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Title:
SILICA SOL MATERIAL FOR PRODUCING BIOLOGICALLY DEGRADABLE AND/OR RESORBABLE SILICA GEL MATERIALS, THE PRODUCTION AND USE THEREOF
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2008/086970
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a novel silica sol material and the use thereof for producing biologically resorbable and biologically degradable silica gel materials having improved properties. The materials, such as fibers, non-woven fabrics, powders, monoliths and/or coatings are used, for example, in medical technology and/or human medicine, particularly for the treatment of wounds.

Inventors:
THIERAUF AXEL (DE)
GLAUBITT WALTHER (DE)
Application Number:
PCT/EP2008/000124
Publication Date:
July 24, 2008
Filing Date:
January 10, 2008
Export Citation:
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Assignee:
BAYER INNOVATION GMBH (DE)
THIERAUF AXEL (DE)
GLAUBITT WALTHER (DE)
International Classes:
C03B37/00; C08G77/02; C08L83/02; C09D183/02; C12N5/06; C12N11/14; D01F9/08
Domestic Patent References:
WO2000050349A22000-08-31
WO2006069567A22006-07-06
Foreign References:
DE19609551C11997-07-17
US5618628A1997-04-08
EP1262542A22002-12-04
DE19959750C12001-05-31
Other References:
See also references of EP 2121530A1
Attorney, Agent or Firm:
HILDEBRAND, Steven, Christopher (Law and Patents Patents and Licensing, Leverkusen, DE)
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Claims:
Patentansprüche

1. Kieselsol-Material dadurch erhältlich, dass a) eine Hydrolyse-Kondensationsreaktion von einer oder mehrerer Si-Verbindungen der Formel (I)

SiX 4 (I) in der die Reste X gleich oder verschieden sind und Hydroxy, Wasserstoff, Halogen, Amino, Alkoxy, Acyloxy, Alkylcarbonyl und/oder Alkoxycarbonyl bedeuten und sich von Alkyl-Resten ableiten, die gegebenenfalls substituierte geradkettige, verzweigte oder cyclische Reste mit 1 bis 20 Kohlenstoff-Atomen, bevorzugt mit 1 bis 10 Kohlenstoff-

Atomen, darstellen und durch Sauerstoff- oder Schwefelatome oder durch Amino- Gruppen unterbrochen sein können, sauer katalysiert bei einem anfänglichen pH-Wert von 0 bis < 7, gegebenenfalls in Gegenwart eines wasserlöslichen Lösungsmittels, über mindestens 16 h bei einer Temperatur von 0 0 C bis 80 0 C durchgeführt wird, b) durch nachfolgendes Eindampfen eine einphasige Lösung mit einer Viskosität im Bereich von 0,5 bis 2 Pa s bei einer Scherrate von 10 s '1 bei 4 0 C erzeugt wird, c) diese Lösung nachfolgend abgekühlt und d) einer kinetisch kontrollierten Reifung unterworfen wird, wobei ein homogenes SoI gebildet wird.

2. Kieselsol-Material nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass für die saure Katalyse salpetersaurem H 2 O in einem molaren Verhältnis im Bereich 1 : 1,7 bis 1 :1,9, bevorzugt im Bereich von 1 :1,7 bis 1 : 1,8 eingesetzt wird und die Hydrolyse-Kondensationsreaktion mindestens 16 h, bevorzugt 18 h und zwischen 20 und 6O 0 C, besonders bevorzugt bei

Raumtemperatur (20 bis 25°C) durchgeführt wird.

3. Material nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Hydrolyse- Kondensationsreaktion in Schritt a) bei 20 bis 6O 0 C, bevorzugt 20 bis 50 0 C, besonders bevorzugt bei Raumtemperatur (20 bis 25°C) über einen Zeitraum von mindestens 16 h bis zu

4 Wochen, bevorzugt 18 h bis 4 Wochen, besonders bevorzugt 24 h bis 18 Tage, ganz besonders bevorzugt zwischen 3 bis 8 Tage, durchgeführt wird.

4. Material nach einem der vorherigen Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Schritt b) in einer geschlossenen Apparatur bei einer Reaktionstemperatur von etwa 30 bis etwa 90 0 C abläuft.

5. Material nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Lösung in Schritt c) auf 2 0 C bis 4 0 C, bevorzugt auf 4 0 C abgekühlt wird.

6. Material nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Reifung in Schritt d) bei einer Temperatur von 2 0 C bis 4 0 C, bevorzugt bei 4°C erfolgt.

7. Material nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass in Schritt d) die Reifung bis zu einer Viskosität des SoIs von 30 bis 100 Pa s bei einer Scherrate von 10 s-1 bei 4 0 C und einem Verlustfaktor von 2 bis 5 (bei 4°C, 10 l/s, 1% Deformation) durchgeführt wird

8. Material nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die in Schritt a) eingesetzte Si- Verbindung Tetraethoxysilan ist.

9. Verwendung eines Materials nach einem der Ansprüche 1 bis 9 als Material für die Herstellung biologisch degradierbarer und/oder biologisch resorbierbarer Kieselgel- Materialien.

10. Verwendung eines Materials nach einem der Ansprüche 1 bis 8 als Spinnmaterial für die Herstellung biologisch degradierbarer und/oder biologisch resorbierbarer Fasern und Vliese in der Humanmedizin und/oder Medizintechnik, insbesondere für die Wundbehandlung und/oder Wundheilung.

1 1. Verwendung eines Materials nach einem der Ansprüche 1 bis 8 als Material für die Herstellung einem/r biologisch resorbierbaren und/oder bioaktivem/n Pulver, Monolith und/oder Beschichtung.

12. Biologisch resorbierbare(s) und/oder bioaktive(s) Pulver, Monolith und/oder Beschichtung dadurch gekennzeichnet, dass diese mittels mindestens einem weiteren Schritt ausgehend vom

Kieselsol nach einem der Ansprüche 1 bis 8 hergestellt werden.

13. Biologisch degradierbares und/oder biologisch resorbierbares Fasermaterial, dadurch gekennzeichnet, dass ein Kieselsol nach einem der Ansprüche 1 bis 8 nachfolgend in einem Spinnprozess versponnen wird.

14. Biologisch degradierbares und/oder biologisch resorbierbares Fasermaterial nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass das Fasermaterial Fasern, Endlosfäden, Vliesen und/oder Gewebe umfasst.

15. Verfahren zur Herstellung eines zu mindestens 70% des gesamten Reaktionsansatzes verspinnbaren Kieselsol-Materials, durch a) eine mindestens 16 stündige Hydrolyse-Kondensationsreaktion von einer oder mehrerer Si-Verbindungen der Formel (I)

SiX4 (I) in der die Reste X gleich oder verschieden sind und Hydroxy, Wasserstoff, Halogen,

Amino, Alkoxy, Acyloxy, Alkylcarbonyl und/oder Alkoxycarbonyl bedeuten und sich von Alkyl-Resten ableiten, die gegebenenfalls substituierte geradkettige, verzweigte oder cyclische Reste mit 1 bis 20 Kohlenstoff-Atomen, bevorzugt mit 1 bis 10 Kohlenstoff- Atomen, darstellen und durch Sauerstoff- oder Schwefelatome oder durch Amino-Gruppen unterbrochen sein können, b) Eindampfen zur Erzeugung einer einphasigen Lösung vorzugsweise bei einer gleichzeitigen schonenden Durchmischung des Reaktionssystems, c) Abkühlung der einphasigen Lösung und d) kinetisch kontrollierten Reifung zur Erzeugung des Kieselsol-Materials.

16. Verfahren zur w-v/Tro-Vermehrung von Zellen, wobei eine Fasermatrix aus Fasern gemäß einem der Ansprüche 13 und/oder 14 als Zellstützsubstanz und/oder Leitstruktur für die von den Zellen gebildete extrazelluläre Matrix dient.

17. Zellenverbund, Gewebe und/oder Organe, herstellbar gemäß dem Verfahren nach Anspruch 16.

18. Zellenverbund, Gewebe und/oder Organe mit einer Fasermatrix aus Polykieselsäure, wobei die biologisch degradierbare und/oder biologisch resorbierbare Fasermatrix nach einer Zeitperiode von 4 Wochen nach erstmaliger in-vitro Zellbesiedelung zu mindestens 60% identisch mit der usprünglichen 2- bzw. 3- dimensionale Form der Fasermatrix ist

Description:

Kieselsol-Material zur Herstellung von biologisch degradierbaren und/oder resorbierbaren Kieselgel-Materialien, dessen Herstellung und Verwendung

Die Erfindung betrifft ein neues Kieselsol-Material zur Herstellung von biologisch degradierbaren und/oder resorbierbaren Kieselgel-Materialien mit verbesserten Eigenschaften sowie ein Verfahren zu dessen Herstellung und dessen Verwendung. Die Erfindung betrifft außerdem biologisch degradierbare und/oder biologisch resorbierbare Kieselgelfaser-Materialien.

Es gibt vielfältige Bestrebungen biologisch degradierbare und/oder biologisch resorbierbare Materialien für verschiedene Anwendungen in der Humanmedizin und der Medizintechnik zu entwickeln. In diesen Bereichen werden zudem stetig steigende Anforderungen, insbesondere an die biologische Verträglichkeit, biologische Wirksamkeit und die toxikologischen Eigenschaften der Materialien, gestellt.

Resorbierbare Kieselgele sind im Stand der Technik bekannt. In der DE 196 09 551 Cl sind biologisch degradierbare, biologisch resorbierbare Faserstrukturen beschrieben. Diese Fasern können in einem Sol-Gel-Prozess dadurch erhalten werden, dass man aus einer Spinnmasse Fäden zieht und diese gegebenenfalls trocknet. Die Spinnmasse enthält eine oder mehrere partiell oder vollständig hydrolytisch kondensierte Verbindungen des Siliziums, die sich durch hydrolytische Kondensation ableiten von Monomeren der allgemeinen Formel SiX 4 . Diese Fasern haben den Nachteil, dass sie bei einer Degradation direkt nach dem Spinnprozess noch keine optimalen Ergebnisse in Cytotoxizitätstests zeigen und teilweise als cytotoxisch bewertet werden müssen. Eine solche Toxizität ist gerade im Einsatz in der Humanmedizin oder Medizintechnik, zum Beispiel im Bereich der Wundheilung, in der Regel nicht erwünscht. Das Verfahren zur Herstellung der Fasern nach der DE 196 09 551 Cl hat darüber hinaus den Nachteil, dass die resultierende Mischung nach dem Entfernen' des Lösungsmittels im Hydrolyse- Kondensationsschritt schon eine mehrphasige Mischung ist und zum Entfernen des entstandenen Feststoffs gezwungenermaßen einer Filtration unterworfen werden muss. Darüber hinaus geht durch die Bildung der festen Phase und durch den zwingenden Filtrationsschritt ein großer Anteil des spinnbaren SoIs verloren. Nach dem Verfahren der DE 196 09 551 Cl kann auch während der Reifung die Bildung eines nicht unbeträchtlichen Anteils einer festen Phase, insbesondere eine Gelbildung, nicht sicher unterdrückt werden. Dies reduziert nochmals den Anteil an spinnbarer Sol-Masse.

Unabhängig davon konnte gezeigt werden, dass die erfindungsgemäßen Fasern und Vliesen verbesserte Wundheilungseigenschaften aufweisen. Darüber hinaus sind die erfindungsgemäßen Fasern und Vliesen besonders für den Einsatz als Zellstützstrukturen geeignet.

Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein neues Kieselsol-Material für die Herstellung von biologisch degradierbaren und/oder biologisch resorbierbaren Kieselgel-Materialien zur Verfügung zu stellen. Außerdem ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung biologisch degradierbare und/oder biologisch resorbierbare Kieselgel-Materialien bereitzustellen, die verbesserte Cytotoxizitäts- und/oder Wundheilungseigenschaften aufweisen. Eine weitere Aufgabe kann darin gesehen werden, verbesserte Zellstützstrukturen beispielsweise zur in-vitro Herstellung von Hautimplantaten, Knorpel und Knochen zur Verfügung zu stellen.

Die Aufgabe wird durch ein Kieselsol-Material gemäß Anspruch 1 gelöst. Hiernach kann ein Kieselsol Material dadurch erhalten werden, dass a) eine Hydrolyse-Kondensationsreaktion von einer oder mehrerer Si-Verbindungen der Formel I

SiX 4 (I) in der die Reste X gleich oder verschieden sind und Hydroxy, Wasserstoff, Halogen, Amino, Alkoxy, Acyloxy, Alkylcarbonyl und/oder Alkoxycarbonyl bedeuten und sich von Alkyl- Resten ableiten, die gegebenenfalls substituierte geradkettige, verzweigte oder cyclische Reste mit 1 bis 20 Kohlenstoff- Atomen, bevorzugt mit 1 bis 10 Kohlenstoff- Atomen, darstellen und durch Sauerstoff- oder Schwefelatome oder durch Amino-Gruppen unterbrochen sein können, sauer katalysiert bei einem anfänglichen pH- Wert von 0 bis < 7, gegebenenfalls in Gegenwart eines wasserlöslichen Lösungsmittels, über mindestens 16 h bei einer Temperatur von 0 0 C bis 80 0 C durchgeführt wird, b) durch nachfolgendes Eindampfen eine einphasige Lösung mit einer Viskosität im Bereich von 0,5 bis 2 Pa s bei einer Scherrate von 10 s '1 bei 4 0 C erzeugt wird, c) diese Lösung nachfolgend abgekühlt und d) einer kinetisch kontrollierten Reifung unterworfen wird, wobei ein homogenes einphasiges SoI gebildet wird.

In Schritt a) wird ein Rest X von einer oder von mehreren verschiedenen Si-Verbindungen der

Formel (I):

SiX 4 (I) in der die Reste X gleich oder verschieden sind und Hydroxy, Wasserstoff, Halogen, Amino, Alkoxy, Acyloxy, Alkylcarbonyl und/oder Alkoxycarbonyl bedeuten und sich von Alkyl-Resten ableiten, die gegebenenfalls substituierte geradkettige, verzweigte oder cyclische Reste mit 1 bis

20 Kohlenstoff-Atomen, bevorzugt mit 1 bis 10 Kohlenstoff- Atomen, darstellen und durch Sauerstoff- oder Schwefelatome oder durch Amino-Gruppen unterbrochen sein können, eingesetzt.

In einer bevorzugten erfindungsgemäßen Ausführungsform steht X in der Formel (I) für einen gegebenenfalls substituierten geradkettigen, verzweigten und/oder cyclischen Alkoxyrest mit 1 bis

20 Kohlenstoff- Atomen, bevorzugt mit 1 bis 10 Kohlenstoff- Atomen. Besonders bevorzugt steht X in der Formel (I) für einen gegebenenfalls substituierten geradkettigen und/oder verzweigten Ci-

C 5 Alkoxyrest. Weiter besonders bevorzugt sind substituierte, vorzugsweise aber unsubstituierte geradkettige und/oder verzweigte C 2 — C 3 Alkoxyreste, wie beispielsweise Ethoxy, N-Propoxy und/oder Isopropoxy.

Erfindungsgemäß ganz besonders bevorzugt wird Tetraethoxysilan (TEOS) als Si-Verbindung in die erfindungsgemäße Hydrolyse-Kondensations-Reaktion eingesetzt. Als wasserlösliches Lösungsmittel kann bevorzugt Ethanol bzw. ein Wasser/Ethanol Gemisch eingesetzt werden. Die Si-Verbindung kann zum Ethanol in einem Verhältnis von > 1 eingesetzt werden.

Der anfangliche pH von 0 bis < 7. vorzugsweise von 2 bis 5, wird in einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung mit und salpetersaurem Wasser eingestellt. Andere saure Gemische und/oder Lösungen, die lokal NO oder NO 2 erzeugen können, sind jedoch für die Ausführung der vorliegenden Erfindung auch geeignet. Dies können z.B. saure Gemische und/oder Lösungen sein, die in physiologischer Umgebung mit molekularem Sauerstoff enzymatisch (mittels einer Nitroxid-Synthase, NOS) Stickstoffmonoxid (NO) erzeugen, das wiederum vom Körper schnell zu NO 2 umgesetzt wird oder es können auch Organische Nitrate bzw. Nitratester (so genannte NO-Donatoren) sein z.B. Ethylnitrat, die NO mit Hilfe einer organischen Nitratreduktase bilden. Für diese enzymatische Freisetzung von NO werden Thiolgruppen (Cystein) benötigt.

Neben der verdünnten Salpetersäure ist deshalb erfindungsgemäß auch eine wässrige oder alkoholische (besonders bevorzugt: eine wässrig verdünnte ethanolische) Lösung einer physiologisch verträglichen Säure (z.B. Zitronen-. Bernstein-, Wein-, Essig- oder Ascorbinsäure) und mindestens einer essentiellen (z.B. L-Arginin, besonders bevorzugt; L-Valin, L-Leucin, L- lsoleucin, L-Phenylalanin, L-Thyroxin, L-Methionin, L-Lycin oder L-Tryptophan) oder nichtessentiellen Aminosäure (z.B. L-Glutamin, L-Glutaminsäure, L-Asparagin, L-Asparaginsäure, L- Cystein, L-Glycin, L-Alanin. L-Prolin, L-Histidin, L-Tyrosin) als Substrat der NOS geeignet, den pH auf den gewünschten Wert im schwach bis mittelstark sauren Bereich einzustellen.

In einer bevorzugten Ausfuhrungsform wird die die Hydrolyse-Kondensations-Reaktion mit einer Si-Verbindung und salpetersaurem Wasser in einem molaren Verhältnis zwischen 1 :1,7 bis 1 : 1,9, besonders bevorzugt in einem Verhältnis zwischen 1 :1,7 und 1 : 1,8 durchgeführt. Das salpetersaure Wasser kann als 0,01 N HNO 3 eingesetzt werden.

Die Hydrolyse-Kondensation wird über einen Zeitraum von mindestens 16 h, bevorzugt von mindestens 18 h, bei einer Temperatur von 0 0 C bis 8O 0 C, vorzugsweise von O 0 C bis 78°C besonders bevorzugt bei 20-60 0 C, noch bevorzugter bei etwa 2O 0 C bis etwa 5O 0 C und zum Beispiel - bei der Verwendung der erfindungsgemäßen Materialien für die Wundbehandlung - bei Raumtemperatur (etwa 20 bis etwa 25°C) oder bei etwa 37°C durchgeführt.

In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung kann die Hydrolyse über einen Zeitraum von mindestens 16 Stunden, bevorzugt mindestens 18 Stunden bis zu 4 Wochen durchgeführt werden. Bevorzugt wird die Hydrolysezeit auf 24 h bis zu 18 Tagen, besonders bevorzugt auf 3 bis 8 Tage bemessen. Es wurde überraschend festgestellt, dass bei einer verlängerten Hydrolyse-Kondensationszeit gegenüber den bisher üblichen Zeiten von wenigen Stunden bei Raumtemperatur, nach dem Entfernen des Lösungsmittels in Schritt b) eine homogene einphasige Lösung erhalten werden kann, die vor der Reifung in Schritt d) keiner Filtration mehr bedarf.

Die erste Hydrolyse-Kondensationsreaktion wird vorzugsweise diskontinuierlich in einem Rührwerksbehälter bwz. einem Einhaltsrundkolben mit Rührstab durchgeführt. Die Si-Verbindung der Formel (I) (z.B. TEOS) und das Solvens (z.B. Ethanol) werden vorzugsweise vorgelegt. Anschließend erfolgt die zügige Zugabe der Säure, vorzugsweise in Form von 0,01 N HNO 3 (z.B. 0.01 Mol HNO 3 pro Mol TEOS). Aufgrund der Säure-Stärke in dem Reaktionsgemisch läuft die erste Hydrolyse-Kondensationsreaktion schnell ab, und der Inhalt des Behälters erwärmt sich um etwa 40 0 C, ehe die Temperatur noch während der Reaktionszeit (also in Schritt (a)) zu sinken beginnt (in Folge einer natürlichen Abkühlung auf die Umgebungstemperatur, bzw. Heizmitteltemperatur).

Das Entfernen des wasserlöslichen Lösungsmittels (z.B. Ethanol, Wasser) in Schritt (b) wird in einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung in einem geschlossenen Apparat, in dem eine Durchmischung möglich ist (vorzugsweise Rotationsverdampfer und/oder Rührkessel) bei gleichzeitiger Entfernung des Lösungsmittels (Wasser, Ethanol) durch Eindampfen bei einem Druck von 1 bis 1013 mbar, bevorzugt bei einem Druck von < 600 mbar, optional mit kontinuierlicher Zufuhr eines chemisch inerten Schleppgases zur Partialdruckerniedrigung der

verdampfenden Komponenten von 1 - 8m3/h (vorzugsweise bei 2,5 bis 4,5 m3/h), einer Reaktionstemperatur von 30 0 C bis 90 0 C, vorzugsweise 60-75 0 C, noch bevorzugter bei 60-70 0 C und vorzugsweise unter schonender Durchmischung des Reaktionssystems bis 80U/min (vorzugsweise bei 20U/min bis 60U/min) bis zu einer Viskosität des Gemisches auf 0,5 bis 30 Pa s bei einer Scherrate von 10 s "1 bei 4 0 C, vorzugsweise 0,5 bis 2 Pa s bei einer Scherrate von 10 s '1 bei 4 0 C, besonders bevorzugt ca. 1 Pa s (Messung bei 4°C, Scherrate 10 s "1 ), durchgeführt.

„Schleppgasstrom" bezeichnet erfindungsgemäß einen Gasstrom, der dem Gasvolumen über der Flüssigphase des Reaktionssystem zugeführt wird. Zur Wahrung der isobaren Verhältnisse im Reaktionsgefäß muss dadurch ein gasförmiger Volumenstrom abgeführt werden, der sowohl aus dem „Schleppgas" als auch aus der / den zu verdampfenden Komponente(n) besteht. Die resultierende Partialdruckerniedrigung, also die Verringerung des Anteils der zu verdampfenden Komponente bzw. des Komponentengemisches im Gasraum, erhöht die treibende Kraft zur Verdampfung des Lösungsmittel an der Flüssigkeitsoberfläche.

In einer besonders bevorzugten Ausführungsform wird der „Schleppgasstrom" mittels eines geeignet im Gasraum des Apparates angeordneten Gasverteilers derart verteilt, dass ein ausreichender Schleppgasaustausch knapp oberhalb der Flüssigkeitsoberfläche gewährleistet wird, ohne jedoch die Flüssigkeitsoberfläche direkt konvektiv anzuströmen. Letzteres kann im Extremfall zu einer lokalen Vergelung führen, was unerwünscht ist. Gasverteiler mittels der diese Ausführungsform umgesetzt werden kann, sind dem Fachmann bekannt.

Durch die fortschreitende Reaktion/Polymerisation (am Viskositätsanstieg erkennbar) verschiebt sich das Phasengleichgewicht, so dass der entsprechende Gleichgewichtsdruck des Lösungsmittels in der Dampfphase immer niedriger wird. Sinkt der Gleichgewichtsdruck auf den Gesamtdruck in der Gasphase ab, hört die Verdampfung auf.

Um weiter Lösungsmittel zu verdampfen, muss optimalerweise daher der Druck abgesenkt, der Schleppgasstrom variable angepasst und/oder die Temperatur erhöht werden.

In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung wird zumindest einer der Verfahrensparameter Druck, Schleppgasstrom und/oder Temperatur zeitlich variabel angepasst wird.

In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung erfolgt das Eindampfen in Schritt b) bei einer konstanten Temperatur und zeitlich variablem Druck.

In einer bevorzugten Ausfuhrungsform der Erfindung wird als chemisch inerter Schleppgasstrom Stickstoff und/oder Luft zur Partialdruckerniedrigung eingesetzt.

In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird das wasserlösliche Lösungsmittel mittels einer Kombination aus Vakuum und Schleppgasstrom entfernt. Der Gesamtdruck und

Schleppgasstrom kann bei dieser Ausführungsform der Erfindung unabhängig voneinander konstant oder zeitlich variabel angepasst werden. In dieser Ausführungsform der Erfindung wird idealerweise zumindest einer der Verfahrensparameter Druck, Schleppgasstrom und/oder

Temperatur zeitlich variabel angepasst. Dadurch wird es möglich z. B. integral eine bestimmte Reaktionszeit bei einem gewünschten Eindampfgrad zu erreichen und/oder die Eindampfrate an die Reaktionskinetik anzupassen.

In einer bevorzugten Ausfuhrungsform der Erfindung wird das Eindampfen in Schritt b) bei einer konstanten Temperatur und zeitlich variablem Druck erfolgen, wobei der Druck bis zum Ende der zweiten HKR, ausgehend von Normaldruck bzw. leichtem Unterdruck, auf < 600 mbar, vorzugsweise < 500 mbar, besonders bevorzugt < 100 mbar abgesenkt wird.

Bei der Kombinationsfahrweise (Vakkum mit Schleppgasstrom) ist ein konstanter oder variabler Unterdruck von < 600 mbar bevorzugt.

Temperaturen oberhalb von 60 0 C sind besonders bevorzugt, um bei der sonst im Restlösungsmittel deutlich ansteigenden Konzentration der HNO 3 eine reduktive Umsetzung der HNO 3 zu NO zu begünstigen. Dieses sehr leichtflüchtige Gas (Normalsiedepunkt etwa -150 0 C) wird nach Entweichen aus der flüssigen Phase bei Luftkontakt zum leicht siedenden NO 2 (SP etwa 21 0 C) oxidiert, das mit dem Abluft- bzw. Gasstrom aus dem System entfernt wird. Auf diesem Weg wird die Säurekonzentration im erfindungsgemäßen Materials beschränkt bzw. reduziert. Alternativ kann die Säurestärke jedoch auch in einem der nachfolgenden Schritte, z. B. durch Ablüften des festen Körpers, z. B. als Faservlies, reduziert werden.

Wird aber das System organische Säure/Arginin an Stelle von Salpetersäure verwendet, erfolgt die Erhöhung des pH bzw. die Verringerung der Säure-Stärke, falls erwünscht, z.B. mittels Tris- Lösungen (soweit sich die Säure, z.B Essigsäure, nicht austreiben läßt) kurz vor der Applikation durch spülen in einer wässrigen Tris-Lösung.

überraschenderweise wurde im Vergleich zu der DE 196 09 551 Cl entdeckt, dass durch eine schonende Durchmischung des Reaktionssystems bei 20U/min bis 80U/min, die Ausbildung eines

Konzentrationsgradienten über der Höhe des Ansatzes im Reaktionsgefäss während des Reaktiveindampfens (Schritt b) verhindern werden kann. Dies trägt zusammen mit der verlängerten Hydrolyse-Kondensationsreaktionszeit von mindestens 16 Stunden dazu bei, dass beim erfindungsgemäßen Verfahren mindestens 70%, vorzugsweise mindestens 80% und ganz besonders bevorzugt mindestens 90% des gesamten Reaktionsansatzes versponnen werden kann.

Schritt (b) wird bevorzugt so lange durchgeführt, bis eine einphasige Lösung mit einer Viskosität im Bereich von 0,5 bis 2 Pa s bei einer Scherrate von 10 s-1 bei 4 0 C, vorzugsweise ca. 1 Pa s (Messung bei 4°C, Scherrate 10 s-1), erzeugt wird.

In einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird die Verfolgung des Reaktionsforschritts in Schritt b) über die Viskosität erfolgen.

Die aus der Hydrolyse-Kondensations-Reaktion in Schritt b) resultierende homogene und einphasige Lösung kann nachfolgend abgekühlt und vorteilhafterweise quantitativ und optional ohne Filtration einer kinetisch kontrollierten Reifung unterworfen werden.

Die Reifung (Schritt c)) kann erfindungsgemäß bei einer Temperatur von -20 0 C bis 10 0 C, bevorzugt bei 2 °C bis 4 0 C (z.B. in einem Kühlschrank) durchgeführt werden. Besonders bevorzugt wird die Reifung bei 4 0 C durchgeführt. Durch die niedrige Temperatur kann während der Reifezeit kinetisch kontrolliert, ausgehend von den oben in Formel (I) beschriebenen Si- Verbindungen, eine weitere Kondensation ablaufen. In diesem Gemisch können Oligomere und/oder Polymere Siloxane und/oder Silanole gebildet werden. Die Oligomere und/oder Polymere können auch über Wasserstoffbrückenbindungen aggregieren. Nach der Reifung kann erfindungsgemäß eine strukturviskose homogene einphasige Sol-Masse erhalten werden. Vorteilhafterweise kann erfindungsgemäß daher die konkurrierende Ausbildung eines dreidimensionalen polymeren Gelnetzwerkes weitestgehend unterdrückt werden. Es kann daher eine homogene Sol-Masse gewonnen werden, die keine feste zweite Phase, insbesondere weitestgehend keine Gelphase, aufweist.

Die Reifezeit in Schritt d) kann erfindungsgemäß von 3 Tagen bis 4 Wochen, bevorzugt mindestens 10 Tage, bevorzugter zwischen 14 - 40 Tagen, beispielsweise zwischen 14 und 28 Tagen, noch bevorzugter mindestens 25 Tage und - speziell bei der Verwendung der erfindungsgemäßen Materialien für die Wundbehandlung - zwischen 25 und 40 Tage betragen. Erfindungsgemäß bevorzugt weist das in Schritt d) erhaltene SoI eine Viskosität zwischen 30 und 100 Pa s (Scherrate 10 s "1 bei 4°C) mit einem Verlustfaktor (bei 4°C, 10 l/s, 1% Deformation) von

2 bis 5 bevorzugt von 2,5 bis 3,5 (der Verlustfaktor ist der Quotient aus viskosem zu elastischem Anteil der dynamischen Viskosität). Diese Bedingungen für die Reifung sind insbesondere bevorzugt, wenn das Kieselsol nach Schritt d) zu einer Faser versponnen werden soll.

Soll die erfindungsgemäße Faser/Vliese für die Wundheilung eingesetzt werden, so weist das in Schritt d) erhaltene SoI vorzugsweise eine Viskosität von 35 bis 75 Pa s (Scherrate 10 s 1 bei 4°C) und noch bevorzugter von 35 bis 45 Pa-s (Scherrate 10 s '1 bei 4°C) vorzugsweise bei einem Verlustfaktor (bei 4°C, 10 l/s, 1% Deformation) von 2,5 bis 3,5 auf.

Ein zu hoher Verlustfaktor bedeutet eine zu hohe Elastizität des Materials, die z.B. der Ausbildung eines stabilen Fadens bei der Verspinnung entgegensteht (Vergelung, Reißen des Fadens). Bei zu niedriger Verlustfaktor ist das Material so fließfähig, dass eine stabile Fadenbildung nicht möglich ist (Tropfen)

Die Bedingungen bei der Reifezeit können variieren, sofern das erfϊndungsgemäße Kieselsol anstatt zu einer verspinnbaren Faser nachfolgend zu einem Pulver verarbeitet werden soll. Vorzugsweise beträgt die dynamische Viskosität am Ende von Schritt (d) in diesem Fall etwa 60 Pa • s (Scherrate 10 s-1 bei 4°C).

Im Fall der Verarbeitung des Kieselsols zu einem Monolith beträgt die dynamische Viskosität am Ende von (d) vorzugsweise größer gleich 70 Pa • s (Scherrate 1OsI bei 4°C. Wenn das Kieselsol zur Beschichtung von Körpern oder Oberflächen verwendet werden soll, liegt die dynamische Viskosität je nach gewünschter Schichtdicke bei kleiner gleich 10 Pa • s (Scherrate lOs-1 bei 4°C).

Vorzugsweise kann die erhaltene Sol-Masse zumindest annähernd quantitativ in weitere Herstellungsschritte und/ oder -prozesse für biologisch degradierbare und/oder resorbierbare Kieselgel-Materialien eingesetzt werden. Bevorzugt ist das in Schritt d) erhaltene SoI spinnbar. In einem weiteren Schritt e) kann erfindungsgemäß ein Spinnprozess vorgesehen sein.

Ein solcher Spinnprozessschritt kann unter üblichen Bedingungen durchgeführt werden, wie zum Beispiel in DE 196 09 551 Cl und DE 10 2004 063 599 Al beschrieben.

Hierbei wird dass SoI z. B. über einen Druckbehälter durch eine Düsenplatte mit Einzeldüsen ausgeblasen (Druck im Behälter 1-100 bar, vorzugsweise 20 bis 30 bar). Der Spinnschacht hat üblicherweise eine Länge von 1-5 m vorteilhafterweise 2 m. Das Klima im Spinnschacht wird bzgl. Temperatur und Feuchtigkeit kontrolliert eingestellt. Bevorzugt sind

Temperaturen zwischen 20 0 C und 30 0 C und -5 bis 10 0 C Taupunkt beziehungsweise Feuchtigkeit von 20 bis 40% relativer Feuchte, bevorzugt 20-25% relative Feuchte und besonders bevorzugt etwa 20% relative Feuchte.

Die Fasern sind nach dem Durchfallen durch den Spinnschacht formstabil und werden auf einen Changiertisch abgelegt. Die Maschenweite der so entstehenden Fasergelege wird u. a. über die Changiergeschwindigkeiten eingestellt. Diese liegt bei einigen cm/s. Durch eine zwei- Achsenbewegung entsteht so ein engmaschiges Fasergelege (Vlies), bei dem, bezogen auf TEOS als Si enthaltende Ausgangsverbindung, i.d. R. noch über 25 bis 33 %. der Ethoxy-Gruppen vorhanden sind.

Speziell bei der Verwendung der erfindungsgemäßen Materialien für die Wundbehandlung ist das Flächengewicht des Fasermaterials vorzugsweise mindestens 90 g/m2, und besonders bevorzugt mindestens 150g/m2. Die Dicke der Wundauflage (bestehend aus dem gesponnenen Vlies) ist bevorzugt mindestens 0,8 mm und besonders bevorzugt mindestens 1,5 mm. Der Faserdurchmesser ist vorzugsweise mindestens etwa 45 μm.

Die aus dem erfindungsgemäßen Verfahren resultierenden Kieselgel-Fasermaterialien und Produkte, also beispielsweise Fäden, Fasern, Vliese und/oder Gewebe, weisen eine hervorragende biologische Degradierbarkeit und biologisches Resorptionsvermögen auf.

Ein weiterer erfindungsgemäßer Vorteil ist, dass erfindungsgemäß erzeugte Kieselgel- Fasermaterialien, gegenüber Fasern, die nach dem Verfahren der DE 196 09 551 Cl erhalten wurden, deutlich verbesserte Werte in Cytotoxizitätstests in Tests in Gegenwart von L929- Mausfibroplasten aufweisen (siehe Beispiel 1 und Vergleichsbeispiel). Produkte, die aus dem erfindungsgemäßen Kieselsol-Material erzeugt wurden, zeichnen sich daher durch eine besonders gute biologische Verträglichkeit aus. Die erfindungsgemäßen Fäden, Fasern oder Vliese können insoweit vorteilhaft als biodegradierbare und/oder biologisch resorbierbare Materialien und Produkte in der Humanmedizin oder Medizintechnik eingesetzt werden.

Unabhängig davon konnte experimentell gezeigt werden, dass die erfindungsgemäßen Fasern und Vliesen verbesserte Wundheilungseigenschaften aufweisen. Insbesondere können die erfindungsgemäßen Materialien daher vorteilhaft im Bereich der Wundbehandlung und Wundheilung verwendet werden. Fäden können beispielsweise als chirurgisches Nahtmaterial oder als Verstärkungsfasern eingesetzt werden. Erfindungsgemäße Faservliese können besonders vorteilhaft bei der Versorgung von oberflächlichen Wunden verwendet werden.

Die erfindungsgemäßen biologisch degradierbaren und biologisch resorbierbaren Fasern und Vliese können durch eine kontrollierte Hydrolyse-Kondensations-Reaktion von den oben genannten Si- Verbindungen und salpetersaurem Wasser durch die folgenden Schritte hergestellt werden: a) eine Hydrolyse-Kondensationsreaktion von einer oder mehrerer Si- Verbindungen der Formel I

SiX 4 (I) in der die Reste X gleich oder verschieden sind und Hydroxy, Wasserstoff, Halogen, Amino, Alkoxy, Acyloxy, Alkylcarbonyl und/oder Alkoxycarbonyl bedeuten und sich von Alkyl- Resten ableiten, die gegebenenfalls substituierte geradkettige, verzweigte oder cyclische Reste mit 1 bis 20 Kohlenstoff-Atomen, bevorzugt mit 1 bis 10 Kohlenstoff-Atomen darstellen, und durch Sauerstoff- oder Schwefelatome oder durch Amino-Gruppen unterbrochen sein können, sauer katalysiert bei einem anfänglichen pH- Wert von 0 bis < 7, gegebenenfalls in Gegenwart eines wasserlöslichen Lösungsmittels, über mindestens 16 h, vorzugsweise über mindestens 18 h bei einer Temperatur von 0 0 C bis 80 0 C, bevorzugt bei 20-60 0 C, besonders bevorzugt bei

20 bis 5O 0 C, beispielsweise bei Raumtemperatur (etwa 20 0 C bis etwa 25°C) oder etwa 37°C durchgeführt wird, b) durch nachfolgendes Eindampfen wird eine einphasige Lösung mit einer Viskosität im Bereich von 0,5 bis 2 Pa s bei einer Scherrate von 10 s-1 bei 4 0 C erzeugt, c) diese Lösung wird nachfolgend abgekühlt und d) einer kinetisch kontrollierten Reifung unterworfen, wobei ein homogenes SoI gebildet wird und e) Verspinnen des in d) gewonnenen SoIs in einem Spinnprozess.

Wird in die Hydrolyse-Kondensationsreaktion im Schritt a) beispielsweise TEOS als Si- Verbindung eingesetzt, so kann bei ausreichender Hydrolysezeit nach dem Eindampfen in Schritt b) eine homogene Lösung erhalten werden. Während der Reifezeit bei niedriger Temperatur kann in Schritt c) eine kinetisch kontrollierte Reaktion ablaufen. Das Gemisch kann in Schritt d) dann gelöst als homogene einphasige Masse vorliegen und somit als spinnbare Sol-Masse gewonnen werden.

Die erfindungsgemäß hergestellten Fasern oder Vliese können insoweit vorteilhaft als biologisch resorbierbare und/oder bioaktive Materialien in der Humanmedizin, der Medizintechnik, der Filtertechnik, der Biotechnologie oder der Dämmstoffindustrie eingesetzt werden. Insbesondere können die erfindungsgemäß hergestellten Materialien vorteilhaft im Bereich der Wundbehandlung und Wundheilung verwendet werden. Fasern können beispielsweise als

chirurgisches Nahtmaterial oder als Verstärkungsfasern eingesetzt werden. Vliese können besonders vorteilhaft bei der Versorgung von oberflächlichen Wunden, bei der Filtration von Körperflüssigkeiten (z.B. Blut) oder im Bereich der Bioreaktoren als Anzuchthilfe verwendet werden.

Eine weiteren Ausführungsform der Erfindung kann ein Drug Delivery System und/oder eine Arzneimittelformulierung, ein Mikropulver und/oder ein Nanopulver sein.

Solche Pulverformen können dadurch erhalten werden, dass das erfindungsgemäße Kieselsol mit einem gewünschten Wirkstoff, beispielsweise einem oder mehreren Arzneimitteln versetzt wird (durch eine weitere Hydrolyse-Kondensationsreaktion kann der Wirkstoff optional auch kovalent gebunden werden) und eine homogene Mischung erzeugt wird. Insbesondere im Fall der Beimischung von temperaturempfindlichen Wirkstoffen wird das Gemisch aus SoI und Wirkstoff(en) einer schonenden Trocknung, z.B. einer Sprüh- oder Gefriertrocknung unterworfen. Ist der Wirkstoff nicht temperaturempfindlich oder wird ein solcher gar nicht zugesetzt, kann die Trocknung auch bei (deutlich) erhöhten Temperaturen bewirkt werden. Dabei bildet sich vorzugsweise eine bioresorbierbare und/oder bioaktive Kieselgel-Matrix um den Wirkstoff. Diese Matrix ist insbesondere auch für die Einkapselung von flüssigen Wirkstoffen geeignet Flüssigkeiten können langzeitstabil in der Matrix eingeschlossen und kontrolliert wieder freigegeben werden. Die Einkapselung ermöglicht die mechanische und chemische Stabilisierung der Wirkstoffe, die verbesserte Handhabbarkeit solcher flüssigen Wirkstoffe und Arzneimittel und hilft, eine ungesteuerte Verflüchtigung der Wirkstoffe zu vermeiden. Es können selbstverständlich weitere, der jeweiligen Anwendung angepasste Substanzen und/oder Hilfsstoffe in der endgültigen Formulierung (Pulver) vorhanden sein. Die Partikel eines erfϊndungsgemäßen Mikropulvers haben vorzugsweise eine Größe (einen mittleren Durchmesser) von 0,01 μm bis 100 μm, insbesondere 0,1 μm bis 20 μm. Die Nanopulver-Partikel haben in der Regel eine Größe (einen mittleren Durchmesser) von < 100 nm.

In einer weiteren Ausgestaltung kann eine Mischung aus mindestens einem Wirkstoff mit dem erfindungsgemäßen Kieselsol in eine Form gegossen werden. Nach der Trocknung kann auf diese Weise ein Monolith erhalten werden. Solche Monolithe können in Form von massiven Implantaten als Wirkstoff Zulieferungs-System (Drug Delivery System) beispielsweise subkutan eingesetzt werden. Sie können beispielsweise als Depot für Contraceptiva eingesetzt werden und über einen längeren Zeitraum den Wirkstoff freigeben. Solche erfϊndungsgemäßen Implantate weisen eine gute biologische Verträglichkeit auf. Die Monolithe können vorzugsweise einen Durchmesser von > 0,5 mm aufweisen. Alternativ können die Monolithe auch zu Pulver zerkleinert und gemahlen werden.

Das Kieselsol kann in einer weiteren Ausführungsform durch übliche Beschichtungsverfahren, zum Beispiel durch Tauchen des zu beschichtenden Körpers in das Kieselsol, durch Begießen oder durch Aufschleudern oder Sprayen des Kieselsols beschichtet werden. Bevorzugt wird das Kieselsol auf Dragees oder Kapseln beschichtet. Hierzu werden gepresste pulverförmige Arzneimittel-Gemische mit einer biologisch resorbierbaren und/oder bioaktiven Beschichtung bestehend aus dem erfindungsgemäßen Kieselsol versehen. Hierdurch kann die Freisetzung von (weiteren) Wirkstoffen (z.B. über die Schichtdicke und/oder die Schichtabfolge) innerhalb der Formulierung kontrolliert und/oder gesteuert werden. Eine derartige Beschichtung läßt sich aber auch auf Körperteil-Implantate aufbringen, wodurch die (biologische) Verträglichkeit der Implantate verbessert wird, z.B. Abstoßungsreaktionen abgemildert oder verhindert werden.

Nach einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung können hochviskose Sole, insbesondere Hydrogele, durch das erfindungsgemäße Kieselgel ergänzt oder ersetzt werden. Die hochviskosen Sole und die Hydrogele werden in der Medizin und in der Kosmetik als Wirkstoff bzw. Arzneimittelträger verwendet. Generell werden Hydrogele vielfach in der Versorgung von großflächigen Wunden (Wundbehandlung und Wundheilung) eingesetzt. Vorteilhafterweise kann durch den Zusatz des Kieselsols die biologische Verträglichkeit und damit die Wundheilung verbessert werden. Die erfindungsgemäßen Hydrogele können insoweit vorteilhaft als biologisch resorbierbare und/oder bioaktive Produkte in der Medizin, insbesondere Humanmedizin oder Medizintechnik eingesetzt werden.

Die vorliegende Erfindung betrifft weiter ein Verfahren zur in-vitro- Vermehrung von Zellen, wobei eine Fasermatrix aus einer erfindungsgemäßen Faser als Zellstützsubstanz und/oder Leitstruktur für die von den Zellen gebildete extrazelluläre Matrix dient bzw. den Zellen die Möglichkeit gibt, eine räumliche Anordnung zu finden, die es den Zellen erlaubt, sich zu vermehren und/oder ihre genetisch determinierte Differenzierung zu erreichen. Die Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens ergeben sich exemplarisch aus Beispiel 3.

Als Zellen können beispielsweise undifferenzierte pluripotente Stammzellen oder gentechnisch veränderter oder nativer differenzierter Zellen verschiedener Differenzierungsarten und —grade verwendet werden.

Die auf die Fasermatrix aufzubringenden Zellen haften an die Matrix an oder vermehren sich vornehmlich zweidimensional auf dieser Matrix um zusammen eine extrazelluläre Matrix bzw.

Botenstoffe (Hormone) zu bilden. Die Fasermatrix bildet vorzugsweise ein Flächenelement,

insbesondere in Form eines Vlieses oder Gewebes aus erfindungsgemäßen Fasern. Vorzugsweise ist diese Fasermatrix porös, so daß die ein-/aufgebrachten Zellen sie penetrieren, eine dreidimensionale Verteilung annehmen und entsprechend ihrer genetisch determinierten oder durch hinzu gegebene Differenzierungsfaktoren induzierten Differenzierung ein räumliches Gewebe- und Organwachstum auslösen können bzw. Botenstoffe freisetzen. In einer alternativen Ausführungsform der Erfindung ist die die Matrix als dichtes, von den ein-/aufgebrachten Zellen nicht penetrierbares Fasernetz mit der Möglichkeit der zweidimensionalen Zellverteilung und der gleichzeitigen Möglichkeit eines dreidimensionalen Gewebe-und Organwachstums im Sinne eines Composite grafts ausgebildet.

Das erfindungsgemäße /«-vzTro-Vermehrungsvefahren dient vorzugsweise der /«-vz/ro-Herstellung von Zeilverbunden, Geweben und/oder Organen.

Ein bevorzugter Erfindungsgegenstand betrifft einen ' Zellenverbund, Gewebe und/oder Organe, herstellbar nach dem oben beschriebenen Verfahren. Ein solcher/s Zellverbund, Gewebe und/oder Organe eignet sich beispielsweise als in vitro-Modelϊ für Medikament-Gewebe- Organinteraktionen. Zur Herstellung von Geweben außerhalb des menschlichen Körpers kommen vielfältige Verfahren zur Anwendung, die unter dem weitläufigen Begriff "tissue engineering" zusammengefasst werden. Hierzu werden je nach Gewebeart Zellen aus ihrem bestehenden Gewebeverbund isoliert und zur Vermehrung gebracht. Hiernach werden die Zellen entweder auf flächige Materialien unterschiedlicher Konsistenz aufgebracht oder in poröse bzw. gelartige Materialien eingebracht, hierdurch die Gewebereifung induziert und ggf. durch Differenzierungsfaktoren stimuliert. Die Gewebereifung kann außerhalb oder innerhalb des Körpers erfolgen. Die erfindungsgemäße Fasermatrix hat dabei den Vorteil, dass sie biologisch degradierbar und/oder biologisch resorbierbar ist, jedoch - wie Beispiel 3 zeigt - trotzdem bei der in-vitro- Vermehrung über einen gewissen Zeitraum ihre 2- bzw. 3-dimensionale Form nahezu beibehält. Ein bevorzugter Erfindungsgegenstand betrifft demnach einen Zellenverbund, Gewebe und/oder Organe mit einer Fasermatrix aus Polykieselsäure, bevorzugt hergestellt aus den erfindungsgemäßen Fasern, wobei die biologisch degradierbare und/oder biologisch resorbierbare Fasermatrix nach einer Zeitperiode von 4 Wochen nach erstmaliger in-vitro Zellbesiedelung zu mindestens 60%, vorzugsweise zu mindestens 70% und besonders bevorzugt zu mindestens 80% identisch mit der usprünglichen 2- bzw. 3- dimensionale Form der Fasermatrix ist. Beispielsweise degradiert und/oder resorbieret die erfindungsgemäße Fasermatrix bei einer solchen Ausfuhrungsform vorzugsweise erst nach AufVEinbringen des Zellverbundes, Gewebes und/oder Organs auf/in einen tierischen oder menschlichen Körper.

Je nach Zellart müssen die Zellen entweder zuvor durch enzymatischen Verdau oder durch mechanische Trennung aus ihrem Matrixverbund gelöst werden oder durch Auf- oder Einbringen auf/in ein Nährmedium unter physiologischen Bedingungen zum Wachstum angeregt werden. Die oben genannte Fasermatrix rungiert hierbei als Leitstruktur für das Zellwachstum oder als Leitstruktur für die Akkumulation extrazellulärer Matrix-und Gewebebestandteile. Erfindungsgemäß kann das Faser-Material in verschiedenen Anordnungen zur Anwendung kommen. Welche Anordnung zu wählen ist, weiß der Fachmann an Hand des herzustellenden (Zell-)Gewebes zu bestimmen. Die in Betracht kommenden Anordnungen sind die folgenden:

1) als Flächenelement, d.h. als dichtes Fasernetz, das zwar eine über die Dimension der aufgebrachten Zellen hinausgehende, aber doch nur eine begrenzte Penetration ermöglicht (d.h. die durchschnittliche Größe der Löcher/Faser-bzw. Netzzwischenräume ist keinesfalls größer, bevorzugt sogar kleiner als die durchschnittliche Größe der zu kultivierenden Zellen; somit können die Zellen zwar "in die Fasern einwachsen", dies aber nur derart, daß sie auf der Unterlage der Fasern gut haften), mit der im wesentlichen alleinigen, zumindest aber vornehmlichen Möglichkeit der zweidimensionalen Zellverteilung und einem flächigen Zell,-Gewebeund Organwachstum;

2) als dreidimensionales Raumelement, d.h. als poröses, von den Zellen penetrierbares Fasernetz (d.h. die durchschnittliche Größe der Löcher/Faserbzw. Netzzwischenräume ist keinesfalls kleiner, bevorzugt sogar größer als die durchschnittliche Größe der zu kultivierenden Zellen) mit der Möglichkeit der dreidimensionalen Zellverteilung und einem räumlichen Zell,-Gewebe-und Organ Wachstum; 3) als Kombination von 1) und 2) im Sinne eines "composite graft" oder Organes durch Kombination von Zellen, Geweben bzw. Organen und Oberflächen-Hüllgewebe (z.B. Organkapsel)

3) Diese Variante kommt in Betracht für Gewebestrukturen, die aus mehreren Zellarten zusammengesetzt sind. Beispielsweise bestehen Gefäße aus Endothel und Bindegewebe, wobei das Endothel mit flächiger Struktur zur Auskleidung eines Blutgefäßes dient, während das Bindegewebe als Stützsubstanz des Gefäßes fungiert und die dreidimensionale Hohlstruktur bildet. Durch die Kombination von 1) als Flächenelement für das Wachstum von Endothel und 2) als dreidimensionales Raumelement für das Wachstum von Bindegewebe kann letztendlich ein Gefäß rekonstruiert werden.

Nachfolgend werden einige Gewebe-bzw. Zelltypen aufgelistet, die für die Vermehrung/Herstellung mittels einer der drei Varianten besonders geeignet sind und demnach erfindungsgemäß bevorzugt sind.

Für die Anwendung 1) vorzugswesie die folgenden Gewebe: Epithel, Endothel, Urothel, Mukosa, Dura, Bindegewebe; und vorzugsweise die folgenden Zellen: pluripotente Stammzellen, Chondrozyten (Knorpel; zur Chondrozyten-Vermehrung braucht man ein zweidimensionales Medium, zur Chondrozyten-Differenzierung und Knorpelmatrix-Bildung hingegen braucht man ein dreidimensionales Medium. Hier sind bezüglich Knorpel nur die Zellen gemeint, wenn sie dedifferenzieren und sich vermehren. Die Differenzierung folgt in Anwendung 2), Osteozyten (Knochen; entweder zwei oder dreidimensional, hier gilt dasselbe wie für die Chondrozyten), Nervenzellen (Nerven), Haarzellen (Innenohr-Hörorgan) oder deren Vorläuferzellen jeglicher Differenzierungsstufe (z.B. pluripotente Stammzellen).

Für die Anwendung 2) die folgenden Zellen: die für Anwendung 1) beschriebenen Zellen nach ihrer flächigen Vermehrung, organspezifische Zellen (z.B. Hepatozyten, Nephrozyten, Kardiomyozyten, Pankreozyten), Zellen des ZNS mit/ohne endokrine/r Funktion, z.B. Netzhaut, Neurozyten, Zirbeldrüse, dopaminerge Zellen, Gefäß bildende Zellen (z.B. Angiozyten), Zellen mit endo-oder exokriner Funktion (z. B. Inselzellen, Nebennierenzellen, Speicheldrüsenzellen, Epithelkörperchen, Thyrozyten), Zellen des Immunsystems (z.B. Makrophagen, B-Zellen, T-Zellen oder deren Vorläuferzellen jeglicher Differenzierungsstufe wie pluripotente Stammzellen). Die Zellen des Immunsystems werden dreidimensional gezüchtet, weil sie im Gewebe, nach Penetration der Blut-Gewebeschranke auf ein dreidimensionales Gerüst je nach Gewebeart) treffen und dort im Dreidimensionalen ihre Wirkung entfalten.

Für die Anwendung 3) die folgenden Zeilen/Gewebe/Organe: Trachea, Bronchien, Gefäße, Lymphgewebe, Harnröhre, Harnleiter, Niere, Blase, Nebenniere, Leber, Milz, Herz, Gefäße, Schilddrüse, Tonsillen, Speicheldrüsen, Gehirn, Muskel (glatt, quergestreift), Bandscheiben, Meniskus, Herz, Lunge, Galle, Speiseröhre, Darm, Auge.

Beispiele 1 bis 3 der EP 1 262 542 beschreiben exemplarisch mögliche Anwendungen mit Fasern die aus der DE 196 09 551 Cl bekannt sind. Eine weitere Anwendungsmöglichkeit des in der Erfindung zur Anwendung kommenden Materials ist die Besiedlung des Materials mit Zellen, die eine endo bzw. exokrine Funktion besitzen und Wirkstoffe (z.B. Hormone, Interleukine, Entzündungsmediatoren, Enzyme) freisetzen, die eine Wirkung im Organismus oder außerhalb des entfalten. Das heißt, das erfindungsgemäß verwendete Material kann, bei seiner Besiedelung mit

Zellen mit endo-oder exokriner Funktion auch außerhalb des Körpers zur Herstellung der o.g. Wirkstoffe dienen, die dann über bekannte Verfahren als Arzneimittel dem Körper zur Verfügung gestellt werden. Eine außerhalb des Körpers entfaltete Wirkung kann dazu dienen, Gewebe oder Zellen mit der freigesetzten Substanz zu beeinflussen.

Eine weitere Verwendung der Matrix ist die als bioresorbierbares Bio-Implantat als Leitschiene für die körpereigene Wundheilung unter oder auf Niveau der Haut, Schleimhaut bzw. im Körperinneren im Rahmen von Operationen an Organen und Geweben. Hierzu wird das Material falls möglich durch einen Arzt als Flächenelement oder dreidimensionales Raumelement direkt oder zusammen mit die Wundheilung fördernden Substanzen oder Medikamenten in die Wunde oder Organe/Gewebe, beispielsweise während einer Operation, eingebracht. Die Eigenschaften des erfindungsgemäß verwendeten bioresorbierbaren, anorganischen Materials in Form von Fasern bedingen für die zu züchtenden Zeilen eine nur geringe änderung des Gewebemilieus, insbesondere entsteht kein saures Milieu, mit der Folge, daß eine negative Beeinflussung der Gewebe-und Organdifferenzierung verhindert wird. Weiterhin kommt es, unabhängig vom pH- Wert des Gewebes, zu einem vollständigen Abbau des Materials. Durch den gleichzeitig stattfindenden Gewebe-bzw. Organaufbau findet sich immerzu vitales Gewebe mit der Möglichkeit der Penetration durch anti infektiöse Medikamente bei ungewollter Besiedlung mit Erregern (Infektion). Darüber hinaus kann die Fasermatrix mit Wirkstoffen unterschiedlicher Substanzgruppen versetzt werden mit der Möglichkeit einer positiven Beeinflussung der Gewebe- und Organdifferenzierung durch Entfaltung einer aktiven und passiven Wirkung am Ort der Anwendung, aber auch durch Wirkungsentfaltung an einem entfernt liegenden Wirkort. Hierzu zählen insbesondere einerseits antiinfektiöse Wirkstoffe, andererseits aber auch die Wundheilung, die Entzündungsreaktion sowie die Gewebedifferenzierung unterstützende und modulierende Wirkstoffe wie beispielsweise einerseits Wachstumsfaktorem (IGF, TGF, FGF etc.), andererseits Glukocortikoide und Interleukine, aber auch Chemotherapeutika und Immunsuppressiva.

Die erfindungsgemäß verwendeten bioresorbierbaren, anorganischen Fasern ermöglichen eine

Anhaftung der zur Anwendung kommenden Zellen mit der Möglichkeit zur Vermehrung der Zellen entlang der Fasern, aber auch mit der Möglichkeit der Ausbildung einer Gewebe- bzw.

Organmatrix. Gleichzeitig mit der Vermehrung der Zellen bzw. der Ausbildung einer Gewebe bzw.

Organmatrix kommt es zum Abbau der Faserstruktur. Idealerweise wird der Gewebe-, Organ-bzw.

Zellaufbau mit der Abbaurate des Fasermaterials durch Variation der Kondensation der Fasern korreliert. Dabei gilt, je geringer der Kondensationsprozess (d.h., die Abspaltung von Wasser und damit die Polykondensation) fortgeschritten ist, um so besser kann das Material abgebaut werden.

Der höchste OH-Gehalt und damit die am schnellsten abbaubare Faser erhält man bei frisch

gesponnenen Fasern, die anschließend in Ethanol eingelegt sind. Der Kondensationsprozeß wird außerdem von den Spinnparametern beeinflußt, d.h. Abziehrate, Atmosphäre, Spinntemperatur etc. So hergestellte Fasern sind biologisch degradierbar und biologisch resorbierbar und lösen sich in einem einstellbaren Zeitraum von vorzugsweise 2 Wochen bis 10 Wochen auf, wobei die Abbaurate mit der Zahl der Silanol-Gruppen der Faser korreliert ist. Ein weiterer Aspekt der vorliegenden Erfindung betriffl die Verwendung der erfindungsgemäßen Zellen, Organe und Gewebe, nachdem sie mit Medikamenten und/oder Wirkstoffen versetzt worden sind, als in vitro- Modell für Medikament-Gewebe-Organinteraktionen. Hierdurch können tierexperimentelle Untersuchungen minimiert bzw. vermieden werden.

Ein weiterer besonders bevorzugter Erfindungsgegenstand betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Hautimplantats, wobei man Hautzellen auf die Oberfläche einer Nährlösung aubringt und wachsen lässt und auf die Nährlösung ein Flächenelement aus einer erfindungsgemäßen Faser aufgelegt.

Weiter betrifft die vorliegende Erfindung in einem bevorzugten Erfindungsgegenstand ein Hautimplantat bestehend aus Hautzellen und ein Flächenelement mit erfindungsgemäßen Fasern. Ein Flächenelement (vorzugsweise planar) ermöglicht ein flächiges und damit schnelles Wachstum von Hautzellen, gegebenenfalls unter einsatz von infiltrierten Medikamenten.

Die Erfindung soll mit folgendem Beispielen näher erläutert werden, ohne hierauf beschränkt zu sein.

Alle angegebenen Viskositäten wurden mit Viskosimetern der Firma Physica (Typ MCR300 und MCR301) bei einer Scherrate von 10 s "1 bei 4 0 C gemessen.

Beispiele

Beispiel 1

Kieselsol und biologisch resorbierbares und biologisch degradierbares Kieselgelmaterial

Als Edukte für die Hydrolyse-Kondensation wurden 4 Mol TEOS (Tetraethoxysiloxan) in Ethanol in einem Reaktionsgefäß vorgelegt und 7 Mol Wasser in Form einer 0.0 In HNO 3 -Lösung zugegeben und unter Rühren miteinander vermischt. Die Mischung wurde über 8 Tage bei Raumtemperatur gerührt. Die Lösung aus der Hydrolyse-Kondensationsreaktion wurde nachfolgend beim Eindampfen und Kondensieren im Becherglas bei 70 °C in eine nahezu Wasser- und Ethanol-freie Lösung überführt. Diese Lösung war einphasig, enthielt keine Feststoffe und wies eine Viskosität von 1 Pa s (Scherrate von 10 s '1 bei 4 °C) auf. Die Lösung wurde auf 4 0 C abgekühlt und bei dieser Temperatur einer Reifung unterworfen. Nach einer Reifezeit von 18 Tagen wurde eine homogene einphasige Sol-Masse mit einer Viskosität von 43 Pa s (Scherrate lθs ' 1 bei 4 0 C) erhalten. Die Sol-Masse lag ohne erkennbaren festen Phasenanteil vor. Die homogene Sol-Masse konnte zu Fasern versponnen werden. Sie wird auch als Spinnmasse bezeichnet.

Die Herstellung der Fasern erfolgte in einer üblichen Spinnanlage. Dazu wurde die Spinnmasse in einen auf -15 0 C gekühlten Druckzylinder gefüllt, der mit einem Luftdruck von 20 bar beaufschlagt wurde. Die daraus resultierende Kraft presste das SoI durch Düsen, wodurch Fäden geformt wurden. Die Fäden wiesen je nach Düsendurchmesser einen Durchmesser von 5 und 100 μm auf.

Die fließfähigen, honigartigen Fäden fielen durch ihr Eigengewicht in einen unter dem Druckzylinder befindlichen Spinnschacht und reagierten dort zu einer weitgehend festen Form und formstabile Fäden wurden gebildet. Die Fäden waren an ihrer Oberfläche noch reaktiv, so dass sie beim Auftreffen auf einen gegebenenfalls vorgesehenen Chargiertisch an den Berührungsflächen miteinander verkleben konnten. Durch einstellbare Hubzyklen des Changiertisches entstanden weitere Quervernetzungen zwischen den Fasern und ein Vlies wurde gebildet.

Vorteilhafterweise waren die erfindungsgemäß erhaltenen Fäden trockener als unter vergleichbaren Spinnbedingungen gewonnene Fasern, die nach dem Verfahren der DE 196 09 551 Cl gefertigt wurden. Hierdurch wurden bei der nachfolgenden Fertigung von Vliesen erfindungsgemäß geringer vernetzte und daher flexiblere Vliese erhalten.

Das erfindungsgemäß hergestellte Vlies wurde einem cytotoxikologischen Test nach ISO 10993-5 (1999); EN 30993-5 (1994) unterzogen. Nach Extraktion des Vliesmaterials mit DMEM (Dulbecco's modifiziertes Eagle-Medium) wurde das Extrakt steril gefiltert und mit FCS (Fetal CaIf Serum; 10 % FCS im Extrakt) versetzt. Dieses mit FCS versetzte Extrakt wurde unter sterilen Bedingungen auf L929 Maus Fibroplast Zellen aufgetragen und für 48 h bei 37 °C und einem CO 2 Partialdruck von 5 % aufbewahrt. Triton X 100 wurde als toxische Kontrollsubstanz, das Zell-Kultur-Medium als nichttoxische Kontrollsubstanz verwendet. Die Zellen wurden zur Bestimmung der Zellzahl fixiert und mit Methylenblau gefärbt. Nach saurer Extraktion des Methylenblaus wurde der Farbstoffgehalt mittels Photometrie erfasst und die Extinktion mit einer Standardkurve verglichen, um die Zellzahl anhand der Farbstoffextinktion zu bestimmen. Die Messung der Zellzahl im Vergleich zur Kontrolle ergab, dass das erfindungsgemäße Kieselgelmaterial keine cytotoxischen Eigenschaften aufwies. Messungen des Proteingehalts (nach alkalischer Lyse und Proteingehaltbestimmung mit der Bradfordmethode) und der Freisetzung von Lactatdehydrogenase (LDH; photometrische Methode) bestätigten die Ergebnisse.

Vergleichsbeispiel

Unter den gleichen Bedingungen wurden Toxizitätsmessungen mit einem Vliesmaterial durchgeführt, das analog dem Beispiel in der DE 196 09 551 Cl mit einer Hydrolyse- Kondensationszeit von 1,5 h erzeugt wurde. Es konnten hierbei nur 50 % des gesamten Reaktionsansatzes versponnen werden. Bei dem hieraus erzeugten Fasermaterial wurde im Cytotoxizitätstest eine Cytotoxizität festgestellt.

Beispiel 2

In einer weiteren Studie wurden fünf verschiedene erfindungsgemäße Faservliesen (KG21 1, KG226, AEH06KGF553, AEH06KGF563 und AEHKGF565 mit einem resorbierbaren Kontroll- Wundtherapeutikum (Promogran®) in einer über 3 Monate laufenden Wundheilungsstudie am Meerschweichen verglichen.

Unterschiede der erfindungsgemäßen Faservliesen ergeben sich durch die in der nachfolgenden Tabelle 1 aufgeführten unterschiedlichen Herstellungsparametern.

Tabelle 1:

Für die Studie wurden bei 36 Meerschweinchen dermo-epidermale Wunden chirurgisch erstellt. Bei jedem Tier wurden Dennis und Epidermis auf beiden Seiten der Wirbelsäule in einer ungefähren Fläche von 6,25 cm 2 (2,5 x 2,5 cm) entfernt. Die Wunden wurden durch ein Skalpel erzeugt. Der Panniculus carnosus wurde nicht verletzt. Die erfindungsgemäßen Wundauflagen und

Promogran® wurden in die jeweiligen Wunden gelegt. Die Materialien wurden mit einem nicht- adhesiven Wundverband (URGOTUL®) und einem semipermeablen adhesiven Poyurethanfilm (TEGADERM® oder OPSITE®) abgedeckt. Eine kohäsive Binde (Gaze und ELASTOPLAST®) schützte die Wundverbände über der Wunde. Jedes Faservlies bzw. das Kontrollmaterial wurde an 5 Tieren, entsprechend 10 Wunden (n = 10) getestet. In verschiedenen Zeitabständen wurde die Wundheilung durch makroskopische, morphometrische und histologische Untersuchungen evaluiert.

Bei allen getesteten Wundauflagen wurde keine lokale Intoleranz beobachtet. Morphometrische Untersuchungen ergaben, dass diejenigen Wunden, die mit Promogran® behandelt wurden einen

50%igen Wundverschluss etwas früher erreichten als die mit den Vliesen behandelten. Um einen vollständigen (100%) bzw. nahezu vollständigen (75%, 95%) Wundverschluss zu erreichen war die Zeit für Promogran® im Vergleich zu den meisten Vliesen jedoch etwas verzögert. 100%

Heilung wurde bei KG211 und KG226 im Mittel nach ca. 23 Tagen erreicht, für AEH06KGF553, AEH06KGF563 und AEH06KGF565 im Mittel nach ca. 24 Tagen und für Promogran® erst nach im Mittel 26 Tagen.

Histologische Untersuchungen von KG211 Tieren 28 Tage nach der Generierung der Wunde zeigten eine sehr gute Wundheilung (siehe Figur Ia). Einzig die lokale Gewebereaktion war noch nicht vollständig stabilisiert, da vereinzelt noch Makrophagen zu beobachten waren. Unabhängig davon war das Granulationsgewebe unauffällig, zeigte eine normale Dicke und war von einer neugebildeten geschlossenen Epithelschicht überdeckt.

Histologische Untersuchungen der Promogran® Tiere 28 Tage nach Generierung der Wunde zeigten ein stark vacuolisiertes und von polymorphonuklearen Zellen durchzogenes Granulationsgewebe (siehe Figur Ib). Im Gegensatz zu KG21 1 war das Granulationsgewebe nicht von einer epithelialen Schicht bedeckt.

Die erfindungsgemäßen Wundauflagen zeigen demnach verkürzte Wundheilung bei gleichzeitiger Generierung einer besseren Granulationschicht und einer Minimierung inflammatorischer Prozesse im Vergleich zu Promogran® in den ersten 4 Wochen der Wundheilung.

Beispiel 3

Die erfindungsgemäße Fasermatrix KGl 19 aus biologisch degradierbaren und/oder biologisch resorbierbaren Fasern als Zellstützsubstanz sowie Kollagen und Polyglykolsäure (PGA) wurden mit Gamma-Strahlen sterilisiert und in einem Vollmedium für eine Stunde in einen Inkubator

gestellt. Die Fasermatrix KGl 19 betrifft als Flächenelement ein Vlies. Es wurde gemäß den in Tabelle 2 dargestellten Verfahrensparametern hergestell. Der Zuschnitt wurde kreisförmig ausgestanzt (siehe Figur 3):

Tabelle 2:

Vor der Zellbesiedlung wurde das Medium erneuert. Danach wurden humane dermale Fibroblastenzellen hinzugefügt. Die Zellkultur erfolgte in 24-Loch Falcon 351147 Plastikplatten. Das Medium wurde jeden Tag gewechselt. Zellbesiedlungsmedium war Gibco Dulbecco's Modified Eagle's Medium 42430-250 ergänzt mit 10% fötalem Kälberserum (FCS) und 100 Einheiten/mL Penizillin, 0,25 μg/mL Amphotericin B und 0,1 mg/mL Streptomycin als Antibiotika. Während des Wachstums der Zellen wurden nach dem anfänglichen Mediumswechsel

50 μg/mL Ascorbinsäure zum Medium dazugegeben. Weiter wurde es bei der steigenden Zellzahl notwendig, das Medium mit einem Natriumbikarbonat Lösungspuffer (7,5% Sigma) zu versetzen. Die Zellstandards (Kontrolle Zellen ohne Zellstützsubstanz) wurden in üblichen Gewebekulturschalen und Glassboden Iwaki Platten kultiviert.

Der Alamar Blue Assay wurde mit Reagentien von Serotec durchgeführt. Diese wurden auf 10% mit HBSS (Phenolfreiem) Puffer verdünnt, auf 37°C eingestellt und sterilfiltriert. Die Zellstützsubstanzen mit den Zellen wurden in PBS gewaschen und dann von ihren ursprünglichen Platten entfernt und in Gewebekulturschalen und Glassboden Iwaki Platten platziert.

Die mit dem Alamar Blue Assay gemessene metabolische Aktivität ist eine Funktion der Zellzahl und der metabolischen Aktivität der einzelnen Zellen. Die Figur 2 vergleicht die Aktivität (dargestellt in Form eines Fluoreszenz Messwerts) der dermalen Fibroblasten auf den verschiedenen Matrices Kollagen, PGA und der erfindungsgemäßen Fasermatrix KGl 19 sowie Zellen ohne Stützgerüst (Kontrollkultur, Ctrl) bei einer Kulturdauer von einer Woche (Wk 1), 2 Wochen (Wk 2) und 4 Wochen (Wk 4).

Die primäre Adhesion der Zellen an KGl 19 ist stark und vergleichbar der von Kollagen. KGl 19 und Kollagen übertreffen PGA bezüglich Zelladhesion (Daten nicht gezeigt). Je länger die Zellen auf den Matrices wachsen, desto deutlicher zeigt sich die überlegenheit der Fasermatrix KGl 19. Die Figur 2 zeigt, dass KGl 19 die anderen Zellstützstrukturen bzgl. metabolischer Aktivität der Zellen übertrifft. Die hohe metabolische Aktivität wird über den ganzen Messzeitraum (4 Wochen) beibehalten. Im Gegensatz dazu können Kollagen, PGA und Zellen ohne Zellstützstrukturen die metabolische Aktivität über diesen Zeitraum nicht aufrechterhalten. Einzig KGl 19 zeigt eine hohe Zelladhesion, Zellproliferation unter Beibehaltung der metabolischen Aktivität über den ganzen Zeitraum.

Figur 3 zeigt die Zellstützgerüste Kollagen, PGA und KGl 19 vor der Kultivierung mit human dermalen Fibroblastenzellen und nach 4 wöchiger Kulturdauer. Kollagen und PGA Zellstützgerüste ziehen sich zusammen und degradieren zu einem dichten Gewebeball. Einzig KGl 19 behält seine ursprüngliche Form. Innerhalb von KGl 19 hat sich eine dichte dermale Gewebemasse gebildet und die Fasern sind fest mit dem Gewebe verbunden.