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Patent Searching and Data


Title:
PROPHYLAXIS AND TREATMENT OF A HUMAN PAPILLOMAVIRUS (HPV) INFECTION OF THE CERVIX
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2021/001365
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a pharmaceutical composition for the prophylaxis and/or treatment of a human papillomavirus (HPV) infection of the cervix, a related new use, an ex vivo method for predicting the chances of recovery of an HPV infection of the cervix, a new biomarker for predicting the occurrence and/or development of a cervical intraepithelial neoplasia and/or of a cervical carcinoma and of the chances of recovery of an HPV infection of the cervix, and to a method for the prophylaxis and/or treatment of an HPV infection of the cervix.

Inventors:
WILLMANN MATTHIAS (DE)
IFTNER THOMAS (DE)
Application Number:
PCT/EP2020/068396
Publication Date:
January 07, 2021
Filing Date:
June 30, 2020
Export Citation:
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Assignee:
UNIV TUEBINGEN MEDIZINISCHE FAKULTAET (DE)
International Classes:
A61K31/7016; A61K9/00; A61K45/06; A61P31/20; G01N33/00
Other References:
SELVARAJ AROKIYARAJ ET AL: "Association of cervical microbial community with persistence, clearance and negativity of Human Papillomavirus in Korean women: a longitudinal study", SCIENTIFIC REPORTS, vol. 8, no. 1, 19 October 2018 (2018-10-19), XP055732534, DOI: 10.1038/s41598-018-33750-y
WEIJIAO GAO ET AL: "Comparison of the vaginal microbiota diversity of women with and without human papillomavirus infection: a cross-sectional study", BMC INFECTIOUS DISEASES, BIOMED CENTRAL, LONDON, GB, vol. 13, no. 1, 10 June 2013 (2013-06-10), pages 271, XP021153009, ISSN: 1471-2334, DOI: 10.1186/1471-2334-13-271
KAI-TAO HU ET AL: "Directed shift of vaginal microbiota induced by vaginal application of sucrose gel in rhesus macaques", INTERNATIONAL JOURNAL OF INFECTIOUS DISEASES, vol. 33, 1 April 2015 (2015-04-01), CA, pages 32 - 36, XP055733159, ISSN: 1201-9712, DOI: 10.1016/j.ijid.2014.12.040
DATABASE BIOSIS [online] BIOSCIENCES INFORMATION SERVICE, PHILADELPHIA, PA, US; August 2010 (2010-08-01), ZENG ZHONG-MING ET AL: "Directed shift of vaginal flora after topical application of sucrose gel in a phase III clinical trial: a novel treatment for bacterial vaginosis", XP002800443, Database accession no. PREV201000530936
MICHAEL G. GÄNZLE ET AL: "Metabolism of Oligosaccharides and Starch in Lactobacilli: A Review", FRONTIERS IN MICROBIOLOGY, vol. 3, 1 January 2012 (2012-01-01), Lausanne, XP055642872, ISSN: 1664-302X, DOI: 10.3389/fmicb.2012.00340
HU ET AL.: "Directed shift of vaginal microbiota induces by vaginal application of sucrose gel in rhesus macaques", INTERNATIONAL JOURNAL OF INFECTIOUS DISEASES, vol. 33, 2015, pages 32 - 36
ROWE ET AL.: "Handbook of Pharmaceutical Excipients", 2012, PHARMACEUTICAL PRESS
BAUER ET AL.: "Lehrbuch der pharmazeutischen Technologie", 2017, WISSENSCHAFTLICHE VERLAGSGESELLSCHAFT STUTTGART MBH
Attorney, Agent or Firm:
WITTE, WELLER & PARTNERPATENTANWÄLTE MBB (DE)
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Claims:
Patentansprüche

1. Pharmazeutische Zusammensetzung zur Prophylaxe und/oder Behandlung einer Infektion der Zervix mit Humanen Papillomviren (HPV) mit zumindest einem Wirk stoff zur Förderung des Vorhandenseins im Mikrobiom von Lactobacillus sp. mit dem Stoffwechselweg PWY-621 , sowie einem pharmazeutisch akzeptablen Trä ger.

2. Pharmazeutische Zusammensetzung nach Anspruch 1 , dadurch gekennzeichnet, dass es sich um Humane Papillomviren (HPV) eines Hochrisikotyps handelt (HR- HPV).

3. Pharmazeutische Zusammensetzung, dadurch gekennzeichnet, dass es sich um eine persistente Infektion der Zervix handelt.

4. Pharmazeutische Zusammensetzung nach einem der vorherigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei dem Mikrobiom um das Zervix- und/oder Vaginal-Mikrobiom handelt.

5. Pharmazeutische Zusammensetzung nach einem der vorherigen Ansprüche mit einer Formulierung zur intra-vaginalen Applikation.

6. Pharmazeutische Zusammensetzung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass es sich um bei der Formulierung um eine solche handelt, die ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus: Gel, Creme, Salbe.

7. Pharmazeutische Zusammensetzung nach einem der vorherigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der zumindest eine Wirkstoff Saccharose ist.

8. Verwendung eines Wirkstoffs zur Förderung des Vorhandenseins im Mikrobiom von Lactobacillus sp. mit dem Stoffwechselweg PWY-621 zur Prophylaxe und/oder Behandlung einer Infektion der Zervix mit Humanen Papillomviren (HPV).

9. Verfahren ex vivo zur Prognose der Heilungswahrscheinlichkeit einer Infektion der Zervix mit Humanen Papillomviren (HPV), mit folgenden Schritten:

- Bereitstellung einer biologischen Mikrobiom-Probe einer Patientin, vorzugswei se einen Zervix- und/oder Vaginalabstrich,

- Untersuchung der Probe auf das Vorhandensein von Lactobacillus sp. mit dem Stoffwechselweg PWY-621 , und

- prognostizieren einer i) hohen Heilungswahrscheinlichkeit bei einem Vorhandensein von Lacto bacillus sp. mit dem Stoffwechsel weg PWY-621 , oder ii) niedrigen Heilungswahrscheinlichkeit bei einer Abwesenheit von Lacto bacillus sp. mit dem Stoffwechsel weg PWY-621 .

10. Verfahren ex vivo zur Prognose der Entstehung und/oder Entwicklung einer

zervikalen intraepithelialen Neoplasie (CIN) und/oder eines Zervixkarzinoms, mit folgenden Schritten:

- Bereitstellung einer biologischen Mikrobiom-Probe einer Patientin, vorzugswei se einen Zervix- und/oder Vaginalabstrich,

- Untersuchung der Probe auf das Vorhandensein von Lactobacillus sp. mit dem Stoffwechselweg PWY-621 , und - prognostizieren einer i) geringen Wahrscheinlichkeit bei einem Vorhandensein von Lactobacillus sp. mit dem Stoffwechselweg PWY-621 , oder ii) erhöhten bis hohen Wahrscheinlichkeit bei einer Abwesenheit von Lac tobacillus sp. mit dem Stoffwechselweg PWY-621.

1 1. Verwendung von Lactobacillus sp. mit dem Stoffwechsel weg PWY-621 als Bio marker zur Prognose der Heilungswahrscheinlichkeit einer Infektion der Zervix mit Humanen Papillomviren (HPV).

12. Verfahren zur Prophylaxe und/oder Behandlung einer Infektion der Zervix mit Humanen Papillomviren (HPV), das die Applikation in ein Lebewesen von zumin dest einem Wirkstoff zur Förderung des Vorhandenseins im Mikrobiom von Lacto bacillus sp. mit dem Stoffwechsel weg PWY-621 umfasst.

13. Verfahren nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass die Applikation intra vaginal erfolgt.

14. Verfahren nach Anspruch 12 oder 13, gekennzeichnet durch die Applikation der pharmazeutischen Zusammensetzung nach einem der Ansprüche 1 -7 und/oder Saccharose.

Description:
Prophylaxe und Behandlung einer Infektion der Zervix mit Humanen Papillomviren (HPV)

[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine pharmazeutische Zusammensetzung zur

Prophylaxe und/oder Behandlung einer Infektion der Zervix mit Humanen Papillomviren (HPV), eine damit im Zusammenhang stehende neue Verwendung, ein Verfahren ex vivo zur Prognose der Heilungswahrscheinlichkeit einer Infektion der Zervix mit HPV, einen neuen Biomarker zur Prognose der Entstehung und/oder Entwicklung einer zervikalen intraepithelialen Neoplasie und/oder eines Zervixkarzinoms sowie der Heilungswahr scheinlichkeit einer Infektion der Zervix mit HPV, und ein Verfahren zur Prophylaxe und/oder Behandlung einer Infektion der Zervix mit HPV.

[0002] Humane Papillomviren (HPV, auch humane Papillomaviren, englisch human

papillomaviruses) bilden eine Gruppe von DNA- Viren, die in mittlerweile mehr als 100 verschiedene Typen eingeteilt werden. Die HPV sind unbehüllte, doppelsträngige DNA- Viren (dsDNA) und gehören zur Familie der Papillomaviridae und den Gattungen Alpha- papillomavirus, Betapapillomavirus und Gammapapillomavirus. Sie infizieren Epithelzellen der Haut und verschiedener Schleimhäute und können bei den infizierten Zellen ein unkontrolliertes tumorartiges Wachstum hervorrufen.

[0003] Einige HPV-Typen können jedoch auch bösartige Veränderungen hervorrufen. So kann es bei Frauen bei persistierenden Infektionen der Zervix mit HPV von über 12-24 Monaten zu hochgradigen Schleimhautveränderungen sowie einer zervikalen intraepithelialen Neoplasie (CIN) und letztlich zur Entstehung eines Zervixkarzinoms kommen.

[0004] Eine spezifische Papillomvirustherapie gibt es gegenwärtig nicht.

[0005] In Deutschland wird nach einer neuen Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses

(GbA) ab 2020 Frauen ab dem 35. Lebensjahr eine Zervixkarzinom- Vorsorgeuntersuchung angeboten, die aus einem HPV-Test und einer zytologischen Untersuchung der Zervixschleimhaut besteht. Frauen, die HPV-positiv mit einem Hochri siko-Virus (HR-HPV) und zytologisch auffällig sind, werden weiter abgeklärt. Frauen, die HPV-negativ und zytologisch unauffällig sind, werden in 3 Jahren wieder zur nächsten Screening-Untersuchung einbestellt.

[0006] Hinsichtlich des weiteren Vorgehens bei Frauen, die HR-HPV-positiv, aber zytologisch unauffällig sind, wird wahrscheinlich eine erneute Ko-testung nach 12 Monaten durchge- führt. Diese Strategie birgt allerdings Risiken für die Frau und für die Kosteneffizienz des Screenings. In den meisten Fällen heilt die HR-HPV-lnfektion spontan ab, sodass keine erhöhte Gefahr besteht, dass sich ein Zervixkarzinom ausbildet. Diese Frauen müssen allerdings 12 Monate auf ein negatives Ergebnis warten, was eine erhöhte psychische Belastung darstellt. Im Falle einer bereits vorliegenden persistenten Infektion bei der ersten HPV-Testung kann nicht bestimmt werden, wie lange schon eine persistente Infektion vorliegt oder ob es zu einer spontanen Abheilung kommen kann. Bei einer über 24 Monate andauernden Persistenz der HR-HPV-lnfektion besteht eine erhöhte Gefahr zur Entwicklung einer Krebsvorstufe bzw. einer CIN mittel- (CIN II) bzw. hochgradigen Ausmaßes (CIN III), die unentdeckt sich zum Zervixkarzinom entwickeln kann.

[0007] Es besteht deshalb der Bedarf an einer frühzeitigen auch prophylaktischen

nebenwirkungsarmen Behandlungsmöglichkeit von HPV-lnfektionen, insbesondere persistierenden HR-HPV-lnfektionen, ohne dass es bereits zu einer krankhaften Verände rung der Zervix gekommen ist. Auch therapeutische Maßnahmen gegen eine CIN mittel- (CIN II) bzw. hochgradigen Ausmaßes (CIN III) und ein bereits entwickeltes Zervixkarzi nom sind von Nöten. [0008] Diese Aufgabe wird gelöst mit der Bereitstellung einer pharmazeutischen

Zusammensetzung zur Prophylaxe und/oder Behandlung einer Infektion der Zervix mit Humanen Papillomviren (HPV), die zumindest einen Wirkstoff zur Förderung des Vorhan denseins von Lactobacillus sp. mit dem Stoffwechselweg PWY-621 im Mikrobiom auf weist, sowie einem pharmazeutisch akzeptablen Träger.

[0009] Die Erfinder haben eine große Anzahl von HPV-positiven Frauen untersucht. Dabei haben sie erkannt, dass HPV-positive Frauen, bei welchen die Infektion spontan abheilt, im Vergleich zu solchen, bei denen die Infektion persistiert, über eine wesentlich höhere Anzahl von Laktobazillen verfügen, welche durch den Stoffwechselweg PWY-621 charak terisiert sind.

[0010] Die Erfinder konnten weiterhin feststellen, dass Maßnahmen, welche das Vorhandensein sowie die Kultivierung von Lactobacillus sp. mit dem Stoffwechselweg PWY-621 im Mikrobiom fördern, prophylaktisch und therapeutisch bei einer Infektion der Zervix mit HPV genutzt werden könne. Solche Maßnahme können bspw. die Applikation von selek tiven Nährstoffen für das in Rede stehende Bakterium sein, z.B. über die Vaginalschleim haut.

[0011] Die neue pharmazeutische Zusammensetzung ist nebenwirkungsarm, preiswert und

einfach herstellbar, auch unter GMP-Bedingungen.

[0012] Diese Erkenntnisse waren überraschend und so nicht zu erwarten.

[0013] So ist bekannt, dass über die vaginale Verabreichung von Saccharose-Gel bei Rhesus-

Affen das vaginale Mikrobion verändert werden kann; siehe Hu et al. (2015), Directed shift of vaginal microbiota induces by vaginal application of sucrose gel in rhesus macaques, International Journal of Infectious Diseases 33, S. 32-36. Es wurde auch gezeigt, dass sich durch die vaginale Applikation von Saccharose bei Patientinnen, die von bakteriellen Vaginosen betroffen waren, die normale Vaginalflora wiederherstellen lässt. Es wurde deshalb vorgeschlagen, vaginal appliziertes Saccharose-Gel zur Behandlung von bakteri ellen Vaginosen einzusetzen; Zeng et al. (2010), Directed shift of vaginal flora after topical application of sucrose gel in a phase III clinical trial: a novel treatment for bacterial vagi- nosis.

[0014] Eine prophylaktische und/oder therapeutische Eignung eines Wirkstoffes bei viralen

Infektionen, insbesondere solchen mit HPV bzw. HR-HPV, wird im Stand der Technik nicht beschrieben.

[0015] Lactobacillus sp. ist eine Gattung von grampositiven, meist stäbchenförmigen Bakterien aus der Familie der Lactobacillaceae. Lactobacillus gehört zusammen mit anderen Bakteriengattungen zu den Milchsäurebakterien. Sie alle erzeugen durch Gärung Milch säure. Bezüglich ihrer Merkmale bilden die Vertreter der Gattung Lactobacillus keine einheitliche Gruppe, daher werden einzelne Arten in Untergruppen zusammengefasst. Innerhalb der Systematik lässt sich beobachten, dass einzelne Arten neu hinzukommen oder nicht mehr der Gattung angehören. Dies führte 2009 zu einer erweiterten Beschrei bung der Gattung.

[0016] Lactobacillus sp. mit dem Stoffwechselweg PWY-621 ist durch einen Stoffwechselweg charakterisiert, der in der Fachwelt auch als "sucrose degradation III (sucrose invertase)" bezeichnet wird. Durch diesen Stoffwechselweg sind die Bakterien in der Lage, das Disaccharid Saccharose abzubauen und zu verwerten. Über diese Fähigkeit verfügen nicht alle Laktobazillen. "PWY-621 " ist hierbei der sog. MetaCyc Link, über den der in Rede stehende Stoffwechselweg und Organismen, die über diesen Stoffwechselweg verfügen, in der "MetaCyc"-Datenbank aufgefunden werden können

(http://metacyc.ai.sri.com/).

[0017] "Förderung des Vorhandenseins" bedeutet erfindungsgemäß, dass die

Zusammensetzung entweder eine Neukultivierung von Lactobacillus sp. PWY-621 im Mikrobiom bewirkt oder aber dort bereits vorhandenen Lactobacillus sp. PWY-621 in seiner Menge und/oder Konzentration erhöht. Dabei haben die Erfinder festgestellt, dass sich die Wirksamkeit der Prophylaxe und/oder Behandlung einer Infektion der Zervix mit Humanen Papillomviren (HPV) mit Zunahme der Konzentration und/oder Menge von Lactobacillus sp. PWY-621 verbessert. [0018] Erfindungsgemäß umfasst die Prophylaxe und/oder Behandlung einer Infektion der Zervix mit Humanen Papillomviren (HPV) auch die Prophylaxe und/oder Behandlung der Entste hung und/oder Entwicklung einer zervikalen intraepithelialen Neoplasie (CIN) und/oder eines Zervixkarzinoms.

[0019] Pharmazeutisch akzeptable Träger sind im Stand der Technik hinreichend bekannt. Sie umfassen bspw. Bindemittel, Sprengmittel, Füllmittel, Gleitmittel sowie Puffer, Salze und sonstige zur Formulierung von Arzneimitteln geeignete Substanzen; vgl. Rowe et al. (2012), Handbook of Pharmaceutical Excipients, 7 th Edition Pharmaceutical Press; oder Bauer et al. (2017), Lehrbuch der pharmazeutischen Technologie, 10. Auflage, Wissen schaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart mbH. Der Inhalt der vorliegenden Publikationen ist durch Inbezugnahme Bestandteil der vorliegenden Anmeldung.

[0020] Nach einer Ausführungsform der erfindungsgemäßen pharmazeutischen

Zusammensetzung handelt es sich bei den HPV um solche eines Hochrisikotyps (HR- HPV).

[0021] Durch diese Maßnahme wird die pharmazeutische Zusammensetzung für die Formen der

HPV-lnfektion angepasst, die pathologisch besonders relevant sind und für die betroffe nen Frauen ein entscheidendes Risiko für die Entwicklung einer CIN mittel- (CIN II) bzw. hochgradigen Ausmaßes (CIN III) und letztlich eine Erkrankung an Zervixkarzinomen darstellen.

[0022] Zu den Hochrisiko-HPV gehören vor allem HPV 16, 18, 31 und 33, aber auch 35, 39, 45,

51 , 52, 56, 58, 59, 68, 73 und 82. Bei beinahe jedem Auftreten eines Zervixkarzinoms ist mindestens eine der Hochrisiko-HPV-Gruppen in einem HPV-Screening nachweisbar. Auch HPV 26, 53 und 66 werden häufig und erfindungsgemäß zu den Hochrisiko-HPV- Formen gezählt.

[0023] In einer Ausführungsform der Erfindung ist die pharmazeutische Zusammensetzung zur

Prophylaxe und/oder Behandlung einer persistenten Infektion der Zervix mit HPV ausge bildet. [0024] Durch diese Maßnahme wird erstmals eine pharmazeutische Zusammensetzung

bereitgestellt, die bei positivem HR-HPV und gleichzeitiger unauffälliger Zervixschleimhaut routinemäßig bereits prophylaktisch zum Einsatz kommen kann. Im Stand der Technik werden derartige Frauen i.d.R. 12 Monate nach dem Befund erneut getestet, um zu ermitteln, ob eine spontane Abheilung erfolgt ist. Eine prophylaktische Behandlung erfolgt jedoch meist nicht, obgleich nicht bestimmt werden kann, wie lange schon eine persisten te Infektion vorliegt. Bei einer über 24 Monate andauernden Persistenz der HR-HPV- Infektion besteht jedoch eine erhöhte Gefahr zur Entwicklung einer Krebsvorstufe (CIN II bzw. CIN III, allgemein CIN II+), die unentdeckt sich zum Zervixkarzinom entwickeln kann. Diese Strategie bedeutet eine hohe psychische Belastung und ein erhebliches Risiko für die Patientin. Hier schafft die Erfindung Abhilfe, da nun bereits nach der ersten Diagnose auf risikoarme Art und Weise eine prophylaktische Behandlung erfolgen kann.

[0025] Erfindungsgemäß bedeutet "persistente Infektion" oder "Persistenz", dass die Infektion bereits über einen längeren Zeitraum vorliegt, nämlich mindestens 24 Monate (> 24 Monate).

[0026] Nach einer Ausgestaltung der Erfindung ist die erfindungsgemäße pharmazeutische

Zusammensetzung zur Förderung des Vorhandenseins von Lactobacillus sp. mit dem Stoffwechselweg PWY-621 im Zervix- und/oder Vaginal-Mikrobiom ausgebildet.

[0027] Durch diese Maßnahme wird erfindungsgemäß zielgerichtet auf das Mikrobiom

eingewirkt, welches einen protektiven Effekt gegenüber HPV-lnfektionen aufweist. Die erfindungsgemäße pharmazeutische Zusammensetzung wird dadurch besonders wirk sam, indem sie die Selbstheilungskräfte des Organismus fördert.

[0028] Nach einer Ausgestaltung der Erfindung weist die pharmazeutische Zusammensetzung eine Formulierung zur intra-vaginalen Applikation auf.

[0029] Mit dieser Maßnahme erfolgt eine solche Verabreichung der erfindungsgemäßen

pharmazeutischen Zusammensetzung, mit der die Entfaltung der Wirksamkeit am Ort bzw. in der Nähe der Krankheitsentstehung sichergestellt wird. [0030] In einer Ausführungsform der Erfindung handelt es sich bei der Formulierung um eine solche, die ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus: Gel, Creme, Salbe.

[0031] Bei dieser Maßnahme kommen Formulierungen zur Anwendung, die sich zur intra

vaginalen Applikation besonders bewährt haben.

[0032] In einer bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung handelt es sich bei dem zumindest einen Wirkstoff um Saccharose.

[0033] Die die Erfinder feststellen konnten, führt die Applikation von Saccharose zu einer

selektiven Anreicherung von Lactobacillus sp. mit dem Stoffwechselweg PWY-621 im Mikrobiom der Patientin, so dass sich dieser Wirkstoff für die Erfindung besonders eignet.

[0034] Vor diesem Hintergrund betrifft ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung die

Verwendung eines Wirkstoffs zur Förderung des Vorhandenseins im Mikrobiom von Lactobacillus sp. mit dem Stoffwechselweg PWY-621 zur Prophylaxe und/oder Behand lung einer Infektion der Zervix mit Humanen Papillomviren (HPV).

[0035] Die Merkmale, Eigenschaften, Vorteile und Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen

Zusammensetzung gelten für die erfindungsgemäße Verwendung gleichermaßen.

[0036] Ein weitere Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft ein Verfahren ex vivo zur

Prognose der Heilungswahrscheinlichkeit einer Infektion der Zervix mit HPV, mit folgen den Schritten:

Bereitstellung einer biologischen Mikrobiom-Probe einer Patientin, vor zugsweise von einem Zervix- und/oder Vaginalabstrich,

Untersuchung der Probe auf das Vorhandensein von Lactobacillus sp. mit dem Stoffwechselweg PWY-621 , und prognostizieren einer i) hohen Heilungswahrscheinlichkeit bei einem Vorhandensein von

Lactobacillus sp. mit dem Stoffwechselweg PWY-621 , oder ii) niedrigen Heilungswahrscheinlichkeit bei einer Abwesenheit von Lactobacillus sp. mit dem Stoffwechselweg PWY-621.

[0037] Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden Erfindung betrifft ein Verfahren ex vivo zur

Prognose der Entstehung und/oder Entwicklung einer zervikalen intraepithelialen Neopla sie (CIN) und/oder eines Zervixkarzinoms, mit folgenden Schritten:

- Bereitstellung einer biologischen Mikrobiom-Probe einer Patientin, vorzugswei se von einem Zervix- und/oder Vaginalabstrich,

- Untersuchung der Probe auf das Vorhandensein von Lactobacillus sp. mit dem Stoffwechselweg PWY-621 , und

- prognostizieren einer i) geringen Wahrscheinlichkeit bei einem Vorhandensein von Lactobacillus sp. mit dem Stoffwechselweg PWY-621 , oder ii) erhöhten bis hohen Wahrscheinlichkeit bei einer Abwesenheit von Lac tobacillus sp. mit dem Stoffwechselweg PWY-621.

[0038] Die Merkmale, Eigenschaften, Vorteile und Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen

Zusammensetzung gelten für die erfindungsgemäßen Verfahren gleichermaßen.

[0039] Ein weiterer Gegenstand betrifft die Verwendung von Lactobacillus sp. mit dem

Stoffwechselweg PWY-621 als Biomarker zur Prognose der Heilungswahrscheinlichkeit einer Infektion der Zervix mit HPV. [0040] Die Merkmale, Eigenschaften, Vorteile und Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Zusammensetzung gelten für die erfindungsgemäße Verwendung gleichermaßen.

[0041] Ein weiterer Gegenstand der Erfindung betrifft ein Verfahren zur Prophylaxe und/oder

Behandlung einer Infektion der Zervix mit HPV, das die Applikation in ein Lebewesen von zumindest einem Wirkstoff zur Förderung des Vorhandenseins im Mikrobiom von Lacto bacillus sp. mit dem Stoffwechselweg PWY-621 umfasst, wobei vorzugsweise die Applika tion intra-vaginal erfolgt, und weiter vorzugsweise die Applikation der erfindungsgemäßen Zusammensetzung und/oder Saccharose erfolgt.

[0042] Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu

erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.

[0043] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert, aus denen sich weitere Merkmale, Eigenschaften und Vorteile der Erfindung ergeben. Die Ausführungsbeispiele sind dabei nicht einschränkend.

[0044] Es versteht sich außerdem, dass einzelne Merkmale, die in den Ausführungsbeispielen offenbart sind, nicht nur im Kontext der jeweiligen spezifischen Ausführungsform sondern in einer Allgemeingültigkeit offenbart sind und für sich genommenen einen eigenen Beitrag zur Erfindung liefern. Der Fachmann kann deshalb diese Merkmale frei mit anderen Merkmalen der Erfindung kombinieren.

Beispiele

Material und Methoden

Studiendesign [0045] Fall-Kontrollstudiendesign innerhalb einer prospektiven Beobachtungsstudie.

Studienteilnehmer

[0046] 100 Frauen mit positiven Nachweis einer Infektion der Cervix uteri mit Flumanen

Papillomviren eines Hochrisikotyps (HR-HPV).

Endpunkt

[0047] Persistierende Infektion der HR-HPV-lnfektion nach 24 Monaten.

Untersuchte Exposition

[0048] Taxonomische und funktionelle Anordnung des Zervix-Mikrobioms bei der

Eingangsuntersuchung.

Methodik

[0049] Shotgun-Metagenomics auf einem HiSeq2500 mit einem 2x150bp paired end Vorgehen und einer Sequenziertiefe von 4 - 5 Gb pro Probe, bioinformatische Auswertung mit Trimmomatic/Kneaddata/Kaiju/Humann2, statistische Regressionsmodelle mit Stata V13.

Ergebnisse

HR- HP V-Persistenz

[0050] 57 Frauen wiesen eine transiente Infektion aus, welche innerhalb von 24 Monaten

spontan ausheilte. [0051] 43 Frauen wiesen eine für mindestens 24 Monate bestehende persistierende HR-HPV-

Infektion auf.

Mikrobiom - Untersuchungen

[0052] Das Vorhandensein von Laktobazillen mit dem Marker PWY-621 erwies sich als ein

protektiver Faktor in logistischen Regressionmodellen (Odds Ratio = 0.04, p = 0.03). Die Wertigkeit dieses Faktors wurde in einem "Recursive Feature Elimination and Cross- Validated Selection" bestätigt. Es wird davon ausgegangen, dass eine Erhöhung der Saccharose-abbauenden Laktobazillen um den Mittelwert der Studienpopulation zu einer 40.4% Senkung des HR-HPV-Persistenzrisikos führt. In Zusammenschau mit Studien- Ergebnissen zur intra-vaginalen Anwendung von Saccharose-Gel zur Behandlung von bakteriellen Vaginosen und dem Nachweis, dass die gleiche Anwendung im Tiermodel den Anteil an Laktobazillen im Varginal/Zervix-Mikrobiom stark steigern konnte, führt zu der Erfindung, die gleiche Anwendung zur Prophylaxe und/oder Therapie von persistenten HR-HPV-lnfektionen zu gebrauchen.