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Title:
MONITORING AND CONTROLLING YEAST PROPAGATION
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2022/175049
Kind Code:
A1
Abstract:
The present invention relates to a method, in particular to a computer-implemented method, for controlling and/or monitoring yeast propagation, comprising the following method steps: - providing a mixture (G) of yeast cells (H) and wort (W), - determining an original gravity (S1) of the wort (W) or of the mixture (G) and a temperature (T) of the mixture (G) at a start time (tstart), and - calculating a theoretical end time (tend) for the yeast propagation on the basis of a logistic propagation model (S(t)) for the yeast propagation, on the basis of the original gravity (S1) and on the basis of the temperature (T) at the start time (tstart).

Inventors:
SCHON JULIA (DE)
ROSENHEIM JULIA (DE)
BRENGARTNER TOBIAS (DE)
LOPATIN SERGEY (DE)
Application Number:
PCT/EP2022/051857
Publication Date:
August 25, 2022
Filing Date:
January 27, 2022
Export Citation:
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Assignee:
ENDRESS HAUSER SE CO KG (DE)
International Classes:
G01N33/14; C12C11/00
Foreign References:
EP2846160A12015-03-11
US20080109100A12008-05-08
DE102019110821A12020-10-29
DE102018127526A12020-05-07
DE102016120326A12018-04-26
DE102016111134A12017-12-21
DE102015112421A12017-02-02
DE102014119061A12016-06-23
Other References:
ZWIETERING M H ET AL: "Modeling of the bacterial growth curve", APPLIED AND ENVIRONMENTAL MICROBIOLOGY, AMERICAN SOCIETY FOR MICROBIOLOGY, US, vol. 56, no. 6, 1 June 1990 (1990-06-01), pages 1875 - 1881, XP002664178, ISSN: 0099-2240
T. KURZ: "Dissertation", 2002, TECHNISCHEN UNIVERSITÄT MÜNCHEN, article "Mathematically Based Management of Saccharomyces sp. Batch Propagation and Fermentations"
VON M.H. ZWIETERING ET AL.: "Modeling of the Bacterial Growth Curve", APPLIED AND ENVIRONMENTAL MICROBIOLOGY, 1990, pages 1875 - 1881, XP002664178
B. SONNENLEITNERTO. KÄPPELI: "Biotechnology and Bioengineering", vol. XXVIII, 1986, JOHN WILEY & SONS, INC., article "Growth of Saccharomyces cerevisiae is controlled by its limited respiratory capacity: formulation and verification of a hypothesis", pages: 927 - 937
D.A. RATOWSKY ET AL.: "Model for Bacterial Culture Growth Rate Throughout the Entire Biokinetic Temperature Range", JOURNAL OF BACTERIOLOGY, 1983, pages 1222 - 1226
M.H. ZWIETERING ET AL.: "Modeling of Bacterial Growth with Shifts in Temperature", APPLIED AND ENVIRONMENTAL MICROBIOLOGY, 1994, pages 204 - 213
Attorney, Agent or Firm:
KOSLOWSKI, Christine (DE)
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Claims:
Patentansprüche

1. Verfahren, insbesondere computerimplementiertes Verfahren, zur Steuerung und/oder Überwachung einer Hefevermehrung, umfassend folgende Verfahrensschritte

Bereitstellen eines Gemischs (G) aus Hefezellen (H) und Würze (W),

Bestimmen einer Stammwürze (Si) der Würze (W) oder des Gemischs (G) und einer Temperatur (T) des Gemischs (G) zu einem Startzeitpunkt (tstart), und Berechnen eines theoretischen Endzeitpunkts (tend) für die Hefevermehrung anhand eines logistischen Propagationsmodells (S(t)) für die Hefevermehrung, anhand der Stammwürze (Si) und anhand der Temperatur (T) zum Startzeitpunkt (tstart) .

2. Verfahren nach Anspruch 1 , wobei ein freier Aminostickstoffgehalt (FAN) der Würze (W) bestimmt wird, und für die Berechnung des theoretischen Endzeitpunkts (tend) anhand des Propagationsmodells (S(t)) berücksichtigt wird.

3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei die Temperatur (T) des Gemisches (G) während der Hefevermehrung bestimmt wird.

4. Verfahren nach zumindest einem der vorherigen Ansprüche, wobei ein Istwert für den Extraktgehalt S des Gemisches (G) während der Hefevermehrung bestimmt wird.

5. Verfahren nach zumindest einem der vorherigen Ansprüche, wobei ein Alkoholgehalt, insbesondere ein Ethanolgehalt (E), des Gemisches (G) während der Hefevermehrung bestimmt wird.

6. Verfahren nach zumindest einem der vorherigen Ansprüche, wobei ein Gehalt an gelöstem Sauerstoff des Gemisches (G) während der Hefevermehrung bestimmt wird.

7. Verfahren nach zumindest einem der vorherigen Ansprüche, wobei als Propagationsmodell ein Modell für einen Extraktgehalt (S(t)) in dem Gemisch (G) verwendet wird, wobei der Extraktgehalt (S(t)) anhand der Stammwürze (Si) zum Startzeitpunkt (tstart), eines Zielwerts für den Restextraktgehalt (S2) und unter Berücksichtigung einer Substrataufnahmerate (ps), einer Temperaturrate (r) und einer Dauer für eine Lag-Phase (l) während der Hefevermehrung ermittelt wird.

8. Verfahren nach zumindest einem der vorherigen Ansprüche, wobei anhand des Propagationsmodells (S(t)) ein Referenzwert für den Extraktgehalt ermittelt wird.

9. Verfahren nach zumindest einem der vorherigen Ansprüche, wobei ein Istwert für den Extraktgehalt (S) mit dem Referenzwert für den Extraktgehalt verglichen wird, und wobei im Falle, dass eine Abweichung zwischen Istwert (S) und Referenzwert einen vorgebbaren Grenzwert übersteigt, zumindest eine Einflussgröße für die Hefevermehrung in Abhängigkeit der Abweichung variiert wird.

10. Verfahren nach Anspruch 9, wobei es sich bei der zumindest einen Einflussgröße um die Temperatur (T), den Endzeitpunkt der Hefevermehrung (tend) oder um die Konzentration an gelöstem Sauerstoff handelt.

11. Verfahren nach zumindest einem der vorherigen Ansprüche, wobei eine Belüftung des Gemischs (G) während der Hefevermehrung anhand der Abweichung zwischen Istwert (S) und Referenzwert des Extraktgehalts und des Gehalts an gelöstem Sauerstoff eingestellt wird.

12. Verfahren nach zumindest einem der vorherigen Ansprüche, wobei eine Anstellkonzentration der Hefe zum Startzeitpunkt (tstart) bestimmt wird.

13. Verfahren nach Anspruch 12, wobei anhand des Propagationsmodells (S(t)), der Anstellkonzentration und eines Zielwerts für die Hefekonzentration, welche mit dem Zielwert für den Restextraktgehalt (S2) in Zusammenhang steht, eine Biomassenkonzentration (X(t)) der Hefe ermittelt wird.

14. Verfahren nach zumindest einem der vorherigen Ansprüche, wobei anhand der Biomassekonzentration (X(t)) eine viable Hefezellkonzentration während der Propagation ermittelt wird.

15. Verfahren nach zumindest einem der vorherigen Ansprüche, wobei ein pH-Wert des Gemischs ermittelt wird.

Description:
Überwachung und Steuerung einer Hefepropagation

Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren, insbesondere ein computerimplementiertes Verfahren, zur Steuerung und/oder Überwachung einer Hefevermehrung bzw. Hefepropagation, beispielsweise in einer großtechnischen Anlage. Insbesondere betrifft die Erfindung die Hefepropagation in einer Brauerei.

Die Herstellung von Bier umfasst mehrere komplexe Verfahrensschritte, wie das Mälzen von Getreide, das Maischen, das Läutern, das Würzekochen und das Fermentieren. Für eine zuverlässige Überwachung und/oder Steuerung sowie eine Optimierung solcher komplexen Prozesse ist die simultane Kenntnis unterschiedlichster Prozessgrößen und der jeweils zugrundeliegenden Zusammenhänge erforderlich. So ist beispielsweise aus der DE102019110821 A1 ein Verfahren zur Bestimmung und/oder Überwachung einer Konzentration von Maltodextrin und/oder Maltose anhand der Dichte und der Schallgeschwindigkeit in einem Maischprozess bekannt geworden. Hierdurch kann die Zeitdauer zur Verzuckerung der angestellten Maische exakt bestimmt werden.

Die Würzegärung betrifft das Ansetzen oder Inokulieren von gehopfter Anstellwürze bzw. Würze mit einer Hefe. Die Hefevermehrung bzw. Hefepropagation erfolgt üblicherweise im sogenannten Batch- Betrieb, wobei in jedem Ansatz eine frische Hefekultur in der Würze angesetzt und komplett für die nachfolgende Gärung verwendet wird. Unter Hefevermehrung bzw. Propagation wird in diesem Zusammenhang die Erhöhung der Biomasse und Zellzahl der jeweiligen Hefepopulation verstanden, welche in mehreren unterschiedlichen Wachstumsphasen erfolgt. Idealerweise sollte im Ergebnis eine Hefe mit möglichst hoher Hefevitalität, d.h. hoher Gärkraft und Viabilität, d.h. Lebensfähigkeit, vorliegen. Um dies zu gewährleisten, können während des Gärprozesses verschiedene Messungen mit oder ohne Probennahme erfolgen, anhand welcher der Prozess der Hefevermehrung überwacht werden kann. Eine einheitliche oder gängige Verfahrensweise hinsichtlich der Überwachung und/oder Steuerung von Hefevermehrung ist allerdings nicht verfügbar. Eine solche ist für solch ein multivariantes, biologisches System mit einem komplexen Wachstumsverhalten auch nur schwer realisierbar.

Deshalb liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, die Steuerung und/oder Überwachung einer Hefepropagation zu verbessern.

Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren, insbesondere ein computerimplementiertes Verfahren, zur Steuerung und/oder Überwachung einer Hefevermehrung, bzw. Hefepropagation, umfassend folgende Verfahrensschritte Bereitstellen eines Gemischs aus Hefezellen und Würze,

Bestimmen einer Stammwürze der Würze oder des Gemischs und einer Temperatur des Gemischs zu einem Startzeitpunkt, und

Berechnen eines theoretischen Endzeitpunkts für die Hefevermehrung anhand eines logistischen Propagationsmodells für die Hefevermehrung, anhand der Stammwürze und anhand der Temperatur zum Startzeitpunkt.

Die Stammwürze in Grad Plato (°P) bezeichnet den Gehalt an gelösten Inhaltsstoffen aus Malz und Hopfen in der Würze vor Beginn der Fermentation und zu einem Startzeitpunkt der Hefevermehrung. Während der Hefevermehrung nimmt dieser Wert in Folge des Hefemetabolismus ab. Der Gehalt an gelösten Inhaltsstoffen aus Malz und Hopfen nach Beendigung der Hefevermehrung wird als Restextraktgehalt bezeichnet.

Durch Berücksichtigung eines logistischen Propagationsmodells ermöglicht es, eine Zeitdauer für den Prozess der Hefevermehrung genau Vorhersagen zu können. Die Erfindung beruht auf der Erkenntnis, dass von einer Vielzahl möglicher Einflussfaktoren für die Hefevermehrung die Stammwürze und Temperatur zum Startzeitpunkt entscheidend sind. Eine Überwachung und/oder Steuerung der Hefepropagation ist somit auf einfache Art und Weise realisierbar, insbesondere kann eine Dauer für die Hefepropagation durch Vorhersage des Endzeitpunkts optimiert werden.

Eine Ausgestaltung des Verfahrens beinhaltet, dass ein freier Aminostickstoffgehalt (FAN-Gehalt) der Würze bestimmt wird, und für die Berechnung des theoretischen Endzeitpunkts anhand des Propagationsmodells berücksichtigt wird. Der FAN-Gehalt spielt insbesondere für die Stoffwechselaktivitäten der Hefe, für das Hefewachstum und den physiologischen Zustand der Hefe eine Rolle. Der FAN-Gehalt kann beispielsweise regelmäßig durch Probennahme, beispielsweise während der Durchführung von Prozesskontrollen in der Brauerei, ermittelt werden.

Eine weitere Ausgestaltung des Verfahrens beinhaltet, dass die Temperatur des Gemisches während der Hefevermehrung bestimmt bzw. gemessen wird. Die Temperatur ist ein dominierender Faktor für die Wachstumsrate der Hefezellen und beeinflusst somit die Geschwindigkeit der Hefevermehrung maßgebend. Bei Detektion einer Temperaturänderung kann beispielsweise die Vorhersage für den Endzeitpunkt der Hefevermehrung geeignet korrigiert werden.

In einer Ausgestaltung wird ein Istwert für den Extraktgehalt des Gemisches während der Hefevermehrung bestimmt bzw. gemessen. Der Extraktgehalt kann beispielsweise zur Überwachung der Nährstoffversorgung der Hefe während des Prozesses der Hefevermehrung herangezogen werden. Zudem ist es von Vorteil, wenn ein Alkoholgehalt, insbesondere ein Ethanolgehalt, des Gemisches während der Hefevermehrung bestimmt bzw. gemessen wird. Während der Hefevermehrung kommt es zu einer Anhäufung von extrazellulärem Ethanol, welches die Wachstumsgeschwindigkeit der Hefe ebenfalls beeinflusst.

Es ist weiterhin von Vorteil, wenn ein Gehalt an gelöstem Sauerstoff des Gemisches während der Hefevermehrung bestimmt bzw. gemessen wird. Diese Größe wiederum kann zur Überprüfung und/oder Überwachung des Vorliegens einer Sättigung der Würze dienen.

Eine Ausgestaltung des Verfahrens beinhaltet, dass als Propagationsmodell ein Modell für einen Extraktgehalt in dem Gemisch verwendet wird, wobei der Extraktgehalt anhand der Stammwürze zum Startzeitpunkt, eines Zielwerts für den Restextraktgehalt und unter Berücksichtigung einer Substrataufnahmerate, einer Temperaturrate und einer Dauer für eine Lag-Phase während der Hefevermehrung ermittelt wird.

Die Vorgabe eines Zielwerts für den Restextraktgehalt dient der Gewährleistung einer ausreichenden Nährstoffversorgung und Vitalität der Hefe bis zum Endzeitpunkt der Hefepropagation.

Anhand der Substrataufnahmerate kann die spezielle Wachstumskinetik der Hefevermehrung mit in das Propagationsmodell einbezogen werden. Für die Hefevermehrung werden sämtliche Substrate der Hefe zu Beginn des Prozesses zugeführt. Damit wachsen die Hefezellen grundsätzlich bis zur Erschöpfung der Substrate.

Die Temperaturrate beeinflusst ebenfalls maßgeblich die Geschwindigkeit der Hefevermehrung und wird deshalb in die Ermittlung der Wachstumsrate innerhalb des Propagationsmodells einbezogen.

Die Lag-Phase betrifft schließlich eine Verzögerungsphase zu Beginn der Hefepropagation, welche insbesondere bei einer Überimpfung der Hefekultur in die Würze auftritt. Während dieser Phase sind die Hefezellen zwar biochemisch aktiv, jedoch teilen sie sich nicht. Somit ist auch die Einbeziehung der Dauer der Lag-Phase zur genauen Vorhersage eines Endzeitpunkts für die Hefevermehrung vorteilhaft.

Eine Ausgestaltung beinhaltet, dass anhand des Propagationsmodells ein Referenzwert für den Extraktgehalt ermittelt wird. Der Referenzwert kann beispielsweise kontinuierlich oder zu vorgebbaren Zeitpunkten während der Hefepropagation ermittelt werden. Eine weitere Ausgestaltung umfasst, dass der Istwert für den Extraktgehalt mit dem Referenzwert für den Extraktgehalt verglichen wird, und wobei im Falle, dass eine Abweichung zwischen Istwert und Referenzwert einen vorgebbaren Grenzwert übersteigt, zumindest eine Einflussgröße für die Hefevermehrung in Abhängigkeit der Abweichung variiert wird. Idealerweise wird der Zeitpunkt der Ermittlung des Istwerts für die Ermittlung des Referenzwerts für den Extraktgehalt berücksichtigt bzw. beide Werte werden für den gleichen Zeitpunkt ermittelt. Der Vergleich ermöglicht also eine kontinuierliche Überwachung und/oder Steuerung des Prozesses.

In diesem Zusammenhang ist es von Vorteil, wenn es sich bei der zumindest einen Einflussgröße um die Temperatur, den Endzeitpunkt der Hefevermehrung oder um die Konzentration an gelöstem Sauerstoff handelt. So kann während der Hefevermehrung eine Temperatur oder eine Zufuhr von Sauerstoff geeignet eingestellt, insbesondere geregelt oder gesteuert werden. Zusätzlich oder alternativ kann der anhand des Propagationsmodells vorhergesagte Endzeitpunkt für die Hefevermehrung anhand der jeweiligen Gegebenheiten angepasst bzw. geändert werden.

So ist es beispielsweise denkbar, eine Temperatur des Gemischs während der Hefevermehrung anhand der Abweichung zwischen Istwert und Referenzwert des Extraktgehalts einzustellen, insbesondere so zu regeln oder zu steuern.

Ebenfalls beinhaltet eine Ausgestaltung, dass eine Belüftung des Gemischs während der Hefevermehrung, anhand der Abweichung zwischen Istwert und Referenzwert des Extraktgehalts und des Gehalts an gelöstem Sauerstoff eingestellt, insbesondere geregelt oder gesteuert, wird.

Eine Ausgestaltung des Verfahrens beinhaltet, dass eine Anstellkonzentration der Hefe zum Startzeitpunkt bestimmt wird.

In diesem Zusammenhang ist es von Vorteil, wenn anhand des Propagationsmodells, der Anstellkonzentration und eines Zielwerts für die Hefekonzentration, welche mit dem Zielwert für den Restextraktgehalt in Zusammenhang steht, eine Biomassenkonzentration der Hefe ermittelt wird.

Es ist in diesem Zusammenhang ebenfalls von Vorteil, wenn anhand der Biomassekonzentration eine viable Hefezellkonzentration während der Propagation ermittelt wird. Dies erlaubt vorteilhaft eine Überwachung der Zellkonzentration ohne eine direkte Messung.

Eine weitere Ausgestaltung beinhaltet schließlich, dass ein pH-Wert des Gemischs ermittelt wird. Dies wiederum dient der Überwachung der mikrobiologischen Sicherheit des Prozesses. Die verschiedenen Einflussgrößen, welche bei der Hefevermehrung eine Rolle spielen, wie beispielsweise der Extraktgehalt, der FAN-Gehalt, die Temperatur, der Alkohol- bzw. Ethanolgehalt, der Gehalt an gelöstem Sauerstoff, oder der pH-Wert, können jeweils zu bestimmten vorgebbaren Zeitpunkten oder kontinuierlich bestimmt werden. Es ist sowohl eine Bestimmung einzelner der Einflussgrößen mittels einer Probennahme und nachfolgenden Analyse denkbar als auch die direkte Bestimmung im Prozess. Zur direkten Messung können geeignete Sensoren zur Bestimmung der jeweiligen Einflussgröße an oder in einem Behälter, welcher zur Durchführung der Hefevermehrung verwendet wird, angebracht werden. Dabei kann es sich um Thermometer, Sauerstoff- und/oder pH Sensoren handeln. Zur Bestimmung von Dichte und/oder Viskosität und mit von diesen Größen abhängigen Einflussgrößen, wie beispielsweise dem Alkoholgehalt, sei in diesem Zusammenhang beispielsweise auf die Vorrichtungen und Verfahren, welche in DE102018127526A1 , DE102016120326A1 , DE102016111134 oder DE102015112421 A1 oder auch DE102014119061A1 Bezug genommen.

Anhand des Propagationsmodells ist es möglich, einen unter gegebenen Bedingungen idealen Verlauf für die Hefepropagation in Bezug auf die Zeitdauer und die gewünschte Zellzahl lebender Zellen hin vorzusagen und durch die parallel Bestimmung zumindest einer Einflussgröße geeignet zu steuern.

Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe wird ferner gelöst durch ein Computerprogramm zur Steuerung und/oder Überwachung einer Hefevermehrung mit computerlesbaren Programmcodeelementen, die, wenn sie auf einem Computer ausgeführt werden, den Computer dazu veranlassen, das erfindungsgemäße Verfahren nach zumindest einer der beschriebenen Ausgestaltungen auszuführen.

Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe wird zudem gelöst durch ein Computerprogrammprodukt mit einem erfindungsgemäßen Computerprogramm und zumindest einem computerlesbaren Medium, auf dem zumindest das Computerprogramm gespeichert ist.

Das Verfahren kann sowohl auf einer Recheneinheit bzw. einem Computer am Ort der durchgeführten Hefevermehrung, also beispielsweise in der Brauerei durchgeführt werden. Es kann aber auch mittels einer externen Recheneinheit durchgeführt werden, sofern notwendige Messdaten an diese Recheneinheit übertragen werden. Beispielsweise kann das Verfahren durch eine Cloud- Anwendung implementiert werden. In diesem Falle sind die Messeinrichtungen zur Bestimmung von Werten der zuvor genannten Einflussgrößen, wie beispielsweise ein Thermometer oder ein Sauerstoffsensor, vorzugsweise mit Mitteln zur Übertragung von Messwerten an die Cloud ausgestaltet. Die Erfindung sowie ihre vorteilhaften Ausgestaltungen werden anhand der nachfolgenden Figuren näher erläutert. Es zeigt:

Fig. 1 : beispielhaft einen Behälter zur Durchführung einer Hefevermehrung; und

Fig. 2: den Restextrakt und die Biomassekonzentration jeweils in Form von Messkurven und mittels des Propagationsmodells berechneten Referenzkurven

In den Figuren werden gleiche Elemente mit demselben Bezugszeichen versehen.

In Fig. 1 ist eine schematische und beispielhafte Abbildung eines Behälters 1 für eine Hefepropagation in einer Brauerei gezeigt. Der Behälter 1 umfasst einen Einlass 2 zum Ansetzen der gehopften Würze W mit Hefe H. Vorteilhaft wird zu Beginn der Hefevermehrung die Anstellkonzentration der Hefe H, die Temperatur T innerhalb des Behälters 1 und ggf. der FAN- Gehalt der Hefe H ermittelt. Nachfolgend beginnt für das Gemisch G der Prozess der Hefevermehrung.

Der Behälter 1 umfasst ferner einen Auslass 3 zur Entnahme und eine Einrichtung 4 zur Belüftung des Behälters 1. Zur Überwachung und/oder Steuerung sind für das hier gezeigte Beispiel ferner ein Sauerstoffsensor 5 und ein Thermometer 6 in den Tank eingebracht. Zur Einstellung der Temperatur T im Behälter 1 während der Hefevermehrung kann ferner eine Heiz-/Kühleinrichtung [nicht dargestellt] vorhanden sein.

Die vorliegende Erfindung stellt eine Möglichkeit zur Überwachung und/oder Steuerung der Hefevermehrung zur Verfügung. Es wird ein Wachstumsprozess unter kontrollierten Bedingungen und ein Ernten der Hefe zum richtigen Zeitpunkt, d.h. bei möglichst hoher Zellzahl und Vitalität der Hefe ermöglicht.

Aus dem Stand der Technik sind bereits zahlreiche Beschreibungen verschiedener Einflussgrößen der Hefevermehrung, sowie Modelle zur Beschreibung des Prozesses der Hefevermehrung bekannt, wie beispielsweise aus der Dissertation „Mathematically Based Management of Saccharomyces sp. Batch Propagation and Fermentations“ von T. Kurz (2002) an der Technischen Universität München, oder in „Modeling of the Bacterial Growth Curve“ von M.H. Zwietering et al. in Applied and Environmental Microbiology p.1875-1881 , 1990. Da es sich bei der Hefevermehrung jedoch um ein komplexes, multivariantes Problem handelt, bedienen sich die verfügbaren Modelle an einer Vielzahl von Variablen bzw. unterschiedlichen Einflussgrößen und sind für eine praktische Steuerung und/oder Überwachung der Hefepropagation nur bedingt geeignet. Zudem sind viele der Einflussgrößen nur schwer direkt, insbesondere kontinuierlich, während der Hefevermehrung verfügbar. Die vorliegende Erfindung betrifft somit eine Vereinfachung der bekannten Modelle und Beschreibungen, welche eine zielgerichtete Steuerung und/oder Überwachung einer Hefevermehrung erlaubt. Eine wesentliche, der Erfindung zugrunde liegende Kenntnis betrifft eine zielgerichtete Auswahl von wesentlichen Einflussgrößen bei der Erstellung des Propagationsmodells.

Ausgangspunkt zur Modellierung der Hefevermehrung ist ein logistisches Propagationsmodell, wie in (Speers, et al., 2003) beschrieben, welches die Extraktabnahme S in Abhängigkeit der Zeit t, einer Substrataufnahmerate p s , einer Extraktdifferenz AS=SI-S 2 zwischen der Stammwürze Si und einem Zielwert für den Restextraktgehalt S 2 und einer Dauer für die Lag-Phase l beschreibt:

Die Bestimmung der Substrataufnahmerate m c basiert auf Anwendung der Monod-Kinetik zur Berücksichtigung einer Abhängigkeit der Wachstumsrate R von einer limitierenden Substratkonzentration während des Wachstumsprozesses durch eine Ausschöpfung der Nährstoffe, eine Ansammlung toxischer metabolische Produkte und durch den lonenhaushalt. Wie in dem Artikel „Growth of Saccharomyces cerevisiae is controlled by its limited respiratory capacity: formulation and verification of a hypothesis” von B. Sonnenleitnert und O. Käppeli, erschienen in Biotechnology and Bioengineering, Vol. XXVIII, Pp. 927-937, John Wiley & Sons, Inc., 1986, beschrieben, ist die Substrataufnahmerate m c gegeben durch:

Z beschreibt hier die Zuckerkonzentration, N die Stickstoffkonzentration, E den Ethanolgehalt, p s, m aX die maximale, spezifische Wachstumsrate und K s die halbmaximale Konzentration der Substrate.

Die Abhängigkeit von der Temperatur T beim Wachstum von Mikroorganismen als dominierender Einflussfaktor für den Wachstumsprozess erfolgt anhand einer in „Model for Bacterial Culture Growth Rate Throughout the Entire Biokinetic Temperature Range“ von D.A. Ratowsky et al., erschienen in Journal of Bacteriology, p.1222- 1226, 1983, beschriebenen erweiterten Form des Belehrädek-Modells für die Temperaturrate r:

Hier beschreiben Tmi n bzw. T maX eine minimale bzw. maximale Wachstumstemperatur und a, b empirische Parameter. Auf dieser Temperaturrate basierend, ergibt sich für die Dauer der Lag- Phase l in Abhängigkeit der Temperatur T: wie in „Modeling of Bacterial Growth with Shifts in Temperature” von M.H. Zwietering et al., Applied and Environmental Microbiology, p. 204-213, 1994, vorgeschlagen. Damit kann der Extraktgehalt S als Funktion der Zeit t anhand des nachfolgenden Propagationsmodells S(t) ermittelt werden: c stellt hierbei einen weiteren freien Parameter dar.

Anhand des erfindungsgemäßen Propagationsmodells S(t) ist es möglich, anhand der Stammwürze Ei, und der Temperatur T zu einem Startzeitpunkt ta n einen theoretischen Endzeitpunkt t end für die Hefevermehrung zu ermitteln.

Die Extraktabnahme steht mit dem Biomassezuwachs also mit der Biomassekonzentration dt dt

X(t) als Funktion der Zeit t in Zusammenhang. Die Extraktabnahme entspricht der Nährstoffaufnahme der Hefe, weshalb die Biomassekonzentration X proportional mit der Abnahme des Extrakts S zunimmt. Der Proportionalitätsfaktor Y wird als Biomasseertrag bezeichnet und stellt die Menge an Biomasse pro Substrat dar. Die Rate des Biomassezuwachses oder die Biomassewachstumsrate m c ergibt sich also anhand der Substrataufnahmerate p s zu: mc = Y Fs

Es ist also möglich, aus der Extraktdifferenz DE die Zunahme an Biomasse DC zu berechnen. Die Biomassekonzentration X bzw. die Hefekonzentration kann aus der Abnahme des Extrakts S ohne die Notwendigkeit, eine weitere direkte Messung vornehmen zu müssen, bestimmt werden. Auf diese Weise ist somit auch eine Zellkonzentrationsüberwachung möglich.

In Fig. 2 sind der Restextrakt S und die Biomassekonzentration X jeweils als Funktion der Zeit t in Form von in einer Versuchsmessung ermittelten Messwerten (S m (t) bzw. X m (t)) und von mittels des Propagationsmodells S(t) bzw. X(t) berechneten Referenz kurven (gestrichelte und durchgezogene Linie) dargestellt. Für das das Propagationsmodell S(t) wurde in diesem Zusammenhang eine Extraktdifferenz AS=4%, während die gemessene Extraktdifferenz Db geringfügig größer war. Das Modell spiegelt in zufriedenstellender Art und Weise den Prozess der Hefevermehrung wider.

Bezugszeichen

1 Behälter

2 Einlass

3 Auslass

4 Einrichtung zur Belüftung

5 Sauerstoffsensor

6 Thermometer W Würze H Hefe T Temperatur

FAN FAN-Gehalt

G Gemisch aus Würze und Hefe

S Extraktabnahme t Zeit

AS Extraktdifferenz

51 Stammwürze

5 2 Zielwert für den Restextraktgehalt l Dauer der Lag-Phase m c Substrataufnahmerate

R Wachstumsrate

Z Zuckerkonzentration

N Stickstoffkonzentration

E Ethanolgehalt

Ps.max Maximale spezifische Wachstumsrate Ks Halbmaximale Konzentration der Substrate T min minimale Wachstumstemperatur T max maximale Wachstumstemperatur a,b empirische Parameter

S(t) Propagationsmodell tstart Startzeitpunkt tend Endzeitpunkt

X(t) Biomassekonzentration

Y Proportionalitätsfaktor, Biomasseertrag

Px Biomassewachstumsrate

DC Zunahme an Biomasse s m (t) Messwerte für den Extraktgehalt

Xm(t) Messwerte für die Biomassekonzentration