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Patent Searching and Data


Title:
METHOD FOR LINKING MOLECULAR SUBSTANCES BASED ON THE AFFINITY OF THE PROLINE-RICH AMINO ACID SEQUENCES AND PROTEIN DOMAINS OF TYPE WW
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2001/032684
Kind Code:
A2
Abstract:
The invention relates to a method for linking two or more molecular substances, by means of adapter segments, which bring about a targeted interaction based upon the affinity of proline-rich amino acid sequences and protein domains of the type WW.

Inventors:
BOEHM GERALD (DE)
SCHMIDT ULRICH (DE)
PARTHIER CHRISTOPH (DE)
GUENTHER CONSTANZE (DE)
Application Number:
PCT/EP2000/010873
Publication Date:
May 10, 2001
Filing Date:
November 03, 2000
Export Citation:
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Assignee:
ACGT PROGENOMICS AG (DE)
BOEHM GERALD (DE)
SCHMIDT ULRICH (DE)
PARTHIER CHRISTOPH (DE)
GUENTHER CONSTANZE (DE)
International Classes:
A61K47/48; C12N15/09; C07K1/107; C07K1/22; C07K5/04; C07K14/005; C07K14/025; C07K14/755; C07K19/00; (IPC1-7): C07K/
Other References:
DATABASE CHEMABS [Online] CHEMICAL ABSTRACTS SERVICE, COLUMBUS, OHIO, US; SCHMIDT, ULI ET AL: "Stringent purification of recombinant proteins using WW/polyproline affinity chromatography" retrieved from STN Database accession no. 135:16206 CA XP002171196 & INT. J. BIO-CHROMATOGR. (2001), 6(1), 79-85 , 2001,
DATABASE CHEMABS [Online] CHEMICAL ABSTRACTS SERVICE, COLUMBUS, OHIO, US; HOFFMULLER, ULRICH ET AL: "Mapping and characterization of epitopes recognized by WW domains using cellulose-bound peptide libraries" retrieved from STN Database accession no. 131:239439 CA XP002171197 & PEPT. PROC. AM. PEPT. SYMP., 15TH (1999), MEETING DATE 1997, 551-552. EDITOR(S): TAM, JAMES P.;KAUMAYA, PRAVIN T. P. PUBLISHER: KLUWER, DORDRECHT, NETH. , 1999,
DATABASE CHEMABS [Online] CHEMICAL ABSTRACTS SERVICE, COLUMBUS, OHIO, US; LINN, HILLARY ET AL: "Using molecular repertoires to identify high-affinity peptide ligands of the WW domain of human and mouse YAP" retrieved from STN Database accession no. 127:259156 CA XP002171198 & BIOL. CHEM. (1997), 378(6), 531-537 , 1997,
EINBOND, AARON ET AL: "Towards prediction of cognate complexes between the WW domain and proline-rich ligands" FEBS LETT. ( 1996 ), 384(1), 1-8 , 1996, XP002171194
NGUYEN, JACK T. ET AL: "Exploiting the basis of proline recognition by SH3 and WW domains: design of N-substituted inhibitors" SCIENCE (WASHINGTON, D. C.) (1998), 282(5396), 2088-2092 , 1998, XP002171195
Attorney, Agent or Firm:
Behnisch, Werner (Reinhard-Skuhra-Weise & Partner GbR Friedrichstrasse 31 München, DE)
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Claims:
VERFAHREN ZUR VERBINDUNG VON MOLEKULAREN SUBSTANZEN PATENTANSPRÜCHE
1. Verfahren zur Verbindung von zwei oder mehr molekularen Substanzen miteinander über Adaptersegmente, dadurch gekennzeichnet, daß eine der molekularen Substanzen so modifiziert wird, daß sie als Adaptersegment in zumindest einem Bereich eine WWDomäne oder eine davon abgeleitete Struktur aufweist, eine andere molekulare Substanz so modifiziert wird, daß sie als Adaptersegment in zumindest einem Bereich eine prolinreiche Sequenz aufweist, die an die WWDomäne oder eine davon abgeleitete Struktur bindet, und die molekularen Substanzen durch die Zusammenlagerung von WWDomäne o der davon abgeleiteten Strukturen und prolinreicher Sequenz miteinander in Wech selwirkung treten, um eine Bindung aneinander zu erreichen.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die zu verbindenden molekularen Substanzen Proteine oder Peptide, Peptidoder Proteinkonjugate mit Kohlenhydrat, Nukleinsäureoder Lipidanteilen, DNA, RNA, Ribozyme, synthetische Nukleinsäuren wie beispielsweise Peptide Nucleic Acids, o der Hybride hiervon oder von Peptiden und Proteinen abgeleitete oder weitere damit konjugierte Substanzen oder Moleküle umfassen, in oder an die zur Zusammenlage rung eine WWDomäne und eine prolinreiche Sequenz einführbar sind.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die zu verbindenden molekularen Substanzen Antikörper, antiköiperanaloge Sub stanzen, Enzyme, Strukturproteine, Kapsomere von Viren oder Phagen, Peptidantibi otika, isolierte strukturbildende, katalytische oder regulatorische Proteindomänen, Teile von Proteinen, Peptide, Peptidanaloga, antigentragende Substanzen, Glykopro teine, Lipoproteine, Proteoglykane, oder Kombinationen aus genannten Substanzen umfassen, in oder an die zur Zusammenlagerung eine WWDomäne und eine prolin reiche Sequenz einführbar sind.
4. Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche,. dadurch gekennzeichnet, daß eine der molekularen Substanzen ein Festphasenmatrixmolekül ist.
5. Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß sich die WWDomäne in einer LoopRegion einer Proteinstruktur oder am Co der NTerminus einer Proteinoder Peptidstruktur befindet.
6. Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß sich die prolinreiche Sequenz in einer LoopRegion einer Proteinstruktur oder am Coder NTerminus einer Proteinoder Peptidstruktur befindet.
7. Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß als eine der molekularen Substanzen ein VirusKapsomer oder ein Phagen Kapsomer eingesetzt wird, das eine WWDomäne oder prolinreiche Sequenz in einem solchen Bereich des Kapsomers aufweist, daß sich die andere molekulare Substanz, nach Bindung oder Anlagerung an die erste molekulare Substanz und Assemblierung mit weiteren Kapsomeren zu einem VirusKapsid oder PhagenKapsid, im Innern des VirusKapsids oder PhagenKapsids befindet.
8. Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß als eine der molekularen Substanzen ein VirusKapsomer oder ein Phagen Kapsomer eingesetzt wird, das eine WWDomäne oder prolinreiche Sequenz in einem solchen Bereich des Kapsomers aufweist, daß sich diese nach Assemblierung mit weiteren Kapsomeren zu einem VirusKapsid oder PhagenKapsid auf der Außenseite des Kapsids befindet.
9. Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß zusätzlich zur Verbindung über die Adaptersegmente aufgrund der Wechselwir kung zwischen WWDomäne und prolinreicher Sequenz eine kovalente Bindung der molekularen Substanzen miteinander erfolgt.
10. Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß durch die spezifische Einführung von einem oder mehreren Cysteinen im Bereich der WWDomäne oder einer davon abgeleiteten Struktur, und die spezifische Einfüh rung von einem oder mehreren Cysteinen im Bereich der prolinreichen Seqenz eine kovalente Verbindung der molekularen Substanzen erfolgt.
11. Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Verbindung der molekularen Substanzen irreversibel oder reversibel erfolgt.
12. Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die WWDomäne und die prolinreiche Sequenz kovalent oder nichtkovalent mit den molekularen Substanzen verbunden sind.
13. Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß zumindest eine der molekularen Substanzen und/oder die bindenden Bereiche synthetisch hergestellt werden.
14. Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß als von der WWDomäne abgeleitete Struktur eine Variante eingesetzt wird, die gegenüber natürlichen WWDomänen an einzelnen Aminosäurepositionen verändert, verkürzt oder verlängert ist, oder die ein Cystein an einer räumlich geeigneten Positi on enthält, oder die mehrere WWDomänen aneinandergereiht enthält.
15. Verfahren nach einem oder mehreren der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß als VirusKapsomer oder PhagenKapsomer rekombinant hergestellte modifizierte oder nicht modifizierte Monomer, Dimeroder Oligomereinheiten aus Virusoder Phagenkapsiden eingesetzt werden.
16. Durch Adaptersegmente verbundene molekulare Substanzen, dadurch gekennzeichnet, daß eine der molekularen Substanzen so modifiziert ist, daß sie als Adaptersegment in zumindest einem Bereich eine WWDomäne oder eine davon abgeleitete Struktur aufweist, die andere molekulare Substanz so modifiziert ist, daß sie als Adaptersegment zumin dest einen prolinreichen Bereich aufweist, der an die WWDomäne oder eine davon abgeleitete Struktur bindet, und die beiden molekularen Substanzen durch die Zusammenlagerung von WW Domäne und prolinreichem Bereich oder davon abgeleiteten Strukturen miteinander in Wechselwirkung treten, um eine Bindung aneinander zu erhalten.
Description:
VERFAHREN ZUR VERBINDUNG VON MOLEKULAREN SUBSTANZEN Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Verbindung von zwei oder mehr mole- kularen Substanzen über Adaptersegmente, die eine gerichtete Wechselwirkung bewirken, basierend auf der Affinität von prolinreichen Aminosäure-Sequenzen und Proteindomänen vom Typ WW Gebiet der Erfindung und Stand der Technik Die Wechselwirkung von zwei oder mehr molekularen Substanzen ist ein häufiges Problem im Rahmen der biotechnologischen und pharmazeutisch-medizinischen Forschung, Entwick- lung und Anwendung. Insbesondere werden dabei meist die Wechselwirkungen von zwei oder mehr Proteinen oder Peptiden als molekulare Substanzen betrachtet. Derartige Wech- selwirkungen werden oft im Rahmen biochemischer und zellbiologischer Forschung unter- sucht, beispielsweise zur intra-und interzellulären Kommunikation, der Signaltransduktion auf molekularer Ebene oder bei Analysen von Protein-Protein-Wechselwirkungen (unter an- derem bei Verwendung der two-hybrid-Systeme und davon abgeleiteten Verfahren). Zum anderen ist die Assoziation von Biomolekülen, insbesondere von zwei oder mehr Proteinen, zur in vitro-Synthese eines Fusionsproteins für viele biotechnologische Prozesse von hoher Bedeutung. Solchermaßen generierte Fusionsproteine können beispielsweise heterobifunktio- nelle (bivalente) Antikörper sein (sogenannte diabodys ; vgl. O. Perisic, P. A. Webb, P. Holli- ger, G. Winter & R. L. Williams, Crystal structure of a diabody, a bivalent antibody fragment, Strtictitre 2, S. 1217-1226,1994), die aus den Bindungsdomänen (Fab/Fv/scFv-Frag- mente) zweier verschiedener Antikörper bestehen. Sind dabei die beiden Valenzen beispiels- weise jeweils gegen Tumorzellen bzw. natürliche Killerzellen gerichtet, dann kann das biva- lente, hybride Fusionsprotein demzufolge eine Anheftung von Killerzellen an Tumorzellen vermitteln. Im Falle von Immunotoxinen werden Antikörper mit toxischen Substanzen ge- koppelt und die Zellgifte durch die spezifische Antigen-Antikölper-Wechselwirkung in vor- definierte Zelltypen dirigiert (vgl. M. A. Ghetie & E. S. Vitetta, Recent developments in im- munotoxin therapy, Ctirr. Opin. Immlinol. 6, S. 707-714,1994).

Mit Hilfe von Fusionskonstrukten und Assoziaten von verschiedenen Proteinen lassen sich grundsätzlich beliebige Effektoren miteinander kombinieren, und durch entsprechende Wech- selwirkungen mit Antigenen oder anderen biologischen Effekten zwei Funktionen oder Ei- genschaften in einem hybride Molekül realisieren. Eine Reihe von Beispielen hierzu sind publizielt (J. P. McGrath, X. Cao, A. Schutz, P. Lynch, T. Ebendal, M. J. Coloma, S. L. Morri- son & S. D. Putney, Bifunctional fusion between nerve growth factor and a transferrin recep- tor antibody, J. Neurosc. Res. 47, S. 123-133,1997 ; J. M. Betton, J. P. Jacob, M. Hofnung, J. K. Broome-Smith, Creating a bifunctional protein by insertion of beta-lactamase into the maltodextrin-binding protein, Nat. Biotechnol. 15, S. 1276-1279,1997 ; Y. Maeda, H. Ueda, T. Hara, J. Kazami, G. Kawano, E. Suzuki & T. Nagamune, Expression of a bifunctional chimeric protein A-Vargula hilgendorfii luciferase in mammalian cells, Biotechnques 20, S.

116-121,1996 ; W. Wels, I. M. Harweith, M. Zwickl, N. Hardman, B. Groner & N. E. Hynes, Construction, bacterial expression and characterization of a bifunctional single-chain antibo- dy-phosphatase fusion protein targeted to the human erbB-2 receptor, Biotechnology (N. Y.) 10, S. 1128-1132,1992).

Heterobifunktionelle Konstrukte werden häufig durch die Synthese eines Fusionsproteins auf Genebene erzeugt. Dies setzt in der Regel geeignete Verknüpfungselemente (Linker) zwi- schen den beiden Partnern, sowie zugängliche Termini der Polypeptidketten voraus. In un- günstigen Fällen kann die Fusion der Partner dazu führen, daß das Fusionsprodukt inaktiv ist, beispielsweise weil das Fusionsprotein eine korrekte dreidimensionale Faltungstopologie nicht ausbilden kann. Es ist daher oft wünschenswert, daß die Zusammenlagerung der beiden Fusionspartner in vitro, das heißt, nach der getrennten Synthese und Faltung der beiden Part- ner, erfolgt. Ein solches Verfahren wurde beispielsweise auch die schnelle Herstellung und Analyse verschiedener Kombinationen von Einzel-Bausteinen erlauben, ohne daß jeweils neue genetische Konstrukte erforderlich sind. Zur Fusion dieser Bausteine sind Adapterseg- mente vonnöten, durch die der Prozeß der Fusion bzw. der gerichteten Assoziation der betei- ligten Partner von deren Herstellung entkoppelt wird. Weiterhin ist es dabei notwendig, daß die Adaptersegmente (Domänen bzw. Peptidsequenzen) an die beteiligten Partner fest ange- koppelt sind, ohne deren spezifischen Eigenschaften ansonsten zu verändern.

In anderen Anwendungsfällen ist es envünscht, daß eine kurzzeitige, aber starke Wechselwir- kung zwischen zwei Molekülspezies erfolgt. Dabei spielen Peptide und kleine Proteindomä- nen eine besonders wichtige Rolle, da sie im Prozeß der rekombinanten Herstellung von Pro- teinen vergleichsweise einfach an den gewünschten Zielproteinen angebracht werden können.

Anwendungsfälle dafür sind beispielsweise die Aufreinigung von rekombinant hergestellten Proteinen über spezifische Bindungssegmente. Hier wird oft ein Poly-Histidin- Peptidabschnitt zur Bindung an Nickel-Chelat-Säulen (vgl. P. Hengen, Purification of His- Tag fusion proteins from Escherichia coli, Trends Biochem. Sci. 20, S. 285-286,1995), oder die Bindung eines als Strep-Tag bekannten Peptidsegmentes an Streptavidin (T. G. Schmidt, J.

Koepke, R. Frank & A. Skerra, Molecular interaction between the Strep-tag affinity peptide and its cognate target, streptavidin, J. Mol. Biol. 255, S. 753-766,1996), eingesetzt. Das His- Tag-Verfahren hat jedoch den Nachteil, daß lediglich eine Anbindung des Poly-Histidin- Peptidabschnitts an Nickelionen-enthaltende Strukturen erfolgen kann ; die Verbindung bei- spielsweise von zwei natürlichen Proteinen oder Peptiden ist auf diese Weise nicht möglich.

Zur Verbindung von molekularen Substanzen ist das Verfahren daher nicht oder nur in Aus- nahmefällen geeignet. Auch findet man in den auf diese Art aufgereinigten Präparationen oft Nickelionen in der Lösung, was das System für medizinisch-therapeutische Anwendung un- attraktiv macht. Beim Strep-Tag-Verfahren ist der die Bindung vermittelnde Bereich des Bin- dungspartners relativ groß, so daß es aus sterischen Gründen für viele Verbindungen nicht geeignet ist. Darüber hinaus besitzen Avidin und Streptavidin jeweils vier Bindungsstellen, so daß eine geregelte Ausbildung von zwei verschiedenen miteinander verbundenen molekularen Substanzen in Lösung sehr schwierig ist.

Neben der Anwendung bei der Reinigung von solchermaßen markierten Proteinen ist auch die Immobilisierung der Proteine an einer festen, inerten Matrix von biotechnologisch hoher Be- deutung, beispielsweise bei der Rückfaltung von Proteinen an einer Matrix zur Verhinderung von Aggregationsprozessen während der Faltung (vgl. G. Stempfer, B. Höll-Neugebauer & R.

Rudolph, Improved refolding of an immobilized fusion protein, Nat. Biotechnol. 14, S. 329- 334,1996), oder die Immobilisierung eines Enzyms in einem Bioreaktor. Polyionische Se- quenzen, die in dem genannten Verfahren bisher eingesetzt werden, besitzen jedoch den Nachteil, daß ihre Wechselwirkung bei Anwesenheit von Polyionen wie beispielsweise DNA in der Lösung, oder auch durch verschiedene Lösungsmitteladditive empfindlich gestört wird.

Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zur Verbindung von molekularen Substanzen bereitzustellen, das die erwähnten Nachteile des Stands der Technik nicht auf- weist.

Dies wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren nach Anspruch 1 zur Verbindung von zwei. oder mehr molekularen Substanzen miteinander über Adaptersegmente erreicht, dadurch gekennzeichnet, daß eine der molekularen Substanzen so modifiziert wird, daß sie als Adaptersegment in zumin- dest einem Bereich eine WW-Domäne oder eine davon abgeleitete Struktur aufweist, eine andere molekulare Substanz so modifiziert wird, daß sie als Adaptersegment in zumin- dest einem Bereich eine prolinreiche Sequenz aufweist, die an die WW-Domäne oder eine davon abgeleitete Struktur bindet, und die molekularen Substanzen durch die Zusammenlagerung von WW-Domäne oder davon abgeleiteten Strukturen und prolinreicher Sequenz miteinander in Wechselwirkung treten, um eine Bindung aneinander zu erreichen.

Vorteilhafte Ausführungsformen ergeben sich aus den Unteransprüchen und der Beschrei- bung.

Beschreibung Die Verknüpfung von zwei oder mehreren verschiedenen molekularen Substanzen (Molekül- spezies) zu einem-üblicherweise heterobifunktionellen-Fusionskonstrukt ist ein Prozeß von hohem biotechnologischen und pharmazeutischen Interesse. Üblicherweise werden im Rahmen der erfindungsgemäßen Anwendung Proteine und/oder Peptide als zu verbindende Molekülspezies verwendet, da die Adaptersegmente der vorliegenden Erfindung aus dieser chemischen Klasse stammen. Erfindungsgemäß sind aber auch andere molekulare Substanzen einsetzbar, die mit einem der Adaptersegmente dieser Erfindung versehen sind. Beispielswei- se kann erfindungsgemäß eine feste Matrix mit einer molekularen Substanz über die genann- ten Adaptersegmente verbunden werden. Oftmals müssen die beiden zu verbindenden Sub- stanzen stabil und kovalent miteinander verbunden werden. Andererseits kann es bei einigen Anwendungen auch erwünscht sein, daß die Wechselwirkung zwischen den beiden Molekül- spezies nur für eine begrenzte Zeit vorhanden ist und beispielsweise durch äußere Zusätze schnell wieder aufgelöst werden kann. In wiederum anderen Anwendungen muß eine Mole- külspezies für eine begrenzte Zeit immobilisiert werden, also mit einer Matrix spezifisch wechselwirken, beispielsweise zur Aufreinigung eines Proteins aus einem Zell-Rohextrakt bei der rekombinanten Herstellung eines Proteins, oder bei einer matrixgestützten Rückfaltung des Proteins. Für derartige Anwendungsfälle ist die vorliegende Erfindung geeignet.

Erfindungsgemäß kann beispielsweise ein Protein zur Verpackung in das Innere einer virus- ähnlichen Hülle dirigiert werden, oder es können zwei oder mehr verschiedene Proteine zu einem chimären Protein mit neuen Eigenschaften, beispielsweise als bivalente Antikörper, verbunden werden. In analoger Weise kann diese Wechselwirkung zur Immobilisierung einer molekularen Spezies verwendet werden, beispielsweise zur Abtrennung dieser Substanz aus einem Substanzgemisch.

Zusätzlich zur Verbindung über die Adaptersegmente, die auf der Wechselwirkung zwischen WW-Domäne und prolinreicher Sequenz beruht, kann eine kovalente Bindung der molekula- ren Substanzen miteinander erfolgen. Diese kovalente Bindung kann dabei über eine Disul- fidverbrückung durch künstlich eingeführte Cysteine an geeigneter räumlicher Stelle in bei- den molekularen Substanzen zu einer dauerhaften Verbindung zwischen den beiden moleku- laren Substanzen führen. Durch die Disulfidverbrückung können bifunktionelle Fusionsmole- küle generiert werden, die unter physiologischen und allen üblichen Lösungsmittelbedingun- gen stabil vorliegen und somit auch für medizinische, therapeutische, diagnostische, und bio- technologische Prozesse nutzbar sind.

Oben beschriebene mögliche Ausführungsformen der Erfindung sind auch in Figur I bei- spielhaft dargestellt.

Erfindungsgemäß wird zur Verbindung von zwei oder mehr molekularen Substanzen mitein- ander die hochspezifische Wechselwirkung von Proteinabschnitten, die unter dem Begriff WW-Domänen bekannt sind, mit einer prolinreichen Peptidsequenz (mit einem Prolin-Anteil von mehr als 50 % innerhalb einer kurzen Peptidabfolge von 2 bis 6 Aminosäuren) ausge- nutzt. Diese beiden Molekülspezies zeigen eine außerordentlich starke Wechselwirkung zu- einander (KD 20 bis 100 nM), wenn sie miteinander inkubiert werden. Die langsame Dissozi- ation der Partner führt dazu, daß die Interaktion zunächst nur temporär wirksam ist. Ist dies unerwünscht, so kann die Dissoziation durch die Fixierung der Bindungspartner mittels einer Disulfidbrücke verhindert werden. Dazu werden künstlich Cysteine in geeigneter räumlicher Position in die beiden Adaptersegmente oder im Bereich der Adaptersegmente eingeführt.

Nach der Assoziation der Partner können die Cysteinpaare durch Wahl geeigneter Redoxbe- dingungen oxidiert werden und auf diese Weise dauerhaft kovalent miteinander verknüpft werden. Das entstehende hybride Fusionsprotein kann wesentliche Eigenschaften der jeweils zugrundeliegenden Molekülspezies aufweisen.

Die WW-Domäne ist eine kleine, globuläre Proteindomäne, die üblicherweise aus 30 bis 40 Aminosäuren besteht (vgl. M. Sudol, The WW Domain Binds Polyprolines and is Involved in Human Diseases, Exp. & Mol. Medicine 28, S. 65-69,1996), es sind jedoch auch kürzere Varianten bekannt. WW-Domänen weisen eine hohe natürliche Affinität zu prolinreichen Liganden auf, die mit Dissoziationskonstanten von 20 bis 100 nM gebunden werden. Die prolinreichen Liganden besitzen eine für die Bindung notwendige Mindestlänge von 5 bis 15 Aminosäuren bei einem Prolingehalt von mehr als 50 % innerhalb dieses Segments, wobei die direkte Wechselwirkung üblicherweise innerhalb eines lokalen Segments von 2 bis 6 A- minosäuren (mit mehr als 50 % Prolingehalt) auftritt. Natürliche Liganden stellen dabei fast ausschließlich Proteine dar, die in ihrer Aminosäuresequenz prolinreiche Abschnitte enthal- ten, jedoch sind auch prolinreiche Peptide spezifische Liganden von WW-Domänen.

Die Bezeichnung WW-Domäne leitet sich aus der Beobachtung ab, daß zwei konservierte Tryptophan-Reste (abgekürzt WW) im Abstand von 20 bis 22 Aminosäuren auftreten ; das zweite Tryptophan und eine Reihe von zumeist ebenfalls konservierten hydrophoben Amino- säuren bilden dabei die Bindungstasche für den prolinreichen Liganden. Nach dem zweiten Tryptophan ist oft im Abstand von 2 Aminosäuren ein konserviertes Prolin lokalisiert. Es sind eine Reihe von verschiedenen WW-Domänen-Typen bekannt, die in derzeit 4 Klassen einge- ordnet werden, und die sich insbesondere bezüglich der präferentiell gebundenen prolinrei- chen Peptidliganden voneinander unterscheiden. WW-Domänen können prinzipiell mit den (strukturell unverwandten) SH3-Domänen um die Bindung von prolinreichen Liganden kon- kurrieren, jedoch weisen die Liganden der SH3-Domänen abweichende Konsensussequenzen auf, so daß sich prolinreiche Peptidliganden ableiten lassen, die spezifisch von WW-Domänen gebunden werden. Außerdem ist die Bindung der WW-Domänen an prolinreiche Liganden in der Regel stärker als die von SH3-Domänen. Die nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über Vertreter und Ligandenbindungseigenschaften von WW-Domänen-Proteinen.

WW-Domänen-Typ Spezifisches Bindungsmotiv Beispiel/Vertreter des prolinreichen Liganden* Typ I Pro-Pro- (beliebig)- (Tyr) YAP65, Pinl, Dystrophin Typ II Pro-Pro-Leu-Pro FBP 11, FE65 Typ III Pro-Gly-Met FBP21, PRP40 Typ IV Phospho-Ser/phospho-Thr Pinl, Nedd4 'in unmittelbarer Umgebung einer prolinreichen Sequenz (> 50 % Prolingehalt) Die Umwandlung einer WW-Domäne vom Typ I in eine des Typs II, verbunden mit der da- mit einhergehenden Änderung der Spezifität bezüglich des prolinreichen Peptids, kann bei- spielsweise durch die Aminosäure-Austausche L14W und H16G in der WW-Typ I-Domänen- sequenz erreicht werden. Die Struktur eines Vertreters aus der Klasse I (Yes-Associated Pro- tein, YAP) zeigt, daß diese WW-Domäne aus drei ß-Strängen besteht, die ein ß-Faltblatt aus- bilden (vgl. M. Macias, M. Hyvonen, E. Baraldi, J. Schultz, M. Sudol, M. Saraste & H.

Oschkinat, The Structure of the WW Domain in Complex with a Proline-Rich Peptide, Na- ture 382, S. 646-649,1996). Die Ligandenbindungstasche wird aus dem zweiten ß-Strang des Faltblattes unter Mitwirkung des zweiten konservierten Tryptophans gebildet.

Die wichtigste biologische Rolle von WW-Domänen besteht offensichtlich in der intrazellulä- ren Signalübeimittlung. WW-Domänen werden darüber hinaus direkt oder indirekt mit einer Reihe von Erkrankungen in Verbindung gebracht, beispielsweise dem angeborenen Liddle- Syndrom, der Muskeldystrophie, und der Alzheimer-Erkrankung ; sie sind daher auch Ziel einer Reihe von therapeutischen Strategien. Schließlich spielen WW-Domänen eine biologi- sche Rolle bei der Embryonalentwicklung der Nieren und im intrazellulären Lebenszyklus von Retroviren.

Im Rahmen dieser Erfindung wurde gefunden, daß überraschenderweise WW-Domänen eine stabile Struktur (Faltungstopologie) unter üblichen Lösungsmittelbedingungen ausbilden können, auch wenn sie aus ihrem ursprünglichen molekularen Kontext heraus isoliert und in beziehungsweise an andere Proteine, wie beispielsweise einem viralen Hüllprotein, gentech- nisch fusioniert werden. Dies trifft beispielsweise auf eine WW-Domäne aus der Klasse der forminbindenden Proteine mit einer außergewöhnlich geringen Größe von nur 31 Aminosäu- ren zu, die unter diesen Bedingungen eine stabile Struktur (Faltungstopologie) ausbildet. Un- gewöhnlicherweise stört die Einbringung der WW-Domäne unter günstigen Bedingungen, zusammen mit Linkersegmenten, bestehend aus den Aminosäuren Serin und Glycin, in exter- ne Loops von Proteinen offenbar weder deren Faltung, noch wird die Bindungseigenschaft der WW-Domäne dadurch negativ beeinflußt. Es konnte gezeigt werden, daß dies auch für Varianten der WW-Domäne gilt, bei denen beispielsweise Aminosäuren an spezifischen Po- sitionen gegen Cystein ausgetauscht wurden. Es kann auch für weitere von WW-Domänen abgeleitete Strukturen gelten, wie beispielsweise mehrere konsekutiv aneinandergereihte WW-Domänen, deren Beiträge zur Bindung sich jeweils addieren oder in günstigen Fällen synergistisch sind, verkürzte oder verlängerte WW-Domänen, oder auch WW-Domänen mit ortsgericheten Austauschen von einzelnen Aminosäuren, die-je nach gewünschter Anwen- dung-beispielsweise stärker oder schwächer als die natürliche Proteindomänen an prolinrei- che Sequenzen zu binden vermögen. Solche veränderten Domänen können beispielsweise durch ein Bindungs-Screening mit Hilfe der Phagen-Display-Technologie nach dem Stand der Technik gewonnen werden.

Proteine, die eine inserierte (das heißt, in geeignete Loopbereiche innerhalb der Polypeptid- kette des Wirtsproteins eingebrachte) oder anfusionierte (jeweils am N-Terminus und/oder am C-Terminus des Wirtsproteins befindliche) WW-Domäne besitzen, zeigen eine hohe Affinität zu prolinreichen Sequenzen. Diese prolinreichen Sequenzen können dabei wiederum an ande- re Proteine, Peptide, oder andere molekulare Substanzen fusioniert sein. Damit können zwei beliebige Molekülspezies durch die daran angehängten Interaktionspartner (WW-Domäne und prolinreiche Sequenz) aneinander angelagert werden. Diese Anlagerung beruht zunächst auf einer hydrophoben Interaktion, vermittelt durch WW-Domäne und prolinreichem Liganden.

Diese Interaktion kann jedoch in Hinblick auf höhere Spezifität und flexibleren Einsatz durch Hinzuziehen von beispielsweise ionischen Wechselwirkungen oder Einführung von kovalen- ten Bindungen zwischen WW-Domäne und prolinreichem Ligand angepaßt werden. So kann durch Plazierung von zusätzlichen Aminosäuren, die unterschiedlich geladen sind, oder durch Punktmutationen in den oder in der Nähe der Adaptersegmente die Anlagerung des prolinrei- chen Liganden an die WW-Domäne verstärkt oder spezifischer gestaltet werden. Eine kova- lente Disulfidverbrückung der beiden Komponenten wiederum erlaubt eine dauerhafte und feste Bindung der Adaptersegmente und der damit verbundenen molekularen Substanzen.

Auch eine Verbindung von mehr als zwei molekularen Substanzen miteinander ist erfin- dungsgemäßmöglich.

Die kinetischen Parameter der Wechselwirkung wie Dissoziationskonstante (kD) konnten im Rahmen der Untersuchungen durch Interaktionsmessungen bestimmt werden, die auf Ober- flächen-Plasmon-Resonanzmessungen beruhen. Damit kann gezeigt werden, daß die Wech- selwirkungen zwischen WW-Domänen und prolinreicher Peptidsequenz für die in der vorlie- genden Erfindung beschriebenen Anwendungsfälle grundsätzlich geeignet sind.

Durch die Natur der Wechselwirkung der Adaptersegmente kommt es ausschließlich zur Bil- dung einer heteromeren Hybrid-Spezies, bestehend aus einem Anteil mit WW-Domäne und einem Anteil mit prolinreicher Sequenz. Die Ausbildung von homofunktionellen Molekülen (Homodimeren) kann ausgeschlossen werden. Gegenüber anderen Systemen mit vergleichba- ren Eigenschaften hat die venvendete WW-Domäne den Vorteil, außergewöhnlich klein und kompakt zu sein. Dadurch ist sie bei vielen Anwendungen, beispielsweise den Antigen- Antikörper-Wechselwirkungen, anderen Ligandenbindungsdomänen (beispielsweise Lipoca- linen und Anticalinen) deutlich überlegen.

Weiterhin konnte gezeigt werden, daß die Einführung von Cystein-Resten an spezifischen Stellen innerhalb der WW-Domäne und im prolinreichen Substrat dazu benutzt werden kann, über die Wechselwirkung zwischen WW-Domäne und prolinreicher Sequenz hinaus, die ko- valente Kopplung der Assoziationspartner zu bewirken und demzufolge die an diese Adapter- segmente anfusionierten Proteinanteile miteinander in stabile Verbindung zu bringen. Eine Dissoziation der Interaktionspartner kann so auch unter ungünstigen Bedingungen wie bei- spielsweise besonders hohen oder sehr niedrigen Salzkonzentrationen, oder unter physiolo- gisch extremen Temperaturen, nicht erfolgen. Dazu wird beispielsweise an der Stelle Asp8 (Nummerierung folgt der WW-Domäne aus dem forminbindenden Protein FBP11) oder al- ternativ auch an der Stelle Lysl9 ein Austausch gegen Cystein vorgenommen. Diese Positio- nen sind nur beispielhaft ausgewählt ; die Einbringung von spezifischen Cysteinen kann auch an anderen Stellen der WW-Domäne oder in der Umgebung hiervon, oder in der prolinrei- chen Sequenz oder in der Umgebung hiervon sinnvoll und erfolgreich sein.

Der besondere Vorteil ist, daß wiederum nur heterobifunktionelle Spezies (Heterodimere) gebildet werden, weil die starke Wechselwirkung von prolinreichem Peptid und WW- Domäne bewirkt, daß sich zunächst nur Assoziate zwischen diesen beiden Adaptersegmenten ausbilden können. Die nachfolgende Disulfidverbrückung unter oxidierenden Bedingungen führt dann zur gerichteten Ausbildung von kovalent verbrückten, heteromereri Spezies. Auf- grund der hohen lokalen Konzentration (Annäherung) der Cysteine in der assoziierten Form kann die Disulfidverbrückung auch unter leicht reduzierenden Bedingungen erfolgreich sein und damit besonders spezifisch erfolgen. Im Gegensatz dazu würden im Falle einer zufälligen Disulfidverbrückung, das heißt, ohne die vorgeschaltete starke Affinität der Adaptersegmente zueinander (also bei nicht erfindungsgemäßer Anwendung), unter oxidierenden Bedingungen auch unerwünschte Homodimere der beiden Interaktionspartner als Nebenprodukte gebildet werden.

Das in der vorliegenden Erfindung beschriebene Verfahren eignet sich dazu, beliebige Inter- aktionspartner in Lösung (in vitro) aneinander zu heften, wobei sowohl eine temporäre als auch eine dauerhafte Bindung der beiden Partner möglich ist. Gleichfalls kann das Verfahren dazu genutzt werden, Proteine oder Peptide oder andere molekulare Substanzen, die mit ei- nem der beiden Adaptertypen (WW-Domäne oder prolinreiche Sequenz) ausgestattet sind, aus einem Substanzgemisch spezifisch abzutrennen. Dies erfolgt durch reversible Bindung an eine Matrix, die den jeweils anderen Wechselwirkungspartner kovalent gebunden hat. Die starke Bindung bewirkt, daß die Moleküle auch unter stringenten Lösungsmittelbedingungen an der Matrix anhaften. Das Verfahren erlaubt dadurch beispielsweise die schnelle und effi- ziente Aufreinigung von rekombinanten Proteinen aus dem Zellrohextrakt von Bakterien oder eukaryontischen Zellen, unter der Voraussetzung, daß das rekombinante (zu reinigende) Mo-^ lekül eines der beiden Adaptersegmente (WW-Domäne oder prolinreiche Sequenz) in Fusion oder als Insertion trägt, während das entsprechende Gegenstück zu dem Adaptersegment an der festen Phase immobilisiert wurde.

Gleichermaßen ist dieses Immobilisierungsverfahren dazu geeignet, spezifische Modifikatio- nen oder eine Rückfaltung des immobilisierten Proteins an der Matrix unter Vermeidung von Aggregationsprozessen durchzuführen. Schließlich sind mit der vorliegenden Erfindung auch Anwendungen möglich, bei denen eine einfache und stabile Immobilisierung einer molekula- ren Substanz eine Schlüsselrolle spielen, beispielsweise bei Biosensoren oder in Bioreaktoren (vgl. R. S. Phadke, Biosensors and enzyme immobilized electrodes, Biosystems 27, S. 203- 206,1992 ; M. Abdul-Mazid, Biocatalysis and immobilized enzyme/cell bioreactors. Promi- sing techniques in bioreactor technology, Biotechnology (N. Y.) 11, S. 690-695,1993).

Neben Proteinen und Peptiden können für das in der vorliegenden Erfindung beschriebene Verfahren auch andere Substanzen verwendet werden. So können Peptidderivate, Peptidanti- biotika, Proteine mit modifizierten Seitenketten wie Fluoreszenzmarkierung, Alkylierungen, Acetylierung, gemischte Disulfide mit thiolhaltigen Substanzen, und analoge Veränderungen in gleicher Weise eingesetzt werden. Aber auch Peptid-oder Proteinkonjugate mit Kohlen- hydrat-, Nukleinsäure-oder Lipidanteilen können in das Verfahren eingesetzt werden. Eben- falls lassen sich Nukleinsäuren wie DNA, RNA, Ribozyme, synthetische Nukleinsäuren wie beispielsweise Peptide Nucleic Acids, oder Hybride hiervon mit einem Adaptersegment kop- peln, beispielsweise auf chemischem Wege. Sie sind dann ebenfalls dazu geeignet, eine Inter- aktion mit einem analogen Wechselwirkungspartner einzugehen. Einzige Voraussetzung ist die stabile Anbindung jeweils eines der beiden verwendeten Adaptersegmente.

Als Proteine kommen im Rahmen der erfindungsgemäßgen Anwendung insbesondere Anti- körper, antikörperanaloge Substanzen, Enzyme, Strukturproteine, sowie Kapsomere von Vi- ren oder Phagen in Betracht.

Die Einfügung oder Anbindung der prolinreichen Sequenz beziehungsweise der WW- Domäne oder einer davon abgeleiteten Struktur in eine molekulare Substanz kann prinzipiell an jeder Stelle der molekularen Substanz erfolgen, sofern dadurch nicht die Struktur der WW-Domäne wesentlich beeinflußt wird. Gegebenenfalls ist es günstig, die Anbindung oder Einfügung unter Verwendung von geeigneten Linkersegmenten, wie im Beispiel 1 für das Protein PyVPl-WW150 beschrieben, durchzuführen. Im Falle der Einfügung in Proteine ist es zweckmäßig, solche Bereiche aus der Struktur des Proteins herauszusuchen, in denen keine periodischen Sekundärstrukturelemente wie a-Helix oder ß-Faltblatt vorliegen. Die Einfü- gung von WW-Domänen oder prolinreichen Sequenzen in Proteinstrukturen erfolgt am güns- tigsten dort, wo"Turn"-Bereiche oder"Random Coil"-Bereiche nach der üblichen Definition vorliegen.

Die Bindung der beiden Adaptersegmente aneinander kann unter dem Aspekt verschiedener physikalischer Wechselwirkungen betrachtet werden. So kann ein hydrophober Effekt bei der Stabilisierung der Wechselwirkung dominieren, wie dies in nachfolgendem Beispiel 7 de- monstriert wird. Es können aber auch andere Interaktionsformen zur Ausbildung einer Bin- dung beitragen, wie beispielsweise ionische Wechselwirkungen, Ion-Dipol- Wechselwirkungen, Dipol-Dipol-Wechselwirkungen, Wasserstoffbrückenbindungen, van der Waals-Kräfte, oder Dispersionskräfte. Schließlich kann neben den genannten Beispielen für nichtkovalente Verbindungen auch eine kovalente Verbindung der beiden molekularen Sub- stanzen bewirkt werden. Dabei wird eine chemisch stabile Atombindung zwischen zwei Ato- men der Interaktionspartner ausgebildet, vorzugsweise in Form einer Disulfidbrücke von zwei beteiligten Cystein-Seitenketten.

Die Matrix kann zur Immobilisierung eines der Adaptersegmente (WW-Domäne oder prolin- reiche Sequenz) beispielsweise über den N-Terminus der prolinreichen Sequenz oder der WW-Domäne (Kopplung über N-Hydroxysuccinimidester der Matrix) oder über eine Thi- olgruppe eines in der prolinreichen Sequenz bzw. der WW-Domäne enthaltenen Cysteins (Kopplung über Iodacetamidgruppe der Matrix) beladen werden. Als Matrices kommen bei- spielsweise Agarose und Agarosederivate, Agarosebeads, Sepharose, Dextrane, Kohlenhyd- rate, oder ähnliches Polymermaterial nach dem Stand der Technik in Betracht.

Anwendungen dieser Erfindung sind in den nachfolgenden Beispielen aufgezeigt, durch die der Schutzumfang der Erfindung jedoch nicht begrenzt sein soll.

In der Beschreibung und in den Beispielen wird auf die folgenden Figuren Bezug genommen.

Figur 1 zeigt eine schematische Darstellung der Erfindung. Es werden Adaptersegmente auf der Basis der Wechselwirkung von prolinreichen Substanzen mit WW-Domänen und davon abgeleiteten Foimen venvendet. (a) Verknüpfung von zwei molekularen Spezies A und B über Adaptersegmente. (b) Verknüpfung von zwei molekularen Spezies A und B analog zu (a), jedoch mit zusätzlicher Disulfidverbrückung zur kovalenten Verknüpfung der Partner.

(c) Matrix-Immobilisierung einer molekularen Substanz über die Adaptersegmente (eine der molekularen stellt die Matrix oder ein Teil der Matrix dar). Die Adaptersegmente können sowohl an den Enden (Termini), als auch in Form von Insertionen den Molekülen angefügt werden.

Figur 2 zeigt in (a) einen Vergleich mittels SDS-PAGE der Proteinmassen und der Reini- gungseffizienzen von verschiedenen Varianten des Polyomavirusproteins VP1, die PyVPI- CallS-T249C-Variante (vergleichbar dem Wildtyp des Proteins) und die PyVPl-WWl50- Variante, bei der in der Nähe der Aminosäureposition 150 eine WW-Domäne in einen Loop inseriert ist. Herstellung und Reinigung der Varianten ist in Beispiel l ausführlich beschrie- ben. Bei beiden Varianten sind üblicherweise auftretende Abbauprodukte des Proteins zu ver- zeichnen, die eine kleinere Molekularmasse aufweisen. (b) Circulardichroismus-Spektren (CD) der PyVPI-WW150-Variante und der PyVPI-CallS-T249C-Variante. Die inserierte WW-Domäne an Position 150 zeigt eine native Faltung, wodurch sich der ß-Faltblattanteil im CD-Spektrum erhöht.

Figur 3 zeigt die Bindung von PyVPI-WW150 an einen Sensorchip mit immobilisiertem prolinreichen Peptid, gemäß Beispiel 2. Die drei Messungen, basierend auf Oberflächenplas- monresonanz, zeigen, daß die Lösungsmittelzusätze nur geringfügigen Einfluß auf Affinität und Spezifität der Wechselwirkung ausüben, wobei die in (b) und (c) verwendeten Additive jeweils komplexe physiologische Substanzgemische darstellen. (a) Bindung von PyVPl- WW150 an die Sensoroberfläche unter üblichen Lösungsmittelbedingungen. (b) Bindung von PyVPI-WW150 an die Sensoroberfläche unter Verwendung von Dulbecco's PBS als Lauf- mittel. (c) Bindung von PyVPl-WW150 an die Sensoroberfläche bei Zugabe von Fötalem Kälberserum (FCS) als Modell für ein Gemisch biologisch relevanter Substanzen.

Figur 4 zeigt ein SDS-Gel zur Darstellung der spezifischen Bindung von PyVPl-WW150 an eine prolinpeptidhaltige Matrix. Bahn 1 : Auftrag VP1-WW150 (gereinigt nach Beispiel 1) ; Bahn 2 und Bahn 3 : verschiedene Waschfraktionen ; Bahn 4 und Bahn 5 : Elutionsfraktionen mit I % SDS im Elutionspuffer ; Bahn 6 : 10 kDa-Molekularmassenstandard. Das Beispiel zeigt, daß WW-Domänen-haltige Proteine an einer Matrix reversibel immobilisiert werden können. Die beobachtete Doppelbande der PyVPI-Variante stellt das native Protein sowie eine proteolytische Abbaubande des Proteins dar, die üblicherweise in allen Präparationen auftritt.

Figur 5 zeigt eine Gelfiltration (TSKGel G5000PWXL, Fa. TosoHaas) zur Demonstration der Bindung eines prolinreichen Peptides an die Oberfläche eines virusähnlichen Kapsids, wobei sich auf dieser Oberfläche die in das Hüllprotein VP1 inserierte WW-Domänen befin- den. Die Assemblierung des PyVPI-WW150-Proteins zum Kapsid erfolgt unter den in Bei- spiel 4 angegebenen Bedingungen. An die virusähnlichen Kapside kann ein prolinreiches Peptid gebunden werden, das durch die spezifische Absorption eines daran gekoppelten Farb- stoffes nachgewiesen wird. (Fig. 5 a) : Nachweis der Kapsidbildung durch Absorption bei 260 und 280 nm ; die Kapside eluieren bei einem Volumen von 6 bis 8 ml, die nichtassemblierten, freien Pentamere erscheinen bei 9 bis 10 ml. (Fig. 5b) : Absorption des fluoreszenzmarkierten Peptids bei 490 nm ; die Elution erfolgt parallel zu der Kapsidelution und der Pentamerelution bei 6 bis 10 ml. Oberhalb von 10 ml eluiert überschüssiges, freies Peptid sowie der Fluores- zenzfarbstoff. (Fig. 5c) : das freie, ungebundene Peptid zeigt keine Wechselwirkung mit der Matrix und eluiert ausschließlich oberhalb von 10 ml. (Fig. 5d) : Überlagerung der Chroma- togramme 5a und 5b, zur Darstellung der Koelution des gebundenen Peptides mit der Kapsidfraktion.

Figur 6 zeigt in (a) die Reinigung der Varianten PyVPI-3C-WW1 und PyVPI-3C-WW [N- 14]. Das SDS-Gel (12 %) zeigt das PyVPI-Protein ohne WW-Domäne (Bahn 2), die PyVPI- WW150-Variante aus Beispiel 1 (Bahn 3), sowie die beiden Varianten aus Beispiel 8 (PyVPI-3C-WW1 auf Bahn 4 und Bahn 5, PyVpl-3C-WW [N-14] auf Bahn 6). Bahn 1 und Bahn 7, Molekularmassenstandard (10 kDa-Leiter). (b) Reinigung der GFP-Variante GFP- PLP, und Darstellung auf einem SDS-Gel (15 %). Bahnen M, Molekularmassenstandard (10 kDa-Leiter) ; Bahn Int, Waschfraktion von der Intein-Affinitätssäule ; Fraktionen 1 bis 9, ver- schiedene Elutionsfraktionen des GFP-PLP-Proteins.

Figur 7 zeigt die Verpackung von molekularen Substanzen in das Innere von virusähnlichen Hüllen auf der Basis von Polyomavirus VP1-Varianten. (a) Verpackung von GFP-PLP in Hüllen, die PyVPI-3C-WW1 enthalten. GFP-PLP wird vor der Assemblierung unter Stan- dardbedingungen in sechsfachem molaren Überschuß zugesetzt. Gezeigt ist ein Gelfiltration- sexperiment (TSKgeI G6000PWXL, Fa. TosoHaas), bei dem Kapsidfraktionen (Elution bei 9 ml) von freien, nichtassemblierten Pentameren der PyVP1-Varianten sowie dem GFP- Protein (11 bis 13 ml) abgetrennt werden. In der Kapsidfraktion ist eine detektierbare Menge an GFP vorhanden, die über die WW-Domänen/Polyprolin-Wechselwirkung in das Innere der Kapside dirigiert wurde. (b) Verpackung von GFP mit WW-Domäne am N-Terminus in das Innere von virusähnlichen Kapsiden, assembliert aus PyVPI-3C- [N-14]-PLP (prolinreiche Sequenz am verkürzten N-Terminus). Analog zu dem Beispiel in (a) wird GFP-WWI mit PyVPI-3C- [N-14]-PLP inkubiert und Kapside durch Assemblierung unter Standardbedin- gungen hergestellt. Dabei werden die Polyprolin-Peptide über die Affinität zur WW-Domäne in das Innere der Kapside verbracht. (c) Verpackung eines fluoreszenzmarkierten Peptids (prolinreiche Sequenz) in das Innere von virusähnlichen Kapsiden. Analog zu dem Beispiel in (a) wird das Peptid mit PyVPI-3C-WW [N-14] inkubiert und Kapside durch Assemblierung unter Standardbedingungen hergestellt. Dabei werden die Polyprolin-Peptide über die Affi- nität an die WW-Domäne in das Innere der Kapside verbracht. (d) Verpackung von GFP mit prolinreicher Sequenz am C-Terminus in das Innere von virusähnlichen Kapsiden, die mit PyVPl-3C-WW [N-14] assembliert sind. Analog zu dem Beispiel in (a) wird GFP-PLP mit PyVPI-3C-WW [N-14] inkubiert und Kapside durch Assemblierung unter Standardbedingun- gen hergestellt. Dabei wird das GFP-PLP über die Affinität zur WW-Domäne in das Innere der Kapside verbracht.

Figur 8 zeigt ein SDS-Gel zur Darstellung der Reinigung von Proteinen mit WW-Domäne aus einem Substanzgemisch, hier einem Zellextrakt. Bahn l : 10 kDa- Molekularmassenstandard ; Bahn 2 : Rohextrakt von (PyVPI-3C-WWI)-Intein-CBD- Fusionsprotein ; Bahn 3 : Durchlauf ; Bahn 4 bis 10 : Verschiedene Fraktionen der Elution des Fusionsproteins, mit 2 % SDS im Elutionspuffer. Die Immobilisierung des Fusionsproteins erfolgt dabei über eine Säule mit kovalent gebundenem prolinreichen Peptid. Nach dem Auf- trag des Rohextraktes wird die Säule mit insgesamt 10 Säulenvolumina eines Puffers, der 2 M NaCl enthält, gewaschen. Neben dem Fusionsprotein werden Abbauprodukte davon sowie molekulare Chaperone, die bekanntermaßen an PyVP1 binden, detektiert.

Figur 9 zeigt eine HPLC-fluorimetrische Darstellung der Disulfidverbrückung einer prolin- reichen molekularen Substanz mit einer WW-Domäne, die zum Zweck einer Affinitätsreini- gung an Gluthathion-S-Transferase (GST) fusioniert wurde (Fig. 9a) und unter reduzierenden Bedingungen (50 mM DTT, Fig. 9b).

Beispiel 1 Insertion einer WW-Domäne izl das äu. ßere Segment einer in vitro assemblierten, virusähnli- chen Proteinhiille (PyVPl-RT150) Im ersten Beispiel wird eine WW-Domäne der Aminosäuresequenz Gly-Ser-Gly-Tip-Thr- Glu-His-Lys-Ser-Pro-Asp-Gly-Arg-Thr-Tyr-Tyr-Tyr-Asn-Thr-Glu- Thr-Lys-Gln-Ser-Thr- Trp-Glu-Lys-Pro-Asp-Asp in einen spezifischen Loop eines viralen Hüllproteins eingesetzt.

Dabei wird vor und nach der WW-Domäne zusätzlich ein Linker, bestehend aus alternieren- den Gly-Ser-Aminosäuren, inseriert. Das verwendete virale Hüllprotein ist im gegebenen Beispiel das in Lösung pentamere Polyomavirus-VP1-Hüllprotein, das nach dem Stand der Technik in vitro zu einer virusähnlichen Hülle assemblierbar ist. Anhand der Kristallstruktur des Proteins läßt sich erkennen, daß eine Loop-Region in der Struktur in der Nähe der Ami- nosäureposition 150 für die Insertion der WW-Domäne möglicherweise geeignet ist, da sich diese Loop-Region bei Assemblierung des pentameren Proteins zu einer virusähnlichen Hülle auf der Außenseite der Hülle befindet.

Die Expression und Reinigung von PyVPl-WW150 erfolgt als Fusionsprotein mit einer C- terminal fusionierten Inteindomäne und einer sich daran anschließenden Chitin-Bindungs- domäne (CBD). Dazu wird zunächst ein Plasmid hergestellt, das auf dem Vektor pCYB2 des IMPACT-Systems (Fa. New England Biolabs) beruht. Über die multiple Klonierungsstelle des pCYB2 wird mit Hilfe der Restriktionsschnittstellen Ndel-Xmal (Fa. New England Bi- olabs) ein über PCR-Amplifikation hergestelltes DNA-Fragment nach Standardverfahren einkloniert, das für eine Variante des VP 1-Gens von Maus-Polyomavirus codiert.

Als Basis hierfür wird eine Polyomavirus-Variante verwendet, die keinerlei Cysteine in der Sequenz aufweist ; die sechs Cysteine des Wildtyp-Proteins wurden zuvor mit Hilfe von übli- chen Mutagenisierungsverfahren durch Serin ersetzt. Diese Variante von PyVPl hat den Vorteil, daß die Redoxbedingungen der Lösung keinen Einfluß auf den Zustand des Proteins haben ; sie ist dadurch in vielen Anwendungen einfacher handhabbar. Darüber hinaus kann bei der späteren Einführung eines Cysteins in die inserierte WW-Domäne eine spezifische Disul- fidverbrückung von WW-Domäne und prolinreicher Sequenz vorgenommen werden. Als weitere Variante wird eine Modifikation an der Stelle 249 verwendet ; das dort im Wildtyp- protein vorhandene Threonin wird durch Cystein ersetzt. An dieser Stelle im Protein ist eine Markierung mit Hilfe von Fluoreszenzfarbstoffen nach dem Stand der Technik vorteilhaft möglich. Die geschützte Lokalisation im Pentamer erlaubt die Markierung an dieser Stelle ohne unerwünschte Nebeneffekte. Die verwendete Variante von Polyomavirus VP1 wird kor- rekt mit PyVPI-CallS-T249C benannt, nachfolgend verkürzt als PyVPI bezeichnet.

Für die PCR werden die folgenden Oligonucleotide als Primer verwendet : vplNlmp (5'-TAT ACA TAT GGC CCC CAA AAG AAA AAG C-3'), und vpICImp (5'-ATA TCC CGG GAG GAA ATA CAG TCT TTG TTT TTC C-3'). Bei dieser PCR werden gleichzeitig die C-terminalen Aminosäu- ren des Wildtyp-VPI-Proteins von Gly383-Asn384 in Pro383-Gly384 umgewandelt, da ein C-terminal lokalisiertes Asparagin für das Intein-Spaltsystem sehr ungünstig bezüglich der Spalteigenschaften ist. Die genannten Punktmutationen beeinflussen im Weiteren nicht die wesentlichen Eigenschaften des PyVPI-Proteins. Der tac-Promotor des pCYB2-Vektors lie- fert nur geringe Expressionsmengen des Fusionsproteins, daher wird das Fusionskonstrukt PyVP1-Intein-CBD über eine weitere PCR aus dem pCYB2-Vektor isoliert und in einen ho- chexprimierenden pET-Vektor mit T71ac-Promotor (Plasmid pET21a, Fa. Novagen), über NdeI-EcoRI-Restliktionsschnittstellen, kloniert. Oligonucleotide : vpl-NImp (5'-TAT ACA TAT GGC CCC CAA AAG AAA AAG C-3'), und 5'-ATA TGA ATT CCA GTC ATT GAA GCT GCC ACA AGG-3'.

Die Klonierung der WW-Domäne als Insertion in den externen Loop von PyVPl zwischen die Aminosäurepositionen 148 und 149 erfolgt in mehreren Schritten. Mit den Oligonukleoti- den FBP11-WWaN (5'-ATA CTC TTC AGG CAG CGG CTG GAC AGA ACA TAA ATC ACC TGA TGG-3') und FBP11-WWaC (5'-ATA CTC TTC TAC CAC TAC CAT CAT CCG GCT TTT CCC AGG TAG ACT G-3') wird eine PCR auf ein DNA-Fragment durchgeführt, welches das forminbin- dende Protein 11 (FBPH) aus dem Organismus Mus musculus (Maus) enthält. In dieser Gen- sequenz ist unter anderem eine WW-Domäne kodiert. Die Oligonukleotide führen gleichzei- tig eine kurze Linkersequenz von je 5 Aminosäuren, bestehend aus alternierenden Glycin- Serin-Aminosäuren, ein. Eine zweite PCR auf den vorstehend beschriebenen Vektor amplifi- ziert das N-terminale Fragment von PyVPI zwischen den Aminosäuren l und 148 mit Hilfe der Oligonukleotide vp lNlmp (s. oben) und vpl-150-WWaC (5'-ATA CTC TTC AGG TAG CGG CGT AAA CAC AAA AGG AAT TTC CAC TCC AG-3'). Eine dritte PCR schließlich amplifiziert auch das C-terminale Fragment von PyVPI zwischen den Aminosäuren 149 und dem C- terminale Ende des Proteins, mit Hilfe der Oligonukleotide vpl-150-WWaN (5'-ATA CTC TTC AGC CGC TGC CTG TAT CTG TCG GTT TGT TGA ACC CAT G-3') und vpICImp (s. oben).

Alle drei PCR-Produkte werden anschließend mit dem Typ IIS-Restriktionsenzym Ea- mI 104 1 (Fa. Stratagene) verdaut. Das N-terminale und das C-terminale Fragment von PyVPI (PCR-Produkte 2 und 3, s. oben) werden mit Hilfe von Alkalischer Phosphatase (CIP, Fa. New England Biolabs) dephosphoryliert, um im nachfolgenden Ligationsschritt aus den drei aufbereiteten PCR-Fragmenten eine Gensequenz zu schaffen mit folgender Reihenfolge : (PyVPI-N-Terminus)-WW-Domänen-Fragment- (PyVPI-C-Terminus). Eine anschließen- de PCR mit den Oligonukleotiden vplNImp und vplClmp (s. vorstehend) amplifiziert nun das Ligationsprodukt der drei Fragmente, nachfolgend abgekürzt als PyVPl-WW150 be- zeichnet. Das PCR-Produkt kann anschließend mittels Standardverfahren in den Vektor pCR- blunt (Fa. Invitrogen) kloniert werden. Nach Ausschneiden des klonierten Fragmentes PyVPI-WW150 mit Hilfe der Restriktionsenzyme Nde I-Sma I kann im Anschluß die finale Klonierung in das bereits zuvor beschriebene Plasmid pET21a erfolgen.

Der zuletzt entstandene Vektor erlaubt die Expression des Fusionsproteins (PyVPI-WW150)- Intein-CBD mit Hilfe des hochexprimierenden T71ac-Promotors in E. coli BL21 (DE3)-Zellen (Fa. Novagen). Dazu werden transformierte Zellen in 5 1-Erlenmeyerkolben, die je 2 l LB- Medium enthalten, bei 37 °C angezogen, bis die OD6oo der Kultur 2.0 bis 2.5 beträgt. Die Induktion der Proteinexpression erfolgt durch 1 mM IPTG im Medium. Die Kulturen werden danach für weitere 20 Stunden bei 15 °C inkubiert ; die niedrige Temperatur minimiert die Abspaltung des Intein-Anteils im Fusionsprotein unter in vivo-Bedingungen. Die Zellen wer- den durch Zentrifugation geerntet, in 70 ml Resuspensionspuffer (20 mM HEPES, 1 mM EDTA, 100 mM NaCI, 5 % (w/v) Glycerol, pH 8.0) aufgelöst, und durch Hochdruck- Homogenisation aufgeschlossen. Nach Zentrifugation des Rohextraktes für 60 min bei 48 000 g wird ein klarer Zellextrakt erhalten. Dieser Extrakt wird mit einer Flußrate von 0.5 ml/min bei einer Temperatur von 10 °C auf eine 10 ml Chitin-Affinitäts-Säule (New England Biolabs) aufgetragen. Die Säule wird anschließend mit 3 Säulenvolumina des Re- suspensionspuffers, 15 Säulenvolumina eines Waschpuffers hoher Ionenstärke (20 mM HEPES, 1 mM EDTA, 2 M NaCI, 5 % (w/v) Glycerol, pH 8.0) und wiederum 3 Säulenvolu- mina des Resuspensionspuffers gewaschen ; dadurch werden alle unerwünschten E. coli- Wirtsproteine von der Chitin-Matrix entfemt.

Die Abspaltung des PyVP1-WWl50-Monomers aus dem Fusionsprotein mittels der selbst- spleißenden Inteinaktivität wird durch einen Puls (3 Säulenvolumina) mit jeweils 50 mM Dithiothreitol (DTT), 50 mM Hydroxylamin, oder 30 mM DTT zusammen mit 30 mM Hydroxylamin, im Resuspensionspuffer induziert. Dazu wird die beladene Chitinmatrix mit einer der angegebenen Lösungen für 14 Stunden bei 10 °C inkubiert. Das PyVPI-WW150- Protein wird dabei vollständig freigesetzt und kann mittels säulenchromatographischer Stan- dardverfahren von der Chitinmatrix und den an der Matrix anhaftenden übrigen Bestandteilen des Fusionsproteins abgetrennt werden. Dazu wird geeigneterweise ein linearer Salzgradient mit einer Konzentration zwischen 0.1 und 2.0 M NaCI verwendet. Die Regeneration der Chi- tinmatrix erfolgt nach den Angaben des Herstellers durch Waschen des Chitin-Materials mit 3 Säulenvolumina eines SDS-haltigen Puffers (1 % SDS (w/v) in Resuspensionspuffer).

Das PyVP1-WW150-Protein wird im beschriebenen Verfahren als lösliches Pentamer expri- miert und ist nativ. Fig. 2a zeigt ein SDS-Gel mit den gereingten Fraktionen von Wildtyp- PyVPI (bzw. der davon abgeleiteten Variante PyVPI-CallS-T249C) und der PyVPI- WW150-Variante, die aufgrund der zusätzlichen inserierten Aminosäuren eine höhere Masse aufweist. Fig. 2b zeigt vergleichende CD-Spektren der hergestellten Proteine in 10 mM HEPES, 150 mM NaCl, pH 7.2, die eine korrekte Faltung der Proteinspezies zeigen. Eine Dekonvolution der beiden CD-Spektren nach dem Stand der Technik zeigt, daß im Falle der PyVPI-WW150-Domäne eine Zunahme an ß-Faltblattstruktur gegenüber dem PyVPl-Protein zu verzeichnen ist. Dies weist darauf hin, daß die inserierte WW-Domäne ihre native Struktur als ß-Faltblatt beibehalten hat.

Das Beispiel zeigt, daß überraschenderweise die WW-Domäne mit korrekter Faltung unter geeigneten Bedingungen in Loopbereiche von Proteinstrukturen inseriert werden kann, ohne deren native Struktur wesentlich zu stören. Das in Lösung pentamere PyVP1-WW150-Protein enthält die native WW-Domäne inseriert in die Polypeptidkette und präsentiert diese bei As- semblierung auf der Außenseite der virusähnlichen Hülle (vgl. Beispiel 2).

Beispiel 2 Charakterisiertng tler Eigenschaften von PyVPI-WWI50 Anhand des Beispiels 1 kann ein Protein (PyVPI-WW150) hergestellt werden, das artifiziell eine WW-Domäne inseriert hat. Die Bindungseigenschaften von PyVPI-WW150 in Bezug auf prolinreiche Liganden können mit verschiedenen Verfahren charakterisiert werden. Eine dafür günstige Methode bedient sich der Oberflächen-Plasmon-Resonanz ; im vorgegebenen Beispiel wird dazu das Gerät Biacore X (Fa. Biacore AB) verwendet. Ein synthetisches Pep- tid der Sequenz Cys-Ser-Gly-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Leu-Pro wird nach Angaben des Herstellers über eine Thiol-bzw. Aminokopplung an einen Sensorchip Typ CM5 gekop- pelt. Dabei wird zunächst eine Menge von 80 Resonanzeinheiten (RU) des angegebenen Pep- tids an der Oberfläche immobilisiert. Die nachfolgenden Messungen erfolgen jeweils bei 25 °C und einer Flußrate von 20 ul/min.

Es werden Bindungsstudien von PyVPI-WW150 an den Sensorchip mit immobilisiertem prolinreichen Peptid unter verschiedenen Lösungsmittelbedingungen durchgeführt. Die erste Messung erfolgt unter Standard-Lösungsmittelbedingungen, mit 10 mM HEPES, 1 mM EDTA, 150 mM NaCl, pH 7.2. Die Proteinkonzentration von PyVPl-WW150 wird im Be- reich von 5 bis 50 nM variiert. Anhand von Fig. 3a ist ersichtlich, daß PyVP1-WW150 mit hoher Affinität an den Sensorchip bindet. Die gebundene Menge ist, wie erwartet, proportio- nal zur eingesetzten Proteinkonzentration. Die Bindungskonstante KD des PyVPI-WW150- Proteins wird dabei mit einem Wert von 5 nM bestimmt (Fig. 3a). Wie aus der Figur weiter- hin ersichtlich ist, ist die Bindung nicht dauerhaft, sondern das Protein dissoziiert nach der Beladung der Sensoroberfläche in einem langsamen Prozeß wieder ab. Dies zeigt, daß die Wechselwirkung der Interaktionspartner reversibel ist.

Zum Test der Bindung unter Bedingungen physiologischer Ionenstärke wird bei der zweiten Messung als Lösungsmittel Dulbecco's PBS verwendet (Fa. Gibco). Die übrigen experimen- tellen Bedingungen werden analog zum vorstehend beschriebenen ersten Versuch gewählt.

Fig. 3b demonstriert, daß die Bindung des PyVPl-WW150 mit Dulbecco's PBS keine signi- fikanten Unterschiede gegenüber der Bindung unter Standardbedingungen (Fig. 3a) aufweist.

Aus dem Experiment können Bindungsparameter für die Assoziation (K,,,, = 2x 105 M's') und Dissoziation (Koff = 1.8xlO-' s-') abgeleitet werden. Das Beispiel zeigt, daß die veränderten Lösungsmittelbedingungen keinen wesentlichen Einfluß auf die Bindung des PyVPI-WW150 an das prolinreiche Peptid besitzen, und legt nahe, daß die Interaktion der beiden Partner auch unter physiologischen Bedingungen stabil erfolgt. Damit ist eine prinzipielle Anwendbarkeit des Systems auch unter klinischen Bedingungen im Rahmen von Diagnostika oder Therapeu- tika möglich.

Zur Bestimmung der Spezifität der Bindung wird in einer dritten Messung als Laufpuffer Dulbecco's MEM-Medium mit 10 % FCS (Fötales Kälberserum, Fa. Gibco) verwendet. FCS stellt dabei ein Modellsystem dar für ein Gemisch aus verschiedenen Proteinen und anderen Substanzen, die in biologischen Systemen relevant sind. Fig. 3c zeigt, daß auch unter diesen Bedingungen eine signifikante und spezifische Bindung des PyVPI-WW150-Proteins an die Sensoroberfläche zu verzeichnen ist. Wie bei den beiden vorstehend beschriebenen Messun- gen ist auch hier das Response-Signal an der Sensoroberfläche proportional zu der eingesetz- ten Konzentration an PyVPI-WW150-Protein. Damit ist gezeigt, daß die Wechselwirkung des PyVPl-WW150 mit dem immobilisieiten prolinreichen Peptid unabhängig ist von dem Vorhandensein eines Gemisches anderer Substanzen, wie sie beispielsweise im Serum vor- kommen.

Zusammenfassend zeigen diese drei Untersuchungen mit Hilfe der Biacore-Technik und einer Sensoroberfläche mit immobilisiertem prolinreichen Peptid, daß die Bindung zwischen mole- kularen Substanzen, die eine WW-Domäne enthalten, und prolinreichen Liganden mit hoher Affinität und Spezifität erfolgt. Die Wechselwirkung ist dabei reversibel und nicht wesentlich von den gewählten Lösungsmittelbedingungen abhängig. Die Dissoziation erfolgt ver- gleichsweise langsam gegenüber der Assoziation ; die Dissoziationskonstante liegt bei 20 nM.

Beispiel 3 Immobilisierung an einer Matrix Ein weiteres Verfahren zur Charakterisierung von Bindungseigenschaften ist eine reversible Immobilisierung der WW-Domäne an einer inerten Matrix. Dazu wird ein synthetisches pro- linreiches Peptid (Sequenz Cys-Ser-Gly-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Leu-Pro) über eine Thiolkopplung an Sulfolink-Säulenmaterial (Fa. Pierce) nach Vorschrift des Herstellers gekoppelt. Mit der auf diese Weise modifizierten Matrix wird eine Chromatographie-Säule beladen. Dies erlaubt ein Auftragen der Proben auf die Matrix und Elution von gebundenen Proteinen unter verschiedenen Bedingungen. Das nach Beispiel 1 gereinigte PyVPI-WW150- Protein wird auf die Säule aufgetragen (Lösungsmittel 10mM HEPES, 1 mM EDTA, 150 mM NaCl, 5 % Glycerin, pH 7.2). Wie aus Figur 4 ersichtlich ist, bindet das Protein an die Matrix und erscheint nur in geringen Mengen in den Waschfraktionen. Eine nachfolgende Elution des Proteins von der Matrix ist durch Zugabe von 1 % SDS oder 300 mM Arginin zum Laufpuffer möglich.

Dieses Experiment zeigt, daß das PyVP1-WW150-Protein in der Lage ist, reversibel an eine Matrix zu binden, die ein prolinreiches Peptid trägt. Dadurch kann eine zeitweise Immobili- sierung erfolgen. Ein Ablösen des Proteins von der Matrix ist durch Zugabe von Additiven zum Laufpuffer möglich.

Beispiel 4 Bindung eines prolinreichen Peptids an ein Kapsid In einem weiteren Experiment wird die Bindung eines fluoreszenzmarkierten Peptids mit prolinreicher Sequenz an die Oberfläche (Außenseite) von virusähnlichen Kapsiden unter- sucht. Die Assemblierung des Proteins erfolgt dabei in Analogie zu bereits beschriebenen Bedingungen nach dem Stand der Technik (vgl. Salunke, Caspar & Garcea, Polymorphism in the assembly of polyomavirus capsid protein VP 1, Biophys. J. 56, S. 887-900,1989). Die virusähnlichen Kapside werden nach Dialyse des Proteins gegen 10 mM HEPES, 50 mM NaCI, 0.5 mM Cal,, 5 % Glycerin, pH 7.2, erhalten. Das prolinreiche Peptid Cys-Ser-Gly- Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Leu-Pro wird mit einem Fluorescein-Maleimid-Derivat (Fa. Molecular Probes) nach Herstellerangaben spezifisch am N-terminalen Cystein markiert.

Nach der Assemblierung der Virusprotein-Varianten zu Kapsiden wird ein zehnfacher mola- rer Überschuß an fluoreszenzmarkiertem Peptid zugesetzt. Durch Gelfiltration (Säule TSKGel G5000PWXL, Fa. TosoHaas) lassen sich eindeutig virusähnliche Kapsidhüllen nachweisen und von freien, nicht assemblierten Kapsidbausteinen sowie von überschüssigem Peptid und Fluoreszenzfarbstoff abtrennen. Das auf die Oberfläche der Kapside an die dort befindlichen WW-Domänen gebundene Peptid eluiert in den Kapsidfraktionen und kann durch die spezifische Absorption des Fluoreszenzfarbstoffes nachgewiesen werden (Fig. 5).

Dieses Beispiel zeigt, daß die PyVP1-WW150-Variante unter geeigneten Bedingungen Kapsidstrukturen (virusähnliche Hüllen) ausbilden kann. Diese Kapside sind dazu in der La- ge, das prolinreiche Peptid zu binden. Damit lassen sich über die spezifische und starke Wechselwirkung von WW-Domäne und prolinreicher Sequenz molekulare Substanzen ge- richtet auf die Oberfläche (Außenseite) der virusähnlichen Strukturen aufbringen.

Beispiel 5 Verpacken von GFP in das Inrrere einer virusähnlichen Proteinhülle In diesem Beispiel wird gezeigt, daß durch günstige Positionierung der Adaptersegmente eine Dirigierung von molekularen Substanzen in das Innere von Virusüllen oder von virusähnli- chen Hüllen (Kapsiden) erfolgen kann. Aufgrund der dreidimensionalen Struktur von Poly- omavirus VP1 ist nach dem Stand der Technik bekannt, daß der N-Terminus des Proteins nach der Assemblierung zum Kapsid im Innenraum der Hülle lokalisiert ist. Dabei sind mög- licherweise die ersten 14 Aminosäuren des Proteins entbehrlich, da sie in der Röntgenstruktur des Kapsids nicht detektiert werden können. Es werden daher zwei verschiedene Varianten des PyVPI-Proteins hergestellt, die eine WW-Domäne am Aminoterminus des nativen Wildtyp-Proteins enthalten (Variante PyVPI-3C-WWl), bzw. die WW-Domäne an einem um 14 Aminosäuren verkürzten N-Terminus tragen (Variante PyVPI-3C-WW [N-14]) und eine Variante des PyVPI-Proteins, das eine prolinreiche Sequenz am N-Terminus trägt (PyVPl- 3C- [N-14]-PLP). Basis für diese Varianten ist eine PyVPI-Variante, das über die Cysteine C19 und C114 verfügt und in die zusätzlich ein spezifisches neues Cystein eingeführt ist (a- nalog zur Variante PyVPI-CallS-T249C). Diese Variante wird im folgendenen abgekürzt mit PyVP 1-3C.

Zunächst wird eine Amplifikation der WW-Domäne mittels PCR durchgeführt ; als Templat dient dabei analog zu Beispiel 1 das FBP11-Gen der Maus. Als Oligonukleotide für die PCR werden dabei 5'-AAT ATA TCA TAT GTC CAT CAT CCG GCT TTT CCC AGG TAG ACT-3' (mit NdeI-Schnittstelle), und 5'-TAT TAA TCA TAT GAG CGG CTG GAC AGA ACA TAA ATC ACC TGA TGG-3'verwendet. Das erhaltene PCR-Produkt wird anschließend über die mittels der Oligo- nukleotide eingeführten Schnittstellen Nde I-Nde I in den Expressionsvektor pET21a aus Beispiel 1 einkloniert, der das Gen für ein Fusionsprotein PyVPl-Intein-CBD enthält ; am 5'- Ende des Gens befindet sich dabei eine singuläre Nde I-Schnittstelle. Das exprimierte Gen- produkt dieses Vektors ist das gewünschte Protein PyVPI-3C-WWI. Analog dazu wird die Klonierung mit einem um 14 Aminosäuren verkürzten Fragment von PyVP1-3C durchgeführt- (PyVPI-3C-WW [N-14]), nach dem in Beispiel 1 beschriebenen Standardverfahren. Dazu wird eine PCR durchgeführt auf das PyVPl-Genfragment, mit 5'-GCG CGC GCA TAT GAG CAC CAA GGC TAG CCC AAG ACC CG-3'und dem Oligonukleotid vplClmp (vgl. Beispiel 1).

Das dabei entstehende PCR-Produkt wird mit den Restriktionsenzymen Nde I-Sma I ver- daut und das Fragment nach Standardverfahren in den Vektor pET21 a aus Beispiel 1 kloniert.

Expression und Reinigung der beiden Proteine erfolgt in Übereinstimmung mit Beispiel 1.

Die gereinigten Proteine sind den Varianten PyVPI und PyVPl-WW150 in der Fig. 6a ver- gleichend gegenübergestellt. Es zeigt sich, daß die Proteine löslich und nativ herstellbar sind.

Die Veränderung des N-Terminus durch die Einführung der WW-Domänen hat keinen we- sentlichen negativen Einfluß auf die Assemblierungskompetenz des Proteins zur Ausbildung von virusähnlichen Hüllstrukturen.

In analoger Weise wird die Herstellung und Reinigung einer GFP-Variante vorgenommen.

GFP ist ein Protein, das im nativen Zustand eine grüne Fluoreszenz zeigt (Absorptionsmaxi- mum bei 490 nm). Es eignet sich hervorragend zur Markierung von Komplexen und Assozi- aten. Zur Herstellung einer GFP-Variante mit einer prolinreichen terminalen Sequenz erfolgt zunächst eine PCR-basierte Amplifikation des GFP-Gens, wobei als Templat das Plasmid pEGFP-N1 (Fa. Clontech) verwendet wird. Gleichzeitig werden geeignete Restriktions- schnittstellen in das PCR-Produkt eingeführt. Die PCR erfolgt mittels der Oligonukleotide 5'- TTA TTT ACA TAT GGT GAG CAA GGG CGA GGA G-3' (mit Nde I-Schnittstelle), und 5'-ATA TCT TAA GTA CAG CTC GTC CAT GCC G-3' (mit Afl II-Schnittstelle). Das so erhaltene PCR- Produkt wird über die Restriktionsschnittstellen in den Vektor pTIP kloniert und dort expri- miert. Dieser Vektor pTIP ist ein Derivat des in Beispiel 1 dokumentierten Intein- Reinigungsvektors auf Basis von pET21a, mit zusätzlich eingeführten prolinreichen Sequen- zen. Der Vektor ist so konstruiert, daß wahlweise am 5'-oder 3'-Ende eines über eine mul- tiple Klonierungsstelle eingefügten Gens eine prolinreiche Sequenz anfusioniert wird. Die prolinreiche Sequenz enthält dabei vorwiegend Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Leu-Pro.

Die Herstellung und Reinigung des GFP-PLP-Proteins erfolgt mittels Chitinaffinitäts- chromatographie, in inhaltlicher Übereinstimmung mit dem Beispiel l. Die erfolgreiche Her- stellung und Reinigung von GFP-PLP ist in Fig. 6b dokumentiert. Das GFP-PLP-Protein, das am C-Terminus die prolinreiche Sequenz Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Leu-Pro trägt, kann löslich in großer Menge hergestellt werden. Die grün leuchtende Farbe der Proteinlö- sung zeigt gleichzeitig, daß das Protein zu seiner nativen Struktur falten kann.

Analog dazu erfolgte die Herstellung der Py-VPl-3C-PLP Variante. Zur Herstellung dieser PyVPI Variante wurde PyVPl-3C- [N-14] in den Vektor pTIP so kloniert, dass die im Vektor enthaltene prolinreiche Sequenz N-terminal an das Py-VPl-3C- [N-14] fusioniert wurde.

Zur Überprüfung der funktionellen Eigenschaften der beiden PyVPI-Varianten mit WW- Domäne am jeweiligen N-Terminus der Proteine werden die beiden Varianten mit Proteinen inkubiert, die prolinreiche Sequenzen enthalten. Das PyVPI-3C-WW1-Protein wird mit dem zuvor hergestellten Protein GFP-PLP (molares Verhältnis 1 : 6) für 10 min inkubiert (10 mM HEPES, 1 mM EDTA, 150 mM NaCI, 5 % Glycerol, pH 7.2), und die Kapsidbildung der PyVPl-Varianten durch Dialyse gegen einen Puffer, der 0.5 mM CaCI2 enthält, induziert (vgl. Beispiel 4). Der erfolgreiche Nachweis von Kapsiden (Fig. 7a) zeigt, daß die Variante PyVPl-3C-WW1 unter geeigneten Bedingungen assemblierungskompetent ist. Anhand von Gelfiltrationsuntersuchungen (Säule Säule TSKGel G6000PWXL, Fa. TosoHaas) kann ge- zeigt werden, daß ein geringer Teil des nativen GFP-PLP-Proteins (identifizierbar anhand der spezifischen Absorption bei 490 nm) in der Kapsidfraktion (bei Elutionsvolumina zwischen 9 und 10 ml) enthalten ist (Fig. 7a). Das bedeutet, daß während der Inkubation des GFP-PLP- Proteins mit der PyVPl-3C-WW [N-14]-Variante eine Bindung der beiden Proteine aneinan- der erfolgte, wodurch das GFP bei der nachfolgenden Kapsidassemblierung in das Innere des virusähnlichen Partiels dirigieit wurde.

Beispiel 6 Verpacken eines Peptides in das Innere einer virusähnlichen Proteinhülle In einem zweiten Experiment analog zum Experiment 5 wird das PyVPI-3C-WW [N-14] in einem molaren Verhältnis von 1 : 10 mit einem prolinreichen Peptid inkubiert, das zuvor fluo- reszenzmarkiert wird. Die Markierung des Peptids (Cys-Ser-Gly-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro- Pro-Pro-Leu-Pro) erfolgt dabei mittels Fluorescein-Maleimid (Fa. Molecular Probes) gemäß den Herstellerangaben über eine Maleimidkopplung des Farbstoffes an das N-terminale Cystein. Wiederum zeigt sich wie im Beispiel 5 nach der Assemblierung der PyVPI-3C- WW [N-14]-Variante, daß PyVPI-3C-WW [N-14] unter geeigneten Bedingungen assemblie- rungskompetent ist. Darüber hinaus ist das Protein dazu in der Lage, das prolinreiche Peptid zu binden und bei der Assemblierung zu einer Proteinhülle das prolinreiche Peptid in das In- nere der Kapside zu verbringen. Dies zeigt sich bei der Gelfiltration in Fig. 7b durch die spe- zifische Absorption des am Peptid kovalent gebundenen Fluoreszenzfarbstoffes bei 490 nm, die vorwiegend im Elutionsbereich der Kapside (9 bis 10 ml) zu finden ist.

Außerdem kann anhand der Varianten von PyVPl-3C- [N-14]-PLP (prolinreiche Sequenz am N-Terminus) und GFP-WW1 (WW-Domäne am N-Terminus) ein analoger Assemblierungs- versuch durchgeführt werden. Dieser zeigt, daß auch eine umgekehrte Anordnung von WW- Domäne und prolinreichem Liganden an die zu verbindenden Substanzen, also die Plazierung der prolinreichen Sequenz an das Polyoma-Hüllprotein (Kapsid) und der WW-Domäne an das zu verpackende Protein, zu einer erfolgreichen Dirigierung des GFP in das Innere der virus- ähnlichen Hülle führt. Zusammenfassend zeigen die Experimente in den Beispiele 5 und 6, daß Varianten von PyVPI mit N-terminal anfusionierter WW-Domäne dazu in der Lage sind, prolinreiche Se- quenzen zu binden und diese sowie die ggf. daran befindlichen molekularen Substanzen bei einer Assemblierung zu Kapsiden unter geeigneten Bedingungen in das Innere von virusähn- lichen Hüllen zu dirigieren. Damit ist das beschriebene Verfahren dazu geeignet, eine gerich- tete Veipackung von molekularen Substanzen in Viren bzw. in virusähnliche Kapside zu be- wirken. Ebenfalls konnte gezeigt werden, daß Varianten von PyVPI mit N-terminal anfusio- nierter prolinreicher Sequenz in der Lage sind, WW-Domänen und daran befindliche mole- kulare Substanzen zu binden.

Beispiel 7 Disulftdverbrückung zur kovalenten Verknüpfung auf der Basis von modifizierten WW<BR> Domänenacndprolinreichen Peptiden Die in den vorstehenden Beispielen 1 bis 6 beschriebenen Untersuchungen zeigen, daß durch die Interaktion der WW-Domäne mit einer prolinreichen Peptidsequenz eine zeitlich befris- tete Zusammenlagerung dieser beiden Adaptersegmente erfolgen kann. Eine dauerhafte Verb- rückung der Interaktionspartner kann dadurch erfolgen, daß die beiden Adaptersegmente mit spezifisch eingeführten Cystein-Aminosäuren ausgestattet werden, die bei geeigneter Positio- nierung eine Disulfidverbrückung nach der Assoziation der Bindungspartner erlauben.

Durch Punktmutationen, die gemäß nach dem Stand der Technik üblichen Verfahren durch- geführt werden, lassen sich sowohl in der WW-Domäne als auch in den prolinreichen Se- quenzen des Liganden einzelne Aminosäuren, die nicht essentiell für die Anlagerung beider Adaptersegmente sind, in Cysteine überführen. Unter geeigneten Redoxbedingungen (oxidie- rend) kann dann spezifisch eine Disulfidbrücke zwischen dem angelagerten prolinreichen Liganden und der WW-Domäne, jeweils ein oder mehrere Cysteine enthaltend, ausgebildet werden. Diese Verbrückung wird dabei entscheidend durch die Anlagerung von WW- Domäne und dem Liganden begünstigt. Die zeitlich begrenzte Wechselwirkung zwischen unverknüpfter WW-Domäne und prolinreichem Liganden hält dabei lange genug vor, um die kovalente Verbrückung über die Disulfidbrücke auszubilden. Die Wechselwirkung der beiden Adaptersegmente wird dadurch zeitlich unbegrenzt, da Disulfidbrücken unter physiologischen Bedingungen, wie sie beispielsweise im extrazellulären Raum vorliegen, stabil sind. Falls erwünscht, kann in vitro unter reduzierenden Bedingungen (beispielsweise 50 mM DTT, DTE oder ß-Mercaptoethanol) die Disulfidbrücke zwischen WW-Domäne und prolinreichem Li- ganden wieder aufgehoben werden ; bei Entfernung des Reduktionsmittels ist auch eine Wie- derverbrückung möglich.

Ausgehend von der Variante PyVPl-WW150 des Hüllproteins VP 1 des murinen Polyomavi- rus wird durch Mutagenese eine Aspartat-Aminosäure (Position 8 in der WW-Domäne) in ein Cystein umgewandelt. Die resultierende Cystein-haltige Variante wird im folgenden PyVPI- WW150-D8C benannt. Über Bindungsstudien, basierend auf Oberflächenplasmonresonanz, läßt sich zeigen, daß diese Variante der WW-Domäne noch ohne Ausbildung der Disulfidbrü- cke den prolinreichen Liganden Cys-Ser-Gly-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Leu-Pro bin- det. Das Ausmaß der Wechselwirkung ist jedoch etwas geringer als bei PyVP 1-WW150. Dies läßt sich offenbar auf das neu eingeführte Cystein zurückführen. Es kann jedoch gezeigt wer- den, daß diese Anlagerung durch Zusatz von 500 mM Ammoniumsulfat wiederum verstärkt werden kann. Dadurch werden vermutlich die hydrophoben Wechselwirkungen zwischen prolinreichem Liganden und WW-Domäne intensiviert. Die Stärke der Wechselwirkung ist somit durch die Ammoniumsulfat-Konzentration im Lösungsmittel modulierbar.

Die Ausbildung der Disulfidbrücke zwischen prolinreichem Liganden und WW-Domäne er- folgt anschließend unter leicht oxidierenden Bedingungen. Dazu wird ein Puffer verwendet, der sowohl Ammoniumsulfat enthält als auch definierte Redoxbedingungen aufrechterhält.

E1Teicht wird letztere Bedingungen durch Einsatz von 1 mM GSSG und 5 mM GSH im Re- doxpuffer (50 mM Tris, pH 8.5,1 mM EDTA, 500 mM Ammoniumsulfat) ; oxidiertes (GSSG) bzw. reduziertes Glutathion (GSH) fungiert dabei als Redox-Shuffling-System zur Ausbildung der Disulfidbrücken (vgl. R. Rudolph, In vitro folding of inclusion body proteins, FASEB J. 10,49-56,1996). Die Disulfidverbrückung wird bei 15°C für 24 h durchgeführt und durch Dialyse gegen 50 mM Tris, 1 mM EDTA, pH 7, beendet. Unter letztgenannten Bedingungen findet kein Disulfidaustausch mehr statt ; die gebildeten Disulfidbrücken sind stabil.

Zur Verbrückung wurden zwei Valianten einer WW-Domãne velwvendet, bei denen jeweils an einer Position eine Aminosäure gegen Cystein ausgetauscht wurde. Das ist zum einen die Variante D8C, bei der das Aspartat an Position 8 in der WW-Domäne gegen Cystein ausge- tauscht wurde und zum anderen K19C, bei der Lysinl9 durch Cystein ersetzt wurde. Die molekulare Substanz stellt dabei ein prolinreiches Peptid mit der Sequenz CSGP8LP dar, das zum Zweck der Analytik an der Aminogruppe des N-Terminus mit einem Fluoreszenzfarb- stoff (Oregon Green, OG, Firma Molecular Probes) markiert wurde. Die Disulfidverbrückung wurde wie in Beispiel 7 beschrieben durchgeführt. Um die Verbrückung zu analysieren, wur- de die Probe einer Reversed-Phase-HPLC unterzogen (HPLC-Säule : YMC Protein-RP C18 : Laufpuffer A : 0. 1% TFA in H20, Laufpuffer B : 80% ACN, 0.1% TFA). Anhand dieser Chromatographie ließen sich WW-Domäne und freies, nichtverbrücktes Peptid voneinander trennen (Elutionszeiten : Peptid 12 min, WW-Domäne 25-27 min), während disulfid- verbrücktes Peptid mit der WW-Domäne nahezu koeluiert (28 min). Anhand der Fluores- zenzmarkierung des Peptids läßt sich das Peptid zusammen mit der WW-Domäne detektieren.

Figur 9 (a) zeigt, daß dies der Fall für die WW-Domänen-Variante K19C war, nicht jedoch für D8C. Die Ursache dafür kann in der sterischen Unzugänglichkeit des Cysteins der Vari- ante D8C liegen. Zum Beweis der WW-Domänen-Spezifität dieser Verbrückung wurde in einem parallelen Ansatz die cysteinfreie Variante der WW-Domäne analysiert, die ebenfalls keine Verbrückung zeigte. Figur 9 (b) zeigt, daß sich die kovalente Wechselwirkung der WW-Domänen-Variante K19C und prolinreichem Peptid durch Zugabe eines Reduktions- mittels (50 mM DTT) wieder aufheben läßt. Das fluoreszierende Peptid liegt danach wieder vollständig in freier Form vor.

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Einführung von Cystein-Aminosäureresten in die WW-Domäne die kovalente Verbrückung von polyprolinreichen Liganden, die mindestens ein Cystein tragen, mit der WW-Domäne ermöglichen und so zu einer stabilen kovalenten Verknüpfung von WW-Domäne und Ligand führen (siehe Figur 9).

Beispiel 8 <BR> <BR> Retnigang von Proteinen mittels Adaptersegmenten (PolyprolinlWW Affinitätschromatogra- phie) Ein weiteres Anwendungsgebiet der vorliegenden Erfindung ist die Abtrennung von moleku- laren Substanzen aus Substanzgemischen, wie sie typischerweise bei der Reinigung von Pro- teinen aus Rohextrakten (Zellextrakten) auftritt. Dabei wird die Affinität der WW-Domäne zu prolinreichen Liganden ausgenutzt, um Proteine, die eine WW-Domäne enthalten, aus einem komplexen Gemisch (Rohextrakt) von Proteinen zu isolieren (Prinzip der Affinitätschroma- tographie). Dazu wird eine Säule gemäß dem Beispiel 3 verwendet ; das SulfoLink-Material (Fa. Pierce, die Reaktivität der Matrix mit SH-Gruppen beruht auf der Iodacetamid-Gruppe am Ende eines Linkers, bestehend aus 10 CH2-Gruppen) wird dabei über eine Thiolkopplung mit dem Peptid Cys-Ser-Gly-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Leu-Pro gemäß den Herstel- lerangaben beladen.

Analog dazu ist auch die Kopplung des Peptids auf andere Matrices möglich, beispielsweise AffiGel 10 (Fa. Biorad, die Reaktivität der Matrix mit NH2-Gruppen beruht auf der N- Hydroxysuccinimid-Gruppe am Ende eines Linkers, bestehend aus 10 CH2-Gruppen) über den N-Terminus des Peptids. Ebenso kann die Peptidkopplung oder den N-Terminus des Peptids an eine Matrix, basierend auf CH-Sepharose 4B, erfolgen (Fa. Sigma, die reaktive Gruppe der Matrix ist ebenfalls ein N-Hydroxysuccinimidester). Auch hier resultiert eine kovalente Bindung des prolinreichen Liganden an ein Trägermaterial, das nachfolgend eine Reinigung von WW-Domänen-Proteinen erlaubt.

Die PyVPl-Variante PyVPI-3C-WWl aus Beispiel 5 (WW-Domäne am N-Terminus des PyVPI-Proteins) wird analog den Angaben aus Beispiel 1 als Fusionsprotein mit einem Intein und einer chitin-bindenden Domäne hergestellt ([PyVPl-3C-WWl]-Intein-CBD). Sie wird jedoch nicht nach dem beschriebenen Standardverfahren mittels Chitin-Affinitätschromato- graphie gereinigt. Stattdessen wird der Zellextrakt nach Zellaufschluß und anschließender Zentrifugation auf die vorstehend beschriebene Säule aufgetragen. Als Laufpuffer dient dabei 10 mM HEPES, 150 mM NaCI, 1 mM EDTA, 5 % Glycerin, pH 8.0. Nach dem Auftragen des Extraktes wird mit 10 Säulenvolumina eines Puffers, der 10 mM HEPES (pH 8.0), 1 mM EDTA, 5 % Glycerin, und zusätzlich 2 M NaCl enthält, gewaschen. Bei diesem Waschvor- gang werden alle unspezifisch adsorbierten Proteine und Zellbestandteile von der SulfoLink- Matrix entfernt. Anschließend erfolgt die Elution des gebundenen [PyVPI-3C-WWl]-Intein- CBD-Fusionsproteins mit einem Puffer, der 2 % SDS enthält. Wie anhand der Fig. 8 zu er- kennen ist, erfolgt eine Bindung des Fusionsproteins [PyVPl-3C-WWl]-Intein-CBD über die Interaktion der WW-Domäne an das immobilisierte prolinreiche Peptid an der SulfoLink- Matrix. Dadurch wird das Fusionsprotein an die Matrix gebunden und somit die meisten an- deren Proteine des Zellextrakts im Durchlauf oder während des Waschvorganges abgetrennt.

Die Elution mit SDS liefert anschließend praktisch ausschließlich das vollständige WW- Domänen-haltige Fusionsprotein, sowie proteolytische Abbauprodukte hiervon (die im Falle des PyVPl bei allen vergleichbaren Herstellungsverfahren nach dem Stand der Technik auf- treten) und molekulare Chaperone, die bekanntermaßen direkt an PyVP l zu binden vermögen und üblicherweise nicht abgetrennt werden können. Anstatt der Elution des gebundenen WW- Domänenprotein mittels SDS ist auch eine Elution des nativen Proteins mit 300 mM Arginin im Laufpuffer möglich. Bei nachfolgender Dialyse des Eluats zur Entfernung des Arginins erhält man das gereinigte, native Protein.

Zusammenfassend zeigt dieses Beispiel, daß es möglich ist, mit dem beschriebenen System spezifisch Moleküle aus einem Substanzgemisch (Rohextrakt) abzutrennen und damit aufzu- reinigen.

Beispiel 9 Spezifische Dimerisierung von Molekülen über Adaptersegmente Anhand der Wechselwirkung der Adaptersegmente (WW-Domäne und prolinreiches Peptid) kann auch die Herstellung von bifunktionellen oder bivalenten hybriden Molekülen in vitro erfolgen. Dazu werden zwei molekulare Substanzen hergestellt, die je nach Anwendungsfall gleiche oder verschiedene Eigenschaften haben können, und die jeweils eines der beiden A- daptersegmente kovalent verknüpft tragen. Im gewählten Beispiel erfolgt die Herstellung von einfach nachweisbaren Dimeren des GFP-Proteins.

Dazu wird eine Variante von GFP analog zur Herstellung von PyVPl mit Hilfe des inteinba- sierten Expressionssystems aus Beispiel 1 mit einer WW-Domäne am N-Terminus des GFP hergestellt (GFP-WW1). Zunächst wird eine PCR auf den Vektor pEGFP-N1 (Fa. Clontech, vgl. Beispiel 5) durchgeführt mit den Oligonukleotiden 5'-TAT AGC TAG CGT GAG CAA GGG CGA GGA GCT GTT C-3'und 5'-GGG AAT TAA GTA CAG CTC GTC CAT GCC G-3'. Das PCR- Produkt wird über die Schnittstellen Nhe I-Sma I in den Vektor pET21a aus Beispiel 5 li- giert, der am 3'-Ende der Insertionsstelle das in Beispiel 1 beschriebene Fusionsprotein aus Intein und Chitin-Bindungsdomäne (CBD) enthält. Auf der 5'-Seite der Insertionsstelle be- findet sich die WW-Domäne, die in Beispiel 5 beschrieben ist. Damit entsteht ein Fusions- produkt in der Reihenfolge WW-Domäne-GFP-Intein-CBD. Das Plasmid, welches das Fusionsprotein codiert, kann in den Stamm E. coli BL21 (DE3) transformiert werden. Analog zu den Beispielen 1 und 3 kann anschließend die Herstellung und Reinigung des Fusionspro- teins erfolgen. Mit dem beschriebenen Verfahren kann das Protein GFP-WW1 in gereinigter Form hergestellt werden.

Eine zweite Variante von GFP wird analog dazu mit einem prolinreichen Segment (Pro-Pro- Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Pro-Leu-Pro) am C-Terminus produziert. Die Herstellung und Reini- gung des GFP-PLP-Proteins erfolgt dabei identisch zu der Beschreibung des Proteins im Bei- spiel 5.

Die beiden GFP-Varianten werden anschließend zusammen inkubiert. Dabei werden die bei- den Proteine über die Adaptersegmente miteinander in Verbindung gebracht und es resultiert ein GFP-Dimer, das über Gelfiltration an einer TSK-PW2000XL-Gelfiltrationssäule (Fa.

TosHaas) von dem GFP-Monomer unterschieden werden kann.

Das Beispiel zeigt, daß mit Hilfe des in der vorliegenden Erfindung beschriebenen Verfahrens eine Verbindung von beliebigen molekularen Substanzen erfolgen kann, die entsprechende Adaptersegmente auf der Basis von WW-Domänen bzw. prolinreichen Peptidsegmenten tra- gen. Dabei können homofunktionelle oder heterofunktionelle Assoziate entstehen.