EFFENBERGER FRANZ (DE)
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WO2012027767A1 | 2012-03-08 | |||
WO2000061858A1 | 2000-10-19 | |||
WO2006111604A1 | 2006-10-26 | |||
WO2015075080A1 | 2015-05-28 |
DE69912007T2 | 2004-06-24 | |||
US7402224B1 | 2008-07-22 | |||
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G.-H. DELMAS ET AL.: "Functionality of wheat straw lignin extracted in organic acid media", JOURNAL OF APPLIED POLYMER SCIENCE, vol. 121, 2011, pages 491 - 501
H. Q. LAM ET AL.: "A new procedure for the destructuring of vegetable matter at atmospheric pressure by a catalyst/solvent system of formic acid/acetic acid. Applied to the pulping of triticale straw", INDUSTRIAL CROPS AND PRODUCTS, vol. 14, 2001, pages 139 - 144
B. BENJELLOUN, TOMORROW'S BIOREFINERIES IN EUROPE, THE CIMV ORGANOSOLV PROCESS, VORTRAG IN BRÜSSEL, vol. 11-12, February 2014 (2014-02-01)
GUO-HUA DELMAS; BOUCHRA BENJELLOUN-MLAYAH; YVES LE BIGOT; MICHEL DELMAS: "Functionality of wheat straw lignin extracted in organic acid media", JOURNAL OF APPLIED POLYMER SCIENCE, vol. 121, 2011, pages 491 - 501
K. SALEHI ET AL.: "Comparison of MEA/AQ, soda and soda/AQ pulping of wheat and rye straw", INDUSTRIAL CROPS AND PRODUCTS, vol. 52, 2014, pages 603 - 610
W. O. S. DOHERTY ET AL.: "Value-adding to cellulosic ethanol: Lignin polymers", INDUSTRIAL CROPS AND PRODUCTS, vol. 33, 2011, pages 259 - 276, XP055220425, DOI: doi:10.1016/j.indcrop.2010.10.022
J. BERINGER: "Dissertation", 2004, UNIVERSITÄT STUTTGART, article "Zellstoff aus Weizenstroh: Gewinnung durch Aufschlussverfahren mit Ameisen- und Essigsäure sowie Untersuchungen zur Zellstoffstruktur und Eignung als Papier- und Chemiezellstoff"
Patentansprüche 1 . Verfahren zur Gewinnung von Cellulose, Hemicellulose und Lignin aus Lignocellulose, umfassend: einen Schritt a), wobei eine Lignocellulose aus pflanzlicher Biomasse bereitgestellt wird, einen Schritt b), wobei die Lignocellulose mit einer ersten Mischung M1 , enthaltend Wasser und eine alkalischen Komponente, insbesondere Natriumhydroxid, in Kontakt gebracht wird und eine erste Suspension S1 entsteht, die erste Suspension S1 einen ersten Feststoff F1 und eine erste flüssige Phase P1 umfasst, wobei der erste Feststoff F1 eine Rohcellulose enthält, und die erste flüssige Phase P1 Hemicellulose und Lignin enthält, und einen Schritt c), wobei der Rohcellulose enthaltende Feststoff F1 mit einer zweiten Mischung M2, enthaltend Ameisensäure und Wasser und gegebenenfalls Essigsäure, in Kontakt gebracht wird und eine zweite Suspension S2 entsteht, die zweite Suspension S2 einen zweiten Feststoff F2 und eine zweite flüssige Phase P2 umfasst, wobei der zweite Feststoff F2 eine Reincellulose enthält, und die zweite flüssige Phase P2 Hemicellulose und Lignin enthält. 2. Verfahren nach Anspruch 1 , wobei der Schritt b) und/oder der Schritt c) bei einem Druck von 0,8 bar bis 1 ,5 bar, insbesondere von 0,9 bar bis 1 ,2 bar, ausgeführt werden. 3. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die erste Mischung M1 von 1 Gew.-% bis 30 Gew.-% Natriumhydroxid und 70 Gew.-% bis 99 Gew.-% Wasser, insbesondere 2 Gew.-% bis 5 Gew.-% Natriumhydroxid und 95 Gew.-% bis 98 Gew.-% Wasser, bezogen auf die erste Mischung M1 , enthält. 4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei in dem Schritt b) ein erstes Mengenverhältnis MV1 (Trockenmasse in g / Volumen in mL) von eingesetzter Lignocellulose zu eingesetzter erster Mischung M1 von 1 :3 bis 1 :15, insbesondere von 1 :7 bis 1 :10, beträgt. 5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei nach dem Schritt b) in einem Schritt b1 ) der erste Feststoff F1 von der ersten flüssigen Phase P1 getrennt wird, der ersten flüssigen Phase P1 ein erstes Fällungsmittel FM1 , insbesondere Ethanol, zugegeben wird, wodurch zumindest Teile der Hemicellulose gefällt werden, und somit ein erster, Hemicellulose enthaltender Niederschlag in einem Gemisch G1 entsteht. 6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei in dem Schritt c) die zweite Mischung M2 von 0 Gew.-% bis 40 Gew.-%, insbesondere 0,1 Gew.-% bis 40 Gew.-%, Essigsäure, 40 Gew.-% bis 100 Gew.-%, insbesondere 40 Gew.-% bis 80 Gew.-% Ameisensäure und 0 Gew.-% bis 40 Gew.-%, insbesondere 10 Gew.-% bis 40 Gew.-% Wasser; bezogen auf die zweite Mischung M2, enthält. 7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei in dem Schritt c) die zweite Mischung M2 als azeotropes Gemisch vorliegt. 8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei in dem Schritt c) ein zweites Mengenverhältnis MV2 (Trockenmasse in g / Volumen in mL) von eingesetztem Rohcellulose enthaltendem Feststoff F1 zu eingesetzter zweiter Mischung M2 von 1 :5 bis 1 :30, insbesondere von 1 :15 bis 1 :25, beträgt. 9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei nach dem Schritt c) in einem Schritt c1 ) der zweite Feststoff F2 von der zweiten flüssigen Phase P2 getrennt wird, die zweite flüssige Phase P2 einer Fällung unterzogen wird, wobei gegebenenfalls der zweiten flüssigen Phase P2 ein zweites Fällungsmittel FM2, insbesondere Wasser, zugegeben wird; wodurch zumindest Teile des Lignins gefällt werden und ein zweiter, Lignin enthaltender Niederschlag in einem zweiten Gemisch G2 entsteht. 10. Verfahren nach Anspruch 5, wobei nach dem Schritt b1 ) in einem Schritt b2) der erste, Hemicellulose enthaltende Niederschlag von dem ersten Gemisch G1 getrennt wird, dem ersten Gemisch G1 das erste Fällungsmittel FM1 zumindest teilweise entzogen wird, dem, bezüglich des ersten Fällungsmittels FM1 abgereicherten, ersten Gemisch G1 ein drittes Fällungsmittel FM3, inbesondere Salzsäure, zugegeben wird, und zumindest ein Teil des Lignins gefällt wird. 1 1 . Verfahren nach Anspruch 9, wobei nach dem Schritt c1 ) in einem Schritt c2) der zweite, Lignin enthaltende Niederschlag von dem zweiten Gemisch G2 getrennt wird, und das zweite Gemisch G2 so getrocknet wird, dass Hemicellulose in konzentrierter Form vorliegt. 12. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei Schritt b) bei einer ersten Temperatur T1 und Schritt c) bei einer zweiten Temperatur T2 durchgeführt werden, wobei die erste Temperatur T1 und/oder die zweite Temperatur T2 von 20 °C bis 150 °C, insbesondere von 70 °C bis 125 °C, betragen. 13. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei in dem Schritt a) die Lignocellulose aus zerkleinerter pflanzlicher Biomasse bereitgestellt wird und insbesondere die zerkleinerte pflanzliche Biomasse zu mehr als 90 Gew.-%, bezogen auf trockene zerkleinerte pflanzliche Biomasse, Partikel mit einer maximalen räumlichen Ausdehnung von 0,5 mm bis 20 mm, insbesondere von 1 mm bis 5 mm, umfasst. 14. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die Lignocellulose vor dem Schritt b) mit einem Alkohol, insbesondere Ethanol, in Kontakt gebracht wird, und zumindest ein Teil des Alkohols vor dem Schritt b) wieder entfernt wird. 15. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei die gewonnene Reincellulose einem Bleichverfahren unterzogen wird, wobei das Bleichverfahren insbesondere eine Natriumchlorit-Bleiche, eine Bleiche mit Wasserstoffperoxid, eine Bleiche mit Peressigsäure und/oder und eine Bleiche mit Ozon umfasst. 16. Lignin, gewonnen aus einer ersten flüssigen Phase P1 und/oder aus einer zweiten flüssigen Phase P2 nach einem der Ansprüche 1 bis 15. |
Lignocellulose aus pflanzlicher Biomasse
Die zunehmende Weltbevölkerung und der damit zwangsläufig verbundene höhere Bedarf an Nahrungsmitteln, aber auch der in den entwickelten Ländern drastisch gestiegene Energiebedarf, zwingen die Menschheit, die auf der Welt vorhandenen Ressourcen zu schonen. Es ist deshalb ein Ziel, solche Produkte, die bisher über petrochemische Prozesse aus Erdöl, Erdgas oder Kohle hergestellt wurden, aus nachwachsenden Rohstoffen zu gewinnen. Die Basis für nachwachsende Rohstoffe ist die Photosynthese. Unter dem Einfluss von
Sonnenenergie reagiert dabei Kohlendioxid mit Wasser zu Glucose und
Sauerstoff. Dies ist die Voraussetzung für die Produktion von Nahrungsmitteln, die beispielsweise Stärke, Proteine und Fette enthalten, und auch für die Speicherung von Energie zum Beispiel in Form von Cellulose in Holz.
In den letzten Jahrzehnten wurde der Anbau von Getreide zur Gewinnung von Bioethanol als Kraftstoffersatz für den Verkehrssektor stark gefördert. Inzwischen hat sich jedoch die Meinung durchgesetzt, dass bei den nachwachsenden
Rohstoffen solche, die primär als Nahrungsmittel dienen können, wie Getreide und Pflanzenöl, nicht im Energiesektor als Treibstoff verwendet werden sollten. In den letzten Jahren gingen deshalb Bestrebungen dahin, für den Energiesektor überwiegend Bio-Abfallstoffe wie Stroh und Biomüll einzusetzen. Zu den wichtigsten Abfallstoffen gehören die sogenannten Lignocellulosen einjähriger Pflanzen, die beim Getreideanbau in beachtlichen Mengen als Stroh anfallen. Auch wenn die Mengenverhältnisse in den verschiedenen Stroharten wie Weizen, Reis und Mais etwas schwanken, weist Stroh im allgemeinen die
Hauptbestandteile Cellulose, Hemicellulose und Lignin auf, zumeist ca. 35 bis 45 Gew.-% Cellulose, 30 bis 35 Gew.-% Hemicellulose und 15 bis 20 Gew.-% Lignin. Außerdem enthält Stroh kleinere Mengen an Lipiden und anorganischen Stoffen, insbesondere Silikaten. Bei der Nutzung von Lignocellulosen aus Stroh stand bisher die Überführung der Cellulose und möglichst auch der Hemicellulose in Bioethanol oder die Nutzung der Cellulose als Zellstoff für die Papierherstellung im Mittelpunkt. Entsprechend den Funktionen, wie sie z.B. die Stängel oder Halme im Getreide bezüglich beispielsweise Festigkeit, Feuchtigkeitsregulierung und Pflanzenschutz zu erfüllen haben, können Lignocellulosen im Stroh als Verbundwerkstoffe verstanden werden, die nicht ohne spezielle Aufschlussverfahren für die alkoholische Gärung zu Bioethanol oder für die Herstellung von Zellstoff zugänglich sind.
Zur Gewinnung von Zellstoff aus Stroh werden vergleichbare Aufschlussverfahren wie bei der Herstellung von Zellstoff aus Lignocellulosen mehrjähriger Pflanzen wie Bäumen angewendet, diese umfassen auch den Alkali-Aufschluss, der auch als Soda-Aufschluss oder Soda-Prozess bezeichnet wird. Bei Hölzern wird allerdings mit dem Soda-Prozess nur ein unvollständiger Aufschluss erreicht.
Der Aufschluss von Stroh (Pulping), auch als„Pretreatment" bezeichnet, wird zur Gewinnung von Bioethanol in der Regel unter drastischen Bedingungen
durchgeführt. So wird der sogenannte„Dampfexplosionsaufschluss" unter erhöhtem Druck und bei 160 °C bis 230 °C durchgeführt. Beim alkalischen
Aufschluss werden Temperaturen von 85 °C bis 180 °C angewendet. Häufig werden Mineralsäuren als Katalysator eingesetzt. Der klassische Soda-Aufschluss erfolgt bei Temperaturen von 160 °C bis 170 °C für mehrere Stunden und
Alkalikonzentrationen von 12 Gew.-% bis 20 Gew.-%, bezogen auf eingesetztes Biomaterial.
In R. Rinaldi (Aufschluss pflanzlicher Biomasse trifft auf Katalyse, Angewandte Chemie, 2014, 126, 8699-8701 ) wird ein Überblick über Aufschlussverfahren gegeben. Lignocelluolosen werden als Kern-Hüllen-Komposit betrachtet, wobei die Cellulose als Kern durch eine reaktivere Hülle aus Lignin und Hemicellulosen geschützt ist. Die Hülle aus Lignin und Hemicellulosen wird durch säure- oder basen katalysierte Solvolyse von der Cellulosematrix abgelöst. Cellulose und Hemicellulosen werden entweder als Polymere oder als Abbauprodukte, wie Monosaccharide isoliert. Es bleibt Lignin als ein abgebauter Polymerrest in einer kollabierten Matrix zurück. Das Lignin kann aber auch als Füllmate al verstanden werden, das nur indirekt einen entscheidenden Beitrag zur Festigkeit der Pflanze leistet und zumindest teilweise chemisch nicht an die Cellulose gebunden ist.
In N. Sarkar, et al. (Bioethanol production from agriculture wastes: an overview, Renewable Energy, 37, 2012, 19-27) werden physikalische, physikochemische, chemische und biologische Verfahren zur Vorbehandlung von Biomasse vorgestellt, die einer enzymatischen Hydrolyse oder Fermentation vorgeschaltet sind. WO 2006/1 1 1604 beschreibt den Alkaliaufschluss von Lignocellulosen, wobei eine beim Alkaliaufschluss anfallende Rohcellulose im nassen Zustand gemahlen wird. Durch Zusatz von Oberflächen-aktiven Substanzen zur alkalischen Lösung wird die Abtrennung von Hemicellulosen verbessert. Rohcellulose, die nach dem Alkaliaufschluss erhältlich ist, enthält erhebliche Mengen an Hemicellulosen und Lignin sowie größere Mengen an nicht aufgeschlossener Biomasse (Splitter).
In G.-H. Delmas, et al. (Functionality of wheat straw lignin extracted in organic acid media, Journal of Applied Polymer Science, 121 , 201 1 , 491 -501 ) werden Lignin und Hemicellulosen mit einem organische Säure haltigen Extraktionsmittel aus Weizenstroh extrahiert. Dabei werden Hemicellulosen zu Pentosen abgebaut.
Die US 7402224 hat ein Verfahren zur Herstellung von Zellstoff, Ligninen, Zuckern und Essigsäure zum Gegenstand. Hemicellulosen und Lignine werden
hydrolysiert.
H. Q. Lam, et al. (A new procedure for the destructuring of vegetable matter at atmospheric pressure by a catalyst/solvent System of formic acid/acetic acid. Applied to the pulping of triticale straw, Industrial Crops and Products 14, 2001 , 139-144) offenbaren die Abtrennung von Cellulose, Hemicellulosen und Lignin aus Triticale-Stroh bei Umgebungsdruck in wässrigem Medium mit dem sogenannten Organosolv-Verfahren. In B. Benjelloun (Tomorrow ' s biorefineries in Europe, The CIMV Organosolv
Process, Vortrag in Brüssel 1 1 -12. Feb. 2014) wird eine Variante des Organosolv- Verfahrens vorgestellt, das Lignin, Cellulose-Zellstoff und Cs-Zucker liefert. Bei Durchführung des Organosolv-Verfahrens wird Hemicellulose zu
niedermolekularen Oligomeren beziehungsweise Monomeren abgebaut. Lignin liegt nicht mehr in globularer Form sondern linear vor (Guo-Hua Delmas, Bouchra Benjelloun-Mlayah, Yves Le Bigot, Michel Delmas, Functionality of wheat straw lignin extracted in organic acid media, Journal of Applied Polymer Science, 121 , 201 1 , 491 -501 ). Darüber hinaus enthält die mit dem Organosolv-Verfahren hergestellte Cellulose recht große Mengen an Silikaten, die für Anwendungen im Lebensmittelbereich nicht toleriert werden.
In K. Salehi, et al. (Comparison of MEA/AQ, soda and soda/AQ pulping of wheat and rye straw, Industrial Crops and Products, 52, 2014, 603-610) werden bekannte Aufschlussverfahren von Lignocellulosen aus Bioabfällen wie Stroh zusammengefasst. Die Wirksamkeit von wässriger Monoethanolamin-Lösung als Extraktionsmittel wird herausgestellt.
Die WO 2015/075080 beschreibt die Isolation von Lignin aus Lignocellulose- haltiger Biomasse, wobei eine Mischung aus Wasser und mindestens einem organischen Lösungsmittel eingesetzt wird.
W. O. S. Doherty et al. (Value-adding to cellulosic ethanol: Lignin polymers, Industrial Crops and Products, 33, 201 1 , 259-276) beschreiben ein Verfahren zur Extraktion von Lignin aus Lignocellulose wie das Sulfit-Verfahren, das Kraft- Verfahren und das Soda-Verfahren und geben einen Überblick über Möglichkeiten der Verwendung des extrahierten Lignins. US 6503369 hat ein Verfahren zur Herstellung von Cellulose und Düngemittel zum Gegenstand, wobei Zellstoff gebleicht wird und dabei Prozesswasser und eingesetzte Chemikalien im Kreis geführt werden. In J. Beringer (Zellstoff aus Weizenstroh: Gewinnung durch Aufschlussverfahren mit Ameisen- und Essigsäure sowie Untersuchungen zur Zellstoffstruktur und Eignung als Papier- und Chemiezellstoff, Dissertation 2004, Universität Stuttgart) wird die Eignung eines Aufschlussverfahrens basierend auf einem Gemisch von Ameisen- und Essigsäure sowie eines Aufschlussverfahrens basierend auf Monoethanolamin zur Gewinnung von Zellstoff aus Weizenstroh und anderen Einjahrespflanzen untersucht.
Die Verwendung von einjährigen Pflanzen wie Stroh wurde vor allem bezüglich der Herstellung von Bioethanol und der Gewinnung von Zellstoff untersucht und optimiert. Den beiden weiteren Hauptkomponenten der Lignocellulose, der Hemicellulose und dem Lignin, wird im Allgemeinen geringere Bedeutung zugemessen. So wird bei der Bioethanol-Gewinnung versucht, auch die
Hemicellulosen durch spezielle Enzymsysteme in Bioethanol zu überführen. Das anfallende Lignin wird in der Regel thermisch genutzt, also verbrannt.
Nachteilig an den bekannten Verfahren ist unter anderem, dass die
Hemicellulosen zu großen Teilen zu Zuckern wie Pentosen abgebaut werden.
Häufig liegt darüber hinaus z.B. bei einem Essigsäure-Ameisensäure-Aufschluss das Lignin nicht mehr in der ursprünglichen globulären Form vor, sondern wird ebenfalls zu linearen Bruchstücken abgebaut. Weiterhin stellen viele der bekannten Verfahrensvarianten durch ihre Emissionen eine starke Belastung für die Umwelt dar. Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, die Nachteile der bekannten Verfahren zu vermeiden und ein Verfahren bereit zu stellen, das eine Trennung von Cellulose, Hemicellulose und Lignin ausgehend von Lignocellulose mit hoher Ausbeute und hoher Reinheit ermöglicht. Die Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren zur Gewinnung von Cellulose, Hemicellulose und Lignin aus Lignocellulose, umfassend: einen Schritt a), wobei eine Lignocellulose aus pflanzlicher Biomasse
bereitgestellt wird, einen Schritt b), wobei die Lignocellulose mit einer ersten Mischung M1 , enthaltend Wasser und eine alkalischen Komponente, insbesondere Natriumhydroxid, in Kontakt gebracht wird und eine erste Suspension S1 entsteht, die erste Suspension S1 einen ersten Feststoff F1 und eine erste flüssige Phase P1 umfasst, wobei der erste Feststoff F1 eine Rohcellulose enthält, und die erste flüssige Phase P1 Hemicellulose und Lignin enthält, und einen Schritt c), wobei der Rohcellulose enthaltende Feststoff F1 mit einer zweiten Mischung M2, enthaltend Ameisensäure und Wasser und gegebenenfalls Essigsäure, in Kontakt gebracht wird und eine zweite Suspension S2 entsteht, die zweite
Suspension S2 einen zweiten Feststoff F2 und eine zweite flüssige Phase P2 umfasst, wobei der zweite Feststoff F2 eine Reincellulose enthält, und die zweite flüssige Phase P2 Hemicellulose und Lignin enthält.
Das beschriebene Verfahren stellt ein mildes Aufschlussverfahren dar, das geeignet ist, Lignocellulose in ihre Hauptbestandteile Cellulose, Hemicellulose und Lignin zu zerlegen und diese in hoher Reinheit und mit guten Ausbeuten zu isolieren, so dass diese für bekannte und neue Anwendungen einsetzbar sind. Das Ziel wird maßgeblich durch Kombination des Schritts b) mit dem Schritt c) erreicht, wobei der Schritt b) vor dem Schritt c) ausgeführt wird. In dem Schritt b) werden mehr als 70 Gew.-% des in der Lignocellulose
enthaltenen Lignins sowie ein Teil der Hemicellulose, jeweils in nicht abgebauter Form, herausgelöst. In dem Schritt c) wird aus der Rohcellulose weiteres Lignin sowie weitere
Hemicellulose entfernt. Darüber hinaus werden in dem Schritt c) auch noch nicht oder nur unzureichend aufgeschlossene Reste der pflanzlichen Biomasse, die auch als Splitter bezeichnet werden, und die gegebenenfalls noch in der
Rohcellulose enthalten sind, aufgeschlossen. Dadurch wird die Menge an nicht verwendbarem Abfall, der auch als„Reject" bezeichnet wird, reduziert oder dieser Abfall wird gänzlich vermieden.
Die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren erhaltene Reincellulose kann einem Bleichverfahren in vermindertem Umfang, insbesondere mit einer reduzierten Anzahl an Bleichstufen, unterzogen werden. Weiterhin ist die Reincellulose von verbesserter Qualität insbesondere bezüglich eines Weißgrads (89 nach Hunter) und einem Anteil an a-Cellulose (98 %).
Die pflanzliche Biomasse stammt bevorzugt von Monocotyledonen, insbesondere von Süßgräsern wie Weizen, Gerste, Roggen, Hafer, Triticale, Reis, Hirse,
Zuckerrohr, Mais, Bambus, Chinaschilf etc. Die eingesetzte pflanzliche Biomasse besteht insbesondere bevorzugt aus Stroh, beispielsweise Weizenstroh.
Lignocellulose ist ein komplexes Komposit-Material aus Cellulose, Hemicellulose, Lignin und Mineralien, wie z. B. Silikaten.
Cellulose ist ein lineares Polymer, aufgebaut aus ß-D-Glucopyranosen, welche 1 ,4-ß-glycosidisch miteinander verknüpft sind, was bedingt, dass die
Anhydroglucoseeinheiten [AGU] abwechselnd um 180° gedreht sind, so dass die Wiederholungseinheit der Cellulose das Disaccharid Cellobiose ist. Der
Polymerisationsgrad wird mit 1000 bis 15000 Anhydroglucoseeinheiten
angegeben. Cellulose bildet über intra- und intermolekulare Wasserstoffbrücken hochgeordnete Strukturen aus. Der Anteil an kristallinen Bereichen liegt bei 70 % bis 80%. Die Eigenschaften der Cellulose (Reißfestigkeit, Löslichkeit, Quellbarkeit etc.) werden hauptsächlich von der übermolekularen Struktur bestimmt. Der α-Cellulosegehalt bezeichnet einen hochmolekularen Anteil der Cellulose, der in 17,5 %-iger Natronlauge unlöslich ist. Die Bestimmung des a-Cellulosegehalts erfolgt üblicherweise entsprechend der IPS-Testing Methode TAPPI T 203 cm-99.
Hemicellulosen sind Polyosen und eine Gruppe von Polysacchariden, die sich dadurch von Cellulose unterscheiden, dass mehrere Moleküle nicht nur aus einer einzigen Zucker-Struktur (Glucose) aufgebaut sind, sondern aus verschiedenen Zuckern bestehen und zusätzliche funktionelle Gruppen aufweisen. Sie können auch verzweigte und weniger lange Molekülketten umfassen und haben mit 50 bis 250 einen geringeren Durchschnittspolymerisationsgrad als Cellulose. Die
Zuckerbausteine der Polyosen werden allgemein in die Gruppen Pentosen, Hexosen, Hexuronsäuren und Deoxy-Hexosen unterteilt.
Lignin ist ein aus Phenylpropan-Einheiten aufgebautes, hochvernetztes Polymer. Die drei wichtigsten Grundbausteine sind Phenylpropanderivate. Sie können unterteilt werden in den Syringyl-Typ, Guajacyl-Typ und p-Hydroxyphenyl-Typ. Durch die erste Mischung M1 wird die Hauptmenge Lignin aus der Lignocellulose herausgelöst. Auch Esterbindungen von Hemicellulose zu Cellulose
beziehungsweise zu Lignin werden gespalten. Darüber hinaus wird ein großer Teil der in der Lignocellulose enthaltenen Silikate als lösliche Natriumverbindungen von der Cellulose abgetrennt.
Bevorzugt enthält die erste Mischung M1 von 1 Gew.-% bis 30 Gew.-%
Natriumhydroxid und 70 bis 99 Gew.-% Wasser, insbesondere 2 bis 5 Gew.-% Natriumhydroxid und 95 bis 98 Gew.-% Wasser, bezogen auf die erste Mischung M1 . Ein höherer Gehalt an Natriumhydroxid in der ersten Mischung M1 führt zu einer höheren Ausbeute an Hemicellulose, wobei die Ausbeute an Rohcellulose abnimmt. Bevorzugt beträgt in dem Schritt b) ein erstes Mengenverhältnis MV1 (Trockenmasse in g / Volumen in ml_) von eingesetzter Lignocellulose zu eingesetzter erster Mischung M1 von 1 :3 bis 1 :15, insbesondere von 1 :7 bis 1 :10. Bevorzugt wird nach dem Schritt b) in einem Schritt b1 ) der erste Feststoff F1 von der ersten flüssigen Phase P1 getrennt und der ersten flüssigen Phase P1 ein erstes Fällungsmittel FM1 , insbesondere Ethanol, zugegeben, wodurch zumindest Teile der Hemicellulose gefällt werden, und somit ein erster, Hemicellulose enthaltender Niederschlag in einem Gemisch G1 entsteht. Insbesondere
bevorzugt wird der erste Feststoff F1 von der ersten flüssigen Phase P1 mittels Filtration getrennt.
In dem Schritt c) werden Hemicellulose und noch vorhandene kleinere Mengen an Lignin, die vermutlich durch Acetal- beziehungsweise Etherbindungen mit der Cellulose verbunden sind, aus der Rohcellulose abgetrennt. Eigene
Untersuchungen haben gezeigt, dass diese Acetal- und/oder Etherbindungen nicht durch den Einsatz verdünnter Mineralsäuren gespalten werden können, da
Kondensationsreaktionen erfolgen. Dagegen sind organische Säuren, wie
Essigsäure und Ameisensäure dafür geeignet. Diese sind biologisch abbaubar, nicht toxisch und umweltverträglich.
Mittels der zweiten Mischung M2 wird die Rohcellulose in Reincellulose,
Hemicellulose und Lignin aufgetrennt und insbesondere noch vorhandene Splitter aufgeschlossen.
Die zweite Mischung M2 kann (auch nur) aus Ameisensäure und Wasser bestehen.
Bevorzugt enthält die zweite Mischung M2 mehr als 50 Gew.-% Ameisensäure, insbesondere, wenn die zweite Mischung M2 aus Ameisensäure und Wasser besteht. Weiterhin bevorzugt enthält die zweite Mischung M2 nicht weniger als 77 Gew.-% Ameisensäure. Bevorzugt enthält die zweite Mischung M2 nicht mehr als 23 Gew.-% Wasser. In einer Ausführungsform weist die zweite Mischung M2 ein Massenverhältnis [g/g] von Ameisensäure zu Essigsäure von 4:1 bis 2:1 , mehr bevorzugt von 3,2:1 bis 2,8:1 auf, insbesondere bevorzugt 3:1 auf.
Bevorzugt enthält in dem Schritt c) die zweite Mischung M2 von 0 Gew.-% bis 40 Gew.-% Essigsäure, 40 Gew.-% bis 100 Gew.-% Ameisensäure und 0 Gew.-% bis 40 Gew.-% Wasser; bevorzugt von 0,1 Gew.-% bis 40 Gew.-%, Essigsäure, 40 Gew.-% bis 80 Gew.-% Ameisensäure und 10 Gew.-% bis 40 Gew.-% Wasser; insbesondere von 15 Gew.-% bis 25 Gew.-% Essigsäure, 55 Gew.-% bis
65 Gew.-% Ameisensäure und 15 Gew.-% bis 25 Gew.-% Wasser, bezogen auf die zweite Mischung M2, zum Beispiel 60,4 Gew.-% Ameisensäure, 20,4 Gew.-% Essigsäure und 19,2 Gew.-% Wasser oder 51 ,8 Gew.-% Ameisensäure,
17,5 Gew.-% Essigsäure und 30,7 Gew.-% Wasser. Ein geringerer Wasseranteil führt zu einer verbesserten Ausbeute an Lignin und einer verbesserten
Bleichwirkung bezüglich der Cellulose.
Bevorzugt liegt in dem Schritt c) die zweite Mischung M2 als azeotropes Gemisch vor. Der Einsatz der zweiten Mischung M2 als azeotropes Gemisch ist vorteilhaft, da es aus der entstehenden zweiten flüssigen Phase P2 einfach abdestilliert und im Kreislauf geführt werden kann.
Bevorzugt beträgt in dem Schritt c) ein zweites Mengenverhältnis MV2
(Trockenmasse in g / Volumen in ml_) von eingesetztem Rohcellulose
enthaltendem Feststoff F1 zu eingesetzter zweiter Mischung M2 von 1 :5 bis 1 :30, insbesondere von 1 :15 bis 1 :25.
Bevorzugt wird nach dem Schritt c) in einem Schritt c1 ) der zweite Feststoff F2 von der zweiten flüssigen Phase P2 getrennt und die zweite flüssige Phase P2 wird einer Fällung unterzogen, wobei gegebenenfalls der zweiten flüssigen Phase P2 ein zweites Fällungsmittel FM2, insbesondere Wasser, zugegeben wird;
wodurch zumindest Teile des Lignins gefällt werden und ein zweiter, Lignin enthaltender Niederschlag in einem zweiten Gemisch G2 entsteht. Insbesondere bevorzugt wird der zweite Feststoff F2 von der zweiten flüssigen Phase P2 mittels Filtration getrennt.
Bevorzugt wird nach dem Schritt b1 ) in einem Schritt b2) der erste, Hemicellulose enthaltende Niederschlag von dem ersten Gemisch G1 getrennt, dem ersten Gemisch G1 das erste Fällungsmittel FM1 zumindest teilweise entzogen, dem, bezüglich des ersten Fällungsmittels FM1 abgereicherten, ersten Gemisch G1 ein drittes Fällungsmittel FM3, inbesondere Salzsäure, zugegeben und zumindest ein Teil des Lignins gefällt. Insbesondere bevorzugt wird der erste, Hemicellulose enthaltende Niederschlag von dem ersten Gemisch G1 mittels Filtration getrennt.
Bevorzugt wird nach dem Schritt c1 ) in einem Schritt c2) der zweite, Lignin enthaltende Niederschlag von dem zweiten Gemisch G2 getrennt und das zweite Gemisch G2 so getrocknet, dass Hemicellulose in konzentrierter Form, insbesondere als zähflüssiger Zuckersirup, vorliegt. Insbesondere bevorzugt wird der zweite, Lignin enthaltende Niederschlag von dem zweiten Gemisch G2 mittels Filtration getrennt.
Bevorzugt werden der Schritt b) und/oder der Schritt c) bei einem Druck von 0,8 bar bis 1 ,5 bar, insbesondere von 0,9 bar bis 1 ,2 bar, ausgeführt.
Bevorzugt werden der Schritt b) bei einer ersten Temperatur T1 und der Schritt c) bei einer zweiten Temperatur T2 durchgeführt, wobei die erste Temperatur T1 und/oder die zweite Temperatur T2 von 20 °C bis 150 °C, insbesondere von 70 °C bis 125 °C betragen.
Bevorzugt wird in dem Schritt a) die Lignocellulose aus zerkleinerter pflanzlicher Biomasse bereitgestellt und insbesondere umfasst die zerkleinerte pflanzliche Biomasse zu mehr als 90 Gew-%, bezogen auf trockene zerkleinerte pflanzliche Biomasse, Partikel mit einer maximalen räumlichen Ausdehnung von 0,5 mm bis 20 mm, insbesondere von 1 mm bis 5 mm. Die Zerkleinerung erfolgt bevorzugt durch Mahlen. Bevorzugt wird die Lignocellulose vor dem Schritt b) mit einem Alkohol, insbesondere Ethanol, in Kontakt gebracht, insbesondere extrahiert, und zumindest ein Teil des Alkohols vor dem Schritt b) wieder entfernt. Bevorzugt erfolgt die Entfernung des Alkohols durch Abdestillieren. Nach Abdestillieren des Alkohols, werden üblicherweise ungefähr 2 Gew.-% Lipide, bezogen auf das eingesetzte Stroh, erhalten. Bevorzugt wird die Lignocellulose vor Durchführung des Schritts b) nicht getrocknet.
Bevorzugt wird die gewonnene Reincellulose einem Bleichverfahren unterzogen, wobei als Bleichverfahren eine Natriumchlorit-Bleiche, eine Bleiche mit
Wasserstoffperoxid, eine Bleiche mit Peressigsäure und/oder eine Bleiche mit Ozon möglich sind. Auch bevorzugt wird das Bleichverfahren mit einer
Bleichsequenz umfassend eine Natriumchlorit-Bleiche (CT), eine Alkaliextraktion (E) und eine zweite Natriumchlorit-Bleiche (CT), insbesondere in der Reihenfolge CT- E-CT, durchgeführt.
Darüber hinaus betrifft die Erfindung Lignin, gewonnen aus einer ersten flüssigen Phase P1 und/oder aus einer zweiten flüssigen Phase P2 nach dem
erfindungsgemäßen Verfahren.
Die Erfindung wird durch die nachfolgende Figur, die Beispiele und die Ansprüche näher erläutert.
Die Erfindung wird mit Hilfe der Abbildung (Fig. 1 ) illustriert, welche ein Beispiel einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens zeigt. Lignocellulose wird eingesetzt und Reincellulose, Hemicellulose und Lignin werden mittels Ausführung der Schritte a), b), b1 ), b2), c), c1 ) und c2) erhalten, wobei
Reincellulose als Feststoff in Schritt c), Hemicellulose als Feststoff bzw. Sirup in den Schritten b1 ) und c2) und Lignin als Feststoff in den Schritten b2) und c1 ) anfallen. Beispiel
Schritt a)
Weizenstroh wurde auf eine Partikelgröße von ca. 2 mm fein gemahlen. Das gemahlene Weizenstroh, das eine Feuchte entsprechend der umgebenen
Luftfeuchte aufwies, wurde einer Extraktion mit Ethanol unterzogen. Das extrahierte Weizenstroh konnte ohne Trocknung verarbeitet werden. Zur
Ermittlung exakter Ausbeuten wurde das Stroh nach der Ethanol-Extraktion bei 60 °C getrocknet und bei Raumtemperatur gelagert. Es lagen 20 g trockenes Weizenstroh, umfassend 0,6 g trockenes Extrakt, vor. Die Summe von trockenem Weizenstroh und trockenem Extrakt wird als Ausgangsmenge bezüglich der eingesetzten Masse in der Massenbilanz angesehen.
Nach Aufbewahrung des getrockneten Weizenstrohs bei Umgebungsbedingungen wies das gequollene Weizenstroh eine Feuchte von 5 Gew.-% auf, so dass 20,4 g lufttrockenes Weizenstroh vorlagen.
Schritt b)
Das lufttrockene Weizenstroh aus Schritt a) mit einer Trockenmasse von 19,4 g wurde mit 194 ml_ einer Lösung von 3,5 %-iger (g NaOH/ mL Wasser)
Natronlauge als eine erste Suspension S1 mit einem Mengenverhältnis, das auch als Flottenverhältnis bezeichnet wird, von 1 :10 (Trockenmasse in g / Volumen in mL) in einem 3-Halskolben mit KPG-Rührung für eine Stunde erhitzt.
Der 3-Halskolben wurde mit Hilfe eines vorgeheizten Ölbades auf 120 °C temperiert. Die Temperatur der ersten Suspension S1 betrug, nach kurzer Aufwärmphase, 98 °C.
Anschließend wurde die erste Suspension S1 unter Vakuum filtriert und der Rückstand mit 100 mL der 3,5 %-igen Natronlauge oder mit 100 mL Wasser gewaschen. Das Filtrat enthielt gelöste Hemicellulosen und Lignin. Es wurde Rohcellulose mit einer Trockenmasse von 10,7 g erhalten, was
53,5 Gew.-% der Ausgangsmenge von 20 g Stroh entspricht. Die
Zusammensetzung ist in Tabelle 1 angegeben. Schritt b1 )
Zu 230 ml_ des Filtrats der Filtration in Schritt b), das einen pH-Wert von 13,2 aufwies, wurden zur Fällung von Hemicellulosen 230 ml_ Ethanol zugegeben. Die Mischung wurde 15 Minuten gerührt und dann filtriert, das entstandene Filtrat war ein erstes Gemisch, das Lignin enthielt. Ein erster Niederschlag, der
Hemicellulosen enthielt, blieb als Rückstand. Der erste Niederschlag wurde mit 50 ml_ Ethanol gewaschen und im Vakuum getrocknet. Die Hemicellulose wurde zum Teil als Alkalisalz gefällt, da sie als Salz besser handhabbar ist. Die Ausbeute an Alkalisalz betrug 4,1 g, was 20,5 Gew.-% bezüglich des eingesetzten Strohs entspricht. Die Zusammensetzung ist in Tabelle 2 angegeben. Eine Zuckeranalyse ergab einen Hemicellulosengehalt von 12,5 Gew.-% bezogen auf das eingesetzte Stroh.
Schritt b2)
Aus dem ersten Gemisch aus Schritt b1 ), das Lignin enthielt, wurde bei 40 °C mittels eines Rotationsverdampfers Ethanol entfernt und durch Zugabe von 10 Gew.-%-iger Salzsäure wurde Lignin bei einem pH-Wert von 2 gefällt und anschließend filtriert.
Der Rückstand, der Lignin enthielt, wurde zweimal mit 100 mL Wasser mit einem pH-Wert von 2 gewaschen und im Vakuum getrocknet. Es wurde Lignin mit einer Trockenmasse von 2,3 g erhalten, was 1 1 ,5 Gew.-% der Ausgangsmenge von 20 g Stroh entspricht. Die Zusammensetzung ist in Tabelle 2 angegeben.
Schritt c)
Dem gepressten Rückstand aus Schritt b), der aus 10,7 g Rohcellulose und
Wasser bestand, wurde in einem 3-Halskolben soviel Essigsäure, Ameisensäure und Wasser zugegeben, dass sich eine zweite Suspension S2 mit einem
Mengenverhältnis von 1 :19 (Trockenmasse in g / Volumen in mL) ergab und die flüssige Phase 20,4 Gew.-% Essigsäure, 60,4 Gew.-% Ameisensäure und
19,2 Gew.-% Wasser enthielt und als Azeotrop mit einem Siedepunkt von 106 °C vorlag. Die resultierende zweite Suspension S2 wurde mit KPG-Rührung für eine Stunde erhitzt und mit Hilfe eines vorgeheizten Ölbades auf 120 °C temperiert. Die Temperatur in der zweiten Suspension S2 betrug 106 °C.
Anschließend wurde die zweite Suspension S2 unter Vakuum filtriert. Der zweite Rückstand, der Reincellulose enthielt, wurde nochmals, diesmal mit 400 ml_ Wasser gewaschen. Es wurde Reincellulose mit einer Trockenmasse von 8,8 g erhalten, was 44,0 Gew.-% der Ausgangsmenge von 20 g Stroh entspricht. Die Zusammensetzung ist in Tabelle 1 angegeben.
Schritt d )
Zur Fällung von Lignin wurden aus dem Filtrat der Filtration in Schritt c) bei 40 °C mittels eines Rotationsverdampfers Essigsäure, Ameisensäure und Wasser soweit wie möglich entfernt, wobei ein dunkler Sirup verblieb, der mit 100 ml_ Wasser aufgenommen wurde. Es resultierte dabei ein pH-Wert von 2,2. Die Mischung wurde mit einem vorgeheizten Ölbad für eine Stunde auf 120 °C temperiert.
Anschließend wurde eine Filtration durchgeführt. Das entstandene Filtrat bildete ein zweites Gemisch G2, das Hemicellulose in Wasser enthielt.
Der Rückstand, der Lignin enthielt, wurde mit 50 mL Wasser gewaschen und im Vakuum getrocknet. Es wurde Lignin mit einer Trockenmasse von 0,6 g erhalten, was 3,0 Gew.-% der Ausgangsmenge von 20 g Stroh entspricht. Die
Zusammensetzung ist in Tabelle 2 angegeben.
Schritt c2)
Aus dem zweiten Gemisch G2 aus Schritt c1 ), das Hemicellulose enthält, wurde bei 40 °C mittels eines Rotationsverdampfers Wasser entfernt. Der resultierende Sirup wurde im Vakuum getrocknet. Es wurde 1 ,2 g Hemicellulose in Form von Sirup erhalten, was 6 Gew.-% der Ausgangsmenge von 20 g Stroh entspricht. Bleichverfahren
Die Reincellulose aus Schritt c) wurde mit einem Standard-Bleichverfahren mit einer dreistufigen Bleiche, mit der Bleichsequenz CT-E-CT, also mit einer
Natriumchloritbleiche (CT), einer Alkaliextraktion (E) und einer zweiten
Natriumchloritbleiche (CT), gebleicht wie es in J. Beringer (Zellstoff aus
Weizenstroh: Gewinnung durch Aufschlussverfahren mit Ameisen- und Essigsäure sowie Untersuchungen zur Zellstoffstruktur und Eignung als Papier- und
Chemiezellstoff, Dissertation 2004, Universität Stuttgart) näher beschrieben ist. Es wurde gebleichte Reincellulose mit einer Trockenmasse von 8,4 erhalten, was 42,0 Gew.-% der Ausgangsmenge von 20 g Stroh entspricht. Die
Zusammensetzung ist in Tabelle 1 angegeben.
Insgesamt wurden ungefähr 75 Gew.-%, bezogen auf das eingesetzte Stroh, an Cellulose, Hemicellulose und Lignin, jeweils in isolierter Form, erhalten. Unter Berücksichtigung von 3 Gew.-% Natur-Weizenstroh-Extrakt aus der Extraktion mit Ethanol und ungefähr 6 Gew.-% Mineral Stoffen, vor allem Silikaten, entspricht das einer Produktausbeute von ungefähr 84 Gew.-%, bezogen auf das eingesetzte Stroh. Tabelle 1 : Zusammensetzung der verschiedenen erhaltenen Cellulosen
Rohcellulose Reincellulose gebleichte Reincellulose
Analysen bezogen in Gew.-% auf
Cellulose- Cellulose- Cellulose-
Stroh Stroh Stroh Fraktion Fraktion Fraktion
Cellulose 63, 1 33,8 76,2 33,4 81 ,0 34,0
Hemicellulose 18,6 9,9 1 1 ,5 5,0 13, 1 5,5
Lignin 5,6 3,0 2,6 1 ,1 0,2 0, 1
Asche 2,0 1 ,1 0,3 0,1 0, 1 0, 1
Massebilanz 89,3 47,8 90,5 39,6 94,4 39,7
Korrelation mit
99,9 53,5 100,6 44,0 99,9 42,0 Mengen isoliert Tabelle 2: Zusammensetzung von erhaltenem Lignin und erhaltener Hemicellulose
* Alkalisalze ** Menge schwankt (0,4 - 6 %), immer über 80 % Silikate
Die hergestellte gebleichte Reincellulose wies die in Tabelle 3 dargestellten Charakteristika auf.
Tabelle 3: Charakterisierung der gebleichten Reincellulose
Innerhalb der EU ist derzeit ein Gehalt an α-Cellulose von mindestens 92 % ein Aschegehalt von nicht mehr als 0,3 % für einen Einsatz im
Lebensmittelbereich erforderlich, welcher von der Cellulose, die mit den erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt wurde, erreicht wird.