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Title:
BIOLOGICAL EFFECT MONITORING BY MEANS OF TRANSGENIC HYDRA
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2009/015623
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to transgenic hydra which, upon the presence of at least one stress factor in the medium surrounding it, expresses at least one reporter gene which is inducible by the stress factor; to the use of this transgenic hydra as a biomonitoring system, and to a method of detecting stress factors in samples by means of transgenic hydra. Moreover, there are disclosed expression cassettes which, after integration into suitable vectors, can be exploited for generating transgenic hydra which can be employed as biomonitors.

Inventors:
BOSCH THOMAS C G (DE)
KHALTURIN KONSTANTIN (DE)
Application Number:
PCT/DE2008/001086
Publication Date:
February 05, 2009
Filing Date:
June 25, 2008
Export Citation:
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Assignee:
UNIV KIEL CHRISTIAN ALBRECHTS (DE)
BOSCH THOMAS C G (DE)
KHALTURIN KONSTANTIN (DE)
International Classes:
C12N15/85; A01K67/033; C07K14/435
Domestic Patent References:
WO2003079967A22003-10-02
WO1998028971A21998-07-09
Foreign References:
US4346070A1982-08-24
US5877398A1999-03-02
Other References:
BRENNECKE THOMAS ET AL: "The lack of a stress response in Hydra oligactis is due to reduced hsp70 mRNA stability", EUROPEAN JOURNAL OF BIOCHEMISTRY, vol. 255, no. 3, 1 August 1998 (1998-08-01), pages 703 - 709, XP002506297, ISSN: 0014-2956
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BÖTTGER A ET AL: "GFP expression in Hydra: lessons from the particle gun", DEVELOPMENT, GENES AND EVOLUTION, BERLIN, DE, vol. 212, no. 6, 29 May 2002 (2002-05-29), pages 302 - 305, XP002401105, ISSN: 0949-944X
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PARDOS MICHEL ET AL: "Acute toxicity assessment of Polish (waste)water with a microplate-based Hydra attenuata assay: A comparison with the Microtox(R) test", SCIENCE OF THE TOTAL ENVIRONMENT, no. 243-244, 15 December 1999 (1999-12-15), pages 141 - 148, XP009109433, ISSN: 0048-9697
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GENIKHOVICH ET AL: "Discovery of genes expressed in Hydra embryogenesis", DEVELOPMENTAL BIOLOGY, ACADEMIC PRESS, NEW YORK, NY, US, vol. 289, no. 2, 15 January 2006 (2006-01-15), pages 466 - 481, XP005242851, ISSN: 0012-1606
BOSCH TCG ET AL: "Uncovering the evolutionary history of innate immunity: The simple metazoan Hydra uses epithelial cells for host defence", DEVELOPMENTAL & COMPARATIVE IMMUNOLOGY; DOI:10.1016/J.DCI.2008.10.004, 12 November 2008 (2008-11-12), XP002506362, Retrieved from the Internet [retrieved on 20081202]
Attorney, Agent or Firm:
LOBEMEIER, Martin, Landolf (Niemannsweg 133, Kiel, DE)
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Claims:

ANSPRüCHE

1. Transgene Hydra, dadurch gekennzeichnet, dass diese beim Vorliegen wenigstens ei-

. nes Stressfaktors in dem sie umgebenden Medium ein durch den jeweiligen Stressfaktor induzierbares Reportergen exprimiert.

2. Transgene Hydra nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei dem

Stressfaktor um eine toxische Substanz handelt.

3. Transgene Hydra nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass diese durch Trans- fektion mit einem die Expressionskassette gemäß SEQ ID:NO 3 enthaltenden Vektor erzeugt wird.

4. Transgene Hydra nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei dem Stressfaktor um mikrobielle Keime handelt.

5. Transgene Hydra nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die mikrobiellen Keime ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus Bakterien, Pilzen und Viren.

6. Transgene Hydra nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass diese durch Trans- fektion mit einem die Expressionskassette gemäß SEQ ED:NO 4 enthaltenden Vektor erzeugt wird.

7. Transgene Hydra nach Anspruch 2 und 5, dadurch gekennzeichnet, dass diese beim Vorliegen eines ersten Stressfaktors ein erstes Reportergen und beim Vorliegen eines

zweiten Stressfaktors ein zweites von dem ersten unterscheidbares Reportergen exprimiert.

8. Transgene Hydra nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass diese durch Trans- fektion mit einem die Expressionskassette gemäß SEQ ID:NO 5 enthaltenden Vektor erzeugt wird.

9. Verwendung von transgenen Hydra gemäß Anspruch 1 bis 8 als Biomonitoren zum

Nachweis von toxischen Substanzen und/oder mikrobiellen Keimen.

10. Verfahren zum Nachweis wenigstens eines Stressfaktors in einer Probe, gekennzeich- net durch das Inkontaktbringen der Probe mit transgenen Hydra, wobei diese beim

Vorliegen des wenigstens einen Stressfaktors ein durch den jeweiligen Stressfaktor induzierbares Reportergen exprimieren, sowie dem Nachweis des jeweiligen Reportergenproduktes durch Bestrahlung der transgenen Hydra mit Licht einer geeigneten Anregungswellenlänge und der Untersuchung des hierbei von dem Reportergenprodukt abgestrahlten Lichts.

11. Verfahren nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei dem Stressfaktor um eine toxische Substanz handelt.

12. Verfahren nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass die transgenen Hydra durch Transfektion mit einem die Expressionskassette gemäß SEQ ID:NO 3 enthaltenden Vektor erzeugt werden.

13. Verfahren nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei dem Stressfaktor um mikrobielle Keime handelt.

14. Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass die mikrobiellen Keime ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus Bakterien, Pilzen und Viren.

15. Verfahren nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass die transgenen Hydra durch Transfektion mit einem die Expressionskassette gemäß SEQ ID:NO 4 enthaltenden Vektor erzeugt werden.

16. Verfahren nach Anspruch 11 und 14, dadurch gekennzeichnet, dass die transgenen Hydra beim Vorliegen eines ersten Stressfaktors ein erstes Reportergen und beim Vorliegen eines zweiten Stressfaktors ein zweites von dem ersten unterscheidbares Reportergen exprimieren.

17. Verfahren nach Anspruch 16, dadurch gekennzeichnet, dass die transgenen Hydra durch Transfektion mit einem die Expressionskassette gemäß SEQ ID:NO 5 enthaltenden Vektor erzeugt werden.

18. Expressionskassette, gekennzeichnet durch eine Nukleotidsequenz welche ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus den unter SEQ ID NO:3, SEQ ID NO:4 und SEQ ID NO: 5 angegebenen Nukleotidsequenzen.

19. Verwendung eines eine Expressionskassette nach Anspruch 18 enthaltenden Vektors zur Herstellung von als Biomonitoringsystem einsetzbaren transgenen Hydra.

Description:

Biologisches Effektmonitoring mittels transgener Hydra

Die Erfindung betrifft als Biomonitoren, insbesondere für die Kontrolle der Trinkwasser- und Gewässerqualität, einsetzbare transgene Hydra, in gängige Vektoren integrierbare Expressionskassetten zu deren Erzeugung sowie ein Verfahren zum Nachweis von Schadstoffen mittels transgenen Hydra.

Die ständig zunehmende Menge an chemischem und mikrobiellem Abfall aus industrieller und anderer menschlicher Aktivität verlangt dringend die Entwicklung von Frühwarnsystemen auf Basis von Biomonitoren. Wissenschaftliche Institutionen erheben seit Jahren die Forderung nach einem biologischen Effektmonitoring, mit welchem sich die Auswirkungen von Umweltgiften und mikrobiellen Keimen auf Organismen nachweisen lassen.

Auch in aquatischen Lebensräumen spielen neben der Eutrophierung Umweltgifte und mikro- bielle Keime in zunehmendem Maße eine Rolle hinsichtlich der Verbreitung und Diversität von Arten und deren überlebens- und Fortpflanzungsfähigkeit. Die Mischung der Umweltgifte und mikrobiellen Keime in unseren Gewässern ist dabei unüberschaubar und vielfältig. Gezielte chemische Analytik von einzelnen Substanzen kann immer nur einen kleinen Ausschnitt dieser Mischung erfassen. Entscheidend für die überlebensfähigkeit der dort lebenden Tiere ist das Zusammenwirken aller vorhandenen Einzelsubstanzen und vieler anderer Faktoren. Es müssen also Methoden zur Detektion gefunden werden, die eine biologische „Antwort" auf das Gemisch an Umweltgiften und mikrobiellen Keimen geben, um mögliche Ge- fahren frühzeitig zu erkennen. Biochemisch-molekularbiologische Parameter sind für diesen Zweck gut geeignet, weil die Zeit zwischen Ursache (Umweltgift, Mikrobenblüte) und Wirkung (biologischer Effekt) kurz ist, und man somit eine schnelle und auch empfindliche Antwort erhält.

Im Rahmen von Gewässer-überwachungsprogrammen werden derzeit Schadstoffe in Sedimenten und im Wasser gemessen. Die Bewertungen erfolgen auf der Grundlage von physika-

lischen, chemischen und/oder mikrobiologischen Grenzwerten. Es gibt daneben jedoch auch Methoden, mit denen eine biologische „Antwort" auf die Anwesenheit von Umweltgiften und Pathogenen in aquatischen Lebensräumen aufgezeigt werden kann. Dabei werden mikrobielle, tierische oder pflanzliche Organismen eingesetzt und als „Bioindikatoren" oder „Biomomto- re" bezeichnet, die auf die Gegenwart von Umweltgiften (z. B. Chemikalien, Schwermetalle) und/oder anderen Stressfaktoren (z. B. Hitze, Sauerstoffmangel, etc.) reagieren, im Wesentlichen durch änderung der Vitalfunktionen (z. B. Atemfrequenz, Mobilität, Lumineszenz). So wird z. B. in der DD 238 113 Al der Einsatz von Fischen in einer von dem zu testenden Wasser durchströmten Versuchsrinne beschrieben. Im Falle einer Schädigung werden die Fische gegen ein Gitter getrieben, wobei dieses weitgehend blockiert wird, wodurch der Wasserpegel in der Rinne ansteigt. Hierdurch wird beim Vorliegen von fischschädigenden Wasserinhaltsstoffen ein Alarm ausgelöst.

Die DE 698 25 873 T2 beschreibt ein Verfahren zur automatischen biologischen überwa- chung der Wasserqualität durch Auswertung des Atmungsverhaltens und der Körperbewegung der hierbei eingesetzten Fische.

In der DE 44 40 320 wird das negativ chemosensorische Verhalten einzelliger Wimpertierchen als Maß der chemischen Belastung von Umweltproben erfasst.

In der US 6,340,572 Bl wird die Verwendung von u. a. lumineszierenden Bakterien, Pilzen, Fischextrakten und Dinoflagellaten zum Nachweis toxischer Substanzen in einer Probe genutzt, indem bei Gegenwart toxischer Substanzen die Lumineszenz der Testorganismen gestört und die Abnahme der Lichtemission gegenüber einer Kontrolle detektiert wird.

Der Süßwasserpolyp Hydra ist ein seit längerem etabliertes toxikologisches Testsystem. So werden z. B. die hohen regenerativen Fähigkeiten dieses basalen Vielzellers bei der Herstellung „künstlicher Embryos" aus Zellaggregaten genutzt, die insbesondere für den Nachweis fruchtschädigender (teratogener) toxikologischer Effekte von Chemikalien eingesetzt werden können, wie z. B. in der US 4,346,070 beschrieben. Darüber hinaus ist auch der Einsatz von Hydra als Biomonitor in der Trinkwasser-, Abwasser- und Gewässerüberwachung z. B. von

Arkhipchuk et al. („Use of Hydra for chronic toxicity assessment of waters intended for human consumption" Environ Pollut. 2006 JuI; 142 (2): 200-11), Pardos et al. („Acute toxicity assessment of Polish (waste) water with a microplate-based Hydra attenuata assay: a com- parison with the Microtox test." Sei Total Environ. 1999 Dec 15; 243-244: 141-8) und von Fu et al. („Application of the Hydra attenuata assay for identifying developmental hazards among natural waters and wastewaters." Ecotoxicol Environ Saf. 1991 Dec;22(3):309-19) beschrieben worden.

In dem US Patent 5,877,398 wird der Einsatz von transgenen Nematoden beschrieben, die bei dem Vorliegen von toxischen Substanzen in einer mit ihnen in Kontakt gebrachten Umweltprobe mit der Expression eines histochemisch nachweisbaren Reportergens reagieren.

Auf einem ähnlichen Prinzip beruht das in der WO 99/11772 beschriebene transgene Mausmodell. Die transgenen Mäuse bzw. hieraus abgeleitete Zellkulturen exprimieren in Gegen- wart toxischer Substanzen ein labortechnisch nachweisbares Reportergen (ein humanes Hormon).

Der derzeit existierende Stand der Technik weist eine Vielzahl unterschiedlicher Nachteile auf. Die derzeitigen Grenzen des Einsatzes von Biomonitoren ergeben sich u. a. aus fehlenden Kenntnissen aus der Grundlagen- und angewandten Forschung, der mangelnden Aussageschärfe auf den verschiedenen Ebenen der biologischen Organisation (Zelle, Gewebe, Organismus), sowie der oft nicht-praktikablen Anwendbarkeit in der Praxis. So sind z. B. Biomonitoringsysteme, die auf der Analyse von Atmungsfrequenz und Körperbewegungen von Fischen basieren, nicht sensitiv genug und daher lediglich in der Lage, akut-toxische Schad- Stoffkonzentrationen nachzuweisen. Längerfristig schädliche Effekte (Fruchtschädigung, Erbgutschädigung, Krebs) und Schadstoffkonzentrationen, die erst nach mehreren Tagen oder Wochen zu detektierbaren Symptomen führen, werden von diesen Biomonitoringsystemen nicht zeitnah erfasst. Der Einsatz im Online-Monitoring, z. B. bei der Trinkwassergewinnung, ist hiermit nicht praktikabel. Auch die inzwischen kommerziell erhältlichen, auf dem Einsatz lumineszierender Organismen beruhenden Monitoringsysteme (z. B. Microtox-Assay) wirken erst bei vergleichsweise hohen Schadstoffkonzentrationen oder akut-toxischen Substanzen,

die mit einer deutlichen Vitalitäts- und damit Lumineszenzeinbuße unter den Testorganismen einhergehen. Transgene mammalische Tiermodelle, wie das bereits angeführte Mausmodell, bzw. hieraus gewonnene primäre Zellkulturen, eignen sich organismusbedingt nicht zum kontinuierlichen Online-Monitoring von z. B. Trinkwasser. Zudem sind eine vergleichsweise auf- wendige Laboranalytik, gegebenenfalls Zellkultureinrichtungen sowie geschultes Personal erforderlich. Darüber hinaus ist die Herstellung bzw. Beschaffung der transgenen Mäuse bzw. die Kultivierung der entsprechenden Zellkulturen sehr kostenintensiv. Transgene Caenorhab- ditis elegans, die, wie in der US 5,877,398 beschrieben, beim Vorliegen von Schadstoffen Reportergene exprimieren, eignen sich ebenfalls nur schlecht für eine kontinuierliche über- wachung der Trinkwasser- und Gewässerqualität bzw. für den Nachweis von Spuren wasserspezifischer Verunreinigungen, da es sich bei C. elegans um keinen aquatischen Organismus, sondern um einen habitatfremden klassischen Bodenbewohner handelt. Eine kontinuierliches Inkontaktbringen des Testorganismus mit dem zu überwachenden Wasser (vorteilhafter Weise sollte der Testorganismus durchgehend komplett von diesem umspült werden) dürfte bei dem Einsatz transgener C. elegans unmöglich sein, da diese umgehend ertrinken würden. Der Süßwasserpolyp Hydra hingegen ist ein klassischer Süßwasserorganismus und sehr sensitiv auch gegenüber geringsten Spuren von Verunreinigungen und somit im Hinblick auf die Sen- sitivität auch vielfach dem weitverbreiteten Microtox-Test überlegen (Pardos et al. „Acute toxicity assessment of Polish (waste) water with a microplate-based Hydra attenuata assay: a comparison with the Microtox test." Sei Total Environ. 1999 Dec 15; 243-244:141-8). Bisher ist es jedoch weder unter Einsatz von Hydra noch einem der anderen als Stand der Technik bekannten Biomonitorsysteme möglich, die einzelnen, auf den jeweiligen Biomonitor wirkenden Stressfaktoren (Schadstoffe, Keime und weitere schädliche Umweltfaktoren) gegeneinander abzugrenzen. Es besteht daher Bedarf an Biomonitoringsystemen, die dazu geeignet sind.

Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein praktikables, sensitives und kostengünstiges Biomonitoringsystem für die Trinkwasser- und Gewässerüberwachung bereitzustellen, das unmittelbar Aufschluss über die Art eines detektierten Stressfaktors gibt.

Die Aufgabe wird durch die Bereitstellung transgener Hydra mit den in Anspruch 1 aufgeführten Merkmalen gelöst. Die Unteransprüche geben vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung an.

Hydra ist ein in allen aquatischen Lebensräumen verbreiteter einfacher Organismus. Die Polypen leben in allen Süßgewässern und reagieren sehr rasch auf eine Verschlechterung der Gewässerqualität (Schwermetallbelastung etc.) oder der Wassertemperatur mit einer Stressantwort (Bosch et al. „Thermotolerance and synthesis of heat shock proteins: these responses are present in Hydra attenuata but absent in Hydra oligactis." Proc Natl Acad Sei USA, 1988 Nov;85(21):7927-31).

Die Erfinder haben Gene in Hydra entdeckt, die spezifisch von jeweils verschiedenen Umweltsignalen (Stressfaktoren) wie Temperatur, Anwesenheit toxischer Substanzen und mikro- biellen Keimen reguliert werden. Hierbei handelt es sich um die Hydra-Gens hsp70.1 (Acces- sion-no. M84019, SEQ ID NO:1) und Periculin (SEQ ID NO:2).

hsp70.1 codiert für das Hydra Heat Shock Protein (HSP) 70. Dieses Gen wird sehr sensitiv über Temperaturschwankungen in dem die Hydra umgebenden Wasser reguliert (Gellner et al. „Cloning and expression of an heat inducible hsp 70 gene in two species oihydra which differ in their stress response" Eur J Biochem 1992, 210, 683-691). Darüberhinaus führen bereits Spuren von toxischen Substanzen (z. B. Natriumazid, Schwermetalle) im Wasser zu einer deutlich verstärkten Transkription des hsp70.1-Gens, wodurch sich die entsprechende 5 '-regulatorische Region (Promotor) dieses Gens hervorragend für die sensitive und spezifische Regulation eines Reportergens zum Nachweis von toxischen Substanzen eignet.

Die Transkription des Hydra-Gens Periculin hingegen wird spezifisch durch mikrobielle Wasserverunreinigungen wie Bakterien, Pilze und Viren bzw. durch für diese charakteristische Substanzen, z.B Lipopolysaccharide (LPS) aus gram-negativen Bakterien oder virale doppelsträngige RNA, induziert. Der entsprechende Periculin-Promotor kann daher als sehr sensitiver und spezifischer Regulator für die Transkription eines das Vorliegen einer mikro- biellen Kontamination anzeigenden Reportergens genutzt werden.

Die jeweiligen Promotoren dieser Gene konnten identifiziert und in verschiedene DNA- Konstrukte (Expressionkassetten) integriert werden. Diese werden erfindungsgemäß von No- tl-Restriktionsschnittstellen flankiert und können hierüber problemlos in ein für die Klonie- rung und Propagation in dem Bakterium Escherichia coli geeignetes Vektor-Grundgerüst integriert werden. Jede Expressionskassette enthält einzelne Restriktionsschnittstellen für die Restriktionsendonukleasen ApaLI, Xbal, BamHI, Sbfl, Pacl, AsiSI, AscI und Fsel. Diese Schnittstellen ermöglichen ein leichtes Austauschen und Kombinieren von verschiedenen Promotoren und Reportergenen. Die Expressionskassetten enthalten jeweils mindestens einen der vorbezeichneten Stress-Promotoren sowie das jeweilige von diesem regulierte Reportergen (z. B. GFP, eGFP, YFP, eYFP, CFP, dsRED, BFP, mTFPl, Emerald, Citrine, mOrange, mApple, mCherry, mGrape). Dem Reportergen nachgeschaltet ist eine Expressionsterminati- ons-Sequenz, vorzugsweise der Hydra Actin-Terminator. Ferner kann die Expressionskassette ein weiteres über Fluoreszenzlicht nachweisbares Reportergen enthalten, das unter der Kon- trolle eines starken konstitutiven Promotors steht. Dies kann z. B. der Promotor des Hydra Actin-Gens sein, wie in Fig. 2 dargestellt. Dieses zusätzliche konstitutiv in Hydra exprimier- bare Reportergen kann gegebenenfalls nach Mikroinjektion der Expressionsvektoren in frühe Hydra-Embryos, wie in Wittlieb et al. („Transgenic Hydra allow in vivo tracking of individ- ual stem cells during morphogenesis." Proc Natl Acad Sei U S A. 2006 Apr 18;103(16):6208- 11) beschrieben, der Kontrolle der Transfektionseffizienz und der Selektion der erfolgreich transfizierten Tiere dienen. So können z. B. verschiedene transgene Hydra-Linien erzeugt werden, die jede für sich dazu geeignet ist, über die Stress-induzierbare Expression eines geeigneten Reportergens und dessen z. B. unter Fluoreszenzlicht nachweisbaren Genproduktes die Gegenwart eines bestimmten Stressfaktors anzuzeigen (Fig. 4 und 6). In den Fig. 1 und 2 ist jeweils exemplarisch nur ein Stress-induzierbares Reportergen pro Expressionskassette dargestellt. Es ist aber genauso gut möglich, zwei unterschiedliche Stress-induzierbare Reportergene in die Expressionskassette zu integrieren. Bevorzugt werden hierfür in diesem Fall Reportergene ausgewählt, deren Genprodukte unter Fluoreszenzlicht farblich deutlich voneinander unterschieden werden können z. B. GFP und dsRED. Die mittels dieser mehrfach- induzierbaren Reportergenkonstrukte hergestellten transgenen Hydra werden unter Fluoreszenzlicht bei Kontakt mit Schwermetallen z. B. grün und bei Anwesenheit von Bakterien z. B.

rot leuchten. Hierdurch kann mit ein und derselben transgenen Hydra-Linie zwischen verschiedenen UmwehWStressfaktoren unterschieden werden. In mehrfach-induzierbaren Repor- tergenkonstrukten kann es vorteilhaft sein, auf die der Kontrolle des Transfektionserfolges dienenden zusätzlichen konstitutiv exprimierten Reportergene zu verzichten, um negative Wechselwirkungen mit den induzierbaren Reportergenen zu vermeiden. In diesem Fall kann z. B. eines der induzierbaren Reportergene durch kurzfristige Inkubation mit dem jeweiligen Stressfaktor zur Kontrolle des Tranfektionserfolgs und zur Selektion der transfizierten Tiere genutzt werden. Die Nukleinsäuresequenzen der verschiedenen erfindungsgemäßen Expressionskassetten sind unter der SEQ ID:N0 3-5 dargestellt.

Durch die Verwendung der so hergestellten transgenen Hydra-Linien als Biomonitoren ist es beispielsweise möglich, automatische Systeme bereitzustellen, in denen die transgenen Hydra kontinuierlich von dem zu überwachenden Wasser umspült werden. Die entsprechenden Hydra-Kulturen werden dabei entweder permanent, bevorzugt jedoch, um ein vorzeitiges Aus- bleichen der Fluoreszenz zu vermeiden, in regelmäßigen Intervallen kurzfristig mit Fluoreszenzlicht einer geeigneten Anregungswellenlänge bestrahlt. Dies kann z. B. unter Zuhilfenahme eines modifizierten Fluoreszenz-Mikroskops oder vorzugsweise eines Fluoreszenz- Auflichtbinokulars erfolgen. über eine geeignete Kamera wird die Kultur zu jedem Bestrah- lungsintervall auf die Expression der jeweiligen Reportergene hin analysiert. Sollte eins der jeweiligen Reportergenprodukte nachweisbar sein, wird über eine entsprechende Analysesoftware ein Warnsignal generiert und/oder entsprechende Sicherheitsprotokolle aktiviert (z. B. Abschaltung der Wasserversorgung). Natürlich sind die erfindungsgemäßen transgenen Hydra ebenso zur gezielten Untersuchung von aus Süßgewässern entnommenen Wasserproben geeignet. Hierbei werden die Hydra-Kulturen für gewisse Zeit mit den jeweiligen Was- serproben inkubiert und in regelmäßigen Abständen, wie zuvor beschrieben, auf die Expression der jeweiligen Reportergenprodukte überprüft. In Analogie hierzu liegt es auf der Hand, das gegebenenfalls auch in Wasser gelöste, auf Toxizität zu testende Substanzen mit den erfindungsgemäßen transgenen Hydra auf deren biologischen Effekt überprüft werden können.

Der Einsatz von transgenen Hydra, die beim Vorliegen eines bestimmten Stressfaktors in dem sie umgebenden Medium ein bestimmtes Reportergen exprimieren, erlaubt somit die prakti-

kable, sensitive und kostengünstige überwachung der Qualität von Trinkwasser und Gewässern. Femer ermöglicht der Einsatz transgener Hydra auch Aussagen zu funktionellen und strukturellen änderungen auf der Ebene von Zellen und Geweben. Dazu gehören u. a. die Erfassung von oxidativem Stress, pathologische Gewebeveränderungen, Enzymhemmungen, Dysfunktionen der Zelldifferenzierung, gentoxische Effekte und vieles mehr.

Die Erfindung wird in den Figuren 1 bis 6 näher veranschaulicht. Es zeigen:

Fig. 1 eine schematische allgemeine Darstellung der Expressionsvektorkonstrukte,

Fig. 2 eine detailliertere Darstellung einer beispielhaften Expressionskassette,

Fig. 3 eine Stufe des Transfektionsvorgangs eines Hydra Embryos mittels Mikroin- jektion als Negativdarstellung,

Fig. 4 eine transgene Hydra, die das Reportergen GFP unter Regulation des hsp70.1- Promotors exprimiert, in Negativdarstellung,

Fig. 5 die Induktion des Hydra-Gens Periculin durch A: LPS und B: doppelsträngige RNA

Fig. 6 eine transgene Hydra, die das Reportergen dsRED unter Regulation des Pericu- lin-Promotors exprimiert.

In Fig. 1 ist eine schematische allgemeine Darstellung der Expressionsvektorkonstrukte aufgezeigt. Die Gruppe dieser Expressionsvektoren zur Herstellung von als Biomonitoren geeigneten transgenen Hydra wurde von den Erfindern als pHyMON bezeichnet. Der Vektor trägt als bakteriellen Selektionsmarker ein Ampicillin-Resistenzgen (Amp R ) sowie SP6 und T7- Transkriptionsinitiationssequenzen. über die Notl-Restriktionsschnittstelle des Vektors wurde eine Expressionskassettte mit zwei Reportergenen eingefügt. Ferner sind in der Darstellung

weitere Restriktionsschnittstellen für die Restriktionsendonukleasen SacI, PstI (Sbfl) sowie AscI angegeben.

Eine detailiertere Darstellung der in den in Fig. 1 gezeigten Vektor inkorporierten beispielhaf- ten Expressionskassette ist in Fig. 2 gezeigt. Neben den die Expressionskassette flankierenden Notl-Restriktionsschnittstellen sind weitere Schnittsellen für die Restriktionsendonukleasen ApaLI, Xbal, BamHI, Hindlll, PstI, Sbfl, Päd, AsiSI, EcoRI, Spei, AscI und Fsel angegeben. Einzelne Restriktionsschnittstellen, die dem Austausch von Promotoren und Reportergenen dienen, sind grau dargestellt. Ferner ist die Position und Orientierung des Stress-Promotors und des von diesem kontrollierten Stress-induzierbaren Reportengens (hier GFP) sowie die Position und Orientierung des konstirutiv aktiven Actin-Promotors und des über diesen kon- stitutiv exprimierten Reportergens (hier dsRED) angegeben. Zur Terminierung der Transkription befindet sich 3' des jeweiligen Reportergens eine der Terminationsregion des Hydra Ac- tin-Gens entsprechende Terminationssequenz. Das GFP-Reportergen wird nur exprimiert, wenn ein bestimmter Stressfaktor vorhanden ist, das dsRED-Reportergenprodukt dient hier der Kontrolle der Transfektionseffizienz und der Selektion transgener Tiere.

In Fig. 3 ist ein früher Hydra-Embryo dargestellt, der über die Fixierungspipette (links) des Mikromanipulators angesaugt und somit fixiert wird. Die Iηjektionskanüle mit der Vektorlö- sung ist rechts unten zu sehen.

In Fig. 4 ist eine transgene Hydra dargestellt, die das Reportergen GFP unter Regulation des Schwermetall-sensitiven hsp70.1 — Promotors exprimiert. Dem die Hydra umgebenden Medium wurden 25 μmol/1 Cadmiumchlorid zugesetzt und die Hydra hierin für 2 Stunden inku- biert. Das von der Hydra in allen Körperzellen exprimierte GFP leuchtet unter Fluoreszenzlicht hellgrün.

Fig. 5 zeigt die Konzentrations-abhängige Induktion des Wildtyp-Gens Periculin in Hydra vulgaris durch Lipopolysaccharid (LPS - ein charakteristischer Zellwandbestandteil gram- negativer Bakterien) und nach Transfektion mit doppelsträngiger RNA, wie sie häufig in Viren vorkommt.

Fig 6. zeigt eine transgene Hydra, die das Reportergen dsRED unter Regulation des Periculin- Promotors exprimiert. Dem die Hydra umgebenden Wasser wurde 20 ng/ml LPS zugesetzt und die Hydra hierin für 2 Stunden inkubiert. Die Hydra leuchtet an vielen Stellen rot. Die klonale Selektion ist hier noch nicht soweit fortgeschritten, dass das Reportergen in allen Körperzellen exprimiert wird.

Die transgenen Hydra wurden, wie in Wittlieb et al. („Transgenic Hydra allow in vivo track- ing of individual stem cells during morphogenesis." Proc Natl Acad Sei U S A. 2006 Apr 18;103(16):6208-l 1) im Detail beschrieben, erzeugt. Im Folgenden wird die Methode daher lediglich kurz zusammengefasst:

zur Transfektion der Hyc/ra-Polypen werden Reportergenkonstrukte eingesetzt. Die Transfek- tion erfolgt mittels Mikroinjektion von H. vulgaris (AEP) Embryos im 2 - 8 Zell Stadium. Vor der Mikroinjektion werden die Embryos vom mütterlichen Gewebe abgelöst. Die Mikroinjektion wird unter einem invertierten Mikroskop (Zeiss Axiovert 100) und zwei Mikroma- nipulatoren (Leitz, Eppendorf) durchgeführt. Embryos werden unter Zuhilfenahme einer CellTram Air Pumpe (Eppendorf) mit einer Mikropipette gehalten. Das jeweilige Konstrukt (0.1 μl; 0.6 μg Vektor/μl) wird mit einer CellTram vario Pumpe (Eppendorf) injiziert. Die Glassnadeln für die Mikroinjektion werden mit einem Vertical Pipette Puller 700 C (Kopf Instruments, Tujunga, CA) hergestellt. Zwischen 20 und 30 % der Embryonen exprimieren das Konstrukt von Tag 2 an. Nach dem Schlüpfen exprimieren die Polypen das Reportergen als „Mosaike" in kleinen Zellgruppen. Durch klonale Propagation werden aus solchen Gründerpolypen Polypen hergestellt, die das Expressionskonstrukt in allen Zellen des Körpers oder der betreffenden Zelllinie tragen.