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Title:
PROCESS FOR SURFACE ACTIVATION AND/OR DEVULCANISATION OF SULPHUR-VULCANISED RUBBER PARTICLES
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2004/087799
Kind Code:
A1
Abstract:
Process for surface activation and/or devulcanisation of sulphur-vulcanised rubber particles. In order to break the sulphur bridges and to reduce the sulphur, the rubber particles are treated in a biotechnological manner in a medium with mesophilic anaerobic and/or optionally anaerobic and/or microaerophilic bacteria and/or with one or more enzyme systems of such bacteria. The thus treated, activated rubber particles show improved vulcanisation properties, in comparison with non-treated rubber particles, and permit the production of better quality articles.

Inventors:
NEUMANN WILLI (DE)
Application Number:
PCT/IB2004/000932
Publication Date:
October 14, 2004
Filing Date:
March 29, 2004
Export Citation:
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Assignee:
CRISTALLO HOLDINGS INC (CA)
NEUMANN WILLI (DE)
International Classes:
C08C19/08; C08J11/18; C12P3/00; C12P11/00; C12P39/00; C12S99/00; (IPC1-7): C08J11/10; C08C19/08; C12R1/00; C12N1/20; B09B3/00
Foreign References:
US5518619A1996-05-21
Other References:
K. BREDBERG ET AL.: "Anaerobic desulfurization of ground rubber with the thermophilic archaeon Prococcus furiosus - a new method for rubber recycling", APPL. MICROBIOL. BIOTECHNOLOL., vol. 55, 10 November 2000 (2000-11-10), pages 43 - 48, XP002294913
Attorney, Agent or Firm:
Schröer, Gernot H. (Bolte & Partner Bankgasse 3, Nürnberg, DE)
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Claims:
Patentansprüche
1. Verfahren zur Oberflächenaktivierung und/oder Oberflächendevulkani sation von schwefelvernetzten Gummipartikeln, bei dem die Gummipar tikel zum Aufbrechen der Schwefelbrücken und zur Reduktion des Schwefels biotechnologisch in einem Medium mit mesophilen anaeroben und/oder mesophilen fakultativ anaeroben und/oder mesophilen mikro aerophilen Bakterien und/oder einem oder mehreren Enzymsystemen dieser Bakterien behandelt werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, bei dem die Behandlung der Gummipartikel mikrobiell und/oder enzymatisch erfolgt, insbesondere ausschließlich mit dem, vorzugsweise von den Bakterien isolierten, Enzymsystem er folgt.
3. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem das Me dium zur Behandlung der Gummipartikel Wasser und Nährstoffe und Kohlenstoffquelle und Bakterien enthält oder daraus besteht und/oder die Konzentration des Gummipartikelmaterials im Medium unter 35 Massenprozent gehalten wird.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem zum Ab bau von Temperaturund/oder Konzentrationsgradienten das Medium durchmischt wird, insbesondere eine schonende Durchmischung, vor zugsweise mittels eines Rührwerks, erfolgt.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die Be handlung unter anaeroben oder mikroaerophilen Bedingungen erfolgt.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die Be handlung bei Temperaturen unterhalb von 90 °C, insbesondere unterhalb von 50 °C, vorzugsweise innerhalb eines für mesophile Bakterien opti malen Temperaturbereichs, insbesondere von 33 bis 37°C, erfolgt.
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die Be handlung bei einem pHWert im Bereich von 5 bis 9, insbesondere von 6 bis 8, erfolgt.
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem Verweil zeit der Gummipartikel im Medium im Bereich von 4 bis 8 Tagen, insbe sondere von 5 bis 7 Tagen, vorzugsweise bei etwa 6 Tagen, liegt.
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die Bak terien zur Schwefelatmung, d. h. Schwefelreduktion, befähigte Bakterien sind oder umfassen, insbesondere einem oder mehreren der folgenden Bakterienstämme angehören : Desulfuromonas thiophila, Desulfuromo nas palmitatis, Sulfurospirillum deleyianum, Desulfuromonas acetoxi dans.
10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die Bak terien Mischpopulationen sind oder umfassen.
11. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die zu behandelten Gummipartikel ein Gummipulver und/oder ein Gummimehl und/oder ein Gummigranulat sind oder umfassen, wobei die Partikel größe vorzugsweise im Bereich von 0,1 bis 0,6 mm, insbesondere von 0,2 bis 0,4 mm, liegt..
12. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die zu behandelten Gummipartikeln Gummipartikel aus schwefelvernetzten Gummitypen oder aus Verbundwerkstoffen auf Grundlage von schwe felvernetzen Gummitypen sind oder umfassen.
13. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die zu behandelten Gummipartikeln Gummipartikel aus Altgummi und/oder Abfallgummi sind oder umfassen und das Verfahren damit zur Aufberei tung von Altund/oder Abfallgummi dient.
14. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die zu behandelnden Gummipartikel in einem Zerkleinerungsverfahren herge stellt sind, insbesondere einem Schälverfahren und/oder einer Warm vermahlung und/oder einer Kaltvermahlung und/oder einer kryogenen Mahlung und/oder einer Nassvermahlung, wobei vorzugsweise die Tem peratur der Gummipartikel so niedrig bleibt, insbesondere kleiner als 90 °C, dass eine thermooxidative Degradation der Gummipartikel wei testgehend vermieden wird.
15. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die Oberflächenaktivierung und/oder Oberflächendevulkanisation im We sentlichen auf die Gummipartikeloberfläche und/oder oberflächennahe Schichten, insbesondere mit einer Dicken von höchstens 300 nm, be schränkt ist, um die werkstofflichen Eigenschaften der Hauptmasse des Gummipartikelmaterials nicht zu verändern.
16. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die Be handlung der Gummipartikel in einem Bioreaktor erfolgt.
17. Verfahren nach Anspruch 16, bei dem die Zugabe der zu behandelnden Gummipartikel in den Bioreaktor und/oder die Entnahme der behandel ten Gummipartikel aus dem Bioreaktor kontinuierlich oder quasikontinu ierlich oder diskontinuierlich erfolgt und/oder der Bioreaktor so betrie ben wird, dass bei der Entnahme der behandelten Gummipartikel aus dem Bioreaktor keine oder nur geringe Mengen des Bakterien und/oder Enzyme enthaltenden Mediums zur Behandlung der Gummipartikel mit ausgetragen werden und/oder mit Luftsauerstoff in Berührung kommen, insbesondere durch Sedimentation des Gummipartikelmaterials und des sen anschließende Ausschleusung unter anaeroben Bedingungen.
18. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die in den Gummipartikeln enthaltenen Schwefelbrücken durch die Behandlung wenigstens teilweise aufgebrochen und der Schwefel in ein oder mehrere gasförmige Reaktionsprodukte übergeführt wird, wobei insbesondere ei nes der gasförmigen Reaktionsprodukte Schwefelwasserstoff ist, der vor zugsweise zur Vermeidung von Hemmungen und/oder Vergiftungen der Bakterien kontinuierlich oder quasikontinuierlich aus der Gasphase aus geschleust wird.
19. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem die be handelten Gummipartikel nach der Behandlung insbesondere zur Ver ringerung einer Salzlast mit Wasser gewaschen und anschließend scho nend getrocknet werden, insbesondere bei Temperaturen unter 90°C.
20. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem durch die Behandlung oberflächenaktivierte Gummipartikel, insbesondere Gummimehle, erzeugt werden, die zur Herstellung von Gummiproduk ten verwendet werden, die insbesondere nur aus den behandelten, ober flächenaktivierten Gummipartikeln, oder aus den oberflächenaktivierten Gummipartikeln und zugemischtem Frischgummi, hergestellt werden.
21. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, bei dem durch die Behandlung oberflächenaktivierte Gummipartikel, insbesondere Gummimehle, erzeugt werden, die zur Herstellung von Elastomerlegie rungen, insbesondere durch Phasenkopplung mit Kunststoffen, vor zugsweise Polypropylen (PP) und/oder Polyurethan (PU), verwendet werden.
Description:
Verfahren zur Oberflächenaktivierung und/oder Oberflächendevulkanisation von schwefelvernetzten Gummipartikeln Beschreibung Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Oberflächenaktivierung und/oder Oberflächendevulkanisation von schwefelvernetzten Gummipartikeln.

Aus DE 4425049 C1, DE 19607281 A1, US 5,506, 283 sind unterschiedliche Verfahren zur Aktivierung von zerkleinertem Altgummi bzw. Abfallgummi bekannt. Diese Verfahren basieren entweder auf physikalischen oder auf chemischen Wirkprinzipien bzw. auf einer Kombination beider Wirkprinzi- pien.

Ferner sind aus DE 4042009 C2, EP 0493732 B1, US 5,597, 851 und DE 19728036 AI Verfahren zur mikrobiellen bzw. enzymatischen Aktivierung von Gummimehlen und Gummigranulaten bekannt.

In den Dokumenten DE 4042009 C2 und EP 0493732 Bl wird ein Verfahren beschrieben, das auf einer mikrobiellen Oxidation des polysulfidisch gebun- denen Schwefels in Gummivulkanisaten beruht. Die Oxidation des polysulfi- dischen Schwefels an der Oberfläche der Gummipartikel erfolgt mit Hilfe von chemolithotrophen Mikroorganismen in einer Bakteriensuspension bei definierter Sauerstoffzufuhr. Die Bakterien gehören zur Gattung Thiobacil- lus. Die Oxidation des Schwefels erfolgt in der Regel bis zum Sulfat. Das Zielprodukt des Verfahrens ist ein replastiziertes schwefelarmes Gummima- terial mit guter Vulkanisationseignung.

Ein ähnliches Verfahren wird in US 5,597, 851 beschrieben. Die Besonderheit dieses Verfahrens besteht einerseits darin, dass als schwefeloxidierender Mi- kroorganismus primär der thermophile fakultativ chemolithotrophe Sul-fo- lobus acidocaldarius eingesetzt wird und zum anderen die Behandlung der Gummipartikel lediglich mit dem Enzymsystem dieses Mikroorganismus er- folgt. Die Gummipartikel selbst kontaktieren nicht unmittelbar mit den Mi- kroorganismen.

In DE 19728036 AI wird ein Verfahren beschrieben, bei dem durch bio- technologische Behandlung von vulkanisierten Gummipartikeln durch defi- BESTÄTIGUNGSKOPIE

nierte Reaktionszeiten/Oxidationsdauern bestimmte reaktive funktionelle Gruppen in Form von Hydroxylgruppen, Epoxygruppen und Carboxylgrup- pen an der Partikeloberfläche erzeugt werden. Dadurch wird es möglich, das aktivierte Gummimehl bzw. Gummigranulat mit unterschiedlichen Kunst- stoffen, Bitumen und anderen Polymeren zu vernetzen. Für die mikrobielle Oxidation werden gleichfalls Bakterien der Gattung Thiobacillus eingesetzt.

Die bisher bekannten Verfahren zur mikrobiellen Aktivierung von Gummi- mehlen bzw. Gummigranulaten durch Schwefeloxidation weisen folgende gravierenden Nachteile auf : 1. Diese Aktivierungsverfahren basieren auf Oxidationsprozessen. Neben der gewünschten Oxidation des polysulfidischen Schwefels erfolgt zwangsläufig eine unerwünschte simultane Oxidation der Polymerketten (Anlagerung von Radikalen). Die noch bindungsaktiven Stellen der Parti- keloberfläche werden praktisch beseitigt. Der Grad der Schädigung hängt u. a. ab vom Gummityp (Anzahl der Doppelbindungen), der Reaktion- temperatur, der Reaktionsdauer und der Konzentration des gelösten Sau- erstoffs in der Suspension.

2. Die Schädigung der Polymerketten bewirkt u. a. eine unerwünschte Frei- setzung von bestimmten Gummiinhaltsstoffen (Weichmacher, Ruß, Zink- oxid, usw.).

3. Um Fremdinfektionen zu vermeiden, müssen die Prozesse bei sehr niedri- gen pH-Werten (1 bis 3) betrieben werden, was zusätzliche Anforderun- gen an die Werkstoffe der Bioreaktoren und an die Abwasserbehandlung bedingt.

Diese Nachteile können durch anaerobe Verfahren vermieden werden. Aus Bredberg (K. Bredberg, J. Perssom, M. Christiansson, B. Stenberg, O. Holst : "Anaerobic desulfurization of ground rubber with the thermophilic archaeon Pyrococcus furious-a new method for rubber recycling"in der Zeitschrift Appl. Microbiol. Biotechnol. (2001) 55, Seiten 43-48) ist ein derartiges Ver- fahren unter Verwendung des schwefelreduzierenden, anaeroben, extrem thermophilen Archaeons Pyrococcus furious bekannt. Bei diesem Verfahren

bestehen allerdings-insbesondere aufgrund der extrem thermophilen Eigen- schaft des Archaeons-folgende Nachteile : 1. Die Behandlung des Gummimehles über einen längeren Zeitraum bei ei- nem Temperaturniveau von 90-100° C führt zu einer Schädigung der Po- lymerketten der Elastomere und damit zu einer Verschlechterung der si- gnifikanten werkstofftechnischen Parameter (Zugfestigkeit, Reißdehnung, Abrieb, usw.).

2. Durch die hohe Temperaturbelastung des Gummimehl werden verstärkt Gummiinhaltsstoffe freigesetzt (Weichmacher, Ruß, Zinkoxid, chemische Schutzstoffe, usw. ), die toxisch auf die Mikroorganismen wirken und da- mit den Prozess der Entschwefelung hemmen bzw. zum Prozessabbruch führen.

3. Die Prozessführung bei einem derart hohen Temperaturniveau ist im Hin- blick auf großtechnische Realisierungen unwirtschaftlich und ökologisch bedenklich (Freisetzung von toxischen Stoffen in das Prozessabwasser).

Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Oberflä- chenaktivierung und/oder Oberflächendevulkanisation von schwefelvernetz- ten Gummipartikeln anzugeben, das im Wesentlichen bei Temperaturen un- terhalb von 90 °C abläuft und die oben angeführten Nachteile mikrobieller Oxidationsverfahren vermeidet.

Diese Aufgabe wird gemäß der Erfindung gelöst durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1. Vorteilhafte Weiterbildungen und Ausge- staltungen sind in den von Anspruch 1 abhängigen Ansprüchen angegeben.

Die Erfindung beruht auf der Überlegung, ein Verfahren zur Oberflächenak- tivierung und/oder Oberflächendevulkanisation von schwefelvernetzten Gummipartikeln anzugeben, bei dem die Gummipartikel zum Aufbrechen der Schwefelbrücken und zur Reduktion des Schwefels biotechnologisch in einem Medium mit mesophilen anaeroben und/oder mesophilen fakultativ anaeroben und/oder mesophilen mikroaerophilen Bakterien und/oder einem oder mehreren Enzymsystemen dieser Bakterien behandelt werden. Unter

fakultativ anaeroben Bakterien sind dabei Bakterien zu verstehen, die sowohl mit als auch ohne Sauerstoff auskommen.

Der wesentliche Unterschied zu dem in Bredberg beschriebenen Verfahren liegt in dem Einsatz mesophiler Mikroorganismen. Die optimalen Lebensbe- dingungen mesophiler Bakterien liegen bei 20 bis 45 °C. Somit funktioniert das erfindungsgemäße Verfahren bei Temperaturen deutlich unterhalb von 90 °C. Dadurch werden die oben beschriebenen Nachteile einer Behandlung mit extrem thermophilen Mikroorganismen beseitigen bzw. zumindest stark reduziert. Da es sich bei den im erfindungsgemäßen Verfahren eingesetzten Bakterien ferner um anaerobe und/oder fakultativ anaerobe und/oder mi- kroaerophile Bakterien handelt, funktioniert das Verfahren unter Ausschluss von Sauerstoff bzw. bei sehr geringen Sauerstoffkonzentrationen. Dadurch werden die oben beschriebenen Nachteile der mikrobiellen Oxidationsver- fahren vermieden.

Das Wirkprinzip dieser Behandlung der Gummipartikel nach dem erfin- dungsgemäßen Verfahren besteht darin, dass Mikroorganismen die Schwe- felbrücken des vulkanisierten Gummis an der Partikeloberfläche aufbrechen und den Schwefel teilweise oder vollständig reduzieren, ohne dabei die Po- lymerketten der Elastomere zu schädigen. Durch das erfindungsgemäße Ver- fahren werden aktivierte Gummipartikel erzeugen, die im Vergleich zu nicht aktivierten Gummipartikeln über ein hohes Vulkanisationsvermögen verfü- gen. Dadurch wird es möglich, unter Verwendung derartig aktivierter Gum- mipartikel, insbesondere in Form von Gummimehlen und Gummigranulaten, Produkte hoher Qualität zu erzeugen.

Die Behandlung der Gummipartikel bei dem Verfahren gemäß der Erfindung kann mikrobiell und/oder enzymatisch sein. Im Falle eines enzymatischen Verfahrens erfolgt die Behandlung insbesondere ausschließlich mit dem, vorzugsweise von den Bakterien isolierten, Enzymsystem der Bakterien.

Unter mikrobieller Behandlung wird dabei verstanden, dass die Bakterien selbst in Kontakt (Wechselwirkung) mit der Oberfläche der Gummipartikel treten. Bei einer enzymatischen Behandlung hingegen erfolgt die Behand-

lung, d. h. das Aufbrechen der Schwefelbrücken und/oder die Schwefelreduk- tion, nur mit dem bzw. den Enzymsystem (en) der Bakterien.

Im Einzelnen kann bei einer enzymatischen Behandlung folgendermaßen vorgegangen werden : Zunächst werden die Bakterien in einer Vorkultur ohne Kontakt mit den zu behandelnden schwefelvernetzten Gummipartikeln unter Verwendung eines anderen Schwefelsubstrates, beispielsweise elementarem Schwefel, vermehrt. Anschließend werden die Bakterien zerstört und das Enzymsystem wird durch allgemein bekannte Verfahren isoliert (geerntet).

Die Behandlung der schwefelvernetzten Gummipartikel erfolgt dann aus- schließlich mit dem isolierten Enzymsystem.

Es ist aber auch möglich, dass die Bakterien das Enzymsystem in situ produ- zieren, d. h. das für die enzymatische Behandlung erforderliche Enzymsystem wird nicht vorab isoliert.

Zweckmäßigerweise enthält das Medium zur Behandlung der Gummipartikel Wasser, Nährstoffe, Kohlenstoffquelle und Bakterien oder besteht daraus und ist damit eine Suspension. Ein vorteilhafte Weiterbildung sieht vor, dass die Konzentration des Gummipartikelmaterials im Medium im Wesentlichen unter 35 Massenprozent gehalten wird. Höhere Gummipartikelkonzentratio- nen bewirken Probleme bei der Durchmischung der Reaktionsmasse, bei der Stoffübertragung und beim Wachstum der Bakterien, beispielsweise aufgrund zu hoher Konzentrationen an toxischen chemischen Substanzen, insbesonde- re aus Alterungsschutzmitteln.

Ferner kann vorgesehen sein, dass das Medium zum Abbau von Temperatur- und/oder Konzentrationsgradienten durchmischt wird. Vorzugsweise wird die Durchmischung schonend vorgenommen, beispielsweise mittels eines Rührwerks.

Eine weitere zweckmäßige Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens sieht vor, dass die Behandlung unter anaeroben oder mikroaerophilen Bedingun- gen erfolgt. Ferner kann vorgesehen sein, dass die Behandlung im Wesentli- chen bei Temperaturen unterhalb von 90 °C, insbesondere unterhalb von 50 °C, vorzugsweise innerhalb eines für mesophile Bakterien optimalen

Temperaturbereichs, der bei etwa 20 bis 45 °C liegt, erfolgt. Vorteilhafter- weise erfolgt die Behandlung bei Temperaturen in einem Bereich von 33 bis 37°C.

Dadurch wird die Behandlung der Gummipartikel insgesamt unter Bedin- gungen vorgenommen, die optimal an die Lebensbedingungen der mesophi- len anaeroben und/oder mesophilen fakultativ anaeroben und/oder me- sophilen mikroaerophilen Bakterien angepasst sind. Ferner lassen sich da- durch weitestgehend die eingangs angesprochenen Nachteile der bekannten Verfahren verhindern.

Gemäß einer Weiterbildung des Verfahrens liegt der pH-Wert im Bereich von 5 bis 9, insbesondere von 6 bis 8. Ferner kann die Verweilzeit der Gummipartikel im Bereich von 4 bis 8 Tagen, insbesondere von 5 bis 7 Ta- gen, vorzugsweise bei etwa 6 Tagen, liegen.

Optimale Entschwefelungserfolge wurden insbesondere erzielt unter Einhal- tung folgender Prozessparameter und Bedingungen : Prozesstemperatur : 33 bis 37°C pH-Wert : 6 bis 8 Durchmischungsregime : schonende Durchmischung mit Hilfe eines Rührwerks Mittlere Verweilzeit : 6 Tage Korngröße der Gummipartikel : 0,2 bis 0,4 mm Eine zweckmäßige Weiterbildung des Verfahrens gemäß der Erfindung sieht vor, dass es sich bei den in dem Medium und/oder zur Produktion des En- zymsysteins eingesetzten Bakterien um zur Schwefelatmung, d. h. Schwefel- reduktion, befähigte Bakterien handelt.

In Untersuchungen wurde festgestellt, dass nach einer entsprechenden Adap- tationsphase unterschiedliche anaerobe oder fakultativ anaerobe oder mikro- aerophile mesophile Bakterien in der Lage sind, die Schwefelbrücken im vul- kanisierten Gummi zu brechen und den Schwefel zu reduzieren. Positive Resultate wurden u. a. erzielt mit den Bakterien Desulfuromonas thiophila,

Desulfuromonas palmitatis, Sulfurospirillum deleyianum und Desulfuromo- nas acetoxidans. Vorteilhafterweise werden daher Bakterien eingesetzt, die im Wesentlichen einem oder mehreren dieser Bakterienstämme angehören.

Ferner kann es sich bei allen oder einigen der Bakterien um Mischpopulatio- nen handeln.

Sehr gute Entschwefelungsraten ergaben sich durch den Einsatz einer anae- roben, mesophilen Mischpopulation, die neben den schwefelteduzierenden Bakterien über signifikante Anteile methanogener Bakterien verfügt. Diese Population wurde aus einem Flusssediment (Saale) isoliert und zeichnet sich durch eine besondere Stabilität aus.

Eine Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass es sich bei den zu behan- delten Gummipartikeln im Wesentlichen um ein Gummipulver und/oder ein Gummimehl und/oder ein Gummigranulat handelt. Unter Gummipulver und Gummigranulat ist dabei ein Material mit einem Partikeldurchmesser von weniger als 1 mm zu verstehen, unter Gummigranulat ein Material mit einem Partikeldurchmesser zwischen ca. 1 mm und 5 mm. Zweckmäßig und vor- teilhaft ist, wenn die Partikelgröße der zu behandelnden Gummipartikel im Bereich von 0,1 bis 0,6 mm, insbesondere von 0,2 bis 0, 4 mm, liegt, d. h. wenn es sich um Gummipulver bzw. Gummimehl handelt.

Zweckmäßigerweise ist gemäß einer Weiterbildung vorgesehen, dass die zu behandelten Gummipartikeln im Wesentlichen Gummipartikel aus schwefel- vernetzten Gummitypen oder aus Verbundwerkstoffen auf Grundlage von schwefelvernetzen Gummitypen sind. Das erfindungsgemäße Verfahren ist grundsätzlich für die Oberflächenaktivierung und/oder Oberflächendevulka- nisation aller schwefelvernetzten Gummitypen, z. B. SBR (Styrol/Butadien- Elastomar), NR (Naturgummi), NBR (Acrylnitril/Butadien-Elastomer, Ni- trilgummi) und EPDM (Ethylen/Propylen/Dien-Elastomer), geeignet.

Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung sind die Gummipartikel aus Alt- gummi (z. B. Altreifen, technische Gummierzeugnisse wie Dichtungen, Profi- le, Gummiformteile, Förderbänder) und/oder Abfallgummi (Produktionsab- fälle der gummierzeugenden und gummiverarbeitenden Industrie) entstan-

den. Auf diese Weise dient das erfindungsgemäße Verfahren zur Aufberei- tung von Alt-und/oder Abfallgummi.

Eine weitere Ausführungsform sieht vor, dass die zu behandelnden Gummi- partikel in einem Zerkleinerungsverfahren hergestellt sind, insbesondere ei- nem Schälverfahren und/oder einer Warmvermahlung und/oder einer Kalt- vermahlung und/oder einer kryogenen Mahlung und/oder einer Nassver- mahlung. Besonders vorteilhaft ist dabei, wenn bei dem Zerkleinerungsver- fahren zur Herstellung der Gummipartikel die Temperatur der Gummiparti- kel so niedrig bleibt, insbesondere im Wesentlichen kleiner als 90 °C, dass eine thermooxidative Degradation der Gummipartikel weitestgehend vermie- den wird.

Eine besonders vorteilhafte Weiterbildung des erfindungsgemäßen Verfah- rens sieht vor, dass die Oberflächenaktivierung und/oder Oberflächendevul- kanisation im Wesentlichen auf die Gummipartikeloberfläche und/oder oberflächennahe Schichten beschränkt ist, um die werkstofflichen Eigen- schaften der Hauptmasse des Gummipartikelmaterials nicht zu verändern.

Die oberflächennahen Schicht sollte dabei höchstens 300 nm dick sein. Dies bedeutet, dass die Wirkung der mesophilen Entschwefelung bewusst auf die Partikeloberfläche und/oder oberflächennahen Schichten beschränkt wird.

Zweckmäßigerweise erfolgt die Behandlung der Gummipartikel in einem Bioreaktor. Ein Bioreaktor ist ein Apparat zur reproduzierbaren und kon- trollierten Durchführung von Stoffumwandlungen mit Mikroorganismen.

Ferner kann vorgesehen sein, dass die Zugabe der zu behandelnden Gummi- partikel in den Bioreaktor und/oder die Entnahme der behandelten Gummi- partikel aus dem Bioreaktor kontinuierlich oder quasikontinuierlich oder dis- kontinuierlich erfolgt. Alternativ oder additiv kann ferner vorgesehen sein, dass der Bioreaktor so betrieben wird, dass bei der Entnahme der behandel- ten Gummipartikel aus dem Bioreaktor keine oder nur geringe Mengen des Bakterien und/oder Enzyme enthaltenden Mediums zur Behandlung der Gummipartikel mit ausgetragen werden und/oder mit Luftsauerstoff in Be- rührung kommen. Dies kann erreicht werden durch Sedimentation und an- schließende Ausschleusung des Gummipartikelmaterials unter anaeroben Bedingungen.

Zweckmäßigerweise werden bei dem Verfahren die in den Gummipartikeln enthaltenen Schwefelbrücken durch die Behandlung wenigstens teilweise aufgebrochen und der Schwefel in ein oder mehrere gasförmige Reaktions- produkte übergeführt. Eines der gasförmigen Reaktionsprodukte kann Schwefelwasserstoff sein. Eine besonders vorteilhafte Weiterentwicklung sieht vor, dass der bei der Behandlung der Gummipartikel gebildete Schwe- felwasserstoff kontinuierlich oder quasikontinuierlich aus der Gasphase aus- geschleust wird. Dadurch lässt sich eine Hemmungen und/oder Vergiftungen der Bakterien vermeiden.

Eine vorteilhafte Weiterbildung des Verfahrens gemäß der Erfindung sieht vor. dass die behandelten Gummipartikel nach der Behandlung insbesondere zur Verringerung einer Salzlast mit Wasser gewaschen und anschließend schonend getrocknet werden, insbesondere im Wesentlichen bei Temperatu- ren unter 90° C.

Eine weitere Ausgestaltung sieht vor, dass durch die Behandlung oberflä- chenaktivierte Gummipartikel, insbesondere Gummimehle, erzeugt werden, die zur Herstellung von Gummiprodukten verwendet werden. Dabei können diese neuen Gummiprodukte entweder im Wesentlichen nur aus behandelten, oberflächenaktivierten Gummipartikeln oder aus den oberflächenaktivierten Gummipartikeln und zugemischtem Frischgummi, insbesondere durch che- mische Vernetzung, hergestellt werden.

Ferner kann vorgesehen sein, dass durch die Behandlung oberflächenakti- vierte Gummipartikel, insbesondere Gummimehle, erzeugt werden, die zur Herstellung von Elastomerlegierungen, insbesondere durch Phasenkopplung mit Kunststoffen, vorzugsweise Polypropylen (PP) und/oder Polyurethan (PU), verwendet werden.

Neben der Verbesserung der werkstofflichen Eigenschaften der auf diese Weise hergestellten Gummiprodukte bewirkt die Verwendung derart oberflä- chenaktivierter Gummipartikel auch eine Reduktion der spezifischen Pro- duktkosten.

Beispielsweise führt die Zumischung eines nach dem Verfahren gemäß der Erfindung aktivierten Altgummimehls zu Frischkautschuk im Vergleich zur Zumischung von unbehandelten Mehlen zu einer signifikanten Verbesserung der werkstofftechnischen Parameter des sich ergebenden Produkts, insbe- sondere des Spannungs-Dehnungsverhaltens, des Weiterreißwiderstandes und der Rückprallelastizität. Ferner lässt sich feststellen, dass durch Com- poundieren von derart aktivierten Altreifenmehlen und EPDM-Mehlen mit Thermoplasten-insbesondere mit Polypropylenen-Werkstoffe entstehen, deren mechanisch-physikalischen Eigenschaften denen von thermoplasti- schen Elastomeren nahe kommen. Insbesondere ist eine Verbesserung der Elastizität im Vergleich zum Einsatz von vergleichbaren unbehandelten Alt- gummimehlen festzustellen. Dies deutet darauf hin, dass es zu einer intensi- ven Interdiffusion der Ketten der Polymerphase und der Elastomerphase und wahrscheinlich auch zu einer chemischen Vernetzung beider Phasen kommt (intensive Phasenkopplung).

Im folgenden wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels weiter erläutert.

Ein kryogen gemahlenes EPDM-Gummimehl, mit einer Korngröße kleiner 0,4 mm, wird unter anaeroben Bedingungen mikrobiell oberflächendevulka- nisiert. Bei einer Aktivierungsdauer von 8 Tagen wird ein Entschwefelungs- grad des Gummis von ca. 4 % erreicht. Das mikrobiell aktivierte Gummi- mehl und nicht aktiviertes Gummimehl der gleichen Ausgangsprobe werden jeweils mit EPDM-Frischgummi im Verhältnis 1 : 1 gemischt und vulkani- siert.

Die Zugfestigkeit und die Reißdehnung der jeweiligen Endprodukte sowie- zum Vergleich-von EPDM-Frischgummi sind in folgender Tabelle darge- stellt : Endprodukt vulkanisiert aus : Zugfestigkeit Reißdehnung in MPa in % EPDM-Frischgurnmi 28 595 (ohne Gummimehlzumischung) 50 % EPDM-Frischgummi 25 555 + 50 % aktiviertes Gummimehl 50 % EPDM-Frischgummi 17,5 385 + 50 % nicht aktiviertes Gummimehl

Der Vergleich der angegebenen Werte für die signifikanten Werkstoffpara- meter Zugfestigkeit und Reißdehnung zeigt eindeutig, dass eine erfindungs- gemäße Behandlung von Gummipartikeln, d. h. im betrachteten Beispiel eine mikrobiell unter anaeroben Bedingungen durchgeführte Aktivierung von Gummimehl, zu einer erheblichen Verbesserung der Werkstoffeigenschaften im Vergleich zu nicht behandelten Gummipartikeln führt.

Ingesamt weisen somit die gemäß dem Verfahren nach der Erfindung behan- delten, aktivierten Gummipartikel im Vergleich zu unbehandelten Gummi- partikeln ein verbessertes Vulkanisationsverhalten auf und gestattet dadurch die Herstellung hochwertiger Produkte.