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Title:
GENETICALLY MODIFIED SENDAI VIRUS FOR TREATMENT OF TUMOURS
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2011/131703
Kind Code:
A1
Abstract:
The present invention relates to a genetically modified paramyxovirus, to a pharmaceutical composition comprising this paramyxovirus, to the use of a genetically modified paramyxovirus for therapeutic and/or prophylactic treatment of a tumour, and to a process for producing a pharmaceutical composition for therapeutic and/or prophylactic treatment of a tumour.

Inventors:
LAUER ULRICH MANFRED (DE)
BITZER MICHAEL (DE)
ZIMMERMANN MARTINA (DE)
ARMEANU-EBINGER SORIN (DE)
BOSSOW SASCHA (DE)
NEUBERT WOLFGANG (DE)
Application Number:
PCT/EP2011/056290
Publication Date:
October 27, 2011
Filing Date:
April 20, 2011
Export Citation:
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Assignee:
UNIV EBERHARD KARLS (DE)
LAUER ULRICH MANFRED (DE)
BITZER MICHAEL (DE)
ZIMMERMANN MARTINA (DE)
ARMEANU-EBINGER SORIN (DE)
BOSSOW SASCHA (DE)
NEUBERT WOLFGANG (DE)
International Classes:
C07K14/115; A61K35/76; A61K35/768; A61K39/00
Foreign References:
US20090175826A12009-07-09
EP1505154A12005-02-09
US20090175826A12009-07-09
Other References:
OLDONI ET AL: "The use of in situ hybridization and immunohistochemistry to study the pathogenesis of various Newcastle disease virus strains and recombinants in embryonated chicken eggs", MICROBIAL PATHOGENESIS, ACADEMIC PRESS LIMITED, NEW YORK, NY, US, vol. 39, no. 3, 1 September 2005 (2005-09-01), pages 69 - 75, XP005067226, ISSN: 0882-4010, DOI: 10.1016/J.MICPATH.2005.04.002
KINOH H ET AL: "Generation of a recombinant Sendai virus that is selectively activated and lyses human tumor cells expressing matrix metalloproteinases.", GENE THERAPY, vol. 11, no. 14, July 2004 (2004-07-01), pages 1137 - 1145, XP002653218, ISSN: 0969-7128
VAHA-KOSKELA ET AL: "Oncolytic viruses in cancer therapy", CANCER LETTERS, NEW YORK, NY, US, vol. 254, no. 2, 8 September 2007 (2007-09-08), pages 178 - 216, XP022182282, ISSN: 0304-3835, DOI: 10.1016/J.CANLET.2007.02.002
KINOH ET AL.: "Generation of a recombinant Sendai virus that is selectively activated and lyses human tumor cells expressing matrix metalloproteinses", GENE THER., vol. 11, 2004, pages 1137 - 1145, XP002653218, DOI: doi:10.1038/SJ.GT.3302272
KINOH ET AL.: "Generation of optimized and urokinase-targeted oncolytic Sendai virus vectors applicable for various human malignancies", GENE THER, vol. 16, 2009, pages 392 - 403, XP055311458, DOI: doi:10.1038/gt.2008.167
ELANKUMARAN ET AL.: "Type I Interferone sensitive recombinant Newcastle-Disease-Virus for oncolytic virotherapy", JOURNAL OF VIROLOGY, 2010
KNEIPE ET AL.: "Fields Virology", 2007, LIPPINCOT WILLIAMS & WILKINS
BAUER ET AL.: "Lehrbuch der Pharmazeutischen Technologie", 1999, WISSENSCHAFTLICHE VERLAGSGESELLSCHAFT MBH STUTTGART
KIBBE ET AL.: "Handbook of Pharmaceutical Excipients", 2000, AMERICAN PHARMACEUTICAL ASSOCIATION AND PHARMACEUTICAL PRESS
Attorney, Agent or Firm:
WITTE, WELLER & PARTNER et al. (DE)
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Claims:
Patentansprüche

1. Genetisch modifiziertes Paramyxovirus, das gegenüber dem Wildtyp (WT) in seinem F-Gen zumindest eine erste genetische Modifizierung und in seinem P- Gen zumindest eine zweite genetische Modifizierung aufweist.

2. Genetisch modifiziertes Paramyxovirus nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die erste genetische Modifizierung in einer Tropismuserweiterung resultiert.

3. Genetisch modifiziertes Paramyxovirus nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die zweite genetische Modifizierung in einer Tropismuseinschränkung resultiert.

4. Genetisch modifiziertes Paramyxovirus nach einem der vorherigen Ansprüche, das ein genetisch modifiziertes Sendai Virus (SeV) ist.

5. Genetisch modifiziertes Paramyxovirus nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass durch die erste genetische Modifizierung die Codierungsnucleo- tidsequenz für die SeV-WT-Proteasespaltstelle gegen eine Codierungsnucleo- tidsequenz für eine ubiquitäre Proteasespaltstelle ausgetauscht ist.

6. Genetisch modifiziertes Paramyxovirus nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die ubiquitäre Proteasespaltstelle aus dem F-Gen des Newcastle- Disease- Virus (NDV) stammt.

7. Genetisch modifiziertes Paramyxovirus nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass die SeV-WT-Proteasespaltstelle die Aminosäuresequenz VPQSR (SEQ ID Nr. 5) und/oder die ubiquitäre Proteasespaltstelle die Aminosäuresequenz RRQKR (SEQ ID Nr. 6) aufweisen.

8. Genetisch modifiziertes Paramyxovirus nach einem der vorherigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass durch die zweite genetische Modifizierung die Codierungsnucleotidsequenz für zumindest eines der von dem P-Gen codierten akzessorischen, nicht-strukturellen Proteinen modifiziert ist.

9. Genetisch modifiziertes Paramyxovirus nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass durch die zweite genetische Modifizierung zumindest eines der akzessorischen, nicht-strukturellen Proteine nicht transkribierbar ist.

10. Genetisch modifiziertes Paramyxovirus nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass durch die zweite genetische Modifizierung in zumindest einem der akzessorischen, nicht-strukturellen Proteine das Start-Codon funktionell zerstört ist.

11. Genetisch modifiziertes Paramyxovirus nach einem der Ansprüche 8 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass die akzessorischen, nicht-strukturellen Proteine ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus: C', C, Yl, Y2, V und W.

12. Genetisch modifiziertes Paramyxovirus nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass durch die zweite genetische Modifizierung zumindest die C- (C und/oder C') und Y- (Yl und/oder Y2) Proteine modifiziert, vorzugsweise funktionell zerstört sind.

13. Genetisch modifiziertes Paramyxovirus nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass durch die zweite genetische Modifizierung zumindest die C- (C und/oder C'), V- und W-Proteine modifiziert, vorzugsweise funktionell zerstört sind.

14. Genetisch modifiziertes Paramyxovirus nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass durch die zweite genetische Modifizierung zumindest die C- (C und/oder C), V-, W- und Y- (Yl und/oder Y2) Proteine modifiziert, vorzugsweise funktionell zerstört sind.

15. Genetisch modifiziertes Paramyxovirus nach einem der vorherigen Ansprüche, das gegenüber dem Wildtyp (WT) zumindest ein Transgen aufweist.

16. Genetisch modifiziertes Paramyxovirus nach Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet, dass das Transgen ein Suizidgen oder ein anderes Zelltod induzierendes oder immunstimulierendes Gen ist.

17. Pharmazeutische Zusammensetzung, die das genetisch modifizierte Paramyxovirus nach einem der Ansprüche 1 bis 16 und einen pharmazeutisch akzeptablen Träger aufweist.

18. Verwendung eines genetisch modifizierten Paramyxovirus zur therapeutischen und/oder prophylaktischen Behandlung einer Tumorerkrankung, vorzugsweise einer Erkrankung an einem soliden Tumor, weiter vorzugsweise einer Erkrankung an dem hepatozellulären Karzinom, dadurch gekennzeichnet, dass das genetisch modifizierte Paramyxovirus das genetisch modifizierte Paramyxovirus nach einem der Ansprüche 1 bis 16 ist.

19. Verfahren zur Herstellung einer pharmazeutischen Zusammensetzung zur therapeutischen und/oder prophylaktischen Behandlung einer Tumorerkrankung, vorzugsweise einer Erkrankung an einem soliden Tumor, weiter vorzugsweise einer Erkrankung an dem hepatozellulären Karzinom, das folgende Schritte aufweist:

(1) Bereitstellen des genetisch modifizierten Paramyxovirus nach einem der Ansprüche 1 bis 16 und

(2) Formulieren des genetisch modifizierten Paramyxovirus in einen akzeptablen Träger.

Description:
GENETISCH MODIFIZIERTES SENDAIVIRUS ZUR BEHANDLUNG VON TUMORERKRANKUNGEN

[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein genetisch modifiziertes Paramyxovirus, eine dieses Paramyxovirus aufweisende pharmazeutische Zusammensetzung, die Verwendung eines genetisch modifizierten Paramyxovirus zur therapeutischen und/oder prophylaktischen Behandlung einer Tumorerkrankung und ein Verfahren zur Herstellung einer pharmazeutischen Zusammensetzung zur therapeutischen und/oder prophylaktischen Behandlung einer Tumorerkrankung.

[0002] Statistisch gesehen entwickelt jeder dritte Europäer im Laufe seines Lebens Krebs. In Deutschland erkranken etwa 395.000 Menschen jährlich an Krebs, davon rund 195.000 Frauen und 200.000 Männer. Die meisten Fälle treten im Alter von über 60 Jahren auf.

[0003] Solide Tumoren stellen nach wie vor große Herausforderungen an die klinische Onkologie dar. Eine wesentliche Verbesserung der Prognose einzelner Tumorerkrankungen kann nahezu ausschließlich durch die Einführung neuer Therapieprinzipien, integriert in multimodale Konzepte, erreicht werden.

[0004] Eines dieser neuen Therapieprinzipien betrifft den Einsatz von replizierenden Viren zur Behandlung von Tumoren. Dieser Ansatz wird als Virotherapie oder Onkolyse bezeichnet. Zahlreiche Viren besitzen onkolytische Eigenschaften mit einer präferenziellen Replikation in unterschiedlichen Tumorzellen im Vergleich zu einer reduzierten Replikation in gesunden Parenchymzellen. In mehreren klinischen Studien werden derzeit verschiedene Virotherapeutika getestet.

[0005] Von besonderem Interesse sind Viren der Familie Paramyxoviridae. Wichtige Mitglieder dieser Familie von behüllten Viren betreffen das zu der Gattung der Avulaviren zählende Newcastle-Disease-Virus, das zur Gattung der Morbilliviren zählende Masernvirus und das zur Gattung der Respiroviren zählende Sendai Virus.

[0006] Die Paramyxoviren weisen als Genom eine negative einzelsträngige RNA auf, d.h. ein RNA-Molekül, das Gene bzw. offene Leseraster ("Open Reading Frames"; ORFs) im Gegensinnmodus codiert. Bei dem Sendai Virus folgen auf eine 3'- Kopfregion des RNA-Genoms die viralen Gene N (Nucleocapsid), P (Phospho), M (Matrix), F (Fusion), HN (Hämagglutinin-Neuraminidase) und L (Large), gefolgt von der 5'-Schwanzregion.

[0007] Die N-, P- und L-Proteine sind für die Expression der von der genomischen RNA codierten Gene und für die autonome Replikation der RNA erforderlich. Das HN-Protein unterstützt die Infektion bestimmter Zelltypen. Das sogenannte Matrix-Protein (M) ist ein im Viruspartikel mit der Membran assoziiertes Strukturpro- tein.

[0008] Das F-Protein spielt eine zentrale Rolle bei der Infektion, indem es die Zellmembranfusion induziert, die erforderlich ist für die initiale Infektion und die Virusausbreitung auf benachbarte Zellen. Dieses wird als biologisch inaktive Vorstufe F0 in virusinfizierten Zellen synthetisiert und in der Lipidhülle des Virus, die von der Plasmamembran der Wirtszelle stammt, verankert. F0 wird durch eine sich im Respirationstrakt von Ratten und Mäusen befindliche und aus den Bronchialepithelzellen sezernierte Tryptase "Clara" in die aktiven Untereinheiten Fl und F2 gespalten. Fl und F2 sind in der Lage Zellmembranen zu fusionieren und damit die Infektion des Wirtes durch das Virus zu veranlassen. Die Spaltung von F0 stellt deshalb eine entscheidende Determinante für die Infektiosität und Pathogenität des Sendai Virus dar. Die Proteaserestriktion ist eine wichtige Determinante, durch die eine Infektion mit Sendai Virus in Mäusen auf den Respirationstrakt beschränkt bleibt und nicht zu einer systemischen Infektion führen kann.

[0009] Kinoh et al. (2004), Generation of a recombinant Sendai virus that is selectively activated and lyses human tumor cells expressing matrix metalloprotein- ses, Gene Ther. 11, S. 1137-1145, schlagen die Verwendung eines genetisch modifizierten Sendai Virus zur Behandlung von Tumorerkrankungen vor. Das Prinzip der genetischen Modifizierung besteht in der Einführung einer artifiziellen Spaltstelle in das virale F-Protein, die von tumorspezifischen Matrixmetalloproteinasen erkannt und gespalten werden kann und somit eine tumorspezifische Replikation der modifizierten Viren ermöglichen soll. Ferner weist das bekannte genetisch modifizierte Sendai Virus eine Deletion im viralen M-Protein auf, die zu einer Blockade der Freisetzung von Nachkommenviren führt, so dass eine Ausbreitung des Virus lediglich durch Zell-Zell-Kontakte per Fusion ermöglicht wird. Dieses modifizierten Sendai Virus wird auch in der EP 1 505 154 offenbart. [0010] Kinoh et al. (2009), Generation of optimized and urokinase-targeted oncolytic Sendai virus vectors applicable for various human malignancies, Gene Ther. 16, S. 392-403, beschreiben ein genetisch modifiziertes Sendai Virus, bei dem eine Trunkierung von Aminosäuren im viralen F-Protein vorliegt, wodurch die Fusionsaktivität erhöht werden soll. Ferner weist das virale F-Protein eine sogenannte "Urokinase Type Plasminogen Activator (uPA) Sensitive Sequence" (SGRS) auf, durch die eine Spaltung und Aktivierung von F0 durch tumorspezifische Proteasen die Replikationsfähigkeit der Viren auf eine Vielzahl von Tumoren erweitert werden soll.

[0011] Elankumaran et al. (2010), Type I Interferone sensitive recombinant Newcastle-Disease-Virus for oncolytic virotherapy, Journal of Virology, Online- Veröffentlichung, schlagen die Verwendung von rekombinanten Newcastle-Disease- Viren (rNDV) zur Verwendung als Antitumoragens vor, die entweder eine Mutation im V-Protein aufweisen und als "rBC-Edit" bezeichnet werden, oder eine Mutation im F-Protein aufweisen und als "rLaSota V.F." bezeichnet werden.

[0012] In der US 2009/0175826 wird die Verwendung eines rekombinanten Newcastle-Disease-Virus (rNDV) als onkolytisches Agens vorgeschlagen, das ein Transgen aufweist, welches in Tumorzelllinien Apoptose induziert soll.

[0013] Die im Stand der Technik beschriebenen onkolytischen Viren haben sich jedoch bislang nicht bewährt. Eine klinische Anwendung mit einem definierten Wirkungsnachweis steht aus. Insbesondere weisen die bislang im Stand der Technik verwendeten onkolytischen Viren den Nachteil auf, dass sie in erhöhtem Maße auch Nicht-Tumorzellen infizieren und diese zerstören können. Zusätzlich ist unklar, bei welchen Tumorerkrankungen eine gute Wirkung einzelner Virussysteme erreicht werden kann. Dies macht die bislang verwendeten onkolytischen Viren für einen klinischen Einsatz unbrauchbar.

[0014] Vor diesem Hintergrund ist es die Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein verbessertes onkolytisches Virus bereitzustellen, mit dem die Nachteile der bisher verwendeten onkolytischen Viren weitgehend vermieden werden. Insbesondere sollen solche onkolytischen Viren bereitgestellt werden, die in Tumorzellen replizieren und diese zerstören können, in Nicht-Tumorzellen jedoch stark eingeschränkt replizieren und damit einen ausreichenden epidemiologischen Sicherheitsaspekt erfüllen.

[0015] Diese Aufgabe wird durch die Bereitstellung eines genetisch modifizierten Paramyxovirus, vorzugsweise eines genetisch modifizierten Sendai Virus (SeV), gelöst, das gegenüber dem Wildtyp (WT) in seinem F-Gen zumindest eine erste genetische Modifizierung und in seinem P-Gen zumindest eine zweite genetische Modifizierung aufweist.

[0016] Unter einem "Paramyxovirus" wird erfindungsgemäß ein solches Virus verstanden, das zu der Familie Paramyxoviridae gehört und ein Virus, das hieraus durch Propagation hervorgegangen ist. Paramyxoviren umfassen die Subfamilie Paramyxovirinae mit den Gattungen Respiroviren, Rubulaviren, Avulaviren und Morbilliviren sowie die Subfamilie Pneumovirinae mit den Gattungen Pneumoviren, und Metapneumoviren. Details zur Taxonomie der Paramyxoviren finden sich beispielsweise in Kneipe et al. (2007), Fields Virology, 5. Auflage, Lippincot Williams & Wilkins.

[0017] Wie die Erfinder feststellen konnten, eignet sich nach dieser bevorzugten Ausführungsform für die erfindungsgemäße Modifizierung grundsätzlich jeder Stamm des Sendai Virus'. Wichtige besonders geeignete Stämme des Sendai Virus sind "Fushimi", "Harris", "Z-Strain", "Ohita", "Hamamatsu", "Cantell", und "52".

[0018] Die Erfinder haben erstmals erkannt, dass eine genetische Modifizierung des F-Gens bzw. des F-Proteins mit Aufhebung der Proteasenrestriktion für eine effiziente Ausbreitung des Virus in Tumorgewebe sorgt und somit ein breites Spektrum unterschiedlicher Tumoren infiziert werden kann. [0019] Die Nukleotidsequenz des F-Gens des Sendai Virus ist in dem beigefügten Sequenzprotokoll unter SEQ ID Nr. 1 wiedergegeben und weist die GenelD 1489775 auf. Die Aminosäuresequenz des F-Proteins des Sendai Virus ist in dem beigefügten Sequenzprotokoll unter SEQ ID Nr. 2 wiedergegeben und weist die Datenbankzugriffsnummern BAA 24390.1 oder NP_056877 auf.

[0020] Die Erfinder haben ferner erkannt, dass durch die zweite genetische Modifizierung im P-Gen bzw. P-Protein eine Attenuierung des Virus erreicht wird. Durch die genetische Modifizierung bzw. Mutation im P-Gen, verschieben sich die Leseraster für die Gene bzw. Proteine C', C, Yl, Y2. Das P-Protein bleibt hingegen völlig intakt.

[0021] Die Nukleotidsequenz des P-Gens des Sendai Virus ist in dem beigefügten Sequenzprotokoll unter SEQ ID Nr. 3 wiedergegeben. Die Aminosäuresequenz des P-Proteins ist in dem beigefügten Sequenzprotokoll unter SEQ ID Nr. 4 wiedergegeben und weist die Datenbankzugriffsnummern BAA 24386.1 und AAB 06279 auf.

[0022] Das P-Gen codiert für verschiedene akzessorische, nicht-strukturelle Proteine mit der Bezeichnung C, C, Yl, Y2, V und W. Diese Proteine entstehen durch überlappende Leserahmen und "RNA-Editing". Die genauen Funktionen der akzessorischen nicht-strukturellen Proteine sind im Detail noch nicht vollständig aufgeklärt, wobei vermutet wird, dass sie in der Interaktion mit dem unspezifischen Abwehrsystem der infizierten Zellen, wie bspw. dem Interferonsystem, interagieren können.

[0023] Die erfindungsgemäßen modifizierten Paramyxoviren sind im Gegensatz zu Wildtypviren in der Lage, eigenständig im Tumorgewebe zu replizieren und dieses zu zerstören, wobei keine Beschränkung auf einen bestimmten Tumorzelltyp beobachtet wird. Überraschenderweise ist das erfindungsgemäße Virus jedoch nur noch sehr eingeschränkt in der Lage, in Nicht-Tumorzellen, beispielsweise primären humanen Hepatozyten oder Fibroblasten, zu replizieren. Das erfindungsgemäße Virus infiziert folglich mit sehr hoher Präferenz Tumorzellen gegenüber Nicht- Tumorzellen. Schädigungen des Normalgewebes werden deutlich reduziert, wohingegen die therapeutische Breite des Virus erhöht wird.

[0024] Unter "genetischer Modifizierung" wird erfindungsgemäß eine vorzugsweise gezielte Veränderung des Genoms, der genetischen Information bzw. der codierten Proteine des erfindungsgemäßen Paramyxovirus gegenüber dem Wildtyp verstanden, die beispielsweise durch zielgerichtete Mutagenese eingeführt werden kann.

[0025] Nach einer bevorzugten Weiterbildung ist die erste genetische Modifizierung derart ausgestaltet, dass diese in einer Tropismuserweiterung resultiert.

[0026] Diese Maßnahme hat den Vorteil, dass das erfindungsgemäße Virus von spezifischen Proteasen, die bspw. nur von wenigen Geweben oder Tumorzellen exprimiert werden, unabhängig wird. So ist das Wildtyp-Sendai-Virus bspw. von einer Tryptase abhängig, die nur von Bronchialepithelzellen exprimiert wird und kann deshalb nur diese Zellen infizieren. Das in Kinoh et al. (2009; a.a.O.) beschriebene Virus ist von der Matrix-Metalloproteinase (MMP) abhängig und kann deshalb nur solche Tumorzellen infizieren, die MMP exprimieren. Das weitergebildete erfindungsgemäße Virus hingegen ist durch die erste genetische Modifizierung im F-Gen in der Lage, sämtliche Tumorzellen zu infizieren und zu lysieren.

[0027] Nach einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung ist die zweite genetische Modifizierung derart ausgestaltet, dass diese in einer Tropismuseinschränkung resultiert.

[0028] Diese Maßnahme hat den Vorteil, dass die Virussicherheit erhöht und Nebenwirkungen deutlich reduziert werden. Das erfindungsgemäße Virus lysiert selektiv Tumorzellen, gesunde Zellen hingegen nicht oder nur in sehr begrenztem Maße. Die Erfinder haben erkannt, durch eine gezielte genetische Modifizierung des P-Gens, d.h. eines Nicht-Strukturproteins, die Reaktionsweise der zu lysierenden Zelle so beeinflussen zu können, dass das Virus zielgerichtet in Tumorzellen repliziert. Dieser Ansatz unterscheidet sich von dem von Kinoh et al. (2009; a.a.O.) beschriebenen, bei dem durch eine Deletion des M-Gens, das für ein Strukturprotein codiert, keine vollständigen Viruspartikel mehr synthetisiert werden können. Hierunter leidet jedoch auch die Lyseaktivität. Diese ist bei dem erfindungsgemäßen Virus, beschränkt auf Tumorzellen, überraschenderweise sehr hoch.

[0029] Dabei ist es bevorzugt, wenn durch die erste genetische Modifizierung in dem F-Gen die Codierungsnukleotidsequenz für die SeV-WT-Protease- spaltstelle, die die Aminosäuresequenz VPQSR (SEQ ID Nr. 5) aufweist, gegen eine Codierungsnukleotidsequenz für eine ubiquitäre Proteasespaltstelle, vorzugsweise aus dem F-Gen des Newcastle-Disease-Virus (NDV), die die Aminosäuresequenz RRQKR (SEQ ID Nr. 6) aufweist, ausgetauscht ist.

[0030] Durch die erfindungsgemäße Modifizierung der proteolytischen SeV- WT-Proteasespaltstelle im F-Protein, wird die Proteasenrestriktion des Wildtyps aufgehoben. Das F-Protein kann nunmehr durch ubiquitäre Proteasen gespalten werden, wodurch eine Unabhängigkeit von bestimmten ggf. sich nur im Respirationstrakt von Mäusen befindlichen Proteasen oder aber auch von tumorproduzieren- den Proteasen erreicht wird. Das genetisch modifizierte Virus kann dadurch für ein breiteres Spektrum von Tumoren eingesetzt werden, wobei die Gefahr einer Resistenzentstehung deutlich reduziert wird.

[0031] Nach einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung ist durch die zweite genetische Modifizierung im P-Gen die Codierungsnukleotidsequenz für zumindest eines der von dem P-Gen codierten akzessorischen nicht strukturellen Protein modifiziert, vorzugsweise derart, dass zumindest eines nicht transkribierbar ist, weiter vorzugsweise durch funktionelle Zerstörung des Start-Codons nicht transkribierbar ist. [0032] Diese Maßnahmen haben den Vorteil, dass das erfindungsgemäße genetisch modifizierte Virus derart attenuiert ist, dass die Replikation in nichtmalignen Zellen und damit die Infektion von gesundem Gewebe deutlich eingeschränkt wird. Die erfindungsgemäßen Viren infizieren somit noch zielgerichteter Tumorzellen und können diese lysieren.

[0033] Dabei ist es bevorzugt, wenn die akzessorischen nicht-strukturellen Proteine ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus: C, C, Yl, Y2, V und W, wobei es bevorzugt ist, wenn durch die zweite genetische Modifizierung im P-Gen zumindest die C'/C- und Yl/Y2-Proteine, weiter vorzugsweise zumindest die C'/C-, V- und W-Proteine, weiter vorzugsweise zumindest die C'/C-, V-, W- und Yl/Y2-Proteine modifiziert bzw. funktionell zerstört sind.

[0034] Wie die Erfinder in einem Modellsystem feststellen konnten, weisen derart modifizierte Viren eine besonders hohe Selektivität für Tumorzellen und eine besonders schlechte Replikation in Nicht-Tumorzellen auf.

[0035] Die Nukleotidsequenz des C'-Gens des Sendai Virus ist in dem beigefügten Sequenzprotokoll unter SEQ ID Nr. 7 wiedergegeben und weist die GenelD AB005796.1 auf. Die Aminosäuresequenz des C'-Proteins des Sendai Virus ist in dem beigefügten Sequenzprotokoll unter SEQ ID Nr. 8 wiedergegeben und weist die Datenbankzugriffsnummer BAA 24394 auf.

[0036] Die Nukleotidsequenz des C-Gens des Sendai Virus ist in dem beigefügten Sequenzprotokoll unter SEQ ID Nr. 9 wiedergegeben. Die Aminosäuresequenz des C-Proteins des Sendai Virus ist in dem beigefügten Sequenzprotokoll unter SEQ ID Nr. 10 wiedergegeben und hat die Datenbankzugriffsnummer BAA 24396.

[0037] Die Nukleotidsequenz des V-Gens des Sendai Virus ist in dem beigefügten Sequenzprotokoll unter SEQ ID Nr. 11 wiedergegeben. Die Aminosäuresequenz des V-Proteins des Sendai Virus ist in dem beigefügten Sequenzprotokoll unter SEQ ID Nr. 12 wiedergegeben und weist die Datenbankzugriffsnummer BAA 20021 auf.

[0038] Die Nukleotidsequenz des W-Gens des Sendai Virus ist in dem beigefügten Sequenzprotokoll unter SEQ ID Nr. 13 wiedergegeben. Die Aminosäuresequenz des W-Proteins des Sendai Virus ist in dem beigefügten Sequenzprotokoll unter SEQ ID Nr. 14 wiedergegeben und weist die Datenbankzugriffsnummer AAX07444 auf.

[0039] Die Nukleotidsequenz des Yl-Gens des Sendai Virus ist in dem beigefügten Sequenzprotokoll unter SEQ ID Nr. 15 wiedergegeben. Die Aminosäuresequenz des Yl -Proteins des Sendai Virus ist in dem beigefügten Sequenzprotokoll unter SEQ ID Nr. 16 wiedergegeben und hat die Datenbankzugriffsnummer BAA 24388.

[0040] Die Nukleotidsequenz des Y2-Gens des Sendai Virus ist in dem beigefügten Sequenzprotokoll unter SEQ ID Nr. 17 wiedergegeben. Die Aminosäuresequenz des Yl -Proteins des Sendai Virus ist in dem beigefügten Sequenzprotokoll unter SEQ ID Nr. 18 wiedergegeben und hat die Datenbankzugriffsnummer AAX07449.

[0041] Nach einer bevorzugten Weiterbildung weist das erfindungsgemäße Virus gegenüber dem Wildtyp (WT) zumindest ein Transgen auf, vorzugsweise ein Suizidgen oder andere Zelltod induzierende oder immunstimulierende Gene.

[0042] Diese Maßnahme hat den Vorteil, dass die Zytotoxizität des erfindungsgemäßen Virus für Tumorzellen nochmals erhöht wird, indem das Produkt des Transgens zusätzlich zu einer verstärkten Zerstörung der infizierten Tumorzellen beiträgt. Umfasst sind auch Transgene mit einer Antitumorwirkung. [0043] Vor diesem Hintergrund betrifft ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung eine pharmazeutische Zusammensetzung, die das erfindungsgemäße genetisch modifizierte Paramyxovirus sowie einen pharmazeutisch akzeptablen Träger aufweist.

[0044] Pharmazeutisch akzeptable Träger sind im Stand der Technik umfassend beschrieben, beispielsweise in Bauer et al. (1999), Lehrbuch der Pharmazeutischen Technologie, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, Kibbe et al. (2000) Handbook of Pharmaceutical Excipients, American Pharmaceutical Association and Pharmaceutical Press. Der Inhalt der vorgenannten Publikationen ist Gegenstand der vorliegenden Offenbarung. Es versteht sich, dass die pharmazeutische Zusammensetzung weitere Hilfs- und Wirkstoffe aufweisen kann, wie beispielsweise Zytostatika.

[0045] Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft die Verwendung des erfindungsgemäßen genetisch modifizierten Paramyxovirus zur therapeutischen und/oder prophylaktischen Behandlung einer Tumorerkrankung, vorzugsweise einer Erkrankung an einem soliden Tumor, weiter vorzugsweise eine Erkrankung an dem hepatozellulären Karzinom.

[0046] Mit rund einer Million Neuerkrankungen pro Jahr stellt das hepato- zelluläre Karzinom eines der häufigsten Malignome weltweit dar. Nur in wenigen Fällen ist eine kurative Therapie durch Resektion oder Lebertransplantation möglich. Bislang fehlen überzeugende alternative Therapiekonzepte, da eine ausgeprägte Resistenz gegenüber allen bislang getesteten Chemotherapeutika besteht. Die Erfindung schafft hier wirksam Abhilfe.

[0047] Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer pharmazeutischen Zusammensetzung zur therapeutischen und/oder prophylaktischen Behandlung einer Tumorerkrankung, vorzugsweise einer Erkrankung an einem soliden Tumor, weiter vorzugsweise eine Erkrankung an dem hepatozellulären Karzinom, das folgende Schritte aufweist: (1) Bereitstellen des erfindungsgemäßen genetisch modifizierten Paramyxovirus, und (2) Formulieren des genetisch modifizierten Paramyxovirus in einen pharmazeutisch akzeptablen Träger.

[0048] Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.

[0049] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert, aus denen sich weitere Merkmale, Vorteile und Eigenschaften der Erfindung ergeben. Dabei wird Bezug genommen auf die beigefügten Abbildungen, in denen Folgendes dargestellt ist:

Fig. 1 zeigt die genomische Struktur des Sendai Virus;

Fig. 2 zeigt die Struktur des pSVVlO-Plasmides mit der cDNA des Sendai

Virus;

Fig. 3 zeigt die offenen Leseraster (ORFs) der nicht-strukturellen akzessorischen Gene im P-Gen;

Fig. 4 zeigt die Subklonierung in den Klonierungsvektor pSL1180;

Fig. 5 zeigt das Prinzip der Mutagenese-PCR;

Fig. 6 zeigt das Primerschema zur Überprüfung der Mutationen nach der

Mutagenese-PCR;

Fig. 7 zeigt den Schritt 1 der Reklonierung in dem die mutierten Sphl- £co- i-Fragmente aus dem pSL1180 Sphl-Eco pSVVIO Klonierungs- vektor ausgeschnitten und in einen Sendai Virus Vektor pVV13 einkloniert wurden;

Fig. 8 zeigt den Schritt 2 der Reklonierung; in den pSVV13 Vektor, dem die

ORFs für M, F, HN fehlen; dieser Bereich wurde mit der veränderten F-Spaltstelle aus pRS Id-E Fm über EcoRI kloniert; die resultierenden Vektoren beinhalteten den mutierten P/C Bereich und eine ubiquitä- re F-Spaltstelle aus NDV;

Fig. 9 zeigt die Replikation der erfindungsgemäßen Viren auf Vero-Produ- zentenzellen und Hepatomzellen (Hep3B, HuH7, PLC/PRF/5);

Fig. 10 zeigt die Replikation der erfindungsgemäßen Viren auf Nicht- Tumorzellen (MRC-5, humane Fibroblasten; PHH, primäre humane Heptozyten);

Fig. 11 zeigt die Vermehrung der erfindungsgemäßen Viren in vivo. Ausführungsbeispiele

1. Genomischer Aufbau der Sendai Viren

[0050] Sendai Viren sind Negativstrang RNA- Viren mit einem Genom von ca. 15 kb. Der genomische Aufbau ist in der Fig. 1 dargestellt. Die Gene der sechs Strukturproteine befinden sich auf der viralen genomischen RNA in der Reihenfolge 3'-N-P-M-F-HN-L-5'. Vor dem ersten Gen befindet sich die 54 Nukleotide umfassende Leader-Region (ld) und hinter dem letzten Gen folgt die 57 Nukleotide lange Trailer- Region (tr). Die Zahlen unter jedem Gen entsprechen der Genlänge in bp. Für die Transkription eines einzelnen Genes startet die virale Polymerase die Synthese der mRNA an einer konservierten Sequenz am 3'-Ende, die als Gene-Start-Motiv (GS) bezeichnet wird, gefolgt von einer nicht-translatierten Region (UTR), dem offenen Leseraster (ORF) des viralen Gens, und letztlich dem Gene-End-Motiv (GE), an dem die mRNA-Synthese anhält. Zwischen zwei Expressionseinheiten findet sich ein konserviertes intergenisches Motiv (I) von 3 bp, das nicht in die mRNA eingebaut wird.

[0051] Die Grundlage der Erfindung bildet das sogenannte pSVVlO- Plasmid, genauer gesagt das pSVVlOIdGFPMFHN-Plasmid mit einer Größe von 19.774 bp, welches für die cDNA des Sendai Virus des Stammes Fushimi, ATCC VR- 105, codiert. Das Plasmid ist in der Fig. 2 dargestellt.

2. Detaillierte Darstellung der im P-Gen codierten akzessorischen Proteine.

[0052] Die akzessorischen Proteine des Sendai Virus C', C, Yl, Y2, V und W werden im P-Gen codiert. Dabei sind die ORFs der C- und Y-Proteine um +1 Base verschoben. Die V- und W-Proteine entstehend je nach Anzahl der inserierten G- Proteine an der sogenannten Editing Site (ES). Der P-ORF-Sequenzbereich mit den akzessorischen Genen ist in der Fig. 3 dargestellt, wobei sich die Zahlen auf die Angaben im PSVVlO Vektor beziehen.

3. Subklonierung im Mutagenese-Plasmid

[0053] Zum Einfügen von Punktmutationen in den Genen der akzessorischen Proteine wurde eine Mutagenese-PCR durchgeführt. Für diese Methode können allerdings nur Plasmide mit einer maximalen Größe von 8 kb verwendet werden. Der P/V/C-Bereich des Genoms des Sendai Virus wurde aus dem Sendai -Virus- Vektor pSVVlO (19774 bp) über die Restriktionsenzyme EcoRI und SphI in den Klonierungs- vektor pSL1180 (3422 bp) subkloniert. Hierzu wurden die beiden Vektoren pSVVlO (Fig. 2) und pSL1180 mit den Enzymen EcoRI und SphI verdaut und der zu mutierende Bereich aus pSVVlO (2254 bp) mit dem Vektorrückgrat aus sPL1180 (3303 bp) ligiert. Das resultierende Klonierungsplasmid pSL1180 Sphl-Eco pSVVlO hat eine Größe von 5557 bp; vgl. Fig. 4. 4. Mutagenese

[0054] Durch gezielte Mutation soll die Transkription der akzessorischen Gene C', C, Yl und Y2 verhindert werden. Auch eine Mutation in der Editing-Site führt dazu, dass das Editing nicht mehr durchgeführt werden kann. Im folgenden Überblick ist der relevante Klonierungsbereich von pSL1180 mit allen Gen-Starts und der Editing-Site dargestellt (SEQ . ID NR. 19):

ACG G CTTCG G CTACACTTAC CG C ATG iGATCAAG ATG; CCTTCATTCTTAAAGAAGATTCTGAAGTTGAGAGG GAG

GCGCCAGGAGGAAGAGAGTCGCTCTCGG ATG hTATCGGATTCCTCG ATG CTGTCCTGTCGAGTGAACCAACTGACA

TCGGAGGGGACAGAAGCTGGCTCCACAACACCATCAACACTCCCCAAGGACCAGGCT CTGCCCATAGAGCCAAAAGT GAGGGCGAAGGAGAAGTCTCAACACCGTCGACCCAAGATAATCGATCAGGTGAGGAGAGT AGAGTCTCTGGGAGAA CAAGCAAGCCAGAGGCAGAAGCACATGCTGGAAACCTTGATAAACAAAATATACACCGGG CCTTTGGGGGAAGAACT GGTACAAACTCTGTATCTCAGGATCTGGGCGATGGAGGAGACTCCGGAATCCTTGAAAAT CCTCCAAATGAGAGAGG ATATCCGAGATCAGGTATTGAAGATGAAAACAGAGAGATGGCTGCGCACCCTGATAAGAG GGGAGAAGACCAAGCT GAAGGACTTCCAGAAGAGGTACGAGGAGGTACATCCCTACCTGATGAAGGAGAAGGTGGA GCAAGTAATAATGGAA GAAGCATGGAGCCTGGCAGCTCACATAGTGCAAGAGI CTGGGGTCCTGGTGATTCCTAGCCCCGAACTCGAAGAG

GCTGTGCTACGGAGGAACAAAAGAAGACCTACCAACAGTGGGTCCAAACCTCTTACT CCAGCAACCGTGCCTGGCACC CGGTCCCCACCGCTGAATCGTTACAACAGCACAGGGTCACCACCAGGAAAACCCCCATCT ACACAGGATGAGCACATC AACTCTGGGGACACCCCCGCCGTCAGGGTCAAAGACCGGAAACCACCAATAGGGACCCGC TCTGTCTCAGATTGTCCA

GCCAACGGCCGCCCAATCCACCCGGGTCTAGAGACCGACTCAAC ΑΑΑΑΑΑ GGGCATAGGAGAGAACACATCATCTA

^G]AAAGAGATGGCTACATTGTTGACGAGTCTTGGTGTAATCCAGTCTGCTCAAGAATTC GAGTCATCCCGAGACGCGA

GTTATGTGTTTGCAAGACGTGCCCTAAAGTCTGCAAACTATGCAGAGATGACATTCA ATGTATGCGGCCTGATCCTTTC

TGCCGAGAAATCTTCCGCTCGTAAGGTAGATGAGAACAAACAACTGCTCAAACAGAT CCAAGAGAGCGTGGAATCATT

CCGGGATATTTACAAGAGATTCTCTGAGTATCAGAAAGAACAGAACTCATTGCTGAT GTCCAACCTATCTACACTTCAT

ATCATCACAGATAGAGGTGGCAAGACTGACAACACAGACTCCCTTACAAGGTCCCCC TCCGTTTTTGCAAAATCAAAA

GAGAACAAGACTAAGGCTACCAGGTTTGACCCATCTATGGAGACCCTAGAAGATATG AAGTACAAACCGGACCTAATC

CGAGAGGATGAATTTAGAGATGAGATCCGCAACCCGGTGTACCAAGAGAGGGACACA GAACCCAGGGCCTCAAACG

CATCACGCCTCCTCCCCTCCAAAGAGAAGCCCACAATGCACTCTCTCAGGCTCGTCA TAGAGAGCAGTCCCCTAAGCAG

AGCTGAGAAAGCAGCATATGTGAAATCATTATCCAAGTGCAAGACAGACCAAGAGGT TAAGGCAGTCATGGAACTCG

TAGAAGAGGACATAGAGTCACTGACCAACTAG

ACG = Start C ' Leserahmen von P/W/V +1

ATG = Start P/W/V Leserahmen 1

■ATG = Start Ci Leserahmen von P/W/V +1

ATG = START Yl (STOP BEI 647) Leserahmen von P/W/V +1 ATG = START Y2 Leserahmen von P/W/V +1

AAAAAA = EDITI NG SITE

[0055] Es wurden drei spezielle Primer entwickelt, die einerseits die Startsequenzen der Gene für die akzessorischen Proteine funktionell zerstören, die aber andererseits im P-Leserahmen keine Aminosäure-Änderung hervorrufen.

Primer 1 (SeV G :

5 ' CGCATGGATCAAGACGCCTTCATTCTAAAAGAAGATTCTGAAGTAGAGAGG 3 ' (SEQ ID N R. 20)

Unveränderte P-Aminosäuren:

Asp Leu Val

Orig. P-Seq. : An [cn] (SEQ ID NR. 21) Prim. Seq. : (SEQ ID NR. 22)

Asp Leu Val

Mutierte C-Aminosäuren:

Start Leu Leu

Veränderte C-Sequenz: (SEQ ID N R. 23)

START STOP STOP

Primer 2 (SeV Υ„„):

5' CTCTCGGACGTTATCGGATTCCTCGACGCTGTCCTG 3 ' (SEQ I D NR. 24)

Unveränderte P-Aminosäuren:

Asp Asp

P-Sequenz CTC TCG GAC GTT ATC GGA TTC CTC GAC G CT GTC

Asp Asp

Mutierte Y-Aminosäuren:

START START

Originalsequenz C TCT CGG ATG TTA TCG GAT TCC TCG |ATG| CTG TCC TG (SEQ ID NR. 26)

Primer Yl (C)-Sequenz C TCT CGG |ACG| TTA TCG GAT TCC TCG [ |ACG| CTG TCC TG (SEQ ID NR. 27)

START START Primer 3 (SeV

5 ' GACTCAACAAAGAAAGGCATAGGTGAGAACACATCATCTATG 3 ' (SEQ I D NR. 28)

Unveränderte P-Aminosäuren:

Lys Lys Gly

Orig. P-Seq.: GAC TCA ACA |ÄÄÄ| |AAG1 GGC ATA |GGA| GAG AAC ACA TCA TCT ATG (SEQ ID N R. 29)

Prim Seq .: G AC TCA ACA [ ÄG] [ÄÄÄj GGC ATA [GGT] GAG AAC ACA TCA TCT ATG (SEQ ID NR. 30)

Lys Lys Gly

Mutierte Aminosäuren von V und W:

Lys Lys G H R R E

verä nderte V-Seq uenz : GAC TCA ACA [ÄÄG] |ÄÄÄ] GG|G] CAT AGG |TGAJ GAA CAC ATC ATC TAT G (SEQ ID NR. 31)

(+IG) Lys Lys G H R STOP

Lys Lys G A STOP

verä nderte W-Sequenz: GAC TCA ACA ^ÄG] ^Ä^ GGG GCA TAG |GTG] AGA ACA CAT CAT CTA TG (SEQ ID NR. 32)

(+2G)

Mit den Primern wurden in der Mutagenese-PCR folgende Mutationen hergestellt:

Gewünschte Mutationen:

C und C ausschalten Yl und Y2 ausschalten: Editing site ausschalten:

•4308 T-^C C-START, •4377 T->C Yl-START, • 5241 A ^ G

•4320 TH>A C-STOP •4395 T^C Y2-START, • 5244 G - A Editing Site k •4338 T-^A C-STOP • 5253 A -» T

[0056] Das "QuickChange Multi Site directed Kit" der Firma Stratagene ® ermöglicht ein gezieltes Einfügen von Punktmutationen bei Plasmiden mit bis zu 8 kb Größe in drei aufeinanderfolgenden Schritten. Im ersten Schritt lagern sich die zur Reaktion gegebenen Fehlpaarungsprimer, die einzelne Punktmutationen enthalten, an den denaturierten Template-Einzelstrang an. Dabei ist darauf zu achten, dass alle Primer an denselben Template-Strang binden. Die P uTurfoo-Polymerase verlängert von den Primern aus die komplementäre Sequenz, ohne die Primer zu verdrängen. Der neu generierte DNA-Strang beinhaltet nun die Mutationen und einzelne überhängende Enden, sogenannte "nicks", die von Komponenten des Enzym Blends passend verschoben werden. [0057] Im zweiten Schritt erfolgt ein Verdau mit Dpnl, wodurch spezifisch methylierte und hemimethylierte DNA verdaut wird. Da Plasmide, die in Escherichia coli vermehrt wurden, dam methyliert sind, wird nur das parentale Template verdaut, nicht aber die in der PCR entstandenen Kopien, welche die Mutationen enthalten.

[0058] Im letzten Schritt wird die ssDNA in XLIO-Gold-Ultrakompetente Zellen transformiert und dort in vivo in dsDNA konvertiert. Die Plasmide können nun aus den Bakterien isoliert und auf eingefügte Mutation mittels Sequenzierung analysiert werden. Das Prinzip der Mutagenese PCR ist in der Fig. 5 dargestellt.

[0059] Der Mutageneseansatz setzt sich wie folgt zusammen (Tab. 1):

Tabelle 1: Ansatz der SeV Mutagenese PCR zur Generierung rekombinanter Sendai Viren mit partiellen Deletionen in den akzessorischen Proteinen

Komponenten Vko Cko/Yko Cko/Yko/Vko

10 x Quick Change Puffer 2,5 μΐ 2,5 μΐ 2,5 μΐ

Quick Solution 0, 75 μΐ 0, 75 μΐ 0, 75 μΐ dNTP Mix Ι μΐ Ι μΐ Ι μΐ

QuickChange Mutli Enzyme Blend Ι μΐ Ι μΐ Ι μΐ

Plasmid 100 ng 100 ng 100 ng

Primer SeV Vk 0 0,9 μΐ - 0,9 μΐ

Primer SeV Ck 0 - 0,9 μΐ 0,9 μΐ

Primer SeV Yk 0 - 0,9 μΐ 0,9 μΐ

H 2 Q ad 25 μΐ ad 25 μΐ ad 25 μΐ

[0060] Die Mutagenese-PCR ähnelt einer herkömmlichen PCT, nur die Ex- tensionszeit ist sehr lang, da der komplette Vektor komplementiert werden muss und variiert somit für jeden Vektor: Zwei Minuten pro kb; hier: pSL1180 + Eco-Sphl Fragment aus pSVVIO -5,5 kb entspricht 11 Minuten Extension; vgl. Tab. 2: Tabelle 2: Mutagenese-PCR Programm

Mutagenese-PCR

Polymerase Aktivierung 95 °C 01:00 min

Denaturierung 95 °C 01 : 00 min

Annealing 55 °C

Extension (Template abhängig) 65 °C 01 : 00 min > 35 Zyklen Extension 72 °C 11 : 00 min

4 °C 10:00 min

[0061] Direkt nach Amplifizierung wurde 1 μΐ Dpnl Restriktionsenzym (10 U/μΙ) zu dem PCR-Ansatz gegeben, mit der Pipette resuspendiert, kurz zentrifugiert und eine Stunde bei 37 °C verdaut. Die entstandene ssDNA wurde in XLIO-Gold ultrakompetente Zellen transformiert und mittels Miniprep als dsDNA-mutiertes Plasmid aus den Bakterien isoliert; vgl. Tab. 3:

Tabelle 3: Veränderte Sequenz durch Mutagenese; * Kurutani et al. Genes to Cells, 1998

$ Gotoh et al. FEBS letters, 1999

C START C START C-STOP C-STOP

WT //ACG-// 7-ATG-/- - -TTA-/- -/-TTG-/ /

C' und C (-) -C- -A- -A-

Kurotani* -A- -A-

Gotoh 5 G- -A- -A-

Yl START Y2 START

WT //ATGTTA-// - - /-ATG-//

Yl und Y2 (-) - C - -C-

Kurotani* - C - - A - -C-

Gotoh s - C - A - -C-

Editing site ko STOP STOP

WT //ACAAAAAAG GGC ATA GGA GAG

Editing site -G - - A - - T

+1G -TGA- +2G -TGA- Kurotani*

Gotoh $ -G - - A

5. Sequenzierung

[0062] Die entstandenen mutierten Plasmide wurden mittels Sequenzierung auf das korrekte Einfügen der Mutationen überprüft. Ein Primerschema mit der Abdeckung des kompletten Mutationsbereichs in der Fig. 6 dargestellt. Die oberen Zahlen betreffen Angaben für Positionen im Originalvektor pSVVIO (~19kb), die unteren Zahlen betreffen Angaben für Positionen im pSL1180+pSVVi0 Klonierungs- vektor (~5,5kb).

6. Reklonierung der mutierten Sequenzen in einem für das komplette Sendai Virus codierenden Vektor

[0063] Der mutierte Sequenzbereich musste wieder zurück in einen Vektor mit kompletter cDNA-Sequenz des Sendai Virus kloniert werden. Da Viren hergestellt werden sollten, die statt der nur durch die Tryptase "Clara" im respiratorischen Trakt von Nagetieren aktivierbaren Spaltstelle eine ubiquitäre F-Spaltstelle haben sollten, wurde der Eco-Eco-Bereich aus dem Vektor pRS Id-EGFP Fmut (19958 bp, Sascha Bossow, MPI München) verwendet. Dieser beinhaltet statt der Spaltstelle im F-Protein des Sendai Virus mit der Nukleotidsequenz (GTTCCACAGTCGAGA; SEQ . ID Nr. 33) eine ubiquitäre Spaltstelle für das F-Protein aus dem Newcastle-Disease-Virus mit der Sequenz (CGTCGTCAGAAGAGA; SEQ ID Nr. 34).

[0064] Die verschiedenen mutierten Sphl-EcoRI-Fragmente wurde zunächst aus dem pSL1180 Sphl-Eco pSVVIO Klonierungsvektor ausgeschnitten und in einen Sendai Virus Vektor pSVV13 kloniert, der dem Vektor pSVVIO gleicht, dem aber die Bereiche für das F-Gen und HN-Gen fehlen. In diesen Vektor wurden dann die fehlenden Bereiche für das F-Gen und HN-Gen mit der veränderten Spaltstelle im F- Gen aus pRS Id-EGFP Fut über EcoRI kloniert. Resultierenden Vektoren wurden als pSeVmut bezeichnet. Funktionelle Sendai Viren werden anhand der "rescue"- Methode über die Transfektion von BSR-T7-Zellen hergestellt. Schritt 1 der Reklonierung ist in der Fig. 7 und Schritt 2 der Reklonierung in der Fig. 8 dargestellt. 7. Herstellung rekombinanter Sendai Viren

[0065] Durch die Methode des "rescue" für Paramyxoviridae ist es möglich, genetisch veränderte Viren herzustellen. Dazu wurden BSR-T7 Zellen, welche konstitutiv die T7 RNA-Polymerase exprimieren, durch Lipofektion mit Helferplasmiden und für die cDNA des Sendai Virus codierenden Plasmide cotransfiziert. Die unter einem T7 Promotor stehenden Plasmide werden in der Zelle transkribiert, so dass durch mehrere Schritte virale Proteine und virale Negativ-Strang-RNA-Genome gebildet werden und funktionelle Viren entstehen.

[0066] BSR-T7 Zellen (3xl0 5 pro Kavität einer Platte mit sechs Kavitäten) wurden ausgesät und über Nacht bei 37 °C kultiviert. Zur Transfektion wurden in einem Röhrchen 200 μΐ DMEM mit FuGENE 6 vorgelegt (Menge an Fugene 6 entsprach einem Verhältnis von 2 μΐ pro pg DNA) und für fünf Minuten inkubiert. Nach Hinzufügen der DNA Komponenten, die in der Tab. 4 gelistet sind, erfolgte ein weiterer Inkubationsschritt für 25 Minuten bei Raumtemperatur.

Tabelle 4: DNA Komponenten eines "rescue" Ansatzes

Komponente DNA Menge

SeV cDNA 7,5 μg

pTM-N 250 ng

pTM-P/C 150 ng

pTM-L 50 ng

[0067] Die BSR-T7 Zellen wurden zweimal mit DMEM gewaschen; danach wurde 1,8 ml Medium DMEM + 2% FCS vorgelegt. Das inkubierte Transfektionsge- misch wurde tropfenweise unter Schwenken hinzugegeben und die Zellen für drei Tage bei 33 °C inkubiert. Danach wurden die transfizierten BSR-T7 Zellen dreimal mit je 1 ml DMEM gewaschen, um Plasmidreste zu entfernen. Zu jedem Ansatz wurde 1 ml frisches Medium DMEM + 2% FCS gegeben und die neu entstandenen Viren nach einem Tag geerntet. [0068] Vor der Übertragung zur Vermehrung auf Vero-Zellen wurde der virushaltige Überstand bei 300 rpm für vier Minuten bei Raumtemperatur zentrifugiert. Vier Tage vorher vorbereitete Vero-Zellen (ausgelegt: 2xl0 5 Zellen pro 3,5 cm Schale; Soll: ca. 10 6 Zellen pro 3,5 cm Schale am Tag der Infektion) wurden zweimal mit DMEM gewaschen und mit 100 bis 500 μΐ BSR-T7-Überstand (ad 500 μΐ Adsorptionsvolumen mit Kulturmedium) für eine Stunde bei 33 °C unter Schwenken (alle 15 Minuten) infiziert. Das Inokulum wurde abgenommen, die Zellen zweimal mit DMEM gewaschen und in 1 ml Kulturmedium für zwei bis fünf Tage unter täglichem Mediumswechsel bei 33 °C inkubiert. Sobald im Fluoreszenzmikroskop eGPF als viral codiertes Markerprotein sichtbar war, wurde der Kulturüberstand abgenommen. Mit dieser initialen Viruspassage wurden weitere Passagen (Passage zwei und drei) in größerem Maßstab hergestellt. Die Titer der Virusnachkommen wurden mittels der TCID 5 o-Methode quantifiziert.

[0069] Folgende erfindungsgemäße genetisch modifizierte bzw. rekombi- nante Sendai Viren wurden hergestellt: a) SeV Fmut: Sendai Virus Stamm Fushimi mit NDV-Spaltstelle

b) SeV Fmut dV: wie a, zusätzlich mit Mutationen in dem V- und W- Gen c) SeV Fmut dC: wie a, zusätzlich mit Mutationen in den C- und C'-Genen d) SeV Fmut dCdY: wie a, zusätzlich mit Mutationen in den C- und C'- Genen und Yl- und Y2-Genen

e) SeV Fmut dCdV: wie a, zusätzlich mit Mutationen in den C- und C'- Genen, V- und W-Genen

f) SeV Fmut dCdYdV: wie a, zusätzlich mit Mutationen in den C- und C'- Genen, V-, W- und Yl- und Y2-Genen

8. Charakterisierung der rekombinanten Sendai Viren

[0070] Die hergestellten rekombinanten Sendai Viren wurden ausführlich auf mehreren Ebenen charakterisiert. So wurde die Virusreplikation auf nicht- transformierten Vero-Produzentenzellen sowie auf Tumorzellen, im Speziellen auf Hepatomzellen (Hep3B, HuH7, PLC/PRF/5), sowie auf weitere Nicht-Tumorzellen, wie der humanen Fibroblastenzelllinie MRC-5 und primären humanen Hepatozyten (PHH) unterschiedlicher Spender untersucht.

Wachstumskurven

1. 1x10 s Zellen pro 12 Well in 500 μΐ auslegen (Vero, Hepatomzelle, MRC-5, PHH werden geliefert, ebenfalls von 1x10 s Zellen ausgehen)

2. ÜN anwachsen lassen

3. Medium abnehmen, lx Waschen mit PBS

4. +250 μΐ Optimem

5. Virus in Optimem verdünnen (MOI 0,05)

6. Verdünntes Virus zu den Zellen geben

7. mit allen 6 SeV Varianten infizieren (Rest der Verdünnungen einfrieren und als Startwert titrieren)

8. 1 h bei 37 °C infizieren

9. Zellen 2x Waschen (PBS)

10. +1 ml frisches Medium (DMEM 5% FCS)

11. nach 24, 48, 72 h, 96 h (jeweils nach Infektionsstart) Viren im ÜS abnehmen und bei -80°C lagern (je 200 μΐ)

a. 2x vorsichtig Waschen mit Medium

b. +1000 ml Medium (DMEM 5% FCS), Zellen darin abschaben

12. Lysate bei -80 °C einfrieren

13. Für Titration auftauen

a. 2 Min Wasserbad 37 °C

b. 10-15 sec vortexten

c. 2 Minuten 3000 x g kleine Zentrifuge

14. runterzentrifugieren

15. Titration auf Veros (TCIDso)

d. Virusverdünnungen herstellen (erste Reihe immer unverdünnt) e. Zu 96 Well Platten geben (immer frische Patte auf 4 °C stellen) f. Zellen trypsinieren

g. Zählen und 2xl0 4 Zellen /96 Well dazugeben

h. Nach 3 Tagen Titer auswerten

[0072] In der Fig. 9 ist die Virusreplikation auf den Vero-Produzentenzellen und den Hepatomzellen dargestellt. Dabei zeigt sich eine ausgesprochen gute Repli- kation in den Vero-Produzentenzellen mit vergleichbaren Titern für alle generierten rekombinanten Viren mit einer Virusausbeute zwischen 10 7 und 10 8 TCID 5 o/ml. [0073] Die Titration der Viruspartikel wurde in drei unabhängigen Versuchen wiederholt, angegeben sind der Mittelwert und die Standardabweichung (IO = Inokulum).

[0074] In den drei humanen Standardzelllinien für das hepatozelluläre Karzinom HuH7, PLC/PRF/5 und Hep3B konnte gezeigt werden, dass alle rekombinanten Viren eine ausgesprochen gute Replikation in Tumorzellen aufweisen. Somit ist eine entscheidende Voraussetzung für eine relevante onkolytische Aktivität der erfindungsgemäßen rekombinanten Viren erfüllt.

[0075] Als Nicht-Tumorzellen wurden exemplarisch die humane Fibroblastenzelllinie MRC-5 und primäre humane Hepatozyten (PHH) von meherern unterschiedlichen Spendern untersucht. Das Ergebnis ist in Fig. 10 dargestellt. Die Intensität der Onkolyse erfolgt bei den untersuchten Varianten in Abhängigkeit der Deletionen in den akzessorischen Proteinen. Viren mit einer einfachen Deletion (SeV V Fmut dC, SeV V Fmut dV) haben ihre Fähigkeit, in Normalzellen zu replizieren, nur moderat verloren, wohingegen Viren mit zwei oder mehr Deletionen (SeV Fmut dCdY, SeV Fmut dCdV, SeV Fmut dCdYdV) effektiv zwar in Hepatomzellen, also Tumorzellen, replizieren und diese zerstören, Infektionen in Normalzellen aber kaum zu beobachten sind.

[0076] Die Titration der Viruspartikel wurde in drei unabhängigen Versuchen (bei PHH drei unterschiedliche Spender) wiederholt. Angegeben sind der Mittelwert und die Standardabweichung (IO = Inokulum).

[0077] In einem weiteren Experiment wurde die Virusausbreitung in vivo untersucht.

1. Balb c nu/nu Mäusen wurden 5xl0 6 HuH7 Tumorzellen subcutan unter die rechte Flanke implantiert

2. Bei Erreichen eines Tumorvolmens von mindestens 100 mm 3 wurde Sendai Virus in 100 μΐ PBS intratumoral appliziert. 3. 2 Tage nach Virusinjektion wurden die Tiere getötet und die Tumore entnommen.

4. Ein Teil der Tumore wurde in Tissue Tack eingebettet, eingefroren und mit einem Kryotom geschnitten. Im Fluoreszenzmikroskop wurde das von Virus exprimierte GFP direkt nachgeweisen.

5. Ein anderer Teil der Tumore wurde in Paraffin eingebettet und GFP mit spezifischen anti GFP Antikörpern nachgewiesen

[0078] Das Ergebnis ist in der Fig. 11 dargestellt. Es konnte in vivo nachgewiesen werden, dass die Tumorzellen durch das rekombinante Virus SeV Fmut infiziert werden und das Virus in der Lage ist, sich dort auszubreiten. Dieser Befund bestätigt, dass eine Replikation in vivo außerhalb der Lunge, wie gewünscht, in Tumorgewebe möglich ist. SeV Fmut Viren sind in der Lage, sich in humanem Hepatom-Xenograft-Gewebe (HuH7) zu vermehren, D52-Viren ("Fushimi"- Wildtypvarianten) bleiben nach der intratumoralen Virusapplikation lokal stark begrenzt.

9. Fazit

[0079] Die Erfinder konnten anhand von verschiedenen rekombinanten Sendai Viren, die in ihrem F-Gen und ihrem P-Gen gegenüber dem Wildtyp genetisch modifiziert wurden, zeigen, dass diese als onkolytische Viren in der Antitumorthera- pie eingesetzt werden können.

Folgende Sequenzen sind gelistet:

SEQ ID Nr. 1 Nukleotidsequenz des F-Gens von SeV (Stamm "Ohita")

SEQ ID Nr. 2 Aminosäuresequenz des F-Proteins von SeV (Stamm "Ohita") SEQ ID Nr. 3 Nukleotidsequenz des P-Gens von SeV (Stamm "Ohita")

SEQ ID Nr. 4 Aminosäuresequenz des P-Proteins von SeV (Stamm "Ohita") SEQ ID Nr. 5 Aminosäuresequenz der SeV-WT-Proteasespaltstelle

SEQ ID Nr. 6 Aminosäuresequenz der Proteasespaltstelle aus dem F-Protein von NDV

SEQ ID Nr. 7 Nukleotidsequenz des C'-Gens von SeV (Stamm "Ohita")

SEQ ID Nr. 8 Aminosäuresequenz des C'-Proteins von SeV (Stamm "Ohita") SEQ ID Nr. 9 Nukleotidsequenz des C-Gens von SeV (Stamm "Ohita")

SEQ ID Nr. 10 Aminosäuresequenz des C-Proteins von SeV (Stamm "Ohita") SEQ ID Nr. 11 Nukleotidsequenz des V-Gens von SeV (Stamm "Hamamatsu") SEQ ID Nr. 12 Aminosäuresequenz des V-Proteins von SeV (Stamm "Hamamatsu")

SEQ ID Nr. 13 Nukleotidsequenz des W-Gens von SeV (Stamm "Cantell") SEQ ID Nr. 14 Aminosäuresequenz des W-Proteins von SeV (Stamm "Cantell") SEQ ID Nr. 15 Nukleotidsequenz des Yl-Gens von SeV (Stamm "Ohita") SEQ ID Nr. 16 Aminosäuresequenz des Yl -Proteins von SeV (Stamm "Ohita") SEQ ID Nr. 17 Nukleotidsequenz des Y2-Gens von SeV (Stamm "52")

SEQ ID Nr. 18 Aminosäuresequenz des Y2-Proteins von SeV (Stamm "52") SEQ ID Nr. 19 Nukleotidsequenz des Klonierungsbereich von pSL1180

SEQ ID Nr. 20 Nukleotidsequenz PCR-Primer 1

SEQ ID Nr. 21. Nukleotidsequenz P-Gen

SEQ ID Nr. 22: Nukleotidsequenz P-Gen mut.

SEQ ID Nr. 23 Nukleotidsequenz C-Gen mut.

SEQ ID Nr. 24: Nukleotidsequenz PCR-Primer 2

SEQ ID Nr. 25 Nukleotidsequenz P-Gen

SEQ ID Nr. 26 Nukleotidsequenz Yl-Gen

SEQ ID Nr. 27 Nukleotidsequenz Yl-Gen mut.

SEQ ID Nr. 28 Nukleotidsequenz PCR-Primer 3

SEQ ID Nr. 29 Nukleotidsequenz P-Gen

SEQ ID Nr. 30 Nukleotidsequenz P-Gen mut.

SEQ ID Nr. 31 Nukleotidsequenz V-Gen mut.

SEQ ID Nr. 32 Nukleotidsequenz W-Gen mut.

SEQ ID Nr. 33 Nukleotidsequenz der Spaltstelle im F-Gen von SeV

SEQ ID Nr. 34 Nukleotidsequenz der Spaltstelle im F-Gen von NDV