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Title:
USE OF EXTRACTS CONTAINING PHYTOESTROGEN SELECTIVELY MODULATING ESTROGEN-RECEPTOR-BETA
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2003/068199
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to the use of extracts containing phytoestrogen, which selectively exhibit an estrogen-receptor-beta modulating effect without producing an uterotropic reactio. In the treatment of clinical characteristics and pathophysiological conditions, which are selected from the groups containing: obesity and possible influences of the metabolic syndrome, especially hypertonia, arteriosclerosis, heart attacks, hyperandrogenamisis; menopausal continence troubles; menopausal hot flushes, which are associated with hyperstimulation of the hypothalamic gonadotropine releasing hormone- pulse generator; disturbed steroid hormone synthesis, especially the progesterone synthesis of the human Corpus luteum as a cause of luteal insufficiency; Alzheimer's disease, which is associated with an increased expression of the estrogen-receptor - beta in hippocampal neurones.

Inventors:
WUTTKE WOLFGANG (DE)
JARRY HUBERTUS (DE)
CHRISTOFFEL VOLKER (DE)
SPENGLER BARBARA (DE)
Application Number:
PCT/EP2003/001311
Publication Date:
August 21, 2003
Filing Date:
February 10, 2003
Export Citation:
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Assignee:
BIONORICA AG (DE)
WUTTKE WOLFGANG (DE)
JARRY HUBERTUS (DE)
CHRISTOFFEL VOLKER (DE)
SPENGLER BARBARA (DE)
International Classes:
A61K9/06; A61K9/14; A61K9/20; A61K9/28; A61K9/48; A61K31/00; A61K9/02; A61K36/18; A61K36/85; A61P3/04; A61P5/30; A61P5/34; A61P9/10; A61P9/12; A61P15/08; A61P15/12; A61P25/28; (IPC1-7): A61K31/00; A61K35/78; A61P3/04; A61P5/30; A61P5/34; A61P15/12
Domestic Patent References:
WO2001074345A22001-10-11
WO2002074321A12002-09-26
Foreign References:
US6326366B12001-12-04
US5952374A1999-09-14
Other References:
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LIU J ET AL: "EVALUATION OF ESTROGENIC ACTIVITY OF PLANT EXTRACTS FOR THE POTENTIAL TREATMENT OF MENOPAUSAL SYMPTOMS", JOURNAL OF AGRICULTURAL AND FOOD CHEMISTRY, AMERICAN CHEMICAL SOCIETY. WASHINGTON, US, vol. 49, no. 5, 2001, pages 2472 - 2479, XP001068359, ISSN: 0021-8561
MILEWICZ A ET AL: "VITEX AGNUS CASTUS-EXTRAKT ZUR BEHANDLUNG VON REGELTEMPOMALIEN INFOLGE LATENTER HYPERPROLAKINAEMIE ERGEBNISSE EINER RANDOMISIERTENPLAZEBO-KONTROLLIERTEN DOPPELBLINDSTUDIE", ARZNEIMITTEL FORSCHUNG. DRUG RESEARCH, EDITIO CANTOR. AULENDORF, DE, vol. 43, no. 7, 1993, pages 752 - 756, XP000913700, ISSN: 0004-4172
HOBERG E ET AL: "Diterpenoids from the fruits of Vitex agnus-castus", PHYTOCHEMISTRY, PERGAMON PRESS, GB, vol. 52, no. 8, December 1999 (1999-12-01), pages 1555 - 1558, XP004291171, ISSN: 0031-9422
Attorney, Agent or Firm:
Kaiser, Jürgen (Alois-Steinecker-Strasse 22, Freising, DE)
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Claims:
Patentansprüche
1. Verwendung von phytoestrogenhaltigen Extrakten, die selektiv den Estrogen Rezeptorbeta modulieren ohne eine uterotrope Wirkung aufzuweisen, zur Behandlung von Krankheitsbildern und pathophysiologischen Zuständen, welche ausgewählt sind aus der Gruppe bestehend aus : Fettleibigkeit und dadurch mögliche Beeinflussung des metabolischen Syndroms, insbesondere Hypertonus, Arteriosklerose, Herzinfarkt, Hyperandrogenämie ; Menopausale Kontinenzstörungen ; menopause Hitzewallungen, die mit einer Hyperstimulation des hypothalamischen Gonadotropin Releasing HormonPulsgenerators assoziiert sind ; Gestörte Steroidhormonsynthese, insbesondere der Progesteronsynthese des humanen Corpus luteum als Ursache einer Lutealinsuffizienz ; Alzheimer's Erkrankung, die mit einer erhöhten Expression des Estrogen Rezeptorbeta in hippocampalen Neuronen assoziiert ist.
2. Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Extrakt in pharmazeutisch üblicher Form verwendet wird.
3. Verwendung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß als pharmazeutische Formulierung Tropfen, Tabletten, Filmtabletten, Kapseln, Granulate, Dragees, Suppositorien, Salben, Cremes, verwendet werden.
4. Verwendung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Extrakte aus Vitex Agnus Castus, insbesondere deren Früchten und/oder Blättern durch ethanolische oder C02Extraktion hergestellt werden.
Description:
Verwendunq von selektiv den Estroqenrezeptor beta modulierenden phvtoestroqenhaltiqen Extrakten Die vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von phytoestrogenhaltigen Extrakten, die selektiv den Estrogen-Rezeptor-beta [ER-beta] modulieren ohne eine uterotrope Wirkung aufzuweisen gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1.

Extrakte aus Vitex Agnus Castus (Mönchspfeffer, Keuschlamm) sind seit längerer Zeit zur Behandlung von Regeltempoanomalien, Mastodynie, prämenstruellem Syndrom, Störungen der Regelblutung (infolge primärer u. sekundärer Gelbkörperinsuffizienz) im Gebrauch, jedoch wurden derartige Extrakte nicht zur Estrogenersatztherapie eingesetzt.

In der Menopause kommt es zu einem Absinken der Estradiolspiegel in Folge des Erlöschen der Ovarialfunktion. Dies resultiert in einer Abschwächung proliferativer Prozesse und führt im Hypothalamus zu einer Verstärkung der Aktivität des GnRH- Pulsgenerators. (Der Gonadotropin-Releasing-Hormon-Pulsgenerator ist eine Art Taktgeber im Hypothalamus und taktet die pulsatile Ausschüttung von LH, wobei Steroide die Amplitude und die Frequenz beeinflussen.) Die resultierende stimulierte LH-Ausschüttung führt bei der klimakterischen Frau zu störend empfundenen aufsteigenden Hitzwallungen, den sogenannten flushes".

In Abwesenheit genügend hoher Estradioispiegel im Blut überwiegt im Knochengewebe die Aktivität der Osteoklasten und damit der Abbau der Knochenmasse, der mit erhöhter Bruchgefahr des Skelettes einhergeht. Gleichzeitig besteht langfristig die Gefahr der Plaquebildung im Gefäßsystem und damit das erhöhte Risiko von Infarkten.

Nachteilig wären estrogenartige Wirkungen auf Uterus, Vagina, Brustgewebe und Leber. Unerwünscht hieran ist jedoch, dass bislang kein Phytopharmakon im Stand der Technik zur Verfügung stand, welches zu einer organselektiven Prophylaxe oder Therapie bei Estrogenmangel verwendet werden kann.

Ausgehend von diesem Stand der Technik ist es daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, pflanzliche Arzneimittel mit estrogenartiger Wirkung zur Verfügung zu stellen, welche eine organselektive Wirkung ohne oder mit nur geringer Wirkung auf den Uterus aufweisen.

Die Lösung dieser Aufgabe erfolgt durch eine Verwendung gemäß Anspruch 1.

Mit den phytoestrogenhaltigen Extrakten, insbesondere aus Vitex Agnus castus, vorzugsweise Früchten, der vorliegenden Erfindung ist es erstmals möglich, eine selektive ER-beta-Wirkung-ohne uterotrope Wirkung-zu erzielen. Durch die verwendeten Vitex Agnus castus Extrakte ist es durch Modulation des ER-beta möglich, die folgenden Krankheitsbilder und pathophysiologischen Zustände zu behandeln : Fettleibigkeit und dadurch mögliche Beeinflussung des metabolischen Syndroms, insbesondere Hypertonus, Arteriosklerose, Herzinfarkt, Hyperandrogenämie ; Menopausale Kontinenzstörungen ; menopausale Hitzewallungen, die mit einer Hyperstimulation des hypothalamischen Gonadotropin Releasing Hormon-Pulsgenerators assoziiert sind ; gestörte Steroidhormonsynthese, insbesondere der Progesteronsynthese des humanen Corpus luteum als Ursache einer Lutealinsuffizienz ; Alzheimer's Erkrankung, die mit einer erhöhten, Expression des Estrogen- Rezeptor-beta in hippocampaien Neuronen assoziiert ist.

Die Extrakte zur erfindungsgemäßen Verwendung können in pharmazeutisch üblicher Form verwendet werden, beispielsweise in Form von Tropfen, Tabletten, Filmtabletten, Kapseln, Granulaten, Dragees, Suppositorien, Salben Cremes oder dgl..

Es ist bevorzugt, Extrakte aus Vitex Agnus Castus, insbesondere deren Früchten und/oder Blättern, erhältlich durch ethanolische Extraktion oder durch Extraktion mit CO2 der Pflanze oder den Pflanzenteilen herzustellen und für die erfindungsgemäße Verwendung einzusetzen.

Um das Vorliegen von Phytoestrogenen in Vitex Agnus castus (VAC) -Extrakten zu zeigen, haben die Erfinder einen kompetitiven Estrogenrezeptor-Assay verwendet, bei welchem radioaktiv markiertes Estradiol von den Rezeptoren durch Liganden, die ebenfalls an den Rezeptor binden, im folgenden Rezeptormodulatoren genannt ; verdrängt wird. Als Rezeptormodulatoren wurden einerseits nichtradioaktives Estradiol und andererseits der zu untersuchende Extrakt eingesetzt. Die Rezeptorpräparation bestand aus der cytosolischen Fraktion aus Schweineuteri, welcher beide Estrogenrezeptor-Subtypen, nämlich ER-alpha und ER-beta enthält.

Die Ergebnisse eines typischen Experiments sind in Fig. 1 gezeigt.

Figur 1 zeigt die Verdrängungskurven von Estradiol (E2, offene Symbole) und von VAC-Extrakten (dunkle Symbole). Die Ordinate gibt den prozentualen Anteil der (noch verbleibenden) Bindung von radioaktiv markiertem Estradiol an den Estrogenrezeptor an. Die obere Abszisse bezeichnet die E2-Konzentration, während die untere Abszisse die VAC-Konzentration wiedergibt. Diejenige Verdrängung, welche mit der niedrigsten Konzentration der Testsubstanzen erhalten wurde, wird als 100% definiert. Mittelwerte SEM wurden aus einer Dreifachbestimmung erhalten. Die ECso von VAC beträgt 7. 8 ug/ml Wie aus Fig. 1 ersichtlich, konkurrieren die Verbindungen in den VAC-Extrakten dosisabhängig mit radioaktiv markiertem Estradiol um die Bindungsstellen der Estrogenrezeptoren. Die erhaltenen Daten demonstrieren eindrucksvoll, daß die untersuchten Extrakte Phytoestrogene enthalten.

Um diesen Befund noch stärker zu untermauern, wurde der gleiche Assay mit einer Rezeptor-Präparation aus humanem Endometrium durchgeführt. Wiederum liegen beide ER-Subtypen in der Lösung vor. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind in Fig. 2 gezeigt.

Figur 2 zeigt die Verdrängungskurven von radioaktiv markiertem Estradiol von ER aus humanem Endometrium durch Estradiol (E2, offene Symbole) und VAC-Extrakte (dunkle Symbole) Die Ordinate gibt den prozentualen Anteil der (noch verbleibenden) Bindung von radioaktiv markiertem Estradiol an den Estrogenrezeptor an. Die obere Abszisse bezeichnet die E2-Konzentration, während die untere Abszisse die VAC-Konzentration wiedergibt. Diejenige Verdrängung, welche mit der niedrigsten Konzentration der Testsubstanzen erhalten wurde, wird als 100% definiert. Mittelwerte SEM wurden aus einer Dreifachbestimmung erhalten. Die EC50 von VAC beträgt 12, 7 ug/ml.

Die Ergebnisse zeigen klar, daß Phytoestrogene aus VAC-Extrakten an die humanen Estrogenrezeptoren binden, was das molekulare Initialereignis bei einer estrogenartigen Wirkung von Verbindungen aus VAC beim Menschen ist.

Aufgrund der Verfügbarkeit von rekombinanten Rezeptorproteinen können, subtyp- spezifische ER Assays (ER-alpha oder ER-beta) durchgeführt werden. Das Ergebnis in Form einer typischen ER-alpha-Verdrängungskurve ist in Fig. 3 gezeigt.

Die Figur 3 zeigt Dosis/Wirkungskurven von Estradiol (E2, offene Symbole) und den VAC Extrakten der Anmelderin (dunkle Symbole) in einem Assay mit rekombinantem humanen ER-alpha. Die obere Abszisse gibt die Es-Konzentration an, während die untere die VAC-Konzentration angibt. Diejenige Bindung, welche mit der niedrigsten Konzentration der Testsubstanzen erhalten wurde, wurde mit 100% definiert. Mittelwerte SEM wurden aus Dreifachbestimmungen pro Konzentrationswert erhalten.

Während E2 eine dosisbezogene Konkurrenz zu dem radioaktiven Rezeptorliganden zeigt, binden die Phytoestrogene des VAC-Extraktes nicht an den ER-alpha. Somit konnte keine EC50 berechnet werden.

Mit denselben Testverbindungen wie beim ER-alpha-Assay, wurden nun ER-beta- Assays durchgeführt. Die Daten und der Graph eines repräsentativen Experimentes sind in Fig. 4 gezeigt.

Die Figur 4 zeigt Dosis/Wirkungskurven von Estradiol (E2, offene Symbole) und den VAC Extrakten der Anmelderin (dunkle Symbole) in einem Assay mit rekombinantem humanen ER-beta. Die obere Abszisse gibt die E2-Konzentration an, während die untere die VAC-Konzentration angibt. Diejenige Verdrängung, welche mit der niedrigsten Konzentration der Testverbindungen erhalten wurde, wurde als 100% definiert. Mittelwerte SEM wurden aus Dreifachbestimmungen pro Konzentrationswert erhalten. Die ECso von VAC beträgt 9,9 pg/ml.

Im Gegensatz zum ER-alpha-Assay binden die Phytoestrogene der VAC-Extrakte der Anmelderin in dosisabhängiger Weise an den ER-beta. Diese Daten bestätigen ohne jeden Zweifel die ER-beta-Selektivität der Vitex Agnus castus Extrakte der Anmelderin.

Im folgenden soll der estrogene Effekt von Vitex Agnus castus auf humane Granulosa/Lutealzellen und porcine Lutealzellen gezeigt werden.

Die Steroidsekretion des ovariellen Folikels und des Corpus luteum wird endokrin durch die Hypophysenhormone LH und FSH reguliert. Zusätzlich erfolgt eine lokale Kontrolle durch Estradiol, die als parakrine Regulation bezeichnet wird. Diese lokale Kontrolle setzt die Expression des Estrogenrezeptors voraus. Neue molekularbiologische Befunde belegen, dass Granulosazellen weitaus überwiegend den Subtyp ER-beta im Vergleich mit dem ER-alpha exprimieren. Lutealzellen exprimieren dagegen ausschließlich den ER-beta.

Ein etabliertes Testsystem zum Studium parakriner Effekte von Steroiden sind Luteatzettkutturen. Solche Zellen sind vom Menschen nicht erhältlich, da alle operativen Eingriffe, bei denen Biopsien vorgenommen werden könnten, stets in der Folikelphase durchgeführt werden, um das Risiko einer unentdeckten Schwangerschaft zu vermeiden. Im Rahmen von in vitro Fertilisationsprogrammen sind jedoch sogenannte Granulosa/Lutealzellen verfügbar, die in Kultur gehalten, sich weitgehend hinsichtlich des Rezeptorbesatzes und des Sekretionsverhaltens wie Lutealzellen verhalten. Mit diesem humanen in vitro-Testsystem wurde ein estrogener Effekt von Vitex Agnus castus geprüft.

Zunächst soll der Effekt von Estradiol 17-beta (dem natürlich vorkommenden Estradiol) versus dem Isomer Estradiol 17-alpha auf die Progesteronsekretion humaner Granulosa/Lutealzellen dargestellt werden. Diese Daten sind graphisch in Fig. 5 wiedergegeben.

Fig. 5 : Eine 5-stündige Inkubation dieser Zellen mit 17 beta-Estradiol (1 uM) führt zu einer signifikanten Hemmung der Progesteronsekretion, während das Isomer 17- alpha Estradiol (ebenfalls 1, uM) keine Effekte ausübt. Der * bedeutet eine signifikante Abweichung von der (Kultur) Mediumkontrolle.

Dies bedeutet : 1. Die in vitro-Hemmung der Progesteronsekretion is ein estrogener Effekt 2. Der Effekt von Estradiol 17-beta ist hochspezifisch, da 17-alpha Estradiol den Effekt nicht auslösen kann.

Den Effekt von Vitex Agnus castus Extrakten in diesem Testsystem auf die Progesteronsekretion nach 5-stündiger Inkubation faßt Fig. 6 zusammen.

Wie aus Fig. 6 ersichtlich, inhibiert-genau wie das natürlich vorkommende 17- beta-Estradiol-auch der Vitex Agnus castus Extrakt die Progesteronsekretion der humanen Granulosa/Lutealzellen. Dies ist pharmakologisch als ein estrogener Effekt zu bewerten. Der * bedeutet eine signifikante Abweichung von der Kontrolle (=Kultur-Medium). Die Konzentrationsangaben auf der Abszisse bedeuten die jeweilige Konzentration des VAC-Extraktes im Testansatz.

Da die humanen Granulosa/Lutealzellen zwar weitaus überwiegend, aber nicht ausschließlich den ER-beta exprimieren, wurde der Versuch mit porcinen Lutealzellen, d. h. Zellen mit ausschließlicher ER-beta-Expression, wiederholt. Die entsprechenden Ergebnisse sind in Fig. 7 gezeigt.

Gemäß Fig. 7 zeigt sich auch mit diesen Zellen der eindeutige estrogene Effekt von Vitex Agnus castus, da die Progesteronsekretion (linker Teil der Graphik, die ersten drei Säulen nach der ersten Mediumkontrolle) signifikant gehemmt wird. Eine unspezifische, cytotoxische Wirkung wurde durch die Messung der Vitalität der Zellen (Bildung des Farbstoffes MTT nach bekannten Verfahren) ausgeschlossen (rechter Teil, die letzten drei Säulen nach der zweiten Mediumkontrolle). Die Vitalität der Zellen ist durch den Extrakt aus Vitex Agnus castus nicht beeinflußt, d. h. die verminderte Progesteronsekretion ist ein spezifischer, estrogener Effekt.

Der * bedeutet eine signifikante Abweichung von der (Kultur) Mediumkontrolle. Die Konzentrationsangaben auf der Abszisse bedeuten die jeweilige Konzentration des VAC-Extraktes.

Um diese Schlußfolgerung zu untermauern wurden die Zellen mit Vitex Agnus castus Extrakt zusammen mit dem Anti-Estrogen Tamoxifen inkubiert. Die Ergebnisse sind in dem Balkendiagramm der Fig. 8 gezeigt.

In Fig. 8 bedeutet * eine signifikante Abweichung von der (Kultur) Mediumkontrolle.

Die Bezeichnungen auf der Abszisse bedeuten : TAM = Tamoxifen, die Konzentrationsangaben die jeweilige Konzentration des VAC-Extraktes und VAC+TAM die Kombination des VAC-Extraktes mit gegebener Konzentration aus dem letzten Balken mit reinem VAC-Extrakt plus Tamoxifen.

Gemäß Fig. 8 ist das Anti-Estrogen Tamoxifen selbst ohne Wirkung auf die Sekretion des Progesterons. Durch die Bindung des Tamoxifens an den ER stehen weniger Bindungsplätze für die Inhaltsstoffe von VAC zur Verfügung und der ausgelöste Effekt, die Hemmung der Progesteronsekretion wird verringert. Dieser Befund zeigt eindeutig, daß der Effekt von VAC auf die Progesteronsynthese in spezifischer Weise über den Estrogenrezeptor vermittelt wird.

Zur Überprüfung des uterotropen Effektes wurde folgendes Experiment durchgeführt, dessen Daten graphisch in Fig. 9 gezeigt sind.

Über drei Monate wurden zwei unterschiedliche Konzentration von VAC-Extrakten (100mg/kg = VAC100 und 400mg/kg Körpergewicht = VAC400) dem Futter von ovariektomierten Rattenweibchen und orchidektomierten Männchen beigemischt.

VAC hatte im Gegensatz zu Estradiol keinen uterotropen Einfluß und auch das Vaginalepithel blieb unbeeinflußt Beide proliferativen Effekte des Estradiols sind im Rahmen der peri-und postklimatkterischen Estrogenersatztherapie bzw. einer Hormonersatztherapie bei Frauen nach einer Ovariektomie unerwünscht, da bei ständiger Gabe von Östrogenen und fehlender Gegenregulation durch Gestagene eine Hyperplasie des Endometriums durch den andauernden proliferativen Effekt des Estradiols nicht ausgeschlossen werden kann.

In Fig. 9 sind auf der Ordinate die Uterusgewichte der Ratten aufgetragen. Die einzelnen Balken betreffen die Kontrollgruppe (nur ovariektomiert), eine Estradiol- Positivkontrolle sowie die Effekte mit zwei unterschiedlichen VAC- Extraktkonzentrationen.

Eine uterotrope Wirkung wie beim Estradiol konnte gemäß Fig. 9 bei den mit VAC behandelten Tieren nicht festgestellt werden, das bedeutet, daß VAC nicht proliferativ auf das Uterusgewebe wirkt.

Jedoch wurde bei weiteren Untersuchungen überraschend gefunden, daß VAC, estrogene Effekte auf andere Organsysteme ausüben kann.

Mit computerassistierter Tomographie wurde das abdominale und paratibiale Fettgewebe bei männlichen und weiblichen Ratten bestimmt. Unter E2 und der hohen Dosis von Vitex Agnus castus ist eine Reduktion beider Gewebsanteile beobachtet worden. Gleichzeitig sind die Serum-Leptinspiegel der VAC behandelten Tiere abgesenkt. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind in den Figuren 10 und 11 gezeigt. Fig. 10 zeigt die Wirkung von Estradiol und zwei unterschiedlichen VAC- Konzentrationen auf das paratibiale Fettgewebe, dargestellt als prozentualer Flächenanteil des Fettgewebes einer CT-Aufnahme im Bereich der Tibia gegenüber einer Kontrolle.

Fig. 11 zeigt die Wirkung von Estradiol und zwei unterschiedlichen VAC- Konzentrationen auf den Serumleptingehalt, auf der Ordinate aufgetragen in ng/ml.

Wie aus den Figuren 10 und 11 ersichtlich, zeigt sich eine Senkung des paratibialen Fettgehaltes und eine Senkung der Serumleptinkonzentration unter VAC-Gabe.

Ebenfalls mit computerassistierter Tomographie wurde die Veränderung der Knochendichte (geringere Osteoporoseentwicklung) an der Metaphyse der Tibia bei Rattenmännchen und-weibchen beobachtet. Es zeigte sich, daß unter VAC die Knochendichte deutlich weniger abnimmt, als bei den unbehandelten Kontrolltieren.

Die Instillation von 1 ml physiologischer Kochsalzlösung mit einem Katheter in die Blase weibliche ovariektomierter Ratten innerhalb von 1 min führt zu einem Anstieg des Blaseninnendruckes. Bei Tieren die drei Monate lang mit E2-substituiert waren fällt der Druckanstieg etwa dreifach höher aus als bei den scheinbehandelten Kontrolltieren und ist geringfügig schwächer aber signifikant als bei den Estradiol- behandelten Tieren, wenn die Tiere mit VAC behandelt wurden. Die Ergebnisse dieser Untersuchung sind in den Figuren 12 und 13 gezeigt.

In Fig. 12 ist der maximale Blaseninnendruck in mmHg auf der Ordinate angegeben, der für eine Kontrolle, Estradiol als Positivkontrolle und zwei unterschiedliche VAC- Konzentrationen gemessen wurde.

Fig. 13 zeigt dagegen auf der Ordinate die Fläche unter der Druckmeßkurve [AUC] in mmHg x sec für eine Kontrolle, Estradiol als Positivkontrolle und zwei unterschiedliche VAC-Konzentrationen.

Nach alledem ist es somit möglich, VAC-Extrakte zur Herstellung von Arzneimitteln zur Behandlung von : Fettleibigkeit und dadurch einer möglichen Beeinflussung des metabolischen Syndroms, insbesondere Hypertonus, Arteriosklerose, Herzinfarkt, Hyperandrogenämie ; menopausalen Kontinenzstörungen ; menopausale Hitzewallungen, die mit einer Hyperstimulation des hypothalamischen Gonadotropin Releasing Hormon-Pulsgenerators assoziiert sind ; gestörter Steroidhormonsynthese, insbesondere der Progesteronsynthese des humanen Corpus luteum als Ursache einer Lutealinsuffizienz ; sowie Alzheimer's Erkrankung, die mit einer erhöhten Expression des Estrogen- Rezeptor-beta in hippocampalen Neuronen assoziiert ist, ohne uterotrope Wirkung einzusetzen.

Literatur : 1. ) Hrabovszky E, Shughrue PJ, Merchenthaler I, Hajszan T, Carpenter CD, Liposits Z, Petersen SL Detection of estrogen receptor-beta messenger ribonucleic acid and 1251-estrogen binding sites in luteinizing hormone-releasing hormone neurons of the rat brain.

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