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Title:
SHAPE MEMORY POLYMER WITH POLYESTER AND POLYACRYLATE SEGMENTS AND PROCESS FOR ITS PRODUCTION AND PROGRAMMING
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2007/118766
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a shape memory polymer, to a process for its production and to a process for its programming. The inventive shape memory polymer has at least two switching segments with different transition temperatures (Ttrans,1, Ttrans,2) such that the polymer, depending on the temperature, as well as a permanent shape (PF), can also assume at least two temporary shapes (TF1, TF2). The first switching segment is based essentially on a polyester of the general formula (I) where n = 1...6 or a copolyester of the general formula (I) with different n or a derivative thereof. The second switching segment is based essentially on a polyacrylate of the general formula (II) in which R is H or CH3, and R1 is a saturated or unsaturated, cyclic or aliphatic, unsubstituted or substituted C1-C10 radical.

Inventors:
KELCH STEFFEN (DE)
LENDLEIN ANDREAS (DE)
BELLIN INGO (DE)
Application Number:
PCT/EP2007/052859
Publication Date:
October 25, 2007
Filing Date:
March 26, 2007
Export Citation:
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Assignee:
GEESTHACHT GKSS FORSCHUNG (DE)
KELCH STEFFEN (DE)
LENDLEIN ANDREAS (DE)
BELLIN INGO (DE)
International Classes:
C08L67/04; C08F283/01; C08F290/06; C08F290/14; C08G81/02; C08L33/08; C08L33/10
Domestic Patent References:
WO2004033539A12004-04-22
WO2005028534A12005-03-31
WO2001091822A12001-12-06
Foreign References:
US6160084A2000-12-12
US20060033362A12006-02-16
EP1338613A12003-08-27
US20050119733A12005-06-02
Other References:
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EGUIBURU J L ET AL: "Blends of amorphous and crystalline polylactides with poly(methyl methacrylate) and poly(methyl acrylate): a miscibility study", POLYMER, ELSEVIER SCIENCE PUBLISHERS B.V, GB, vol. 39, no. 26, December 1998 (1998-12-01), pages 6891 - 6897, XP004138379, ISSN: 0032-3861
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DEGIRMENCI M., HIZAL G., YAGCI Y.: "Synthesis and characterization of macrophotoinitiators of poly(e-caprolactone) and their use in block copolymerization", MACROMOLECULES, vol. 35, 2002, pages 8265 - 8270, XP002437008
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NAOHISA T., KAZUHIRO B., SHINYA T., TOMOYUKI K.: "Synthesis of poly(methylacrylate-b-epsilon-caprolactone) and application to compatibilizer for poly(l-lactide)/poly( epsilon-caprolactone) blend system", MATERIALS TRANSACTIONS, vol. 46, no. 12, 2005, pages 2668 - 2672, XP009084882
ANNETTE M. SCHMIDT, BIOABBAUBARE POLYMERNETZWERK-SYSTEME MIT FORMGEDÄCHTNISEFFEKT UND KRISTALLISIERBAREM SCHALTSEGMENT, 2002, pages 1 - 134
Attorney, Agent or Firm:
REINSTÄDLER, Diane (Wallstrasse 58/59, Berlin, DE)
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Claims:

PATENTANSPRüCHE

Formgedächtnispolymer, das mindestens zwei Schaltsegmente umfasst, deren Phasen unterschiedliche übergangstemperaturen (T tranS i, T tranS 2 ) aufweisen, so dass das Polymer in Abhängigkeit von der Temperatur neben einer permanenten Form (PF) mindestens zwei temporäre Formen (TF1 , TF2) einnehmen kann, wobei ein erstes Schaltsegment im Wesentlichen auf einem Polyester der allgemeinen Formel I mit n = 1...6 oder einem Co-Polyester der allgemeinen Formel I mit unterschiedlichen n oder einem Derivat von diesen basiert und ein zweites Schaltsegment im Wesentlichen auf einem Polyacrylat der allgemeinen Formel Il basiert, worin R gleich H oder CH 3 ist und Ri einen gesättigten oder ungesättigten, zyklischen oder aliphatischen, unsubstituierten oder substituierten C1-C10-Rest bedeutet,

Formgedächtnispolymer nach Anspruch 1 , dadurch gekennzeichnet, dass das erste Schaltsegment ein Poly(ε-caprolacton)-Segment mit n = 5 oder ein Derivat von diesem umfasst, in dem die aliphatischen Kohlenstoffatome unabhängig voneinander mit einem oder zwei, unverzweigten oder verzweigten, gesättigten oder ungesättigten C1- bis C6-Resten substituiert sein können.

Formgedächtnispolymer nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das zweite Schaltsegment ein Poly(cyclohexylmethacrylat)-Segment mit R = CH 3 und

Ri = C O H 11 oder ein Poly(cyclohexylacrylat)-Segment mit R = H und R 1 = CeH 11 , insbesondere ein Poly(cyclohexylmethacrylat)-Segment, umfasst.

Formgedächtnispolymer nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das erste Schaltsegment ein mittleres Molekulargewicht im Bereich von 2.000 bis

100.000 g/mol, insbesondere von 5.000 bis 40.000 g/mol, vorzugsweise von etwa 10.000 g/mol aufweist.

5. Formgedächtnispolymer nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass ein Massenanteil des Polyestersegments im Formgedächtnispolymer im Bereich von 25 bis 75 %, insbesondere im Bereich von 30 bis 70 %, bevorzugt im Bereich von 50 bis 60 %, liegt.

Formgedächtnispolymer nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Formgedächtnispolymer ein Polymernetzwerk ist, in dem die die Schaltsegmente aufweisenden Polymerketten miteinander vernetzt vorliegen, oder ein interpenetrierendes Netzwerk (IPN) oder ein semi-interpenetrierendes Netzwerk (SIPN) ist.

Formgedächtnispolymer nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das Formgedächtnispolymer ein AB-Polymernetzwerk ist, in dem eines der Schaltsegmente durch das andere, beidseitig endständig gebundene Schaltsegment vernetzt vorliegt, wobei insbesondere Polyacrylatsegmente durch Polyesterketten vernetzt sind.

8. Verfahren zur Herstellung eines Formgedächtnispolymers nach einem der Ansprüche 1 bis 7, wobei ein Polyester-Makromonomer der allgemeinen Formel I a, worin n = 1...6 und Y ein verbindender Rest ist, oder ein Co-Polyester-Makromonomer der allgemeinen Formel I a mit unterschiedlichen n oder einem Derivat von diesen und ein Acrylatmonomer der allgemeinen Formel Il a, worin R gleich H oder CH 3 ist und Ri einen gesättigten oder ungesättigten, zyklischen oder aliphatischen, unsubstituierten oder substituierten C1-C10-Rest bedeutet, copolymerisiert werden

R

CH 2 =C-COOR 1 (|| a)

9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die erste Endgruppe R 2 und/oder die zweite Endgruppe R 3 der Polyesterkomponente unabhängig voneinander ein polymerisierbarer Rest, insbesondere R 2 und R 3 jeweils ein polymerisierbarer Rest sind.

10. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass die erste Endgruppe R 2 und/oder die zweite Endgruppe R 3 der Polyesterkomponente ein Acryl- oder Methacrylrest sind, insbesondere jeweils ein Methacrylrest sind.

1 1. Verfahren zur Programmierung von mindestens zwei temporären Form (TF1 , TF2) bei einem Formgedächtnispolymer nach einem der Ansprüche 1 bis 7, mit den Schritten

(a) überführung des Formgedächtnispolymers in eine der ersten temporären Form (TF1 ) entsprechende Form bei einer Temperatur oberhalb der oberen übergangstemperatur (Tt ran s 1 ),

(b) Abkühlung auf eine Temperatur unterhalb der oberen übergangstemperatur (Tt r a n s 1 ) unter Fixierung der ersten temporären Form (TF1 ),

(c) überführung des Formgedächtnispolymers in eine der zweiten temporären Form (TF2) entsprechende Form bei einer Temperatur oberhalb der unteren übergangstemperatur (T trans 2 ) und unterhalb der oberen übergangstemperatur (Ttrans i) Und (d) Abkühlung auf eine Temperatur unterhalb der unteren übergangstemperatur

(Tt r a n s 2 ) unter Fixierung der zweiten temporären Form (TF2).

12. Verfahren nach Anspruch 1 1 , dadurch gekennzeichnet, dass in Schritt (b) auf eine Temperatur unterhalb der oberen übergangstemperatur (Tt ran s i) und oberhalb der unteren übergangstemperatur (Tt ran s 2 ) abgekühlt wird oder auf eine Temperatur unterhalb der unteren übergangstemperatur (Tt ran s 2 )-

Description:

Formgedächtnispolymer mit Polyester- und Polyacrylatsegmenten und Verfahren zu seiner Herstellung und Programmierung

Die Erfindung betrifft ein Formgedächtnispolymer, das - neben einer permanenten Form - mindestens zwei temporäre Formen speichern kann, ein Verfahren zu seiner Herstellung sowie ein Verfahren zu seiner Formprogrammierung.

Im Stand der Technik sind so genannte Formgedächtnispolymere oder SMPs (shape memory polymers) bekannt, die bei Induktion durch einen geeigneten Stimulus einen

Formübergang von einer temporären Form in eine permanente Form entsprechend einer vorherigen Programmierung zeigen. Am häufigsten ist dieser Formgedächtniseffekt thermisch stimuliert, das heißt, bei Erwärmung des Polymermaterials über die definierte

übergangstemperatur findet die durch Entropieelastizität angetriebene Rückstellung statt. Formgedächtnispolymere sind in der Regel Polymernetzwerke, bei denen chemische

(kovalente) oder physikalische (nicht kovalente) Vernetzungsstellen die permanente Form bestimmen. Die Programmierung erfolgt, indem oberhalb der übergangstemperatur eines

Schaltsegmentes das Polymermaterial deformiert und anschließend unter

Aufrechterhaltung der Deformationskräfte unter diese Temperatur abgekühlt wird, um die temporäre Form zu fixieren. Erneute Erwärmung oberhalb der übergangstemperatur führt zu einem Phasenübergang und Wiederherstellung der ursprünglichen permanenten Form.

Darüber hinaus sind in jüngerer Zeit auch Polymernetzwerke beschrieben worden, die zwei Schaltsegmente mit unterschiedlichen übergangstemperaturen aufweisen.

So beschreibt EP 1 362 879 A Formgedächtnispolymere (in diesem Fall interpenetrierende Netzwerke IPNs), die aus einer kovalent vernetzten Polymerkomponente, insbesondere auf Basis von Caprolacton-, Lactid-, Glycolid- oder p-Dioxanoneinheiten, und einer nicht kovalent vernetzten Polyesterurethankomponente bestehen. Das Polymer kann zwei temporäre Formen speichern, wobei übergangstemperaturen um 50 und 90°C beschrieben werden.

Auch aus Liu et al. (Macromol. Rap. Comm. 26, 2005, 649ff) ist ein SMP (semi- interpenetrierendes Netzwerk SIPN) bekannt, bestehend aus

Polymethylmethacrylateinheiten (PMMA) und Polyethylenglycoleinheiten (PEG), das

ebenfalls zwei übergangstemperaturen (bei 40 und 86°C) aufweist. Das dort beschriebene Programmierverfahren erlaubt jedoch nur die Speicherung einer temporären Form.

Nachteilig an den bekannten Formgedächtnispolymeren ist für einige Anwendungen, dass ihre Schalttemperaturen relativ dicht beieinander liegen, was eine genaue Einstellung der Temperatur beim Erwärmen zwischen beide übergangstemperaturen erfordert. Ferner können die verhältnismäßig niedrigen übergangstemperaturen für bestimmte Anwendungen problematisch sein, wenn nämlich anwendungsbedingt hohe Temperaturen auftreten, ohne dass eine Wiederherstellung der permanenten Form erwünscht ist.

Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein neues biokompatibles Formgedächtnispolymer bereitzustellen, das zumindest zwei temporäre Formen speichern kann. Die entsprechenden Schalttemperaturen des Polymers sollen insbesondere einen großen Abstand zueinander haben und wenigstens eine der übergangstemperaturen sollte auf einem relativ hohen Temperaturniveau liegen. Des Weiteren soll ein Verfahren zur Programmierung von zumindest zwei temporären Formen des Formgedächtnispolymers zur Verfügung gestellt werden.

Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Formgedächtnispolymer mit den Merkmalen des An- spruchs 1. Das erfindungsgemäße Formgedächtnispolymer weist mindestens zwei Schaltsegmente mit unterschiedlichen übergangstemperaturen auf, so dass das Polymermaterial in Abhängigkeit von der Temperatur neben einer permanenten Form mindestens zwei temporäre Formen einnehmen kann. Das erfindungsgemäße Polymersystem umfasst ein erstes Schaltsegment, das im Wesentlichen auf einem Polyester der allgemeinen Formel I mit n = 1...6 oder einem Derivat von diesem basiert oder auf einem Co-Polyester der allgemeinen Formel I mit n = 1...6, worin mindestens zwei Estereinheiten mit unterschiedlichen Kettenlängen n vorhanden sind, oder einem Derivat von diesem.

Das Polymersystem umfasst ferner ein zweites Schaltsegment, das im Wesentlichen auf einem Polyacrylat der allgemeinen Formel Il basiert, worin R gleich H oder CH 3 ist und Ri einen gesättigten oder ungesättigten, zyklischen oder aliphatischen, unsubstituierten oder substituierten C1-C10-Rest bedeutet.

Dabei wird unter dem Begriff Schaltsegment ein Oligomer oder Polymer nach den angegebenen Formeln I bzw. Il verstanden, das eine Kettenlänge p bzw. q aufweist, welche die Ausbildung einer eigenen Phase durch Phasenentmischung im Festkörper und damit die Grundlage zur Ausbildung der typischen Materialeigenschaften der entsprechenden Verbindung gestattet. Auf diese Weise wird erreicht, dass das Polymersystem als Ganzes Materialeigenschaften aufweist, die den jeweiligen Schaltsegmenten zugeordnet werden können, insbesondere zwei oder mehrere unterschiedliche Schalttemperaturen für den thermisch induzierten Effekt, bei denen es sich unabhängig voneinander um Glasübergangs- oder Schmelztemperaturen handeln kann. In struktureller Hinsicht können die Schaltsegmente kovalent oder nicht kovalent vernetzt vorliegen und endständig, einseitig oder beidseitig miteinander und/oder mit einem Polymerrückgrat verknüpft sein. Des Weiteren umfassen im Rahmen der vorliegenden Erfindung Derivate des Polyesters nach Formel I Strukturen, in denen einer oder mehrere der Wasserstoffreste der Methyleneinheiten (-CH 2 -) durch unverzweigte oder verzweigte, gesättigte oder ungesättigte C1- bis C6-Reste ausgetauscht sind. Entscheidend bei der Auswahl der Substituenten im angegebenen Rahmen ist, dass die Ausbildung einer eigenen Phase der Schaltsegmente nicht verhindert wird.

Durch die erfindungsgemäße Zusammensetzung wird ein Material zur Verfügung gestellt, das nach entsprechender Programmierung in der Lage ist, zumindest zwei Deformationen gleichzeitig zu fixieren, die nach Aktivierung durch entsprechende thermische Stimuli wieder hergestellt werden können. Als eine besonders vorteilhafte Eigenschaft des erfindungsge- mäßen Polymersystems haben sich Schalttemperaturen herausgestellt, die einen großen Temperaturabstand voneinander aufweisen. Insbesondere unterscheiden sich die beiden Schalttemperaturen der Schaltsegmente nach Formel I und Il um zumindest 40°K, insbesondere von zumindest 50°K und vorzugsweise von zumindest 60°K voneinander. Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Materials stellt die hohe Schalttemperatur des Poly(ιmeth)acrylatsegments dar, die insbesondere abhängig von dem Rest R 1 und der mittleren Kettenlänge q bei zumindest 110°C, insbesondere zumindest 120°C liegt. Ein

weiterer Vorteil besteht darin, dass beide Polymersegmente physiologisch resorbierbar und ihre Abbauprodukte physiologisch kompatibel sind.

In bevorzugter Ausgestaltung der Erfindung umfasst das erste Schaltsegment ein Poly(ε-ca- prolacton)-Segment mit n = 5 oder ein Derivat von diesem, in dem die aliphatischen Kohlenstoffatome unabhängig voneinander mit einem oder zwei, unverzweigten oder verzweigten, gesättigten oder ungesättigten C1- bis C6-Resten substituiert sein können. Besonders bevorzugt ist jedoch nicht derivatisiertes Poly(ε-caprolacton) mit n = 5 nach Formel I, das heißt ohne Substituenten.

In weiterer vorteilhafter Ausgestaltung der Erfindung umfasst das zweite Schaltsegment ein Poly(cyclohexylmethacrylat)-Segment mit R = CH 3 und Ri = CeH 11 (Cyclohexyl) oder ein Po- Iy(cyclohexylacrylat)-Segment mit R = H und R 1 = C 6 H 11 nach Formel II. Besonders bevorzugt von diesen ist Poly(cyclohexylmethacrylat). Weitere vorteilhafte, unter Formel Il fallende Schaltsegmente sind Poly(methylmethacrylat) (PMMA) und Poly(2- hydroxyethylmethacrylat) (PHEMA).

Die Molekulargewichte der Segmente sowie ihre Massenanteile im Polymer und ihre relativen Massenverhältnisse (erstes Schaltsegment: zweites Schaltsegment) sind so abge- stimmt, dass die oben beschriebenen Kriterien für die Schalttemperaturen eingehalten werden und deutliche Formveränderungen bei den zumindest zwei Schaltübergängen erzielt werden. Mit Vorteil weist das erste Schaltsegment (Polyester) ein mittleres Molekulargewicht im Bereich von 2.000 bis 100.000 g/mol, insbesondere von 5.000 bis 40.000 g/mol, vorzugsweise von etwa 10.000 g/mol auf. Vorzugsweise liegt ein Massenanteil des Polyestersegments im Formgedächtnispolymer im Bereich von 25 bis 75 %, insbesondere im Bereich von 30 bis 70 %, vorzugsweise im Bereich von 50 bis 60 %. Entsprechend weist das Polyacrylatsegment einen Massenanteil im Bereich von 75 bis 25 %, insbesondere im Bereich von 70 bis 30 %, bevorzugt 50 bis 40 % auf.

Bei dem erfindungsgemäßen Polymersystem kann es sich um ein Polymernetzwerk handeln, in dem die die Schaltsegmente aufweisenden Polymerketten miteinander vernetzt vorliegen, oder um ein interpenetrierendes Netzwerk (IPN) oder ein semi-interpenetrierendes Netzwerk (SIPN). Vorzugsweise liegt es als ein AB-Polymernetzwerk vor, in dem eines der Schaltsegmente durch das andere, beidseitig endständig gebundene Schaltsegment ver- netzt vorliegt. Insbesondere besteht das Formgedächtnispolymer aus

- A -

Polyacrylatsegmenten, die durch die Polyesterketten vernetzt sind. Letztere sind dabei mit ihren beiden Enden an die Polyacrylatsegmente kovalent gebunden. Allerdings ist auch die inverse Konstellation denkbar, in der Polyacrylatsegmente beidseitig die Polyestersegmente vernetzen.

Das erfindungsgemäße Formgedächtnispolymer kann vorteilhaft durch ein Verfahren hergestellt werden, indem

- ein Polyester-Makromonomer der allgemeinen Formel I a, worin n = 1...6 und Y ein beliebiger verbindender Rest ist, oder einem Co-Polyester der allgemeinen Formel I a (worin n und Y die obige Bedeutung haben) mit mindestens zwei Estereinheiten mit unterschiedlichen n oder einem Derivat von diesen und

- ein Acrylatmonomer der allgemeinen Formel Il a, worin R gleich H oder CH 3 ist und Ri einen gesättigten oder ungesättigten, zyklischen oder aliphatischen, unsubstituierten oder substituierten C1-C10-Rest bedeutet, R

CH 2 =C-COOR 1 (|| a) miteinander copolymerisiert werden. Bevorzugte Ausgestaltungen des Polyesters und des Acrylatmonomers werden entsprechend der vorstehenden Beschreibung gewählt. Dabei können in Formel I a p1 und p2, das heißt die Kettenlängen der Polyester bzw. Co-Polyester, gleich oder ungleich sein. Der Rest Y dient ausschließlich der Verbindung der beiden Polyestereinheiten unter Umkehrung der Kettenrichtung, so dass beidseitig polymerisationsfähige Endgruppen angefügt werden können, die der Vernetzung dienen (s.u.).

Ein geeignetes Makromonomer der Polyesterkomponente entspricht beispielsweise der all- gemeinen Formel I b mit r = 2...8 und X = O oder NH. Besonders bevorzugt ist eine Komponente mit r = 2, p3 = 2 und X=O, das heißt, das Polyester-Makromonomer wird durch Polymerisation von Diethylenglycol HO-CH 2 -CH 2 -O-CH 2 -CH 2 -OH mit den entsprechenden Estermonomeren erhalten.

Bevorzugt sind die erste Endgruppe R 2 und/oder die zweite Endgruppe R3 des ersten Schaltsegments unabhängig voneinander ein polymerisierbarer Rest. Vorzugsweise sind sowohl R 2 als auch R 3 jeweils ein polymerisierbarer Rest. Besonders bevorzugt werden für R 2 und/oder R 3 Acryl- oder Methacrylreste eingesetzt, insbesondere jeweils ein Methacrylrest. Auf diese Weise erhält man bei der Copolymerisation beider Komponenten ein Netzwerk, in dem die Polyestersegmente beidseitig verknüpft sind.

Nach einer besonders bevorzugten Ausführung wird als Acrylatkomponente Cyclohexyl- methacylat nach Formel Il b eingesetzt, die bei ihrer (Homo)Polymerisation zu Poly(cyclo- hexylmethacrylat)-Segmenten nach Formel Il c führt.

In einer besonders bevorzugten Ausgestaltung wird somit das Makromonomer Poly(ε-capro- lacton)-dimethacrylat (PCLDMA) nach Formel I c mit dem Monomer Cyclohexylmethacylat (CHMA) nach Formel Il b copolymerisiert. Hierdurch entsteht ein vernetztes AB-Blockco- polymer, das Segmente nach Formel I c und Segmente nach Formel Il c enthält.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Erfindung betrifft ein Verfahren zur Programmierung von mindestens zwei temporären Formen bei einem Formgedächtnispolymer gemäß der Erfindung. Das erfindungsgemäße Verfahren umfasst die Schritte

(a) überführung des Formgedächtnispolymers in eine der ersten temporären Form entsprechende Form bei einer Temperatur oberhalb der oberen übergangstemperatur,

(b) Abkühlung auf eine Temperatur unterhalb der oberen übergangstemperatur unter Fixierung der ersten temporären Form,

(c) überführung des Formgedächtnispolymers in eine der zweiten temporären Form entsprechende Form bei einer Temperatur oberhalb der unteren übergangstemperatur und unterhalb der oberen übergangstemperatur und

(d) Abkühlung auf eine Temperatur unterhalb der unteren übergangstemperatur unter Fixierung der zweiten temporären Form.

Dabei kann die in Schritt (b) erfolgende Abkühlung wahlweise auf eine Zwischentemperatur unterhalb der oberen übergangstemperatur und oberhalb der unteren übergangstemperatur abgekühlt werden oder aber auf eine Temperatur unterhalb der unteren übergangstemperatur. Entscheidend für die Fixierung der ersten temporären Form ist, dass unterhalb der oberen übergangstemperatur abgekühlt wird. Handelt es sich bei dem Formgedächtnispolymer um eines, das mehr als zwei temporäre Formen speichern kann, das heißt zumindest drei Schaltsegmente aufweist, werden die weiteren temporären Formen in analoger Weise programmiert, indem jeweils oberhalb der entsprechenden übergangstemperatur eine Deformationskraft ausgeübt wird und die temporäre Form durch Kühlung unterhalb dieser übergangstemperatur unter Beibehaltung der Deformationskraft fixiert wird.

Das erfindungsgemäße Formgedächtnispolymer eignet sich besonders vorteilhaft für An- Wendungen in der Konstruktionstechnik, beispielsweise als Befestigungselemente, die nach Ausüben eines entsprechenden Temperaturstimulus in eine Verankerungsform überführt werden können. Insbesondere ist das erfindungsgemäße Polymer in Bereichen vorteilhaft, in denen prozessbedingt relativ hohe Temperaturen auftreten, ohne dass die Wiederherstellung der permanenten Form des Polymers erwünscht ist.

Weitere bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den übrigen, in den Unteransprüchen genannten Merkmalen.

Die Erfindung wird nachfolgend in Ausführungsbeispielen anhand der zugehörigen Zeich- nungen erläutert. Es zeigen:

Figur 1 Struktur eines erfindungsgemäßen AB-Polymernetzwerkes, erhalten durch

Copolymerisation von PCLDMA-Makromonomer und CHMA-Monomer,

Figur 2 DMTA-Untersuchungen der Phasenübergänge von PCL-PCHMA-Netz- werken,

Figur 3 strukturelle Veränderungen eines AB-Polymernetzwerkes während seiner

Programmierung gemäß Figur 1 ,

Figur 4 zeitliche Verläufe verschiedener Programmierungsparameter in einem zyklischen, thermomechanischen Experiment und

Figur 5 Formgedächtnispolymer gemäß der Erfindung in einem Anwendungsbei- spiel.

1. Synthese von Polv(ε-caprolacton)dimethacrylat PCLIOkDMA

500 g (50 mmol) Poly(ε-caprolacton)diol (Aldrich) mit einem mittleren Molekulargewicht von 10 000 g/mol (PCL10k-diol) wurden in 5 I Dichlormethan in einem trockenen 3-Halskolben unter Stickstoffatmosphäre vorgelegt. Unter Eiskühlung wurden 20,0 ml (0,14 mol) Triethyl- amin tropfenweise zugegeben. Nach 10 min Rühren bei 0°C wurden 17,4 ml (0,18 mol) Methacryloylchlorid tropfenweise zugegeben. Die Lösung wurde auf RT erwärmt und für weitere 24 h gerührt. Das ausgefallene Salz wurde durch Filtration entfernt. Das Filtrat wurde aufkonzentriert und in Ethylacetat gelöst. Diese Lösung wurde in einem 10fachen überschuss einer Mischung aus Hexan/Diethylether/Methanol (18:1 :1 Volumenanteile) bei - 20°C ausgefällt. Nach Vakuumtrocknung wurden 475 g (47 mmol) Poly(ε- caprolacton)dimethacrylat PCLDMA mit einem mittleren Molekulargewicht von 1 O kD (PCLI OkDMA) nach der Formel I c (s.o.) erhalten (Ausbeute 95 %). Der Funktionalisierungsgrad der PCL-diole mit Methacrylatendgruppen wurde mit 1 H-NMR- Spektroskopie auf ca. 85 % bestimmt. Dies bedeutet, dass 72 % der Makromonomere beidseitig funktionalisiert wurden (Dimethacrylat), 26 % einseitig funktionalisiert wurden (Monomethacrylat) und 2 % nicht funktionalisiert als Diol vorlagen.

2. Copolymerisation von PCLDMA und CHMA

PCLI OkDMA hergestellt nach Beispiel 1 und Cyclohexylmethacrylat (CHMA) (Reinheit > 97 %, Aldrich) gemäß Formel Il b (s.o.) wurden in verschiedenen Mischungsverhältnissen im Bereich von 10 bis 80 Gew.-% PCLIOkDMA gemäß Tabelle 1 eingewogen. Diese Mischungen aus PCLIOkDMA und CHMA wurden bei 70°C in Kolben in einem ölbad geschmolzen. Nach Vorliegen einer blasenfreien homogenen Schmelze wurden die Mischungen auf eine Glasplatte (10 x 10 cm) ausgegossen und die Form durch eine aufgelegte weitere Glasplatte unter seitlicher Anordnung von PTFE-Abstandhaltern (Dicke 0,55 cm) geschlossen. Das durch Klammern fixierte Gebilde wurde für 60 min UV-bestrahlt (Fe-dotierte Quecksilberdampflampe), um die Polymerisation/Vernetzung auszulösen. Als Vergleichsmaterial wurde reines PCLIOkDMA entsprechend behandelt, um ein Homopolymernetzwerk aus PCLI OkDMA zu erhalten (PCL(I OO) in Tabelle 1 ).

Tabelle 1

Die in den Klammern angegebenen Zahlen bezeichnen den Massenanteil an PCLI OkDMA im Polymernetzwerk.

Obwohl die eingesetzten Mengen von PCLI OkDMA und CHMA nicht quantitativ in das Netzwerk inkorporiert wurden, konnte durch 1 H-HRMAS-NMR-spektroskopische Untersuchungen ermittelt werden, dass das eingesetzte Verhältnis der beiden Komponenten im Polymernetzwerk annähernd erhalten bleibt. Zuvor wurden nicht inkorporierte Bestandteile durch Extraktion mit Chloroform entfernt.

Figur 1 zeigt schematisch die Struktur eines so erhaltenen insgesamt mit 10 bezeichneten PCL-PCHMA-Polymernetzwerkes. Hierin sind mit 12 die Poly(cyclohexylmethacrylat)- Segmente ((PCHMA)-Segmente) und die PCL10kDMA-Ketten mit 14 bezeichnet. Die PCHMA-Segmente 12 sind durch die beidseitig gebundenen PCLIOkDMA-Ketten 14 kovalent vernetzt. Die Verknüpfungspunkte zwischen den Enden der PCHMA-Segmente 12 und den PCLIOkDMA-Segmenten 14 sind mit 16 bezeichnet.

3. Charakterisierung der Polvmernetzwerke aus PCLDMA und PCHMA

Die thermischen Eigenschaften der laut Beispiel 2 hergestellten Polymernetzwerke aus PCLI OkDMA-Makromonomeren und CHMA-Monomeren unterschiedlicher Zusammensetzung wurden nach Extraktion mit Chloroform mit Dynamischer Differenz-Kalorimetrie (DSC) und mit dynamisch-mechanischer Thermoanalyse (DMTA) untersucht. DSC-Messungen wurden auf einem Netzsch DSC 204 Phoenix-Gerät durchgeführt. Dafür wurden 5 bis 10 mg der Proben in einem Aluminium-Gefäß eingewogen und die Messungen unter Stickstoffatmosphäre in einem Temperaturbereich von -100 bis +150°C durchgeführt, wobei zur Erfassung von Glasübergängen eine Abkühl- und Heizrate von l O K min "1 eingesetzt wurde und von 1 K-min "1 zur Erfassung von Schmelz- bzw. Kristallisationsübergängen. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 zusammengefasst. DMTA-Messungen wurden auf einem Eplexor 5 N (Gabo) ausgeführt, welches mit einem 25 N-Kraftaufnehmer ausgestattet war. Die statische Last betrug 0,50%, die dynamische Last 0,20%, die Frequenz 10 Hz und die Heizrate 2 K-min "1 in einem Temperaturbereich von -100 bis +170°C. Die Ergebnisse sind ebenfalls in Tabelle 2 zusammengefasst.

Tabelle 2

DSC DMTA

Polymer* Tg (PCL) τ m (PCL) Tg (PCL) τ m (PCL) Tg (PCHMA)

[°C] [°C] [°C] [°C] [°C]

PCL(I O)CHMA n.b. 47,9 ± 0,5 n.b. n.b. n.b.

PCL(20)CHMA n.b. 50,6 + 0,5 n.b. n.b. n.b.

PCL(25)CHMA -67,5 ± 1 ,0 47,7 ± 0,5 n.b. n.b. n.b.

PCL(30)CHMA -67,1 ± 1 ,0 47,7 + 0,5 -66 ± 1 51 ± 1 142 ± 1

PCL(35)CHMA -65,6 ± 1 ,0 48,0 ± 0,5 -66 ± 1 51 ± 1 140 ± 1

Die in den Klammern angegebenen Zahlen bezeichnen den Massenanteil an PCLI OkDMA im Polymernetzwerk, n.b.: nicht bestimmbar

Ebenso wie für das PCHMA-Homopolymer (Ergebnisse nicht dargestellt) konnten für die Polymernetzwerke mit den relativ unempfindlichen DSC-Messungen kein Glasübergang der PCHMA-Segmente beobachtet werden. Diese wurden durch die DMTA-Untersuchungen nachgewiesen. Figur 2 zeigt für das Polymernetzwerk PCL(35)CHMA den mit DMTA im Aufheizzyklus (T) sowie im Abkühlzyklus (4) gemessenen Verlauf des Speichermoduls E' sowie des mechanischen Verlustfaktors tan δ. Hieraus wurde die Glasübergangstemperatur von PCL (T 9 (PCL)) aus dem Maximum des Verlustmoduls E", die Schmelzübergangstemperatur von PCL (T m (PCL)) aus dem Wendepunkt von E' und die Glasübergangstemperatur von PCHMA (T 9 (PCHMA)) aus dem Maximum von tan δ bestimmt. Ab einem PCL-Massenanteil von 50 % konnte der Glasübergang von PCHMA aufgrund des geringen Signal-Rausch-Verhältnisses nicht mehr bestimmt werden.

Es ist ersichtlich, dass das erfindungsgemäße, PCL- und PCHMA-Segmente enthaltende AB-Polymernetzwerk im Bereich zwischen 0 und 150°C zwei gut differenzierte Phasenübergänge aufweist, die sich auf das Schmelzen von PCL-Kristalliten einerseits und den Glasübergang von PCHMA-Domänen zurückführen lassen. Dabei ist die untere übergangs- temperatur T tranS i eindeutig mit dem Schmelzen bzw. der Kristallisation von PCL- Segmenten assoziiert, das bei dem Homopolymer PCL(100) bei 54°C beobachtet wird und in den Copolymernetzwerken mit einem PCL-Massenanteil zwischen 10 und 80% bei 48 bei 52°C liegt (T m (PCL)). Die mit DMTA detektierte obere übergangstemperatur T tran s 2 bei 140 bis 142°C kann hingegen eindeutig dem Glasübergang von PCHMA-Segmenten zugeordnet werden (T 9 (PCHMA)). Diese Ergebnisse zeigen, dass das erfindungsgemäße AB-Polymernetzwerk eine phasenseparierte Morphologie aufweist, in welcher die PCL- und PCHMA-Segmente eigene Phasen mit eigenen übergangstemperaturen ausbilden, die zur temperaturgesteuerten Fixierung zweier temporären Formen geeignet sind. Da die mit DMTA ermittelten Werte für T 9 von PCL und PCHMA im Polymernetzwerk sich nicht

wesentlich von den entsprechenden Homopolymeren unterscheiden, kann die Existenz von amorphen Mischphasen ausgeschlossen werden.

4. Programmierung eines Polymernetzwerkes aus PCLDMA und PCHMA

Ein AB-Polymernetzwerk PCL(45)CHMA hergestellt nach Beispiel 2 basierend auf 45 Gew.-% PCLI OkDMA und 55 Gew.-% PCHMA wurde in einem zyklischen thermomecha- nischen Experiment derart programmiert, dass neben der herstellungsbedingten permanenten Form zwei temporäre Formen in dem "Formgedächtnis" des Polymers gespeichert wurden. Dies erfolgt prinzipiell durch Fixierung einer ersten temporären Form bei einer Temperatur unterhalb der Glasübergangstemperatur von PCHMA (T 9 (PCHMA)) oder einer Temperatur unterhalb der Schmelztemperatur von PCL (T m (PCL)) und anschließendem Fixieren einer zweiten temporären Form bei einer Temperatur unterhalb der Schmelztemperatur von PCL (T m (PCL)).

Dieses Prinzip ist anhand von Figur 3 erläutert, wobei analoge Bezugszeichen wie in Figur 1 verwendet werden. Dabei zeigt Figur 3A die Struktur des Polymernetzwerkes 10 oberhalb der oberen übergangstemperatur, das heißt oberhalb der Glasübergangstemperatur T 9 (PCHMA) der PCHMA-Segmente. Bei dieser Temperatur liegen die PCL-Segmente 14 im amorphen Zustand vor, was durch das Bezugszeichen 14' gekennzeichnet ist. Die PCHMA-Segmente 12 liegen im amorphen, elastischen Zustand vor, was durch 12' gekennzeichnet ist. Das Polymer 10 weist in dieser Startphase des Programmierverfahrens zunächst noch seine permanente Form PF auf, die durch den Herstellungsprozess bedingt ist, insbesondere durch eine während der Vernetzung vorgegebene äußere Form.

Ausgehend von der in Figur 3A gezeigten Form wird in einem ersten Schritt das Polymernetzwerk 10 in eine Form gebracht, welche einer ersten temporären Form TF1 entspricht. Dies erfolgt durch Ausübung einer geeigneten mechanischen Belastung oberhalb von T 9 (PCHMA), die beispielweise zu einer Elongation des Polymers 10 führt. Dies ist in Figur 3B durch eine horizontale Dehnung des dargestellten Polymerausschnitts angedeutet. Nach der Elongation wird das Polymersystem 10 auf eine Temperatur abgekühlt, die in jedem Fall unterhalb der Glasübergangstemperatur T 9 (PCHMA) liegt, insbesondere zwischen T m (PCL) und T 9 (PCHMA). Die Abkühlung führt zu einem Glasübergang der PCHMA-Segmente 12, die von ihrem amorphen, elastischen Zustand 12' in einen amorphen, glasigen Zustand 12" übergehen. Die erste temporäre Form TF1 kann optional

durch Tempern bei der T < T 9 (PCHMA) für eine vorbestimmte Dauer stabilisiert werden. Die mechanische Belastung wird währenddessen aufrechterhalten.

Im nächsten Schritt erfolgt die Programmierung der zweiten temporären Form TF2 analog zur ersten temporären Form TF1. Insbesondere wird durch einen zweiten mechanischen Stimulus das Polymer 10 in die zweite temporäre Form TF2 überführt, was beispielsweise durch eine weitere Dehnung bei einer Temperatur oberhalb von T m (PCL) erfolgen kann (in Figur 3C wiederum durch eine horizontale Dehnung des Polymerausschnitts angedeutet). Anschließend wird auf eine Temperatur unterhalb der unteren übergangstemperatur, das heißt der Schmelztemperatur T m (PCL) der PCL-Segmente 14 abgekühlt, um auch die zweite temporäre Form TF2 zu fixieren. Dabei kommt es zur Ausbildung von semikristallinen PCL-Segmenten 14". Unter Aufrechterhaltung der mechanischen Belastung kann auch in dieser Stufe das Polymernetzwerk 10 noch für eine gewisse Zeit getempert werden, wodurch auch die Bildung von PCL-Kristalliten gefördert wird.

Ausgehend von einem auf diese Weise programmierten Polymernetzwerk 10, das in seiner zweiten temporären Form TF2 vorliegt, können die erste temporäre Form TP1 und die permanente Form PF nacheinander abgerufen werden, wenn das Polymer 10 erst auf eine Zwischentemperatur T m (PCL) < T < T g (PCHMA) und anschließend auf eine Temperatur oberhalb von T g (PCHMA) erwärmt wird. Das Wiederherstellen zuvor fixierter Formen wird als Formgedächtnis- oder Shape-Memory-Effekt (SM-Effekt) bezeichnet.

Figur 4 stellt die Verläufe der Temperatur sowie der Dehnung während eines Programmierungszyklus und Wiederherstellungszyklus des Polymers PCL(35)CHMA dar.

Der Programmierungszyklus startet bei einer Temperatur T h i von 150°C oberhalb Tg(PCHMA). Es erfolgt eine Dehnung des Polymers auf 50% (ε m 1 ) entsprechend der ersten temporären Form TF1. Anschließend wird unter Aufrechterhaltung der mechanischen Last mit einem Temperaturgradienten von 5 K-min "1 auf eine Zwischentemperatur von 70°C (T h 2 ) unterhalb T 9 (PCHMA) und oberhalb T m (PCL) abgekühlt, wobei sich die Probe aufgrund ihrer Entropieelastizität zunächst etwas ausdehnt und dann aufgrund ihrer Energieelastizität kontrahiert. Nach einer Haltezeit von 30 min bei 70°C wird das Polymer entlastet, wobei ein leichter Rückgang der Dehnung beobachtet wird. Anschließend wird die Probe noch für 10 min ohne mechanische Last bei T h 2 gehalten, um sie dann auf 100 % Gesamtausdehn- ung entsprechend der zweiten temporären Form TF2 zu dehnen (ε m 2 ). Dann wird unter kon-

stanter mechanischer Last auf -10°C (Ti) abgekühlt und für weitere 20 min die mechanische Last aufrechterhalten, um die Kristallisation der PCL-Domänen zu erlauben. Die nachfolgende Entspannung der Probe und das Halten der Temperatur bei -10°C für weitere 10 min führt zu einer leichten Abnahme der Dehnung.

Nach Beendigung des Programmierungszyklus erfolgt nacheinander der Abruf der gespeicherten Formen, indem (ohne mechanische Last) mit einer Aufheizrate von 1 K-min "1 die Probe von -10 auf +150°C wieder erwärmt wird. Dabei wird zunächst das Aufschmelzen der PCL-Kristallite und die Wiederherstellung der ersten temporären Form um T m (PCL) beo- bachtet. Wird die Temperatur für 48 h bei 70°C gehalten, bleibt die erste temporäre Form stabil und es erfolgt kein übergang in die permanente Form (nicht dargestellt). Die weitere Aufheizung oberhalb T g (PCHMA) führt zum Erweichen der glasigen PCHMA-Domänen und zur nahezu quantitativen Wiederherstellung der permanenten Form. Dieser Programmie- rungs- und Wiederherstellungszyklus wurde weitere vier Mal mit dem gleichen Ergebnis durchgeführt.

Der in Figur 4 dargestellte Programmier- und Wiederherstellungszyklus wurde mit sämtlichen AB-Copolymernetzwerken aus Beispiel 2 durchgeführt. Aus den 2. bis 5. Zyklen wurden die Schalttemperaturen für die PCL- und PCHMA-Segmente ermittelt und gemittelt. Für die Polymernetzwerke PCL(30)CHMA bis PCL(60)CHMA wurde eine Schalttemperatur der PCL-Segmente von 53 bis 65°C ermittelt und eine Schalttemperatur der PCHMA-Segmente von 120 bis 125°C.

Ein Demonstrationsbeispiel für eine praktische Anwendung eines programmierten erfin- dungsgemäßen Polymernetzwerkes PCL(40)CHMA entsprechend Beispiel 2 ist in Figur 5 dargestellt. Dabei ist im oberen Teil der Abbildung die zweite temporäre Form TF2 des Polymers bei Raumtemperatur gezeigt, welche einer Spiralform entspricht. Unter Erwärmung des Polymersystems auf eine Temperatur von 70°C erfolgt eine Kontraktion der Spirale von zunächst etwa 4 cm auf etwa 2,5 cm, wobei der Spiraldurchmesser zunimmt (Fig. 5, mittlerer Teil). Diese Form entspricht der ersten temporären Form TF1. Bei weiterer Erwärmung des Polymersystems auf 150°C kommt es zu einem vollständigen Aufbiegen des Polymers unter Verlust der Spiralform. Stattdessen nimmt das Polymersystem seine stäbchenförmige, permanente Form PF an (Fig. 5, unterer Teil).

BEZUGSZEICHENLISTE

PF permanente Form

TF1 erste temporäre Form

TF2 zweite temporäre Form

T trans i erste übergangstemperatur

T tra ns 2 zweite übergangstemperatur

T m (PCL) Schmelztemperatur der PCL-Segmente

T g (PCHMA) Glasübergangstemperatur der PCHMA-Segmente

10 Polymernetzwerk

12 PCHMA-Segmente

12' amorph-elastische PCHMA-Segmente

12" amorph-glasige PCHMA-Segmente

14 PCL-Segmente

14' amorphe PCL-Ketten

14" semikristalline PCL-Ketten

16 Verknüpfungspunkte