DUCKHEIM MATHIAS (DE)
EP3336995A1 | 2018-06-20 | |||
EP3518369A1 | 2019-07-31 |
22 Patentansprüche 1. Computergestütztes Verfahren zur Zustandsschätzung (2) ei- nes Stromnetzes, insbesondere eines Nieder- und/oder Mit- telspannungsnetzes, mittels eines künstlichen neuronalen Net- zes (1), wobei das neuronale Netz (1) einen oder mehrere mit dem Stromnetz technisch assoziierte Eingänge (41) aufweist, und die Zustandsschätzung (2) durch erfasste zeitliche Mess- signale (4) des Stromnetzes, die als Eingänge (41) für das neuronale Netz (1) herangezogen werden, berechnet wird, ge- kennzeichnet dadurch, dass wenigstens die Amplitude (42) ei- ner Harmonischen eines der Messsignale (4) als Eingang (41) für das neuronale Netz (1) verwendet wird. 2. Verfahren gemäß Anspruch 1, gekennzeichnet dadurch, dass die Amplitude (42) der Harmonischen mittels einer Fourier- Transformation (104) des Messsignals (4) ermittelt wird. 3. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, ge- kennzeichnet dadurch, dass zusätzlich ein oder mehrere Ver- hältnisse von Amplituden (42) von Harmonischen des Messsig- nals (4) als Eingänge (41) verwendet werden. 4. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, ge- kennzeichnet dadurch, dass zusätzlich eine oder mehrere An- stiegszeiten (42) und/oder ein oder mehrere Abfallzeiten (42) innerhalb des Messsignals (4) als Eingänge (41) verwendet werden. 5. Verfahren gemäß einem Anspruch 4, gekennzeichnet dadurch, dass die Anstiegszeiten (42) und/oder Abfallzeiten (42) mit- tels eines Pade-Laplace-Verfahrens ermittelt werden, wobei die Anstiegszeiten (42) und/oder Abfallzeiten (42) durch die Pole der Pade-Approximation der Laplace-Transformierten des Messsignals (4) ermittelt werden. 6. Verfahren gemäß Anspruch 5, gekennzeichnet dadurch, dass für die Pade-Approximation die Ordnung [n/(n - 1)] verwendet wird. 7. Verfahren gemäß Anspruch 6, gekennzeichnet dadurch, dass n bis zu einem festgelegten maximalen Wert solange erhöht wird, bis keine weiteren Anstiegszeiten (42) und/oder Abfallzeiten (42) ermittelt werden. 8. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, ge- kennzeichnet dadurch, dass zusätzlich Amplituden (42) von Subharmonischen des Messsignals (4) als Eingänge (41) verwen- det werden. 9. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, ge- kennzeichnet dadurch, dass die Messsignale (4) ein oder meh- rere Spannungssignale, ein oder mehrere Stromsignale, ein o- der mehrere Wirkleistungssignale, und/oder ein oder mehrere Blindleistungssignale des Stromnetzes, umfassen, die zusätz- lich als Eingänge (41) verwendet werden. 10. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, ge- kennzeichnet dadurch, dass die Messsignale (4) an Knotenpunk- ten des Stromnetzes, insbesondere an Umspannwerken und/oder Transformatorenstationen, erfasst werden. 11. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, ge- kennzeichnet dadurch, dass als neuronales Netz (1) ein neuro- nales Netz verwendet wird, welches mittels eines Trainingsda- tensatzes trainiert wurde, der mehrere Amplituden (42) von Harmonischen eines und/oder mehrerer Messignale (4) umfasst, wobei zum Trainieren des neuronalen Netzes (1) die Amplituden (42) der Harmonischen als Eingänge (41) verwendet wurden. 12. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, ge- kennzeichnet dadurch, dass als neuronales Netz (1) ein neuro- nales Netz verwendet wird, welches mittels eines Trainingsda- tensatzes trainiert wurde, der mehrere Anstiegszeiten (42) und/oder Abfallzeiten (42) von einem und/oder mehreren Mess- signalen (4) umfasst, wobei zum Trainieren des neuronalen Netzes (1) die Anstiegszeiten (42) und/oder Abfallzeiten (42) als Eingänge verwendet wurden. 13. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, ge- kennzeichnet dadurch, dass die Zustandsschätzung (2) für ein als Niederspannungsnetz und/oder Mittelspannungsnetz ausge- bildetes Stromnetz erfolgt. 14. Verfahren zum Trainieren eines künstlichen neuronalen Netzes (1) zur Zustandsschätzung (2) eines Stromnetzes, ins- besondere eines Nieder- und/oder Mittelspannungsnetzes, wobei das neuronale Netz (1) einen oder mehrere mit dem Stromnetz technisch assoziierte Eingänge (41) aufweist, und die Zu- standsschätzung (2) durch erfasste zeitliche Messignale (4) des Stromnetzes, die als Eingänge (41) des neuronalen Netzes (1) herangezogen werden, berechnet wird, gekennzeichnet dadurch, dass das Trainieren mittels eines Trainingsdatensat- zes erfolgt, der mehrere Amplituden (42) von Harmonischen, mehrere Anstiegszeiten (2) und/oder mehrere Abfallzeiten (42) eines und/oder mehrerer Messsignale (4) umfasst, wobei zum Trainieren des neuronalen Netzes (1) die Amplituden (42) der Harmonischen, die Anstiegszeiten (42) und/oder die Abfallzei- ten (42) als Eingänge (41) verwendet werden. 15. Künstliches neuronales Netz (1) zur Zustandsschätzung (2) eines Stromnetzes, insbesondere eines Nieder- und/oder Mit- telspannungsnetzes, wobei das neuronale Netz (1) einen oder mehrere mit dem Stromnetz technisch assoziierte Eingänge (41) aufweist, und die Zustandsschätzung (2) durch erfasste zeit- liche Messsignale (4) des Stromnetzes, die als Eingänge (41) des neuronalen Netzes (1) herangezogen werden, mittels des neuronalen Netzes (1) berechnet wird, dadurch gekennzeichnet, dass das neuronale Netz (1) derart ausgebildet ist, dass die Amplitude (42) einer Harmonischen eines der Messsignale (4) als Eingang (41) für das neuronale Netz verwendbar (1) ist. |
Eine solcher lokaler Energiemarkt für den Austausch elektri- scher Energie ist beispielsweise aus dem Dokument EP 3518369 Al bekannt.
Typischerweise werden die Netzzustandsgrößen - wenn überhaupt - bei Niederspannungsnetzen an einzelnen zentralen Messstel- len, wie beispielsweise Trafostationen, erfasst. Hierbei sind jedoch die Netztopologie sowie der Netzzustand des tieferlie- genden Netzes größtenteils unbekannt.
Grundsätzlich könnte der Netzzustand durch Messung der ent- sprechenden Netzzustandsgrößen (Messgrößen), wie Spannung, Strom, Wirkleistung und/oder Blindleistung, an allen vorhan- denen Knotenpunkten des Stromnetzes ermittelt werden. Dies wäre jedoch mit einem hohen Aufwand und hohen Investitionen für Messgeräte, Inbetriebnahme und Konfiguration sowie Be- trieb verbunden, die für die typischen Kostenstrukturen für Mittel- und/oder Niederspannungsnetze zu groß sind.
Vorteilhafter sind Verfahren, die basierend auf wenigen Mess- signalen den Netzzustand schätzen können (Zustandsschätzung; engl. State Estimation). Der Begriff der Zustandsschätzung bezeichnet somit das Abschätzen des aktuellen Netzzustandes auf Basis von Messungen, das heißt Messsignalen.
Grundsätzlich wird versucht basierend auf einem erfassten Summensignal einer Messstelle auf den Verbrauch und/oder die Erzeugung der hinter der Messstelle liegenden Anlagen zu schließen (Disaggregation). Bezeichnet P i (t) beispielsweise die Leistungseinspeisungen verschiedener Anlagen i= 1, so wird ein Summensignal , etwa an einer Trafosta- tion, gemessen. Somit ist eine Disaggregation eine Zuordnung P(t) →(P 1 (t), ...,P N (t)). Eine solche Disaggregation ist jedoch äußerst komplex und stark unterbestimmt, sodass typischer- weise lediglich eine Schätzung bezüglich des Netzzustandes erfolgen kann (Zustandsschätzung).
Für die Zustandsschätzung von Stromnetzen können künstliche neuronale Netze (engl. Artificial Neural Network; abgekürzt ANN), das heißt KIs, verwendet werden.
Der vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein verbessertes Verfahren zur Zustandsschätzung eines Stromnet- zes mittels eines künstlichen neuronalen Netzes bereitzustel- len. Weiterhin ist es die Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein verbessertes Training sowie ein verbessertes künstliches neuronales Netz zur Zustandsschätzung bereitzustellen.
Die Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des unabhängigen Patentanspruches 1, durch ein Verfahren mit den Merkmalen des unabhängigen Patentanspruches 14 sowie durch ein künstliches neuronales Netz mit den Merkmalen des unab- hängigen Patentanspruches 15 gelöst. In den abhängigen Pa- tentansprüchen sind vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiter- bildungen der Erfindung angegeben.
Das erfindungsgemäße computergestützte Verfahren zur Zu- standsschätzung eines Stromnetzes, insbesondere eines Nieder- und/oder Mittelspannungsnetzes, mittels eines künstlichen neuronalen Netzes, wobei das neuronale Netz einen oder mehre- re mit dem Stromnetz technisch assoziierte Eingänge aufweist, und die Zustandsschätzung durch erfasste zeitliche Messignale des Stromnetzes, die als Eingänge für das neuronale Netz her- angezogen werden, berechnet wird, ist gekennzeichnet dadurch, dass wenigstens die Amplitude einer Harmonischen eines der Messsignale als Eingang für das neuronale Netz verwendet wird.
Das erfindungsgemäße Verfahren und/oder eine oder mehrere Funktionen, Merkmale und/oder Schritte des erfindungsgemäßen Verfahrens und/oder einer seiner Ausgestaltungen können com- putergestützt sein. Mittels einer Zustandsschätzung (Netzzustandsschätzung) eines Stromnetzes werden grundsätzlich Zustandsgrößen des Stromnet- zes, insbesondere seine komplexen Spannungswerte sowie Strom- werte, an mehreren Knotenpunkten und/oder Zweigen des Strom- netzes berechnet und abgeschätzt. Dies erfolgt basierend auf Messwerten beziehungsweise Messsignalen der genannten Zu- standsgrößen, die lediglich in einzelnen Bereichen oder an einzelnen Punkten des Stromnetzes erfasst wurden oder erfasst werden.
Vorliegend wird ein künstliches neuronales Netz als neurona- les Netz bezeichnet, sodass unter dem Begriff des neuronalen Netzes stets künstliche neuronale Netze (ANN) verstanden wer- den.
Das neuronale Netz weist wenigstens eine Eingabeschicht (engl. Input Layer), eine oder mehrere verborgene Schichten (engl. Hidden Layers) sowie eine Ausgabeschicht (engl. Output Layer) auf. Die Eingabeschicht des neuronalen Netzes und so- mit das neuronale Netz umfasst mehrere technisch mit dem Stromnetz assoziierte Eingänge. Mit anderen Worten können Werte technischer Größen des Stromnetzes, beispielsweise sei- ne Spannungen an mehreren Knotenpunkten, einem der Eingänge des neuronalen Netzes als Eingabewert zugeführt werden. Mit anderen Worten werden an den Eingängen des neuronalen Netzes Eingangswerte beziehungsweise Eingabewerte angelegt. Die Ein- gänge beziehungsweise die Eingabewerte werden vorliegend we- nigstens teilweise basierend auf zeitlichen Messsignalen des Stromnetzes ermittelt. In Abhängigkeit der genannten Eingänge beziehungsweise der zugehörigen Eingabewerte berechnet das neuronale Netz einen oder mehrere Ausgabewerte. Mit anderen Worten weist das neuronale Netz einen oder mehrere Ausgänge auf. Die Ausgabewerte entsprechen somit einer bestimmten Zu- standsschätzung .
Die Eingänge können somit ebenfalls als Eingangsneuronen und die Ausgänge als Ausgangsneuronen des neuronalen Netzes auf- gefasst werden. Wird somit eine Größe, wie beispielsweise die Amplitude einer Harmonischen, als Eingang des neuronalen Net- zes verwendet, so bedeutet dies in anderen Worten, dass we- nigstens einem Eingabeneuron des neuronalen Netzes der Wert der Größe als Eingabewert zugeführt wird.
Die Amplitude der Harmonischen ist grundsätzlich komplexwer- tig, das heißt diese weist einen Betrag und eine Phase bezie- hungsweise einen Realteil sowie einen Imaginärteil auf. Vor- liegend umfasst der Begriff der Amplitude somit den Betrag der Amplitude, die Phase, den Realteil und den Imaginärteil der Harmonischen. Mit anderen Worten kann die komplexwertige Amplitude, der Betrag der Amplitude, der Realteil und/oder der Imaginärteil der Amplitude der Harmonischen einzeln oder in Kombination als Eingang beziehungsweise Eingänge verwendet werden.
Gemäß der vorliegenden Erfindung wird wenigstens die Amplitu- de einer der Harmonischen eines der Messsignale als Eingang für das neuronale Netz verwendet. Mit anderen Worten weist das neuronale Netz einen Eingang beziehungsweise ein Ein- gangsneuron auf, welchem die Amplitude beziehungsweise der Amplitudenwert der Harmonischen des Messsignals als Eingabe beziehungsweise Eingabewert zugeführt werden kann. Das neuro- nale Netz ist derart ausgebildet und trainiert, dass es die Amplitude der Harmonischen zum Berechnen der Zustandsschät- zung des Stromnetzes berücksichtigt und verwendet. Mit ande- ren Worten werden, gegebenenfalls ergänzend zu den direkt er- fassten Messsignalen, erfindungsgemäß spektrale Daten der Messsignale (Frequenzraum) für die Zustandsschätzung verwen- det.
Weist beispielsweise das als Wechselspannungsnetz ausgebilde- te Stromnetz die Grundfrequenz f 0 auf, beispielsweise 50 Hz oder 60 Hz, so ist eine Harmonische des Messsignals dadurch gekennzeichnet, dass diese eine Frequenz aufweist, die ein ganzzahliges Vielfaches der genannten Grundfrequenz des Stromnetzes ist. Bezeichnet beispielsweise U(t) das zeitliche Messignal der Spannung an einem Knotenpunkt des Stromnetzes für einen bestimmten Zeitbereich, so ist  m = |Û(f = mf 0 )| die Amplitude der m-ten Harmonischen des Zeitsignals, wobei Û(f) die Fourier-Transformierte (Spektralfunktion) des Messignals bezeichnet. Grundsätzlich kann die komplexe Amplitude  m = Û(f = mf 0 ) und/oder deren Realteil  m = Re[Û(f = mf 0 )] oder/oder der Imaginärteil  m = Im[Û(f = mf 0 )]und/oder deren Betrag  m = |Û(f = mf 0 )| und/oder deren Phase als Amplitude im Sinne der vorliegenden Erfindung verwendet werden.
Mit anderen Worten ist es ein Grundgedanke der vorliegenden Erfindung, nicht nur die einzelnen zeitlichen Messsignale U(t) beispielsweise zum Training des neuronalen Netzes und/oder zur Zustandsschätzung heranzuziehen, sondern erfin- dungsgemäß zusätzlich Werte der frequenzabhängigen zugehöri- gen Spektralfunktion des Messsignals Û(f) zu verwenden.
Die Amplituden der Harmonischen des Messsignals sind zur Zu- standsschätzung besonders gut geeignet, da diese charakteris- tisch für nichtlineare Komponenten und/oder Anlagen des Stromnetzes sind. Die Harmonischen bilden somit sinnbildlich eine Art Fingerabdruck für die an das Stromnetz angeschlosse- nen Komponenten und/oder Anlagen aus. Somit wird durch das erfindungsgemäße entsprechend ausgebildete und trainierte neuronale Netz die Zustandsschätzung für das Stromnetz ver- bessert.
Ein weiterer Vorteil der vorliegenden Erfindung ist, dass ei- ne verbesserte Schätzung des Netzzustandes (Zustandsschät- zung) ohne weitere oder größere Installationen beziehungswei- se Investitionen in das Stromnetz erreicht werden kann. Das ist deshalb der Fall, da im Wesentlichen das kumulierte er- fasste Messsignal am jeweiligen Knotenpunkt des Stromnetzes, insbesondere lediglich am nullten Knotenpunkt des Stromnet- zes, beispielsweise an einer Trafostation, ausreichend ist.
Weiterhin ist das erfindungsgemäße Verfahren ressourcenscho- nend, da eine Fourier-Transformation, beispielsweise mittels schneller Fourier-Transformation (engl. Fast Fourier Trans- form; abgekürzt FFT), effizient implementierbar ist, oder be- reits direkt durch die Messeinrichtung, die das Messsignal erfasst und für das neuronale Netz bereitstellt, ausführbar ist.
Die vorliegende Erfindung stellt somit eine verbesserte Netz- zustandsschätzung, insbesondere für stark unterdeterminierte Systeme, wie beispielsweise Mittelspannungs- oder Niederspan- nungsnetze, bereit. Dadurch kann eine verbesserte intelligen- te Regelung des Stromnetzes, insbesondere im Hinblick auf di- gitale Stromnetze, erreicht werden.
Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird die Amplitude der Harmonischen mittels einer Fourier-Trans- formation des Messsignals ermittelt.
Mittels der Fourier-Transformation wird vorteilhafterweise das Spektrum des Messsignals ermittelt. Das Spektrum bezie- hungsweise die aus dem Messsignal ermittelte Spektralfunktion weist für ein Stromnetz typischerweise mehrere Spitzenwerte (engl. Peaks) auf, die den Harmonischen beziehungsweise ihren Amplituden entsprechen. Vorteilhafterweise können mittels der Fourier-Transformation somit die Harmonischen und ihre zuge- hörigen Amplituden schnell und effizient ermittelt werden. Weiterhin können zusätzliche zeitliche und/oder spektrale Filter vorgesehen sein. Beispielsweise wird lediglich ein be- stimmter Zeitbereich für die Fourier-Transformation verwendet und/oder ein bestimmter Frequenzbereich zum Ermitteln der Amplituden der Harmonischen berücksichtigt. Zum Ermitteln o- der Bestimmen der Amplituden kann grundsätzlich jedes bekann- te Verfahren, insbesondere eine FFT, verwendet werden.
In einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung werden zu- sätzlich ein oder mehrere Verhältnisse von Amplituden von Harmonischen des Messsignals als Eingänge verwendet. Mit anderen Worten ist das neuronale Netz derart ausgebildet und trainiert, dass das Verhältnis der Amplituden diesem als Eingabewert für ein Eingabeneuron zugeführt werden kann. Dadurch wird vorteilhafterweise die Zustandsschätzung für das Stromnetz verbessert. Das ist deshalb Fall, da Komponenten und/oder Anlagen des Stromnetzes ein bestimmtes Verhältnis von Amplituden von Harmonischen aufweisen. Mit anderen Worten ist das Verhältnis von Amplituden bestimmter Harmonischer ein verbesserter Fingerabdruck für die jeweiligen Komponenten und/oder Anlagen des Stromnetzes. So gilt beispielsweise für Netzteile |Û 5 /Û o |∈[0.5,0.7], wobei Û 5 die Amplitude der 5-ten Har- monischen und Û o die Amplitude der Grundfrequenz bezeichnet.
Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung werden zusätzlich eine oder mehrere Anstiegszeiten und/oder ein oder mehrere Abfallzeiten innerhalb des Messignals als Eingänge verwendet.
Mit anderen Worten werden aus dem Messsignal ermittelte An- stiegszeiten und/oder Abfallzeiten als Eingabewerte für das neuronale Netz verwendet. Hierbei ist das neuronale Netz wie- derum entsprechend ausgebildet und trainiert, sodass dieses die Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten als Eingabe berück- sichtigen kann. Mit anderen Worten weist das neuronale Netz Eingänge beziehungsweise Eingangsneuronen für die aus dem Messsignal beziehungsweise Messsignalen ermittelten Anstiegs- zeiten und/oder Abfallzeiten auf.
Die Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten werden aus dem Mess- signal ermittelt. Liegen mehrere Messsignale bereit, so kön- nen für jedes Messsignal Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten ermittelt und durch das neuronale Netz berücksichtigt werden. Die Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten sind charakteris- tisch für die an das Stromnetz angeschlossenen Komponen- ten/Anlagen. Beispielsweise weist eine Wärmepumpe eine cha- rakteristische Anstiegszeit auf. Somit bilden die Anstiegs- zeiten und/oder Abfallzeiten einen zusätzlichen Fingerabdruck für die Komponenten und/oder Anlagen des Stromnetzes aus. Das neuronale Netz berücksichtigt diese beziehungsweise kann durch diese verbessert trainiert werden, sodass dadurch eine verbesserte Zustandsschätzung ermittelt werden kann.
In einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung werden die Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten mittels eines Pade- Laplace-Verfahrens ermittelt, wobei die Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten durch die Pole der Pade-Approximation der Laplace-Transformierten des Messsignals ermittelt werden.
Wie bereits obenstehend genannt, bilden die Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten einen vorteilhaften Fingerabdruck für Komponenten und/oder Anlagen des Stromnetzes aus. Das Ermit- teln der Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten ist jedoch nicht ohne Weiteres aus dem Messsignal oder seiner Fourier- Transformierten möglich.
Vorliegend werden die Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten bevorzugt mittels des Pade-Laplace-Verfahrens (engl. Pade- Laplace-Fitting) ermittelt. Hierzu wird die Laplace-Trans- formierte des Messsignals, beispielsweise numerisch, ermit- telt. Die Laplace-Transformierte eines oder mehrerer exponen- tieller Anstiege/Abfälle weist reellwertige Polstellen auf, die den charakteristischen Anstiegszeiten und/oder Abfallzei- ten entsprechen. Das Residuum der Polstellen entspricht der Amplitude des Anstiegs/Abfalls. Somit können die Anstiegszei- ten und/oder Abfallzeiten grundsätzlich aus der Laplace- Transformierten ermittelt werden. Beispielsweise hat ein cha- rakteristischer Abfall innerhalb des Messsignals der Form f(t)~a·exp(—kt) die Laplace-Transformierte L(s)~a/(k + s). Somit weist diese eine Polstelle für s*= —k auf. Die charakteristi- sche AbfallzeitT wird in diesem einfachen Beispiel durch T = 1/k= 1/|s*| ermittelt.
Allerdings können mehrere Anstiege/Abfälle gleichzeitig in- nerhalb des Messsignals vorhanden sein, sodass die Laplace- Transformierte mehrere zugehörige Polstellen aufweist. Zum Ermitteln mehrerer Polstellen und somit mehrerer Abfallzeiten und/oder Anstiegszeiten wird die Laplace-Transformierte vor- teilhafterweise durch einen Pade-Approximation approximiert. Hierbei wird eine rationale Funktion (engl. Pade-Approximant) der Ordnung [n/m] ermittelt, welche die Laplace-Transformie- rte approximiert. Das ist deshalb von Vorteil, da die Pol- stellen der Laplace-Transformierten durch die Nullstellen des Nenners der ermittelten rationalen Funktion besonders effi- zient ermittelt werden können. Dadurch können die technisch charakteristischen Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten von Komponenten und/oder Anlagen des Stromnetzes, selbst bei ei- ner Überlagerung ihrer Anstiege/Abfalle im Messsignal, beson- ders vorteilhaft ermittelt werden.
Besonders bevorzugt wird für die Pade-Approximation die Ord- nung [n/(n - 1)] verwendet (n≥2). Mit anderen Worten ist beson- ders bevorzugt der Zähler des Pade-Approximanten ein Polynom n-ten Grades und der Nenner des Pade-Approximanten ein Poly- nom (n- 1)-ten Grades. Das ist deshalb von Vorteil, da dadurch sichergestellt wird, dass die Polstellen des Pade- Approximanten den charakteristischen Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten innerhalb des Messsignals entsprechen.
Ist beispielsweise die Laplace-Transformie- rte des zeitlichen Messsignals f(t), so wird die im Sinne des Pade-Laplace-Verfahrens bestmögliche rationale Funktion mit ermittelt, wobei hierzu die Koeffizienten a j und b j bestimmt werden. Die Anstiegszeiten und/oder Abstiegszeiten werden daher durch be- stimmt, wobei mathematisch äquivalente Formulierungen des Nenners hierzu äquivalent sind. Die ermittelten Null- stellen des Nenners des Pade-Approximanten beziehungsweise die ermittelten Polstellen s* entsprechen schließlich, bei- spielsweise über T = 1/ls*l, den charakteristischen Anstiegs- zeiten und/oder Abfallzeiten. Äquivalent zu derart bestimmten Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten können die zugehörigen Werte der Polstellen (s*) direkt als Eingänge für das neuro- nale Netz zur Zustandsschätzung und/oder zum Trainieren des neuronalen Netzes verwendet werden. Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird n bis zu einem festgelegten maximalen Wert solange erhöht, bis keine weiteren Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten ermittelt werden.
Vorteilhafterweise können dadurch alle in dem Messsignal vor- handenen charakteristischen Abfallzeiten und/oder Anstiegs- zeiten ermittelt werden. Das ist deshalb der Fall, da mit je- der Erhöhung von n grundsätzlich eine weitere Nullstelle des Nenners (Polstelle) des Pade-Approximanten hinzukommen kann. Wird n erhöht und kommt keine weitere Polstelle mehr hinzu, so kann davon ausgegangen werden, dass alle vorhandenen cha- rakteristischen Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten ermit- telt wurden.
Somit umfasst ein besonders bevorzugtes Verfahren zum Ermit- teln der Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten für eine Zu- standsschätzung eines Stromnetzes die folgenden Schritte:
- Berechnen der Laplace-Transformierten des Messsignals;
- Ermitteln des Pade-Approximanten der Ordnung [n/(n - 1)] für die berechnete Laplace-Transformierte;
- Ermitteln der Polstellen des Pade-Approximanten, wobei die Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten durch die Polstellen be- stimmt sind; und
- Erhöhen von n (n →n + 1) bis keine weiteren Polstellen mehr auftreten.
Die derart aus dem Messsignal beziehungsweise den Messsigna- len ermittelten Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten werden anschließend den Eingängen des neuronalen Netzes zur Zu- standsschätzung zugeführt und/oder zum Trainieren des neuro- nalen Netzes verwendet.
In einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung werden zu- sätzlich Amplituden von Subharmonischen des Messsignals als Eingänge verwendet. Mit anderen Worten ist das neuronale Netz derart ausgebildet und trainiert, dass dieses Subharmonische des Messsignals als Eingänge zur Zustandsschätzung berücksichtigt beziehungsweise verwendet. Subharmonische treten beispielsweise auf, wenn das Messsignal charakteristische nicht periodische Anteile um- fasst.
Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung werden die Messsignale an Knotenpunkten des Stromnetzes, insbesonde- re an Umspannwerken und/oder Transformatorenstationen, er- fasst.
Dadurch wird vorteilhafterweise die Zustandsschätzung für das Stromnetz verbessert. Weiterhin sind die Knotenpunkte beson- ders vorteilhaft, da typischerweise diese durch für das Stromnetz charakteristische und zugängliche Anlagen, wie bei- spielsweise Umspannwerke, Transformatorstationen und/oder Stromkästen, gebildet werden. Dort ist das Erfassen der Mess- signale, beispielsweise das Messen der Spannung, des Stromes, der Wirkleistung und/oder Blindleistung, einfach möglich. Zu- dem können zusätzliche Messgeräte, falls erforderlich und vorteilhaft, dort einfach installiert beziehungsweise nachge- rüstet werden. Weiterhin berücksichtigt das Erfassen der Messsignale an den Knotenpunkten des Stromnetzes die Netzto- pologie des Stromnetzes.
In einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung wird als neuronales Netz ein neuronales Netz verwendet, welches mit- tels eines Trainingsdatensatzes trainiert wurde, der mehrere Amplituden von Harmonischen eines und/oder mehrerer Messsig- nale umfasst, wobei zum Trainieren des neuronalen Netzes die Amplituden der Harmonischen als Eingänge verwendet wurden be- ziehungsweise werden.
Weiterhin ist es bevorzugt, wenn als neuronales Netz ein neu- ronales Netz verwendet wird, welches mittels eines Trainings- datensatzes trainiert wurde, der mehrere Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten von einem und/oder mehreren Messsigna- len umfasst, wobei zum Trainieren des neuronalen Netzes die Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten als Eingänge verwendet wurden beziehungsweise werden.
Mit anderen Worten ist das derart trainierte neuronale Netz dazu ausgebildet, für ein oder mehrere unbekannte Messsigna- le, welche nicht zum Trainieren verwendet wurden und bei- spielswiese aktuell an einem oder mehreren Knotenpunkten des Stromnetzes erfasst wurden, die Amplituden von Harmonischen des Messsignals und/oder aus dem Messsignal ermittelte An- stiegszeiten und/oder Abfallzeiten als Eingänge zu berück- sichtigen und somit zur Zustandsschätzung für das Stromnetz zu verwenden.
Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung erfolgt die Zustandsschätzung für ein als Niederspannungsnetz und/oder Mittelspannungsnetz ausgebildetes Stromnetz.
Mit anderen Worten ist das Stromnetz bevorzugt als Nieder- spannungsnetz und/oder Mittelspannungsnetz ausgebildet. Das ist deshalb von Vorteil, da insbesondere für Niederspannungs- netze und/oder Mittelspannungsnetze keine ausreichende mess- wertbasierte Kenntnis über den Netzzustand vorhanden ist. Die vorliegende Erfindung löst dieses technische Problem durch ein entsprechend ausgestaltetes neuronales Netz, welches er- findungsgemäß spektrale Daten sowie ergänzend charakteristi- sche Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten für die Zustands- schätzung berücksichtigt beziehungsweise direkt mit einbe- zieht.
Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung er- geben sich aus den im Folgenden beschriebenen Ausführungsbei- spielen sowie anhand der Zeichnungen. Dabei zeigen schemati- siert:
Figur 1 ein Ablaufdiagramm für eine Zustandsschätzung gemäß einer Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung; und Figur 2 ein Diagramm zur Veranschaulichung der spektralen Daten (Harmonische) eines Messsignals.
Gleichartige, gleichwertige oder gleichwirkende Elemente kön- nen in einer der Figuren oder in den Figuren mit denselben Bezugszeichen versehen sein.
Die Figur 1 zeigt einen schematischen Ablauf einer Zustands- schätzung 21 für ein Stromnetz unter der Verwendung eines ge- mäß der vorliegenden Erfindung ausgestalteten und trainierten neuronalen Netzes 1.
In der Figur 1 ist das neuronale Netz 1 durch seine Neuronen (Kreise) sowie ihre Verbindungen (Pfeile) symbolisch darge- stellt.
Das neuronale Netz 1 weist eine Eingabeschicht 14 mit mehre- ren Eingängen 41, eine oder mehrere verborgene Schichten 11 sowie eine Ausgabeschicht 12 mit mehreren Ausgängen 21 auf.
Werden der Eingabeschicht 14 beziehungsweise jedem der Ein- gänge 41 entsprechende Daten zugeführt beziehungsweise an der Eingabeschicht 14 angelegt, so berechnet das neuronale Netz 1 über seine verborgenen Schichten 11 die Ausgaben 21, die den Ausgängen 21 des neuronalen Netzes entsprechen. Die Ausgaben beziehungsweise Ausgänge 21 entsprechen für die zugeführten Eingänge 41 dann der Zustandsschätzung für das Stromnetz, so- dass die Zustandsschätzung mit demselben Bezugszeichen 21 ge- kennzeichnet ist.
Zum Berechnen der Zustandsschätzung 21 sind somit Eingangs- werte beziehungsweise Eingangsdaten erforderlich, die den Eingängen 41 des neuronalen Netzes 1 zugeführt werden müssen. Mit anderen Worten können die Eingänge 41 mit diesen Da- ten/Werten identifiziert werden, da jedem bestimmten Wert, beispielsweise einem Spannungswert, ein festgelegter Eingang 41 zugeordnet ist. Vorliegend werden mehrere verschiedene Daten/Werte/Eingänge, die in der Figur in Kästen 42, 44, 46 kategorisiert sind, verwendet.
Gemäß der vorliegenden Ausgestaltung werden die Amplituden von Harmonischen 42 der Messsignale, Anstiegszeiten 42 inner- halb der Messsignale und/oder Abfallzeiten 42 innerhalb der Messsignale als Eingänge 41 verwendet. In der Figur 1 werden diese erfindungsgemäßen Eingänge, das heißt die Amplituden von Harmonischen, die Anstiegszeiten und/oder die Abfallzei- ten durch den Kasten 42 zusammenfasst, sodass diese vorlie- gend dasselbe Bezugszeichen 42 aufweisen. Weiterhin können Verhältnisse von Amplituden von Harmonischen innerhalb des- selben Messsignals und/oder über verschiedene Messsignale hinweg als Eingänge 41 verwendet werden.
Die Messsignale werden für die Zustandsschätzung 21 am Strom- netz, insbesondere an Knotenpunkten des Stromnetzes, erfasst. Beispielsweise erfolgt die Erfassung innerhalb eines Zeitbe- reiches, wobei dann die Zustandsschätzung 21 für den genann- ten Zeitbereich berechnet wird. Mit anderen Worten kann eine zeitaufgelöste Zustandsschätzung basierend auf aktuell er- fassten Messsignalen erfolgen. Die Messsignale können Span- nungssignale, Stromsignale, Wirkleistungssignale und/oder Blindleistungssignale sein. Mit anderen Worten können die Messsignale die Spannung, den Strom, die Wirkleistung und/oder die Blindleistung (Messgrößen) an jeweiligen Knoten- punkten und/oder Zweigen des Stromnetzes innerhalb eines festgelegten oder bestimmten Zeitbereiches erfassen. Mit an- deren Worten wird ein zeitlicher Verlauf der jeweiligen Mess- größe an einem oder mehreren Knotenpunkten des Stromnetzes erfasst. Sind die genannten Zeitbereiche ausreichend kurz und erfolgt für jeden Zeitbereiche eine solche messwertbasierte beziehungsweise messsignalbasierte Zustandsschätzung 21 mit- tels des neuronalen Netzes 1, so wird eine Zustandsschätzung 21 in Echtzeit erreicht. Das Ermitteln der Amplituden der Harmonischen erfolgt typi- scherweise mittels einer Fourier-Transformation des jeweili- gen Messsignals. Mit anderen Worten wird die Fourier-Trans- formierte der Messsignale berechnet, beispielsweise mittels einer FFT. Äquivalent hierzu könnte die spektrale Leistungs- dichte des Messsignals, das heißt das Spektrum des Messsig- nals, ermittelt werden. Dies kann mittels der Autokorrelation des Messsignals erfolgen. Mittels der Fourier-Transformierten des Messsignals wird das Frequenzspektrum des Messsignals be- rechnet. Der Betrag des Frequenzspektrums wird als Amplitu- denspektrum bezeichnet und kann, wie die spektrale Leistungs- dichte, ebenfalls zum Ermitteln der Amplituden der Harmoni- schen herangezogen werden. Entscheidend ist, dass spektrale, das heißt frequenzabhängige Daten aus dem Messsignal ermit- telt werden, mittels welchen ein Ermitteln der Harmonischen und ihrer zugehörigen Amplituden möglich ist. Ein besonders bevorzugtes Mittel hierzu ist die Fourier-Transformation und/oder das Berechnen der spektralen Leistungsdichte.
Die aus den Messsignalen ermittelten Amplituden der Harmoni- schen werden in der Figur 1 mit Û n,f=mf0,L,F bezeichnet, wobei n den Knotenpunkt des Stromnetzes (engl. Node), f 0 die Grund- frequenz, mf 0 die Frequenz der m-ten ganzzahligen Harmoni- schen (engl. Harmonie), L die Phase (engl. Phase/Line Conduc- tor) und F die jeweilige Leitung (engl. Feeder) kennzeich- net. Gemäß dem in Figur 1 dargestellten Ausführungsbeispiel werden die Beträge der Amplituden Û n,f=mf0,L,F dem neuronalen Netz 1 zur Zustandsschätzung 21 als Eingänge 41 zugeführt, wobei dieÛ n,f=mf0,L,F aus den erfassten Messsignalen ermittelt werden. Dadurch erfolgt die Zustandsschätzung 21 basierend auf aktuellen Messdaten beziehungsweise ihren zugehörigen ak- tuellen spektralen Daten.
Werden alternativ oder ergänzend Anstiegszeiten und/oder Ab- fallzeiten innerhalb der Messsignale als Eingänge 41 verwen- det, so können diese mittels des obenstehend beschriebenen Verfahrens, das heißt mittels eines Pade-Laplace-Verfahrens, aus den Messsignalen ermittelt werden. Die ermittelten An- stiegszeiten und/oder Abstiegszeiten werden den zugehörigen Eingängen 41 des neuronalen Netzes 1 zur Zustandsschätzung 21 ebenfalls zugeführt. Hierbei sind - vergleichbar zur Fourier- Transformierten - besonders die Peak-Amplituden (Pole der Pade-Laplace-Transformierten) relevant, da diese den charak- teristischen Hochfahrzeiten (Anstiegszeiten) oder Runterfahr- zeiten (Abfallzeiten) der jeweiligen Anlagen entsprechen. Beispielsweise weisen Wärmepumpen oder das Laden von E-Autos, solche charakteristischen Zeiten auf, die mittels der La- place-Transformierten und der anschließenden Bestimmung des (besten) Pade-Approximanten ermittelt werden können. Mit an- deren Worten werden diese bevorzugt ebenfalls als Fingerab- drücke zum Lernen des neuronalen Netzes 1 sowie analog zum Berechnen der Zustandsschätzung 21 verwendet.
Alternativ oder ergänzend zur Verwendung der Laplace-Trans- formierten können aus dem maschinellen Lernen bekannte Ver- fahren der Zeitreihensegmentierung verwendet werden.
Gemäß dem dargestellten Ausführungsbeispiel werden die er- fassten Messsignale ergänzend als Eingänge 41 für das neuro- nale Netz 1 verwendet. Mit anderen Worten wird beispielsweise der Betrag der Spannung U n,t,LF , der Strom I n,t,L,F , die Wirkleis- tung P n,t,L,F und/oder die Blindleistung als Eingang 41 verwendet. Der Index t deutet die jeweilige Zeitabhängigkeit der genannten Größen an. In der Figur 1 sind die genannten Größen beziehungsweise Eingangsgrößen innerhalb des Blockes 44 zusammengeführt.
Weiterhin können exogene Parameter, wie beispielsweise Tempe- raturen T n,t , geographische Koordinaten und/oder Zeitdaten (E GHI,n,t ) und/oder Wetterdaten und/oder historische Netzzustän- de beim Berechnen der Zustandsschätzung als Eingänge verwen- det werden. Zusätzlich könnten weiterhin direkt bekannte zeitliche Spannungsprofile bestimmter Anlagen, wie beispiels- weise Wärmepumpen, verwendet werden. Somit müssen diese ge- nannten Größen ebenfalls bei Trainieren des neuronalen Netzes 1 vorgesehen sein. Weitere Parameter beziehungsweise Daten können vorgesehen sein.
Die Zustandsschätzung 21 des Stromnetzes kann an den Ausgän- gen 21 des neuronalen Netzes 1 abgelesen werden. Vorliegend werden die Spannungen oder deren Beträge |U n,t | an den Knoten- punkten (engl. Node Voltages) sowie die Zweigströme I nn',t (engl. Branch Currents) zwischen den Knotenpunkten n und n' (zum jeweiligen Zeitpunkt oder innerhalb des jeweiligen Zeit- bereiches) basierend auf den jeweiligen Eingängen/Eingangs- daten 41 mittels des neuronalen Netzes 1 berechnet. Die be- rechneten Knotenspannungen werden in der Figur 1 durch den Kasten 22 zusammengefasst und gekennzeichnet. Die berechneten Zweigströme werden vorliegend durch den Kasten 24 zusammenge- fasst und gekennzeichnet.
Die Figur 2 zeigt ein Diagramm zur Veranschaulichung der spektralen Daten (Harmonische) eines Messsignals 4.
Das linke Diagramm in Figur 2 zeigt ein exemplarisches zeit- liches Messsignal 4 der Spannung an einem Knotenpunkt des Stromnetzes. An der Abszisse 100 des linken Diagramms ist die Zeit in beliebigen Einheiten aufgetragen. An der Ordinate 101 des linken Diagramms ist der Betrag der Spannung in beliebi- gen Einheiten aufgetragen.
Das Messsignal 4 weist eine Grundfrequenz von 50 Hz auf. Wei- terhin weist das Messsignal höher harmonische Anteile auf, die nicht direkt am zeitlichen Verlauf des Messsignals er- kennbar sind. Wird beispielsweise eine Fourier-Transformation 104 des Messsignals 4 durchgeführt, so kann insbesondere das Amplitudenspektrum des Messsignals 4 berechnet werden.
Im rechten Diagramm der Figur 2 ist das aus dem Messsignal 4 mittels einer Fourier-Transformation ermittelte Amplituden- spektrum dargestellt. Dieses weist neben Rauschen mehrere Spikes auf, die zu den Harmonischen korrespondieren. Jeder Spike kennzeichnet eine Harmonische, wobei diese verschiedene Amplituden aufweisen. Beispielsweise liegen die Harmonischen für eine Grundfrequenz von 50 Hz im dargestellten rechten Di- agramm bei 100 Hz, 150 Hz, 200 Hz, 250 Hz, 300 Hz, 350 Hz und 400 Hz. Die Amplitude der ersten Harmonischen (100 Hz) und der zweiten Harmonischen (100 Hz) sind vorliegend am größten.
Mittels des Amplitudenspektrums können somit die Amplituden der Harmonischen für das jeweilige Messsignal ermittelt wer- den und für die Zustandsschätzung mittels des neuronalen Net- zes oder für dessen Training verwendet werden. Weiterhin kann bevorzugt ein Verhältnis von Amplituden der Harmonischen für die Zustandsschätzung oder dessen Training verwendet werden.
Gemäß der vorliegenden Erfindung werden somit zum Trainieren des neuronalen Netzes und somit zur Zustandsschätzung mittels des entsprechend trainierten neuronalen Netzes spektrale Da- ten, das heißt höhere Harmonische, verwendet. Weiterhin wer- den charakteristische Zeiten, die beispielsweise mittels ei- ner Pade-Laplace-Transformierten ermittelt werden können, al- ternativ oder ergänzend für das Training und somit für die Zustandsschätzung verwendet.
Die erfindungsgemäßen Eingabegrößen (Amplitude von Harmoni- schen, Anstiegszeiten und/oder Abfallzeiten) bilden einen Fingerabdruck für die am Stromnetz angeschlossenen Anlagen aus, sodass durch die vorliegende Erfindung die Schätzung des neuronalen Netzes im Hinblick auf den Netzzustand deutlich verbessert wird.
Ein weiterer Vorteil der vorliegenden Erfindung ist, dass ei- ne verbesserte Schätzung des Netzzustandes (Zustandsschät- zung) ohne weitere oder größere Installationen beziehungswei- se Investitionen in das Stromnetz erreicht werden kann. Das erfindungsgemäße Verfahren ist zudem ressourcenschonend, da eine Fourier-Transformation/Laplace-Transformation effizient implementierbar ist, oder bereits direkt durch die Messein- richtung ausführbar ist. Zusammenfassend wird eine verbesserte Zustandsschätzung be- ziehungsweise Netzzustandsschätzung, insbesondere für stark unterdeterminierte Stromnetze, wie beispielsweise Mittelspan- nung- oder Niederspannungsstromnetze, bereitgestellt. Dadurch kann eine verbesserte intelligente Regelung des Stromnetzes, insbesondere im Hinblick auf digitale Stromnetze und erneuer- bare Energien, erreicht werden.
Obwohl die Erfindung im Detail durch die bevorzugten Ausfüh- rungsbeispiele näher illustriert und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele ein- geschränkt oder andere Variationen können vom Fachmann hie- raus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.
Bezugszeichenliste
1 künstliches neuronales Netz
2 Zustandsschätzung / Ausgänge
4 Messsignal
11 Verborgene Schicht
12 Ausgabeschicht
14 Eingabeschicht
21 Ausgänge/Zustandsschätzung
22 Spannungen
23 Ströme
41 Eingänge
42 Amplitude/Anstiegszeiten/Abfallzeiten
43 Weitere Eingänge
44 Exogene Eingänge
100 Abzisse
101 Ordinate
104 Fourier-Transformation
Next Patent: SENSOR FOR DETECTING CONDUCTIVE PARTICLES