km/h) flacher verlaufen als bei darunter liegenden Längsgeschwindigkeiten Vx.

Allerdings stellt die zu ansteigenden Längsgeschwindigkeiten Vx korrespondierende Kennlinie K B 2 nur einen ersten Ast einer Gesamtkennlinie dar, welche eine Hysterese, d. h. einen vom jeweiligen vorausgehenden Zustand abhängigen Verlauf, zeigt. Die gesamte Kennlinie weist nämlich auch einen zweiten Ast Kc auf, der zu abnehmenden Längsgeschwindigkeiten Vx korrespondiert und nicht mit dem ersten Ast deckungs gleich ist. Zwischen diesen beiden Ästen ist eine weitere Zone C aufgespannt, die an ders als die Zonen A, B1 und B2 nur bei abnehmenden Längsgeschwindigkeiten Vx einen erlaubten Bereich für den Lenkwinkel L darstellt. Das bedeutet, dass hier bei abnehmender Längsgeschwindigkeit größere Lenkwinkel L erlaubt werden, als bei ansteigender Geschwindigkeit. Insbesondere kann dieser Unterschied im Zusammen hang mit den beiden Anwendungsfällen aus Figur 6 zur Anwendung kommen. Da in dem zur Kennlinie Kc korrespondierenden Anwendungsfall “1“ anders als in dem zur Kennlinie K B 2 korrespondierenden Anwendungsfall “2“ nicht mit einem auf die Hinterrä- der 2B wirkenden Hindernis zu rechnen ist, kann hier der maximale Lenkwinkel L max höher gewählt werden als im Anwendungsfall 2

Der zweite Ast Kc der Kennlinie definiert zugleich eine links davon liegende verbotene Zone D, die einen Lenkwinkelbereich abdeckt, der nicht zulässig ist. Das bedeutet, dass die Steuerungsvorrichtung mittels einer entsprechenden Ansteuerung des Aktors 4 dafür sorgt, dass der tatsächliche Lenkwinkel L nicht in den Bereich der Zonen D gelangt. In Ausnahmefällen kann dies dennoch fallweise erlaubt werden, insbesondere dann, wenn auf Basis eines Vergleichs der erfassten Bedarfsintensität B, insbesondere eines über einer definierten zugehörigen Schwelle liegenden hohen Lenkradtorsions- momentes, ein expliziter Fahrerwunsch dahingehend erkannt wird, den Lenkwinkel dennoch in diese Zone D hinein zu bewegen. Wie schon vorausgehend beschrieben, sind auch andere Möglichkeiten zur Festlegung einer entsprechend hohen Bedarfsin tensität B möglich, beispielsweise eine automatische Hinderniserkennung. Die Ge samtkennlinie oder ein oder mehrere Abschnitte davon können insbesondere in Form einer Iso-Kraftkennlinie definiert werden, so dass entlang der Kennlinie bzw. des oder der jeweiligen Abschnitte die auf die Hinterachslenkung bei ihrer Betätigung bei einer gegebenen Lenkwinkelgeschwindigkeit VL wirkende von der Haftung der Hinterräder auf dem Untergrund ausgehend Gegenkraft konstant verläuft.

Zusätzlich zur Begrenzung des Lenkwinkels L auf einen Maximalwert L max (Vx, VL) ist auch eine Begrenzung der Lenkwinkelgeschwindigkeit VL selbst möglich. Dies ist in Fig. 7B illustriert, wo die maximale zugelassene Lenkwinkelgeschwindigkeit VL max als Kennlinie in Abhängigkeit von der Längsgeschwindigkeit Vx festgelegt wird. In diesem Beispiel ist der konstruktionsbedingt maximal erlaubte Wert für die Lenkwinkelge schwindigkeit exemplarisch bei 1°/s festgelegt. In allen vorgenannten Fällen kann zudem festgelegt sein, dass die automatische kenn linienbedingte Rückstellung der Hinterräder 2b nur bis zu einem festgelegten von Null, d. h. von der Geradeausstellung, verschiedenen Minimalwinkel hin erfolgt, der so ge wählt ist, dass er typischerweise bei visueller Betrachtung nicht oder nur selten als von der Geradeausstellung abweichend erkannt wird. Auf diese Weise ist es möglich, die Kennlinien zu höheren erlaubten maximalen Lenkwinkeln hin zu verschieben und den zugehörigen Energiebedarf und Verschleiß für die Erreichung einer Geradeausstellung zu vermeiden.

Während vorausgehend wenigstens eine beispielhafte Ausführungsform beschrieben wurde, ist zu bemerken, dass eine große Anzahl von Variationen dazu existiert. Es ist dabei auch zu beachten, dass die beschriebenen beispielhaften Ausführungsformen nur nichtlimitierende Beispiele darstellen, und es nicht beabsichtigt ist, dadurch den Umfang, die Anwendbarkeit oder die Konfiguration der hier beschriebenen Vorrichtun gen und Verfahren zu beschränken. Vielmehr wird die vorausgehende Beschreibung dem Fachmann eine Anleitung zur Implementierung mindestens einer beispielhaften Ausführungsform liefern, wobei sich versteht, dass verschiedene Änderungen in der Funktionsweise und der Anordnung der in einer beispielhaften Ausführungsform be schriebenen Elemente vorgenommen werden können, ohne dass dabei von dem in den angehängten Ansprüchen jeweils festgelegten Gegenstand sowie seinen rechtli- chen Äquivalenten abgewichen wird.

BEZUGSZEICHENLISTE

1 Fahrzeug

2a Vorderräder

2b Hinterräder

3 Steuervorrichtung der Hinterachslenkung

3a Prozessorplattform

3b Speicher, insbesondere Daten- und Programmspeicher

4 Aktor der Hinterachslenkung

5 Fahrzeugsensorik

100 - 140 Verfahrensschritte

Aist Ist-Ausnutzung

Anorm Referenzausnutzung

A herkömmlicher Zone richtungsunabhängiger Verfügbarkeit

B1, B2 variabel festlegbarer Zone richtungsunabhängiger Verfügbarkeit

B Bedarfsintensität, z.B. Lenkradtorsionsmoment

C Zone richtungsabhängiger Verfügbarkeit

D verbotene Zone

H Haftgrenze

I ist Ist-Stromaufnahme Imax maximale Stromaufnahme

K A Kennlinie zu Zone A

KBI Kennlinie zu Zone B1

KB2 Kennlinie zu Zone B2

Kc Kennlinie zu Zone C, begrenzt zugleich Zone D

L Lenkwinkel

Lmax maximaler Lenkwinkel

N Anzahl der bei der Mittelung zu berücksichtigenden vorausgegangenen Werte für Ai st

PV physische Verfassung (Gesundheit) der Hinterachslenkung

R Ausnutzungsreserve

Rx Änderungsrichtung der Längsgeschwindigkeit, d.h. Geschwindigkeitssteigerung bzw. -Verringerung t Zeit

VL Lenkwinkelgeschwindigkeit

VLmax maximale Lenkwinkelgeschwindigkeit

Vx Längsgeschwindigkeit

W Lernbereich