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Patent Searching and Data


Title:
COMBINED RIGOROUS AND DATA-BASED MODELING OF AN INDUSTRIAL PROCESS
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2023/237252
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a method for modeling, during operation, an output variable of an industrial process (1) which can be used in a process plant, comprising: a) carrying out the industrial process (1), b) detecting, by means of suitable detection means, process values (y) arising from the industrial process (1), c) processing the detected process values (y) by means of computer-implemented rigorous modeling (2), the detected process values (y) being input values for the computer-implemented rigorous modeling (2), d) using process values of at least one internal variable (x) of the computer-implemented rigorous modeling (2) which were determined by means of the computer-implemented rigorous modeling (2) as input variables for additional computer-implemented modeling (3) which is data-based, e) determining output values of the output variable (zd) by means of the additional computer-implemented, data-based modeling (3).

Inventors:
BIERWEILER THOMAS (DE)
KEMNA ANDREAS (DE)
LABISCH DANIEL (DE)
OLSCHEWSKI FRANK (DE)
STRAUCH PIOTR (DE)
ZIEGLER WOLFGANG (DE)
Application Number:
PCT/EP2023/060543
Publication Date:
December 14, 2023
Filing Date:
April 21, 2023
Export Citation:
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Assignee:
SIEMENS AG (DE)
International Classes:
G05B17/02
Foreign References:
EP1336081A22003-08-20
DE4338608A11995-08-03
US20220297706A12022-09-22
Other References:
HEEJIN LIM ET AL: "Modeling and Optimization of a Styrene Monomer Reactor System Using a Hybrid Neural Network Model", INDUSTRIAL & ENGINEERING CHEMISTRY RESEARCH, vol. 43, no. 20, 1 September 2004 (2004-09-01), pages 6441 - 6445, XP055437279, ISSN: 0888-5885, DOI: 10.1021/ie049936x
Attorney, Agent or Firm:
SIEMENS PATENT ATTORNEYS (DE)
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Claims:
Patentansprüche

1. Verfahren zur betriebsbegleitenden Modellierung einer Ausgangsgröße eines industriellen Prozesses (1) , welcher in einer Prozessanlage zur Anwendung kommen kann, umfassend: a) Durchführung des industriellen Prozesses (1) , b) Erfassen von aus dem industriellen Prozess (1) stammenden Prozesswerten (y) durch geeignete Erfassungsmittel, c) Verarbeitung der erfassten Prozesswerte (y) durch eine computerimplementierte rigorose Modellierung (2) , wobei die erfassten Prozesswerte (y) Eingangswerte der computer implementierten rigorosen Modellierung (2) darstellen, d) Verwendung von Prozesswerten wenigstens einer inneren Größe (x) der computerimplementierten rigorosen Modellierung (2) , die von der computerimplementierten rigorosen Modellierung (2) ermittelt wurden, als Eingangswerte einer weiteren computerimplementierten Modellierung (3) , welche datenbasiert ausgebildet ist, e) Ermittlung von Ausgangswerten der Ausgangsgröße (Zd) durch die weitere computerimplementierte, datenbasierte Modellierung (3) .

2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem zusätzliche Eingangswerte (y) für die computerimplementierte rigorose Modellierung (2) und/oder die weitere computerimplementierte, datenbasierte Modellierung (3) verwendet werden, welche Eingangswerte (y) Umweltbedingungen bei der Durchführung des industriellen Prozesses (1) oder Parameter von Elementen, die im Rahmen der Durchführung des industriellen Prozesses (1) verwendet werden, umfassen.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, bei dem die zu modellierende Ausgangsgröße (Zd) ein Volumenstrom, eine Konzentration einer anorganischen, gasförmigen Chlorverbindung, einer anorganischen, gasförmigen Fluorverbindung, eines Staubs, eines Stickstoffoxids, eines Kohlenmonoxids, eines Stickstoffdioxids, eines Stickstoffmonoxids, eines Distickstoffmonoxids, eines Ammoniaks, eines Quecksilbers, eines Methans, ei- nes Sauerstoffs, einer Feuchte, eines Kohlendioxids, eines Formaldehyds oder eines Schwefeldioxids darstellt.

4. Verfahren nach Anspruch 3, bei dem der industrielle Prozess (1) eine Verbrennung eines Abfalls, oder eines Brennstoffes in einer Gasturbine, einem Brenner oder einem Motor darstellt .

5. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, bei dem die erfassten Prozesswerte (y) als zusätzliche Eingangswerte der weiteren computerimplementierten, datenbasierten Modellierung (3) verwendet werden.

6. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, bei dem die weitere computerimplementierte, datenbasierte Modellierung (3) als ein neuronales Netz, eine Regression oder eine selbstorganisierende Karte ausgebildet ist.

7. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, bei dem ermittelte Ausgangswerte (zr) der computerimplementierten rigorosen Modellierung als zusätzliche Eingangswerte der weiteren computerimplementierten, datenbasierten Modellierung (3) verwendet werden.

8. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, bei dem im Rahmen der computerimplementierten rigorosen Modellierung (2) ein dynamisches Verhalten der Erfassungsmittel berücksichtigt wird.

9. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, bei dem die betriebsbegleitend modellierten Ausgangswerte der Ausgangsgröße (Zd) für eine Optimierung des Betriebes des industriellen Prozesses (1) und/oder für eine Vorhersage eines Wartungsbedarfs bei der Durchführung des industriellen Prozesses (1) verwendet werden. 10. Vorrichtung zur Steuerung und/oder Überwachung eines industriellen Systems, die dazu ausgebildet ist, ein Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1 bis 9 durchzuführen. 11. Vorrichtung nach Anspruch 10, wobei das industrielle

System eine Gasturbine, einen Brenner oder einen Motor, insbesondere mit einem nachgeschalteten Katalysator, umfasst.

12. Vorrichtung nach Anspruch 11, bei der die zu modellie- rende Ausgangsgröße (Zd) ein Volumenstrom, eine Konzentration einer anorganischen, gasförmigen Chlorverbindung, einer anorganischen, gasförmigen Fluorverbindung, eines Staubs, eines Stickstoffoxids, eines Kohlenmonoxids, eines Stickstoffdioxids, eines Stickstoffmonoxids, eines Distickstoffmonoxids, eines Ammoniaks, eines Quecksilbers, eines Methans, eines Sauerstoffs, einer Feuchte, eines Kohlendioxids, eines Formaldehyds oder eines Schwefeldioxids darstellt.

Description:
Beschreibung

Kombinierte rigorose und datenbasierte Modellierung eines industriellen Prozesses

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur betriebsbegleitenden Modellierung einer Ausgangsgröße eines industriellen Prozesses mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1. Außerdem betrifft die Erfindung eine Vorrichtung zur Steuerung und/oder Überwachung eines industriellen Systems mit den Merkmalen des Anspruchs 10.

Für zahlreiche Anwendungen werden Prozessmodelle benötigt. Dazu zählen Prädiktionsaufgaben, Prozessoptimierung, genauso wie Klassifizierungen sowie Anomalieerkennungen. Tatsächlich lassen sich viele verfahrenstechnische Prozesse nicht genügend genau rigoros modellieren oder dies ist nur mit einem zu hohen Aufwand möglich. In diesen Fällen wird gerade in den letzten Jahren häufig zu einer datengetriebenen Modellierung mittels Machine Learning (ML) - oder Deep Learning (DL) - Methoden übergegangen. Aber auch hier lässt sich eine ausreichende Genauigkeit häufig nur mit erheblichem Aufwand erzielen. Zudem fehlt den Methoden-Experten (z.B. Data Scientists) teilweise das tiefere Prozessverständnis, was die Anwendung weiter erschwert.

Oftmals wird die Struktur von z.B. verfahrenstechnischen Prozessen bei der datengetriebenen Modellierung nicht berücksichtigt. Wenn aber die Struktur des zu modellierenden Prozesses bekannt ist (z.B. verfahrenstechnische Grund- und Verfahrensfließbilder, ggf. auch R&I Diagramme) , soll dieses Wissen auch in der Struktur des datengetriebenen Modells berücksichtigt werden. Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird auch die oftmals notwendige online-Adaption der Modellierung (insbesondere wegen sich ändernder Prozesse) erheblich vereinfacht und Anforderungen an Quantität und Qualität der benötigten Daten zur online-Adaption erheblich verringert . In den meisten Fällen wird ausschließlich eine datenbasierte Modellierung eingesetzt . Das rigorose Modell zu „vergessen" und komplett auf eine datenbasierte Modellierung zu gehen, ist j edoch unbefriedigend und verschenkt bereits Erreichtes . Zudem kann es sein, dass auch das datenbasierte Modell die gewünschte Genauigkeit nicht mit vertretbarem Aufwand erreicht . Zudem sind viele datenbasierte Modelle nicht geeignet , Transparenz über ihre Prädiktion zu geben . Dies dämpft das Vertrauen der Anwender und verhindert im Zwei fels fall den Einsatz . Darüber hinaus ist ein Vertrauen in rigorose Modelle tendenziell größer .

Es ist daher zweckmäßig, das rigorose Modell weiter zu betrachten und mit Verfahren des ML und DL zu kombinieren . Häufig zu finden sind ML-Verfahren zur Optimierung der Modellparameter mithil fe der Daten, um das rigorose Modell besser an das tatsächliche Verhalten anzupassen . Vorteilhaft gestaltet sich die Kombination beider Verfahren auch hinsichtlich einer Zerti fi zierung, insbesondere hinsichtlich des EU AI Acts .

Alternativ kann das rigorose Modell zur Erzeugung von Simulationsdaten genutzt werden, die für ein Vortrainieren des datenbasierten Modells oder auch zum parallelen Training eingesetzt werden . Der Modell fehler muss hier allerdings geeignet berücksichtigt werden . Gerade wenn nur bestimmte Teile des rigorosen Modells unzureichend sind, werden datenbasierte Modelle genutzt , um lediglich diese zu ersetzen .

Um ein dynamisches datenbasiertes Modell zu erstellen, muss ggf . die Struktur des datengetriebenen Modells weitreichend angepasst werden ( z . B . mehrere Layer, ... ) . Dabei ist oftmals erhebliche Erfahrung und ggf . diverse Iterationen der Modellstruktur notwendig, um Prozess- und Messinstrumenten- Dynamiken in der datengetriebenen Modellierung zu berücksichtigen .

Darüber hinaus werden für eine datengetriebene dynamische Modellbildung wesentlich mehr Daten benötigt , um die dynamische Modellbildung zuverlässig zu ermöglichen. Darüber hinaus wird die Modellbildung nochmals erschwert, wenn die zu modellierende Anlage mit closed loop Regelungen betrieben wird. Darüber hinaus ist bei sich änderndem Streckenverhalten eine Adaption des datengetriebenen Modells notwendig, was nochmals deutlich erhöhte Anforderungen an den Umfang und die Qualität der Prozessdaten stellt.

Prozesse, z.B. in der Verfahrenstechnik, können recht komplexe Strukturen aufweisen. Es ist natürlich möglich, diese Strukturen bei der datengetriebenen Modellierung zu vernachlässigen. Bei einer Vernachlässigung der Prozess-Struktur ergeben sich aber wieder erheblich erhöhte Anforderungen an Umfang und Qualität der Prozessdaten.

Außerdem sind mehrere Ansätze bekannt (z.B. https : // agupubs . online library . wi ley . com/ do i/full/10.1029/2018 WR023333) , um mithilfe zusätzlicher Daten ein Korrekturmodell für das rigorose Modell zu erlernen. Diese zusätzlichen Daten werden jedoch nur im Training genutzt, nicht in der späteren Anwendung, was diesen Ansatz von dem unten vorgestellten erfindungsgemäßen Verfahren unterscheidet.

Ein weiterer bekannter Ansatz besteht darin, mittels einfacher meist algebraischer Gleichungen, weitere aussagekräftige Features aus den Daten zu generieren. Dies fängt bei der Anwendung von Funktionen auf einzelne Größen an (z.B. Quadratur) und umfasst außerdem kombinierte Auswertungen mehrerer Größen, wie z.B. unter https : / / turbulent flux . com/ combining-physics-and-machine- 1 earning- to -under stand-multiphase- trans lent- flow/

Es sind außerdem Anwendungen bekannt, wo das rigorose und das datenbasierte Modell parallel betrieben werden und mittels gewichteter linearer Kombination das jeweils verlässlichere ausgewählt wird (https://towardsdatascience.com/combining- physics-and-deep-learning-54eac4afel46) , was jedoch mittel Markov Modellen erfolgen kann (https : / /www . sciencedirect . com/ science/ article/ ab s/pii/S 18755 10021005436 ) .

Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde , ein Verfahren und eine dazugehörige Vorrichtung anzugeben, die eine betriebsbegleitende Modellierung von Ausgangsgrößen eines industriellen Prozesses ressourcenschonend, aber dabei gleichzeitig ef fizient gestaltet .

Die zuvor formulierte Aufgabe wird durch ein Verfahren zur betriebsbegleitenden Modellierung einer Ausgangsgröße eines industriellen Prozesses mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst . Außerdem wird die zuvor formulierte Aufgabe gelöst durch eine Vorrichtung zur Steuerung und/oder Überwachung eines industriellen Systems gemäß Anspruch 10 . Vorteilhafte Weiterbildungen sind Gegenstand der abhängigen Ansprüche .

Ein Verfahren zur betriebsbegleitenden Modellierung einer Ausgangsgröße eines industriellen Prozesses , welcher in einer Prozessanlage zur Anwendung kommen kann, umfasst die folgenden Schritte : a) Durchführung des industriellen Prozesses , b) Erfassen von aus dem industriellen Prozess stammenden Prozesswerten durch geeignete Erfassungsmittel , c) Verarbeitung der erfassten Prozesswerte durch eine computerimplementierte rigorose Modellierung, wobei die erfassten Prozesswerte Eingangswerte der computerimplementierten rigorosen Modellierung darstellen, d) Verwendung von Prozesswerten wenigstens einer inneren Größe der rigorosen Modellierung, die von der rigorosen Modellierung ermittelt wurden, als Eingangswerte einer weiteren computerimplementierten Modellierung, welche datenbasiert ausgebildet ist , e ) Ermittlung von Ausgangswerten der Ausgangsgröße durch die computerimplementierte datenbasierte Modellierung .

Eine rigorose Modellierung umfasst dabei insbesondere mathe- matisch/physikalische Zusammenhänge in Form von (partiellen) Di f ferentialgleichungen oder di f ferenzial-algebraische Gleichungen, um aus den Eingangsgrößen bzw . Eingabeparametern Ausgangsgrößen zu ermitteln . Dabei wird im Rahmen der rigorosen Modellierung wenigstens eine innere Größe ermittelt . Die innere Größe zeichnet sich dadurch aus , dass es sich dabei weder um eine Eingangsgröße noch um eine Ausgangsgröße der rigorosen Modellierung handelt . Die innere Größe wird demnach im Verlauf der rigorosen Modellierung als ein Nebenprodukt ermittelt . Die innere Größe wird mit anderen Worten so definiert , dass nur ein Teil der vollständigen rigorosen Modellierung notwendig ist , um die innere Größe ( oder die inneren Größen) zu ermitteln .

Die innere Größe wird als Eingangsgröße bzw . als Eingangswerte einer zweiten Modellierungsstufe verwendet , welche im Gegensatz zu der rigorosen Modellierung datenbasiert ausgebildet ist . Im Gegensatz zu einer reinen datenbasierten Modellierung der Ausgangswerte der Ausgangsgröße kann die datenbasierte Modellierung im Rahmen des erfindungsgemäßen Verfahrens auf deutlich umfangreichere und genauere Informationen ( also auf die durch die rigorose Modellierung ermittelte innere Größe ) zugrei fen .

Es ist ein Merkmal der Erfindung, dass die rigorose und die datenbasierte Modellierung beide betriebsbegleitend durchgeführt werden . Wie einführend erläutert , war dies im Stand der Technik nicht bekannt . Die rigorose Modellierung stellt bei den tendenziell deterministischen technischen Anlagen in der Regel eine verlässliche Datenquelle für die datenbasierte Modellierung dar .

Das Verfahren gestaltet sich deshalb als besonders vorteilhaft , da die eigentliche Ausgangsgröße der rigorosen Modellierung nicht notwendigerweise berechnet werden muss . Dies kann eine bedeutende Verringerung der benötigten (Rechen- ) Ressourcen mit sich bringen . Vorteilhafterweise wird die innere Größe so gewählt , dass sie möglichst aufwandsarm durch die rigorose Modellierung ermittelt werden kann . Besonders vorteilhaft wird einem Anwender der Modellierung eine Auswahlmöglichkeit darüber dargeboten, welche innere Größe sich aufgrund bestimmter Kriterien wie Genauigkeit der Modellierung oder Rechenaufwand besonders als Eingangsgröße für die nachfolgende datenbasierte Modellierung eignet . Hierzu kann eine maschinelles ( Selbst- ) Lernen vorgesehen sein, welches automatisiert oder teilautomatisiert , beispielsweise unter Nutzung einer Beurteilung durch den Anwender, die für die weitere Modellierung am besten passende innere Größe ermittelt .

Da mit der zusätzlichen Nutzung der inneren Größe ein erheblicher Informationsgewinn einhergeht , muss die datenbasierte Modell weniger komplexe Zusammenhänge abbilden, was einfachere Modellstrukturen ermöglicht . Speziell in Bezug auf die Dynamik kann es möglich sein, dass durch eine Berücksichtigung von dynamischen Änderungen von Größen in der rigorosen Modellierung auf dynamische Anteile in der datenbasierten Modellierung komplett verzichtet werden kann . Dies kann die Komplexität erheblich reduzieren .

Ein weiterer großer Vorteil liegt darin, dass durch das Ermitteln und Abfragen der inneren Größe gut interpretierbare Zwischenergebnisse der rigorosen Modellierung vorliegen . So kann durch einen Vergleich der durch die rigorose Modellierung ermittelten Ausgangswerte der Ausgangsgröße und der durch die datenbasierte Modellierung ermittelten Ausgangswerte der Ausgangsgröße das Verhalten der datenbasierten Modellierung besser interpretiert werden . Eine ergänzende obere Schranke für die Di f ferenz beider Größen könnte die Akzeptanz beim Anwender zudem steigern .

In der Zusammenarbeit zwischen den Modellierern der rigorosen Modellierung und den Daten-Analysten ( also den Modellierern der datenbasierten Modellierung) ergibt sich zudem der Vorteil , dass die rigorose Modellierung weiterhin aktiv genutzt wird und die Arbeit der rigorosen Modellierer damit erkennbar bleibt . Auch nachträgliche Verbesserungen der rigorosen Mo- dellierung können einfach berücksichtigt werden . Der erwähnte Vergleich der durch die rigorose Modellierung ermittelten Ausgangswerte der Ausgangsgröße und der durch die datenbasierte Modellierung ermittelten Ausgangswerte der Ausgangsgröße kann weiterhin auch gemeinsam von den Modellierern ausgewertet werden, um heraus zufinden, in welchen Bereichen die rigorose Modellierung ggf . noch Abweichungen und Unsicherheiten besitzt .

Auch die Möglichkeit , j ederzeit auf die rigorose Modellierung als „Fall-back"-Strategie umzuschalten, ist ein Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens . Wird der datenbasierten Modellierung in einer konkreten Situation kein Vertrauen geschenkt , kann die datenbasierte Modellierung sehr einfach überbrückt werden . Auch wenn klar ist , z . B . durch eine vorgeschaltete Anomalieerkennung, dass sich die aktuelle Situation derart von den Trainingsdaten unterscheidet , dass die datenbasierte Modellierung extrapolieren müsste , kann eine solche Umschaltung ziel führend sein . Zur Umsetzung der „Fall-back"- Strategie kann im Anschluss an die Modellierungen eine Abfrage vorgenommen, ob ggf . auf die datenbasierte Modellierung verzichtet werden sollte .

In der rigorosen Modellierung können vorteilhafterweise dynamische Veränderungen von ( Prozess- ) Messinstrumenten und - großen berücksichtigt werden, während im Rahmen der datenbasierten Modellierung vorteilhafterweise nur stationäre Vorgänge berücksichtigt werden . Es kann also ein dynamisches Verhalten der Erfassungsmittel im Rahmen der computer implementierten rigorosen Modellierung berücksichtigt werden . Dies reduziert die Belastung beteiligter Recheneinheiten bei der datenbasierten Modellierung .

Im Rahmen der datenbasierten Modellierung kann eine Strukturierung der Daten vorgenommen werden, welche sich an einer Strukturierung der verfahrenstechnischen Fließbilder bzw . dem Rohrleitungs- und Instrumentrierungs-Fließschema (R& I- Fließschema ) ergeben kann . Durch diese strukturierte Model- lierung lassen sich ggf . Teilprozesse des industriellen Prozesses noch ef fi zienter optimieren .

Im Rahmen einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung werden zusätzliche Eingangswerte für die rigorose Modellierung und/oder die weitere , datenbasierte Modellierung verwendet , welche Eingangswerte Umweltbedingungen bei der Durchführung des industriellen Prozesses oder Parameter von Elementen, die im Rahmen der Durchführung des industriellen Prozesses verwendet werden, umfassen . So können beispielsweise eine Umgebungstemperatur oder ein Luftdruck als Umweltbedingung oder eine stof fliche Zusammensetzung eines Elementes , welches bei der Durchführung des industriellen Prozesses zum Einsatz kommt , Verwendung als Eingangswerte finden .

Bei der zu modellierenden Ausgangsgröße kann es sich um eine Konzentration eines Stickstof foxids , eines Kohlenmonoxids , eines Formaldehyds oder eines Schwefeloxids handeln . Ein Ziel der betriebsbegleitenden Modellierung ist dabei den j eweiligen Anteil des j eweiligen Stof fes an einer Gesamtstof fmenge zu ermitteln .

Der industrielle Prozess kann dabei eine Verbrennung eines Brennstof fes in einer Gasturbine , einem Brenner oder einem Motor darstellen .

Bevorzugt werden die erfassten Prozesswerte als zusätzliche Eingangswerte der weiteren computerimplementierte , datenbasierten Modellierung verwendet . Dadurch kann die Genauigkeit der datenbasierten Modellierung weiter erhöht werden .

Die weitere , datenbasierte Modellierung kann als ein neuronales Netz , eine Regression oder eine selbstorganisierende Karte ausgebildet sein .

Im Rahmen einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung werden von der computerimplementierten rigorosen Modellierung ermittelte Ausgangswerte als zusätzliche Eingangswerte der weiteren computerimplementierte , datenbasierten Modellierung verwendet .

Ganz besonders bevorzugt werden die betriebsbegleitend modellierten Ausgangswerte der Ausgangsgröße für eine Optimierung des Betriebes des industriellen Prozesses und/oder für eine Vorhersage eines Wartungsbedarfs bei der Durchführung des industriellen Prozesses verwendet .

Die zuvor formulierte Aufgabe wird zudem gelöst durch ein technisches Modul , das zur Bereitstellung und Übermittlung von Informationen, wie zuvor erläutert , an ein technisches System, wie zuvor erläutert , ausgebildet ist . Das technische Modul ist dabei vorzugsweise dazu ausgebildet , wenigstens einen Dienst als technische Dienstleistung anzubieten .

Die zuvor formulierte Aufgabe wird zudem gelöst durch eine Vorrichtung zur Steuerung und/oder Überwachung eines industriellen Systems , die dazu ausgebildet ist , ein Verfahren wie zuvor erläutert durchzuführen .

Die oben beschriebenen Eigenschaften, Merkmale und Vorteile dieser Erfindung sowie die Art und Weise , wie diese erreicht werden, werden klarer und deutlicher verständlich im Zusammenhang mit der folgenden Beschreibung des Aus führungsbeispiels , das im Zusammenhang mit den Zeichnungen näher erläutert wird .

In FIG 1 ist ein erfindungsgemäßes Verfahren schematisch dargestellt . Ein industrieller Prozess 1 , wie eine Verbrennung in einer Gasturbine , wird durchgeführt . Dabei soll parallel zur Durchführung des industriellen Prozesses 1 , also betriebsbegleitend, eine Konzentration eines Stickstof foxides in der Gasturbine als Ausgangsgröße Zd im Rahmen einer Modellierung ermittelt werden . Hierzu werden in einer ersten Stufe Prozesswerte und Umweltbedingungen wie eine Umgebungstemperatur des industriellen Prozesses 1 als Eingangswerte y von Erfassungsmitteln erfasst . Diese werden im Rahmen einer ersten computerimplementierten rigorosen Modellierung 2 weiterverarbeitet . Die rigorose Modellierung 2 ermittelt aus den Eingangswerten y unter Verwendung von ( Di f f erential-

) Gleichungen, die den technischen Prozess 1 charakterisieren, die Konzentration des Stickstof foxides in der Gasturbine als Zielgröße z r .

Im Rahmen der rigorosen Modellierung 2 wird wenigstens eine innere Größe x ermittelt . Die innere Größe x stellt weder eine Eingangsgröße y noch eine Zielgröße z r dar . Sie ist eine Art Zwischenergebnis bzw . ein Zwischenprodukt , das sich nach einer Durchführung einer Teilmenge der rigorosen Modellierung 2 ergibt und welches von außen als Größe abrufbar ist . Es kann sich dabei beispielsweise um eine Temperatur in einer Brennkammer der Gasturbine handeln .

Sowohl die Eingangswerte y aus dem industriellen Prozess 1 als auch die Prozesswerte der inneren Größe x finden in einer zweiten, nachfolgenden Stufe Eingang in eine weitere computerimplementierte , datenbasierte Modellierung 3 . Im Gegensatz zu der rigorosen, gleichungsbasierten Modellierung 2 finden in der weiteren Modellierung 3 ausschließlich datenbasierte Modellierungsschritte statt . Es kann sich bei der datenbasierten Modellierung 3 beispielsweise um ein neuronales Netz oder eine selbstorganisierende Karte handeln .

Als Ergebnis der weiteren, datenbasierten Modellierung 3 liegt die Konzentration des Stickstof foxids als zu ermittelnde Ausgangsgröße Zd vor . Diese betriebsbegleitend modellierte Ausgangsgröße Z kann im Rahmen einer Optimierung des industriellen Prozesses 1 oder für eine Vorhersage eines Wartungsbedarfs bei der Durchführung des industriellen Prozesses 1 verwendet werden .

Die Rechenmittel für die Computerimplementierungen der Modellierungen 2 , 3 können beispielweise in einer cloudbasierten Umgebung realisiert sein und beispielsweise einen Personal Computer ( PC ) umfassen . Die Rechenmittel können mit Bildmit- teln verbunden sein, beispielsweise über eine bidirektionale , drahtlose Verbindung (NFC, WiFi , Bluetooth etc . ) . Die Bildmittel können als eine Datenbrille ausgebildet sein . Die Rechenmittel sind dabei dazu ausgebildet , Visualisierungsinformationen für eine Anwendung in einer erweiterten Realität zu erzeugen und diese an die Bildmittel zu übertragen, welche dann eine entsprechende bildliche Wiedergabe erzeugen .

In FIG 2 ist ein im Wesentlichen identisches Verfahren schematisch dargestellt . Im Unterschied zu der Aus führung gemäß FIG 1 geht die von der rigorosen Modellierung 2 ermittelte Zielgröße z r als ein weiterer Eingangswert in die weitere , datenbasierte Modellierung 3 ein . Dadurch kann die Exaktheit der Modellierung der Ausgangsgröße z r durch die datenbasierte Modellierung 3 weiter verbessert werden . Es ist aber zu beachten, dass damit die Zielgröße z r auch tatsächlich von der rigorosen Modellierung 2 ermittelt werden muss . Dies kann zu einem erhöhten Modellierungsaufwand führen . Dennoch können die durch die erhöhte Genauigkeit erreichten Verbesserungen den Nachteil bei bestimmten Fallkonstellationen kompensieren . Bevorzugt wird einem Anwender des Verfahrens eine Auswahlmöglichkeit bezüglich einer Ermittlung der Zielgröße z r und eines damit verbundenen Einbezugs in die datenbasierte Modellierung 3 geboten .

Die Erfindung ist nicht auf die Anwendung bei der Durchführung eines einzigen technischen Prozesses beschränkt . Vielmehr kann sie beispielsweise auch bei einem mehrstufigen Prozess zur Anwendung kommen . Beispielsweise kann das Verfahren zur Ermittlung einer Stickstof foxid-Konzentration bei einer Gasturbine mit nachgeschaltetem Katalysator verwendet werden . Die Gasturbine und deren Stickstof foxid-Konzentration im Abgas lassen sich gut als stationär modellieren ( da sehr hohe Dynamik, < 2 Sekunden) . Allerdings weist die Messinstrumen- ten-Dynamik eine Totzeit von ca . 2 bis 5 min aufgrund der Messmethode auf , was aus den physikalischen Gegebenheiten heraus ermittelbar ist und als rigorose Modellierung 2 eingebracht werden kann . Der nachgeschaltete Katalysator ( Serien- Schaltung von Gasturbine und Katalysator ) hat demgegenüber eine signi fikante Prozessdynamik (Einspritzung von NH3 in den Katalysator ) , nämlich ca . 15 bis 20 min bis zum Einschwingen in einen neuen Zustand . Diese Katalysator-Dynamik und die Messinstrumenten-Dynamik der (nachgeschalteten) Stickstof- foxid-Konzentrationsmessung können in der rigorosen Modellierung 2 ebenfalls berücksichtigt werden . Durch diese strukturierte Modellierung ergibt sich eine verbesserte Prädiktion der Stickstof f oxid-Emissionen .

Obwohl die Erfindung im Detail durch das bevorzugte Aus führungsbeispiel und die Figuren näher illustriert und beschrieben wurde , so ist die Erfindung nicht durch die of fenbarten Beispiele eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden, ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen .