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Title:
JOINT PROSTHESIS
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2018/215921
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a joint prosthesis for an orthopedic aid. The aim of the invention is to easily allow different movements to be carried out in a reliable manner on a joint prosthesis. According to the invention, this is achieved in that the joint prosthesis has a monocentric axis structure and a polycentric axis structure, wherein the monocentric axis structure is coupled or can be coupled to the polycentric axis structure, and a control unit is provided which releases either the monocentric axis structure or the polycentric axis structure and simultaneously or after a delay blocks or limits the respective other axis structure. The monocentric axis structure and the polycentric axis structure have at least one respective force-fitting and/or form-fitting coupling device for releasing and blocking or limiting the monocentric axis structure and/or the polycentric axis structure.

Inventors:
STENTZEL CHRISTIAN (DE)
SCHARPENBERG RALPH (DE)
MERBOLD DANIEL (DE)
BARTSCH THOMAS (DE)
Application Number:
PCT/IB2018/053596
Publication Date:
November 29, 2018
Filing Date:
May 22, 2018
Export Citation:
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Assignee:
RALPH SCHARPENBERG E K (DE)
International Classes:
A61F2/58; A61F2/64
Domestic Patent References:
WO2009059594A22009-05-14
WO2014005709A22014-01-09
Foreign References:
EP0439028A21991-07-31
DE102009053128A12010-07-29
DE102009053128A12010-07-29
DE20318393U12004-04-01
DE102012100931A12012-08-16
Attorney, Agent or Firm:
STEINIGER, Carmen (DE)
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Claims:
Patentansprüche

1 . Gelenkprothese (1 ) für ein orthopädisches Hilfsmittel,

wobei die Gelenkprothese (1 ) eine monozentrische Achsstruktur (2) und eine poly- zentrische Achsstruktur (3) aufweist, und

die monozentrische Achsstruktur (2) mit der polyzentrischen Achsstruktur (3) gekoppelt oder koppelbar ist,

dadurch gekennzeichnet,

dass eine Steuerungseinheit vorgesehen ist, welche entweder die monozentrische Achsstruktur (2) oder die polyzentrische Achsstruktur (3) freigibt und gleichzeitig oder zeitversetzt die jeweils andere Achsstruktur (2, 3) blockiert oder limitiert, wobei die monozentrische Achsstruktur (2) als auch die polyzentrische Achsstruktur (3) jeweils wenigstens eine kraft- und/oder formschlüssige Kupplungsvorrichtung (21 , 31 ) zum Freigeben und Blockieren oder Limitieren der monozentrischen Achsstruktur (2) und/oder der polyzentrischen Achsstruktur (3) aufweist.

2. Gelenkprothese nach Anspruch 1 , dadurch gekennzeichnet, dass die Kupplungsvorrichtung (21 ) der monozentrischen Achsstruktur (2) und/oder die Kupplungsvorrichtung (31 ) der polyzentrischen Achsstruktur (3) als schaltbare, form- und/oder kraftschlüssige Kupplung ausgebildet ist.

3. Gelenkprothese nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die schaltbare, form- und/oder kraftschlüssige Kupplung eine Lammellenkupplung aufweist.

4. Gelenkprothese nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Kupplungsvorrichtung (21 ) der monozentrischen Achsstruktur (2) mittels wenigstens eines Hebels (33, 33') und/oder wenigstens einer Achse mit der Kupplungsvorrichtung (31 ) der polyzentrischen Achsstruktur (3) verbunden ist oder die Funktion der Kupplungsvorrichtung (21 ) der monozentrischen Achsstruktur (2) und die Funktion der Kupplungsvorrichtung (31 ) der polyzentrischen Achsstruktur (3) in einer gemeinsamen Kupplungsvorrichtung integriert sind.

5. Gelenkprothese nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Gelenkprothese (1 ) vier oder mehr Gelenke (1 1 , 12, 13, 14, 15) aufweist, wobei wenigstens eines dieser Gelenke (1 1 , 12, 13, 14, 15) schaltbar ist.

6. Gelenkprothese nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Gelenkprothese (1 ) ein Viergelenk für die polyzentrische Achsstruktur (3) und ein zusätzliches Gelenk (15) für die monozentrische Achsstruktur (2) aufweist.

7. Gelenkprothese nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die monozentrische Achsstruktur (2) und/oder die polyzentrische Achsstruktur (3) mit einem Gehäuse (4) verbunden ist/sind, das eine Klemmverbindung (41 ) und/oder eine Aufnahme für ein stabförmiges Element aufweist.

8. Gelenkprothese nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die monozentrische Achsstruktur (2) und/oder die polyzentrische Achsstruktur (3) mit wenigstens einem hydraulischen, pneumatischen, elektromagnetischen oder rheologischen Dämpfungselement (6) gekoppelt oder koppelbar ist/sind, mit dem eine Bewegung der Gelenkprothese (1 ) während einer Schwung- und/oder Stand- oder Ruhephase des orthopädischen Hilfsmittels verzögerbar ist.

9. Gelenkprothese nach den Ansprüchen 7 und 8, dadurch gekennzeichnet, dass das Dämpfungselement (6) in oder an dem Gehäuse (4) vorgesehen ist.

10. Gelenkprothese nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Gelenkprothese (1 ) in wenigstens zwei Positionen verschwenkbar ist, an welchen gedämpfte Anschläge vorgesehen sind.

1 1 . Gelenkprothese nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Gelenkprothese (1 ) wenigstens einen mechanischen, elektrischen, hydraulischen oder pneumatischen Energiespeicher zum Speichern und Freigeben von Energie aus Brems- und Dämpfungsvorgängen der Gelenkprothese (1 ) und/oder Aufsetz- und Abstoßvorgängen des orthopädischen Hilfsmittels aufweist.

12. Gelenkprothese nach Anspruch 1 1 und einem der Ansprüche 8 oder 9, dadurch gekennzeichnet, dass der Energiespeicher wenigstens einen in oder an dem Ge- häuse (4) oder an dem orthopädischen Hilfsmittel vorgesehenen Akkumulator aufweist.

13. Gelenkprothese nach Anspruch 1 1 , dadurch gekennzeichnet, dass der Energiespeicher wenigstens eine Spiral- oder Drehfeder aufweist.

14. Gelenkprothese nach einem der Ansprüche 8 oder 9 und einem der Ansprüche 1 1 bis 13, dadurch gekennzeichnet, dass das Dämpfungselement (6) mit dem Energiespeicher gekoppelt ist.

15. Gelenkprothese nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass an der Gelenkprothese (1 ) wenigstens ein Verbindungselement (5) für eine Verbindung der Gelenkprothese (1 ) mit einem Körperteil vorgesehen ist, das mit der Kupplungsvorrichtung (21 ) der monozentrischen Achsstruktur (2) und/oder der Kupplungsvorrichtung (31 ) der polyzentrischen Achsstruktur (3) gekoppelt oder koppelbar ist.

16. Kniegelenkprothese nach Anspruch 1 5, dadurch gekennzeichnet, dass das Verbindungselement (5) eine lösbare Schraub- und/oder Klemmverbindung aufweist.

17. Gelenkprothese nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Gelenkprothese (1 ) wenigstens einen oder mehrere Sensoren zur Erfassung biometrischer Daten eines Gelenkprothesenanwenders aufweist.

18. Gelenkprothese nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Gelenkprothese (1 ) wenigstens einen oder mehrere Sensoren zum Erfassen physiologischer Daten eines Prothesennutzers aufweist.

19. Gelenkprothese nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Gelenkprothese (1 ) wenigstens einen Sensor zum Erfassen wenigstens eines Winkels und/oder wenigstens einer Lage und/oder wenigstens einer Beschleunigung an der Gelenkprothese (1 ) aufweist.

20. Gelenkprothese nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Gelenkprothese (1 ) ein Abstandsmesssystem aufweist, mit dem ein Abstand zwischen einem Bodenkontaktelement der Gelenkprothese (1 ) und einem Boden erfassbar ist.

21 . Gelenkprothese nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Gelenkprothese (1 ) eine Hinderniserfassungsvorrichtung aufweist.

22. Gelenkprothese nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Gelenkprothese (1 ) eine Standortbestimmungseinrichtung für die Gelenkprothese (1 ) aufweist.

23. Gelenkprothese nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Gelenkprothese (1 ) wenigstens einen oder mehrere Prozessoren zur Datenerfassung und -Verarbeitung aufweist.

24. Gelenkprothese nach wenigstens einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Gelenkprothese (1 ) mit einem Datenmanagementsystem gekoppelt oder koppelbar ist.

Description:
Gelenkprothese

Die vorliegende Erfindung betrifft eine Gelenkprothese für ein orthopädisches Hilfsmittel.

Aus dem Stand der Technik sind monozentrische als auch polyzentrische Kniegelenkprothesen, die zum Teil mikroprozessorgesteuert arbeiten, bekannt.

Polyzentrische Kniegelenke haben eine sehr sichere Standphase, sofern das polyzentrische Kniegelenk jedoch in voller Streckung ist und der Fersenkontakt kommt, wird die Bewegung des jeweiligen Nutzers zum Ende der Standphase hin unsicher und nicht berechenbar.

Die meisten am Markt relevanten Gelenkprothesen sind daher monozentrisch. Deren Nachteil ist, dass sie während einer Schwungphase bauartbedingt zu einer Verlängerung des Prothesenbeins führen und somit das Sturzrisiko des Gelenkprothesenanwenders erhöhen. Um dies zu verhindern, muss ein Nutzer einer monozentrischen Kniegelenkprothese die Hüfte anheben, um ein Anstoßen der Fußspitze auf dem Boden beim Gehen zu vermeiden. Um dies zu umgehen, wird bei neueren monozentrischen Gelenkprothesen versucht, durch die zur Steuerung der monozentrischen Gelenkprothese verwendete Elektronik ein unsymmetrisches Schwungverhalten zu initiieren. Da die Monozentrik aber den sehr wichtigen Vorteil aufweist, mit ihr alternierend Treppen und schiefe Ebenen gehen zu können, wird dieser Nachteil akzeptiert. Es gibt keine adaptiv gesteuerten polyzentrischen Gelenke, vielmehr wird die Dämpfung der einzelnen Phasen für eine feste Geschwindigkeit eingestellt.

Prothesenkniegelenke müssen durch Muskelkraft initiiert werden. Die vorhandene Muskulatur sorgt für den nötigen Schwung, um das Gelenk in Streckung zu bringen, sowie für eine unterstützende Stabilität in der Standphase. Die aufgebrachte Energie dafür steigert den ohnehin schon erhöhten Kraftaufwand eines Amputierten. Man versucht daher, aktive Prothesenkniegelenke derart auszubilden, dass die verbliebene Muskulatur entlastet wird bzw. der Energieaufwand zur Gelenkbetätigung minimiert wird. Um die Anforderung eines geringen Energieaufwandes zu erfüllen, sind eine geringe Gesamtmasse sowie eine günstige Masseverteilung innerhalb des Prothesenkniegelenkes not- wendig, was Leichtbaumaterialien, wie beispielsweise hochfeste Aluminiumlegierungen und Stähle, GFK oder CFK, erfordert.

Bisherige mikroprozessor-gesteuerte Prothesengelenke (MP) beeinflussen die Schwung- und Standphasen adaptiv mittels hydraulischer Dämpfung. Hierbei messen verschiedene Sensoren Daten an der Prothese. Die gerade ausgeführte Aktion des Kniegelenks basiert also dabei auf Daten aus der Vergangenheit. Dies ist vorteilhaft, solange sich die Umgebung nicht ändert. Ändert sich jedoch die Umgebung, sind solche Prothesengelenke nicht darauf eingestellt, und es kann zu Stürzen oder dergleichen kommen.

Die Druckschriften DE 10 2009 053 128 A1 , DE 203 18 393 U1 und DE 10 2012 100 931 A1 beinhalten Kniegelenksprothesen mit polyzentrischer Achsgeometrie, welche jeweils ein begrenztes Einfedern über einen sehr kleinen Winkel um eine einzelne Achse ermöglichen.

In der Druckschrift DE 10 2009 053 128 A1 erfolgt die Flexions- und Extensionsbewe- gung des künstlichen Kniegelenks über eine obere und eine untere Verbindungswelle, einen Positionierbolzen und die Achsen an einem oberen Verbindungshebel. Das Gelenk kann um die untere Verbindungswelle gegen ein Federelement um wenige Grad und begrenzt durch den Positionierbolzen einfedern.

In dem künstlichen Kniegelenk, das in der Druckschrift DE 203 18 393 U1 beschrieben ist, erfolgt dessen Flexions- und Extensionsbewegung über eine drehbar innerhalb eines Auflagekörpers gelagerte Drehachse sowie über die an vorderen und hinteren Verbindungen vorgesehenen Achsen. Ein Auflageteller des Kniegelenks kann sich um Bolzen um wenige Grad drehen und drückt bei Belastung gegen ein frei bewegliches Plattenteil und sperrt bzw. bremst dabei die Polyzentrik an der Drehachse.

Bei der aus der Druckschrift DE 10 2012 100 931 A1 bekannten Knieprothese erfolgt die Flexions- und Extensionsbewegung über Achsen in einer vorderen, einer hinteren, einer oberen und einer unteren Bohrung. Der obere Teil der Knieprothese kann bei Belastung um wenige Grad um die Achse der unteren Bohrung einfedern und drückt dabei einen Spalt zusammen, wodurch die Polyzentrik in der Achse der oberen Bohrung gesperrt bzw. gebremst wird. Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine Gelenkprothese für ein orthopädisches Hilfsmittel, wie beispielsweise eine Kniegelenkprothese, vorzuschlagen, mit der auf einfache Weise unterschiedliche Bewegungsabläufe sicher und energieeffizient realisiert werden können.

Die Aufgabe wird durch eine Gelenkprothese für ein orthopädisches Hilfsmittel gelöst, welche eine monozentrische Achsstruktur und eine polyzentrische Achsstruktur aufweist, wobei die monozentrische Achsstruktur mit der polyzentrischen Achsstruktur gekoppelt oder koppelbar ist, und eine Steuerungseinheit vorgesehen ist, welche entweder die monozentrische Achsstruktur oder die polyzentrische Achsstruktur freigibt und gleichzeitig oder zeitversetzt die jeweils andere Achsstruktur blockiert oder limitiert, wobei die monozentrische Achsstruktur als auch die polyzentrische Achsstruktur jeweils wenigstens eine kraft- und/oder formschlüssige Kupplungsvorrichtung zum Freigeben und Blockieren oder Limitieren der monozentrischen Achsstruktur und/oder der polyzentrischen Achsstruktur aufweist.

Die erfindungsgemäße Gelenkprothese besitzt eine variable Achsgeometrie, welche die Nutzung spezifischer Vorteile sowohl der monozentrischen als auch der polyzentrischen Achsgeometrie von Gelenkprothesen in einer einzigen Gelenkprothese erlaubt. Dabei kann bedarfsweise zwischen einer einachsigen Achsgeometrie - durch die Monozentrik - und einer mehrachsigen Achsgeometrie- durch die Polyzentrik - variiert werden.

Wird bei der erfindungsgemäßen Gelenkprothese die polyzentrische Achsstruktur freigegeben, kann dann, wenn es sich beispielsweise bei der Gelenkprothese um eine Kniegelenkprothese handelt, eine sichere Standphase realisiert werden. Durch die Freigabemöglichkeit der mehrachsigen, polyzentrischen Achsstruktur bei der erfindungsgemäßen Gelenkprothese ist eine Verkürzung des Abstandes zwischen einem Schaftende der Gelenkprothese und einem Boden in der Schwungphase möglich. Der Nutzer der Gelenkprothese kann so ein natürlicheres und effizienteres Gangbild verwirklichen, da ein Anheben der Hüfte vermieden werden kann.

Durch ein Freigeben der monozentrischen Achsstruktur kann der Nutzer hingegen problemlos auf Treppen und schiefen Ebenen gehen. Durch die Integration einer monozentrischen und einer polyzentrischen Achsstruktur innerhalb einer Gelenkprothese kann diese ohne Beeinträchtigung des jeweiligen Nutzers der Gelenkprothese in allen Alltagssituationen genutzt werden. Auch ein Prothesenwechsel in Abhängigkeit von den situativen Gegebenheiten ist damit nicht mehr erforderlich. Insbesondere im Vergleich zu aus dem Stand der Technik bekannten Kniegelenkprothesen, welche entweder monozentrisch oder polyzentrisch ausgebildet sind und damit entweder für das Treppensteigen und Laufen über schiefe Ebenen oder für das Laufen auf geraden Ebenen geeignet sind, ist dies ein entscheidender Vorteil. Die erfindungsgemäße Gelenkprothese ermöglicht es einem Prothesennutzer, ohne Prothesenwechsel oder massive Einschränkungen eine einzige Prothese in unterschiedlichsten Situationen zu nutzen.

Mit der erfindungsgemäßen Gelenkprothese kann beispielsweise ein Amputierter nach einer Oberschenkelamputation optimal wieder in ein komplexes Alltagsgeschehen integriert werden. Die erfindungsgemäße Gelenkprothese ermöglicht dabei, den funktionellen Umfang der verlorenen Gliedmaße entsprechend der Fähigkeiten und Anforderungen des Amputierten bereitzustellen.

Die erfindungsgemäße Gelenkprothese wird unmittelbar am Körper getragen, substituiert dabei verlorene Funktionalitäten und unterstützt den Prothesennutzer während des Gehens und Stehens.

Die erfindungsgemäße Gelenkprothese dient primär der Rehabilitation und Wiedereingliederung von Patienten, kann jedoch auch zur Nachsorge und/oder Therapie eingesetzt werden.

Da die erfindungsgemäße Gelenkprothese eine sehr realitätsnahe Nachbildung von tatsächlichen Bewegungsverläufen ermöglicht, können durch den Einsatz der erfindungsgemäßen Gelenkprothese Probleme eines Gliedmaßenverlustes besser als bisher behandelt werden. So können auch Folgeerkrankungen, die beispielsweise durch Fehlbelastungen, Inaktivität, Stürze oder auch veränderte bzw. verschlechterte psychosoziale Interaktion bedingt sind, vermindert oder ganz vermieden werden. In einer vorteilhaften Ausführungsform der erfindungsgemäßen Gelenkprothese ist die Kupplungsvorrichtung der monozentrischen Achsstruktur und/oder die Kupplungsvorrichtung der polyzentrischen Achsstruktur als schaltbare, form- und/oder kraftschlüssige Kupplung ausgebildet.

Bei einer favorisierten Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Gelenkprothese weist die schaltbare, form- und/oder kraftschlüssige Kupplung eine Lammellenkupplung auf. Die Lamellenkupplung besitzt vorteilhafterweise Innen- und Außenlamellen und wird durch eine Steuerungseinheit gesteuert.

Vorzugsweise ist bei der erfindungsgemäßen Gelenkprothese die Kupplungsvorrichtung der monozentrischen Achsstruktur mittels wenigstens eines Hebels und/oder wenigstens einer Achse mit der Kupplungsvorrichtung der polyzentrischen Achsstruktur verbunden. Als ganz besonders vorteilhaft hat es sich herausgestellt, wenn der Hebel mit einer Welle der monozentrischen Achsstruktur und einer Welle der polyzentrischen Achsstruktur verbunden ist. Optimalerweise ist jeweils ein Hebel an jeweils den gegenüberliegenden Enden der Welle der monozentrischen Achsstruktur und der polyzentrischen Achsstruktur vorgesehen. In einer anderen Variante der Erfindung ist die Funktion der Kupplungsvorrichtung der monozentrischen Achsstruktur und die Funktion der Kupplungsvorrichtung der polyzentrischen Achsstruktur in einer gemeinsamen Kupplungsvorrichtung integriert.

Es hat sich als besonders günstig erwiesen, wenn die Gelenkprothese vier oder mehr Gelenke aufweist, wobei wenigstens eines dieser Gelenke schaltbar ist.

Beispielsweise weist in einem vorteilhaften Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung die Gelenkprothese ein Viergelenk für die polyzentrische Achsstruktur und ein zusätzliches Gelenk für die monozentrische Achsstruktur auf.

In einer weiteren vorteilhaften Ausbildung der erfindungsgemäßen Gelenkprothese ist/sind die monozentrische Achsstruktur und/oder die polyzentrische Achsstruktur mit einem Gehäuse verbunden, das eine Klemmverbindung und/oder eine Aufnahme für ein stabförmiges Element aufweist. Durch die Klemmverbindung und/oder die Aufnahme für ein stabförmiges Element kann die Gelenkprothese einfach mit einer Fußprothese verbunden werden. Ferner kann durch die Kopplung von monozentrischer und/oder poly- zentrischer Achsstruktur, Gehäuse und Klemmverbindung bzw. Aufnahme für ein stab- förmiges Element die durch den Prothesennutzer in Gelenkprothese eingeleitete Kraft optimal an die Hand- oder Fußprothese weitergeleitet werden. Auch können an und in das Gestell problemlos weitere Komponenten, wie beispielsweise Sensoren, Akkumulatoren, Signalverarbeitungsgeräte, Datenspeicher, Gyroskope oder ähnliches angebracht werden.

Besonders realitätsnahe Bewegungsabläufe lassen sich an der erfindungsgemäßen Gelenkprothese dann erzielen, wenn die monozentrische Achsstruktur und/oder die poly- zentrische Achsstruktur mit wenigstens einem hydraulischen, pneumatischen, elektromagnetischen oder rheologischen Dämpfungselement gekoppelt oder koppelbar ist/sind, mit dem eine Bewegung der Gelenkprothese während einer Schwung- und/oder Standoder Ruhephase des orthopädischen Hilfsmittels verzögerbar ist. In einer besonders bevorzugten Variante der erfindungsgemäßen Gelenkprothese ist das Dämpfungselement als Hydraulikzylinder ausgebildet. Ferner kann das Dämpfungselement auch mehrere Hydraulikzylinder aufweisen. Die Höhe der Gelenkdämpfung und/oder -bremsung kann bei der erfindungsgemäßen Gelenkprothese bedarfsweise variiert werden.

Besonders günstig ist es hierbei, wenn das Dämpfungselement in oder an dem Gehäuse vorgesehen ist. Insbesondere das Anbringen des Dämpfungselementes in dem Gehäuse hat sich als platzsparend und den Prothesennutzer nicht beeinflussend herausgestellt. Ferner können die einzelnen Komponenten der Gelenkprothese, insofern diese im Inneren des Gehäuses angeordnet sind, durch das Gehäuse vor Umgebungseinflüssen geschützt werden. So hat es sich als besonders vorteilhaft herausgestellt, wenn die Gelenkprothese derart ausgebildet ist, dass diese spritzwasser- und staubgeschützt ist und Duschen und knietiefes waten mit der Gelenkprothese möglich ist.

Vorzugsweise ist die Gelenkprothese in wenigstens zwei Positionen verschwenkbar, an welchen gedämpfte Anschläge vorgesehen sind, wodurch eine sanfte und natürliche Bewegung der Gelenkprothese ermöglicht wird.

Wenn die erfindungsgemäße Gelenkprothese wenigstens einen mechanischen, elektrischen, hydraulischen oder pneumatischen Energiespeicher zum Speichern und Freigeben von Energie aus Brems- und Dämpfungsvorgängen der Gelenkprothese und/oder Aufsetz- und Abstoßvorgängen des orthopädischen Hilfsmittels aufweist, kann die von einem Gelenkprothesennutzer aufzubringende Energie zum Bewegen und/oder Abbremsen der Gelenkprothese verringert werden. Die Speicherung und/oder Freigabe von Energie durch den Energiespeicher ist vorzugsweise kurzfristig, also im Millisekunden-, Sekunden- und/oder Minutenbereich.

Durch die erfindungsgemäße Gelenkprothese kann hierdurch beispielsweise die Energieeffizienz beim Gehen mit einer Oberschenkelprothese verbessert werden. So ist die Bewegung eines Prothesenkniegelenks grundsätzlich das freie Pendeln um die Rotationsachsein). Da dies zunächst ein sehr unnatürliches Gangbild bewirken würde, wird bei der Gelenkprothese die Rotation, also die Beugung und Streckung, gebremst bzw. gedämpft. Während im Stand der Technik die dabei frei werdende Energie meist in Wärme umgewandelt und an die Umgebung abgegeben wurde, was zu einem um ca. 45 bis 70 % höheren Energiebedarf beim Gehen mit einer Oberschenkelprothese als bei nicht Amputierten führte, wird bei der vorliegenden Ausführungsform der Erfindung die dabei entstehende Energie in dem Energiespeicher gespeichert und in den Bewegungsablauf reintegriert. Eine solche Ausführungsform der erfindungsgemäßen Gelenkprothese ist vorzugsweise elektronisch gesteuert.

Besonders praktisch ist es, wenn der Energiespeicher wenigstens einen in oder an dem Gehäuse oder an dem orthopädischen Hilfsmittel vorgesehenen Akkumulator aufweist.

In einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung kann der Energiespeicher beispielsweise wenigstens eine Spiral- oder Drehfeder aufweisen, wobei die Spiral- oder Drehfeder günstigerweise in der Lamellenkupplung der monozentrischen oder polyzent- rischen Achsstruktur integriert ist.

Eine weitere vorteilhafte Ausführung der Erfindung beinhaltet die Nutzung des bereits erwähnten hydraulischen, elektromagnetischen oder hydraulischen Dämpfungselementes als Aktuator, der mit dem Energiespeicher gekoppelt ist.

Eine besonders geeignete Ankopplung der erfindungsgemäßen Gelenkprothese an ein Körperteil des Gelenkprothesenanwenders kann dann erfolgen, wenn an der Gelenkprothese wenigstens ein Verbindungselement für eine Verbindung der Gelenkprothese mit einem Körperteil vorgesehen ist, das mit der Kupplungsvorrichtung der monozentrischen Achsstruktur und/oder der Kupplungsvorrichtung der polyzentrischen Achsstruktur gekoppelt oder koppelbar ist.

Das Verbindungselement kann beispielsweise eine lösbare Schraub- und/oder Klemmverbindung aufweisen. Hierdurch kann die Gelenkprothese besonderes einfach, schnell und sicher an einem Stumpf des Prothesennutzers, welcher ein zu dem Verbindungselement komplementäres Halteelement aufweist, angebracht werden.

Weitere Vorteile ergeben sich, wenn die Gelenkprothese wenigstens einen oder mehrere Sensoren zur Erfassung biometrischer Daten eines Gelenkprothesenanwenders aufweist.

Darüber hinaus ist es von Vorteil, wenn die Gelenkprothese wenigstens einen oder mehrere Sensoren zum Erfassen physiologischer Daten eines Prothesennutzers aufweist. Durch die Erfassung von physiologischen Daten des Prothesennutzers, wie beispielsweise Daten, die die Durchblutung des Schaftes, die Schaftbelastung, die Temperatur des Prothesennutzers und/oder den Fitnesszustand des Prothesennutzers widergeben, kann eine Überlastung des Beinstumpfes und eine daraus häufig resultierende Nachamputation vermieden werden. Durch die kontextbezogene Bereitstellung von Informationen u. a. über Fitness, Ermüdung, Aktivität usw. kann die Handhabung der Gelenkprothese verbessert und die Gelenkprothese besonders effizient genutzt werden.

Der Grad der Durchblutung des Beinstumpfgewebes kann beispielsweise bei der vorliegenden Erfindung mittels plethysmographischer Methoden ermittelt werden. Informationen über Ermüdungserscheinungen des Beinstumpfes können bei der erfindungsgemäßen Gelenkprothese durch Auswertung einer Spektralanalyse von elektromyographi- schen Signalen der Beinstumpfmuskulatur und/oder einer Erfassung einer Druckbelastung am Beinstumpf gewonnen.

Die Bewegungsabläufe eines die erfindungsgemäße Gelenkprothese tragenden Anwenders sind besonders gut steuerbar, wenn die Gelenkprothese wenigstens einen Sensor zum Erfassen wenigstens eines Winkels und/oder wenigstens einer Lage und/oder wenigstens einer Beschleunigung an der Gelenkprothese aufweist. Zudem können die Bewegungsabläufe eines die erfindungsgemäße Gelenkprothese tragenden Anwenders besonders gut auf die Umgebung abgestimmt werden, wenn die Gelenkprothese ein Abstandsmesssystem aufweist, mit dem ein Abstand zwischen einem Bodenkontaktelement der Gelenkprothese und einem Boden erfassbar ist. Indem die kinematische Kette der situativen und geforderten Bewegungsform bei der erfindungsgemäßen Gelenkprothese automatisch der Umgebung angepasst wird, ist die Gelenkprothese in der Lage, weitgehend selbstständig mit dem Nutzer der Gelenkprothese zu interagieren

Für eine vorausschauende Bewegung der erfindungsgemäßen Gelenkprothese ist es auch von Vorteil, wenn die Gelenkprothese eine Hinderniserfassungsvorrichtung aufweist. Durch die Hinderniserfassungsvorrichtung können Hindernisse, welche sich in Bewegungsrichtung befinden, rechtzeitig erkannt und eine Kollision mit diesen sowie ein daraus resultierendes Stolpern verhindert werden. Es kann vorausschauend agiert werden, wodurch das Vertrauen in die Gelenkprothese erhöht wird. So wird die Gelenkprothese nicht nur durch das Zutun des Prothesennutzers, sondern zusätzlich autoadaptiv gesteuert. Indem Echtzeitinformationen über die Beschaffenheit des Weges in Gehrichtung durch die Sensoren an der Gelenkprothese genutzt werden, wird eine ähnliche Kopplung zwischen den beweglichen Komponenten der Gelenkprothese und den entsprechenden Sensoren erreicht, wie sie beim natürlichen Gang intuitiv zwischen Bein und Auge besteht, wodurch die Gelenkprothese schneller, sicherer und effizienter in allen Umgebungen gesteuert werden kann. Der Vorteil dieser natürlichen Anordnung ist vor allem die Fähigkeit zur direkten, unbewussten, prädiktiven Anpassung von Bewegungsabläufen.

Günstig ist es ferner, wenn die erfindungsgemäße Gelenkprothese eine Standortbestimmungseinrichtung für die Gelenkprothese aufweist. Derartige Standortinformationen können beispielsweise durch Interaktion mit Ortungsdiensten von Smartphones oder mittels WLAN oder Bluetooth gewonnen werden. Durch die Ortung der Gelenkprothese und die Verknüpfung verschiedener Orte mit speziellen Anforderungen kann in der erfindungsgemäßen Gelenkprothese vorausschauend entweder die monozentrische oder die polyzentrische Achsstruktur freigegeben werden. Während es beim kontinuierlichen Laufen in der Öffentlichkeit auf ein natürliches und unauffälliges Gangbild ankommt, sind die Anforderungen an die Gelenkprothese bei deren Verwendung in einem Büro, einer Werkstatt, einer Küche oder im Garten völlig andere. Werden einzelnen Orten spezielle Anforderungen zugewiesen und im Hinblick darauf die Information zugeteilt, ob die poly- zentrische oder die monozentrische Achsstruktur freizugeben ist, kann durch die Ortung der Gelenkprothese automatisch die entsprechende Achsstruktur freigegeben werden. In alternativen Ausgestaltungsvarianten der erfindungsgemäßen Gelenkprothese kann eine Aktivierung auch per App, also über ein Anwendungsprogramm auf einem Smartphone, erfolgen und nicht automatisch durch die Ortsbestimmung der Gelenkprothese.

Darüber hinaus kann an der Gelenkprothese wenigstens ein Dehnungsmessstreifen- Sensor zur Detektion von Dehnungen und/oder Spannungen an der Gelenkprothese vorgesehen sein. Aus den von einem solchen Sensor gemessenen Werten können quantitative und/oder qualitative Rückschlüsse auf an der Gelenkprothese wirkende Kräfte gezogen werden. Dadurch kann beispielsweise eine Stand- oder eine Schwungphase oder ein Aufsetzen oder ein Abstoßen einer Gliedmaße detektiert werden.

Um von Sensoren an der Gelenkprothese erfasste Daten schnell und effizient verarbeiten und für Bewegungsabläufe an der Gelenkprothese nutzen zu können, hat es sich als günstig erwiesen, wenn die Gelenkprothese wenigstens einen oder mehrere Prozessoren zur Datenerfassung und -Verarbeitung aufweist.

Auch ist es von großem Vorteil, wenn die Gelenkprothese mit einem Datenmanagementsystem gekoppelt oder koppelbar ist. In einem ganz besonders bevorzugten Fall kann die Gelenkprothese beispielsweise mittels spezieller App per Handy gesteuert werden.

Eine bevorzugte Ausführungsform der erfindungsgemäßen Gelenkprothese, deren Aufbau, Funktion und Vorteile werden im Folgenden anhand von Figuren näher erläutert, wobei

Figur 1 schematisch einen Grundaufbau einer möglichen Ausführungsvariante einer erfindungsgemäßen Gelenkprothese in einer perspektivischen Ansicht zeigt, Figur 2 schematisch den Energie- und Kraftfluss an der Gelenkprothese von Figur 1 zeigt;

Figur 3 schematisch eine mögliche Ausbildung einer Kupplungsvorrichtung einer

Monozentrik mit Anbindung an einen Hydraulikzylinder bei einer Ausführungsform der erfindungsgemäßen Gelenkprothese in einer perspektivischen Ansicht zeigt; und

Figur 4 schematisch eine Kupplungs- und Speichereinheit an einer Polyzentrik bei einer Ausführungsform der erfindungsgemäßen Gelenkprothese in einer perspektivischen Ansicht zeigt.

In Figur 1 zeigt schematisch einen Grundaufbau einer möglichen Ausführungsvariante einer erfindungsgemäßen Gelenkprothese 1 in einer perspektivischen Ansicht, wobei die Gelenkprothese 1 in dem in Figur 1 gezeigten Ausführungsbeispiel eine Kniegelenkprothese, insbesondere ein expoprothetisches Kniegelenk, welches der Versorgung nach einer Oberschenkelamputation dient, ist. In anderen, nicht gezeigten Varianten der vorliegenden Erfindung kann die erfindungsgemäße Gelenkprothese 1 auch eine Handgelenkprothese, eine Schultergelenkprothese, eine Armbeugenprothese, eine Fußgelenkprothese oder eine Hüftgelenksprothese sein.

Die Gelenkprothese 1 weist eine monozentrische Achsstruktur 2 und eine mit der mono- zentrischen Achsstruktur 2 gekoppelte polyzentrische Achsstruktur 3 auf, wodurch die Vorteile von polyzentrischen und monozentrischen Prothesenbauarten in einer einzigen Gelenkprothese 1 vereint werden. Ein Nutzer der Gelenkprothese 1 ist somit in der Lage, Treppen, schiefe Ebenen, aber auch gerade Strecken, Kniebeuge, Aufsteh- und Sitzbewegungen und Notsituationen, wie beispielsweise ein Stolpern, problemlos zu bewältigen, ohne die Gelenkprothese 1 wechseln zu müssen oder ein schlechteres Bewegungsbild mit der Gefahr einer unbeabsichtigten Bewegung oder gar einer Verletzung in Kauf nehmen zu müssen. Hierzu kann anwendungsfallspezifisch entweder die monozentrische Achsstruktur 2 oder die polyzentrische Achsstruktur 3 freigegeben und die jeweilige andere Achsstruktur 2, 3 gesperrt werden kann. Bevorzugt erfolgt das Sperren der ersten Achsstruktur und das Entsperren der zweiten Achsstruktur zeitgleich, der Sperr- und Entsperrvorgang der beiden Achsstrukturen kann jedoch auch zeitversetzt zueinander erfolgen.

Zum Sperren und Entsperren der monozentrischen Achsstruktur 2 und der polyzentri- schen Achsstruktur 3 ist an der monozentrischen bzw. polyzentrischen Achsstruktur 2, 3 jeweils eine kraftschlüssige Kupplungsvorrichtung 21 , 31 vorgesehen. In alternativen Ausführungsformen der erfindungsgemäßen Gelenkprothese 1 kann an Stelle einer kraftschlüssigen Kupplungsvorrichtung 21 , 31 auch eine formschlüssige Kupplungsvorrichtung verwendet werden. Ein möglicher Aufbau und die jeweilige Funktion der Kupplungsvorrichtungen 21 , 31 werden nachfolgend anhand der Figuren 3 und 4 noch näher erläutert.

Die monozentrische Achsstruktur 2 und die polyzentrische Achsstruktur 3 sind mittels Hebeln 33, 33' miteinander gekoppelt, wobei die Hebel 33, 33' an Wellen 22, 32 der monozentrischen bzw. polyzentrischen Achsstruktur 2, 3 vorgesehen sind.

Die polyzentrische Achsstruktur 3 weist in dem in Figur 1 gezeigten Ausführungsbeispiel vier Gelenke 1 1 , 12, 13, 14 auf, wobei an einem in funktionsgerechter Ausrichtung der Gelenkprothese 1 vorderen Gelenk 12 die monozentrische Achsstruktur 2 angeordnet ist. Prinzipiell kann die monozentrische Achsstruktur 2 jedoch an jedem Gelenk 1 1 , 12, 13, 14 der polyzentrischen Achsstruktur 3 vorgesehen sein.

Zur Verzögerung der Bewegung der Gelenkprothese 1 während einer Schwung- und Standphase, ist an der monozentrischen Achsstruktur 2 ein hydraulisches Dämpfungselement 6 vorgesehen. In der in Figur 1 gezeigten Ausführungsform der Gelenkprothese 1 ist das hydraulische Dämpfungselement 6 als Hydraulikzylinder ausgebildet und mittels eines Koppelelementes 28 mit der monozentrischen Achsstruktur 2 verbunden. In alternativen Ausgestaltungsvarianten der erfindungsgemäßen Gelenkprothese 1 kann das Dämpfungselement 6 auch als pneumatisches, elektromagnetisches und/oder rheologi- sches Bauelement, welches zusätzlich oder alternativ zu dem hydraulischen Dämpfungselement 6 vorgesehen ist, ausgebildet sein. Ferner können in weiteren Ausführungsformen der erfindungsgemäßen Gelenkprothese 1 auch mehr als ein Hydraulikzylinder in oder an dem Gehäuse 4 angebracht sein. In anderen Ausgestaltungen der Erfindung kann das Dämpfungselement 6, wie beispielsweise der Hydraulikzylinder, an die polyzentrische Achsstruktur 3 angebunden sein. In weiteren Varianten der Erfindung können auch mehrere Dämpfungselemente 6 verwendet werden.

Die Gelenkprothese 1 kann in wenigstens zwei Positionen, nämlich in eine erste Position, in welcher die Kniegelenkprothese gestreckt ist, und in eine zweite Position, in welcher die Kniegelenkprothese angewinkelt ist, gebracht werden. Hierbei sind an den beiden Positionen in den Figuren nicht dargestellte, gedämpfte Anschläge vorgesehen, sodass eine möglichst natürliche Bewegung der Gelenkprothese 1 erzeugt wird.

Der Hydraulikzylinder 6 ist in einem Gehäuse 4 integriert, an und/oder in welchem die monozentrische und die polyzentrische Achsstruktur 2, 3 vorgesehen sind. Zur Ausleitung der aus der Gelenkprothese 1 wirkenden Kraft ist an einer zum Boden zeigenden Seite des Gehäuses 4 eine lösbare Klemmverbindung 41 angebracht, welche eine Verbindung zwischen der Gelenkprothese 1 und einem nicht dargestellten Prothesenfuß herstellt.

Zur Anbindung der Gelenkprothese 1 an ein amputiertes Bein eines Nutzers weist die Gelenkprothese 1 ein Verbindungselement 5 auf, welches beispielsweise als Schraubverbindung ausgebildet und an dem Gehäuse 23 der Kupplungsvorrichtung 21 der mo- nozentrischen Achsstruktur 2 angeordnet ist. Ferner kann das Verbindungselement 5 auch als Klemmverbindung ausgebildet sein.

Die in Figur 1 gezeigte Gelenkprothese 1 ist derart ausgebildet, dass sie derart spritz- wasser- und staubgeschützt ist, dass beispielsweise ein knietiefes Durchqueren von Wasser und Duschen mit der Gelenkprothese 1 für den Nutzer möglich ist.

Ferner weist die Gelenkprothese 1 eine Vielzahl an verschiedenen, nicht in den Figuren veranschaulichten Sensoren auf, welche beispielsweise Informationen über die Durchblutung, den Fitnesszustand und/oder den Puls des jeweiligen Nutzers, die Schaftbelastung und/oder die Wegstrecke liefern. Für eine anschauliche und einfache Darstellung dieser Informationen ist die Gelenkprothese 1 mit einem Ausgabegerät, beispielsweise einem Handy, gekoppelt, welches beispielsweise über eine spezielle App die aufbereiteten Daten ausgibt. Zudem kann durch diese App auch eine Feinjustierung des Systemverhaltens der Gelenkprothese 1 vorgenommen werden. So wird beispielsweise ein Abstand des Prothesenfußes zum Boden mittels eines Ultra- schallabstandmesssystems vorzugsweise kontinuierlich erfasst. Mittels eines weiteren Ultraschallsensors können beispielsweise Hindernisse im Fußbereich, welche sich in Gehrichtung befinden, erkannt werden. Die erfassten Daten werden an eine Steuerungseinrichtung in Form einer Kinematiksteuerung weitergegeben, welche die Daten unter anderem dazu nutzt, um zwischen der monozentrischen und der polyzentrischen Achsstruktur 2, 3 umzuschalten.

Mittels eines im Kniegelenk angeordneten Ultraschallsensors kann zudem eine Beugeposition der Gelenkprothese 1 erfasst werden, anhand welcher die Gelenkprothese 1 schnell, sicher und effizient in unterschiedlichen Umgebungen gesteuert werden kann. Der hierzu verwendete Ultraschallsensor kann beispielsweise ein Ultraschall-Clamp-on- Sensor sein, mit dem die Beugeposition unabhängig von der jeweils freigeschalteten Achsgeometrie der Gelenkprothese 1 erfasst werden kann.

Mit den von den oben genannten Sensoren erfassten, ergänzenden, multimodal zu verarbeitenden Daten kann die Gelenkprothese 1 schnell, sicher und effizient in unterschiedlichen Umgebungen gesteuert werden. So wird es durch diese Sensoren ermöglicht, prädiktiv beispielsweise auf eine Schräge, Treppe oder Bordsteinkante, eine Änderung der Untergrundbeschaffenheit oder auch bevorstehende Kollisionen zu reagieren.

Figur 2 zeigt schematisch einen Energie- und Kraftfluss an der Gelenkprothese 1 von Figur 1 , wobei gleiche Bezugszeichen wie in Figur 1 gleiche Komponenten bezeichnen, weshalb auf die obigen Ausführungen zu diesen Komponenten verwiesen wird.

Die durch den Nutzer der Gelenkprothese 1 in das Verbindungselement 5 eingeleitete Kraft fließt in einer Kraftflussrichtung A über die monozentrische Achsstruktur 2 oder in einer Kraftflussrichtung B über die polyzentrische Achsstruktur 3 in Richtung des Gehäuses 4. Über die lösbare Klemmverbindung 41 wird Kraft in einer Kraftflussrichtung C in Richtung des Prothesenfußes weitergeleitet.

Figur 3 zeigt schematisch eine mögliche Ausbildung einer Kupplungsvorrichtung 21 einer monozentrischen Achsstruktur 2 einer Ausführungsform der erfindungsgemäßen Ge- lenkprothese 1 mit Anbindung an einen Hydraulikzylinder in einer perspektivischen Ansicht. Auch hier bezeichnen gleiche Bezugszeichen wie in den Figuren 1 und 2 gleiche Komponenten, weshalb auf die vorangegangene Beschreibung zu diesen verwiesen wird.

Die Kupplungsvorrichtung 21 der monozentrischen Achsstruktur 2 ist in dem gezeigten Ausführungsbeispiel als Lamellenkupplung ausgebildet, bei welcher eine Bewegung der monozentrischen Achsstruktur 2 kraftschlüssig gesperrt wird. Die Lamellenkupplung weist eine Außenlamelle 24, eine Innenlamelle 25 und eine Steuerungseinheit 26 auf. Zur Freigabe der monozentrischen Achsstruktur 2 werden die Außen- und Innenlamellen 24, 25 durch die Steuerungseinheit 26 mit einer Kraft beaufschlagt, wodurch eine Bewegung über eine Welle 22 übertragen werden kann. Die Ansteuerung kann hierbei elektromagnetisch, pneumatisch oder hydraulisch erfolgen. Optional kann gleichzeitig auch eine mechanische, pneumatische, hydraulische oder elektromagnetische Energieumwandlung stattfinden, wobei Energie in einem Speicher gespeichert wird. Als Speicher kann beispielsweise eine Spiral- oder eine Drehfeder zur Anwendung kommen.

Die Welle 22 wird in dem in Figur 3 gezeigten Ausführungsbeispiel mittels eines Fest- Los-Lagers 26 gehalten, kann in weiteren Ausführungsformen jedoch auch mittels eines Stützlagers oder einer schwimmenden Lagerung, welche beispielsweise mittels eines Wälz- oder Gleitlagers realisiert wird, gehalten werden.

Die Hebel 33 ,33' sind beidseitig der Welle 22 durch Wälz- oder Gleitlager 27 an die Welle 22 angebunden. Ferner können die Hebel 33, 33' aber auch starr an der Welle 22 angebracht sein.

Figur 4 zeigt schematisch eine Kupplungs- und Speichereinheit an einer polyzentrischen Achsstruktur 3 bei einer Ausführungsform der erfindungsgemäßen Gelenkprothese 1 in einer perspektivischen Ansicht, wobei auch hier gleiche Bezugszeichen gleiche Komponenten bezeichnen, weshalb auf die vorherige Beschreibung zu diesen Komponenten verwiesen wird. Auch die in Figur gezeigte Kupplungsvorrichtung 31 für die polyzentrische Achsstruktur 3 ist als Lamellenkupplung ausgebildet. Auch diese Lamellenkupplung weist Innenlamellen 34 und Außenlamellen 35 auf, welche durch eine Steuerungseinheit 36 betätigt werden. Durch die Lamellenkupplung wird eine Sperrung und Freigabe der polyzentrischen Achsstruktur 3 in jeder Position der Gelenkprothese 1 .

Die Kupplungsvorrichtung 31 weist zudem einen Spiralfeder 37 auf, welche eine Ver- spannung zwischen der Welle 32 und einem Gehäuse 38 der Kupplungsvorrichtung 31 ermöglicht, wodurch Energie in eine erste Drehrichtung aufgenommen und in eine zweite, entgegengesetzte Drehrichtung freigegeben wird. Durch die freiwerdende Energie wird die Bewegung des Gelenkes unterstützt, wodurch das Gehen für den Prothesennutzer erleichtert wird.

Die Kupplungsvorrichtung 31 ist über ein Wälz- oder Gleitlager 39 an der Welle 32 gelagert. In alternativen Ausgestaltungsvarianten der erfindungsgemäßen Gelenkprothese 1 kann jedoch auch ein Fest-Los-Lager, ein Stützlager oder eine schwimmende Lagerung verwendet werden. Die Welle 32 hingegen ist starr oder mittels einer drehbaren Verbindung mit den Hebeln 33, 33' verbunden.