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Title:
METHOD FOR PRODUCING A COMPONENT BY SUBJECTING A SHEET BAR OF STEEL TO A FORMING PROCESS
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2016/066155
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a method for producing a component by subjecting a sheet bar of steel to a forming process according to the preamble of patent claim 1, which makes it possible for cold-hardened mechanically separated edges of sheet to undergo forming and, independently of the forming into a component, at any desired point in time after the cutting to size of the sheet bar and any further stamping or cutting operations, the edges of sheet that have been cold-hardened by the cutting or punching operations and undergo subsequent cold working in the production of the component are heated to a temperature of at least 600°C, and the time of the temperature exposure is at most 10 seconds.

Inventors:
DENKS INGWER (DE)
MÜTZE STEFAN (DE)
Application Number:
PCT/DE2015/100414
Publication Date:
May 06, 2016
Filing Date:
October 06, 2015
Export Citation:
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Assignee:
SALZGITTER FLACHSTAHL GMBH (DE)
International Classes:
B21D35/00; B21D22/02; B21D22/04; C21D1/02; C21D8/00
Foreign References:
DE102009049155A12011-04-28
DE102012006941A12013-10-02
DE102011054865A12013-05-02
DE102011054866A12013-05-02
DE102009049155A12011-04-28
DE102011121904A12013-06-27
Attorney, Agent or Firm:
MEISSNER, PETER E. (DE)
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Claims:
Patentansprüche

1. Verfahren zur Herstellung eines Bauteils durch Umformen einer Platine aus

Stahl bei Raumtemperatur, aufweisend eine hohe Umformbarkeit und verminderte Rissempfindlichkeit mechanisch an der Platine geschnittener oder gestanzter Kanten, bei dem die Platine zuvor aus einem Band oder Blech bei Raumtemperatur zugeschnitten wird, wobei fallweise weitere

Fertigungsschritte, wie z.B. Stanz- oder Schneidoperationen zur Erzielung von Aussparungen oder Durchbrüchen am Blech bzw. der Platine bei Raumtemperatur durchgeführt werden und anschließend die so vorbereitete Platine in einem oder mehreren Schritten zu einem Bauteil bei Raumtemperatur umgeformt wird,

dadurch gekennzeichnet,

dass unabhängig von der Umformung zu einem Bauteil zu einem beliebigen Zeitpunkt nach dem Zuschneiden der Platine und etwaigen weiteren Stanzoder Schneidoperationen, die durch die Schneid- oder Stanzoperationen kaltverfestigten Blechkantenbereiche, welche eine anschließende Kaltumformung bei der Herstellung des Bauteils erfahren, auf eine Temperatur von mindestens 600*C erwärmt werden und die Zeit der

Temperaturbeaufschlagung höchstens 10 Sekunden beträgt.

2. Verfahren nach Anspruch 1 ,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Zeit der Temperaturbeaufschlagung 0,02 bis 10 Sekunden beträgt.

3. Verfahren nach Anspruch 2,

dadurch gekennzeichnet,

dass Zeit der Temperaturbeaufschlagung 0,1 bis 2 Sekunden beträgt

4, Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 3,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Erwärmung der kaltverfestigten Blechkantenbereiche auf eine Temperatur von 600°C bis Solidustemperatur erfolgt.

5. Verfahren nach Anspruch 4,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Erwärmung der kaltverfestigten Biechkantenbereiche auf eine Temperatur von Ac1 bis Solidusiemperatur erfolgt.

Verfahren nach den Ansprüchen 1 bis 5,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Erwärmung auf Umformtemperatur induktiv, konduktiv,

Strahlungserwärmung oder mittels Laserstrahlung erfolgt.

7. Verfahren nach Anspruch 6,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Erwärmung mittels einer WiderstandsschweifSeinrichtung oder mittels eines Lasers erfolgt.

8. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 7,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Platine in einem oder in mehreren Schritten umgeformt wird.

9. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 8,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Blechplatine einen organischen und/oder metallischen Überzug aufweist.

10. Verfahren nach Anspruch 9,

dadurch gekennzeichnet,

dass der metallische Überzug Zn und/oder Mg und/oder AI und/oder Si enthält.

11. Verfahren nach mindestens einem der Anspruch 1 bis 10,

dadurch gekennzeichnet,

dass die Wärmebehandlung in Ebenenrichtung der Platine, ausgehend von der Blechkante, in einem Bereich erfolgt, der maximal der Blechdicke entspricht. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11 ,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Bereich um die Stelle der Wärmebehandlung vor Oxidalion geschützt wird.

Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 12,

dadurch gekennzeichnet,

dass zum Schutz vor Oxidation, der Bereich um die Stelle der

Wärmebehandlung mindestens während der Wärmeeinwirkung mittels eines Inertgases gespült wird,

Verfahren nach Anspruch 13,

dadurch gekennzeichnet,

dass der Bereich um die Stelle der Wärmebehandlung zusätzlich vor und/oder nach der Wärmeeinwirkung mittels eines Inertgases gespült wird.

Verwendung einer Platine aus Stahl zur Umformung zu einem Bauteil bei Raumtemperatur, bei der die Platine vor der Umformung aus einem Band oder Blech bei Raumtemperatur mechanisch zugeschnitten wird und fallweise weitere Stanz- oder Schneidoperationen zur Erzielung von Aussparungen oder Durchbrüchen bei Raumtemperatur durchgeführt werden, bei der vor der Umformung zu einem Bauteil an den geschnittenen oder gestanzten

Blechkanten, welche eine Kaltverfestigung erfahren haben, eine

Wärmebehandlung von mindestens 600°C über eine Zeitdauer von 0,02 bis10 Sekunden oder 0, 1 bis 2 Sekunden durchgeführt wird.

Description:
Verfahren zur Herstellung eines Bauteils durch Umformen einer Platine aus Stahl

Beschreibung

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Bauteils durch Umformen einer Platine aus Stahl, gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruches 1 , welches eine hohe Umformbarkeit kaltverfestigter, mechanisch getrennter Blechkanten ermöglicht.

Unter Bauteil wird im Folgenden ein aus einer Blechplatine durch Umformen mittels eines Umformwerkzeuges bei Raumtemperatur hergestelltes Bauteil verstanden. Als

Blechwerkstoffe kommen alle umformbaren Metall Werkstoffe in Betracht, insbesondere jedoch Stahl. Die ßlechplaünen können unbeschichtet oder mit einem metallischen und/oder organischen Korrosionsschutzüberzug versehen sein.

Derartige Bauteile werden hauptsächlich im Karosseriebau verwendet, aber auch in der Hausgeräteindustrie, im Maschinenbau oder Bauwesen bieten sich Einsatzmöglichkeiten.

Der intensiv umkämpfte Automobilmarkt zwingt die Hersteller, ständig nach Lösungen zur Senkung ihres Flottenverbrauches unter Beibehaltung eines höchstmöglichen Komforts und Insassenschutzes zu suchen. Dabei spielt einerseits die Gewichtsersparnis aller

Fahrzeugkomponenten eine entscheidende Rolle andererseits aber auch ein möglichst günstiges Verhalten der einzelnen Bauteile bei hoher statischer und dynamischer

Beanspruchung im Betrieb wie auch im Crashfali.

Den notwendigen Werkstoffanforderungen versuchen die Vormate rialiteferanten dadurch Rechnung zu tragen, dass durch die Bereitstellung hoch- und höchstfester Stähle die Wanddicken reduziert werden können bei gleichzeitig verbessertem Bauteilverhalten bei der Fertigung und im Betrieb.

Diese Stähle müssen daher vergleichsweise hohen Anforderungen hinsichtlich Festigkeit, Dehnfähigkeit, Zähigkeit, Energieaufnahme und Korrosionsbeständigkeit sowie ihrer Verarbeitbarkeit, beispielsweise bei der Kaltumformung und beim Schweißen, genügen.

Unter den vorgenannten Aspekten gewinnt die Herstellung von Bauteilen aus höher- und hochfesten Stählen mit Streckgrenzen oberhalb 600 MPa zunehmend an Bedeutung. Zur Herstellung eines Bauteils wird zunächst eine Blechplaiine aus Warm- oder Kaliband bei Raumtemperatur auf Maß geschnitten. Als Schneidverfahren kommen zumeist mechanische Trennverfahren, wie z.B. das Abscheren oder Stanzen, seltener aber auch thermische Trennverfahren, wie z.B. das Laserschneiden, zur Anwendung. Thermische Trennverfahren sind deutlich kostenintensiver im Vergleich zu mechanischen Trennverfahren, so dass diese nur in Ausnahmefällen eingesetzt werden.

Nach dem Zuschneiden wird die zugeschnittene Pialine in ein Umformwetkzeug gelegt und in ein- oder mehrstufigen Umformschritten das fertige Bau eif, wie z.B. ein Fahrwerksträger, erzeugt.

Vor der Umformung werden fallweise diverse weitere Fertigungsschritte, wie z.B. Stanz- und Schneidoperationen an der Platine und während der Umformung kombinierte

Bördeloperationen an gelochten Abschnitten vorgenommen.

Bei der Umformung werden die Schnittkanten, insbesondere wenn sie auf- bzw. hochgestellt werden, z.B. bei Kragenoperationen in gelochten Platinen, besonders beiastet.

An den Schnittkanten können diverse Vorschädigungen vorliegen. Zum einen bedingt durch eine Kaltverfestigung des Werkstoffs, hervorgerufen durch das mechanische Trennen, das eine totale Umformung bis zur Materialtrennung darstellt. Zum anderen kann eine

Kerbwirkung auftreten, welche durch die Topographie der Schnittfläche entsteht.

Gerade bei hoch- und höchstfesten Blechwerkstoffen tritt daher bei der anschließenden Umformung eine erhöhte Risswahrscheinlichkeit in den Randbereichen dieser Schnittkanten auf.

Die genannten Vorschädigungen an den Blechkanten können zum vorzeitigen Versagen bei nachfolgenden Umformoperationen bzw. beim Betrieb der Komponente führen. Die Prüfung des Umformverhaltens geschnittener Blechkanten im Hinblick auf deren

Kantenrissempfindlichkeit wird mit einem Lochaufweitversuch nach iSO 16630 durchgeführt.

Beim Lochaufweitversuch wird in das Blech durch Scherschneiden ein kreisrundes Loch eingebracht, das dann durch einen konischen Stempel aufgeweitet wird. Die Messgröfie ist die auf den Ausgangsdurchmesser bezogene Änderung des Lochdurchmessers, bei der am Rand des Lochs der erste Riss durch das Blech auftritt. Um die vorab beschriebene Kantenrissempfindlichkeit bei der Kaltumformung von schergeschnittenen oder gestanzten Blechkanten zu minimieren, sind z.B. Ansätze zur Veränderung der Legierungszusammensetzung und Werkstoffprozessierung (z.B. gezieltes Einstellen von bainitischen Gefügen) oder der Verfahrenstechnik beim Kaltbeschnitt der Platine (z.B. über Modifikationen von Schneidspa!t, Geschwindigkeit, Mehrfachbeschnitt etc.) bekannt.

Diese Maßnahmen sind entweder teuer und aufwändig (z.B. mehrstufige

Schneidoperationen, Instandhaltung von 3-D Schnitten etc.), oder sie liefern noch keine optimalen Ergebnisse.

Desweiteren ist es aus der Offenlegungsschrift DE 10 2009 049 155 AI bekannt, zumindest den Bereich der Schnittkante auf eine definierte Temperatur zu erwärmen und das

Schneiden bei dieser Temperatur durchzuführen, um die Umformbarkeit der geschnittenen Kanten zu verbessern und so die Kaltverfestigung im Bereich der Schnittkante zu reduzieren oder zu vermeiden. Nachteilig sind hierbei der zur Erwärmung des Bleches notwendige hohe technische und wirtschaftliche Aufwand einerseits und andererseits die für die

Zwangskopplung von Erwärmung der Platine und unmittelbar nachfolgendem Schneiden, die die Produktion unflexibler machen.

Aus der DE 10 2011 121 904 A1 ist es zudem bekannt, ein schergeschnittenes Blech kalt umzuformen und vor weiteren Umformvorgängen die kaltverfestigten Bereiche iokai mittels eines Lasers zu erwärmen mit dem Ziel einer partiellen Entfestigung, Nachteilig ist hierbei insbesondere die lokale Entfestigung, die hinsichtlich des eingesetzten oft hoch- und höchstfesten Materials insbesondere bei Belastungssituationen und unter schwingender Beanspruchung eine Ungänze darstellt. Darüber hinaus ist unklar, wo genau die Erwärmung stattfinden und wie die iokale Erwärmung mit Temperatur und Zeitverlauf konkret erfolgen soll. Desweiteren ist unklar, wie und in welchem Maße durch die partielle Entfestigung das Umformvermögen des bereits kaltumgeformten Bleches verbessert werden kann.

Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren zur Herstellung eines

kaltumgeformten Bauteils aus einer bei Raumtemperatur schergeschnittenen Blechpiatine mit fallweise diversen weiteren bei Raumtemperatur durchgeführten Fertigungsschritten, wie z.B. Lochstanz- oder Schneidoperationen anzugeben, welches die vorab beschriebenen Vorschädigungen der Schnittbereiche in ihrer Auswirkung vermindert bzw. eliminiert und somit die Kantenrissempfindltchkeit bei der nachfolgenden Kaltumformung der Blechplatine reduziert oder sogar eliminiert. Das Verfahren soll einfach und kostengünstig realisierbar sein und vergleichbare und/oder verbesserte Eigenschaften einerseits bei der Herstellung, insbesondere bezüglich der Umformbarkeil der Schnittkanten und andererseits im Bauteil insbesondere bezüglich der statischen Festigkeit erreichen.

Nach der Lehre der Erfindung wird diese Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zur Herstellung eines Bauteils durch Umformen einer Platine aus Stahl bei Raumtemperatur, aufweisend eine hohe Umformbarkeit und verminderte Rissempfindlichkeit mechanisch an der Platine geschnittener oder gestanzter Kanten, bei dem die Platine zuvor aus einem Band oder Blech bei Raumtemperatur zugeschnitten wird, wobei fallweise weitere Fertigungsschritte, wie z.B. Stanz- oder Schneidoperationen, zur Erzielung von Aussparungen oder Durchbrüchen am Blech bzw. der Platine bei Raumtemperatur durchgeführt werden und anschließend die so vorbereitete Platine in einem oder mehreren Schritten zu einem Bauteil bei Raumtemperatur umgeformt wird, welches dadurch gekennzeichnet ist, dass unabhängig von der Umformung zu einem Bauteil zu einem beliebigen Zeitpunkt nach dem Zuschneiden der Platine und etwaigen weiteren Stanz- oder Schneidoperationen, die durch die Schneid- oder

Stanzoperationen kalt verfestigten Blechkantenbereiche, welche eine anschließende Kaltumformung bei der Herstellung des Bauteils erfahren, auf eine Temperatur von mindestens 600"C erwärmt werden und die Zeit der Temperaturbeaufschlagung weniger 3ls 10 Sekunden beträgt.

Versuche haben gezeigt, dass es zur Verbesserung des Lochaufweitvermögens nicht notwendig ist, den Schneidprozess selbst bei erhöhter Temperatur der Schnittkantenbereiche durchzuführen, sondern es ausreichend ist, nur die kaltverfestigten, scherbeeinflussten Schnittkantenbereiche in einem unerwartet kurzen Zeitintervall im Bereich von weniger als 10 Sekunden, in der Regel aber zwischen 0,1 und 2,0 Sekunden auf eine Temperatur von mindestens 600 aufzuheizen. Erfindungsgemäfi kann dies Sosgelöst vom Schneid- oder Stanzprozess und den nachfolgenden Fertigungsschritten, zu einem beliebigen Zeitpunkt vor der Umformung zu einem Bauteil geschehen.

Die Wärmeeinwirkung erfolgt dabei über die gesamte Blechdicke und in Ebenenrichtung der Platine in einem Bereich der höchstens der Blechdicke entspricht. Die Dauer der

Wärmeeinwirkung richtet sich dabei nach der Art des Wärmebehandlungsverfahrens.

Die Erwärmung selbst kann auf beliebige Weise zum Beispiel konduktiv, induktiv über Strahlungserwärmung oder mittels Laserbearbeitung erfolgen. Hervorragend geeignet für die Wärmebehandlung ist die konduktive Erwärmung, wie sie zum Beispiel in der

Automobilfertigung vielfach am Beispiel von Punktschweißungen angewendet wird.

Vorteilhaft eignet sich zum Beispiel eine Punktschweißmaschine mit eher kurzen

Einwirkzeiten zur Behandlung von gestanzten Löchern in der Platine, wohingegen bei zu behandelnden längeren Kantenabschnitten das induktive Verfahren, Strahlungserwärmung oder Laserbearbeitung mit längeren Einwirkzeiten in Frage kommt.

Zum Schutz der erwärmten Schnittkantenbereiche vor Oxidation sieht eine vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung vor, diese Bereiche mit Inertgasen, zum Beispiel Argon, zu spülen. Die Inertgasspülung erfolgt dabei während der Dauer der Wärmebehandlung kann aber auch, falls es notwendig erscheint, zusätzlich schon kurz vor Beginn und/oder in einem begrenzten Zeilraum noch nach Durchführung der Wärmebehandlung erfolgen.

Somit erfolgt die Wärmeeinbringung nur sehr konzentriert in den scherbeeinflusste

Schnittkantenbereichen und ist daher mit einem vergleichsweise geringem Energieaufwand verbunden, insbesondere hinsichtlich Verfahren, bei denen die gesamte Platine einer Erwärmung zugeführt wird oder eine um Größenordnungen zeitlich aufwendigere

Spannungsarmglühung Anwendung findet.

Das Prozessfenster für die zu erreichende Temperatur im Schnittkantenbereich ist zudem sehr groß und umfasst einen Temperaturbereich von oberhalb 600 * 0 bis hin zur

Solidustemperatur von ca. 1500°C.

Die Versuche haben außerdem gezeigt, dass allein die Eliminierung der Kaltverfestigung entscheidend für eine deutliche Verbesserung des Lochaufweitvermögens ist und die nicht ausheilbaren Lingänzen wie z.B. Poren einer untergeordneten Bedeutung zukommen.

Dies ist unabhängig davon, ob die Wärmebehandlung unterhalb oder oberhalb der

Umwandlungstemperatur Ac.1 stattfindet.

Wird die Wärmebehandlung oberhalb von Ad durchgeführt, kommt es nach Behandlung im Zuge einer raschen Abkühlung aufgrund des umgebenden kalten Materials bei

umwandlungsfähigen Stählen zu einer Umwandlung in sogenannte metastabile Phasen. Das daraufhin einstellende Gefüge wird sich vom Ausgangszustand hinsichtlich einer erhöhten Festigkeit unterscheiden. Eine Gefügeumwandlung mit einer damit in aller Regel einhergehenden Härte- und

Festigkeitssteigerung hat überraschenderweise keinen negativen Einfluss auf das

Lochaufweitvermögen, unabhängig davon, ob ein im Vergleich zum Ausgangsgefüge härteres und weniger zähes Gefüge eingestellt wird, so dass auch

Behandlungstemperaturen der Schnittkanten bis hin zur Solidusgrenze möglich sind.

Entscheidend bleibt in jedem Falle, dass die durch das Schneiden eingebrachte

Kaltverfestigung weitestgehend eliminiert wird.

Um die erfindungsgemäßen Ziele zu erreichen, reicht es nach den vorliegenden

Untersuchungen nicht aus, eine Erwärmung unterhalb 600°C für die Dauer einiger Sekunden durchzuführen, da eine deutliche Reduzierung der durch den mechanischen Trennvorgang eingebrachten Versetzungen erfolgen muss.

Das erfindungsgemäße Verfahren hat gegenüber den bekannten Maßnahmen zur

Verminderung der Kantenrissempfindlichkeit den Vorteil, dass durch die Wärmebehandlung nur der scherbeeinflussten Kantenbereiche mikrostrukturell verändert und die Festigkeit dabei in der Regel nicht verringert, sondern erhöht wird. Die Unempfindlichkeit gegenüber Kantenrissen im Sinne eines größeren Lochaufweitvermögens, kann damit um den Faktor 2 oder sogar mehr als 3 verbessert werden.

Bei der industriellen Anwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann aufgrund der deutlich erhöhten Umformbarkeit der kritischen scherbeeinflussten Blechkantenbereiche einerseits der Ausschuss an umgeformten Bauteilen gesenkt werden und andererseits können bislang notwendige Fügeoperationen zum Beispiel durch jetzt durchführbare Kragenoperationen bei der Ausbildung z.B. von Lagerstellen eingespart werden.

Das erfindungsgemäße Verfahren erlaubt durch das verbesserte Umformvermögen der Schnittkantenbereiche komplexere Bauteilgeometrien und somit eine größere konstruktive Freiheit bei Verwendung derselben Werkstoffe. Zudem wird die Dauerfestigkeit des kalt umgeformten Bauteils erwartungsgemäß aufgrund des sich einstellenden, zwar

möglicherweise im Vergleich zum Ausgangszustand härteren aber homogenen Gefüges nicht verringert, sondern bei ausgeprägt zweiphasigen Gefügen wie z.B. Dualphasengefügen erhöht.

Die Wärmebehandlung der kalt umzuformenden Schnittkantenbereiche kann vollständig zu einem beliebigen Zeitpunkt nach den Schneid- oder Stanzprozessen und vor der Umformung der Platine oder als Zwischenschritt bei mehrstufigen Umformoperationen der Platine zu einem Bauteil durchgeführt werden, so dass die Prozessschritte Schneiden bzw. Stanzen der Platine, Wärmebehandlung der Schnittkanten und Umformung der Platine zu einem Bauteil voneinander vollständig entkoppelt sind. Somit wird die Fertigung deutlich flexibler, als es nach dem Stand der Technik bei Integration einer Kantenmodifikation durch

Wärmebehandlung möglich ist.

Aufgrund der im Vergleich zu bekannten Maßnahmen kurzen Behandlungsdauer, kann das Verfahren in einer Serienfertigung, die eine Taktung im Bereich von 0,1 bis 10 Sekunden vorgibt, als Zwischenfertigungsschrttt integriert werden, insbesondere die Fertigung von Blechkomponenten im Automobiiberetch in mehreren aufeinander folgenden Schritten stellt somit einen prädestinierten Anwendungsbereich dar.

Die Umformung der so vorbereiteten Platine kann zudem vorteilhaft mit den bereits in der Produktion vorhandenen Umformwerkzeugen durchgeführt werden, da keine zusätzlichen Erwärmungseinrichtungen, wie z.B. Öfen, zum Aufheizen der Platine selbst notwendig sind. Dies ermöglicht eine weiterhin kostengünstige Fertigung und durch die Entkopplung der Fertigung sschritte eine hohe Flexibilität im Produktionsablauf.

Nach einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung kann die Erwärmung der Schnittkanten jedoch abhängig vom vorgesehenen Produktionsablauf, wenn dies vorteilhaft erscheint, auch unmittelbar nach den mechanischen Schneid- oder Sianzprozessen oder unmittelbar vor der Umformung zu einem Bauteil, in einem mit dem jeweiligen Fertigungsprozess kombinierten Arbeitsschritt erfolgen. Zum Beispiel können die Schneid- und Stünzeinrichtungen mit einer nachgeschalteten Wärmebehandlungsvorrichtung versehen sein oder diese kann der Umformeinrichtung zum Kaltumformen der Platine direkt vorgeschaltet sein.

Die Platine selbst kann z.B. flexibel mit unterschiedlichen Dicken gewalzt sein oder aus Kaltoder Warmband gleicher oder unterschiedlicher Dicke und/oder Güte gefügt sein. Die Erfindung ist anwendbar für warm- oder kaltgewalzte Stahlbänder aus weichen bis hochfesten Stählen, z.B. mit Streckgrenzen von 140 MPa bis 1200 MPa, die mit einer korrosionshemmenden Schicht als metallischem und/oder organischem Überzug versehen sein können. Der metallische Überzug kann zum Beispiel aus Zink oder einer Legierung aus Zink oder aus Magnesium oder aus Aluminium und/oder Silizium bestehen. Die Eignung von beschichteten Stahlbändern erklärt sich aus der Möglichkeit, die

Behandlung des Kantenbereichs auf einen Abstand zur Kante zu beschränken der einem Bruchteil der Blechdicke entspricht, da in diesem Bereich der überwiegende Anteil der schädlichen Kaltverfestigung beim Scherschneiden vorliegt. So kann bei Biechdicken von einigen Millimetern Dicke der Bereich bis zu einem Abstand zur Kante von einigen zehn Mikrometern bereits ausreichend sein, so dass beispielsweise der wirksame

Korrosionsschutz einer metallischen korrosionshemmenden Schicht nicht oder nur unerheblich beeinfiusst wird.

Als höherfeste Stähle kommen alle einphasigen aber auch mehrphasige Stahlsorten zur Anwendung. Dazu gehören mikrolegierte, höherfeste Stahlsorten genauso wie bainitische oder martensttische Sorten sowie Dualphasen, Komplexphasen und TRIP Stähle.

Weitere Merkmale, Vorteile und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung der dargestellten Figuren. Es zeigen:

Figur 1 schematische Darstellung des Lochaufweiteversuchs nach ISO 16630 an erfindungsgemäß wärmebehandelten Schnittkanten

Figur 2 Versuchsaufbau zur konduktiven Wärmebehandlung scherbeeinflusster

Schnittkanten

Figur 3 Ergebnisse von Lochaufweitversuchen nach ISO 16630 an unbeschichteten

Proben HDT780C nach konduktiver Wärmebehandlung der scherbeeinflussten Schnittkanten

Figur 4 Ergebnisse von Lochaufweitversuchen nach ISO 16630 an

schmelztauch verzinkten Proben HCT780CD und unbeschichteten Proben HDT780C nach Wärmebehandlung der scherbeeinflussten Schnittkanten mittels Laser

Figur 5 Gefüge und Härteveriauf an erfindungsgemäß wärmebehandelten

Schnittkanten in Figur 1 ist der Lochaufweitversuch nach ISO 16630 schematisch an erfindungsgemaß wärmebehandelten Schnittkanten dargestellt. Erfindungsgemäß findet die Wärmebehandlung nur an den scherbeeinfiussten Schnittkanten als Zwischenschritt nach Zuschneiden der Platine und vor der Umformung kantennaher Bereiche statt,

Der Versuchsaufbau zur konduktiven Wärmebehandiung scherbeeinflusster Schnittkanten ist in Figur 2 dargestellt.

Als Erwärmungseinrichtung wurde bei Untersuchungen neben einem leistungsstarken Laser eine handelsübliche Punktschweißmaschine zum Verbindungsschweißen von Stahlblechen genutzt, wie sie auch bei der Herstellung von Fahrzeugteilen in der Automobilindustrie eingesetzt wird. Im vorliegenden Fall werden jedoch keine aufeinanderliegenden Bleche miteinander verschweißt, sondern es wird gemäß Figur 1 ein Blech mit einem darin ausgestanzten Loch (Schritt 1 ) im Bereich der scherbeeinfiussten Biechkanten

wärmebehandeit (Schritt 2). Danach erfolgt im Schritt 3 die eigentliche Lochaufweitung mittels eines Stempels, die anschließend an der prüften Probe ermittelt wird.

Wie in der Figur 2 dargestellt, weisen die sich gegenüberliegenden Punktschweißelektroden einen Durchmesser auf, der größer ist als das gestanzte Loch, damit die scherbeeinfiussten Lochkanten wärmebehandelt werden können. Zudem weisen die Elektroden an den die Lochränder kontaktierenden Enden eine halbkugelige Form auf, damit das Blech einerseits einfach zentriert werden, andererseits die Wärme konzentriert nur in den scherbeeinfiussten Bereich eingebracht werden kann.

Um im Wesentlichen nur die scherbeeinfiussten Bereiche mit Strom zu beaufschlagen, sollte die Form der kontaktierenden Elektrodenspitze der jeweiligen geometrischen Ausbildung der Kantenbereiche angepasst werden.

Für die Versuche wurde ein unbeschichteter, höherfester, warmgewalzter bainitischer Stahl der Güte HDT780C mit einer Mindeststreckgrenze von 680 MPa und einer

Mindestzugfestigkeit von 800 MPa verwendet. Desweiteren wurde ein

schmelztauchverzinkter, kaltgewalzter Komplexphasenstahl mit einer Mindeststreckgrenze von 500 MPa und einer Mindestzugfestigkeit von 780MPa der Güte HCT780CD eingesetzt.

Je nach Verfahren ist eine Behandlungsdauer, d.h. die Dauer des Stromflusses im Falle der induktiven Erwärmung und die Dauer der Leistungsabnahme durch den Laser, oder die Einwirkungsdauer anderer Wärmequellen in einem Bereich von 20 ms bis höchstens 10 s, in der Regei aber vorteilhaft zwischen 100 ms bis hin zu 2000 ms anzuwenden. Wesentlich ist auf jeden Fall, dass eine Temperatur von mindestens 600°C an der Stelle der

Wärmebehandlung erreicht wird.

Die wesentlichen Verfahrensparameter sind neben der Behandlungsdauer, sowie im Falle der induktiven Erwärmung der Strom, der zwischen 4 und 10 kA variiert wurde. Bei der Wärmebehandlung mittels Laser, wurde zunächst eine Laserieistung von 5 kW eingestellt, die auf eine Kreisfläche von etwa 12 mm verteilt wurde, so dass etwa eine Ringform mit 1 mm Randbreite des geschnittenen Kreislochs der Probe mit dem Durchmesser von 10 mm wärmebehandelt wurde.

Die Ergebnisse von Lochaufweitversuchen nach ISO 16630 an unbeschichteten Proben HDT780C nach konduktiver Wärmebehandlung der scherbeeinflussten Schnittkanten sind der Figur 3 und entsprechende Ergebnisse an schmelztauchverzinkten Proben HCT780CD und unbeschichteten Proben HDT780C nach Wärmebehandlung der scherbeeinflussten Schnittkanten mittels Laser sind der Figur 4 zu entnehmen.

Nach der Wärmebehandlung konnte gemäß, der Figuren 3 und 4 eine Erhöhung der Lochaufweitung gegenüber der unbehandelten Referenzprobe von überwiegend Faktor 2 bis zu Faktor 3 und darüber erreicht werden. Streuungen in den Ergebnissen sind insbesondere auf nicht optimierte geometrische Verhältnisse und folglich eine ungleichmäßige

Wärmebehandlung durch den Laser zurückzuführen,

Figur 5 zeigt im oberen Teilbild links, in einer schematischen Darstellung in einer Aufsicht auf ein in ein Blech gestanztes Loch, weiches erfindungsgemäß im Bereich der Lochkante wärmebehandelt wurde. Die sich einstellenden Gefüge in dem wärmebeeinflussten Bereich sind schematisch im oberen Teilbiid rechts dargesteift.

Hieraus äässt sich die Wirkung der Wärmebehandlung beispielhaft darstellen und

Rückschlüsse auf die vorgelegenen Temperaturen ableiten. Die dargestellten Ergebnisse beziehen sich auf eine induktive Behandlung mit 500 ms Behandlungsdauer und einem Strom von 8 kA von einem Stahl HDT780C mit bainitischem Gefüge.

Im nahen Randbereich von ca. 0,5 mm besteht das Gefüge aus 100% Martensit. Folglich lag eine Erwärmung oberhalb von Ac3 vor, auf die eine rasche Abkühlung erfolgte. Mit zunehmendem Abstand zur Kante erhöht sich der Anteil an Bainit bis zu einem Abstand zur Kante von etwa 2,5 mm« ab dem 100% Bainit vorliegt. Ab einem Kantenabstand von 2,5 mm unterlag das Gefüge keiner Umwandlung mehr, so dass hier Behandfungstemperaturen unterhalb Ad (ca. 700°C) vorlagen.

Der Härteanstieg (Figur 5, unteres Teilbild) im Nahbereich der Lochkante ist für

mikrolegiertes bainitisches Warmband typisch und resultiert aus dem nachträglichen

Ausscheiden von Nanopartikeln im Temperaturbereich von ca. 500°C - 700°C.

Insgesamt lassen sich die Vorteile der Erfindung wie folgt zusammenfassen:

Erzeugung einer sehr gut umformbaren Schnittkante mit reduzierter

Kantenrissempfindlichkeit und hohem Lochaufweitvermögen, was die Herstellung komplexerer Bauteiigeomtrien ermöglicht und das Risiko von Ausschüssen aufgrund von Kantenrissen bei der Umformung reduziert.

Erzeugung eines optimierten Produktes unter Leichtbau- und Kostengesichtspunkten durch Hersteilung komplexer Bauteilgeometrien

Möglichkeit der Integration des Verfahrens in die mehrstufige Fertigung von

Pressbauteilen aufgrund der sehr geringen Dauer der Wärmebehandlung und des sehr weiten Temperaturintervalls

Anwendbarkeit des Verfahrens auf korrosionsschutzbeschichtet Bleche wegen der örtlich und zeitlich sehr begrenzten Erwärmung

In der Regel keine Erweichung sondern bei umwandlungsfähigen Werkstoffen

Verfestigung der wärmebehandelten Bereiche im Vergleich zum Grundwerkstoff