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Title:
ENDOPROSTHESIS ASSISTANCE SYSTEM, AND ASSISTANCE METHOD
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2023/161118
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to an endoprosthesis assistance system (1) for assistance in an endoprosthetic surgery in a patient (P), in particular in complete knee arthroplasties or in hip endoprosthetics, the system having: a navigation system (2) with a tracking system (4), which in particular includes a 3D camera (6) for tracking; at least one first and one second patient tracker (8, 10), which are suitable for being rigidly fastened to a first bone (K1) and a second bone (K2) of the patient (P), which form the movable connection of the joint; a navigation pointer (12), which together with the navigation system (2) can record intraoperative landmarks (14) via palpation, and/or a 3-D surface scanner which is suitable for scanning a surface and capturing it three-dimensionally; a display device (16), in particular a surgical monitor, which is suitable for outputting a visual display to a user; and a control unit (18), which is suitable for: prior to an incision, detecting and recording, via the patient tracker (8, 10) attached to the bones (K1, K2), a kinematics of the bones (K1, K2) tracked by the navigation system (2); after an incision, carrying out a registration intraoperatively via the first and/or second bone (K1, K2) by means of the navigation pointer (12) and/or the 3-D surface scanner; on the basis of the registration, determining a transformation of the recorded kinematics into an anatomical system; and, via the display device (16), outputting an assistance display (20) comprising data relating to the recorded kinematics in comparison to the anatomical system. The invention also relates to an assistance method and a computer-readable storage medium according to the additional independent claims.

Inventors:
SARVESTANI AMIR (DE)
Application Number:
PCT/EP2023/053880
Publication Date:
August 31, 2023
Filing Date:
February 16, 2023
Export Citation:
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Assignee:
B BRAUN NEW VENTURES GMBH (DE)
International Classes:
A61B34/10; A61B34/00; A61B34/20
Foreign References:
DE102006056399A12007-05-31
US20100234770A12010-09-16
US20040106861A12004-06-03
US20050096535A12005-05-05
Attorney, Agent or Firm:
WINTER, BRANDL - PARTNERSCHAFT MBB (DE)
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Claims:
Ansprüche

1 . Endoprothesen-Assistenzsystem (1 ) für eine Assistenz bei einem chirurgischen Endoprothetik-Eingriff bei einem Patienten (P), insbesondere bei einer totalen Kniearthroplastik oder bei einer Hüftendoprothetik, aufweisend: ein Navigationssystem (2) mit einem Trackingsystem (4) zur Nachverfolgung, das insbesondere eine 3D-Kamera (6) zur Nachverfolgung aufweist; zumindest einen ersten Patienten-Tracker (8) und einen zweiten Patienten- Tracker (10), welche dafür angepasst sind, an einen ersten Knochen (K1 ) und einen zweiten Knochen (K2) des Patienten (P), welche die bewegliche Verbindung des Gelenks bilden, starr befestigt zu werden; einen Navigations-Zeiger (12), der zusammen mit dem Navigationssystem (2) über eine Palpation intraoperativ Landmarken (14) erfassen kann und/oder einen 3D- Oberflächenscanner, der dafür angepasst ist, eine Oberfläche dreidimensional zu erfassen; eine Darstellungsvorrichtung (16), insbesondere einen OP-Monitor, die dafür angepasst ist, eine visuelle Anzeige an einen Nutzer auszugeben; und eine Steuereinheit (18), die dafür angepasst ist: vor einer Inzision über die an den Knochen (K1 , K2) angebrachten Patienten- Tracker (8, 10) eine Kinematik der nachverfolgten Knochen (K1 , K2) durch das Navigationssystem (2) zu erfassen und aufzuzeichnen; nach einer Inzision intraoperativ eine Registrierung über den ersten und/oder zweiten Knochen (K1 , K2) mittels des Navigations-Zeigers (12) und/oder des 3D- Oberflächenscanners durchzuführen; basierend auf der Registrierung eine Transformation der aufgezeichneten Kinematik zu einem Anatomischen System zu bestimmen; und über die Darstellungsvorrichtung (16) eine Assistenzdarstellung (20) mit Daten zu der aufgezeichneten Kinematik gegenüber dem anatomischen System auszugeben.

2. Endoprothesen-Assistenzsystem (1 ) nach Anspruch 1 , dadurch gekennzeichnet, dass das Navigationssystem (2) in Form eines chirurgischen Navigationssystems ausgeführt ist und/oder dass das Endoprothesen-Assistenzsystem (1 ) einen chirurgischen Roboter aufweist, insbesondere zum Aktuieren von zumindest einem medizinischen Instrument als Endeffektor, und das Navigationssystem (2) ferner vorzugsweise dafür angepasst ist, eine kinematikbasierte Erfassung des Robotersystems für eine Navigation einzubinden.

3. Endoprothesen-Assistenzsystem (1 ) nach einem der vorstehenden

Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Navigationssystem (2) als bildbasiertes Navigationssystem ausgeführt ist und die Steuereinheit (18) dafür angepasst ist, die aufgezeichnete Kinematik gegenüber 3D-Aufnahmen des Patienten (P) als Anatomisches System, insbesondere gegenüber segmentierten präoperativen CT- oder MRT-Aufnahmen, zu korrelieren.

4. Endoprothesen-Assistenzsystem (1 ) nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Navigationssystem (2) als bildloses Navigationssystem ausgeführt ist und die Steuereinheit (18) dafür angepasst ist, die aufgezeichnete Kinematik gegenüber einem biomechanischen Kinematikmodell des Patienten (P) als Anatomisches System zu korrelieren.

5. Endoprothesen-Assistenzsystem (1 ) nach einem der vorstehenden

Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinheit (18) dafür angepasst ist, über den OP-Monitor als Darstellungsvorrichtung (16) eine in einer Speichereinheit (22) hinterlegte Bewegungsanleitung, insbesondere in Form von bewegten Bildern, an den Nutzer auszugeben, um den Nutzer eine Anleitung für eine Ausführung einer vordefinierten Kinematik bereitzustellen.

6. Endoprothesen-Assistenzsystem (1 ) nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinheit (18) dafür angepasst ist, die aufgezeichnete Kinematik über die Darstellungsvorrichtung (16), insbesondere den OP-Monitor, als Wiederholung auszugeben.

7. Endoprothesen-Assistenzsystem (1 ) nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinheit (18) dafür angepasst ist, basierend auf einem Algorithmus oder basierend auf einem trainierten Kl-System und mit der aufgezeichneten Kinematik als Eingabedaten, eine Auswahl einer Datenbank mit Implantatkomponenten zu beschränken und/oder einen Vorschlag einer Ausrichtung eines vorgegebenen Implantats bereitzustellen und über die Darstellungsvorrichtung (16) an einen Nutzer visuell auszugeben.

8. Endoprothesen-Assistenzsystem (1 ) nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Steuereinheit (18) dafür angepasst ist, eine nach Ende des Eingriffs über das Navigationssystem (2) aufgezeichnete postoperative Kinematik mit der vor der Inzision aufgezeichneten präoperative Kinematik zu vergleichen und basierend auf dem Vergleich eine Bewertung durchzuführen und über die Darstellungsvorrichtung auszugeben, insbesondere einen Vergleich dahingehend durchzuführen, dass eine postoperative Kinematik der präoperativen Kinematik innerhalb einer vorgegebenen Toleranz, vorzugsweise einer Abweichung der Kinematik von maximal 10%, folgt.

9. Assistenzverfahren für einen chirurgischen Endoprothetik-Eingriff bei einem Patienten (P), insbesondere für den Einsatz bei einem Endoprothesen- Assistenzsystem (1 ) gemäß einem der vorstehenden Ansprüche, gekennzeichnet durch die Schritte, insbesondere in genau dieser Reihenfolge:

Vorzugsweise Befestigen (S1 ) eines ersten und zweiten Patienten-Trackers (8, 10) an jeweils einen ersten und zweiten Knochen (K1 , K2) des Patienten (P), welche die bewegliche Verbindung des Gelenks bilden;

Vorzugsweise Anzeigen (S2) vor einer Inzision, einer geführten Kinematikbewegung durch eine Darstellungsvorrichtung (16), um einem Nutzer eine visuelle Anweisung bereitzustellen;

Erfassen (S3), während einer Kinematikbewegung, einer präoperativen Kinematik der durch ein Navigationssystem (2) über die Patienten-Tracker (8, 10) nachverfolgten ersten und zweiten Knochen (K1 , K2) des Patienten (P) und Bereitstellen der erfassten Kinematik an eine Steuereinheit (18);

Durchführen (S4), nach einer Inzision, einer intraoperativen Registrierung auf Basis von palpatierten intrakorporalen Landmarken und/oder eines Oberflächenabgleichs einer intrakorporalen Knochen-Struktur des ersten und/oder zweiten Knochens (K1 , K2) durch das Navigationssystem (2) zusammen mit einem Navigations-Zeiger (12) und/oder einem 3D-Oberflächenscanner;

Bestimmen (S5), durch die Steuereinheit (18), auf Basis der Registrierung, einer Transformation der erfassten Kinematik zu einem Anatomischen System; und

Ausgeben (S6), durch die Darstellungsvorrichtung (16), einer Assistenzdarstellung (20) mit Daten zu der aufgezeichneten Kinematik gegenüber dem Anatomischen System.

10. Assistenzverfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass das Assistenzverfahren ferner die Schritte aufweist:

Erfassen (S7), nach Schließen des Körpers des Patienten (P), einer postoperativen Kinematik des Patienten (P) durch das Navigationssystem (2) und der nachverfolgten Patienten-Tracker (8,10) und Bereitstellen als computerlesbare Daten an die Steuereinheit (18); und

Vergleichen (S8), durch die Steuereinheit (18), der erfassten präoperativen Kinematik vor einer Öffnung des Patienten (P) mit der postoperativen Kinematik nach dem Schließen des Körpers des Patienten (P) und Bestimmen einer Abweichung zwischen der erfassten präoperativen Kinematik und der erfassten postoperativen Kinematik.

11 . Computerlesbares Speichermedium, welches Befehle umfasst, die bei einer Ausführung durch den Computer, diesen veranlasst, die Verfahrensschritte des Assistenzverfahrens nach Anspruch 9 oder 10 auszuführen.

Description:
Endoprothesen-Assistenzsystem und Assistenzverfahren

Beschreibung

Technisches Gebiet

Die vorliegende Offenbarung betrifft ein Endoprothesen-/ Implantations- Assistenzsystem für eine Assistenz bei einer Implantation bei einem Gelenkersatz (Endoprothese) bei einem Patienten, insbesondere bei einer Operation zum totalen Gelenkersatz wie bei einer Bikondylären Knieendoprothetik oder einer Hüft- Arthroplasty. Daneben betrifft die vorliegende Offenbarung ein Assistenzverfahren bei einem Endoprothetik-Eingriff sowie ein computerlesbares Speichermedium gemäß den Oberbegriffen der nebengeordneten Ansprüche.

Technischer Hintergrund

Orthopädische Navigationssysteme bzw. Navigationssysteme die dafür angepasst sind bei einem orthopädischen Eingriff Instrumente und Implantate zu navigieren, sind bereits seit vielen Jahren bekannt. Diese orthopädischen Navigationssysteme lassen sich im Allgemeinen in Wesentlich zwei Arten bzw. Gruppen von Navigationssystemen unterteilen.

Eine erste Gruppe der Navigationssysteme ist bildbasiert und basiert auf einer (3D-)Aufnahme als Anatomisches System. Hierbei wird eine präoperative dreidimensionale Aufnahme, wie etwa eine CT-Aufnahme, des Patienten erstellt und der Patienten wird anschließend gegenüber der präoperativen CT-Aufnahme registriert, so dass die reale Anatomie gegenüber der aufgezeichneten (virtuellen) Anatomie der Aufnahmedaten korreliert und registriert wird.

Eine zweite Gruppe der Navigationssysteme basiert auf einer bildlosen Navigation mit Hilfe eines biomechanischen Modells als Anatomisches System. Bei diesem biomechanischen Modell wird der Bewegungsapparat des Menschen in Anlehnung an die Technischen Mechanik in ein vereinfachtes virtuelles (digitales) anatomisches Modell übertragen. Insbesondere können Knochen wie die Tibia oder der Femur als Linien repräsentiert werden und Gelenke vereinfacht als Gelenkpunkte mit entsprechend beschränkten Freiheitsgraden modelliert sein. Das biomechanische Modell des Patienten erlaubt eine besonders gute Übersicht über die Kinematik eines Patienten. Bei der bildlosen Navigation wird der Patient, insbesondere der oder die Knochen des Patienten, intraoperativ auf das biomechanische Modell registriert.

Orthopädische Robotersysteme verwenden ähnliche Navigationstechnologien, führen aber zusätzlich noch eine robotergestützte Vorbereitung der zu bearbeitenden Knochen durch.

Mit Einführung der Navigation und der Robotik in der orthopädischen Chirurgie sind die resultierenden Ergebnisse der Eingriffe deutlich reproduzierbarer geworden und Abweichungen von einem gewünschten Standard konnten weiter reduziert werden. Jedoch besteht nach aktuellem Stand der Technik weiterhin das Problem, dass ein wesentlicher Anteil der Patienten mit ihren postoperativen Ergebnissen nach einer Operation, wie beispielsweise einer Knieoperation, nicht zufrieden sind. Insbesondere kann diese Unzufriedenheit darauf zurückgeführt werden, dass bei einer Auswahl von Implantaten bzw. Implantat-Komponenten sowie einer Ausrichtung des Implantats keine oder zumindest nur ungenügend patientenspezifische kinematische Gelenkdaten bzw. die individuelle Kinematik des Patienten Berücksichtigung finden.

Diese patientenspezifischen kinematischen Gelenkdaten können generell entweder vor der Operation oder während der Operation erhoben werden. Im Falle einer Erhebung vor der Operation stehen Ganglabore/ Labore für Ganganalysen zur Verfügung, in denen über eine Kamera direkt eine Kinematik des Beins oder der Hüfte des Patienten erfasst wird und damit indirekt die Kinematik der Knochen des Gelenks. Diese präoperativen Erhebungen haben jedoch den Nachteil, dass die Kinematik nicht genau genug erfasst wird, da kein präziser Bezug bzw. keine Relation zu den realen und individuellen Knochen vorhanden ist. Wenn eine Ganganalyse zusätzlich in Kombination mit intraoperativen Live-Röntgenbildern durchgeführt wird bzw. mit Röntgenbildern kombiniert wird, so kann dieses Problem zwar teilweise reduziert werden. Jedoch sind solche Prozesse mit einer zusätzlichen Röntgenaufnahme in der Regel sehr komplex und sehr kostenintensiv und erfordern eine zusätzliche gesundheitsschädliche Exposition von Röntgenstrahlung für den Patienten.

Orthopädische Navigations- oder Robotersysteme als Weiterentwicklung ermöglichen zwar eine Erfassung der Kinematik (der Knochen) des Patienten während der Operation und direkt vor der (Vorbereitung der) Bearbeitung, insbesondere Resektion, der Knochen. Dabei wird vor der Aufzeichnung der Kinematik des Patienten das Gelenk geöffnet und das Gewebe entsprechend manipuliert. Bei Knieoperationen beispielsweise wird die Kniescheibe meist umgedreht. Diese Manipulation beeinflusst jedoch maßgeblich die natürliche Bewegung des Gelenks, da die Rand-Bedingungen des Weichteilgewebes erheblich verändert werden, und in Folge lässt sich die Kinematik nur grob erfassen.

Zusammenfassend lässt sich nach Stand der Technik eine Kinematikbewertung des Patienten nur unzureichend durchführen und für einen Eingriff nicht in vorteilhafter Weise verwenden. Insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmend älter werdenden Bevölkerung mit einhergehend arthrotisch veränderten Gelenken, die einen Gelenkersatz erfordern, steht die Endoprothetik vor großen Herausforderungen.

Zusammenfassung der vorliegenden Offenbarung

Es sind daher die Aufgaben und Ziele der vorliegenden Offenbarung, die Nachteile aus dem Stand der Technik zu vermeiden oder wenigstens zu mindern und insbesondere ein Endoprothesen-Assistenzsystem bzw. Implantationsassistenzsystem, sowie ein Assistenzverfahren und ein computerlesbares Speichermedium bereitzustellen, welches eine Implantation, insbesondere eine Auswahl und/oder eine Ausrichtung einer Endoprothese, weiter verbessert und ein medizinisches Personal wie etwa einen Chirurgen noch besser assistiert und unterstützt, um ein noch besseres Resultat einer Endoprothese zu gewährleisten. Des Weiteren kann eine weitere Teilaufgabe darin gesehen werden, eine individuelle Anatomie eines Patienten noch besser in eine endoprothetische Operationsplanung zu integriert, um ein Operationsergebnis zu optimieren.

Die Aufgaben der vorliegenden Offenbarung werden hinsichtlich eines Endoprothesen-Assistenzsystems/ Implantationsassistenzsystems erfindungsgemäß durch die Merkmale des Anspruchs 1 gelöst, hinsichtlich eines Assistenzverfahrens erfindungsgemäß durch die Merkmale des Anspruchs 9 gelöst und hinsichtlich eines computerlesbaren Speichermediums erfindungsgemäß durch die Merkmaler des Anspruchs 11.

Der grundlegende Gedanke der vorliegenden Erfindung besteht also darin, zuerst (vor einer Inzision) eine (individuelle) Kinematik (ohne Registrierung und damit gewissermaßen ohne virtueller Referenz) über das Navigationssystem zu erfassen und aufzuzeichnen und erst danach (nach einem Einschnitt/ einer Inzision) eine Registrierung durchzuführen. Hierdurch kann eine natürliche Kinematik bzw. Bewegung der das Gelenk bildenden Knochen erhalten und für eine Analyse und Verarbeitung verwendet werden. Während also beim Stand der Technik zuerst der Einschnitt/ die Inzision zusammen mit der Registrierung erfolgt und erst danach, in einem darauffolgenden Schritt die Kinematik erfasst und aufgezeichnet wird (mit entsprechend verfälschtem und ungenauen Kinematikergebnis), wird gemäß der vorliegenden Offenbarung diese Reihenfolge von Registrierung und Erfassung der Kinematik genau umgekehrt.

Ein wesentlicher Aspekt der vorliegenden Offenbarung liegt insbesondere darin, bei einem Eingriff an einem Patienten für einen Einsatz einer Gelenksprothese vorzugsweise zunächst an denen das Gelenk bildenden (Haupt-)Knochen einen (Patienten-)Tracker vorzusehen und vor einer Inzision eine (natürliche) Kinematik bzw. (Kinematik-)Bewegung dieser Körperstruktur und damit der nachverfolgten Knochen durch ein (Trackingsystem eines) Navigationssystem (über die befestigten Patienten- Tracker) zu erfassen. Erst nach Inzision und Öffnung der anatomischen Struktur des Patienten werden die realen anatomischen Strukturen des Patienten gegenüber den digitalen anatomischen Strukturen (Anatomisches System) registriert, insbesondere mittels eines Pointers/ Navigations-Zeigers, der Landmarken palpatiert und/oder mittels einer Oberflächenabtastung eines Oberflächenscanners. Durch diese Registrierung wird der Patienten gegenüber einem anatomischen System, welches beispielsweise ein bildbasiertes Anatomisches System mit 3D-Aufnahmen oder ein bildloses Anatomisches System mit einem biomechanischen Modell sein kann, registriert. Die Registrierung wird insbesondere dafür verwendet, um die erfasste und aufgezeichnete Kinematik in das anatomische Koordinatensystem des anatomischen Systems gewissermaßen zu übertragen und einzubetten und die Daten dann dem Chirurgen über die Anzeigevorrichtung über eine Assistenzdarstellung visuell bereitzustellen, insbesondere mit eingeblendeten Daten zu einer Abmessung, zu einer Lage, zu einem Verdrehwinkel (Flexionswinkel bei gleichzeitiger abhängiger Rotation) und weiteren Daten. Auf Basis dieser bereitgestellten (visuell aufbereiteten) Daten kann der Chirurg dann eine entsprechende Auswahl eines Implantats treffen und/oder eine Ausrichtung des Implantats optimal anpassen. Auf diese Weise unterstützt das Endoprothesen- Assistenzsystem und das Assistenzverfahren das medizinische Fachpersonal in besondere Weise dadurch, dass ein digitales Anatomisches System (bildbasiert oder bildlos) um die individuelle Kinematik des Patienten erweitert wird und diese Daten dafür verwendet werden können, die Anpassung des Implantats/ der Endoprothese noch besser durchzuführen.

Mit anderen Worten wird vorliegend insbesondere ein Assistenzsystem bereitgestellt, das ein Navigationssystem mit einem Trackingsystem, insbesondere mit einer 3D-Kamera, aufweist und an dem Patienten befestigbare Patienten-Tracker aufweist, die an jedem Knochen, welche das Gelenk definieren, angebracht werden. Das Assistenzsystem weist ferner einen Navigationszeiger auf, der über das Navigationssystem (mit dem Trackingsystem) intraoperative Landmarken (des Knochens) aufzeichnen kann und/oder das Assistenzsystem weist einen Oberflächenscanner auf, um eine dreidimensionale (intrakorporale) Oberfläche des Knochens zu erfassen und gegenüber einem anatomischen Modell zu registrieren. Das Assistenzsystem weist ferner eine Darstellungsvorrichtung auf, über welche die erfasste und gegenüber dem Anatomischen System registrierte Kinematik an einen Nutzer als Assistenzdarstellung visuell ausgegeben wird, um eine Bewertung der Kinematik und eine Auswahl und Ausrichtung eines Implantats zu unterstützen. Mit noch ganz anderen Worten wird ein Endoprothesen-Assistenzsystem für eine Assistenz bei einem chirurgischen Endoprothetik-Eingriff bei einem Patienten vorgeschlagen, insbesondere bei einer totalen Kniearthroplastik oder bei einer Hüftendoprothetik, welche aufweist: ein Navigationssystem mit einem Trackingsystem, das insbesondere eine 3D-Kamera zur Nachverfolgung aufweist; zumindest einen ersten und einen zweiten Patienten-Tracker, welche dafür angepasst sind, an einen ersten Knochen und einen zweiten Knochen des Patienten, welche die bewegliche Verbindung des Gelenks bilden, starr befestigt zu werden; einen Navigations-Zeiger, der zusammen mit dem Navigationssystem über eine Palpation intraoperativ Landmarken erfassen kann und/oder einen 3D-Oberflächenscanner, der dafür angepasst ist, eine Oberfläche abzutasten und dreidimensional zu erfassen; eine Darstellungsvorrichtung, insbesondere einen OP-Monitor, die dafür angepasst ist eine visuelle Anzeige an einen Nutzer auszugeben; und eine Steuereinheit. Diese Steuereinheit ist speziell dafür angepasst: über die an den Knochen angebrachten Patienten-Tracker vor einer Inzision eine Kinematik der nachverfolgten Knochen über das Navigationssystem zu erfassen und aufzuzeichnen; nach einer Inzision intraoperativ eine Registrierung über den Knochen mittels des Navigations-Zeigers und/oder des 3D-Oberflächenscanners durchzuführen; basierend auf der Registrierung eine Transformation der aufgezeichneten Kinematik zu dem Anatomischen System zu bestimmen; und über die Darstellungsvorrichtung eine Assistenzdarstellung mit Informationen zu der aufgezeichneten Kinematik gegenüber dem anatomischen System auszugeben.

Insbesondere kann also nach einem Anbringen der Patienten-Tracker und vor dem Öffnen und Manipulieren der Anatomie, ein vorgegebenes Bewegungsmuster mit dem Patienten durchgeführt werden, gefolgt von (nach einer Inzision) einer Registrierung des Patienten, und einer Umwandlung der aufgezeichneten kinematischen Daten bzw. Kinematik in das anatomische Koordinatensystem (des Anatomischen Systems) des Patienten. Abschließend erfolgt die Übermittlung der Ergebnisse der kinematischen Analyse und Beurteilung an den Chirurgen.

Noch ganz anders ausgedrückt wird insbesondere eine Methode und ein (Assistenz-)System zur Erfassung der (Gelenk-)Kinematik eines Patienten während einer Operation zum totalen Gelenkersatz (beispielsweise bei einer TKA - Total Knee Arthroplasty / Bikondyläre Knieendoprothetik oder einer THA - Total Hip Arthroplasty) vorgeschlagen. Mit einem bekannten Navigationssystem werden die Knochen, die das Gelenk definieren, mit an den Knochen befestigten starren Körpern (Patienten-Tracker) nachverfolgt. Vor der Inzision und der Manipulation des Gewebes wird eine kinematische Erfassung und Bewertung vorgenommen. Nach der Inzision und dem Zugriff auf den Knochen wird der Patient registriert. Die Registrierung dient zur Berechnung der Kinematik in das anatomische Koordinatensystem (des anatomischen Systems) und zur Übermittlung dieser Informationen an den Chirurgen, der die Daten zur Unterstützung bei der Auswahl der richtigen Implantatkomponenten und der richtigen Implantatausrichtung verwenden kann.

Der Begriff „Kinematik“ ist in dem Bereich der Medizintechnik bekannt. Insbesondere meint der Begriff vorliegend Daten zu kinematischen Parametern in einem geometrischen Bewegungsraum des Patienten, insbesondere des Skeletts des Bewegungsapparates des Patienten. Beispielsweise kann ein Bein gegenüber einer Hüfte nur innerhalb eines bestimmten Bereichs (einzelne voneinander abhängige Parameter) bewegt werden, was einen Teil des Bewegungsraums darstellt. Insbesondere werden durch die Kinematik Gelenkspezifische Daten des Patienten erfasst (varus/valgus, flexion/extension, interne/externe Rotation und/oder anterior/posterier Verschiebung).

Der Begriff „Kinematikbewegung“ soll als Unterbegriff zu der „Kinematik“ verstanden werden und meint vorliegend eine Abfolge von sich ändernden Anordnungen der Körperabschnitte zueinander, beispielsweise eine Bewegung Knies und des Femurs gegenüber der Tibia.

Der Begriff „Anatomisches System“ meint vorliegend, dass ein digital gespeichertes anatomisches Modell des Patienten, etwa bildbasiert durch 3D- Aufnahmen wie CT-Aufnahmen oder bildlos in Form eines biomechanischen Modells vorliegt, welches um die Daten zu der Kinematik ergänzt und damit um nützliche und notwendige Informationen bereichert werden kann. Diese Übertragung der aufgezeichneten Kinematik erfolgt auf Basis der durchgeführten Registrierung. Vorteilhafte Ausführungsformen sind in den Unteransprüchen beansprucht und werden insbesondere nachstehend erläutert.

Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform kann das Navigationssystem in Form eines chirurgischen Navigationssystems ausgeführt sein und/oder das Endoprothesen- Assistenzsystem kann einen medizinischen, insbesondere chirurgischen, Roboter aufweisen und das Navigationssystem kann vorzugsweise ein chirurgisches kinematikbasiertes Robotersystem aufweisen oder in Form eines chirurgischen kinematikbasierten Robotersystems ausgeführt sein. Mit anderen Worten kann das Assistenzsystem also vorzugsweise ein chirurgisches Navigationssystem und/oder ein chirurgisches Robotersystem aufweisen. Insbesondere kann der zumindest eine Roboter dafür angepasst sein, zumindest ein medizinisches Instrument, vorzugsweise eine Knochensäge, zu führen und eine Manipulation, insbesondere Knochenbearbeitung, zu unterstützen. Insbesondere kann das Navigationssystem vorzugsweise dafür angepasst sein, eine kinematikbasierte Erfassung des Robotersystems für eine Navigation einzubinden.

Gemäß einer weiteren bevorzugten Ausführungsform kann das Navigationssystem als bildbasiertes Navigationssystem ausgeführt sein und die Steuereinheit dafür angepasst sein, die aufgezeichnete Kinematik gegenüber 3D-Aufnahmen des Patienten als anatomisches System, insbesondere segmentierten präoperativen CT- oder MRT- Aufnahmen, zu korrelieren und einzubinden. Mit anderen Worten kann das Assistenzsystem insbesondere ein bildbasiertes Navigations- und/oder Robotersystem aufweisen.

Insbesondere kann das Navigationssystem auch als bildloses Navigationssystem ausgeführt sein und die Steuereinheit dafür angepasst sein, die aufgezeichnete Kinematik gegenüber einem biomechanischen Kinematikmodell des Patienten als anatomisches System zu korrelieren und einzubinden. Insbesondere kann also das Assistenzsystem ein bildloses Navigations- und/oder Robotersystem aufweisen. Gemäß einer weiteren Ausführungsform kann die Steuereinheit dafür angepasst sein, über den OP-Monitor eine in einer Speichereinheit hinterlegte Bewegungsanleitung, insbesondere in Form von bewegten Bildern, an den Nutzer auszugeben, um den Nutzer eine Anleitung für eine vordefinierte Kinematik(-bewegung) bereitzustellen. Das Assistenzsystem kann vorzugsweise vordefinierte Bewegungsmuster oder -abläufe (als Kinematikbewegung) verwenden, die den Chirurgen durch einen speziellen Arbeitsablauf und Anweisungen führen.

Vorzugsweise kann die Steuereinheit dafür angepasst sein, die aufgezeichnete Kinematik über die Darstellungsvorrichtung, insbesondere den OP-Monitor, als Wiederholung (der Kinematikbewegung) auszugeben. Mit anderen Worten können die erfassten kinematischen Daten insbesondere in einem Wiedergabemodus angezeigt werden, nachdem die Registrierung durchgeführt wurde.

Gemäß einer Ausführungsform kann die Steuereinheit dafür angepasst sein, basierend auf einem Algorithmus oder basierend auf einem trainierten Kl-System (beispielsweise mit Trainingsdaten zu erfolgreich durchgeführten Endoprotheseneingriffen mit sowohl dem ausgewählten Implantat(en) als auch einer Ausrichtung des Implantats) mit der aufgezeichneten Kinematik als Eingabedaten, eine Auswahl einer Datenbank mit Implantatkomponenten zu beschränken /zu filtern und/oder einen Vorschlag einer Ausrichtung eines vorgegebenen Implantats bereitzustellen und über die Darstellungsvorrichtung an einen Nutzer visuell auszugeben. Das Assistenzsystem kann insbesondere Algorithmen in einer Speichereinheit aufweisen, die dem Chirurgen aus den kinematischen Daten abgeleitete Empfehlungen zur Auswahl von Implantaten geben, insbesondere eine Empfehlung zur Auswahl der Implantatkomponenten und der Implantatausrichtung, um den Chirurgen noch besser zu unterstützen.

Gemäß einer weiteren Ausführungsform kann die Steuereinheit dafür angepasst sein, eine über das Navigationssystem nach Ende des Eingriffs aufgezeichneten postoperativen Kinematik mit der vor der Inzision aufgezeichneten präoperative Kinematik zu vergleichen und basierend auf dem Vergleich eine Bewertung durchzuführen und über die Darstellungsvorrichtung auszugeben, insbesondere einen Vergleich dahingehend durchzuführen, dass eine postoperative Kinematik der präoperativen Kinematik innerhalb einer vorgegebenen Toleranz, vorzugsweise einer Abweichung der Kinematik von maximal 10%, folgt. Diese postoperative Kinematik (und dessen Bewertung) wird ebenso mit dem geschlossenen Gelenk durchgeführt, es wird also zunächst zugenäht und es werden erst dann die (Kinematik-)Daten aufgenommen. So wird ein direkter Vergleich bereitgestellt. Damit wird sichergestellt, dass die eingesetzte Endoprothese die biomechanische Kinematik des Patienten nicht unvorteilhaft ändert und es kann ein Ergebnis des Implantats entsprechend bewertet werden. Das Assistenzsystem kann also insbesondere dafür angepasst sein, nach der Implantation eine kinematische Bewertung durchzuführen (nachdem der Körper des Patienten wieder verschlossen wurde/ die Anatomie geschlossen wurde, jedoch vor dem Entfernen der Patienten-Tracker) basierend auf einem Vergleich der Post-OP- Kinematik mit der Prä-OP Kinematik.

Die Aufgaben werden hinsichtlich eines Assistenzverfahrens für einen chirurgischen Endoprothetik-Eingriffs bei einem Patienten dadurch gelöst, dass dieses die Schritte aufweist: Vorzugsweise Befestigen eines ersten und zweiten Patienten- Trackers an jeweils einen ersten und zweiten Knochen des Patienten, welche die bewegliche Verbindung des Gelenks bilden; Anzeigen, insbesondere vor einer Inzision, einer geführten Kinematik durch eine Darstellungsvorrichtung, um einem Nutzer, insbesondere einem medizinischen Fachpersonal, eine visuelle Anweisung bereitzustellen; Erfassen, während der geführten Kinematik, einer präoperativen Kinematik der nachverfolgten Knochen des Patienten durch das Navigationssystem und Bereitstellen (als computerlesbare Daten) an eine Steuereinheit; Durchführen, nach einer Inzision, einer Registrierung auf Basis von palpatierten Landmarken und/oder eines Oberflächenabgleichs einer intrakorporalen Knochen-Struktur, durch das Navigationssystem und einen Navigations-Zeiger und/oder einen 3D- Oberflächenscanner; Bestimmen, auf Basis der Registrierung, einer Transformation der erfassten Kinematik in das (anatomische Koordinatensystem des) Anatomische Modell durch die Steuereinheit; und Ausgeben einer Assistenzdarstellung mit Informationen zu der aufgezeichneten Kinematik gegenüber dem anatomischen System durch die Darstellungsvorrichtung. Durch diese Schritte können die individuellen, patientenbezogenen Kinematiken bestens in den Eingriff, insbesondere in die Auswahl und Ausrichtung des Implantats, mit einbezogen und ein Endergebnis entsprechend verbessert werden. Insbesondere wird also ein optimierter Eingriffsablauf (Assistenzverfahren) offenbart, der es erlaubt, eine natürliche Kinematik des Knies während einer navigierten oder eines robotergeführten orthopädischen Eingriffs aufzunehmen.

Gemäß einer weiteren Ausführungsform kann das Assistenzverfahren ferner die Schritte aufweisen: Erfassen, nach Schließen des Körpers des Patienten, einer postoperativen Kinematik des Patienten durch das Navigationssystem und Bereitstellen als computerlesbare Daten an die Steuereinheit; und Vergleichen der erfassten präoperativen Kinematik vor einer Öffnung des Patienten mit der postoperativen Kinematik nach dem Schließen des Körpers des Patienten und Bestimmen einer Abweichung zwischen der erfassten präoperativen Kinematik und der erfassten postoperativen Kinematik. Ferner kann also insbesondere nach einem Schließen der Anatomie bzw. des Körpers des Patienten die Bewegung des Körperabschnitts mit dem Gelenkt wiederholt werden, um ein postoperatives Resultat der Kinematik zu erhalten und für eine Kinematikbewertung heranzuziehen.

Hinsichtlich eines computerlesbaren Speichermediums werden die Aufgaben dadurch erfüllt, indem dieses Befehle umfasst, die bei einer Ausführung durch den Computer, diesen veranlasst, die Verfahrensschritte des Assistenzverfahrens gemäß der vorliegenden Offenbarung auszuführen.

Das Assistenzverfahren kann insbesondere in der Knie-, Hüft-, Schulter- oder Sprunggelenkschirurgie zum teilweisen oder vollständigen Gelenkersatz eingesetzt werden. Insbesondere kann das Endoprothesen-Assistenzsystem dafür angepasst sein, eine Knie-, Hüft-, Schulter-, oder Sprunggelenkoperation zu unterstützen.

Insbesondere kann das Assistenzverfahren die Schritte aufweisen: Vorzugsweise Befestigen zumindest eines ersten Patienten-Trackers an einem ersten Knochen des Gelenks und eines zweiten Patienten-Trackers an einem zweiten Knochen des Gelenks; Durchführen einer Bewegung des ersten Knochens gegenüber dem zweiten Knochen und damit einer Kinematik (für eine Kinematikbewertung); Erfassen und Aufnehmen der Kinematikdaten der nachverfolgten/ getrackten ersten und zweiten Knochen in einem Tracker-Koordinatensystem (Tracker-KOS gewissermaßen als Zwischen- oder Aufzeichnungskoordinatensystem); Vorzugsweise Durchführen einer Inzision durch insbesondere einen Roboter, für eine Öffnung und ferner vorzugsweise Manipulieren der Anatomie um einen geeigneten Zugang zu dem nachverfolgten Knochen des Gelenks zu erhalten; Durchführen einer Registrierung des ersten und/oder zweiten Knochens mittels Palpation von Landmarken durch einen Navigations-Zeiger und/oder eines Oberflächenabgleichs (das sogenannte „surface mapping“) des freiliegenden ersten und/oder zweiten Knochen (bzw. der freigelegten Knochenstruktur; Transformieren der aufgenommenen Kinematik(-daten) in das anatomische Koordinatensystem des anatomischen Systems; und Ausgabe, insbesondere Anzeigen, von relevanten Kinematikdaten, insbesondere der Kinematik der nicht manipulierten Anatomie, an eine Nutzer wie etwa einen Chirurgen.

Vorzugsweise kann das Assistenzverfahren nach der Darstellung die Durchführung des eigentlichen Eingriffs, insbesondere mit einer Resektion, beinhalten, insbesondere einen robotergestützen Eingriff, aufweisen.

Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform kann das Assistenzverfahren nach dem Schritt der Erfassung der Kinematik durch das Navigationssystem und vor der Registrierung den Schritt einer robotergeführten Inzision aufweisen.

Jegliche Offenbarung im Zusammenhang mit dem vorliegenden Implantationsassistenzsystem der vorliegenden Offenbarung gilt ebenso für das Verfahren gemäß der vorliegenden Offenbarung wie auch umgekehrt.

Kurzbeschreibung der Figuren

Die vorliegende Offenbarung wird nachfolgend anhand bevorzugter Ausführungsformen unter Bezugnahme von begleitenden Figuren näher erläutert. Es zeigen: Fig. 1 eine perspektivische Ansicht eines Endoprothesen-Assistenzsystems gemäß einer ersten bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Offenbarung;

Fig. 2 eine schematische Ansicht eines biomechanischen Modells der Knochen aus Fig. 1 , mit eingezeichneten besonders wichtigen Landmarken;

Fign. 3 und 4eine schematische perspektivische Ansicht einer Kinematikbewegung nach Befestigen der Patienten-Tracker aber vor der Inzision, welche durch ein medizinisches Fachpersonal oder robotergestützt durchführbar ist; und

Fig. 5 eine schematische perspektivische Ansicht eines Kniegelenks eines Patienten mit den an die Knochen befestigten Patienten-Tracker, wobei das Knie für eine Registrierung geöffnet ist;

Fig. 6 eine schematische perspektivische Ansicht einer Registrierung im Fall eines bildlosen Navigationssystems, das einen Navigationszeiger für eine Palpation der Landmarken des Knochens verwendet;

Fig. 7 eine schematische Ansicht einer kinematischen Bewegung und Bewertung, wobei der Schritt der Kinematikbewegung nach dem Eingriff und nach Implantation des Knieimplantats sowie nach einem Verschließen des Eingriffsbereichs durchgeführt wird, um eine präoperative Kinematik mit einer postoperativen Kinematik zu vergleichen;

Fig. 8 ein Flussdiagramm eines Assistenzverfahrens gemäß einer bevorzugten Ausführungsform.

Die Figuren sind schematischer Natur und sollen nur dem Verständnis der vorliegenden Offenbarung dienen. Gleiche Elemente sind mit denselben Bezugszeichen versehen. Die Merkmale der verschiedenen Ausführungsformen können untereinander ausgetauscht werden.

Detaillierte Beschreibung bevorzugter Ausführungsformen Fign. 1 bis 7 zeigen ein Endoprothesen-Assistenzsystem 1 (nachstehend nur als Assistenzsystem bezeichnet) für eine Assistenz bei einem chirurgischen Endoprothetik- Eingriff bei einem Patienten P in Form einer totalen Kniearthroplastik gemäß einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Offenbarung. Das chirurgische Assistenzsystem 1 ist dafür angepasst, bei Operationen zum vollständigen Gelenkersatz am Knie eingesetzt zu werden.

Fig. 1 zeigt in dabei in einer perspektivischen Ansicht das Assistenzsystem 1 , das ein Navigationssystem 2 mit einem Trackingsystem 4 hat, wobei das Trackingsystem 4 eine 3D-Kamera 6 zur Nachverfolgung aufweist. Durch die 3D-Kamera und einer entsprechend räumlichen Erfassung kann eine Nachverfolgung von Objekten und Trackern durchgeführt werden. Konkret weist das Assistenzsystem 1 ferner einen ersten Patienten-Tracker 8 und einen zweiten Patienten-Tracker 10 (nachstehend nur Tracker genannt) auf, die mittels Einschraubsystemen jeweils dafür angepasst sind, an die Tibia als ersten Knochen K1 des Kniegelenks und an den Femur als zweiten Knochen K2 des Kniegelenks des Patienten P, welche dementsprechend die bewegliche Verbindung des Gelenks bilden, starr eingeschraubt und befestigt zu werden.

Darüber hinaus weist das Assistenzsystem 1 (für eine später durchzuführende Registrierung) einen Navigations-Zeiger / Pointer 12 (wird erst nachstehend zu Fig. 6 näher erläutert), der zusammen mit dem Navigationssystem 2 über eine Palpation intraoperative Landmarken 14 aufzeichnen kann. Alternativ oder zusätzlich zu dem Pointer kann das Assistenzsystem auch über einen 3D-Oberflächenscanner verfügen (hier nicht dargestellt), der dafür angepasst ist, eine Oberfläche abzutasten und dreidimensional zu erfassen.

Auch hat das Assistenzsystem 1 eine Darstellungsvorrichtung 16 in Form eines

OP-Monitors, um dem medizinischen Fachpersonal eine visuelle Anzeige auszugeben.

Schließlich weist das Assistenzsystem eine Steuereinheit 18 auf, die vorliegend sehr speziell angepasst ist, um, entgegen dem Stand der Technik, zunächst präoperativ eine Kinematik und/oder Kinematikbewegung über das Navigationssystem zu erfassen und aufzuzeichnen und erst nach dieser Erfassung und Aufzeichnung die Registrierung intraoperativ durchzuführen, wie unter Erläuterungen der Fig. 2 bis 7 nachstehend beschrieben wird.

Fig. 2 zeigt schematisch das Skelett eines linken Beins des Patienten P in einer Frontansicht und einer Seitenansicht. An dem Femur und der Tibia (erste und zweite Knochen K1 und K2) die das Kniegelenk bilden, sind die beiden Tracker 8, 10 starr eingeschraubt. Es werden Navigationstracker angebracht.

Diese befestigten Tracker 8, 10 werden, wie in den Fign. 3 und 4 gezeigt, durch die 3D-Kamera 6 des Trackingsystems 4 des Navigationssystems 2 nachverfolgt und räumlich erfasst und bei einer wie in Fign. 3 und 4 angedeuteten aktiven Bewegung des Beins durch eine Kinematikbewegung der Knochen und damit eine Kinematik der Knochen erfasst und der Steuereinheit 18 computerlesbar bereitgestellt. Diese Erfassung der Kinematikbewegung bzw. Kinematik erfolgt präoperativ, also vor einem Einschnitt, so dass eine natürliche Kinematik des Patienten erfasst wird, ohne dass eine entfernte Kniescheibe eine Bewegung oder Kinematik verändern würde. Insbesondere kann der Chirurg vordefinierte Bewegungen des Gelenks ausführen und das Assistenzsystem erfasst die Bewegungsdaten in den Koordinatensystemen der Tracker. Zu diesem Zeitpunkt können dem Chirurgen noch keine anatomischen Daten eines anatomischen Modells angezeigt werden, da die Registrierung des Patienten noch nicht erfolgt ist. Das Bewegungsmuster kann etwa die Beugung des Knies bis zur vollen Streckung und Beugung umfassen, die Durchführung eines "Schubladentests" sein, bei dem das Schienbein nach vorne und hinten bewegt wird, oder die Durchführung eines Laxitätstests hinsichtlich einer frontalen Ausrichtung (Varus/Valgus-Belastung) sein. Betrachtet man das menschliche Bein vom technischen Standpunkt aus, so handelt es sich um ein System, das annähernd wie ein Doppelpendel in der Sagittalebene schwingt. Dabei wird das Fußgelenk vernachlässigt. Der Oberschenkel, gelagert in einem nahezu idealen Kugelgelenk, schwingt um einen Fixpunkt in der Hüfte. Dieses Gelenk besitzt drei Freiheitsgrade mit den Winkeln in der Sagittalebene, der Frontalebene und dem Rotationswinkel. Das zweite Gelenk des Beines, das Kniegelenk als Verbindung zwischen Femur und Tibia, ist im Wesentlichen ein Gelenk mit zwei Freiheitsgraden, d.h. der Unterschenkel kann relativ zum Oberschenkel um den Flexionswinkel bei gleichzeitiger abhängiger Rotation des Unterschenkels um seine Längsachse gedreht werden. Insbesondere können diese möglichen Winkelbereiche durch die Kinematik mit entsprechender Analyse erfasst werden.

Nachdem die Bewegungsmuster aufgezeichnet wurden, wird der in Fig. 5 gezeigte Einschnitt vorgenommen und der Zugang zu der knöchernen Struktur vorbereitet. In diesem Fall wird die Kniescheibe meist umgedreht.

In Fig. 6 ist schematische eine Registrierung gezeigt. Hierbei wird der Patient registriert. Bei der bildlosen Navigation (insbesondere mit Roboter) werden Landmarken mit dem Navigations-Pointer/ Navigations-Zeiger 12 palpitiert/ ertastet oder die Steuereinheit bestimmt durch Analyse der kinematischen Bewegungen ein Zentrum als Landmarke (beispielsweise ein Hüftzentrum). Im Falle einer bildbasierten Navigation oder Robotik, wird die Oberfläche des Knochens mit einem Navigationszeiger und/oder einem 3D-Oberflächensanner digitalisiert.

Nach der in Fig. 6 gezeigten Registrierung kann durch die Steuereinheit 18 die Transformation zwischen dem Tracker-Koordinatensystem und dem anatomischen Koordinatensystem eines anatomischen Systems, insbesondere einem biomechanischen Modell, des Patienten P bestimmt/ berechnet werden. Hierbei werden die zuvor aufgezeichneten und ermittelten kinematischen Daten in das oder die anatom ische(n) Koordinatensystem(e) umgerechnet bzw. transformiert, so dass der Chirurg alle kinematischen Parameter des Patienten genau erfassen und messen kann, beispielsweise ein Varus/Valgus, eine Flexion/Extension, eine Innen-/Außenrotation, und/oder eine anteriore/posteriore Verschiebung.

Die Steuereinheit 18 übernimmt dabei übernimmt die gesamte Datenerfassung, Berechnung und Anzeige der Daten durch die Darstellungsvorrichtung 16. Die aufgezeichneten kinematischen Daten können nun weitergegeben und verarbeitet werden, ohne den Patienten bewegen zu müssen. Der Chirurg kann die über die Darstellungsvorrichtung bereitgestellten Informationen nutzen, um geeignete Implantatkomponenten auszuwählen und/oder eine geeignete Implantatausrichtung zu wählen, die mit Hilfe einer Navigation und/oder Robotik anschließend durchgeführt wird.

Wie in Fig. 7 dargestellt, kann nach der Implantation die Kinematik nach dem Schließen (Vernähen) des Knies erneut aufgezeichnet werden. Die Tracker 8, 10 verbleiben nach dem Schließen des Knies an den Knochen K1 , K2 für die postoperative Erfassung der Kinematikbewegung und Kinematik. Die postoperative Kinematik kann mit der präoperativen Kinematik verglichen werden, um die Behandlungsziele zu validieren.

Konkret ist also in dem Assistenzsystem 1 der vorliegenden Ausführungsform die Steuereinheit 18 dafür angepasst über die an den Knochen K1 , K2 angebrachten Tracker 8, 10 vor einer Inzision präoperativ eine Kinematik und/oder Kinematikbewegung der nachverfolgten Knochen K1 , K2 durch das Navigationssystem 2 zu erfassen und aufzuzeichnen und nach einer Inzision intraoperativ eine Registrierung über den ersten Knochen K1 und/oder zweiten Knochen K2 mittels des Navigations-Zeigers 12 durchzuführen. Die Steuereinheit 18 bestimmt dann, basierend auf der Registrierung eine Transformation der aufgezeichneten Kinematik (bzw. Kinematikbewegung) zu einem Anatomischen System in Form eines biomechanischen Modells. Schließlich steuert die Steuervorrichtung den OP-Monitor als Darstellungsvorrichtung 16 entsprechend an und gibt eine Assistenzdarstellung 20 aus. Diese Assistenzdarstellung 20 weist Daten bzw. Informationen zu der Kinematik des biomechanischen Modells als anatomisches System auf. Konkret kann die Assistenzdarstellung 20 zu den Knochen Daten zu einem möglichen Verdrehwinkel von Tibia zu Femur eingeblendet werden wie in Fig. 7 in der Tabelle angedeutet oder es kann zusätzlich eine Bildfolge von der aufgenommenen kinematischen Bewegung abgespielt werden.

Die Assistenzdarstellung verknüpft also visuell Daten der individuell erfassten, präzisen Kinematik des Kniegelenks des Patienten mit einem anatomischen System in Form eines biomechanischen Modells und gibt diese Informationen zusammen übersichtlich und intuitiv aus, so dass der Chirurg einfach und effektiv eine Auswahl eines Implantats als auch einer Ausrichtung des Implantats treffen kann. Fig. 8 zeigt in einem Flussdiagramm ein Assistenzverfahren gemäß einer bevorzugten Ausführungsform.

In einem optionalen ersten Schritt S1 wird an der Tibia und an den Femur jeweils ein Tracker 8, 10 in Form eines Starrkörper-Trackers, an den Knochen befestigt. Alternativ können diese einfach schon befestigt sein. Femur und Tibia bilden das bewegliche Verbindung des Gelenks aus.

In einem optionalen zweiten Schritt S2 erfolgt das Anzeigen einer geführten Kinematikbewegung durch die Darstellungsvorrichtung 16, um dem Chirurgen eine visuelle Anweisung eines Bewegungsablaufs bereitzustellen, um möglichst die gesamte Kinematik zu erfassen.

In einem Schritt 3 erfolgt, vor der Inzision und während der ausgeführten Kinematikbewegung des Beins des Patienten P, eine Erfassung einer präoperativen Kinematik der durch das Navigationssystem 2 nachverfolgten Tibia und Femur des Patienten P. Diese erfasste präoperative Kinematik wird der Steuereinheit 18 computerlesbar bereitgestellt:

Erst nach der Aufzeichnung der Kinematik und ferner erst nach einer darauffolgenden Inzision, erfolgt der Schritt S4 Durchführen einer intraoperativen Registrierung auf Basis von palpatierten Landmarken und/oder eines Oberflächenabgleichs einer intrakorporalen Knochen-Struktur der Tibia und/oder des Femurs durch das Navigationssystem 2 und den Navigations-Zeiger 12 und/oder dem Navigationssystem 2 und einem 3D-Oberflächenscanner.

Hiernach erfolgt der Schritt S5 Bestimmen, durch die Steuereinheit 18, auf Basis der Registrierung, einer Transformation der erfassten Kinematik und/oder Kinematikbewegung in ein anatomisches System. Schließlich erfolgt in Schritt S6 das Ausgeben der Assistenzdarstellung 20 durch die Darstellungsvorrichtung 16. Diese Assistenzdarstellung umfasst Daten der aufgezeichneten Kinematik gegenüber dem anatomischen System des Patienten.

In dieser Ausführungsform weist das Assistenzverfahren ferner die folgenden Schritte auf.

In einem Schritt S7 erfolgt ein Erfassen, und zwar erst nach einem Schließen des Knies des Patienten P, einer postoperativen Kinematik des Knies des Patienten P durch das Navigationssystem 2, welches der Steuereinheit 18 computerlesbar bereitgestellt wird.

In dem letzten Schritt S8 wird ein Vergleichen der erfassten präoperativen Kinematik vor einer Öffnung des Patienten P mit der postoperativen Kinematik nach dem Schließen des Körpers des Patienten P ausgeführt und eine Abweichung zwischen der erfassten präoperativen Kinematik und der erfassten postoperativen Kinematik bestimmt. Diese Abweichung kann der Chirurg dann für eine Bewertung der Endoprothese heranziehen.

Bezugszeichenliste

1 Endoprothesen-Assistenzsystem

2 Navigationssystem

4 Trackingsystem

6 3D-Kamera

8 Erster Patienten-Tracker

10 Zweiter Patienten-T racker

12 Navigations-Zeiger

14 Landmarke

16 Darstellungsvorrichtung

18 Steuereinheit

20 Assistenzdarstellung

22 Speichereinheit

P Patient

K1 Erster (Gelenk-)Knochen

K2 Zweiter (Gelenk-)Knochen

51 Schritt Befestigen eines ersten und zweiten Patienten-Trackers

52 Schritt Anzeigen einer geführten Kinematikbewegung

53 Schritt Erfassen einer präoperativen Kinematik

54 Schritt Durchführen einer intraoperativen Registrierung

55 Schritt Bestimmen einer Transformation zwischen der Kinematik und einem anatomischen System

56 Schritt Ausgeben einer Assistenzdarstellung

57 Schritt Erfassen einer postoperativen Kinematik

58 Schritt Vergleichen der präoperativen Kinematik mit der postoperativen Kinematik