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Title:
NETWORK FOR DISTRIBUTING ELECTRICAL ENERGY
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2022/002458
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a network (1) for distributing electrical energy, said network comprising: a first network area (10) consisting of a plurality of local, self-regulating functional groups (11.1...8) having first sources, loads, lines and/or sensor components, switching components or converter components, wherein each of the functional groups (11.1...8) is designed to satisfy assigned control limits for voltage quality variables in the network (1), and wherein the first network area (10) has a first size; and a second network area (20) having second sources, loads, lines and/or sensor components, switching components or converter components, wherein an estimated total variance of the voltage quality variables is assigned to the second network area (20), and wherein the second network area (20) has a second size. The control limits of the functional groups (11.1...8) and the first size are selected in such a way that, taking into account the second size and the estimated total variance, predefined target operating range limits are satisfied for the entire network (1).

Inventors:
FREUNEK MONIKA (CA)
Application Number:
PCT/EP2021/060982
Publication Date:
January 06, 2022
Filing Date:
April 27, 2021
Export Citation:
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Assignee:
BKW ENERGIE AG (CH)
International Classes:
H02J3/38; G06F30/18; H02J3/24
Domestic Patent References:
WO2018114404A12018-06-28
Foreign References:
DE102013211840A12014-12-24
US20160099567A12016-04-07
CH713282A12018-06-29
EP3323183A12018-05-23
Attorney, Agent or Firm:
KELLER SCHNEIDER PATENT- UND MARKENANWÄLTE AG (BERN) (CH)
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Claims:
Patentansprüche

1. Netz zur Verteilung elektrischer Energie, umfassend a) ein erstes Netzgebiet, bestehend aus einer Mehrzahl von lokalen, sich selbst regelnden Funktionsgruppen mit ersten Quellen, Lasten, Leitungen und/oder Sensor-, Schalt- oder Wandlerkomponenten, wobei jede der Funktionsgruppen zur Einhaltung zugeordneter Regelgrenzen für Spannungsqualitätsgrössen im Netz ausgebildet ist und wobei das erste Netzgebiet eine erste Grösse hat; b) ein zweites Netzgebiet mit zweiten Quellen, Lasten, Leitungen und/oder Sensor-, Schalt- oder Wandlerkomponenten, wobei dem zweiten Netzgebiet eine abgeschätzte Gesamtvarianz der Spannungsqualitätsgrössen zugeordnet ist und wobei das zweite Netzgebiet eine zweite Grösse hat; wobei die Regelgrenzen der Funktionsgruppen und die erste Grösse so gewählt sind, dass unter Berücksichtigung der zweiten Grösse und der abgeschätzten Gesamtvarianz vorgegebene Sollbetriebsbereichsgrenzen für das gesamte Netz eingehalten sind.

2. Netz nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die abgeschätzte Gesamtvarianz einen zu erwartenden Netzbetrieb während einer Zeitdauer von mindestens einem Jahr abdeckt.

3. Netz nach Anspruch 1 oder 2, gekennzeichnet durch mindestens eine Schalteinrichtung, um das Netz von über- und/oder nebengeordneten weiteren Netzen zur Verteilung elektrischer Energie abzukoppeln.

4. Netz nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass eine maximale Ausdehnung der Funktionsgruppen so gewählt ist, dass eine maximale Signallaufzeit innerhalb der Funktionsgruppen eingehalten ist. 5. Computerimplementiertes Verfahren zur Strukturierung eines vorhandenen Netzes zur

Verteilung von elektrischer Energie, umfassend als Netzkomponenten mindestens Quellen, Lasten, Leitungen, Sensor-, Schalt- und Wandlerkomponenten, die in einer Ausgangstopologie miteinander verschaltet sind, zur Schaffung eines Netzes nach einem der Ansprüche 1 bis 4, umfassend folgende Schritte: a) Erfassen des vorhandenen Netzes innerhalb vorgegebener Systemgrenzen; b) Erfassen von Regelgrenzen für lokale, sich selbst regelnde Funktionsgruppen; c) Erfassen von Sollbetriebsbereichsgrenzen für das zu schaffende strukturierte Netz; d) Durchführen einer Optimierung einer Zielfunktion durch Variieren von

Netzeigenschaften, wobei e) die variierbaren Netzeigenschaften mindestens eine Zuordnung von

Netzkomponenten zu einer von mehreren lokalen Funktionsgruppen eines ersten Netzgebiets oder eine Zuordnung von Netzkomponenten zu einem zweiten Netzgebiet umfassen, f) für das zweite Netzgebiet eine Gesamtvarianz von Spannungsqualitätsgrössen abgeschätzt wird; g) wobei als Randbedingung für die Optimierung eine Einhaltung der

Sollbetriebsbereichsgrenzen vorgegeben ist, deren Prüfung unter Berücksichtigung der Regelgrenzen der Funktionsgruppen, einer ersten Grösse des ersten Netzgebiets und einer zweiten Grösse des zweiten Netzgebiets und der Gesamtvarianz des zweiten Netzgebiets erfolgt.

6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Gesamtvarianz der Spannungsqualitätsgrössen für das zweite Netzgebiet gestützt auf historische Betriebsdaten abgeschätzt wird.

7. Verfahren nach Anspruch 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, dass die variierbaren Netzeigenschaften ein Vorhandensein und/oder eine Platzierung einer zusätzlichen

Schalteinrichtung zum selektiven Abkoppeln eines Teils des zweiten Netzgebiets und/oder einer zusätzlichen Einrichtung zur Leistungs- und/oder Spannungsbegrenzung umfassen.

8. Verfahren nach einem der Ansprüche 5 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die variierbaren Netzeigenschaften ein Vorhandensein und/oder eine Platzierung einer zusätzlichen Speicheranlage und/oder einer zusätzlichen Produktionsanlage umfassen.

9. Verfahren nach einem der Ansprüche 5 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die variierbaren Netzeigenschaften eine Erweiterung der vorgegebenen Systemgrenzen umfassen.

10. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass beim Erfassen des vorhandenen Netzes die vorgegebenen Systemgrenzen so gewählt werden, dass das umfasste Netz die Sollbetriebsbereichsgrenzen bereits einhält, wonach die Systemgrenzen iterativ erweitert werden, bis eine Einhaltung nicht mehr möglich ist oder andere Randbedingungen verletzt werden.

1 1. Verfahren nach einem der Ansprüche 5 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass als weitere Randbedingung für die Optimierung maximale Kommunikationszeiten zwischen mehreren Funktionsgruppen vorgegeben werden. 12. Verfahren nach einem der Ansprüche 5 bis 1 1, dadurch gekennzeichnet, dass die

Zielfunktion von einer zwischen den Netzkomponenten zur Regelung des Netzes übertragenen Datenmenge abhängig ist und dass die Optimierung eine Minimierung dieser Datenmenge begünstigt.

13. Verfahren nach einem der Ansprüche 5 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass die Zielfunktion von Kosten einer Anpassung zwischen dem vorhandenen Netz und dem zu schaffenden strukturierten Netz abhängig ist und dass die numerische Optimierung eine Minimierung dieser Kosten begünstigt.

14. Computerimplementiertes Verfahren zum Betreiben eines Netzes zur Verteilung elektrischer Energie, insbesondere eines Netzes nach einem der Ansprüche 1 bis 4, umfassend folgende Schritte: a) in einem ersten Netzgebiet, Betreiben einer Mehrzahl von lokalen, sich selbst regelnden Funktionsgruppen mit ersten Quellen, Lasten, Leitungen und/oder Sensor-, Schalt- oder Wandlerkomponenten, so dass jede der Funktionsgruppen zugeordnete Regelgrenzen für Spannungsqualitätsgrössen im Netz einhält; b) Betreiben zweiten Quellen, Lasten, Leitungen und/oder Sensor-, Schalt- oder Wandlerkomponenten eines zweiten Netzgebiets , so dass eine Gesamtvarianz von Spannungsqualitätsgrössen im zweiten Netzgebiet eingehalten wird; wobei c) das erste Netzgebiet eine erste Grösse hat und das zweite Netzgebiet eine zweite Grösse hat; und e) die Regelgrenzen der Funktionsgruppen und die erste Grösse so gewählt sind, dass unter Berücksichtigung der zweiten Grösse und der Gesamtvarianz vorgegebene Sollbetriebsbereichsgrenzen für das gesamte Netz aus erstem und zweitem Netzgebiet eingehalten sind.

15. Verfahren nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, dass eine Einhaltung der vorgegebenen Sollbetriebsbereichsgrenzen überwacht wird und bei einer Nichteinhaltung der Sollbetriebsbereichsgrenzen mindestens eine Einrichtung zur

Begrenzung einer der Funktionsgruppen zugeführten Leistung betätigt wird.

16. Verfahren nach Anspruch 15, dadurch gekennzeichnet, dass bei der Nichteinhaltung der Sollbetriebsbereichsgrenzen mindestens eine Schalteinrichtung zur Abkopplung des Netzes von über- und/oder nebengeordneten weiteren Netzen zur Verteilung elektrischer Energie und/oder mindestens eine Schalteinrichtung zum Abkoppeln eines Teils des zweiten Netzgebiets betätigt wird.

17. Computerprogramm zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 5 bis 16.

Description:
Netz zur Verteilung elektrischer Energie

Technisches Gebiet

Die Erfindung betrifft ein Netz zur Verteilung elektrischer Energie. Sie betrifft weiter ein computerimplementiertes Verfahren zur Strukturierung eines vorhandenen Netzes zur Verteilung von elektrischer Energie, umfassend als Netzkomponenten mindestens Quellen, Lasten, Leitungen, Sensor-, Schalt- und Wandlerkomponenten, die in einer Ausgangstopologie miteinander verschaltet sind, ein Verfahren zum Betreiben eines Netzes zur Verteilung elektrischer Energie und Computerprogramme zur Durchführung des Verfahrens zur Strukturierung und des Verfahrens zum Betreiben.

Stand der Technik

Netze zur Verteilung von elektrischer Energie (Stromnetze) umfassen ein Netzwerk von elektrischen Leitungen (namentlich Freileitungen und Erdkabel) und weitere Netzkomponenten, die mit den Leitungen in einer bestimmten Topologie miteinander verschaltet sind. Die weiteren Netzkomponenten umfassen Quellen, z. B. die Generatoren von Kraftwerken oder Zwischenspeicher wie z. B. Batterien, Lasten (Verbraucher), Sensorkomponenten zum Erfassen von Betriebsparametern des Netzes (Spannungen, Frequenz, Ströme, Leistungen, Temperaturen usw.), Schaltkomponenten zum Verbinden und Trennen von Komponenten oder Netzabschnitten sowie Wandlerkomponenten, z. B. Transformatoren, beispielsweise zum Verändern der Spannung.

Die Topologie ist in mehrere Netzebenen gegliedert. Ausgehend von einem Erzeuger wie einem Kraftwerk erfolgt die weiträumige Verteilung zunächst über ein Übertragungsnetz mit Höchstspannung (z. B. 380 bzw. 220 kV). Über Unterwerke mit Transformatoren sind überregionale Verteilnetze mit Hochspannung (z. B. 36-150 kV) angeschlossen, an diese über weitere Transformatoren wiederum regionale Verteilnetze mit Mittelspannung (z. B. 1- 36 kV). Über weitere Transformatoren erfolgt dann der Anschluss des lokalen Verteilnetzes mit Niederspannung (z. B. 400 V - 1 kV), welches (ggf. über Transformatorenstationen) zu den Hausanschlüssen und damit zum Endverbraucher (u. a. Privathaushalte, Industrie-, Gewerbe- und Landwirtschaftsbetriebe) führt.

Die spezifische Topologie mit den im Netz vorhandenen Komponenten ist historisch gewachsen, in Abhängigkeit der Standorte und Leistungen der Erzeuger (Kraftwerke) und der Verbraucher. Änderungen an der Topologie erfordern in der Regel zusätzliche bzw. anders verlaufende oder dimensionierte elektrische Leitungen und sind deshalb aufwendig.

In den letzten Jahren haben sich - insbesondere aufgrund des Aufkommens lokaler Erzeuger wie z. B. Photovoltaik-Anlagen - die Anforderungen an das Stromnetz gewandelt. Es dient nicht mehr nur zur hierarchischen Verteilung von elektrischer Energie "von oben" (d. h. vom Kraftwerk) "nach unten" (d. h. zu den Verbrauchern), sondern die Stromflüsse können je nach Produktionsbedingungen (z. B. Sonneneinstrahlung) und Verbrauchs muster unterschiedlich verlaufen. Generell sind die Produktionsmuster vieler erneuerbarer Stromerzeuger stochastisch und mit Unsicherheiten verbunden. So sind z. B. die Produktionsleistungen von Photovoltaik- oder Windenergieanlagen stark wetterabhängig. Die zukünftige, kurz-, mittel- und langfristige Entwicklung der entsprechenden Produktionskapazitäten ist nicht bekannt und lässt sich nur schwer prognostizieren, weil viele der entsprechenden Anlagen von privaten und gewerblichen Erstellern gebaut werden, die unabhängig sind von den bisherigen Stromerzeugern oder Netzbetreibern.

Auch auf Verbraucherseite ergeben sich entscheidende Änderungen. Insbesondere elektrische Fahrzeuge führen zur Erhöhung der zeitweise benötigten Leistung, und ihr Ladeverhalten ist ebenfalls stochastisch und schwer prognostizierbar.

Letztlich ergibt sich ein Betriebszustand des Stromnetzes mit chaotischem Verhalten.

Weiter ergibt sich aufgrund der klimatischen Entwicklung ein erhöhtes Risiko für Schäden an exponierten Leitungsabschnitten, z. B. aufgrund von Wald- bzw. Buschbränden, Stürmen, Starkniederschlagsereignissen oder Erdrutschen. All dies bringt Herausforderungen bei der Planung und dem Betrieb von ausfallsicheren Stromnetzen mit sich. Dazu kommt, dass die heutigen Stromversorgungsnetze verschiedener Betreiber eng verknüpft sind, so dass Probleme im Netz eines ersten Netzbetreibers innert kurzer Frist kaskadenartig zu Problemen in Netzen weiterer Betreiber führen können. Dies kann von Problemen bei der Frequenzeinhaltung bis zu Stromausfällen (Blackout) führen.

Die Steuerung bzw. Regelung des Netzes, welche einen sicheren Betrieb zum Ziel hat und namentlich sicherstellen soll, dass vorgegebene Regelgrenzen (z. B. hinsichtlich Frequenz, Spannung, Strom) eingehalten werden, ist in der Regel hierarchisch organisiert, was bedeutet, dass die Anforderungen stark gestiegen sind und häufigere Eingriffe notwendig sind, um die Betriebssicherheit zu erhalten. Um insbesondere verbraucherseitig weitere Informationen zu erlangen, welche in die Steuerung bzw. Regelung einfliessen können, werden heute vermehrt so genannte "Smart Meter" eingesetzt, welche Informationen, namentlich Verbrauchsinformationen, direkt bei den Verbrauchern erfassen und über ein Kommunikationsnetz an übergeordnete Einrichtungen des Netzes, z. B. eine zentrale Sammelstelle, übertragen.

Wenn nun gestützt auf eine Simulation und Optimierung Steuerbefehle generiert werden sollen, müssen bei dieser übergeordneten Stelle Hochleistungsrechner eingesetzt werden, um möglichst umfassende Informationen kurzfristig zu verarbeiten. Dies insbesondere auch wegen der enormen anfallenden Datenmengen, die innert kurzer Frist verarbeitet werden müssen.

Nebst dem enormen Aufwand für diese Berechnungen birgt ein solches zentralisiertes System auch diverse Fehlerquellen. So ist die Auswahl der im untergeordneten Netzabschnitt zu treffenden Massnahmen komplex, und bei Fehlern in der Übermittlung der Messsignale von den Smart Metern (und anderen Sensorkomponenten) zur übergeordneten Stelle bzw. der Steuersignale zurück zu den Komponenten im Netz drohen Betriebsstörungen. Zudem liegen kaum je alle potenziell relevanten Informationen vor, weil diese z. B. Netze benachbarter Netzbetreiber oder privat betriebene Stromerzeugungs anlagen betreffen. Dasselbe gilt für viele Verbraucher. Auf der anderen Seite werden bei der zentralen Datenverarbeitung Daten verarbeitet, die viel redundante Information umfassen, so dass letztlich für die Datenverarbeitung ein unnötig hoher Aufwand mit entsprechendem Energieverbrauch betrieben wird.

Die EP 3 323 183 B 1 (Siemens Aktiengesellschaft) betrifft ein Verfahren zur rechnergestützten Steuerung der Leistung in einem elektrischen Stromnetz mit mehreren miteinander verbundenen Knoten, die jeweils einen ersten Energieerzeuger und/oder einen zweiten Energieerzeuger und/oder einen Energieverbraucher enthalten. Für jeden Knoten ist eine Leistungsschätzung vorgegeben, die sich aus einer Schätzung der zukünftigen Last des Verbrauchers oder einer Schätzung der zukünftigen Leistung des zweiten, regenerativen Energieerzeugers im Knoten zusammensetzt. Ferner sind Schwankungen erster Art und zweiter Art der Leistungsschätzungen in vorgegebenen Toleranzbereichen zugelassen, wobei die Schwankungen erster Art durch Primärregelleistung und die Schwankungen zweiter Art durch Sekundärregelleistung im Stromnetz kompensiert werden. Im beschriebenen Verfahren wird zur Zuweisung der Regelleistungen ein Optimierungsproblem gelöst, in dessen Rahmen ein stationärer Zustand des Stromnetzes, mit einer stationären Netzfrequenz, modelliert wird und dessen Randbedingungen die Einhaltung der Netzfrequenz innerhalb vorgegebener Toleranzen und von maximalen Leistungen auf den Stromleitungen des Stromnetzes umfassen.

Das beschriebene Verfahren erfordert eine zentrale Steuerung für eine Reihe von Knoten, um ausreichende Freiheitsgrade für die Optimierung zu schaffen. Es wird vorausgesetzt, dass die Schätzung alle Knoten umfasst und eine gewisse Verlässlichkeit hat. In der Praxis ergeben sich daraus Probleme, weil - wie oben erwähnt - oft nicht alle dazu notwendigen Informationen verfügbar sind und weil sich aufgrund des stochastischen Verhaltens vieler Produzenten und Verbraucher dynamische Änderungen ergeben.

Die WO 2018/ 1 1 404 A1 (BKW Energie AG) beschreibt ein Verfahren zur Strukturierung eines vorhandenen Netzes zur Verteilung von elektrischer Energie, wobei das Netz als Netzkomponenten mindestens Quellen, Lasten, Leitungen, Sensor-, Schalt- und Wandlerkomponenten umfasst, die in einer Ausgangstopologie miteinander verschaltet sind, werden anhand von Eigenschaftsgrössen der Netzkomponenten und vorgebbaren Regelgrenzen die Netzkomponenten in einer Mehrzahl von lokalen, sich selbst regelnden Funktionsgruppen zusammengefasst. Jeder lokalen Funktionsgruppe werden Regelprozesse zugeordnet, welche Aktionen umfassen, welche beim Erreichen von Auslösekriterien zur Einhaltung der Regelgrenzen ausgeführt werden. Das Verfahren führt - ausgehend von einem vorhandenen Netz zur Verteilung von elektrischer Energie - zu einem hinsichtlich der Regelung neu strukturierten Netz, welches in Bezug auf die Regelung auf eine hierarchische Struktur soweit möglich verzichtet und stattdessen aus lokalen, sich im Normalbetrieb selbst regelnden Funktionsgruppen aufgebaut ist. Dadurch ergeben sich unter anderem eine Reduktion der Fehleranfälligkeit und dadurch eine Erhöhung der Betriebs- und Versorgungssicherheit. Mit diesem Ansatz lassen sich Nachteile der zentralisierten Ansätze des Standes der Technik vermeiden. Die Strukturierung eines Gesamtnetzes durch Vorsehen entsprechender Funktionsgruppen ist allerdings aufwendig, und es müssen zusätzliche Massnahmen getroffen werden, um Einflüsse aus benachbarten Netzen zu begrenzen.

Darstellung der Erfindung Aufgabe der Erfindung ist es, ein dem eingangs genannten technischen Gebiet zugehörendes Stromnetz zu schaffen, welches eine einfache Strukturierung mit lokalen Funktionsgruppen und die systematische Berücksichtigung von Einflüssen benachbarter Netze und Netzabschnitte ermöglicht.

Die Lösung der Aufgabe ist durch die Merkmale des Anspruchs 1 definiert. Gemäss der Erfindung umfasst das Netz a) ein erstes Netzgebiet, bestehend aus einer Mehrzahl von lokalen, sich selbst regelnden Funktionsgruppen mit ersten Quellen, Lasten, Leitungen und/oder Sensor-, Schalt- oder Wandlerkomponenten, wobei jede der Funktionsgruppen zur Einhaltung zugeordneter Regelgrenzen für Spannungsqualitätsgrössen im Netz ausgebildet ist und wobei das erste Netzgebiet eine erste Grösse hat; b) ein zweites Netzgebiet mit zweiten Quellen, Lasten, Leitungen und/oder Sensor-, Schalt- oder Wandlerkomponenten, wobei dem zweiten Netzgebiet eine abgeschätzte Gesamtvarianz der Spannungsqualitätsgrössen zugeordnet ist und wobei das zweite Netzgebiet eine zweite Grösse hat; wobei die Regelgrenzen der Funktionsgruppen und die erste Grösse so gewählt sind, dass unter Berücksichtigung der zweiten Grösse und der abgeschätzten Gesamtvarianz vorgegebene Sollbetriebsbereichsgrenzen für das gesamte Netz eingehalten sind.

Eine lokale Funktionsgruppe im Sinn des erfindungsgemässen Verfahrens wird durch miteinander gemäss einer Topologie verschaltete Komponenten gebildet, wobei im Extremfall auch eine einzelne Netzkomponente eine Funktionsgruppe bilden kann. "Lokal" bedeutet in diesem Zusammenhang nicht zwingend, dass sich alle Komponenten einer Funktionsgruppe innerhalb eines bestimmten räumlichen Bereichs befinden müssen. Werden bei der Zusammenfassung von Netzkomponenten zu Funktionsgruppen die Latenzzeit der Informationsübertragung und die Distanz, über welche Informationen übertragen werden müssen, berücksichtigt, dürfte dies jedoch in der Regel dazu führen, dass sich alle lokalen Funktionsgruppen auf jeweils relativ kleine geografische Gebiete beschränken. In der Regel wird eine Funktionsgruppe keine "Löcher" und keine vom Rest der umfassten Netzkomponenten isolierten Bereiche umfassen.

Funktionsgruppen können grundsätzlich ineinander verschachtelt sein, wobei eine innere Funktionsgruppe als Netzkomponente der äusseren Funktionsgruppe betrachtet werden kann.

Die lokalen Funktionsgruppen regeln sich im Normalbetrieb selbst. Sie können beispielsweise gemäss der WO 2018/ 1 14404 A1 (BKW Energie AG) gebildet sein und betrieben werden. So können durch jeweilige Aktionen von den Funktionsgruppen zugeordneten Regelprozessen Massnahmen ausserhalb der jeweiligen Funktionsgruppe ausgelöst werden, wenn Auslösekriterien erreicht werden. Die Regelprozesse können weitere Aktionen vorsehen, welche nur funktionsgruppenintern wirken. Grundsätzlich bezeichnet der Begriff "Regelprozess" dabei sowohl Eingriffe in den Betrieb von Netzkomponenten als auch das Senden bestimmter Informationen von einer Netzkomponente an bestimmte andere Netzkomponenten (derselben Funktionsgruppe, einer anderen Funktionsgruppe oder einer über- bzw. nebengeordneten Stelle). Zur Selbstregelung umfassen die lokalen Funktionsgruppen Sensoren (z. B. Strom- oder Spannungssensoren), Aktoren (z. B. Schalt- oder Regeleinrichtungen für Erzeuger und/oder Lasten) und Steuermittel (Rechner bzw. Steuerungen). Mit Hilfe der Sensoren wird insbesondere geprüft, ob die zugeordneten Regelgrenzen eingehalten sind. Die Steuermittel lösen in Abhängigkeit der von den Sensoren erfassten Daten Aktionen aus. Diese können insbesondere Regelaktionen durch Ansteuerung der genannten Aktoren sowie Kommunikationsaktionen zu neben- oder übergeordneten Funktionsgruppen oder Instanzen mit Hilfe geeigneter Kommunikationsmittel umfassen.

Die Funktionsgruppen ermöglichen eine schnelle und lokale Reaktion. Aufgrund der dezentralen Anordnung der Rechenmittel werden die an andere Funktionsgruppen oder eine übergeordnete Logik zu übertragenden Datenmengen minimiert, und aufwendige zentrale Berechnungen werden vermieden. Zudem ergibt sich eine Verringerung der Kommunikationszeiten inklusive Latenzzeiten, wodurch schnellere Reaktionen möglich sind. Die Gefahr eines Ausfalls einer zentralen Steuerung mit weitreichenden Folgen wird vermieden. Im erfindungsgemässen Netz hat der Ausfall einer Rechnereinheit oder eines Kommunikationskanals in der Regel keinen, höchstens aber geringen Einfluss auf die Gesamtstabilität des Netzes.

Die Grössen der Netzgebiete lassen sich auf unterschiedliche Weise charakterisieren. Ein geeignetes Mass ist beispielsweise das durchschnittliche Gesamt-Stromaufkommen im entsprechenden Netzgebiet. Andere Grössen, welche beispielsweise eine gesamte Leistung oder gesamte Kapazität der Einrichtungen in einem Netzgebiet charakterisieren, sind ebenfalls geeignet. Es kann davon ausgegangen werden, dass das erste Netzgebiet und das zweite Netzgebiet ähnlich aufgebaut sind, z. B. was die Art und Verteilung der Verbraucher und Produzenten betrifft, kann auch einfach die Anzahl der jeweiligen Netzkomponenten herangezogen werden. Bei einer mehr oder weniger homogenen Dichte des Netzes kann auch die jeweils abgedeckte Fläche genügen.

Das zweite Netzgebiet soll nicht leer sein. Es ist zudem auch nicht wie das erste Netzgebiet strukturiert, d. h. es ist nicht aus lokalen Funktionsgruppen aufgebaut, die sich zur Einhaltung zugeordneter Regelgrenzen selbst regeln. Beim zweiten Netzgebiet handelt es sich insbesondere um ein vorhandenes, hierarchisch gesteuertes Netz mit einer historisch gewachsenen Netztopologie oder ein Teilgebiet davon.

Im Rahmen des erfindungsgemässen Netzes umfasst das erste Netzgebiet insbesondere mehrere Funktionsgruppen, und eine Grösse des zweiten Netzgebiets beträgt mindestens ein Drittel, insbesondere mindestens die Hälfte des ersten Netzgebiets.

Spannungsqualitätsgrössen umfassen beispielsweise die Frequenz, die Netzspannung (Spannungshöhe bzw. -effektivwert) oder statistische und/oder dynamische Kenngrössen in Bezug auf solche Parameter, auch strombezogene Grössen können als Spannungsqualitätsgrössen herangezogen werden.

Die Sollbetriebsbereichsgrenzen können mit Hilfe solcher Spannungsqualitätsgrössen definiert sein, wobei in der Regel Sollbereiche für mehrere solcher Grössen vorgegeben werden. Alternativ oder zusätzlich können andere Kriterien herangezogen werden, z. B. maximale Ausfallquoten.

Die Unsicherheit des Gesamtnetzes verteilt sich somit auf das kontrollierte erste Netzgebiet und das nicht kontrollierte zweite Netzgebiet. Wenn nun die Grössen des ersten Netzgebiets und des zweiten Netzgebiets (oder ein Verhältnis zwischen diesen Grössen) und die Regelgrenzen für das erste Netzgebiet bekannt sind, so ist auch eine Aussage über das Verhalten der entsprechenden Spannungsqualitätsgrössen für das gesamte Netz möglich. Die Topologie und Netzkapazitäten zwischen den Funktionsgruppen können spezifisch berücksichtigt oder pauschal in die Verrechnung der Unsicherheiten einbezogen werden.

Aufgrund der vorhandenen Informationen zum ersten Netzgebiet, das aus sich selbst regelnden Funktionsgruppen besteht, lässt sich die Unsicherheit in Bezug auf das zweite Netzgebiet teilweise kompensieren. Gemäss einem vereinfachten Beispiel soll im Netz eine Spannung von mindestens 222 V gewährleistet sein. Im ersten Netzgebiet ist aufgrund der selbstregelnden Funktionsgruppen eine Spannung von mindestens 224 V gewährleistet, insbesondere weil die minimale Spannung als Regelgrenze vorgegeben ist. Die Spannungsqualität im ersten Netzgebiet ist also stets besser als die Vorgabe für das gesamte Netz. Falls nun das Verhältnis zwischen der zweiten Grösse und der ersten Grösse ein bestimmtes Verhältnis nicht übersteigt, kann aufgrund der zugesicherten Spannungsqualität im ersten Netzgebiet der Zielwert für das Gesamtnetz, unter Einschluss des nicht spezifisch geregelten zweiten Netzgebiets, erreicht werden. Das Verhältnis zwischen den Grössen, das einzuhalten ist, ergibt sich aus der dem zweiten Netzgebiet zugeordneten abgeschätzten Gesamtvarianz der Spannungsqualitätsgrösse und der

Differenz zwischen der im ersten Netzgebiet gewährleisteten Spannungsqualität von der Vorgabe für das gesamte Netz.

Für die Abschätzung der Gesamtvarianz der Spannungsqualitätsgrösse im zweiten Netzgebiet werden worst-case-Werte angenommen. Die Abschätzung kann auf Messwerten, Modellen und/oder Simulationen basieren. Bei einer verbesserten

Abschätzung ergibt sich eine geringere Gesamtvarianz, was im Rahmen des erfindungsgemässen Netzes folgendes ermöglicht: eine Lockerung der Regelgrenzen im ersten Netzgebiet,

(theoretisch) eine Verkleinerung des ersten Netzgebiets und/oder - eine Vergrösserung des zweiten Netzgebiets durch Ausweitung der Systemgrenzen.

Für die Modellierung können beispielsweise machine-learning-Ansätze herangezogen werden.

Nebst der lokalen Regelung der Funktionsgruppen im ersten Netzgebiet zeichnet sich das erfindungsgemässe Netz dadurch aus, dass Sollbetriebsbereichsgrenzen für das gesamte Netz, unter Einschluss eines zweiten Netzgebiets ohne selbstregelnde Funktionsgruppen, eingehalten werden können. Entsprechend ist es nicht notwendig, das gesamte Netz neu zu strukturieren. Es kann kostengünstiger sein, nur einen Teil des Netzes mit selbstregelnden Funktionsgruppen zu strukturieren und diesen strengere Regelgrenzen zuzuordnen als das gesamte Netz mit etwas weniger strengen Regelgrenzen zu strukturieren. Es lassen sich somit zunächst z. B. diejenigen Gebiete eines Netzes strukturieren, in denen dieser Prozess mit den geringsten Kosten verbunden ist, z. B. neue Netzbereiche, Netzbereiche, die ohnehin saniert werden oder Netzbereiche, die sich aufgrund ihrer vorhandenen Struktur besonders gut für die Strukturierung eignen. Auch die Verfügbarkeit von Informationen kann bei der Auswahl des zu strukturierenden Netzgebiets relevant sein.

Mit Hilfe eines erfindungsgemässen Netzes lassen sich strategisch wichtige Netzabschnitte absichern, z. B. indem das erfindungsgemässe Netz so ausgelegt wird, dass besonders strikte Sollbetriebsbereichsgrenzen erfüllt werden.

Mit Vorteil deckt die abgeschätzte Gesamtvarianz einen zu erwartenden Netzbetrieb während einer Zeitdauer von mindestens einem Jahr ab. Damit werden saisonale Schwankungen mit berücksichtigt. Die Konfiguration des erfindungsgemässen Netzes ist somit für den Dauerbetrieb geeignet und muss in der Regel vor allem in den folgenden Fällen angepasst werden: wenn sich relevante Eigenschaften im zweiten Netzgebiet ändern, die eine andere abgeschätzte Gesamtvarianz zur Folge haben; wenn sich die zweite Grösse ändert.

Änderungsbedarf ergibt sich natürlich auch dann, wenn bewusst neue Funktionsgruppen geschaffen oder Funktionsgruppen aufgehoben werden, wenn die Systemgrenzen geändert werden oder wenn die Regelgrenzen für Funktionsgruppen oder die Sollbetriebsbereichsgrenzen für das Gesamtnetz geändert werden.

Grundsätzlich ist es möglich, die Gesamtvarianz im zweiten Netzgebiet für einen kürzeren Zeitraum abzuschätzen, z. B. dann, wenn eine Netzstruktur ohnehin nur während eines begrenzten Zeitraums bestehen soll oder wenn die Strukturierung des Netzes in regelmässigen Abständen (z. B. halbjährlich) aktualisiert wird.

Bevorzugt umfasst das Netz mindestens eine Schalteinrichtung, um das Netz von über und/oder nebengeordneten weiteren Netzen zur Verteilung elektrischer Energie abzukoppeln. Netze zur Verteilung elektrischer Energie, z. B. ein Netz eines bestimmten Netzbetreibers oder Stromversorgers, sind üblicherweise nicht isoliert, sondern mit weiteren Netzen verbunden. Mit Hilfe der Schalteinrichtung können nun übermässig störende Einflüsse benachbarter Netze bei Bedarf vermieden werden, indem diese temporär abgekoppelt werden.

Bei einem nebengeordneten weiteren Netz kann es sich um einen definierten Teil des Verteilnetzes desjenigen Betreibers handeln, der das erfindungsgemässe Netz betreibt. Es gibt in diesem Fall also nebst dem ersten Netzgebiet mit selbstregelnden Funktionsgruppen und dem zweiten Netzgebiet, dessen Gesamtvarianz in die Bemessung des erfindungsgemässen Netzes einfliesst, noch ein drittes Gebiet, das sich bei Bedarf vom ersten und zweiten Netzgebiet abkoppeln lässt. Dieses Netz liegt also ausserhalb der Systemgrenzen des erfindungsgemässen Netzes, kann aber dieses aber trotz seiner Anbindung an die zwei Netzgebiete nicht destabilisieren, weil es bei Bedarf abkoppelbar ist.

Mit Hilfe der Schalteinrichtung kann sichergestellt werden, dass die für die Definition der Funktionsgruppen, der Regelgrenzen und den Umfang des ersten und zweiten Netzgebiets berücksichtigten Systemgrenzen auch stets eingehalten werden können. Bevorzugt ist eine maximale Ausdehnung der Funktionsgruppen so gewählt, dass eine maximale Signallaufzeit innerhalb der Funktionsgruppen eingehalten ist. Bei echtzeitkritischen Anwendungen sollten Schaltzeiten im ms- oder gar ps-Bereich möglich sein, z. B. für Schalthandlungen in Notfällen oder für den Handel. Solche Schaltzeiten lassen sich in der Praxis verlässlich nur mit einer dezentralen Steuerung bzw. Regelung erreichen, wie sie im Rahmen des erfindungsgemässen Netzes im ersten Netzgebiet stattfindet.

Ausgehend von einem vorhandenen Netz zur Verteilung von elektrischer Energie, das als Netzkomponenten mindestens Quellen, Lasten, Leitungen, Sensor-, Schalt- und Wandlerkomponenten umfasst, die in einer Ausgangstopologie miteinander verschaltet sind, lässt sich ein erfindungsgemässes Netz mittels eines computerimplementierten Verfahrens zur Strukturierung schaffen, welches folgende Schritte umfasst: a) Erfassen des vorhandenen Netzes innerhalb vorgegebener Systemgrenzen; b) Erfassen von Regelgrenzen für lokale, sich selbst regelnde Funktionsgruppen; c) Erfassen von Sollbetriebsbereichsgrenzen für das zu schaffende strukturierte Netz; d) Durchführen einer Optimierung einer Zielfunktion durch Variieren von

Netzeigenschaften, wobei e) die variierbaren Netzeigenschaften mindestens eine Zuordnung von

Netzkomponenten zu einer von mehreren lokalen Funktionsgruppen eines ersten Netzgebiets oder eine Zuordnung von Netzkomponenten zu einem zweiten

Netzgebiet umfassen, f) für das zweite Netzgebiet eine Gesamtvarianz von Spannungsqualitätsgrössen abgeschätzt wird; g) wobei als Randbedingung für die Optimierung eine Einhaltung der

Sollbetriebsbereichsgrenzen vorgegeben ist, deren Prüfung unter Berücksichtigung der Regelgrenzen der Funktionsgruppen, einer ersten Grösse des ersten Netzgebiets und einer zweiten Grösse des zweiten Netzgebiets und der Gesamtvarianz des zweiten Netzgebiets erfolgt.

Ein "vorhandenes Netz" kann ein Abschnitt eines grösseren Netzes sein. Grundsätzlich kann der Nutzer den Anwendungsbereich des Verfahrens, d. h. welche Netzkomponenten überhaupt berücksichtigt werden sollen, festlegen.

Eine "Quelle" im Sinn des erfindungsgemässen Verfahrens kann ein Generator, eine (Strom abgebende) Batterie oder ein anderer Energiespeicher oder einfach ein "Eingang" des betrachteten Netzes bzw. Netzabschnitts sein. "Lasten" im Sinn des Verfahrens sind Verbraucher, Batterien oder andere Energiespeicher im Ladebetrieb oder einfach ein "Ausgang" des betrachteten Netzes bzw. Netzabschnitts. Je nach Betriebszustand des Netzes können gewisse Netzkomponenten zeitweise Quellen oder Lasten darstellen. Ebenfalls existieren Netzkomponenten, die mehrere Funktionen (z. B. Last und Sensorkomponente, Quelle und Wandlerkomponenten usw.) in sich vereinigen.

Das vorhandene Netz kann mittels einer Topologie mit ergänzenden Angaben dargestellt werden, Angaben zur geografischen Lage der Netzkomponenten und/oder ein Netzplan sind ebenfalls Informationen zum bestehenden Netz, die im Rahmen des Verfahrens erfasst werden können. Durch die Erfassung des vorhandenen Netzes werden auch die Systemgrenzen initialisiert. Sie können gegebenenfalls später - wie weiter unten beschrieben - noch angepasst werden.

Die erfassten Regelgrenzen beziehen sich sowohl auf die aktuellen Regelgrenzen bereits vorhandener Funktionsgruppen als auch auf Regelgrenzen, die von zu schaffenden Funktionsgruppen einzuhalten sind. Bei der Erfassung des vorhandenen Netzes werden also allfällig bereits definierte Funktionsgruppen inkl. aktuelle Regelgrenzen und weitere Kenngrössen mit erfasst. Das Verfahren lässt sich aber auch anwenden, wenn innerhalb der Systemgrenzen noch keine Funktionsgruppen definiert wurden.

Die Netzkomponenten können im Rahmen der Variation der Netzeigenschaften sowohl einer bestehenden als auch einer neu gebildeten Funktionsgruppe zugeordnet werden. Die Zahl der Funktionsgruppen ist somit variabel. Dies gilt auch für die Grösse des ersten Netzgebiets und die Grösse des zweiten Netzgebiets, die sich bei einer Zuordnung einer Netzkomponente des zweiten Netzgebiets zu einer Funktionsgruppe, also einem Transfer einer Netzkomponente aus dem zweiten Netzgebiet in das erste Netzgebiet, verändern.

Die variierbaren Netzeigenschaften können auch die Regelgrenzen für eine, mehrere oder alle der Funktionsgruppen umfassen, so dass eine umfassende Optimierung des gesamten Netzes innerhalb der Systemgrenzen, unter Berücksichtigung der vorgegebenen Randbedingungen ermöglicht wird. Ebenfalls Teil der variierbaren Netzeigenschaften können das Vorhandensein und/oder die Platzierung von (zusätzlichen) Schalt- und Steuereinrichtungen für vorhandene Verbraucher und/oder Erzeuger sein.

Bei der Abschätzung der Gesamtvarianz im zweiten Netzgebiet lassen sich einzelne Teilbereiche des zweiten Netzgebiets besonders behandeln, z. B. solche, für welche detailliertere Informationen vorliegen oder die sich bekanntermassen durch eine vergleichsweise tiefe Varianz auszeichnen. Dazu gehören auch Übergangszonen, die im Rahmen einer Neustrukturierung des Netzes bereits teilweise angepasst wurden.

Die Erfassungsschritte a)-c) müssen nicht in der angegebenen Reihenfolge durchgeführt werden. Mehrere der zu erfassenden Angaben können aus derselben Datenquelle stammen, es ist auch möglich einzelne zu erfassende Informationen durch die Kombination von Daten aus mehreren Datenquellen zu generieren.

Bei der Optimierung handelt es sich insbesondere um eine Optimierung mit Hilfe eines numerischen Optimierungsverfahrens, z. B. eines Verfahrens der linearen Optimierung. Geeignete Algorithmen umfassen z. B. Simplex-Verfahren oder Innere-Punkte-Verfahren. Aufgrund der Komplexität eines Verteilungsnetzes und der vielen Freiheitsgrade lässt sich die Optimierung ohne Heranziehung rechnergestützter Numerik nicht durchführen.

Mit Vorteil werden im Rahmen der numerischen Optimierung Rohdatensätze nur verwendet, wo dies unvermeidbar ist. Ansonsten basiert die Optimierung bevorzugt auf Datensätzen, die durch Maschinenlernen auf Basis hochqualitativer historischer Daten gewonnen wurden.

Bei einer bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens wird die Gesamtvarianz der Spannungsqualitätsgrössen für das zweite Netzgebiet gestützt auf historische Betriebsdaten abgeschätzt.

Die historischen Betriebsdaten können insbesondere den zeitlichen Verlauf des Stroms (bilanziell oder über drei Phasen), die Spannung (bilanziell oder über drei Phasen) und/oder die elektrische Leistung (bilanziell oder über drei Phasen) umfassen.

Wenn die abgeschätzte Gesamtvarianz den zu erwartenden Netzbetrieb dauerhaft abdecken soll, beziehen sich die historischen Betriebsdaten auf eine Zeitdauer von mindestens einem Jahr. So können saisonale Schwankungen mit berücksichtigt werden. Die Schwankungen von Jahr zu Jahr können durch das Heranziehen längerer Zeitreihen und/oder durch Abschätzungen zusätzlich berücksichtigt werden, bevorzugt mit Hilfe entsprechender datengestützter computerimplementierter Simulations- und Messverfahren.

Nebst den historischen Betriebsdaten können weitere Informationen in die Abschätzung einfliessen, beispielsweise Informationen über die Netztopologie und die Netzkomponenten und/oder Ergebnisse von Modellrechnungen oder Simulationen. So ist es beispielsweise möglich, den Netzkomponenten Referenzprofile zuzuordnen, wobei im Zweifelsfall worst-case-Abschätzungen herangezogen werden.

In einer alternativen Ausführungsform wird auf das Heranziehen von historischen Betriebsdaten verzichtet. In diesem Fall wird die Abschätzung auf Simulationen und/oder Modellrechnungen gestützt.

Mit Vorteil umfassen die variierbaren Netzeigenschaften ein Vorhandensein und/oder eine Platzierung einer zusätzlichen Schalteinrichtung zum selektiven Abkoppeln eines Teils des zweiten Netzgebiets und/oder einer zusätzlichen Einrichtung zur Leistungs- und/oder Spannungsbegrenzung. Mit Hilfe solcher Schalteinrichtungen lässt sich das zu strukturierende Netz auch im Hinblick auf seine Systemgrenzen automatisch optimieren. Die Schalteinrichtungen können auch zum Abkoppeln übergeordneter Netze oder von D rittnetzen eingesetzt werden. Die Einrichtungen zur Leistungs- und/oder

Spannungsbegrenzung können ebenfalls das zu strukturierende Netz oder Teile davon vor äusseren Einflüssen schützen. Mit Hilfe der Schalteinrichtungen und/oder der Einrichtungen zur Leistungs- bzw. Spannungsbegrenzung kann sichergestellt werden, dass die im Rahmen der Optimierung definierten bzw. erhaltenen Systemgrenzen auch stets eingehalten werden können.

Mit Vorteil umfassen die variierbaren Netzeigenschaften ein Vorhandensein und/oder eine Platzierung einer zusätzlichen Speicheranlage und/oder einer zusätzlichen Produktionsanlage. So lässt sich insbesondere das erste Netzgebiet automatisch erweitern, welches aus selbstregelnden Funktionsgruppen aufgebaut ist. Durch Berücksichtigung der Kosten zusätzlicher Speicher- bzw. Produktionsanlagen wird sichergestellt, dass die im Rahmen der Optimierung gefundene Lösung auch in ökonomischer Hinsicht vorteilhaft ist - zusätzliche solche Anlagen werden also nur vorgeschlagen, wenn sich die Strukturierung nicht ohne Weiteres auf eine andere Weise realisieren lässt.

Bei der Platzierung der Speicher- bzw. Produktionsanlagen und der Zuordnung zu Funktionsgruppen werden insbesondere Signallaufzeiten und die Kapazitäten der Leitungen mit berücksichtigt. Mit Vorteil umfassen die variierbaren Netzeigenschaften eine Erweiterung der vorgegebenen Systemgrenzen. Beispielsweise werden bei der Initialisierung des erfindungsgemässen Verfahrens sowohl initiale Systemgrenzen als auch maximale Systemgrenzen vorgegeben, wobei die maximalen Systemgrenzen z. B. alle Netze umfassen, die im Einflussbereich des Netzbetreibers sind. Wenn nun im Rahmen der Optimierung durch eine Erweiterung der Systemgrenzen die Zielgrösse besser erreicht werden kann, werden die Systemgrenzen - im Rahmen der maximalen Systemgrenzen - erweitert. Beispielsweise lassen sich Netzkomponenten ausserhalb der initialen Systemgrenzen in vorhandene oder neu zu schaffende Funktionsgruppen integrieren. Bevorzugt können beim Erfassen des vorhandenen Netzes die vorgegebenen

Systemgrenzen so gewählt werden, dass das umfasste Netz die

Sollbetriebsbereichsgrenzen bereits einhält, wonach die Systemgrenzen iterativ erweitert werden, bis eine Einhaltung nicht mehr möglich ist oder andere Randbedingungen verletzt werden. In jedem Iterationsschritt wird die Optimierung durchgeführt, wobei weitere

Netzkomponenten zugeordnet werden. Vorhandene bzw. mögliche zusätzliche Schalteinrichtungen werden mit berücksichtigt.

Auch wenn das vorhandene Netz innerhalb der Systemgrenzen die

Sollbetriebsbereichsgrenzen noch nicht einhält, kann die iterative Erweiterung in einer späteren Phase, nach einer Optimierung innerhalb der Systemgrenzen, noch erfolgen.

Alternativ sind die Systemgrenzen fest vorgegeben. Sie können vom Nutzer bei der Initialisierung des Verfahrens verändert werden, um verschiedene Szenarien zu prüfen.

Mit Vorteil können als weitere Randbedingung für die Optimierung maximale Kommunikationszeiten zwischen mehreren Funktionsgruppen vorgegeben werden. Durch das Einhalten maximaler Kommunikationszeiten wird sichergestellt, dass die Regelgrenzen innerhalb der notwendigen Frist wieder eingehalten werden. Ferner wird eine möglichst lokale Regelung des Netzes begünstigt. Ebenfalls als Randbedingung vorgebbar ist mit Vorteil eine maximale Kommunikationszeit innerhalb einer Funktionsgruppe. Dies führt dazu, dass im Rahmen der Optimierung möglichst lokale Funktionsgruppen gebildet werden, die schnell auf wechselnde Anforderungen reagieren können.

Bei der Zuordnung zu Funktionsgruppen können ferner die Anzahl derselben, deren geografische Lage, die Anzahl Nachbarn und weitere Parameter berücksichtigt werden.

Mit Vorteil ist die Zielfunktion von einer zwischen den Netzkomponenten zur Regelung des Netzes übertragenen Datenmenge abhängig, und die Optimierung begünstigt eine Minimierung dieser Datenmenge.

Auch dieses Kriterium führt zu einem möglichst lokal geregelten Netz. Zudem führt eine Reduktion der übertragenen Datenmenge bei einer vorgegebenen Fehlerrate zu einer geringeren absoluten Anzahl an Fehlern. Die Störungsrate im Gesamtnetz wird somit reduziert.

Mit Vorteil ist die Zielfunktion von Kosten einer Anpassung zwischen dem vorhandenen Netz und dem zu schaffenden strukturierten Netz abhängig, und die numerische Optimierung begünstigt eine Minimierung dieser Kosten. Die Kosten der Anpassung schliessen Kosten für zusätzliche Netzkomponenten ein.

Die Zielfunktion kann von weiteren Kriterien abhängig sein, z. B. von lokalen Preisen für die lokalen Funktionsgruppen (nodal pricing). Ein weiteres Optimierungskriterium kann die C0 2 -Einsparung sein, wobei zu beachten ist, dass zusätzliche Aktoren, Sensoren, Rechenanlagen usw. eine zusätzliche C0 2 -Last darstellen. In dieser Hinsicht ist das erfindungsgemässe Verfahren aufgrund der lokalen Verarbeitung von Sensordaten und der Reduktion von über weite Strecken übertragenen Daten ohnehin vorteilhaft gegenüber herkömmlichen zentralisierten Ansätzen. Die Erfindung kann damit auch eingesetzt werden, um durch optimalen Betriebsmitteleinsatz C0 2 -Ziele zu erreichen.

Mithilfe des erfindungsgemässen Verfahrens lässt sich bei Bedarf direkt auch die Anzahl der benötigten Funktionsgruppen gemäss der WO 2018/ 1 14404 A1 (BKW Energie AG) innerhalb vorgegebener Systemgrenzen minimieren. Ein computerimplementiertes Verfahren zum Betreiben eines Netzes zur Verteilung elektrischer Energie umfasst folgende Schritte: a) in einem ersten Netzgebiet, Betreiben einer Mehrzahl von lokalen, sich selbst regelnden Funktionsgruppen mit ersten Quellen, Lasten, Leitungen und/oder Sensor-, Schalt- oder Wandlerkomponenten, so dass jede der Funktionsgruppen zugeordnete Regelgrenzen für Spannungsqualitätsgrössen im Netz einhält; b) Betreiben zweiten Quellen, Lasten, Leitungen und/oder Sensor-, Schalt- oder

Wandlerkomponenten eines zweiten Netzgebiets , so dass eine Gesamtvarianz von Spannungsqualitätsgrössen im zweiten Netzgebiet eingehalten wird; wobei c) das erste Netzgebiet eine erste Grösse hat und das zweite Netzgebiet eine zweite Grösse hat; und e) die Regelgrenzen der Funktionsgruppen und die erste Grösse so gewählt sind, dass unter Berücksichtigung der zweiten Grösse und der Gesamtvarianz vorgegebene Sollbetriebsbereichsgrenzen für das gesamte Netz aus erstem und zweitem

Netzgebiet eingehalten sind.

Zur Selbstregelung umfassen die lokalen Funktionsgruppen Sensoren (z. B. Strom- oder Spannungssensoren), Aktoren (z. B. Schalt- oder Regeleinrichtungen für Erzeuger und/oder Lasten) und Steuermittel (Rechner bzw. Steuerungen). Mit Hilfe der Sensoren wird insbesondere geprüft, ob die zugeordneten Regelgrenzen eingehalten sind. Die

Steuermittel lösen in Abhängigkeit der von den Sensoren erfassten Daten der

Funktionsgruppe zugeordnete Aktionen zur Einhaltung der Regelgrenzen aus. Diese können insbesondere Regelaktionen durch Ansteuerung der genannten Aktoren sowie Kommunikationsaktionen zu neben- oder übergeordneten Funktionsgruppen oder Instanzen mit Hilfe geeigneter Kommunikationsmittel umfassen.

Die Grössen der Netzgebiete lassen sich auf unterschiedliche Weise charakterisieren. Ein geeignetes Mass ist beispielsweise das durchschnittliche Gesamt-Stromaufkommen im entsprechenden Netzgebiet. Das zweite Netzgebiet soll nicht leer sein. Es ist zudem auch nicht wie das erste Netzgebiet strukturiert, d. h. es ist nicht aus lokalen Funktionsgruppen aufgebaut, die sich zur Einhaltung zugeordneter Regelgrenzen selbst regeln. Beim zweiten Netzgebiet handelt es sich insbesondere um ein vorhandenes Netz mit einer historisch gewachsenen Netztopologie.

Spannungsqualitätsgrössen umfassen beispielsweise die Frequenz, die Netzspannung (Spannungshöhe bzw. -effektivwert) oder kurvenformbezogene Grössen, auch strombezogene Grössen können als Spannungsqualitätsgrössen herangezogen werden.

Die Sollbetriebsbereichsgrenzen können mit Hilfe solcher Spannungsqualitätsgrössen definiert sein, wobei in der Regel Sollbereiche für mehrere solcher Grössen vorgegeben werden. Alternativ oder zusätzlich können andere Kriterien herangezogen werden, z. B. maximale Ausfallquoten.

Grundsätzlich können im Rahmen des Betriebs die aktuelle Strukturierung des Netzes in das erste Netzgebiet und das zweite Netzgebiet und die Strukturierung des ersten Netzgebiets in lokale Funktionsgruppen periodisch oder laufend überprüft werden. So wird umgehend erkannt, ob aufgrund geänderter Rahmenbedingungen eine Änderung der Aufteilung in Netzgebiete bzw. der Zuordnung zu Funktionsgruppen und/oder eine Anpassung der Regelprozesse sinnvoll wären. Eine solche Änderung kann dann zu einem geeigneten Zeitpunkt umgesetzt werden.

Mit Vorteil wird eine Einhaltung der vorgegebenen Sollbetriebsbereichsgrenzen überwacht, und bei einer Nichteinhaltung der Sollbetriebsbereichsgrenzen wird mindestens eine Einrichtung zur Begrenzung einer der Funktionsgruppen zugeführten Leistung betätigt. Die Einrichtung kann Teil einer Funktionsgruppe bilden und die dieser Funktionsgruppe von aussen zugeführte Leistung begrenzen. Sie kann auch funktionsgruppenübergeordnet sein und die zugeführte Leistung zu mehreren Funktionsgruppen bis zum gesamten ersten Netzgebiet begrenzen.

Kurzfristig lässt sich überschüssige Leistung mittels Komponenten wie Widerstandsheizungen abführen. In etwas längeren Zeitskalen können auch Speicher (u.a. Ladeeinrichtungen, Supercaps und Batterien) zum Einsatz kommen. Mit Vorteil wird bei der Nichteinhaltung der Sollbetriebsbereichsgrenzen mindestens eine Schalteinrichtung zur Abkopplung des Netzes von über- und/oder nebengeordneten weiteren Netzen zur Verteilung elektrischer Energie und/oder mindestens eine Schalteinrichtung zum Abkoppeln eines Teils des zweiten Netzgebiets betätigt. Die Abkopplung erfolgt insbesondere dann, wenn die Massnahmen zur Leistungsbegrenzung an ihre Grenzen gelangen und auch mit solchen Massnahmen der regelkonforme Betrieb des Netzes nicht mehr gewährleistet werden kann.

Eine Abkopplung (Inselbetrieb) kann auch in anderen Situation sinnvoll sein, z. B. dann wenn eine Abführung von Energie nach aussen verhindert werden kann. Mit Hilfe der Schalteinrichtungen kann sichergestellt werden, dass die im Rahmen der Optimierung definierten bzw. erhaltenen Systemgrenzen auch stets eingehalten werden können.

Ein erfindungsgemässes Computerprogramm zur Durchführung des erfindungsgemässen Verfahrens zur Strukturierung eines vorhandenen Netzes zur Verteilung von elektrischer Energie bzw. zum Betreiben des erfindungsgemässen Netzes ist derart angepasst, dass es ein entsprechendes Verfahren ausführt, wenn es auf einem Rechner zum Ablauf gebracht wird. Das Computerprogramm wird in der Regel mehrere Komponenten umfassen, die u. U. auf verschiedenen Prozessoren eines verteilten Rechnersystems ablaufen.

Aus der nachfolgenden Detailbeschreibung und der Gesamtheit der Patentansprüche ergeben sich weitere vorteilhafte Ausführungsformen und Merkmalskombinationen der Erfindung.

Kurze Beschreibung der Zeichnungen

Die zur Erläuterung des Ausführungsbeispiels verwendeten Zeichnungen zeigen:

Fig. 1 eine schematische Darstellung eines erfindungsgemässen Netzes zur Verteilung elektrischer Energie; Fig. 2A den Verlauf einer Spannungsqualitätsgrösse in einem Zeitraum im ersten

Netzgebiet und im zweiten Netzgebiet; und

Fig. 2B den Verlauf der Spannungsqualitätsgrösse im Zeitraum im gesamten Netz.

Grundsätzlich sind in den Figuren gleiche Teile mit gleichen Bezugszeichen versehen.

Wege zur Ausführung der Erfindung

Die Figur 1 ist eine schematische Darstellung eines erfindungsgemässen Netzes 1 zur Verteilung elektrischer Energie. Es umfasst ein erstes Netzgebiet 10, das gemäss der Lehre der WO 2018/ 1 14404 A1 (BKW Energie AG) in acht sich weitgehend selbstregelnden Funktionsgruppen 1 1.1 ...8 strukturiert ist, und ein zweites Netzgebiet 20 ohne eine solche Strukturierung. Das Netz weist vier Verbindungsleitungen 2.1...4 zu neben-, über- bzw. untergeordneten weiteren Netzen auf. Eine Verbindungsleitung 2. 1 mündet aus der zweiten Funktionsgruppe 1 1.2, eine weitere Verbindungsleitung 2.2 mündet aus der siebten Funktionsgruppe 1 1.7, zwei weitere Verbindungsleitungen 2.3, 2.4 münden aus dem zweiten Netzgebiet 20.

Wie aus der WO 2018/ 1 14404 A1 bekannt, umfassen die Funktionsgruppen 1 1. 1 ...8 jeweils mehrere Elemente des Netzes und daran angeschlossene Komponenten, namentlich Quellen, Lasten, Leitungen, Sensor-, Schalt- und Wandlerkomponenten. Jede der Funktionsgruppen 1 1. 1...8 umfasst eine (durch ein Rechteck symbolisierte) Rechnereinheit 12.1 . . .8. Dabei kann es sich um eine unabhängige Einheit, einen an einer Komponente angeordneten dedizierten Mikroprozessor oder ein vorhandenes Element einer Komponente handeln. Ebenfalls in jeder der dargestellten Funktionsgruppen 1 1. 1 ...8 ist mindestens eine (hier nicht dargestellte) Sensoreinheit vorhanden, die eine oder mehrere relevante Grössen misst und an die entsprechende Rechnereinheit 12.1 ...8 übermittelt. In einigen der Funktionsgruppen 1 1. 1 ...8 sind zudem Aktoren vorhanden, mittels welchen ausgelöst von der jeweiligen Rechnereinheit 12.1 ...8 die Funktionsweise der jeweiligen Funktionsgruppe 1 1. 1 ...8 beeinflusst werden kann. Im dargestellten Beispiel sind fünf Funktionsgruppen 1 1.4...8 zu einem Cluster zusammengeschlossen. Dies bedeutet, dass nebst den lokalen Rechnereinheiten 12. ...8 noch eine Cluster-Rechnereinheit 13 vorhanden ist, welche zum Austausch von Signalen mit den lokalen Rechnereinheiten 12.4...8 verbunden ist. Die Rechnereinheiten 12.1 ...8 benachbarter Funktionsgruppen 1 1. 1 ...8 sind ebenfalls zum Austausch von Signalen miteinander verbunden und können beim Auslösen entsprechender Aktionen Informationen austauschen. Im dargestellten Beispiel bestehen folgende Verbindungen: Sowohl die Rechnereinheiten 12.1...3 der nicht dem Cluster angeschlossenen Funktionsgruppen 1 1.1 ...3 als auch die Cluster-Rechnereinheit 13 sind zudem mit einem Zentralrechner 3 verbunden. Dieser bildet eine Leitstelle, im Gegensatz zu herkömmlichen Netzen wird diese in Bezug auf das erste Netzgebiet aber nur noch ausnahmsweise benötigt, wenn die Funktionsgruppen ein Ereignis nicht selbst lösen können. Die dargestellten Verbindungen sind als Beispiele zu verstehen. Die Darstellung bedeutet nicht, dass (direkte) physische Verbindungen zwischen den genannten Komponenten bestehen müssen, der Datenaustausch kann über eine beliebige Netztopologie zwischen den Komponenten erfolgen.

Wie in der WO 2018/ 1 14404 A1 im Detail dargestellt, können sich Funktionsgruppen über mehrere Netzebenen erstrecken und u. a. Wandler umfassen.

Um nun bei Bedarf einzelne Funktionsgruppen oder das ganze Netz von weiteren Netzen abkoppeln zu können, ist bei allen Verbindungsleitungen 2.1...4 jeweils eine Schalteinrichtung 14.2, 14.7, 24. 1, 24.2 angeordnet. Mit ihr lässt sich die Verbindung temporär trennen. Zwei Schalteinrichtungen 14.2, 14.7 sind jeweils der entsprechenden Funktionsgruppe 1 1.2, 1 1.7 zugeordnet und werden von der entsprechenden

Rechnereinheit 12.2, 12.7 gesteuert. Zwei weitere Schalteinrichtungen 24.1, 24.2 im zweiten Netzgebiet werden direkt vom Zentralrechner 3 gesteuert.

Jede der Funktionsgruppen 1 1. 1 ...8 repräsentiert einen Netzabschnitt (d. h. einen zusammenhängenden Bereich des Netzes mit zugeordneten Netzkomponenten), der bestimmte Eigenschaften hinsichtlich Messgrössen und Messbereich sowie gegebenenfalls Regelbarkeit aufweist. Jeder Funktionsgruppe 1 1. 1 ...8 sind Regelgrenzen, also Sollbereiche der zu regelnden Grössen, zugeordnet.

Für den Sollbetrieb sind jeder der Funktionsgruppen 1 1. 1 ...8 Regeln, mögliche Aktionen und benötigte Informationen zugeordnet, um prüfen zu können, ob Auslösekriterien für die Aktionen erfüllt sind. Zur Definition der Regelgrenzen erfolgt eine Orientierung an bestehenden Komponenten und/oder an Normen (etwa maximal zulässiger Strom für ein Kabel) oder etwa - im Falle eines Neubaus - am Anschlusswesen und einer beantragten Maximalleistung.

Die Projektionen der zukünftigen Leistungen erfolgen etwa mit gängigen Verfahren der Netzplanung, insbesondere aber unter Einsatz von Simulationen und Modellierungen und Maschinenlernen.

Jede Aktion umfasst eine oder mehrere Massnahmen, insbesondere die Aktivierung eines Aktors und/oder der Versand einer Meldung an andere Komponenten. Die Aktionen werden den einzelnen Funktionsgruppen zugeordnet. Falls Aktionen definiert sind, welche mehrere Funktionsgruppen betreffen, können Aktionen auch spezifischen Kombinationen von (miteinander verschalteten) Funktionsgruppen zugeordnet werden.

In der nachfolgenden Tabelle sind beispielsweise Parameter für den Sollbetrieb in einem lokalen Verteilnetz aufgeführt. Die in der letzten Spalte aufgeführte Aktion wird jeweils durchgeführt, wenn der Betriebsbereich nicht eingehalten ist, also ein entsprechendes Auslösekriterium erfüllt wird:

Einheit Parameter unterer oberer Aktion

BetriebsBetriebsbereich bereich

Zähler PV mit Frequenz 49.5 Hz 50.5 Hz P active senken, ab 52 Hz vom

Steuerausgang Netz trennen und Unterbrecher

Zähler PV mit Spannung 207 V 253 V Blindleistung beziehen, falls

Steuerausgang das nicht reicht, Leistung und Unterbrecher senken

Zähler PV mit Strom 0 A 100 A Vom Netz trennen/Tarif Steuerausgang ändern/Nachricht senden und Unterbrecher

Zähler PV mit Harmonisc 0 20 Anzahl der Steuerausgang he Überschreitungen und Unterbrecher speichern, falls mehr als

10, Nachricht an

Netzbetreiber senden/Kurzschlusstrom- verstärker oder Filter zuschalten/Kunden kontaktieren und Tarif ändern

Einheit Parameter unterer oberer Regel Aktion

Betriebs- Betriebsbereich bereich Zähler bei Spannung, EN 50160 EN 50160 Aktion bei Spannung auf

Kunden mit Strom 0 x Erhalt der niedrigsten moderatem, Zeitinfor- Wert nach zeitlich mation EN50160 begrenztem senken, falls

Lastlimit Überschreiten des Lastlimits

Zähler bei Strom 0 x Oberen Strom auf Kunden mit Betriebs- oberen Lastlimit bereich Betriebsbereich einhalten begrenzen

Weitere mögliche Aktionen umfassen beispielsweise die zeitliche Verschiebung des Betriebs von Verbrauchern oder des Ladens von Speichern bzw. die zeitliche Steuerung der Produktionsleistung von Produzenten bzw. des Entladens von Speichern. Die Kommunikation erfolgt in erster Priorität innerhalb einer gegebenen Funktionsgruppe, in zweiter Priorität zwischen Funktionsgruppen bzw. im Cluster und erst in dritter Priorität zum Zentralrechner, also zur Leitstelle.

Die Figur 2A zeigt den Verlauf einer Spannungsqualitätsgrösse in einem Zeitraum im ersten Netzgebiet und im zweiten Netzgebiet. Die Figur 2B zeigt den Verlauf der Spannungsqualitätsgrösse im Zeitraum im gesamten Netz.

Der Zustand eines Netzes zur Verteilung elektrischer Energie ist durch die zeitlichen Verläufe von Spannungsqualitätsgrössen, z. B. der phasenweisen Spannungen, phasenweisen Ströme und Phasen, definiert. Diese zeitlichen Verläufe lassen sich durch eine zeitabhängige vektorwertige Funktion F(t) abbilden mit Komponenten F,(t). In vorhandenen Netzen sind sowohl die Funktion F(t) als auch die Varianzen der einzelnen Komponentenfunktionen weitgehend unbekannt. Weil sich die Funktion F letztlich aus einer Vielzahl von Teilfunktionen für einzelne Komponenten des Verteilungsnetzes ergibt, zu denen keine vollständigen Informationen vorliegen, ist es in der Praxis auch schwierig, die Funktion F(t) zu reproduzieren. Mathematisch lässt sich somit das beschriebene System nicht vollständig erfassen. Ansätze, um das stochastische Verhalten berechenbarer zu machen, können dieses Grundproblem nur teilweise lösen, unter anderem weil das System nicht gänzlich abgeschlossen ist und somit die Anzahl und Charakteristik nicht von sämtlichen Teilfunktionen von F(t) bekannt ist.

Im Rahmen der Erfindung wird entsprechend vorgeschlagen, folgende Schritte durchzuführen:

1. Dem durch die Funktion F(t) charakterisierten Verteilnetz wird eine maximale erlaubte Varianz s(F(t)) zugeordnet, innerhalb derer die Versorgungssicherheit und/oder andere Optimierungsparameter im Rahmen eines vorgegebenen Vertrauensbereichs sichergestellt sind. Die entsprechend einzuhaltenden Parameter können sich aus einer rechtlichen Vorgabe ergeben, z. B. für die zulässigen Spannungs- und/oder Frequenzbereiche. Der entsprechende Sollbereich 35 für eine Komponente F, ist in den Figuren 2A, 2B dargestellt. Es ist anzumerken, dass die Zielgrösse und/oder die Breite des Sollbereichs je nach Spanungsqualitätsgrösse zeitlich variabel sein können.

2. Sei F(t) = k(t)+m(t), wobei k(t) alle Einrichtungen in einem ersten Netzgebiet erfasst, das gemäss WO 2018/ 1 14404 A1 (BKW Energie AG) durch selbstregelnde Funktionsgruppen strukturiert ist. Weil diesen Funktionsgruppen Regelgrenzen zugeordnet sind, lassen sich für k(t) verlässliche Aussagen zur Varianz treffen. m(t) erfasst ein zweites Netzgebiet, das nicht durch selbstregelnde Funktionsgruppen mit vorgegebenen Regelgrenzen strukturiert ist. Auf der Basis von historischen Daten und/oder Simulationen bzw. Modellrechnungen lässt sich m(t) eine erwartete maximale Varianz zuordnen. Die Gesamtvarianz s(F(t)) ergibt sich dann aus den Varianzen s(k(t)) und s(m(t)). In der Figur 2A sind der Verlauf 31 für die Spannungsqualitätsgrösse F, im ersten Netzgebiet und der Verlauf 32 für die Spannungsqualitätsgrösse F, im zweiten Netzgebiet dargestellt, wobei diese Verläufe auf der Annahme basieren, dass die einzelnen Netzgebiete unabhängig voneinander betrieben werden (also nicht miteinander gekoppelt sind). Ebenfalls dargestellt sind die entsprechenden Schwankungsbänder 33, 34. Es ist ersichtlich, dass in diesem Fall im zweiten Netzgebiet die Vorgaben (Sollbereich 35) nicht eingehalten werden.

3. Weil die Vorgaben im ersten Netzgebiet übererfüllt werden, ergibt sich bei einem

Zusammenkoppeln der beiden Netzgebiete ein Verlauf 36 der

Spannungsqualitätsgrösse F, im Gesamtnetz, der die Vorgaben gemäss Sollbereich 35 einhält (vgl. Figur 2B).

4. Im Rahmen einer Optimierung lassen sich nun die k(t) und m(t) zugrundeliegenden Faktoren variieren, wobei als Randbedingung die Vorgaben gemäss Sollbereich 35, z. B. die maximal tolerierbare Schwankung der Frequenz und/oder (falls bekannt) der Leistung und/oder Spannungstoleranzbänder pro Netzebene, gesetzt sind. Zu den Faktoren zählen insbesondere die Zuordnung von Netzkomponenten zu Funktionsgruppen: Wenn weitere Netzkomponenten einer Funktionsgruppe zugeordnet werden, wird die Grösse des zweiten Netzgebiets kleiner, entsprechend sinkt die abgeschätzte Varianz (s(m(t)). Zudem lässt sich der Beitrag zur Varianz s(k(t)) des ersten Netzgebiets verlässlich berechnen. Weitere Variablen betreffen die den Funktionsgruppen zugeordneten Regelgrenzen, die Hinzufügung zusätzlicher Komponenten (Quellen, Lasten, Schalteinrichtungen usw.), die Erweiterung oder Einschränkung der Systemgrenzen usw. Optional wird gewissen Produktions- oder Verbrauchsleistungen (z. B. von Speicherkraftwerken, Wärmespeichern oder Batterien) eine zeitliche Flexibilität als Optimierungsgrösse zugewiesen.

Die Optimierung kann dabei zum Aufbau des Netzes dienen, d. h. ausgehend von einem bestehenden Netz, in dem noch keine lokalen selbstregelnden Funktionsgruppen definiert sind, oder zu dessen Weiterentwicklung, also ausgehend von einem Netz, das bereits (teilweise) entsprechend strukturiert ist. Dabei kann iterierend vorgegangen werden: Es wird mit einer Kernzelle begonnen. Ist das Ergebnis zufriedenstellend und lässt Spielraum zu, kann das Gebiet in einem weiteren Optimierungsschritt erweitert werden.

In einer erweiterten Ausführung können auch Simulationen und Modelle von Technologieentwicklungen wie Effizienzsteigerungen oder Kostendegressionen in einen Optimierungslauf eingebaut werden. In diesem Fall würde ein Lauf nicht ein Referenzjahr umfassen, sondern mehrere. Zur (numerischen) Optimierung im 4. Schritt wird eine Zielfunktion definiert. Sie beinhaltet die gewünschten Optimierungsparameter des Gesamtsystems. Die Optimierung kann im Hinblick auf folgende Optimierungsziele durchgeführt werden: a) Minimierung der Anzahl benötigter Funktionsgruppen; b) Nähe der Position der Funktionsgruppen zu vorgegebenen Positionen oder Gebieten; c) Minimierung der Kosten für einen stabilen Betrieb; d) Minimierung der Regelgrenzen bestehender Funktionsgruppen.

Die entsprechenden Parameter können gegeneinander optimiert werden. Die Gewichtung ist abhängig von den Zielen des Nutzers, in der Regel ein Energieversorger, dessen regulatorischen Möglichkeiten, der Wichtigkeit ökonomischer Faktoren und geographischer Limitierungen, falls vorhanden.

Nebst der erwähnten Randbedingung für die Netzstabilität können u. a. folgende Randbedingungen in die Optimierung einfliessen: a) Beschränkungen der übertragbaren Leistungen, z. B. aufgrund von Kabelquerschnitten; b) maximal erlaubte Signalübertragungszeit und resultierend maximal mögliche Distanz zwischen Funktionsgruppen untereinander, um miteinander kommunizieren und bei Bedarf Schalthandlungen, Regeleingriffe oder Handelstransaktionen durchführen zu können; c) maximal erlaubte Signal Übertragungszeit, daraus resultierend die maximal mögliche Distanz zwischen einem, mehreren, oder allen Funktionsgruppen und einer anderen Einheit, wie etwa dem Zentralrechner, um miteinander zu kommunizieren und bei Bedarf Schalthandlungen, Regeleingriffe oder Handelstransaktionen durchführen zu können; d) zeitliche Einschränkungen, etwa für Leistungsverschiebungen oder -begrenzungen; e) geographische/topologische Bedingungen (Ausschluss bestimmter Gebiete oder Festlegung bestimmter Gebiete als Funktionsgruppen); f) ökonomische Kriterien; g) regulatorische Kriterien.

Regelvorgänge beinhalten letztlich die Ermittlung einer oder mehrerer Messgrössen, die Verarbeitung zur Bestimmung der zu treffenden Aktion(en) und die Durchführung der Aktion bis zur Beeinflussung der Regelgrösse. Je nach Komplexität des Regelvorgangs, der Verteilung der beteiligten Komponenten im Netz und dem Zeitbedarf für die Verarbeitung der Messgrössen ergibt sich eine gewisse Signalübertragungszeit. Die maximalen Signalübertragungszeiten müssen nicht für alle Regelvorgänge dieselben sein, weil gewisse Regelungen schneller erfolgen müssen als andere, wenn der Betrieb des Netzes nicht negativ beeinflusst werden soll. Durch einen Vergleich mit den physikalisch möglichen kleinsten Informationslatenzzeiten, können aber bestimmte Szenarien unmittelbar eliminiert werden, die mit den geforderten Kommunikationszeiten (unter Berücksichtigung der Latenzzeiten) nicht vereinbar sind, z. B. die Echtzeitsteuerung eines Smart Grid mittels Smart Metern, wenn "Echtzeit" im Sekundenbereich liegt oder wenn die Datenübertragung nur einmal täglich stattfindet (z. B. vom Haushaltszähler) und "Echtzeit" maximal 10 min bedeutet.

Mit Hilfe geeigneter Randbedingungen lässt sich somit u. a. sicherstellen, dass das im Rahmen der Optimierung gefundene Netz auch physikalisch funktionieren kann, indem auszugleichende Leistungen im benötigten Zeitrahmen und ohne die Überlastung von Leitungen (und allenfalls weiterer Komponenten) übertragen werden können. Gerade in der Spannungshaltung können strategisch positionierte Funktionsgruppen essentiell sein. Es genügt somit u. U. nicht, nur die Gesamtvarianz innerhalb eines vorgegebenen Bereichs zu halten. Mithilfe der erwähnten technischen Randbedingungen ergeben sich in solchen Fällen im Rahmen der Optimierung Bereiche im System, in denen mindestens eine selbstregelnde Funktionsgruppe angeordnet sein soll.

Damit die Optimierung stattfinden kann, werden also folgende Informationen bereitgestellt: a) Topologische Informationen des Netzes innerhalb der initialen oder maximalen Systemgrenzen, etwa in Form eines Netzplans, inklusive Netzkomponenten und allenfalls vorhandene Schalteinrichtungen; solche Informationen können z. B. aus einem netzbezogenen Geografischen Informationssystem (GIS) bezogen werden; b) Angaben zu den Systemgrenzen - die entsprechende Auswahl kann in an sich bekannter Weise über eine grafische Schnittstelle erfolgen, z. B. indem die zu berücksichtigenden Teile des Netzes angewählt bzw. nicht zu berücksichtigende

Teile abgewählt werden; auch eine Beschränkung auf gewisse Netzebenen ist möglich; c) Anzahl und Eigenschaften der im Netz bereits vorhandenen selbstregelnden Funktionsgruppen (inklusive Grössenangaben, z. B. eine zeitliche Bilanzsumme der Leistung in einem Referenzzeitraum sowie Regelgrenzen); d) pro Funktionsgruppe: zeitlicher Verlauf des Stroms (bilanziell oder über drei Phasen) über eine gewählte Referenzzeit, z.B. ein Jahr, Spannung (bilanziell oder über drei Phasen) über eine gewählte Referenzzeit, z.B. ein Jahr; alternativ elektrische Leistung (bilanziell oder über drei Phasen) über eine gewählte Referenzzeit, z.B. ein Jahr; e) maximal erlaubte Toleranzen, z. B. in Bezug auf die Frequenz und/oder Spannung, generell oder an bestimmten Netzpositionen; f) Umfeldinformation und Gewichtungsfaktoren: technische Faktoren, Kosten für Technologien, Energiepreise, Stromtarife, sonstige wirtschaftliche Faktoren.

Für die Erzeugung der zeitlichen Verläufe können historische Daten aus Produktion und Verbrauch verwendet werden oder Daten aus Modellen und Simulationen, die etwa einen Generatortyp und den lokal typischen Verlauf einer Umweltgrösse modellieren oder einen Verbrauchertyp. Physikalische Begrenzungen, z. B. aufgrund installierter Transformatoren oder Produktionsanlagen können ebenfalls in die Abschätzung einfliessen. In einer bevorzugten Ausführung werden Modelle mit historischen Daten und Maschinenlernen zu Referenzprofilen verknüpft und bei Bedarf genauer adjustiert, etwa mittels eines Produktions- oder Verbrauchsprofils, das an regionale Gegebenheiten und Gewohnheiten angepasst ist. Dies kann für den Verbrauch etwa Feiertage oder Arbeitszeiten und Pausengewohnheiten umfassen sowie für die Produktion eine maximal mögliche Photovoltaikproduktion anhand von Globalstrahlungsdaten und verfügbaren Flächen sowie deren Orientierung.

Mit Hilfe statistischer Verfahren wie etwa Einsatz der Theorie der Stichprobe kann die Güte dieser Schätzungen auf ihre Zuverlässigkeit als "historisches Toleranzband" weiter verfeinert und implementiert werden.

Zur Optimierung geeignet sind gängige numerische Optimierungsverfahren, z. B. Simplex oder Innere-Punkte-Verfahren. Aufgrund der vielen Freiheitsgrade ist die numerische Optimierung rechenaufwendig. Weil sie nicht den laufenden Betrieb des Netzes bestimmt, sondern dessen Struktur, ist der Optimierungsschritt aber nicht zeitkritisch. Der Rechenaufwand kann limitiert werden, indem die betrachteten oder maximalen Systemgrenzen reduziert werden oder indem auf gewisse Freiheitsgrade (z. B. in Bezug auf die bestehenden Funktionsgruppen oder in Bezug auf Massnahmen, die per se mit hohen Umsetzungskosten verbunden sind) verzichtet wird.

Aus der Optimierung gehen u. a. folgende Grössen hervor: a) Anzahl der selbstregelnden Funktionsgruppen, Angaben zur entsprechenden Zuordnung der Netzkomponenten; b) Kosten, die mit der Strukturierung und/oder dem Betrieb des Netzes verbunden sind; c) die vorzugebenden erlaubten Toleranzbänder der Funktionsgruppen; d) nötige Kommunikations-, Steuer- und Regeleinheiten in Funktionsgruppen, zentralen Steuereinheiten und an den Systemgrenzen.

Je nach Zielsetzung kann das erfindungsgemässe Verfahren zum Strukturieren auf unterschiedliche Weise eingesetzt werden:

1. Wenn ein Energieversorger sich beispielsweise vor den Kettenreaktionen unvorhergesehener Grossereignisse im Netz schützen möchte, wird er ein System anstreben, bei dem im Notfall ein Inselbetrieb möglich ist. Gleichzeitig sollen die Kosten der Anpassungen jedoch minimiert werden. Ausgehend von einem Netz, das bereits über einige Funktionsgruppen verfügt, werden im Rahmen der Optimierung strategisch wichtige Funktionsgruppen lokalisiert, die zugebaut werden. Diesen Funktionsgruppen werden besonders enge Toleranzbänder zugeordnet, um die Zahl der Funktionsgruppen niedrig zu halten. Die Leitstelle wird mit einer Kommunikationsschnittstelle zu ausgewählten Funktionsgruppen ausgerüstet. Die Leitungen der Systemgrenzen werden mit Kommunikations- und Steuertechnik nachgerüstet. Einige Funktionsgruppen werden mit Kommunikations-, Steuer- und Regeltechnik ausgerüstet.

2. Wenn ein Energieversorger primär seinen Handel, insbesondere mit regenerativer Energie, optimieren und planbarer gestalten will, wird er anstreben, dass Handelskontingente frühzeitig bekannt und zuverlässig verfügbar sind.

Ausgehend von einem Netz, das bereits über einige Funktionsgruppen verfügt, werden im Rahmen der Optimierung die Anzahl und Natur der noch benötigten Funktionsgruppen zum Erlangen stabiler Handelsprognosen identifiziert. Eine zentrale oder dezentrale Steuereinrichtung (z. B. die Leitstelle oder eine vergleichbare Einrichtung) wird mit einer Kommunikations-Schnittstelle zu ausgewählten Funktionsgruppen ausgerüstet. Der Handel wird mit einer Kommunikations-Schnittstelle zu ausgewählten Funktionsgruppen und/oder der Steuereinrichtung ausgerüstet. Einige oder alle Funktionsgruppen werden mit Kommunikations-, Steuer- und Regeltechnik ausgerüstet.

Beim Betreiben des erfindungsgemässen Netzes regeln sich die einzelnen Funktionsgruppen des ersten Netzgebiets soweit wie möglich selbst. Wenn dies im Rahmen einer Funktionsgruppe nicht mehr möglich ist, ohne die Regelgrenzen zu verletzen, erfolgt ausgehend von der Funktionsgruppe die Kommunikation mit anderen Funktionsgruppen und/oder übergeordneten Stellen nach einem vorgegebenen Schema mit mehreren Eskalationsstufen. Für verschiedene Funktionsgruppen können unterschiedliche Schemata vorgegeben sein. In der Praxis sind insbesondere die physikalischen Grenzen in Bezug auf die Signallaufzeiten zu berücksichtigen. Bei der Zusammenfassung mehrerer Funktionsgruppen zu einem Cluster (virtuelle Funktionsgruppe) erfolgt die Regelung in erster Priorität innerhalb der einzelnen Funktionsgruppen, in zweiter Priorität innerhalb des Clusters und erst in dritter Priorität, wenn eine gegenseitige Kompensation unter den Cluster-Funktionsgruppen nicht mehr möglich ist, unter Mitwirkung weiterer Funktionsgruppen oder Komponenten.

Ein Auslösekriterium wird in seiner einfachsten Form durch einen vorgegebenen Wert einer Grösse gebildet und durch eine Angabe, ob das Kriterium erfüllt ist, wenn der Wert einer Eingangsgrösse (z. B. einer Messgrösse) über- bzw. unterschritten ist. Ein Auslösekriterium kann aber auch durch eine Bereichsangabe definiert sein oder auf einer komplexeren Funktion beruhen, die insbesondere auch logische (boolesche) Operatoren einschliesst. Ein Auslösekriterium kann sich auf einen aktuellen Wert der Eingangsgrösse oder mehrerer Eingangsgrössen beziehen, oder es wird ein gewisses vergangenes Zeitintervall berücksichtigt. Auslösekriterien können zudem nicht nur von den der jeweiligen Regelgrenze zugeordneten Grössen abhängig sein, sondern auch von einer Änderungsrate solcher Grössen (also namentlich der zeitlichen Ableitung). So kann ein schneller Anstieg oder ein schnelles Absinken einer Grösse bereits anzeigen, dass Flandlungsbedarf besteht, bevor die Regelgrenzen erreicht werden.

Wenn beispielsweise die Funktionsgruppe A über zu wenig Leistung aufgrund eines ungewöhnlich hohen Aufkommens von Elektroautos und unterdurchschnittlicher PV- Produktion verfügt, sendet eine lokale Rechnereinheit der Funktionsgruppe A ein Anfragesignal an die lokale Rechnereinheit der benachbarten Funktionsgruppe B. Die Funktionsgruppe B übermittelt die kurz und mittelfristig verfügbare Leistung. Auf Anforderung der Funktionsgruppe A gibt sodann die Funktionsgruppe B die kurzfristig benötigte Leistung frei. Die Funktionsgruppe A nimmt die Leistung ab. Da die Leistung mittelfristig nicht deckend ist, sendet die Funktionsgruppe B ein Signal an eine Kommunikationsschnittstelle einer virtuellen Funktionsgruppe C. Diese wird durch den Verbund der Funktionsgruppen D-G gebildet, deren Funktionsgruppe E u. a. eine grössere Wasserkraftanlage enthält. Die Kommunikationsschnittstelle der virtuellen Funktionsgruppe C sendet ein Signal an die Funktionsgruppe E, enthaltend u. a. die benötigte Produktionsleistung den erwarteten Zeitraum. Die Funktionsgruppe E bestätigt an die Kommunikationsschnittstelle, diese an die Funktionsgruppe A und/oder B. Die Funktionsgruppe A nimmt letztlich die Leistung ab.

In einem anderen Szenario ist im Gebiet der Funktionsgruppe A durch einen Sturm ein Leitungsmast zerstört worden. Die Funktionsgruppe A erkennt dies als Störung und setzt einen Notruf an eine übergeordnete Leitstelle zur Disposition eines Monteurs ab. Gleichzeitig fordert die Funktionsgruppe A die weg gefallene Leistung von der benachbarten Funktionsgruppe B auf höchster Prioritätsstufe an. Die Funktionsgruppe B erweitert ihren Toleranzbereich bis zu einem maximal zulässigen Wert und regelt ihre regelbaren Lasten, Speichereinheiten und Produktionsanlagen so, dass die benötigte Leistung abgegeben werden kann. Weil letztlich innerhalb der Funktionsgruppen A und B nicht alle angeforderte Leistung bereitgestellt werden kann bzw. einzelne (unkritische) Verbraucher ausgeschaltet bzw. zurückgeregelt werden müssen, senden sowohl die lokale Rechnereinheit der Funktionsgruppe A als auch die lokale Rechnereinheit der Funktionsgruppe B ein Signal an eine Kommunikationszentrale oder an eine lokal hinterlegte Liste, damit die Kunden über eine Störung mit leichten Beeinträchtigungen informiert werden.

Basierend auf dem erfindungsgemässen Verfahren zum Strukturieren des Netzes kann auch ein Betrieb erfolgen, dessen Systemgrenzen je nach Betriebssituation variieren. Ist es etwa für einen Energieversorger zu teuer, sofort das gesamte Netz nach dem vorliegenden Patent zu planen und zu betreiben, kann mit einem Kerngebiet begonnen werden, das aus selbstregelnden Funktionsgruppen besteht und bei Bedarf physisch vom Rest des Gebietes trennbar ist.

Neben dem Kerngebiet können Übergangszonen bestehen, die teilweise bereits stabilitätsoptimiert wurden, aber noch nicht in der Lage sind, vollständig autark betrieben werden zu können. Für solche Übergangszonen können bedarfsweise Anteile von m(t) bzw. s(m(t)) präziser abgeschätzt werden, so dass die abgeschätzte Varianz s(m(t)) reduziert wird.

In der Regel wird es nötig sein, das optimierte und betriebene Gebiet von angrenzenden herkömmlich betriebenen Netzen abzukoppeln, wenn diese den definierten Sollbetrieb gefährden und stabilisierende Massnahmen innerhalb der im Rahmen der Optimierung betrachteten Systemgrenzen nicht ausreichen. Dazu dienen die Schalteinrichtungen 14.2, 14.7, 24.1, 24.2 (siehe Figur 1), die automatisiert oder gegebenenfalls nach Erhalt einer entsprechenden Empfehlung des Systems manuell betätigt werden, und/oder Steuer- und Regeleinrichtungen. Sind diese schon vorhanden, wird im Rahmen der Optimierung geprüft, ob Ergänzungen nötig sind, etwa durch Kommunikationsanbindungen. Andernfalls sind die Art, Zahl und Dimensionierung der vorhandenen Trennschalter, Steuer- und Regeleinrichtungen Ausgangsgrössen.

In einem entsprechenden Szenario treten in einem Netz durch Einflüsse ausserhalb der Systemgrenzen des optimierten Systems Störungen auf, so dass die nötigen Toleranzen in Phase, Frequenz, Spannung oder Leistung nicht mehr eingehalten werden können. Massive Geräteschäden, Produktionsverluste, Ausfälle kritischer Infrastrukturen oder ein Black Out drohen. Mehrere Funktionsgruppen übermitteln an die Leitstelle und/oder untereinander Signale über die Verletzungen der Toleranzgrenzen. Sobald eine Funktionsgruppe bzw. die Leitstelle einen bestimmten kritischen Wert erhalten oder berechnet haben, wird ein Steuer- oder Regelbefehl zur Leistungsregelung oder Abkopplung an einige oder alle Systemgrenzen gesandt und ausgeführt.

Analog kann im Rahmen des Betriebs des erfindungsgemässen Netzes im Hinblick auf die Kosten- bzw. Handelsoptimierung auch eine preisgeführte Leistungsfreigabe sowie Produktions- und Ladesteuerung erfolgen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Erfindung ein systematisch durchführbares Verfahren zur Strukturierung eines Netzes zur Verteilung elektrischer Energie schafft, das vorgegebenen Rahmenbedingungen individuell anpassbar ist, und weiter ein Verteilnetz mit hoher Versorgungssicherheit und ein Verfahren zum Betreiben desselben.