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Title:
PHARMACEUTICAL FORMULATION FOR PREVENTING OR PRE-TREATING POISONING BY ORGANOPHOSPHORIC CHOLINESTERASE INHIBITORS
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/1995/015756
Kind Code:
A1
Abstract:
A pharmaceutical formulation for preventing or pre-treating poisoning by organophosphoric cholinesterase inhibitors is characterised in that it consists of an active substance combination of at least one parasympathomimetic agent and at least one parasympatholytic agent.

Inventors:
HILLE THOMAS (DE)
MUELLER WALTER (DE)
ASMUSSEN BODO (DE)
LEVY AHARON (IL)
MESHULAM YACOV (IL)
Application Number:
PCT/EP1994/004049
Publication Date:
June 15, 1995
Filing Date:
December 06, 1994
Export Citation:
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Assignee:
LOHMANN THERAPIE SYST LTS (DE)
ISRAEL INST BIOLOG RES (IL)
HILLE THOMAS (DE)
MUELLER WALTER (DE)
ASMUSSEN BODO (DE)
LEVY AHARON (IL)
MESHULAM YACOV (IL)
International Classes:
A61K31/27; A61K31/40; A61K31/407; A61K45/06; A61K31/435; A61K31/44; A61K31/4425; A61K31/46; A61K31/473; A61P25/30; A61P39/00; A61P39/02; H01L51/30; (IPC1-7): A61K31/46
Other References:
FOSBRAEY P. ET AL: "Effect of acute physostigmine -hyoscine pretreatment on the neurochemical changes produced by soman in the guinea-pig", NEUROCHEM. INT. (UNITED KINGDOM), 1991, VOL. 18, NO. 2, PAGE(S) 265-273,
ANDERSON D R ET AL: "EFFECTS OF SUBACUTE PRETREATMENT WITH CARBAMATE TOGETHER WITH ACUTE ADJUNCT PRETREATMENT AGAINST NERVE AGENT EXPOSURE", DRUG CHEM TOXICOL,, VOL. 14, NO. 1-2, PAGE(S) 1-20, 1991
BREDOW J ET AL: "EFFICACY EVALUATION OF PHYSOSTIGMINE AND ANTICHOLINERGIC ADJUNCTS AS A PRETREATMENT FOR NERVE AGENT INTOXICATION", FUNDAM APPL TOXICOL,, VOL. 17, NO. 4, PAGE(S) 782-789, 1991
SOLANA R P ET AL: "EFFICACY COMPARISON OF TWO CHOLINOLYTICS SCOPOLAMINE AND AZAPROPHEN WHEN USED IN CONJUNCTION WITH PHYSOSTIGMINE AND PYRIDOSTIGMINE FOR PROTECTION AGAINST ORGANOPHOSPHATE EXPOSURE", J AM COLL TOXICOL,, VOL. 10, NO. 2, PAGE(S) 215-222, 1991
HARRIS L W ET AL: "PHYSOSTIGMINE ALONE AND TOGETHER WITH ADJUNCT PRETREATMENT AGAINST SOMAN SARIN TABUN AND VX INTOXICATION", DRUG CHEM TOXICOL,, VOL. 14, NO. 3, PAGE(S) 265-282, 1991
SOLANA R P ET AL: "COMPARING THE RESPONSE SURFACES OF TWO CHOLINOLYTICS WHEN USED IN COMBINATION WITH PHYSOSTIGMINE AS A PRETREATMENT AGAINST ORGANOPHOSPHATE CHALLENGE", DRUG CHEM TOXICOL,, VOL. 12, NO. 3-4, PAGE(S) 197-220, 1989
LIM D K ET AL: "PREVENTION OF SOMAN TOXICITY AFTER THE CONTINUOUS ADMINISTRATION OF PHYSOSTIGMINE", PHARMACOL BIOCHEM BEHAV,, VOL. 31, NO. 3, PAGE(S) 633-640, 1988
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Claims:
P A T E N T A N S P R Ü C H E
1. Pharmazeutische Formulierung zur Prophylaxe bzw. Vorbe¬ handlung einer Vergiftung durch phosphororganische Choline¬ sterasehemmer, dadurch gekennzeichnet, daß diese aus einer Wirkstoffkombination aus mindestenε einem Parasympathikomi¬ metikum und mindestenε einem Parasympathikolytikum besteht.
2. Pharmazeutische Formulierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß dieεe in einer Darreichungεform für eine orale Applikation der Wirkstoff o bination vorliegt.
3. Pharmazeutiεche Formulierung nach Anεpruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß dieεe in einer Darreichungsform für eine parenterale Applikation der Wirkstoffkombination vor¬ liegt.
4. Pharmazeutiεche Formulierung nach einem oder mehreren der Anεprüche 1 biε 3, dadurch gekennzeichnet, daß εie in einer Darreichungεform vorliegt, die eine Depotwirkung für mindestens einen Wirkstoff aufweist.
5. Pharmazeutische Formulierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Parasympathikolytikum aus der Grup¬ pe der Tropaalkaloide, deren Salzen und racemiεchen Gemi¬ schen ausgewählt ist.
6. Pharmazeutische Formulierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß sie in einer Darreichungεform vorliegt, bei welcher das Parasympathikomimetikum indirekt wirksam ist.
7. Pharmazeutische Formulierung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß das indirekt wirksame Parasympathikomo metikum Acetylcholineεterasehemmer umfaßt.
8. Pharmazeutische Formulierung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, daß der Acetylcholinesterasehemmer Physo¬ stigmin, Heptylphysostigmin, Neostigmin, Pyridostigmin, Tetrahydroacridin und Velnacridin sowie deren Salze und deren racemische Gemische umfaßt.
9. Pharmazeutische Formulierung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Parasympathikomimetikum Scopolamin und/oder dessen pharmazeutisch akzeptablen Salze und das Parasympathikolytikum Physostigmin und/oder dessen pharma¬ zeutisch akzeptablen Salze ist.
10. Verwendung der pharmazeutischen Formulierung nach einem oder mehreren der vorangegangenen Anεprüchen zur Herstel lung eineε Arzneimittelε zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Vergiftungen mit phosphororganischen Cholinesteraεehem mern.
Description:
Pharmazeutische Formulierung zur Prophylaxe bzw. Vorbehand¬ lung einer Vergiftung durch phosphororganiεche Cholineste¬ rasehemmer.

B E S C H R E I B U N G

Die Erfindung betrifft eine pharmazeutische Formulierung zur Prophylaxe bzw. Vorbehandlung einer Vergiftung durch phoεphororganische Cholinesterasehemmer.

Mit der vorliegenden Erfindung sollen pharmazeutische For¬ mulierungen zur Verfügung gestellt werden, die zur prophyl¬ aktischen Behandlung von Vergiftungen durch phosphororgani¬ sche Cholinesterasehemmer geeignete Wirkstoffe in kontrol¬ lierter Weise freisetzen. Zu den phosphororganischen Choli- nesterasehemmern gehören Ester von Phosphorsäurederivaten wie z.B. Nitrostigmin (= Diethyl-(4-nitrophenyl)-thio- phosphat, besser unter den Bezeichnungen Parathion oder E 605) bekannt, aber auch Tabun sowie die Phosphonsäurederi- vate Sarin, Soman und VX.

Cholineεteraεehemmende Phosphorsäureester werden unter an¬ derem in der Landwirtschaft als Insektizide eingesetzt. Da sie auch für Menschen toxisch sind, besteht eine grundsätz¬ liche Gefahr für Leib und Leben von Mitarbeitern im agri- kulturellen Bereich; dies umso mehr, als diese organischen Phosphorsäureester auch über die Haut aufgenommen werden können. Gegenüber den Insektiziden zeichen sich die zu den sogenannten Nervenkampfstoffen zählenden Verbindungen Ta¬ bun, Sarin, Soman und VX durch eine besonders hohe Toxizi- tät aus. Alle dieser Verbindungen sind mehr oder weniger starke Hemmstoffe der Acetylcholinesterase, eines Enzyms, das physiologischerweise die Wirkung der an bestimmten Ner- venendigungen freigesetzten Überträgersubstanz Acetylcholin beendet. Die Mehrzahl der durch Cholinesterasehemmer ver-

ursachten Vergiftungssymptome ist durch eine Überschwemmung mit körpereigenem Acetylcholin bedingt.

Die medikamentöse Grundbehandlung einer solchen Vergiftung besteht in der Verabreichung des Parasympathikolytiku s Atropin, wodurch die überschießenden muskarinischen Acetyl- cholin-Wirkungen (z.B. Sekretionssteigerung in den Atemwe¬ gen, Bronchospasmuε, Hemmung des zentralnervösen Ateman- triebs) blockiert werden. Zur Normalisierung der überschie¬ ßenden nikotinischen Acetylcholin-Wirkungen (z.B. Hemmung der Erregungsübertragung an den Synapsen motorischer Nerven zur Atem- und übrigen Skelettmuskulatur bis zur vollständi¬ gen peripheren Muεkellähmung) steht kein geeigneter Antago- nist zur Verfügung. Die peripher ausgelöste Muskellähmung läßt sich nur mit Oximen wie z.B. Pralidoxim (PAM) oder Obidoxim (Toxogonin ® ) aufheben, deren Wirkungsmechaniεmuε in einer Reaktivierung der gehemmten Acetylcholineεterase besteht.

Einige phosphoriεche Cholinesterasehemmer zeichnen sich dadurch aus, daß sie nach Anlagerung an die Acetylcholine- sterase Alkylreste abspalten, wodurch sich die Bindung sta- biliεiert. ("Alterung"). Der gealterter Esterase-Hemmstoff- Komplex läßt sich durch Oxime nicht reaktivieren. Bei Ver¬ giftungen mit dem Nervenkampfstoff Soman tritt die Alterung bereits nach 2 bis 5 Minuten ein. Die Therapie mit Atropin und Oximen ist bei der Soman-Vergiftung völlig unzu¬ reichend. Die Wirksamkeit von Atropin und Oximen kann je¬ doch durch Vorbehandlung mit indirekten Parasympathikomime- tika, z.B. Carbaminsäureester wie Pyridostigmin und Physo- stigmin wesentlich verbessert werden. Carbaminsäureeεter hemmen die Acetylcholinesterase in ähnlicher Weiεe wie Phosphorsäureeεter. Die Bindung ist allerdings kurzfristi¬ ger und voll reversibel. Für die Schutzwirkung von Carbama- ten dürfte auεεchlaggebend sein, daß sie in geeigneter Do-

sierung einen Teil der Acetylcholinesterase hemmen und da¬ mit dem Zugriff der stärker und anhaltend hemmenden Phos¬ phor- und Phosphonεäureeεter entziehen, wenn die Vorbehand¬ lung rechtzeitig erfolgte.

Auch die Behandlung einer Vergiftung durch phosphororgani¬ sche Insektizide erfordert in jedem Fall ärztliche Betreu¬ ung, die rasch eingeleitet werden muß. Weil rasche ärztli¬ che Hilfe im Falle von Erntearbeitern nicht immer gegeben ist, besteht Bedarf an Medikamenten, die prophylaktisch einer Intoxikation entgegenwirken. Der Einsatz von Carba- minsäureestern für diesen Zweck ist beschrieben (Leadbea- ter, L. Chem. in Brit. .2_, 683, 1988). Gleiches gilt für die Wirksamkeit von Carbaminsäurestern zur Vorbehandlung einer Soman-Vergiftung im Tierexperiment (Fleischer, J.H., Harris, L.W. Biochem. Pharmacol. J4, 641, 1965, Berry, W.K., Davies, D.R. Biochem. Pharmacol, .19., 927, 1970). Pro¬ phylaktisch anzuwendende Arzneimittel dürfen in wirksamer Dosierung Reaktionsvermögen und Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigen. Die therapeutische Breite der Carbaminsäu- reester ist allerdings gering. Mit Physostigmin läßt sich zwar eine höhere Schutzwirkung erreichen als mit Pyrido¬ stigmin, die Nebenwirkungen sind jedoch höher.

DE-OS 41 15 558 beschreibt ein prophylaktisches Antidot, bestehend aus einer Kombination aus Pyridostigmin oder Phy¬ sostigmin und N-methyl-4-piperidyl-l-phenylcyclopentancar- boxylat-Hydrochlorid oder Arpenal, Sycotrol, Carmiphen oder Benaktyzin und zusätzlich zwingend einem Tranquilizer, näm¬ lich Diazepam oder Clonazepam. Die unerwünschten Wirkungen von Physostigmin oder Pyridostigmin lassen sich daher nicht allein durch die aufgezählten Parasympathikolytika unter¬ drücken, weshalb zusätzlich Tranquilizer gegeben werden, deren Nebenwirkungsprofit ebenfalls problematisch ist.

Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die prophylakti¬ sche Gabe von Carbaminεäureeεter oder anderen indirekten Parasympathikomimetika in einer Dosierung zu ermöglichen, die einen ausreichenden Schutz gegen phosphororganische Cholinesterasehemmer ohne unerwünschte Begleiterscheinungen bewirkt. Dieεe Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch eine pharmazeutische Formulierung mit einer Wirkstoffkom¬ bination aus mindestens einem Paraεympathikomixnetikum und mindestens einem Paraεympathikolytikum. Diese Lösung iεt umεo erεtaunlicher, als erfindungsgemäß gezeigt werden kann, daß daε Parasympathikolytikum nicht nur zur Schutz¬ wirkung beiträgt, sondern die unerwünschten Wirkungen deε Parasympathikomimitikums sicher unterdrückt.

Im Gegensatz zu direkten Parasympathikomimetika wirken in¬ direkte Parasympathikomimetika nicht als Agoniεten am Ace- tylcholin-Rezeptor. Sie verhindern vielmehr den Abbau von Acetylcholin dadurch, daß εie das Enzym Acetylcholinestera- εe hemmen, z.B. Carbaminsäurederivate wie Physoεtigmin, Heptylphyεoεtigmin, Neostigmin und Pyridostigmin. Da die Wirkung dieser Substanzen durch die Übertragung der Carba- minεäure zustandekommt, sind Racemate ebenso wirkεam wie die genuinen Enantiomere. Daher εchließt die Erfindung auch Racemate ein. Ferner kommen auch andere Acetylcholinestera- εehemmer, wie z.B. Galanthamin oder Tetrahydroacridin bzw. Velnacridin in Frage, deren Wirkungsmechanismus nicht auf der Übertragung von Carbaminsäure beruht. Unter dem Begriff Parasympathikolytikum werden Stoffe verstanden, die eine Affinität zu muskarinischen Acetylcholin-Rezeptoren besit¬ zen, ohne aber eine Wirkung auszulösen. Ohne die Erfindung einzuschränken, seien genuine Alkaloide wie Scopolamin (L- Hyoεcin) und L-Hyoεcyamin, ihre Racemate, z.B. Atropin, oder ihre halbsynthetischen Derivate, z.B. Homatropin oder N-Butylscopolamin, erwähnt. Ferner kommen vollεynthetiεche Paraεympathikolytika wie Benzatropin oder Benzetinmid in

Frage. Andere Parasympathikomimetika bzw. -lytika sind dem Fachmann bekannt. Entscheidend iεt nicht nur die Auswahl der Arzneistoffe, sondern auch, daß diese kontrolliert und aufeinander abgestimmt aus der Arzneiform freigesetzt wer¬ den.

Arzneiformen, die Wirkstoffe kontrolliert freisetzen, sind im Stand der Technik bereits bekannt. Die Verabreichung pharmazeutisch wirksamer Verbindungen mittels solcher For¬ mulierungen kann oral oder anderweitig, z.B. parenteral erfolgen.

Die im Rahmen der vorliegenden Erfindung geeigneten Formu¬ lierungen zur oralen Verabreichung sollen kurz beschrieben werden. In einer solchen Formulierung ist der pharmazeuti¬ sche Wirkstoff in einer semiperablen Membran eingekapselt, wie z.B. in Zelluloseacetat. Mit einem Bohrer oder einem Laserstrahl wird in das Kapselmaterial ein winzigeε Loch gebohrt. Im Magen-Darm-Trakt des Patienten wird durch das Kapselmaterial Wasεer abεorbiert. Der pharmazeutiεche Wirk¬ stoff wird durch oεmotischen Druck in der gewünschten, all¬ mählichen, konεtanten und kontrollierten Weise durch die kleie Öffnung getrieben. Solche Systeme sind in den US-Pa¬ tenten 3 760 805, 3 760 806, 3 764 984, 3 815 770, 3 916 899 uind 3 987 790 beschrieben. In diesen Systemen können die pharmazeutischen Wirkstoffe in fester Form oder absor¬ biert an Ionenaustauscher-Harzen vorliegen.

Ein anderes System zur oralen Verabreichung gemäß der vor¬ liegenden Erfindung wird von Sheth und Leeson im US-Patent 4 137 300 beschrieben. Dieses Patent beschreibt eine Formu¬ lierung, die eine Wachsmatrix enthält.

Die Wirkstoffe der vorliegenden Erfindung werden mittels entsprechender Formulierung auf passende und geeignete Wei-

se verabreicht. Die festen Wirkstoffe können inLösung oder als Suspension verabreicht werden. Das Lösungε- oder Sus¬ pensionsmedium kann wäsεrig oder organisch sein. Geeignete Lösungε- oder Suεpenεionεmedien für Arzneistoffe sind z.B. Wasser, Silikonfluid oder Mineralöl.

Um die Verabreichung einer Verbindung mittels einer Formu¬ lierung wie vorεtehend beschrieben zu vereinfachen, kann dem System ein Fließverbesserer zugesetzt werden. Einige geeignete Fließverbesserer für orale Formulierungen umfas¬ sen beispielεweiεe Polyethylenglykol, Hydroxypropylmethyl- celluloεe und Zucker.

Formulierungen, die zur Applikation von Wirkεtoffen in Fra¬ ge kommen, εind εolche, die eine Depotwirkung deε Wirkstof¬ fes geεtatten. Hierbei wird die Formulierung als Injek¬ tionslösung auf nicht wäsεriger Grundlage appliziert. Die möglichen Lösungsmittel sind dem Fachmann bekannt. Ohne die Erfindung einzuschränken, seien als Beispiele die vegetabi¬ lischen Öle erwähnt, die einzelne Pharmakopöen vorεchrei- ben. Erdnußöl, Olivenöl, Mandelöl, Sonnenblumenöl, Sojaboh- nenöl und Sesamöl stehen im Vordergrund. Rizinusöl zeigt oftmals eine besonders günstige Löεlichkeit für Arzneimit¬ tel, daneben sind auch Öle tierischen Urεprungs geeignet.

Die Öle sind pyhsiologisch indifferent und gut verträglich. Voraussetzung hierfür ist, daß sie besonders gereinigt sind und niedrige Säure- und Peroxidzahlen aufweiεen. Da eine intravenöse Applikation wegen der fehlenden Mischbarkeit mit dem Blutserum nicht möglich ist und zur Lungenembolie führen kann, ist lediglich ihre Anwendung für intramuskulä¬ re und subkutane In ektionspräparate möglich. Ölige Lösun¬ gen und Suspensionen verbleiben recht lange am Ort der Ap¬ plikation (oft bis zu 1 Monat) und geben die Wirkstoffe protahiert frei.

Die Erfindung wird durch die folgenden Beispiele erläutert:

Tierexperimentelle Wirksamkeitεprüfung:

Gegenüber einer Somanvergiftung an Meerschweinchen wurde die Schutzwirkung von Pyridostigmin und Physostigmin allein sowie in Kombination mit Scopolamin untersucht. Jeweils 6 bis 10 Tiere erhielten 24 h vor der Soman-Belastung ein Pyridoεtigmin (3 cmVkg)- oder Phyεostigmin-Hautpflaster (1,5 cmVkg) . Nach 24εtündiger Anwendung deε Physostigmin- Hautpflaεterε wurden Plaεmakonzentrationen von 0,9 ± 0,3 ng/ml (Mittelwert ± SEM; n = 4) gemessen. Die Cholinestera- εeaktivität im Gesamtblut war bei Anwendung des größeren Pyridostigmin-Hautpflasters um 38 ± 4% gehemmt, bei Anwen¬ dung des kleineren Phyεoεtigmin-Hautpflaεterε um 48 ± 10%. Zur Prüfung der zuεätzlichen Schutzwirkung von Scopolamin wurde entweder ein handelεüblicheε transdermales therapeu- tiεcheε Syεtem (Scopoderm® TTS) angewendet oder den Tieren wurden osmotische Minipumpen (Alzet ® ) mit einer Freiset¬ zungsrate von 9 bis 10 ng Scopolaminhydrobromid pro kg Kör¬ pergewicht und Stunde subkutan implantiert. Die nach Anwen¬ dung des Pyridostigmin- bzw. Physostigminhautpflasters und Soman-Belastung mit 1,5 LD 50 intramuskulär erzielten Ergeb- niεεe zeigt Tabelle 1.

Die Physostigmin-Vorbehandlung ist nicht nur bei einer So¬ man- sondern auch bei einer Sarin-Vergiftung wirksam: Nach transdermaler Physostigmin-Scopoderm ® -TTS-Vorbehandlung und Belastung mit 1,5 LD 50 Sarin überlebten 9 von 10 Meer¬ schweinchen ohne zusätzliche Poεtexpoεitionstherapie.

In einer zusätzlichen Versuchsreihe an Meerschweinchen wur¬ de die Wirksamkeit der Physostigmin-Vorbehandlung mit und ohne Scopolamin gegenüber Soman bei zusätzlicher Postexpo¬ sitionstherapie mit Atropinsulfat sowie Obidoximchiorid

anhand des Wirkεamkeitεindex (protective ratio = Quotient aus LD 50 mit Behandlung und LD 50 ohne Behandlung) ermittelt (Tabelle 2) .

Tabelle 1:

Schutzwirkung verschiedener Vorbehandlungen bei Meer¬ schweinchen gegenüber einer Belaεtung mit 1,5 LD 50 Soman i.m. ohne zuεätzliche Poεtexpoεitionεtherapie.

Vorbehandlung Letalitat (24h)

keine 10/10

Pyridostigmin transdermal (3cm 2 /kg) 6/6

Pyridostigmin tranεdermal (1,5 cmVkg) 5/6 + Alzet ® -Scopolamin 10 ng/kg "1 !. "1

Pyridoεtigmin transdermal (1,5 cm 2 /kg) 6/20

Pyridostigmin transdermal (1,5 cmVkg) 0/10 + Alzet ® -Scopolamin 9 ng kg "1 !. "1

Physostigmin transdermal (1,5 cm 2 /kg) 1/10 + Scopoderm ®

Tabelle 2

Wirkεamkeit der Physostigmin- bzw. kombinierten Physoεtig- min-Scopolamin-Vorbehandlung bei Meerschweinchen gegenüber Soman-Belastung und zusätzlicher Postexpositionstherapie mit Atropinsulfat und Obidoximchlorid (jeweils 10 mg/kg Körpergewicht i.m. 1 m in nach Soman) .

Vorbehandlung Wirksamkeitsindex * )

(Vertrauensgrenzen)

Pyridoεtigmin transdermal (1,5 cm 2 /kg) 3,45

(3,00; 3,95) Pyridostigmin transdermal (1,5 cm 2 /kg) 3,70 + Alzet ® -Scopolamin 4,5 ng kg "1 !. "1 (3, 65;4, 50)

LD 50 mit Behandlung ') Wirksamkeitsindex =

LD 50 ohne Behandlung

Für die kombinierte Vorbehandlung mit transdermalem Phyεo- εtigmin und Scopoderm® TTS ohne Poεtexpositionstherapie er¬ gaben sich in Versuchsreihen mit zwei unterschiedlichen Physostigmin-Formulierungen Wirksamkeitindices von 2,11 (1,71; 2,60) bzw. 2,27 (1,86; 2,79).

Die Pharmakokinetik von transdermal verabreichtem Physo¬ stigmin und Scopolamin wurde an Schweinen untersucht. In¬ nerhalb von 5 bis 6 h stieg die Plasmakonzentration auf ein Plateau an, das über 72 h aufrecht erhalten blieb. Für Wirksamkeitsprüfungen an Schweinen gegenüber intravenöser Soman-Belastung wurden Physostigmin-Hautpflaster (0,5 cm 2 /kg) verwendet, die nach 48 h zu Plasmakonzentrationen von 1,1 ± 0,1 ng/ml (16 ± 3% Hemmung der Cholinesteraseak- tivität im Gesamtblut) führten. Mit Scopoderm ® -TTS wurden Scopolamin-Konzentrationen im Plasma von 0,18 ± 0,06 ng/ml (n = 9) nach 24 h erreicht. Gegenüber einer Belastung mit 2,5 LD S0 Soman ergaben sich ohne zusätzliche Postexposi¬ tionstherapie folgende Befunde (Tabelle 3):

Tabelle 3:

Schutzwirkung der Physostigmin- bzw. Physostigmin-Scopola- min-Vorbehandlung bei Schweinen gegenüber einer Belastung mit 2,5 LD S0 Soman i.v. ohne zusätzliche Postexpositions¬ therapie.

Vorbehandlung Letalität mittlere Erholungszeit * ) (min)

Scopoderm ® TTS 4/4

Physostigmin transdermal 1/4 146

( 0 , 5 cm 2 /kg)

Physostigmin transdermal 2/5 29

(0,5 cmVkg)

+ Scopoderm ® TTS

* ) Erholungszeit = Zeit, bis die überlebenden Tiere stehen und laufen können.

Wurden Schweine nach transdermaler Physostigmin-Scopolamin- Vorbehandlung nicht mit 2,5 LD 50 , sondern mit 4 LD 50 Soman i.v. belastet und wurde 20 s später eine Postexpoεitionε- therapie durchgeführt (0,5 mg Atropinsulfat sowie 3 mg Obi- doximchlorid/kg Körpergewicht i.m.), überlebten 3 von 5 Tieren, wobei die überlebenden höhere Physostigmin- und Scopolamin-Konzentrationen aufwiesen als die Nicht-Überle¬ benden. Enthielt die Postexpositionstherapie zusätzlich Loprazolam (0,2 mg/kg i.m.) überlebten alle 5 Tiere, die Erholung war allerdings bei 2 Tieren unzureichend, was die Nachteile der Benzodiazepingabe exemplarisch darstellt.

Klinische Verträglichkeitsuntersuchungen

Die Verträglichkeit von Physostigmin-Hautpflästern wurde an 11 freiwilligen Probanden (Alter 29 ± 2 Jahre) unter Dop¬ pelblindbedingungen gegenüber Placebo und zusätzlicher An¬ wendung von Scopoderm ® TTS geprüft. Bei Physostigmin-Kon- zentrationen im Plasma von 0,3 ± 0,1 ng/ml nach 48 h und Scopolamin-Konzentrationen von 0,07 ± 0,01 ng/kg erwies

εich Scopolamin als wirksam, die durch Physostigmin verur¬ sachten unerwünschten Wirkungen, insbeεondere Übelkeit und Erbrechen, zu unterdrücken. Statiεtisch signifikante Ver¬ haltens- und LeistungsfähigkeitsVeränderungen ließen sich bei kombinierter Phyεostigmin-Scopolamin-Behandlung nicht nachweisen. Damit ist die erfindungεgemäß gestellte Aufgabe gelöst, die darin bestand, eine Arzneiform zu entwickeln, die mindestens ein Parasympathikomimetikum und mindestens eine Parasympathikolytikum enthält, ohne daß die für diese Arzneistoffe typischen Nebenwirkungen auftreten.